Verworrene Pfade: Schatten von Hotepneith (Die dritte Staffel) ================================================================================ Kapitel 22: Der Eremit ---------------------- Ihr scheint sicher zu sein, dass der Plan, den Agamemmnon und Akago ausgeheckt haben, fehlschlägt. Dabei scheint er narrensicher... 21. Der Eremit Der Empfang, den Provinzfürst Agamemnon dem Herrscher und dessen Ältesten bereitete, zeugte durch nichts von irgendwelchen Intrigen oder Plänen. Das Einzige, das den Inu no Taishou und Sesshoumaru stutzig machte, war das Fehlen des Erbprinzen. War Achill derjenige, der von Akago übernommen worden war, und wollte das Baby nicht entdeckt werden? Inuyasha war außerhalb der Stadt Aigina geblieben um nicht von den Hölleninsekten aufgespürt zu werden. Kagome hatte ihn gebeten, zum einen ihre Mutter zu retten und zum zweiten vorsichtig zu sein. Er hatte ihr beides versprochen. Vater hatte ihm keine weiteren Anweisungen gegeben oder auch nur geben können, wusste doch niemand, was an Hinterhalt geplant war. Agamemnon verneigte sich höflichst gegen seine beiden Gäste: „Darf ich dann fragen, was Euer Hoheit und Euer Gnaden in meinen Bezirk führt?“ Eine unhöfliche Frage, dachten beide prompt und der Inu no Taishou antwortete kühl: „Sollte Euch das tatsächlich entgangen sein? Man sollte stets wissen, was der eigene Sohn plant.“ „Nun, ich bin mir bewusst, dass Achill ein Duell gegen Seine Gnaden anstrebt…“ Sie waren wütend, begriff der Provinzfürst, auch, wenn sie es unterdrückten. Und wären nicht die Geiseln säße er womöglich schon im Kerker, wenn nicht mehr. „Ich würde vorschlagen, dass wir den Kampf bereits morgen stattfinden lassen. Ich vermute, dass mindestens zwei der...weiblichen Zuschauer Euch bekannt sind.“ Sesshoumaru nickte knapp. Also hatte dieser Mistkerl von Fürst tatsächlich Rin und die Despoina entführen lassen. Und war anscheinend sicher mit dem Leben davonzukommen. Töricht oder schlau? Hatte Akago von ihm Besitz ergriffen? So konnte er nichts erkennen. „Sehr gut. – Achill übt bereits. Wie es Euer Gnaden beliebt könnt Ihr das auch halten. Mein Haushofmeister, Nestor, wird Euch, fast, jeden Wunsch erfüllen.“ Er winkte dem älteren Dämon, der näher trat und sich tief verneigte. „Eurer Hoheit würde ich gern dagegen ein kleines Unterhaltungsprogramm bieten. Ich bin sicher, dass es Euch interessiert, wie meine…besonderen Gäste untergebracht werden.“ Er wollte sie trennen, bemerkten Vater und Sohn unwillkürlich. Aber wenn er nicht verrückt war – und sie vermuteten das allerdings langsam fast – würde er den Geiseln nichts antun, solange das Duell nicht durchgekämpft war. Denn nur mit einem ordnungsgemäßen Kampf würden er und Achill zum einen ihr Ansehen in den Augen der anderen Provinzfürsten nicht verlieren und zum zweiten es dem Herrscher unmöglich machen den Tod seines Sohnes zu ahnden. „Einverstanden“, meinte dieser daher nur. „Dann gehen wir ein wenig spazieren….In den Bergen im Westen lebt ein Eremit.“ Hatte er die Geiseln bei einem Eremiten? Nun, warum nicht, urteilte der Inu no Taishou. Eine Menschenfrau und ein Kind dieser Art – da brauchte es keine Ketten oder viele Wächter. Inuyasha sah überrascht auf, als er erkannte, dass ein großer Fuchs mit sieben Schwänzen und ein fast noch riesigerer weißer Hund aus der Stadt liefen, Richtung Westen. Wohin wollte Vater? Und das andere war doch sicher der Provinzfürst? Wo steckte Sesshoumaru? Egal, entschied er dann. Sein Bruder konnte ein Duell doch gewinnen, gegen wen auch immer. Interessanter war wohl, was dieser Agamemnon mit Vater vorhatte. Immerhin hatte er die beiden getrennt. So stand der Halbdämon auf und rannte mit gewaltigen Sprüngen hinterher. Zu seiner Überraschung erreichte er schließlich einen Fluss, an dessen sandigem Ufer er erkennen konnte, dass sich die beiden in ihre menschlichen Gestalten zurückverwandelt hatten. Er blickte sich um. Wohin jetzt? Dort, entlang des Flusses konnte er die Fährte wittern. Warum nur führte dieser dämliche Agamemnon Vater in diese Bergeinsamkeit? Und warum war Vater darauf eingegangen? In diesem Moment entdeckte er etwas Kugeliges, das an Land gespült wurde. Mit gewissem Erschrecken erkannte er, dass es sich um einen menschlichen Kopf handelte. Hatte es weiter flussaufwärts einen Unfall gegeben oder einen Überfall? Hier in den Bergen sollten doch diese Kyklopen leben, die manchmal zu Übergriffen auf Menschen neigten. Unwillkürlich bückte er sich, um den Kopf aufzuheben. Er sollte ihn wohl beerdigen. Eigenartig. Warum blutete der gar nicht? Genauer – wieso hatte der keine Öffnung, wo einmal ein Hals gewesen war? Das sah eher wie ein Ball oder ein Apfel aus? Was stimmte denn hier nicht? So oder so sollte er lieber wirklich zusehen, dass er den beiden folgte. So rannte er weiter entlang des Flusses, tiefer in die Berge. Der Inu no Taishou sah an der steilen Felswand empor. Dort oben befand sich eindeutig ein geräumiges Haus: „Dieser Eremit versteht zu leben“, stellte er fest. „Nun, er hat Schüler und andere Gäste“, erklärte Agamemnon, wie bereits zuvor bemüht, stets die Wahrheit zu sagen. Die Nase des Herrschers war gut genug Lügen zu erkennen. „Hier bitte entlang, den steilen Pfad. Aber ich denke, dass dies Euer Hoheit nicht weiter stören wird.“ Nur kurz darauf erreichten die beiden Dämonen ein einladend offenes Tor, das in das Innere des Berges führte. Drinnen konnte der Herrscher Kochgerüche wittern, Menschen….Er wollte bereits hineingehen, als ihn der Provinzfürst anhielt: „Äh, Hoheit wollen verzeihen, aber dies ist das Haus eines Eremiten. Es…er würde es sicher als unziemlich empfinden, kämen wir bewaffnet zu ihm.“ Er selbst legte bereits sein Schwert ab. Als der Inu no Taishou diesem Beispiel folgte, musste er sich zwingen, nicht triumphierend durchzuatmen. Er hatte es geschafft, hatte den mächtigen Herrscher entwaffnet. Das bedeutete sicher nicht, dass der jetzt wehrlos war, aber immerhin. Das war der erste Schritt. „Danke. Dann folgt mir bitte.“ In dem Empfangsraum des Hauses sah ein massiger junger Mann mit spitzen Zähnen auf, als die beiden Dämonen eintraten. „Oh, Fürstliche Gnaden…“ sagte er: „Und…?“ „Und Seine Hoheit“, ergänzte Agamemnon eilig, dem Eremiten bedeutend, dass er sich verneigen sollte. Der Herrscher sah sich rasch um. Kleine Dämonen wedelten dem Eremiten Luft zu, schienen buchstäblich dienstbare Geister zu sein. Der verstand wohl etwas von Magie. Er war unbewaffnet. Wo waren die anderen Menschen, die Schüler, von denen der Provinzfürst gesprochen hatte? „Seine Hoheit möchte sehen, wie du die…besonderen Gäste unterbringst.“ „Oh ja, natürlich. – Bequem, das kann ich Euch versichern.“ Der Eremit stand mit einer Beweglichkeit auf, die für so einen dicken Menschen erstaunlich wirkte. War er doch ein Dämon? Der Inu no Taishou stellte fest, dass er das so nicht sagen konnte. Eigenartig. Ein Halbdämon wie Inuyasha war er jedenfalls schon mal nicht. Aber er folgte dem Hausherrn durch ein anscheinend weit nach oben und unten in den Berg führendes Treppenhaus, hinab. Aus einem Vorratsraum drang ein seltsamer Geruch nach Kräutern und anderen Pflanzen, aber er kümmerte sich nicht darum. Wichtiger war es, dass er seine Gefährtin und Rin finden konnte, sich vergewissern konnte, dass es ihnen gut ging. „So hier…Hoheit.“ Der Eremit öffnete schwungvoll eine Tür. Durch einen mannshohen Spalt in der Felswand fiel Tageslicht auf einen Tisch: „Dort. Wie Ihr sehen könnt: mein Miniaturgarten.“ Miniaturgarten? Der Herrscher trat näher. In der Tat. Das war gar kein Tisch. Innerhalb der Umrandung lag eine ganze Landschaft. Häuser, Bäume, sogar ein Fluss mit Brücke. Dann erfasste ihn ein eisiger Schrecken. Dort drinnen liefen tatsächlich Menschen, winzige Menschen. Unwillkürlich machte er noch einen Schritt näher. Waren die beiden Vermissten etwa dort, verzaubert? Aber was war jetzt los? Warum wurde der Garten immer größer? Nein, er wurde immer kleiner, erkannte er. Doch ehe er auch nur eine Idee hatte, was er tun könnte, stand er mitten in dem Miniaturgarten. „Gut gemacht, Tokajin“, meinte Agamemnon zufrieden. „Am Eingang liegt noch sein Schwert. Hebe es gut auf, denn ich werde es abholen.“ „Ja. Wann darf ich ihn fressen, Fürstliche Gnaden? Einen Dämon von dem Kaliber hatte ich noch nie.“ „Sobald ich zurückkomme. Dann ist auch der Kronprinz tot.“ Der Inu no Taishou ballte die Fäuste, als er diese Unterhaltung hörte. Aber es war ihm unmöglich, etwas zu tun. Dieser Garten war sicher mit Hilfe der Blumen des Styx erschaffen worden – mächtige Magie. Und er würde womöglich sein Lebtag so klein bleiben – nun, bis ihn der Eremit fressen wollte? Was war das denn für ein so genannter heiliger Mann? Dieser verdammte Agamemnon hatte den Hinterhalt tückisch geplant. Er konnte es sich sparen, sich umzugucken, denn die Geiseln wären nicht hier – schon, falls Sesshoumaru sie sehen wollte. Er war wie ein Vollidiot in die offene Falle gegangen. Hoffentlich hatte Inuyasha mitbekommen, dass er mit dem Provinzfürsten verschwunden war – und hoffentlich war der Junge ihnen gefolgt. Dann jedoch fuhr er zusammen. Inuyasha, dachte er. Dieser war ein Halbdämon und verwandelte sich einmal im Monat in eine rein menschliche Form. Und, wenn ihn nicht alles täuschte, wäre dies heute Nacht, bei Neumond, der Fall. Der junge Prinz stand an der Wegscheide. Geradeaus führte ein Pfad weiter, das Flussufer entlang, aber er konnte wittern, dass Vater und Agamemnon den anderen dort hinauf gegangen waren. Da oben war ja ein ganzes Haus in den Fels gehauen worden. Was war das hier nur für ein Ort? Er hätte niemandem sagen könne, warum er zunächst geradeaus ging. Als er sich umdrehte, erkannte er gerade noch, wie ein großer Fuchs mit sieben Schwänzen den Weg zurücklief. Vater fehlt, dachte er erschrocken. War hier doch eine Falle gewesen? Dann war er der Einzige, der ihm helfen konnte. Mit ihm rechnete sicher weder Agamemnon noch der Besitzer des Hauses dort oben. Eines war klar, den normalen Weg brauchte er nicht gehen. Dort wurde sicher aufgepasst. Aber vielleicht gab es eine andere Lösung, so, wie er mit Sesshoumaru durch den Sumpf von Aran gelangt war, um diesen Atreus zu überlisten. Er würde jetzt einfach noch ein Stück dem Wasser folgen. Vielleicht gab es dort eine Möglichkeit, in dieses Haus zu gelangen. Beeilen musste er sich so oder so. Schon in weniger als einer Stunde würde die Sonne untergehen und er zu nichts als einem Menschen werden. Wie könnte er dann eine Falle öffnen, in die sein mächtiger Vater gelaufen war? Aber er musste es versuchen. Er war der Einzige, der ihm hier helfen konnte. Und vielleicht waren auch Kagomes Mutter und Rin dort. So hastete er weiter. Nur kurze Zeit später blieb er erstaunt stehen. Über ihm wuchs ein seltsamer Baum. Nun, der Baum an sich war nicht seltsam, aber seine Früchte. Das sah genauso aus, wie der Menschenkopf, den er zuvor gefunden hatte. Er sprang empor und betrachtete den Baum. „Eigenartig“, murmelte er zu sich selbst und war erstaunt, Antwort zu bekommen. „Hilfe“, flüsterte ein Kopf und sah ihn an. „Äh…was ist denn hier passiert?“ „Der Eremit, dort oben….Der Fürst hat uns zu ihm geschickt und er hat uns verzaubert, gefressen.“ „Ein menschenfressender Eremit?“ Und Agamemnon schickte ihm auch noch Menschen? Das würde Vater sicher nicht gerne hören: „Aber wieso hängt ihr hier am Baum?“ „Dort oben….“ Der Halbdämon sah empor. An Vorsprüngen des Berges konnte er vereinzelt Menschenknochen erkennen: „Keh! – Er wirft die Überreste seiner Opfer hier hinunter?“ „Ja. Und der Baum nimmt sie auf. So entstehen wir. Er nennt uns Kopffrüchte. Aus uns braut er sein Elixier.“ „Was denn für einen Zaubertrank?“ „Das ewige Leben…Am liebsten würde er ja mal einen Dämon fressen, aber das hat der Fürst ihm wohl nicht erlaubt…“ Vater! Inuyasha durchfuhr ein eisiger Schreck. Er sollte sich wirklich beeilen. Hatte es dieser Agamemnon etwa gewagt…Und was war mit Kagomes Mutter, mit Rin passiert? Er warf einen raschen Blick auf die anderen Köpfe am Baum. Zu seiner Erleichterung erkannte er keinen. „Ich lege den Mistkerl um!“ verkündete er, ehe er den steilen Berg von Vorsprung zu Vorsprung emporhetzte. Unterhalb des eigentlichen Hauses entdeckte er eine Öffnung in der Felswand, aus der es eigenartig roch. Er stieg auf den unteren Rand und blickte vorsichtig hinein. Es schien sich um eine Speisekammer zu handeln. Es roch nach Gewürzen und nach anderen Pflanzen….Diese eigenartigen Früchte hatten doch gesagt, der Eremit würde Menschen fressen. Hier waren jedenfalls schon mal keine, wenn er sich noch auf seine Nase verlassen konnte. Und genau das würde er nicht mehr können, bemerkte er entsetzt. Seine Hände verformten sich, sein weißes Haar wurde schwarz – er verwandelte sich in einen Menschen, bis die Sonne wieder aufging. So ein Mist, fluchte er. Wie sollte er jetzt Vater retten, von Kagomes Mutter und Rin ganz zu schweigen? Ohne seine gewohnten Kräfte und Fähigkeiten? Nun, er musste es einfach schaffen, egal wie. So stieg er in die Speisekammer und bemühte sich zu lauschen, ob sich der Hausbesitzer näherte, ob er etwas von seinem Vater hören konnte. Aber es herrschte Schweigen. So machte er sich auf den Weg zur Tür – und überhörte in seiner menschlichen Form, was ihn gewöhnlich gewarnt hätte: Rascheln über sich. Erst, als sich die riesigen, dornenbewehrten Ranken um ihn legten und ihn schmerzhaft mit empor rissen, stellte er fest, dass er in einem Wirrwarr aus stacheligen Pflanzenarmen gelandet war. Als er loszukommen versuchte, verletzten ihn die Dornen nur noch schwerer. Sie drangen sogar durch sein festes Gewand aus Feuerrattenhaaren. Es tat weh und er hätte um ein Haar aufgeschrieen. Das durfte doch einfach nicht wahr sein! Mit wachsender Wut und Verzweiflung zerrte er an seinem lebenden Gefängnis – und erstarrte erst, als sich die Tür der Speisekammer öffnete. Einen jungen Mann, wie er da eintrat, hatte er nie zuvor gesehen – Dämon oder nicht? Ihm fehlte eine richtige dämonische Aura – aber so massiv und groß war doch kein Mensch, geschweige denn besaß so dreieckige Zähne? Der Eremit bemerkte erstaunt, was da hing: „Ein Besucher?“ fragte er fast neugierig: „Na, Bengel, wolltest du bei mir einbrechen?“ „Keh! – Du frisst Menschen?“ „Natürlich. Der Starke frisst die Schwachen, weißt du das nicht? Und ich werde auch dich essen. So einen jungen, leckeren Burschen schickt mir Fürst Agamemnon selten. Da du jetzt schon mal hier in der Ranke bist, werde ich dich eben so zubereiten. Zuerst ausbluten lassen, dann kochen.“ Tokajin lächelte etwas: „Du hast ja jetzt schon viel Blut verloren. Eigentlich erstaunlich, dass du noch reden kannst.“ Dem musste Inuyasha zustimmen, fragte aber doch wütend zurück: „Dieser dämliche Provinzfürst schickt dir Menschen zu fressen? Ist der denn völlig verrückt geworden?“ „Oh, nicht nur Menschen. Heute brachte er mir einen recht lecker aussehenden Dämon.“ Der Eremit wandte sich um und suchte einige Kräuter. So entging ihm der fassungslose Ausdruck auf dem Gesicht seines Gefangenen, der mühsam hervorbrachte: „Du …du hast ihn… gefressen?“ „Noch nicht. Dämonenrezepte habe ich keine. Ich muss mir da erst etwas Schönes ausdenken.“ Puh, dachte Inuyasha. Vater war wohl doch noch am Leben. Was konnte er nur tun, um ihm zu helfen? Dieser falsche Heilige hatte leider Recht: er hatte viel Blut verloren bei seinen vergeblichen Befreiungsbemühungen. Und er war viel schwächer, als es gut gewesen wäre. Tokajin drehte sich um: „Morgen bist du sicher schon lange ausgeblutet. Dann werde ich dich zusammen mit dem Dämon essen. Das wird mal ein Festmahl.“ Er machte eine Handbewegung und die Ranken rissen den Gefangenen noch einmal weiter empor, verletzten ihn tiefer. Er ging. „Verdammt“, dachte der Halbdämon: „ Viel Zeit habe ich nicht mehr. Mir wird jetzt ja schon schwarz vor Augen. Mir muss etwas einfallen. Und das schnell.“ Der Inu no Taishou hatte unterdessen den so genannten Miniaturgarten erkundet. Ihm war klar, dass sich Inuyasha in dieser Nacht verwandeln würde und ihm wohl kaum eine Hilfe wäre. Also sollte er zusehen, dass er selbst hier verschwinden konnte. Die anderen Gefangenen, Menschen, liefen allerdings teilnahmslos herum oder lehnten unter Bäumen. Vermutlich sorgte Magie oder Gift dafür, dass hier niemand entkommen konnte. Also gab es doch wohl eine Möglichkeit….Er ging die Wände ab, sorgfältig nach einer Fehlstelle, einer Lücke in der Magie suchend. Er war klein, aber gewisse Fähigkeiten hatte er doch sicher behalten. Leider fand er nichts. Überhaupt nichts. Dieser Tokajin verfügte anscheinend über ganz außergewöhnliche magische Kräfte. Und besaß kein Gewissen – nun, ebenso wenig wie der Provinzfürst. War dieser etwa von dem Baby besessen worden? Er hatte Agamemnon ebenso wie einige andere nach dem Gewinn der Macht in ihren Positionen gelassen, angetan von der Loyalität, die sie dem bisherigen Herrscher bis zum Schluss bezeugt hatten. Keiner von ihnen hatte ihn auch bislang enttäuscht. Oder hatten sie ihn nur nicht enttäuschen können, weil er auf der Hut gewesen war, und hatte Agamemnon nun die erste Gelegenheit wahrgenommen? Oder hatte ihn Akago übernommen? Oder Achill übernommen und so seinen nominellen Vater beeinflusst? Gleich. Darüber sollte er sich Gedanken machen, wenn er hier weg war und wieder seine normale Größe erreicht hatte. Hoffentlich war Inuyasha schlau genug gewesen, zu wissen, dass er sich in dieser Nacht in einen Menschen verwandeln würde und war nicht auf die Idee gekommen, ihnen zu folgen, gar in das Haus einzudringen. Gegen diesen Eremiten hätte er als Mensch keine Chance. Es reichte doch, dass er selbst dem in die Falle gegangen war. Sesshoumaru würde es sicher morgen gelingen gegen Achill zu gewinnen. Inuyasha wäre zu diesem Zeitpunkt auch wieder im Besitz seiner vollen Kräfte. Dann würden sich beide Söhne um ihn kümmern – nun, dachte er bitter, wohl zumindest ihn rächen. „Vater?“ Der Inu no Taishou zuckte zusammen. Inuyasha? Wie war der hergekommen? Siedendheiß fiel ihm der Zauber des Gartens ein. Mit aller Lautstärke, die er in dieser winzigen Form aufbringen konnte, schrie er: „Schließ die Augen!“ Der Halbdämon verstand nur etwas von „Augen“, nahm aber an, dass Magie im Spiel war und schloss sie: „Vater?“ fragte er leise: „Wo bist du? Ich habe die Augen zu….“ Erleichtert brüllte der Herrscher: „Tisch! – Fass darein. Und lass die Augen zu!“ Inuyasha war zu froh, seinen Vater lebend gefunden zu haben, dass er sich über diesen eigenartigen Befehl gewundert hätte. Mühsam machte er die Schritte, tastete um sich, bis er einen Tisch berührte. Er fühlte sich schwach, aber die Euphorie, dass Papa noch lebte, ließ ihn für einen Moment die Müdigkeit des Blutverlustes vergessen. Er langte in etwas, das ihm wie Watte vorkam, spürte dann etwas Kleines an seinen Fingern und schloss sie darum. Metall? Fell? War dieses Winzige etwa sein Vater? Was hatte dieser dämliche Eremit denn mit ihm angestellt? Vorsichtig zog er seine Hand zurück: „Vater?“ Dieser war froh, dass sein Junge nicht fester zudrückte. Der Größenunterschied war enorm und selbst in Menschengestalt hätte ihn Inuyasha verletzen können. Er bemühte sich, aus dem Griff zu entkommen, schrie aber gleichzeitig: „Lass ja die Augen zu! Magie!“ „Ja, schon verstanden“, murmelte der Halbdämon. Wie sah der Junge denn aus? dachte der Vater besorgt, als er den Arm empor kletterte, um auf die Schulter zu gelangen. Blut, überall Blut. Und er wirkte erschöpft. Nun ja, er war ja auch in seiner Menschenform. Was war nur geschehen? Aber das musste einem späteren Zeitpunkt vorbehalten bleiben. Jetzt war anderes erst einmal wichtig. Neben dem Ohr rief er: „Dreh dich um, Inuyasha und guck…“ „Öh...ja? – Du bist aber winzig geworden…“ „Das ist die Magie der Blumen der Styx.“ „Kannst du die nicht rückgängig machen?“ „Wo ist Tenseiga?“ „Das...das weiß ich nicht.“ „Dann müssen wir uns verstecken, bis es Morgen ist und du deine Kräfte wieder hast.“ Nur mit dem Schwert könnte er wieder größer werden, besaß es doch heilende Fähigkeiten – und beschützende. „Kannst du gehen?“ „Ja, klar. Da waren nur so Dornenranken, die mich erst losgelassen haben, als ich ihnen mit Tessaiga zu Leibe rückte…“ „Tessaiga?“ Das funktionierte doch nicht, wenn er ein Mensch war? „Es ist immer noch eine Klinge“, grinste der Halbdämon matt: „Halt dich fest, ich…ich werde die Treppe hinaufgehen. Noch hat dieser Mistkerl von Eremit….noch nicht mitbekommen, dass wir weg sind….“ Der Inu no Taishou wusste, dass das stimmte, aber er bemerkte mit wachsender Besorgnis, wie taumelnd sein Jüngster die Stufen emporstieg, wie hoch der Blutverlust wohl gewesen war. Das sah nicht gut aus. Sobald Tokajin bemerkte, dass seine Mahlzeiten ausgebrochen waren, würde er sie suchen. Und in diesem Zustand konnte keiner von ihnen beiden dem Eremiten Widerstand leisten. ************************************ Im nächsten Kapitel wird sich zeigen, ob der narrensichere Plan auch Inuyasha-sicher ist oder ob der ältere Bruder die Sache in die Klauen nehmen muss... bye hotep und schon mal ein schönes neues Jahr! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)