Heldenlied von NejiTen-Schreiber (Legenden leben ewig [NejiTen][NaruHina][KibaIno][PeinKonan]) ================================================================================ Chapter 8 ~ Brace up, defend ---------------------------- Die Panik, die schon in Hysterie überging, hing so greifbar in der Luft, dass Neji sie wortwörtlich riechen konnte. Der Gestank von Angst, Schweiß und Blut erfüllte seine Nase und das Schreien und Weinen um ihn herum war so laut, dass er kaum ein Wort verstand. Menschen rannten in Panik über den weitläufigen Burghof und Männer versuchten, sich über all den Lärm hinweg Gehör zu verschaffen. Das Chaos war so groß, dass Neji den Überblick verlor, selbst mit seiner besonderen Art der Wahrnehmung. Die Krieger der Hyuga mochten keine aktiven Zauberkräfte haben wie ihre Magier, doch das hieß nicht, dass die Magie selbst nicht stark und kräftig in ihren Adern sang. Sie zeigte sich nur auf eine völlig andere Weise: bei Neji war es die Art, wie er Dinge wahrnahm – ‚sah‘ sozusagen. Es war, als würden ihm die Erde und die Luft selbst erzählen, was um ihn herum geschah und war und sich bewegte. Normalerweise war es nur ein Umkreis von ein paar Hundert Metern, doch wenn er sich konzentrierte, konnte er diesen erweitern. Im Moment versuchte er, Sinn in das Chaos zu bringen, in dem die Burg verschwunden war. Es gab nicht viele Leute, die noch einen klaren Kopf auf den Schultern behielten, doch einige waren da noch: eine Frau, die eine Gruppe Untergebener herumkommandierte, so dass diese die fliehenden Menschen in die Burg selbst leiten konnten. Ein Mann, der Kommandos mit Autorität brüllte und Aufgaben verteilte, die weiter dazu beitrugen, mehr Organisation in das Durcheinander zu bringen. Ein paar Gruppenführer, die versuchten, ihre Soldaten in Reih und Glied zu befördern und die Stelle ausfindig zu machen, an dem ein Angriff der Feinde am wahrscheinlichsten war. Neji hatte sie schnell gefunden: eine Bresche im Burgwall, wo das Mauerwerk nachgegeben und in sich zusammengefallen war. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, die heruntergefallenen, inzwischen mit Moos überwachsenen Steine zu entfernen oder gar die Barrikade zu reparieren. Doch all die Bemühungen, die Ordnung und Ruhe schaffen sollten, waren nur ein paar Tropfen Wasser auf einem heißen Stein. Vor den Mauern der Burg dagegen sammelten sich die Angreifer mit großer Disziplin für einen zweiten Schlag und konzentrieren sich auf die schwache Stelle im Gemäuer, obwohl sie über Steinbrocken und Geröll klettern mussten. Tenten in Nejis Armen zitterte am ganzen Körper und ihre Angst war beinahe greifbar. Ihr Mut war es jedoch auch, denn ansonsten war sie gefasst und blickte sich um, bis sie fand, wen sie suchte. „Da ist Graf Darui!“, rief sie und deutete mit der Hand auf einen entfernt stehenden, stämmigen Mann, der Neji vorher schon aufgefallen war. Er rief noch immer Befehle, aber ihr Effekt war nicht größer als vorher. Neji fragte sich, ob hier noch nie jemand eine Kampfsituation von nahem gesehen hatte. Es verwirrte ihn, denn selbst in den kleinsten Dörfern hatte er gefasstere Reaktionen auf Angriffe erlebt als in dieser Burg und schneller aufgebaute Verteidigungslinien. Kiba neben ihm fluchte lautstark. Shikamaru, der hinter dem Jäger saß, machte Anstalten vom Pferd zu rutschen. „Los! Wir müssen unbedingt Ordnung schaffen und das schnell.“ Wenigstens einer, der einen kühlen Kopf behielt. Doch ehe einer von ihnen noch etwas tun konnte, erschollen vor den Mauern Signalhörner. Niemand brauchte Neji zu sagen, dass dies das Signal zum Angriff war. Den Menschen um ihn herum allerdings auch nicht, denn ihre Angst steigerte sich erneut. Jemand prallte gegen seine Stute, die unruhig schnaubte und den Kopf warf, aber sonst still stehen blieb. Akamaru knurrte, als jemand anderes über ihn stolperte. Die angreifenden Krieger stürmten brüllend auf die Bresche in der Mauer zu, vor der sich inzwischen die meisten der Verteidiger versammelt hatten. Doch trotz allem würden diese nicht lange standhalten – ihre Gruppenführer wirkten eher kopflos und arbeiteten unabsichtlich gegeneinander, es gab keinen Kommandanten und die Reihen musste man eher als Schlangenlinien bezeichnen. Kein Wunder, dass der gegnerische Fürst keine Angst hatte, die Bresche ohne weitere Vorbereitung zu stürmen, trotz des Engpasses, den sie bildete. „Kiba!“, rief Neji über den Lärm hinweg und ließ die verwirrte Tenten aus dem Sattel gleiten. „Kiba, die Bresche!“ Jetzt erst wurde der Jäger auf die klaffende Lücke aufmerksam, in der die ersten Feinde auftauchten, brüllend und entschlossen; die Waffen zum Angriff bereit. Der Jäger fluchte erneut, setzte sich aber in Bewegung. Sie trieben ihre Rösser an, die gehorsam nach vorne liefen, doch die Leute, die kopflos auf dem Hof herumliefen, behinderten sie. Der Lärm hatte noch zugenommen und der Gestank ebenfalls. Neji hielt Winterwind unter Kontrolle, während er sie mit sicherer Hand durch die Menge lenkte, auf seine Gabe vertrauend. Kiba ohne diesen Vorteil blieb zwangsläufig hinter ihm zurück, aber er machte mit Rücksichtslosigkeit beinahe wieder wett, was er einbüßte – seine Stute lief einfach voran, wer ihm in den Weg kam, wurde unnachgiebig zur Seite geschoben, auch wenn sie dabei verletzt wurden. Mit dem Bogen, den er noch immer in der Hand hielt, ließ er ein halbes Dutzend Pfeile fliegen, solange er noch freie Schussbahn hatte. Angreifer wurden getroffen und brachen einfach zusammen, manche wurden noch von ihrem eigenen Schwung nach vorne getragen, andere fielen hinten über. Sie alle gingen einfach unter den Stiefeln der Nachrückenden unter und ließen den Angriff kaum stocken. Dann begegneten ihnen die Verteidiger und das ohrenbetäubende Geräusch von Metall auf Metall mischte sich in den bereits vorhandenen Lärm. Neji griff nach seinem Schwert, während er sein Pferd auf den Kampfplatz zutrieb, mit der anderen Hand angelte er nach dem scharfkantigen Schild, der stolz das Wappen der Hyuga trug. Sollten die Angreifer gewinnen und die Burg einnehmen, wäre alles vorbei, auch für ihn und seinen Gefährten. Das durften sie auf keinen Fall zulassen. Doch wenn sie die Bresche halten konnten, hatten sie vielleicht eine Chance. Kiba fluchte wieder, als er seine Stute zügeln musste, um sie sicher um eine Gruppe junger Mädchen herum zu lenken, die kreischend und weinend davonrannte. Er fiel noch weiter hinter seinem Gefährten zurück, der jetzt durch die Menge brach. Denn um den Tumult vor der Bresche hatte sich inzwischen eine freie Fläche gebildet, so dass ihnen niemand mehr im Weg stand. Über den Geröllhaufen drangen weitere Gegner in den weiten Hof ein. Neji machte sich auf den Aufprall bereit und hob Akai zum Zuschlagen. Durch eine unverkennbare Vibration in der Luft erkannte er, wie Kiba seinen kurzen Bogen gegen den Reitersäbel austauschte, der stets an seinem Sattel hing. Vor ihnen wurden die Verteidiger zurückgedrängt, die Reihen wankten, brachen… Akamaru preschte in vollem Tempo an Neji vorbei und krachte mit ganzer Wucht gegen die einströmenden Feinde. Er riss zwei oder drei von ihnen einfach um, als wären sie keine ausgewachsenen Männer in schwerer Rüstung. Im nächsten Moment ging er bereits dem nächsten Krieger direkt an die Kehle zu gehen und begrub ihn unter sich. Noch ehe die Angreifer sich auf den neuen Feind einstellen konnten, erreichte Neji den Kampfplatz. Er trieb Winterwind in die Gruppe hinein, darauf achtend, keinen der Verteidiger zu erwischen. Mit Akai hieb er auf seine Gegner herunter, wehrte Schläge von der anderen Seite mit dem Schild ab und brachte den Angriff im Alleingang zum Stocken. Dann erreichte auch Kiba sie, nicht weniger schnell und durchgreifend in seinem Angriff und der geordnete Vorstoß der Feinde brach endgültig zusammen. Stattdessen konzentrierten sich die Angreifer auf die beiden Neuankömmlinge, was es definitiv leichter machte, sie von den Verteidigern zu unterscheiden. Neji ließ sein Pferd sich aufbäumen, um ihnen Freiraum zu verschaffen. Die frisch beschlagenen Hufen trafen Rüstung und Helme mit dumpfen Geräuschen; die Schmerzensschreie der Verwundeten gingen in den erschrockenen Rufen der Angreifer unter, die hastig zurückwichen. Kiba trieb Tausendschön nach vorne und nutzte den Säbel für einen weiteren Angriff. Ihr plötzliches Eingreifen brachte den Kampf um sie herum zum Stocken, was Kiba gnadenlos ausnutzte, um weitere Krieger des Gegners zu fällen. Irgendwo brüllte jemand harte Befehle, die aus einer anderen Richtung gekontert wurden und der Kampf ging mit doppelter Wucht weiter. Neji konzentrierte sich auf den Tumult, um auf keinen Fall den Überblick über Freund und Feind zu verlieren, und nutzte seine Kampfkraft vor allem dafür, die Reihe der eigenen Soldaten zu stabilisieren, während Kiba und Akamaru unberechenbare Gemeinschaftsattacken durchführten. Den Angriff hatten sie jedoch erfolgreich vereitelt, zumindest im Moment. Erleichtert hörte er, wie der feindliche Fürst die Hörner zum Rückzug blasen ließ. Seine Männer reagierten schnell und diszipliniert und machten sofort kehrt; sie schafften es sogar, ihre Verwundeten mitzunehmen. Einen Moment später waren sie alle über die Bresche verschwunden und zogen sich außerhalb regulärer Bogenschussweite zurück. Dort formierten sie sich erneut, doch sie machten keine Anstalten für einen weiteren Angriff. Sie schienen eher abzuwarten. Nur am Rande bekam Neji mit, wie die Menge um ihn herum – außer den Soldaten, die es besser wussten – in Jubel ausbrachen. Wähnten sie sich etwa gerettet vor einer derartig starken Armee, die ganz sicher noch nicht geschlagen war? Neji runzelte die Stirn. Was hatten die Angreifer vor? Denn trotz ihrer scheinbaren Niederlage hatten sie beinahe alle Vorteile auf ihrer Seite – den Überraschungseffekt, besser ausgebildete und ausgerüstete Männer, mehr Kämpfer, mehr Schlagkraft und einen Anführer, der zu wissen schien, was er tat. Das einzige, was zwischen ihnen und dem Sieg stand, waren die maroden Mauern einer verfallenden Burg. „Verdammt.“, entfuhr es Neji leise, als er bemerkte, warum kein dritter Angriff erfolgte. Der fremde Fürst wechselte zu einer Strategie, die weit weniger seiner Männer das Leben kosten würde, als wenn er sie einfach gegen die Mauern werfen würde. „Was ist?“, wollte Kiba wissen, den scharfen Blick fest nach vorn gerichtet, wo er durch die Lücke in der Mauer einen guten Blick auf die feindliche Armee haben musste. Vermutlich suchte er sie nach ausnutzbaren Schwächen ab, schien aber keine zu finden. „Sie nutzen ihren Magier.“ Neji konnte die Energien bereits spüren, die begonnen hatten, in dem Mann zusammenzulaufen, der sich ein gutes Stück entfernt von den Männern aufgestellt hatte. Damit stand er direkt gegenüber dem Tor und Neji hatte keinen Zweifel, dass er es mit seinem Zauber einreißen konnte. Der fremde Magier mochte keinem Vergleich mit Hinata standhalten, seine Macht war aber dennoch groß. Einige Krieger auf Pferden warteten in seiner Nähe: der feindliche Fürst und seine engsten Vertrauten und Helfer. „Sorg dafür, dass hier etwas ähnliches wie eine Verteidigungslinie aufgestellt wird“, wies Neji seinen Gefährten an. Wenn das hier fehlschlug, würde der Fürst es vielleicht noch einmal mit einem normalen Angriff versuchen und die Chancen, dass er Erfolg hatte, standen hoch. Kiba grunzte zustimmend, auch wenn er wegen etwas beunruhigt wirkte. Doch sie hatten beide keine Zeit, sich darum zu kümmern, also runzelte Neji nur die Stirn und zog Winterwind herum. Hinter sich konnte er hören, wie Kiba die Gruppenführer anraunzte. Der Jäger war vielleicht nicht sonderlich höflich, aber ganz sicher effektiv. Allerdings schienen die Anführer der Soldaten etwas dagegen zu haben, dass jemand ihnen einfach so die Zügel aus der Hand nahm. Neji ignorierte den Tumult hinter sich und konzentrierte sich auf Shikamaru, Tenten und den stämmigen Mann, der bei ihnen stand: Graf Darui, wie Tenten vorher gesagt hatte. Diesmal machte man ihm Platz, als er Winterwind zu ihnen hinüberlenkte, wo sie sich im Schatten des Tores zu einer Gruppe eingefunden hatten „Wo bleibt dein Kampfmagier?“, unterbrach er den Burgherrn dabei, die Leute um sich herum erfolglos zur Ordnung zu rufen. Wenigstens hatte auch er gesehen, wie prekär ihre Lage noch immer war, auch wenn er nicht sehr gut darin war, sich auf den nächsten Schritt vorzubereiten. Vermutlich konnten sie sich alle glücklich schätzen, dass Kiba die Organisation der Verteidigung übernommen hatte. Neji sprang aus dem Sattel um besser mit den Leuten reden zu können. „Wer…?“, begann der Graf, doch seine Stimme klang weniger entrüstet als verwirrt. „Neji…“, sagte Tenten gleichzeitig, während Shikamaru ihn nur intensiv anstarrte. Doch er kümmerte sich nicht um sie. „Dein Kampfmagier, Lord!“, herrschte er den Grafen an, doch der schüttelte den Kopf. „Ich habe keinen Magier.“ Neji erstarrte und sein ungläubiger Gesichtsausdruck musste alles sagen. „Wo soll ich jetzt bitte einen Magier herkriegen?“, wollte Darui wissen. „Die meisten ziehen die großen Städte kleinen Provinzburgen wie dieser vor und ich habe noch nie einen benötigt!“ Neji fühlte, wie ihm alles Blut aus dem Gesicht wich. „Da draußen steht ein Zauberer“, erklärte er mit beherrschter Stimme und wies grob in die entsprechende Richtung, „der sich gerade darauf vorberietet, das Loch in deiner Mauer noch etwas zu vergrößern. Und du sagst mir, dass du keinen Magier hast?!“ „Woher wollt Ihr das wissen?“, erkundigte sich Tenten, die auf ihren Füßen etwas wankte. Shikamaru fuhr sich durch das Haar und wirkte, als würde er nachgrübeln. Der fremde Zauberer zog die Magie schneller zusammen, als Neji gerechnet hatte; das wurde zu einem Problem. Der Hyugakrieger überlegte fieberhaft. „Tens Adler mögen euch holen!“, fluchte er schließlich und versuchte in dem Gewimmel um sich herum etwas Bestimmtes. „Wo ist der Esel?“ „Da hinten!“, rief Tenten und winkte ihn zu dem Tier hinüber. „Was wollt Ihr jetzt mit dem Esel?!“ Aber Neji ignorierte die Frage und zog sie stattdessen hastig hinter sich her, als er sich in besagte Richtung in Bewegung setzte. Darui und Shikamaru folgten ohne weitere Worte von allein. „Was habt Ihr vor?“, wollte Shikamaru jetzt wissen. „Woher wollt Ihr von dem Magier wissen?“, wiederholte der Graf Tentens Frage. „Ich kann es spüren.“, erklärte Neji kurz angebunden. Sollten sie sich dabei denken, was sie wollten. Er würde jetzt sicher nicht auf die besonderen Fähigkeiten der Hyugakrieger im Allgemeinen eingehen und auf seine eigenen im Speziellen schon gar nicht. „Wir haben nicht mehr viel Zeit. Wenn die Mauern brechen, ist es vorbei und der Magier ist gut.“ Nicht, dass sie jetzt eine große Chance hätten, aber es war besser als nichts. Inzwischen hatten sie den Esel erreicht, der wie ein Fels in der Brandung dastand und sich von all dem Chaos um ihn herum nicht beeindrucken ließ. Das war nicht seine erste Schlacht. Hastig begann Neji, einige der Bündel zu lösen, die auf seinen Rücken gepackt waren, um an einen weiter unten liegenden Beutel zu gelangen. Dieser war aus festem, aber weichem Leder gefertigt und sein Inhalt vibrierte nahezu von Hinatas Magie: die Hilfsstücke, Talismane und Amulette, die sie für ihre Gefährten und auf Vorrat schuf, wann immer sie Zeit und Muße dafür hatte. Man konnte nie wissen, wann man sie brauchen konnte. Neji kippte den Inhalt unzeremoniell auf dem Boden aus. „Was ist das?“, wollte Tenten wissen und ging in die Hocke, um vorsichtig einen Feuerzweig aufzuheben. Sie zögerte einen Moment, als sie ihn berührte – konnte sie die Macht darin spüren? – doch sie legte ihn nicht wieder hin. „Und was soll uns das helfen?“, stellte Shikamaru die wichtigere Frage und Neji fand, was er suchte. Es waren fünf runde Scheiben aus reinem Silber, auf denen magische Symbole eingraviert waren, die sich rau unter seinen Fingern anfühlten. Sie waren etwa so groß wie sein Handteller und mit einer festen Hanfschnur zusammengebunden. „Hier.“ Neji riss die Schnur auf und drücke Tenten und Shikamaru je eine der Scheiben in die Hand. Tenten zuckte bei der Berührung zusammen; sie war also definitiv magiesensitiv. Ihr Freund runzelte nur die Stirn. „Legt sie an den Ecken an den höchsten, äußersten Stellen der Burg auf die Mauern, die ihr erreichen könnt. Und beeilt euch, bei allen Göttern!“ Die beiden starrten ihn einen Moment lang an, dann stürmten sie los. Der Graf blickte Neji mit gerunzelter Stirn an, während er die unbenötigten Magiestücke in den Beutel zurückschaufelte und nur ein paar in seiner Tasche verschwinden ließ. „Was wird das?“, fragte er. Er schien akzeptiert zu haben, dass seine einzige Möglichkeit, dies lebend zu überstehen, war, Nejis Hilfe anzunehmen. „Ein Schutzschild“, erklärte der Hyugakrieger, kurz angebunden. Aber einer, der gegen solche Macht da draußen nur ein einziges Mal bestehen würde. Er nutzte ein paar weitere, wertvolle Sekunden, um ein langes, in Wolle geschlagenes Bündel von ihrem Gepäck auf dem Esel loszumachen und stürmte selbst los, um den Wehrgang zu erklimmen. Die steile Treppe war nicht weit und die Soldaten davor machten ihm Platz, als wüssten sie, dass er ihre einzige Chance war. Der Graf folgte ihm auf dem Fuße. Tenten und Shikamaru hatten ihre Ziele noch nicht erreicht, als Neji sich direkt über dem hohen Tor aufstellte. Von hier musste man einen guten Blick über das Dorf und das umliegende Land und sich eventuell nähernde Feinde haben, denn das Land war offen und gut überblickbar. Einzig der Wald, in dem Neji und Kiba während der letzten Tage herumgeirrt waren, würde etwas Deckung bieten, aber zwischen seinem Saum und dem Dorf befanden sich einige offene Felder. Warum war niemandem die heranrückende Armee aufgefallen? Hatten die Leute hier etwa keine Wachposten?! Wie kam bei einer solch guten Verteidigungslage überhaupt ein Überraschungsangriff zustanden? Auf der anderen Seite – der Bergfried war in einem solch miserablen Zustand, dass ihn das eigentlich nicht überraschen sollte. Er legte eine Scheibe auf die Zinne vor sich und schob sie so weit wie möglich an den Rand, so dass sie die Mauern schützen würden, er sie jedoch trotzdem noch gut erreichen konnte. Die beiden übrigen ließ er in eine Tasche fallen. Einen zweiten, aber weit schwächeren Schild mochten sie noch ergeben, doch wie viel das bringen würde, stand zur Debatte. Die Magie des feindlichen Zauberers vibrierte jedenfalls durch die Erde und einen solchen Schlag würden nur zwei der magischen Schildscheiben nicht aufhalten. Shikamaru, den er wie Tenten die ganze Zeit nicht aus seinem besonderen Blick gelassen hatte, legte nun an seiner Ecke die Scheibe auf die Zinnen. Der Magier vor dem Tor begann mit dem eigentlichen Zauber, komplizierten Gesten und geflüsterten Worten. Tenten erklomm den Turm – konnte sie die Scheibe nicht einfach in eine Schießscharte legen!? Darui stützte die Hände flach auf die Zinnen vor sich. „Wie viel Zeit bleibt uns noch?“, wollte er wissen, tiefe Beunruhigung in der Stimme. Wenigstens verfiel er nicht in Hysterie wie diese Bauern im Hof, die inzwischen von der drohenden Gefahr Wind bekommen hatten. Ihr Jubel war schlagartig wieder in Panik umgeschlagen „Nicht mehr genug“, antwortete Neji und legte den Kopf schräg. Wenn das hier schief ging, würde er genau in der Mitte der Explosion stehen. Auf der andern Seite – wenn das hier schief ging, würde die Burg innerhalb einer Stunde fallen. Die Detonation würde zumindest einen schnellen Tod versprechen. Allerdings hoffte er noch, dass sein Plan Erfolg haben würde. Wenn Tenten sich nur nicht in den Kopf gesetzt hätte, den gesamten Turm zu erklimmen… Konnte er es wagen, den Zauber zu aktivieren, wenn sie ihren Part noch nicht erfüllt hatte und die Scheibe noch immer in der Hand trug? Wie schlimm würde er sie verletzen? Diese Art der Magie war kompliziert und die Wechselwirkung mit dem Zauber des Gegners machte eine solche Vorhersage unmöglich. Vielleicht würde der Schild Tenten schützen. Vielleicht würde der Zauber jedoch auch Kraft auf ihrem Leben ziehen und sie dabei umbringen. Ten-sama war sein Zeuge, das wollte Neji wirklich nicht! Doch wenn er keine Wahl hätte, würde er es tun – er würde nicht die gesamte Burg verdammen, um ein… Die Magie des Angriffszaubers erreichte ihren Höhepunkt, beinahe greifbar in ihrer Macht und für Neji so massiv wie Stein. Sie konzentrierte sich zwischen den Händen des Magiers und jeden Moment würde es soweit sein und die Mauer würde unter ihren Füßen weggerissen werden, was jedoch für sie keine Rolle mehr spielen würde, und Tenten, das dumme Kind… Darui fluchte laut. Aber Tenten – Tenten legte die Scheibe ab. Sie war noch weit entfernt von der Spitze des Turms, vermutlich hatte sie etwas bemerkt. Neji stieß erleichtert den Atem aus, den er unbewusst angehalten hatte, legte zwei Finger an den Rand seiner eigenen Scheibe und sprach das Machtwort, das Hinatas Zauber aktivierte. Vor der Mauer entlud sich die Macht des Magiers mit solcher Stärke, dass Neji unter ihr einen Schritt nach hinten taumelte. Der Angriffszauber krachte mit solcher Wucht gegen den Magieschild, dass die Erde erbebte wie unter den Hufen von tausenden angreifenden Reitern. Der ohrenbetäubende Donner verschluckte jedes andere Geräusch, so dass Neji sich die Ohren zuhalten musste und er war nicht der einzige. Die obersten Stockwerke des Turms, in dem Tenten stand, standen nicht mehr unter dem Schutz des Schildes und wurden einfach weggerissen. Schutt und Steinsplitter wurden in die Burg geschleudert, wie scharfkantige Geschosse. „Bei Sekais Titten!“, brüllte Kiba, der unvermittelt neben ihm auftauchte und Graf Darui damit zu Tode erschreckte. Er hatte den kürzeren, geschwungenen Inuzuka-Bogen gegen Cridhe ausgetauscht und starrte über die Zinnen hinaus. Unter den Angreifern war ebenfalls Chaos ausgebrochen. Anscheinend hatte dort keiner damit gerechnet, dass der Angriff fehlschlagen würde. Männer brüllten, die Anführer redeten durcheinander und fuchtelten mit den Händen. Der Fürst trieb sein elegantes, aber nervöses Pferd zu dem Magier hinüber, der sich taumelnd sammelte. Neji konnte dessen Fassungslosigkeit beinahe spüren. Im Moment jedenfalls waren sie sicher genug eine Verteidigungsstrategie zu entwerfen. Auch wenn sie sehr gut sein musste, wenn er sich die Verhältnisse hier so ansah… Er wünschte, Pein wäre hier. Oder Hinata. „Wie oft könnt ihr diesen Schild aufbauen?“, wollte Shikamaru wissen, der ebenfalls auf der Brüstung auftauchte. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte wie kalkulierend über die Mauern. „Bei einem Gegner wie diesem?“, hakte Neji nach. Der andere nickte. Neji zog die beiden übrigen Scheiben aus der Tasche um sie zu zeigen. „Diese hier werden einem solchen Schlag nicht standhalten. Es sind zu wenige.“ Shikamaru schwieg einen Moment. „Also nicht noch einmal?“ Neji schüttelte den Kopf. „Werden sie es noch einmal versuchen?“, erkundigte sich Darui, die Stirn gerunzelt. „Ich würde es.“, erklärte Shikamaru. „Sieht so aus.“, knurrte Kiba einen Moment später. „Können wir ihn auf eine andere Art ausschalten?“, wollte Shikamaru wissen. „Er steht zu weit für einen Schuss.“, antwortete der Graf. „Außerdem ist keiner meiner Schützen derartig gut. Und ich habe keinen Magier, der Gleiches mit Gleichem vergelten kann.“ Kiba lachte und riss ihre Aufmerksamkeit auf sich. „Hast du Glück, dass ich besser bin als deine Leute.“ Er wandte sich an Neji, deutete auf das lange Bündel und fragte: „Sind das…?“ Der Hyugakrieger nickte und reichte es ihm, noch ehe er aussprechen konnte. Draußen sammelte der Magier erneut seine Macht, die eine völlig andere Qualität hatte, schnell und stark wie ein Blitz, doch nicht so mächtig wie der Donner. „Es ist diesmal kein so ein starker Zauber.“, bemerkte er. „Allerdings ein weit schnellerer.“ „Also werden Eure Schreiben jetzt nichts bringen?“, fragte Shikamaru mit einer wachsamen Stimme. Seine Hand ballte sich zur Faust und der Graf fuhr sich nervös durch das Haar. „Keine Sorge.“ Kiba grinste zähnefletschend. „Ich kümmer mich darum.“ Er zog einen mit Runen bedeckten Pfeil aus seinem Bündel, drückte Neji den Rest wieder in die Hand und kletterte auf die Zinnen, um den bestmöglichen Schuss abgeben zu können. „Was bewirkt der?“, wollte der Graf wissen, dem die Runen entlang des Schafts nicht entgangen waren, wenn er auch nicht die latente Magie spüren konnte, die in dem Geschoss ruhte. „Magiebrecher.“, antwortete der Schütze und setzte den magischen Pfeil auf die Sehne. Niemand sagte ein Wort, bis- „Haben wir es geschafft?“, wollte Tenten keuchend wissen, als sie ihre kleine Gruppe wieder erreichte. Verwirrt blickte sie zu Kiba auf. „Was tut Ihr da?“ „Ich sorge dafür, dass wir den Magier zumindest eine Weile los sind.“ Er hob den Bogen und zog dabei langsam die Sehne zurück, bis die Knöchel seiner Zughand sich an seine Wangenknochen pressten. „Den Schuss schafft Ihr nie“, knurrte Shikamaru, der Klang seiner Stimme sorgfältig kontrolliert, so dass er beinahe gleichgültig klang. Doch Neji erkannte den furchtsamen Unterton in seiner Stimme. Auch Shikamaru wollte nicht sterben und er sah genau, worauf dies hinauslaufen würde, wenn der Magier nicht bald aus dem Weg geräumt wurde. „Es ist zu weit.“ „Bete lieber, dass du falsch liegst“, bemerkte Neji kühl. Er wusste, wie Shikamaru sich fühlte, doch er hatte Vertrauen in seinen eigenen Gefährten. Sie waren schon durch ganz andere Situationen gekommen. Wenn auch, zugegeben, die meisten mehr Chancen auf einen Ausweg geboten hatten oder sie zumindest weit mehr Zeit zur Vorbereitung gehabt hatten. Und sie waren nie zu zweit unter einem Haufen Fremder gewesen, sondern hatten meist ihre Gefährten dabei gehabt. Hinata würde kurzen Prozess mit diesem Magier dort draußen machen. Pein könnte ihnen vermutlich bereits jetzt eine funktionierende Kampfstrategie aufzeigen und Konan hatte ihre eigenen Methoden, eine Armee zu Fall zu bringen. Neji und Kiba hatten ihre eigenen Fähigkeiten, aber keine davon war auf eine solche Situation zugeschnitten. „Ansonsten ist diese kleine Belagerung so schnell vorbei, wie sie angefangen hat.“ Kiba grinste nur überlegen und konzentrierte sich dann voll und ganz auf den Feind. Cridhe war ein magischer Bogen und zusätzlich noch sehr stark, doch selbst dafür war diese Entfernung weit. Auch Neji wäre ungläubig gewesen, wüsste er nicht, was für ein unglaublicher Meisterschütze Kiba war. Inzwischen hatten die Angreifer Kiba bemerkt, wie er auf der Mauer stand. Ein paar wichen zurück, aber die meisten standen schon in einer Entfernung, die für einen normalen Bogen unerreichbar war, also rührten sie sich nicht. Vermutlich lachten sie gerade über diesen letzten verzweifelten Versuch der Verteidiger, sich gegen einen solch starken Magier zu wehren, ohne selbst auf ähnliche Hilfe zurückgreifen zu können… Weder der Fürst noch sein Zauberer zeigten sich beeindruckt, was nur zeigte, wie schlachtenerfahren sie waren. Die Magie ballte sich erneut. Kiba ließ sich Zeit beim Zielen, trödelte aber nicht. Einen Moment später hörte Neji das vertraute Twang! der Bogensehne; der Pfeil schoss davon. Das Pferd des Fürsten bäumte sich wild wiehernd auf, der Magier stieß einen heulenden Schmerzensschrei aus, als der Pfeil ihn in der Schulter traf und auf den Boden warf wie eine Puppe. Die Magie verpuffte wirkungslos. Ihr Weber tastete geschockt nach dem Schaft in seinem Körper, während die Krieger um ihn herum in Getöse ausbrachen. „Wo habe ich ihn getroffen?“, fragte Kiba ruhig. „Schulter“, antwortete Neji gleichgültig. „Verdammt“, knurrte der Jäger und schüttelte wütend die Faust. „Ich wollte ihn erledigen.“ „Die Entfernung ist zu groß. Es war ein guter Schuss.“ „Und was für ein Schuss!“, rief Darui erfreut. Shikamaru bewegte sich von einem Bein auf das andere und sagte nichts. Er hatte bemerkt, dass es noch nicht vorbei war, noch lange nicht. Nicht, solange der Feind noch eine so große und gute Armee unter seinem Befehl hatte. „Was ist jetzt mit dem Magier?“, wollte Tenten wissen und klang dabei beinahe besorgt. „Er ist verletzt und seine Magie für ein paar Tage blockiert“, erklärte Kiba und sprang von den Zinnen. „Aber das hat uns nichts gebracht als Zeit.“ „Und wenn niemand dieses Loch in der Mauer stopft, wird uns das nicht viel bringen“, fügte Neji bitter hinzu. Welcher Idiot ließ seine Burg so verkommen?! „Also sind wir jetzt nicht sicher?“ Tenten klang, als wolle sie gleich in Tränen ausbrechen, aber sie hatte sich, für jemanden, der offensichtlich das erste Mal in einer solchen Situation war, bewundernswert unter Kontrolle. „Nein. Solange noch weitere Angriffe folgen können, nicht“, knurrte Kiba, wandte sich aber schon ab. „Komm mit, Neji!“ Gemeinsam rannten sie über den Wehrgang zur Mauerlücke hinüber, wo Kiba ganze Arbeit geleistet hatte, während Neji damit beschäftig gewesen war, den magischen Schild aufzubauen. Die Soldaten jedenfalls standen in einfacher Formation so postiert, dass sie für den Feind als Überraschung kommen würden, und die Befehlshaber waren so verteilt, dass sie sich nicht gegenseitig in die Quere kommen würden. Neji wünschte wirklich, Pein wäre hier. Kiba war ein akzeptabler Befehlshaber, aber kein solch herausragender Stratege wie ihr Anführer. Neji allerdings konnte auch nichts Besseres vorweisen, also schwieg er. Gegenüber der Bresche hatte der Inuzukajäger einen kleinen Pulk Bogenschützen postiert. Sie hielten ihre Bögen und je einen Pfeil in den Händen, während vor ihnen noch weitere Geschosse im Boden staken, so dass sie leicht erreichbar waren. Die normale Infanterie stand links und rechts im Schutz der Mauer, angespannt, aber gefasst genug. Die meisten von ihnen trugen Schwerter, einige jedoch auch schwerere Waffen wie Äxte und Morgensterne. Etwa ein Dutzend war mit langen Hellebarden bewaffnet. Die Gruppenführer – insgesamt fünf an der Zahl – standen verteilt zwischen ihren Leuten; zwei von ihnen befanden sich auf dem Wehrgang, wo sie wachsam über die Zinnen spähten. Jetzt waren sie in Bewegung, als sie bemerkten, dass ihre Leute noch einmal gefordert waren und riefen klar verständliche Befehle. Die Soldaten im Hof machten sich bereit, zückten ihre Schwerter oder setzten ihre Pfeile auf die Sehnen. Kiba tat es ihnen nach und sprang mit einigen Sätzen über einen Stapel Kisten in den Hof hinunter, wo er sich zu den Schützen gesellte und einige Worte mit ihrem Anführer wechselte. Neji legte nur seine freie Hand auf Akais Griff, verließ den Wehrgang aber nicht. Shikamaru und Tenten postierten sich neben ihm. Tenten hatte ihren Dolch gezogen, auch wenn die Geste hier völlig nutzlos sein würde, doch Shikamaru hatte sich wie der Hyugakrieger nicht die Mühe gemacht, nach einer Waffe zu greifen. Ehe sie hier oben in Nahkämpfe verwickelt wurden, musste noch einiges gesehen. Darui war nicht mehr bei ihnen, doch Neji konnte seine Präsenz im Hof vor dem Haupttor spüren, wo er Befehle gab. Unter anderem auch an die Frau, die das Sagen über die Dienerschaft hatte. Anscheinend hatte er begriffen, dass er die Verteidigung Neji, Kiba und Shikamaru überlassen konnte und organisierte stattdessen die Helfer und Heiler. Guter Mann. Neji überließ ihm der Aufgabe, die er jetzt, als der erste Schock ob des Angriffs verflogen war, mit großer Autorität und Sicherheit ausführte, und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Feind zu. Die Krieger näherten sich vorsichtiger als bei ihrem ersten Angriff, die Schilde erhoben und in einem geordneten Trupp, doch diesmal wurden sie auch weit disziplinierter empfangen. Kiba war es, der den ersten Pfeil schoss, kaum dass die erste Linie des Feindes in der Mauerlücke auftauchte, was offenbar von den Gegnern erwartet wurde. Was nicht erwartet wurde, war die Wucht, mit der das Geschoss den zum Schutz erhobenen Schild durchschlug, welcher splitterte und brach. Der getroffene Mann wurde nach hinten geworfen und brachte die neben und hinter ihm Gehenden aus dem Schritt. „Schuss!“, brüllte beinahe gleichzeitig der Gruppenführer der Schützen und diese ließen ihre Pfeile von den Bögen schnellen. Weitere Feinde fielen, Schmerzensschreie und überraschte Rufe erfüllten die Luft und die Angriffslinie wankte. „Angriff!“, kommandierte nun eine weitere, autoritäre Stimme und die Fußsoldaten setzten sich in Bewegung, während die Bogenschützen zurückwichen. Die Linie der Verteidiger schloss sich rasch und sicher, mit den am schwersten bewaffneten Soldaten in der Mitte, rechts und links gedeckt von den Schwertkämpfern. Hinter ihnen stellten sich die Lanzenträger auf und warteten auf ihren Einsatz. Die Angreifer wurden zurück in die schmale Bresche gedrängt, aber nicht weiter. Gut – so verhinderten die Verteidiger, selbst in den Engpass zu geraten. „Schuss!“, brüllte jetzt der Schützenanführer und das Sirren der Sehnen übertönte einen Moment lang den Rest des Kampflärms. Die Pfeile flogen hoch und weit über die Köpfe der Verteidiger hinweg. Hinter den Mauern gingen weitere Männer zu Boden, andere schrien, aber die meisten Pfeile gingen wirkungslos an Helmen, Rüstungen und Schilden zu Bruch. Doch der Angriff der feindlichen Infanterie stockte nicht und auch der fremde Fürst blieb nicht untätig. Er zog seine eigenen Schützen um sich zusammen, die sich bereit zum Angriff machten, während der Schützenanführer im Hof noch einmal „Schuss!“ brüllte. Erneut schwirrten die Pfeile über sie hinweg. Draußen wurden ebenfalls Geschosse auf Sehnen gesetzt. Shikamaru zog Tenten mit sich zu Boden, so dass die Zinnen sie schützen und auch Neji ging in Deckung. Man würde nicht auf sie zielen, doch verirrte Pfeile gab es immer. „Schilde!“, bellte der Gruppenführer und die Soldaten der Burg kamen dem Befehl prompt nach. Wer in der ersten Reihe kämpfte und keine Hand für einen Schild frei hatte, wurde von den Kameraden geschützt. Die meisten der gegnerischen Pfeile prallten wirkungslos gegen den Schildwall. Doch einige trafen und Soldaten gingen unter Schmerzensschreien zu Boden. Die Reihe wankte, doch nun kam der Einsatz der Hellebardenträger, die eingriffen und eine weitere Ebene der Verteidigung bildeten. „Schuss!“, brüllte nun auch Kiba, keinen Moment später. Die Reaktion kam etwas verspätet, aber schneller, als Neji erwartete. Zahlreiche Feinde gingen zu Boden, weil sie nicht mit einem so schnellen Gegenangriff gerechnet hatten. Doch auch die gegnerischen Bogenschützen blieben nicht untätig und schickten ihre Antwort zurück. Unten in der Bresche wurden die Verteidiger wieder Schritt für Schritt zurückgedrängt, als ihr der feindliche Befehlshaber mehr seiner Männer losschickte. Neji wünschte sich, sie könnten einige Schützen für den Wall entbehren, doch auch so waren es fast zu wenige von ihnen. Wenigstens schalteten sich nun die Helfer ein, die Darui organisierte und nun die Verwundeten aus dem Gewühl in Sicherheit brachten – sofern sie für sie erreichbar waren. Dennoch würde dieser Kampf auf kurz oder lang in einer Niederlange für die Verteidiger enden, wenn nicht bald etwas geschah, und das konnte Neji nicht zulassen; ein paar Möglichkeiten hatte er noch. Drastischer Maßnahmen mussten ergriffen werden. „Kiba!“, brüllte er und winkte mit einer ausholenden Handbewegung. „Komm hoch!“ Unten war der Jäger nichts weiter als ein weiterer Schütze, hier oben würde er jedoch etwas tun können, womit andere sich schwer täten – in mehr als einer Hinsicht. Dann tastete der Krieger mit den Fingern über die Pfeile, die er noch in der Hand hielt um einen ganz bestimmten zu finden. Kiba stand neben ihm, noch ehe dies geschehen war. Beunruhigt starrte er über die Mauer. „So wird das nichts.“, erklärte auch er. Er warf einen kurzen Blick auf Tenten hinunter, die noch immer hinter den Zinnen kauerte, und dann zu Shikamaru hinüber, der sich wieder aufgerichtet hatte, um das Geschehen weiter zu verfolgen. Statt einer Antwort reichte Neji ihm einen Pfeil. Kiba nahm ihn an, wohl wissend, worum es sich dabei handelte, sah seinen Waffenbruder ernst an und fragte: „Bist du sicher, dass das nötig ist? Ist das nicht ein wenig übertrieben?“ Neji deutete nur über die Mauer. „Hast du eine bessere Idee?“ Der Jäger seufzte, schüttelte den Kopf und setzte den Pfeil auf Cridhes Sehne. „Ich hasse das.“, knurrte er. „Was genau habt Ihr vor?“, mischte sich Shikamaru ein, der bis jetzt schweigend zugesehen hatte, wohl wissend, dass er überflüssig war. Neji hatte keinen Zweifel, dass er bemerkt hatte, woher der Pfeil kam: aus demselben Bündel wie der Magiebrecher. Er musste sich zusammenreimen, dass es sich auch hierbei um einen magischen Pfeil handelte – doch er würde die furchtbare Auswirkung des Geschosses nicht erraten. Eigentlich war der Pfeil von Hinata entwickelt worden, um rasch eine größere Gruppe Untoter zu erledigen – eine Art letzte Maßnahme, denn er war sehr schwer herzustellen. Doch auch gegen Lebende würde er seine Arbeit tun. Auf eine grausame, schreckliche Art und Weise, aber auch eine sehr effektive. Vermutlich würde der feindliche Fürst daraufhin seine Männer zurückziehen und eine langwierigere Strategie versuchen, nachdem mehrere unerwarteter Züge des Gegners seine ersten Angriffe vereitelt hatten. Neji jedenfalls würde es tun. Warum mehr seiner Leute riskieren, wenn er den Feind auch einfach aushungern lassen konnte? „Nichts Erfreuliches.“, antwortete er kurz angebunden und zog einige von Hinatas Talismanen, die er vorhin mitgenommen hatte, aus der Tasche. „Aber etwas Wirkungsvolles.“ Tenten stieß einen seltsamen Laut aus, aber Shikamaru fragte nur: „Wird es uns helfen?“ „Hoffen wir’s“, antwortete Kiba und trat an die Zinnen heran um erneut zu zielen. Diesmal kletterte er nicht auf die Mauer – er würde ein zu gutes Ziel abgeben, außerdem musste er nicht so sorgfältig schießen, weil das Ziel näher stand und weit größer war. Neji ging zu der Bresche hinüber und stellte sich so nah an den Rand, wie er es wagte. Einige Steine waren sehr locker und konnten durch sein Gewicht leicht in die Tiefe fallen und ihn mit sich reißen. „Bereit!“, meldete Kiba und Neji antwortete: „Schieß.“ Hinter sich hörte er, wie der Pfeil sich von der Sehne löste, während er selbst die drei Feuerzweige in seinen Händen zerbrach und in die Tiefe warf. Sie würden ihre Macht gegenseitig exponentiell steigern, so dass die Lücke zwischen den Mauern für einige Momente einem Inferno gleichen würde. Und dann schossen heiße Flammen nach oben und versengten die Spitzen seiner Haare. Er konnte die Hitze auf der Haut spüren und dann drang der Geruch von verbranntem Fleisch in seine Nase. Schreie erfüllten die Luft, mehr animalisch als menschlich, von den Männern, die von den Flammen verschlungen wurden. Weitere Männer – Freund wie Feind – brüllten entsetzt auf. Hinter sich konnte er Tenten erschrocken schreien hören und Shikamaru war einige Schritte zurückgewichen, als könne er dem Anblick nicht glauben. Vor den Mauern zeichnete sich ein ähnliches Schauspiel unter den Bogenschützen ab, denn der Pfeil, den Kiba abgeschossen hatte, hatte einen ähnlichen Effekt wie die Feuerzweige. Flammen schlugen hoch zum Himmel, gespeist durch menschliche Körper, von denen einige sich noch bewegten. Schreie, wild und tierisch und so grausam zu hören, drangen zu ihnen herüber und der Geruch von verbranntem Fleisch erweckte die Übelkeit. Einen Moment später ließ der Feind das Signal zum Rückzug blasen, doch die meisten seiner Männer waren bereits auf dem Weg hinter die imaginäre Linie, die Cridhes Schussweite zeichnete, in kopfloser Flucht oder wohlkalkuliertem, aber schnellem Schritt. Andere – und das musste der schlimmere Anblick sein, auch wenn Neji das nicht beurteilen konnte – rannten überstürzt und brennend davon, sofern sie es noch konnten. Nur wenige von jenen, die das Feuer abbekommen hatten, hatten die Geistesgegenwart, sich auf den Boden zu werfen und die magischen Flammen durch Herumrollen zu löschen. Diesmal jubelte niemand, als der Angriff abbrach, trotz des weit weniger disziplinierten Rückzugs des Gegners. Die Führungsriege der feindlichen Armee befand sich in Aufruhr, nur der fremde Fürst selbst saß ruhig auf seinem nervös herumtänzelnden Ross. Dann riss er es plötzlich herum und brüllte einige Befehle. Seine Männer reagierten schnell und Neji wandte sich ab. „Sie errichten ein Lager.“, erklärte er jedem, der zuhörte. „Wo ist Graf Darui?“ „Unten.“ Shikamaru deutete mit dem Finger in den Hof. „Er versucht, etwas Ordnung zu schaffen.“ Neji nickte. Das wusste er schon, aber er hatte den Lord während des Kampfes aus dem Bereich seiner Wahrnehmung verloren. Jemand anderes würde ihn finden. „Er soll seine Maurer und Zimmerleute und jeden anderen Arbeiter herbeischaffen. Wir haben etwas Zeit gewonnen, die vielleicht reicht, dieses Loch in der Mauer zu stopfen.“ In besagtem Loch starben langsam die Flammen, eine Kombination aus fehlendem Brennstoff und dem Wasser, das eilig darüber geschüttet wurde. „Das gibt nebenbei auch den Leuten etwas zu tun“, bemerkte Kiba mit einem Grinsen. Er klopfte dem Gruppenführer, der inzwischen neben ihm stand, auf die Schulter. „Gute Arbeit. Behalte den Feind im Auge und gib Bescheid, wenn sich etwas rührt.“ Der Mann nickte. „Meine Männer?!“, wollte er jedoch mit einem Blick in den Hof wissen. „Wir kümmern uns um sie“, versprach Kiba, was den Mann zu beruhigen schien, sodass er sich abwandte und seiner neuen Aufgabe nachging. Unten waren Helfer inzwischen geschäftig dabei, die Verwundeten von den Toten zu trennen und sie zu versorgen. Dabei wurde nicht zwischen Freund und Feind unterschieden, was Neji so nicht kannte. Wer würde schon dem Feind helfen, wieder auf die Beine zu kommen? Wenigstens nahmen sie den verwundeten Gegnern die Waffen ab, also würden sie die Situation unter Kontrolle haben. Die Soldaten, die nur leicht oder gar nicht verletzt waren, bewachten noch immer die Bresche, auch wenn Neji sich sicher war, dass so bald kein erneuter Angriff erfolgen würde. Die Bogenschützen, die von allen am wenigsten abgekriegt hatten, kamen nun auf den Wehrgang herauf, um dort Stellung zu beziehen. Hier würden sie nun am meisten Wirkung zeigen. Von einem Angriff überrascht werden, würden sie nun jedenfalls nicht mehr. Das Chaos durch die hysterischen Bauern hatte sich inzwischen ebenfalls gelegt. Die meisten Leute waren in die Burg gebracht worden, wo sie in den großen Hallen auf das Ergebnis des Kampfes warteten. Wer konnte, half im Hof. Draußen befanden sich nur noch die Soldaten und die Helfer, die sich um sie kümmerten. Vor den Mauern sah das Bild nicht viel anders aus. Wachposten, die die Burg nicht aus den Augen ließen, Heiler und ihre Gehilfen, die sich um die Verletzten kümmerten, und weitere Helfer, die inzwischen das Lager errichteten, Zelte, einen Korral für die Pferde, ein paar Schutzvorrichtungen… Anscheinend hatte die feindliche Armee vor, eine Weile dort zu blieben. Gut, wer sich so verhielt, bereitete sich auf eine Belagerung vor, nicht auf einen weiteren Sturmangriff. Nur die Führungsriege, die auf ihren Rössern saß und sich aufgeregt unterhielt, kümmerte sich noch um die Burg und ihre Bewohner. Vermutlich besprachen sie ihre Strategien. Von dem Magier war nichts mehr zu sehen. Und etwas entfernt von seinen direkten Untergebenen hockte der fremde Fürst auf seinem tänzelnden Pferd. Er saß wie angegossen im Sattel, unbeweglich und hart, die Sonne glänzte kalt auf seinem Helm und seiner Rüstung und Neji hatte keinen Zweifel daran, dass dieser Krieg erst begonnen hatte. Noch hatten sie es nicht überstanden. ~ [ ♠ ] ~ Sasuke von Uchiha hatte die Hölle hinter sich gelassen und zum ersten Mal in seinem Leben fühlte er sich lebendig. Noch immer wusste er nicht, welche Naturgewalt über die Festung seines Verwandten Isamu von Uchiha gekommen war, aber ihre Macht war unbestreitbar. Fast war er sich selbst nicht sicher, was er gesehen zu haben glaubte, aber sein Körper war es, der ihm widersprach. Er hatte überlebt und er spürte mit jeder Faser, dass er auf etwas gestoßen war. Etwas Großes, Bedeutsames, dessen Sinn sich ihm jetzt noch nicht erschloss. Doch es war mehr, als nur diese lächerliche Gruppe Rebellen, die mit Hilfe der Magie die Tore der Burg aufgebrochen und in die Nacht entkommen war. Es war viel mehr. Sasuke wusste es einfach und sein Instinkt hatte ihn selten getrogen. Itachi mochte ihn – für den Moment – aus dem Weg geräumt haben, doch selbst sein Bruder konnte nicht ahnen, dass er auf so etwas stoßen würde. Ein feines Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Diesmal würde es anders laufen, als sein Bruder es geplant hatte. Dennoch ließ sich nicht leugnen, dass seine Ausgangslage für jedes weitere Vorgehen höchst schwierig war. Nachdem er dem Flammeninferno in der Burg und der anderen Gefahr, der die Menschen so hilflos ausgeliefert gewesen waren, entkommen war, hatte sich unter den wenigen, die noch am Leben und ihm gefolgt waren, Resignation eingestellt. Durch Isamu von Uchihas Tod durch die Hand eines der lebenden Toten, war unter seinen Untergebenen völliges Chaos ausgebrochen. Die Organisationsstruktur, die ohnehin nicht so straff war, wie sie eigentlich hätte sein sollen, war binnen weniger Minuten völlig zusammen gebrochen. Das hatte nur gezeigt, wie wenig der Burgherr auf eine solche Situation vorbereitet gewesen war. Nicht, dass irgendwer wirklich damit erwartet hatte, von Untoten überfallen zu werden – so viel musste er seinem verstorbenen Verwandten doch zugestehen. Auch er selbst war überrascht gewesen von diesem Gegner. Diejenigen, die schlau genug gewesen waren, nicht zu verbrennen und im Angesicht des Nichtfassbaren die Flucht ergriffen hatten, hatten sich ihm angeschlossen. Doch die meisten waren verletzt, standen unter Schock und schienen nicht akzeptieren zu können, dass ihr bisheriges, sicheres Leben in der Uchihafestung unwiderruflich vorbei war. Schwächlinge. Aus dem fünfzig Mann großen Trupp Soldaten, der ihn begleitete, stachen lediglich einige wenige hervor, die das Erlebte akzeptieren konnten und nach vorn sahen. Offizier Enevor, den er zufällig getroffen und ursprünglich für seine Torheit den Rebellen auf den Leim gegangen zu sein, verachtet hatte, war zu seiner Überraschung ein fähiger Mann, der es verstand selbstständig zu denken. Außerdem verfügte er offenbar über eine ausgezeichnete militärische Ausbildung, sodass Sasuke ihm schnell wichtige Aufgaben übertrug, die Enevor nur allzu eifrig erledigte. Pflichtschuldig, heuchlerisch, schmeichelnd, ehrgeizig. Sasuke wusste nicht, ob er ihn verachten oder dankbar sein sollte, dass wenigstens einer ihm so bedingungslos folgte. Sasuke kannte solche Männer, die nach oben wollten um jeden Preis und dafür über Leichen gingen und Hintern küssten, wo sie mussten. Aber in seiner jetzigen Lage konnte er allerdings nicht besonders wählerisch sein, was seine Untergebenen anging. Sasuke hatte aus sicherer Entfernung die Burg beobachten lassen und zu seinem Erstaunen hatte keines dieser Wesen die Burgmauer oder das Tor überwunden. Es hatte drei Tage gedauert, ehe das Inferno endlich erloschen war. Drei Tage, in denen das Feuer alles Brennbare vernichtet und das Innere schwarz vor Asche hatte werden lassen. Gebäude waren in sich zusammen gebrochen und hatten Menschen unter sich begraben, die in Todesqual so lange geschrien hatten, bis das Feuer auch ihr Fleisch in Brand gesetzt hatte. Ein ekelhafter Geruch gebratenen Fleisches lag in der Luft, als sie in den Hof zurückgekehrt waren, der nicht wenige der Soldaten dazu gebracht hatte, sich zu übergeben. Darüber hinaus mangelte es an allem. In der allgemeinen Panik war es unmöglich gewesen Nahrungsmittel, Gepäck, Wertsachen oder Waffen zu retten. Wer zitternd vor Angst den unmöglichen Angriff überlebt und mit heiler Haut davon gekommen war, konnte sich bereits glücklich schätzen. Sasuke konnte von Glück reden, dass er sein Schwert bei seinem Sturz in den Burggraben festgehalten hatte. Eine Waffe versprach Sicherheit und außer dem Schwert war ihm lediglich sein Name als Schutz geblieben. Das und seine Erziehung, die ihm die Beherrschtheit verlieh, das Kommando zu übernehmen und ganz selbstverständlich die Kontrolle über die Soldaten zu gewinnen. Anders als Isamu von Uchiha legte Sasuke Wert auf absoluten Gehorsam und Pflichterfüllung. Dass sich Soldaten während des Dienstes betranken, würde er niemals zulassen, und Sasuke wusste, dass seine neuen Untergebenen dies ebenfalls verstanden hatten. Es verschaffte ihm eine eigenartige Genugtuung zu sehen, wie die Männer, die ihn belächelt hatten, als Isamu von Uchiha ihn in seiner Burg herum geführt und nicht mit Seitenhieben auf ihn selbst gespart hatte, nun vor ihm katzbuckelten. Dennoch hatte es einiger Überzeugungskraft bedurft, dafür zu sorgen, dass eine Gruppe von zehn Männern, die Sasuke willkürlich bestimmt hatte, zu der Burg zurückkehrte, sie beobachteten, erkundeten und ihm schließlich Bericht erstatteten. Vor seinem geistigen Auge nahm ein Bild Gestalt an, das die Folgen, aber nicht die Ursache erklärte. Sasuke begann zu begreifen und doch begriff er nicht. Jedes Mal, wenn er glaubte das große Ganze zu fassen, entglitt es ihm wieder. Außerdem irritierte ihn, welche Rolle die geflohenen Rebellen bei all dem spielten. Es war schnell gegangen und doch konnte er ein Bild nicht aus seiner Erinnerung auslöschen. Ein Bild von einer Gruppe von Reitern, die auf ein geschlossenes Tor zu galoppierten, weg von der Gefahr, als würden sie dessen Ausmaß bereits kennen. Ein Mädchen mit mitternachtsschwarzem Haar, das Worte sprach, die er nicht kannte und mit Magie eine Steinmauer zu Einsturz brachte, als wäre sie eine Reihe aufeinandergestapelter Klötze. Eine Frau, nicht fassbar und trotzdem auf eigene Art mächtig, wie es jemand wie Isamu von Uchiha nie gewesen war. Sasuke hatte von Enevor erfahren, dass Isamu nur einen von ihnen neben den beiden Frauen gefangen gehalten. Einen Rebellen, den dieser gefoltert hatte, um an Informationen zu kommen. Einen Verletzten, der sie langsam machen würde … Zwei der übrigen Rebellen waren Offizier Enevor selbst begegnet und hatten ihn überlistet. Der Dritte, so schlussfolgerte Sasuke, war für die Explosion verantwortlich. Sechs. Ihn dürstete nach einer Erklärung und irgendwie spürte er, dass ihm diese Menschen eine liefern konnten, wenn er sie einholte und wieder einfing. Lauft nur, dachte Sasuke, ihr werdet mir nicht entkommen. „Lord Uchiha?“ Offizier Enevor verbeugte sich tief vor ihm und riss ihn aus den Gedanken. „Sprich!“, forderte Sasuke ihn auf, nachdem er sich gefasst hatte. Enevor hob den Blick. Respekt stand darin, genau mit der richtigen Mischung aus Furcht. Genugtuung pulsierte durch seine Adern und nach so langer Zeit der Hilflosigkeit, spürte er, wie Macht ihn durchströmte. So sollten ihn die Leute ansehen, statt immerzu auf ihn herab zu blicken. Aber damit war jetzt Schluss. Von nun an, würde er seinen eigenen Weg gehen und jeden eliminieren, der es wagte sich ihm entgegen zu stellen. „Herr“, sagte Offizier Enevor, „wir haben ihre Spur gefunden. Die Rebellen sind nur einen halben Tagesritt voraus.“ Mit einem Schlag kehrte das Gefühl zurück, dass er in der Feuersbrunst der Uchihafestung verspürt hatte. Adrenalin schoss durch seine Adern und sein ganzer Körper schien zu erwachen. Tatendrang packte ihn. „Nehmt die Verfolgung auf“, befahl Sasuke. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)