The Mirror Of The Ancients von CaroZ (Miragia-Trilogie 2) ================================================================================ Kapitel 50: The Hand Turns -------------------------- Der Himmel über Nibelheim hatte sich verdunkelt, allerdings nicht unter Wolken. Kleine, flatternde Gestalten warfen kurze Schatten auf den Erdboden und verdeckten die Sonne mit ihren dunklen schlanken Leibern. Es waren Tausende weiße Tauben. Yuffie starrte entgeistert aus dem Fenster des kleinen Flugzeugs. Zwischen ihr und dem bleichen, aber längst wieder gefassten Leiter der ERCOM lag immer noch Kommissar Taggert auf dem Boden, den sie selbst mit dem Griff des Shuriken bewusstlos geschlagen hatte. Die beiden Piloten in dem winzigen Cockpit weiter vorne hatten davon nicht das Geringste mitbekommen, wohl aber sahen sie die Massen an Vögeln am Himmel. „Was hat das zu bedeuten?“, fragte Mister Fawkes, nachdem er selbst durch das Fenster geblickt hatte. „Das ist doch nicht wirklich ein ... Naturphänomen?“ Yuffie schüttelte den Kopf. „Glaub’ ich kaum. Ich vermutete, das sind die Cetra. Das Alte Volk.“ „Jaja, ich weiß ... ja, natürlich, das sind sie. Schließlich bin ich ihnen im Verheißenen Land begegnet ...“ Sein Blick wirkte verwirrt und schuf damit einen Gegensatz zu dem, was er sagte. „Wie auch immer, sind die Kinder alle noch hinten?“ „Ja, es geht ihnen gut und keines trägt mehr Fesseln. Wissen Sie, ich fühle mich irgendwie nicht geneigt, Ihnen zu vertrauen, aber angesichts der Tatsache –“ „Hey, ich habe mich gegen Taggert gewandt und damit mein Leben riskiert! Und dieses ist mir verdammt viel wert, wie sie sich denken können!“ „Oooooh ja. Und wie Sie Ihr falsches Spiel gespielt haben! Aber wie sagt man so schön: Der Zweck heiligt die Mittel.“ Sie wandte sich vom Fenster ab und trat zurück zum Frachtraum. „Ich brauche ein Telefon, wenn ich effektive Hilfe anfordern soll.“ „Es gibt hier keins“, antwortete er. „Allerdings ... Sie haben doch dieses kleine Gerät, dieses ...“ „Das PHS?“ „Das, auf welchem Strife Sie vorhin angefunkt hat.“ „Ja, das ist ein PHS, eine Art schnurloses Interntelefon, damit kann ich ausschließlich andere gleiche Geräte erreichen, und das andere hat zurzeit Barret ... oh, Moment! Wir haben drei! Und das dritte hat Clouds Vater!“ Sie schnippte triumphierend mit den Fingern. „Das ist es!“ „Ich verstehe nicht“, gab Fawkes irritiert zu. „Warten Sie einen Augenblick, alles wird gut gehen“, antwortete Yuffie zuversichtlich, holte das PHS aus der Tasche und begann zu wählen. Es war dunkel draußen an der Luft, so dunkel, dass Cloud und die Anderen dicht zusammengedrängt stehen blieben, weil sie, von der Helligkeit des Geheimschachtes verwöhnt, kaum etwas erkennen konnten. „Irgendwo sind noch diese Flugzeuge“, sagte Reeve müde, „aber ich sehe sie nicht ...“ „Die sind wahrscheinlich immer noch getarnt, aber die Kanonen sind in der Regel gut sichtbar, sobald sie aktiv sind“, antwortete Helen. „Gut, aber das ändert nichts daran, dass ich sie nicht sehe!“ Kurz darauf wurden rundherum in erschreckender naher Position helle Lichter angeworfen. Tifa hielt sich die Hand vor die Augen. „Scheint, als sei es den Flugzeugpiloten auch zu dunkel“, sagte sie gepresst. Der Wind der Rotoren näherte sich von allen Seiten, und der inzwischen nur zu bekannte, ungemein nervenaufreibende Lärmpegel stieg wieder an. „Sie haben uns schon wieder eingekreist“, stöhnte Nanaki. Cloud ließ mit zusammengekniffenen Augen den Blick umherschweifen. „Kanonen ... ich sehe sie. Sie richten sich alle auf uns, sie haben uns als Ziele lokalisiert ...“ „Scheiße“, sagte Barret. „Dem stimme ich zu.“ „Haben wir ’ne Chance, wenn wir rennen?“ „Glaube ich kaum.“ „Dann gute Nacht, Leute. War schön mit euch.“ Der Lärm schwoll an, und ein Ziehen und Zischen mischte sich darunter. Kurz darauf folgte ein Krachen und ein nicht weniger schlimmes Echo, und die Welt verwandelte sich in eine Reihe gleißender Lichter und Schmerzen an allen nur erdenklichen Körperteilen, begleitet von elektrischen Impulsen, die vom Erdboden aus aufstiegen. „Es kann sich jetzt nur noch um Minuten handeln“, sagte Yuffie zuversichtlich. „Eine Viertelstunde vielleicht. Sagen Sie, was war das eben für ein Lichtspektakel vor dem Fenster?“ Fragend richtete sie ihren Blick auf den Leiter der ERCOM, der sich soeben mit beunruhigender Miene vom Fenster abgewandt hatte. „Das ... das war eine Magnesium-Blendgranate“, sagte er leise. „Und das Schlimme daran ist, dass es Strife und alle Anderen erwischt hat ...“ „Was?“ Yuffie stürzte zum Fenster. Er hatte Recht: Dicht nebeneinander waren Cloud, Aeris, Barret und alle Anderen wie tot zu Boden gegangen. „Aber ... was war das für ein Zeug ...?“ „Es verursacht einen schwachen Schock im Gehirn, der für sofortige und längere Bewusstlosigkeit sorgt“, antwortete Fawkes trocken. „Ich war selbst an der Entwicklung dieser Waffe beteiligt und habe sie mit meinem Team auf Umweltverträglichkeit getestet ...“ Yuffie fühlte förmlich, wie ihr Gesicht einen gehetzten Ausdruck annahm. „Aber das bedeutet ...“ „Der Rest hängt von Ihrer Hilfe ab, die Sie soeben angefordert haben, und bei der es sich, wie Sie sagten, nur noch um Minuten handeln kann ...“ „Vielleicht sind das ein paar Minuten zu viel!“ Schon war an den sichtbaren ausgefahrenen Kanonen der Flugzeuge zu erkennen, wie sie erneut zu Boden sanken. Der Lärm ebbte ab und der Wind hörte auf, das Gras in seinen irren Wehen zu peitschen. Dennoch war es nicht still; nun, da die Flugzeuge schwiegen, war das schrille Kreischen und Schreien der Taubenschwärme am Himmel umso deutlicher zu vernehmen. Die Furcht und Erregung in ihren Vogelstimmen löste in Yuffie eine nur noch größere Panik aus. „Sir“, drang die Stimme des Co-Piloten zu ihnen nach hinten und ließ sie auffahren, „Kommissar Taggert, sollen wir ebenfalls zur Landung ansetzen?“ Yuffie öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Ihr Blick blieb an Fawkes haften. Dieser räusperte sich und rief: „Tun Sie das! Jetzt, äh, haben wir Strife und seine Spießgesellen am Wickel, ahahaha! Und dann sammeln wir sie ein und sperren sie alle in Junon ein und exekutieren sie, jaha, äh, genau das machen wir ...“ Yuffie warf ihm einen bösen Blick zu und formte mit den Lippen ein deutliches ‚Das reicht’. Beinahe gelang es ihr, durch bloße Mimik ein Ausrufezeichen dahinter zu setzen. Er nickte in ihre Richtung. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie hoffte, dass sie nicht zu spät kam, dass ihre Hilfe nicht zu spät kam und dass sie die Mittellandjustiz irgendwie noch lange genug würden hinhalten können. Truppen hechteten über das schimmernde, sich sanft wiegende Gras nahe dem Trümmerfeld der Villa und scharten sich um die acht wie leblos daliegenden Gestalten. Man prüfte, ob sie am Leben waren, und sammelte sie der Reihe nach vom Boden auf. „Bringen Sie sie nicht zu weit weg“, gab der Oberoffizier der Mittellandjustiz zur Anweisung. „Wir suchen immer noch nach der Maschine, die Taggert will.“ Auch darum wurde sich bereits gekümmert. Mithilfe von Detektoren war die Highwind innerhalb einer knappen Minute aufgespürt und besetzt. Wärter und Soldaten tummelten sich auf dem Deck und im Innenraum, musterten die Maschinen und Getriebe mit anerkennenden Blicken und entdeckten im Frachtraum das SPECULUM, welches strahlend und einladend wie ein einzelnes Juwel in immer noch derselben Ecke stand. „Bestens!“, frohlockte der Oberoffizier. „Taggert wird zufrieden sein. Was lange währt, wird endlich gut. Achso, da fällt mir ein“, wandte er sich an einen Soldaten, den er am Ärmel packte, „wo bleibt der Kommissar denn eigentlich?“ „Er war auf dem Transporter, wo auch die Gefangenen waren“, antwortete der junge Mann und entwand sich dem unbequemen Griff. „Nun ... dann warten wir eben hier auf ihn. Aufgepasst! Keiner rührt die Maschine an, damit das klar ist!“ Die versammelte Gruppe salutierte gleichmütig, behielt aber dicht neben dem SPECULUM Stellung. Sie erwartete nur noch ihren Oberbefehlshaber. „Gehen Sie zu denen runter, Fawkes. Außer Taggert denkt doch jeder von denen, sie wären ... hm ...“ „Auf deren Seite?“, beendete ihr Gegenüber mit gehobenen Augenbrauen den Satz. „Ich schätze, ich sollte dafür sorgen, dass sie das auch weiterhin denken.“ Yuffie nickte. „Eben ... aber passen Sie gut auf.“ „Mir passiert so schnell nichts.“ „Ja, das hab’ ich gesehen“, gab sie in einem Ton zur Antwort, der durchblicken ließ, wie wenig sie seiner Meinung war. Ihr einen kurzen Blick zuwerfend, schob er seine Dienstwaffe in ihr Polster zurück und schickte sich an, das gelandete Flugzeug zu verlassen, während Yuffie im Frachtraum bei den anderen Gefangenen ausharren und abwarten würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)