The Mirror Of The Ancients von CaroZ (Miragia-Trilogie 2) ================================================================================ Kapitel 43: Bravery ------------------- Unter den Lärm des landenden Fliegergeschwaders mischte sich dem Erdboden nahe ein anderer, vertrauterer Laut. Er übertönte das satte, volle Dröhnen und Knurren der Flugzeugtriebwerke zwar nicht, machte jedoch die Anwesenheit einer weiteren, andersartigen Maschine deutlich. „Was macht er?“, fragte Cid die Anderen mit gerunzelter Stirn. „Er hat doch außer seinem Motorrad gar nichts Anderes – ...“ Er unterbrach sich. „He, hat er etwa noch was geholt?“ „Ich weiß nicht“, antwortete Tifa, mit Überlegungen beschäftigt. Cloud hatte gesagt, er würde noch etwas holen, aber das sei nicht die Katze ... Einiger Meter von der Highwind entfernt, durch die große Frontscheibe sehr deutlich zu sehen, wurde das Gras unter einem enormen Gewicht von oberhalb deformiert. Dies bedeutete die bereits vollzogene Landung einiger der kleinen Flugzeuge. Die Wiese vor dem Rande von Kalm wurde von den Luftstößen der Triebwerke gepeitscht. Verdattert stand die kleine Gruppe von Jugendlichen Rücken an Rücken den unsichtbaren Feinden zugewandt. Die kleine Flugzeuggruppe hatte sich rundherum Platz geschaffen und einen Kreis um die Schüler gebildet. Ein leises Geräusch sich öffnender Türen erschallte, und dann scharten sich wie aus dem Nichts bewaffnete Sturmtruppen der Mittellandjustiz um die AVALANCHE-Jugend. Tifa erschrak. „Da ist auch Marlene!“, schrie sie und zeigte mit zitterndem Finger auf die große Scheibe. „Du liebe Zeit, sie hat Recht“, murmelte Cid. Es war unübersehbar, dass Barret seinen Augen nicht trauen wollte. „Nein – nich’ meine Marlene! Diese Ärsche können jeden haben, aber nich’ sie!!“ In Voraussicht auf das, was Barret als nächstes unüberlegt tun würde, griffen Reeve, Cid und Aeris gleichzeitig nach seinen Armen. „Nicht rausgehen!“, gellten sie im Chor. „Aber ich werd’ sie denen nich’ überlassen!!“ In Ermangelung eines Gegenarguments schwiegen die Umstehenden, hielten ihn aber weiterhin fest. Im selben Augenblick erklangen schneller Schritte auf dem Treppenaufgang, und kurz darauf betrat Helen, gefolgt von Henry Fawkes, das Cockpit. Barret drehte sich um und trachtete danach, den Leiter der ERCOM am Kragen zu packen, aber dieser wich rasch zur Seite aus. Seine Miene zeigte düstere Beklemmung. „Schauen Sie, was wir hier für einen Salat haben!“, fauchte Cid und deutete nach geradeaus. „Die sehen uns zwar nicht, aber dafür stürzen sie sich jetzt auf unsere Schüler!“ Fawkes nickte mit wenig ausdrucksvollem Gesicht und sah sich um. „Wo steckt Strife?“ „Er ist draußen ...“ setzte Tifa an, konnte den Satz aber nicht beenden, denn gleich darauf zeigte Cloud selbst, wo er war: direkt am Ort des Geschehens. Vorn über den Lenker gebeugt stürzte er sich von der Laderampe mitten in den sich enger ziehenden Kreis aus Soldaten und Wärtern, der seine Schüler umzingelt hielt. Das Motorrad bäumte sich am Fuße der Rampe mit einem knirschenden Heulen auf und hielt dann in einem schier irrsinnigen Tempo direkt auf die Widersacher zu, die erst in vorsichtigen, dann in eiligen Schritten zur Seite auswichen. Cloud durchbrach ihre Ansammlung genau mittig und drehte dann eine so scharfe Kurve, dass im Boden eine lehmige Bremsspur zurückblieb und das Gras zur Seite stob. Der weinrote Umhang schmiegte sich wie ein paar Flügel an seine Rückenseite. Während er wieder auf die Feinde zuhielt, griff er mit einer Hand hinter sich und zog mit einem sirrenden Geräusch einen schlanken schimmernden Gegenstand zwischen seinen Schultern hervor. Keine Frage, es war die Ultima Weapon, sein Schwert, das er seit knappen acht Jahren nicht angerührt hatte. Als er damit zuschlug, schien die Luft geteilt zu werden. Ein bläulicher Schweif folgte dem Weg der Klinge, und an den Flanken des Motorrads stürzten sich die Soldaten aus seiner unmittelbaren Nähe, um nicht von der furchteinflößenden Waffe halbiert zu werden. Tifa spürte, wie sich ihr die Nackenhärchen aufstellten, und ein Schauer überlief sie. „Was macht er?“, brachte sie heraus, aber zu leise, als dass jemand die Frage verstehen konnte. Mehr denn je wurde ihr mit einem wohligen Kribbeln bewusst, dass es ihr die ganze Zeit über sehr gefehlt hatte, Cloud in Aktion zu erleben. Während ihnen der Wind eisig um die Ohren pfiff und von allen Seiten entsetzlicher Lärm ertönte, starrten die Schüler der AVALANCHE nur auf ihren Lehrer, der – vollkommen unerwartet – aufgetaucht war, um sie aus dieser aussichtslosen Situation zu befreien, und dass, obwohl sie selbst doch ihn hatten retten wollen ... Jedenfalls kamen sie aus dem Staunen einfach nicht mehr heraus, während sie dem Gefecht zusahen, das so schnell abzulaufen schien, dass das Auge nur schwerlich folgen konnte. Cloud beherrschte sein Motorrad auch auf dem gefrorenen Grasboden perfekt; mit einer Hand hielt er den Lenker, um das Fahrzeug in abrupten Manövern herumzureißen, mit der anderen schwang er in eindrucksvollen Kurven das fürchterliche, monströse Schwert. Sie starrten ihn an, während die Feinde rundherum sich zerstreuten, und waren mehr von Stolz und Zuneigung zu ihrem Lehrer erfüllt denn je. Sie brauchten deshalb eine Sekunde, um zu realisieren, dass Cloud für wenige Sekunden neben ihnen anhielt, sich eine schweißfeuchte Haarsträhne aus dem Gesicht wischte und sagte: „Ihr seht, meine Damen und Herren, das stupide Zustoßen und Parieren ist in der Praxis letztlich zu nichts zu gebrauchen. Ich wollte euch nur mal zeigen, wie man’s richtig macht, wenn man es kann.“ „Wie schön“, sagte eine mit Ironie durchtränkte Männerstimme in einiger Entfernung. Cloud drehte sich um, seine Hände mit den Handschuhen, aus denen die Fingerspitzen hervorschauten, schlossen sich fest um den Lenker des Motorrads. Sein Atem kam in kurzen keuchenden Stößen, während er den Blick auf Kommissar Taggert richtete, Tifas ehemaligen Vorgesetzten. „Ist schon gut, Strife. Beruhigen Sie sich. Niemand hat vor, Ihren Schülern etwas zu tun.“ Letztere drängten sich in einem Knäuel hinter Cloud und das Motorrad und klammerten sich haltsuchend an den ausgefransten Umhang. „Eben sah mir das noch ganz anders aus“, antwortete Cloud mit Grabesstimme, und seine Miene büßte nichts von ihrer offensichtlichen Feindseligkeit ein. „Mag sein, aber nun entspannen Sie sich und steigen von Ihrem Monsterbike, damit wir eine friedliche Lösung für all das finden können ...“ Cloud schüttelte leicht den Kopf, ohne den Blick abzuwenden, und hielt das leuchtende Schwert nun mit beiden Händen vor seinen Körper. „Ihnen trau’ ich nicht mehr, Taggert. Erwarten Sie das nicht von mir.“ Die Schüler hinter ihm schwiegen und wagten keine Regung. „Na gut, also, ganz wie Sie möchten.“ Taggert wähnte sich im Besitz der Karte, die das Spiel entscheiden würde. Er zuckte kurz die Schultern und wandte sich ein Stück zur Seite; im selben Moment riss er plötzlich seine Dienstwaffe hoch und gab einen Schuss ab. Die Kinder stießen, während sie zur Seite sprangen, wie aus einer Kehle einen schrillen panischen Schrei aus, und ein grässlich zischendes PENG ertönte. Strife war zusammengezuckt und starrte immer noch Taggert an, hatte sich aber sonst nicht gerührt. Taggert rührte sich ebenfalls nicht, hielt seinen Blick nur in stiller Erwartung auf Strife gerichtet. Dann realisierte er, dass sein Schuss Strife nicht ins Herz getroffen hatte und dass sein Widersicher dementsprechend auch nicht im Begriff war, von seinem Motorrad zu stürzen und sein Leben auszuhauchen. Ihm kam der unangenehme Gedanke, dass der Schuss an Strifes breiter Klinge abgeprallt sein musste ... „Das habe ich mir gedacht“, sagte Strife leise, und auf seinem Gesicht breitete sich ein diabolisches Lächeln aus, als er das Schwert betont langsam über seinen Kopf hob. Taggerts Blick verriet Cloud, dass das Magazin seiner Pistole keinen einzigen Schuss mehr aufwies. Mit verängstigtem Blick taumelte der Kommissar der Mittellandjustiz nach rückwärts, blieb dann aber stehen, als sein Rücken gegen den Rumpf eines der unsichtbaren Kampfflieger stieß. Dort sank er furchterfüllt in grauenhafter Erwartung des Schwertstreichs in sich zusammen. „Sie dürfen mich nicht töten ...“, setzte er an. „Nein, nach Paragraph dreiundzwanzig, Absatz zehn der Mittelland-Verordnung darf ich das nicht“, antwortete Cloud ruhig und genoss den Augenblick. „Aber wissen Sie, was mich das gerade schert?“ Taggerts Gesicht verzerrte sich zu einer weinerlichen Grimasse, im Angesicht seines vorzeitigen Ablebens, das ihm wohl oder übel blühte. Er kniff die Augen zusammen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)