D=OUT von IanZarewitsch (Wenn ich ein Mädchen wär´) ================================================================================ Kapitel 7: Ratten und Mäuse --------------------------- Minase ging pfeifend und scheinbar ganz gelassen die Treppen hinauf, während Ibuki und Hikaru mit jedem Schritt langsamer wurden, bis sie schließlich ganz stehen blieben. „Ibukiiiiiiiii.“ Fing Hikaru auf einmal an zu schluchzen. „Ich. Kann. Das. Nicht.“ Wissend, dass er den Starken und vor allem den Überzeugten spielen musste, richtete sich Ibuki auf und gab dem Rosahaarigen einen kleinen Schubs. „Wenn du jemals etwas aus dir machen willst, zuerst aber mal akzeptiert werden musst, dann zieh´ das jetzt durch. Wenn du diese Feuerprobe bestehst….“ Ibuki zögerte einen Moment. „….sag ich nie wieder was zu deinem Wecker.“ Hikaru sah ihn immer noch zweifelnd an. „U-Und auch nichts mehr gegen deine komischen Kinderlieder.“ Der Kleine lächelte schon ein wenig. „Du darfst so viel essen wie du willst. Sogar deine Süßigkeiten.“ Mit jedem Zusatz den Ibuki Hikaru zusprach wirkte Hikaru weniger angespannt. Doch als der Satz kam: „Das reicht mir noch nicht.“ , war der Rothaarige reichlich irritiert. „Was denn noch?“ Seine Stimme hatte einen leicht giftigen Unterton, hatte er seinem Mitbewohner nicht schon genug Zugestände gemacht? „Ich will mit dir zusammen im Bett schlafen. Und ich will als erstes ins Bad.“ Ibuki machte den Mund auf und erfolgreich wieder zu. Dazu viel ihm wirklich nichts mehr ein. Doch Hikaru schien nun zufrieden und aufgemuntert zu sein und nahm zwei Stufen auf einmal. Ibuki stand immer noch reichlich verwirrt am unteren Treppenabsatz. Wenn er den Rosahaarigen aber dazu bekommen wollte, vor Kouki und Reika vorzuspielen, so musste er sich auf diesen Deal einlassen, egal wie hoch der Preis und wie wenig er ihm schmeckte. Dem Gitarristen graulte es allein schon bei der Vorstellung mit Hikaru zusammen in einem Bett zu schlafen. Tief in Gedanken versunken stieg er die Treppe hoch. Vorm Proberaum angekommen holte er tief Luft, eh er langsam die Klinge runterdrückte. Von Minase, noch von Hikaru war in irgendeiner Art und Weise etwas zu sehen. Der Proberaum war eine ehemalige Bar, die Hocker vor der Theke zeugten davon. Es gab sogar hin und wieder kalte Getränke, wenn einer von den Jungs daran dachte, sie mitzubringen. Aber kein Alkohol, denn immerhin wollten sie ernsthaft proben. Ibuki vernahm leises Gemurmel und schlich sich auf Zehenspitzen vor. Wieso benahm er sich eigentlich wie ein Dieb? Immerhin ging er hier täglich ein und aus. Die Antwort jedoch kam überraschend schnell und schmerzhaft simpel: Er hatte seinen Freunden etwas vorgespielt und sie betrogen. Und Lügen galt bei ihnen als Hochverrat. Und wenn jetzt Hikaru, derjenige der der Grund für seine (Not?)Lügen gewesen war, mit zur Probe kam. Er wartete schon fast dadrauf, dass Kouki oder Reika ihn wutschnaubend empfingen und er hochkant er der Band flog, selbst wenn sie sein Leben war. Und sein Stolz. Er hatte so hart gearbeitet um ein Teil von ihr zu werden. Wenn ich schon rausgeschmissen werde, dachte Ibuki, dann wenigstens mit Würde. Der Rothaarige folgte dem Gemurmel und stieß einen verblüfften Pfiff aus. Das Gebilde vor ihm war sehr anschaulich. Reika und Kouki lagen beide auf der Couch, sabberten um die Wette und schnarchten, während Minase damit beschäftigt war, dem armen Kouki einen Strohhalm in die Nase zu stecken. Hikaru unterdessen war umsichtiger und tippte Reika nur mit der Fußspitze zaghaft an. „Was ist denn hier los?“ fragte Ibuki neugierig, doch anstatt eine Antwort zu erhalten grinste Minase breit. „Zu wenig Schlaf und ganz eindeutig einen über den Durst getrunken. Da kann ja nichts rauskommen.“ Sagte er schließlich. Kopfschüttelnd ging Ibuki ins Bad, kramte eine Weile im Badschrank und zog schließlich einen Waschlappen hervor. Schnell drehte er das Wasser auf eiskalt und hielt das Stückchen Stoff mit einem fiesen Grinsen drunter. All seine Angst war wie weggewischt. Als der Lappen triefte, tappte er zurück in den Proberaum und beugte sich über Reika. Dann wrang er den Lappen aus und ein bitterkalter Wasserschwall ergoss sich auf das – bis dahin- friedliche Gesicht des schlafenden Reikas. Nun riss er die Augen auf und richtete sich prustend auf. „Was? Wie? Wo? Wer?“ rief er aus. Minase begann schallend zu lachen und auch Hikaru gestattete sich ein winziges Lächeln. Doch der Gitarrist konnte sich nicht weiter an dem armen Reika ergötzen, sondern ließ auch Kouki die Ulitmative-Wecktechnik-a-lá- Ibuki spüren. Dieser fuhr ähnlich wie Reika mit weit aufgerissenen Augen hoch, doch schrie er dabei wie ein abgestochenes Schwein. Kein Wunder, immerhin war der Strohhalm immer noch in seiner Nase. Verschreckt fuhren die drei hoch, damit hatten sie nicht gerechnet. Und das Schlimmste war, dass Kouki nicht aufhören wollte. Erst als der Drummer ihm eine saftige Ohrfeige verpasste, war der Vocal schlagartig still und schaute sich verwirrt um. „Ibuki“. Nuschelte Kouki benommen. „Was willst du denn hier?“ „Ehm Proben.“ Kam zögerlich die Antwort. „Und Hikaru mitbringen.“ „Aha.“ Der Vocal nickte monoton und wirkte nach wie vor leicht weggetreten, selbst der Strohhalm war noch in der Nase. Sonst wäre er bei dem Wort „Hikaru“ nicht nur in die Höhe gesprungen. Reika war unterdessen aufgestanden und tapste im Zimmer herum, nebenbei stieß er merkwürdige Geräusche aus. Minase stieß Ibuki an. „Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee war.“ Raunte er. „Ich meine, seh´ sie dir doch mal an.“ Doch Ibuki hatte plötzlich die rettende Idee. „Hikaru nimm die Gitarre und spiel.“ Noch zögerte Hikaru, aber als Ibuki regelrecht ein „SPIEL!“ brüllte, nahm der Kleine die Gitarre in die Hand und fing an. Minase stand stumm da, doch seine Arme verrieten, wie sehr ihn das Lied berührte, hatte er doch eine Gänsehaut. Doch nicht nur der Braunhaarige hörte gebannt zu, auch Kouki und Reika blickten wie hypnotisiert zum Rosahaarigen auf. Besser hätte Hikaru den Moment nicht abpassen können. Er hatte die Schwäche von Reika und Kouki perfekt ausgenutzt und konnte so, völlig ohne Vorurteile sein Stück vortragen. Und auch Ibuki fand, dass er seine Sache bis jetzt ganz gut gemacht hatte, immerhin war er noch Mitglied. Doch wie jede Symphonie ein Ende hat, so endete auch kurz darauf Hikarus Gitarrenspiel und der Vocal sowie der Bassist erwachten aus ihrer Starre. Erst jetzt realisierten sie, wer da vor ihnen stand und sprangen auf. „Transe.“ Knurrte Kouki mit geballten Fäusten. „Was willst du hier?“ „Besser noch.“ Fiel Reika ein. „Wie kommst du her?“ Hilfe suchend sah sich Hikaru nach Minase und Ibuki um, während Kouki und Reika immer näher kamen. „Ho- ganz ruhig Leute.“ Sprang Minase ein und sofort drehten sich die Köpfe seiner Bandkollegen. Die unagefochtene Autorität des Ältesten machte sich immer wieder aufs Neue bezahlt. „Ja –genau, ganz ruhig Leute.“ Sagte Ibuki nun, wenn auch mit wesentlich zittriger Stimme und es klang so unüberzeugend, dass Kouki ihm einen Vogel zeigte. „I-ich war derjenige, der Hikaru vorgeschlagen hat, hier her zu kommen.“ Fuhr der Gitarrist fort. Ungläubig riss Reika den Mund auf und wandte sich nun vollständig dem Rothaarigen zu. „Du? Du warst der jenige, der die Transe hier her gebracht hat?“ Ungläubigkeit sprach aus den Augen und es mischte sich, je länger die Zeit verstrichen, auch immer mehr Wut in seinen Blick. Ibuki ging vorsichtshalber schon mal einen Schritt zurück, doch Minase legte dem Bassisten beruhigend die Hand auf die Schulter. „Ibuki hat Hikaru auf meinen Wunsch hin hier her mitgenommen. Freiwillig hätte er sich das nicht angetan, zumal er nur zu gut wusste wie ihr reagieren würdet. Aber findet ihr das nicht langsam auch albern, wie ihr euch benehmt? Ich meine, ihr seid fast erwachsen und seid so schnell bockig, zickig und beleidigt, wie die Wickelkinder. Sicher, Hikarus Aussehen ist gewöhnungsbedürftig, aber wie hat jemand mal so schön gesagt: Alle sind eins. Und der Spruch kommt nicht von ungefähr. Ist Hikaru nun so viel anders als ihr, weil er sich gerne schminkt? Nein. Er ist genauso ein Mensch. Er hat genauso das Bedürfnis nach Wärme und Zuneigung, sogar das Recht darauf. Und ihr verurteilt ihn, weil ihr so kleinlich seid. Ihr solltet euch wirklich schämen.“ Eigentlich fehlte nur noch der erhobene Zeigefinger und die Szene wäre perfekt gewesen. Kouki und Reika standen nun sichtlich betreten nebeneinander und starrten den Boden an. „Hikaru spielt fantastisch Gitarre, ihr konntet euch gerade eben selber davon überzeugen. Also packt die Vorurteile in eine gaaanz versteckte, tiefe Schublade und nehmt den Jungen endlich so wie er ist. Und kaum einer von euch kann behaupten, jemals so einen süßen Jungen gesehen zu haben.“ Minase lächelte leicht und zwinkerte dem armen Hikaru zu, der vor lauter Verlegenheit gar nicht wusste, was er sagen sollte. Ibuki fiel ein Stein vom Herzen. Der gute Minase wusste stets wie man die Situation zum positiven verändern konnte, fand er stets die richtigen Worte, aber auch vor allem die Ruhe. Kouki und Reika ließen sich fast zeitgleich auf die Couch fallen und seufzten tief. „Mensch, Mina-kun, deinetwegen hab ich jetzt Schuldgefühle.“ Murmelte Kouki zähneknirschend und auch Reika rutschte unbehaglich hin und her. „Wagt doch einfach einen Neuanfang. So wie ich Hikaru kennen gelernt habe, wird er sicher nichts dagegen haben. Oder?“ „Nein.“ Kam es leise von Hikaru. „Ich würde mich freuen.“ „So, nun reicht ihr euch die Hand und sie Sache ist gegessen.“ Trällerte Minase, doch dieser Teil war vermutlich für beide Seiten der Schwierigste. Wie zwei Roboter standen der Vocal und Bassist auf und schoben sich Zentimeter um Zentimeter in Hikarus Richtung. Schließlich berührten sich ihre Hände ganz kurz und sofort fuhren alle Beteiligten zurück, als ob sie der Schlag getroffen hätte. Ibuki musste sich ein dämliches Lächeln verkneifen. Es war einfach goldig, wie Kouki und Reika immer noch einen inneren Kampf führten, doch gleichzeitig probierten krampfhaft zu lächeln. Schließlich war alles vorbei und Hikaru schniefte beseelt. Es war wirklich gut gelaufen. Dankbar sah er Minase und Ibuki an, doch beide schüttelten bloß den Kopf. Die Probe fiel selbstverständlich aus, wäre sie doch ein bisschen zu viel für den armen Reika und Kouki gewesen. Als die beiden draußen waren, fing Hikaru auf einmal an, aus vollem Halse zu singen. Ibuki kippte vor Überraschung vorm Stuhl und Minase begann los zuprusten. Wenn der Kleine sang, klang es so, als würde man Kanarienvögeln den Hals umdrehen. „Hika-chan. Bitte hör auf zu singen, es klingt schrecklich.“ Sagte der immer noch grinsende Minase und Hikaru tat so, als wäre er eingeschnappt. „Na gut.“ Grummelte er, gekonnt ernst. „Aber nur, wenn ich was dafür bekomme.“ „Und was?“ fragte Ibuki neugierig. „Einen Gute-Nacht-Kuss.“ Hauchte Hikaru und plinkerte dabei mit den Augen. Er erreichte damit, dass Ibuki ein zweites Mal vom Stuhl fiel. „Aber nicht von mir.“ Wehrte Minase lachend ab. „Nein, natürlich von Ibu-chan.“ „Na gut. Weil ich heute gute Laune habe.“ Ibuki war wirklich dermaßen zufrieden, dass er sich seiner Antwort gar nicht in deren Tiefe bewusst war. Am Abend lag Ibuki schon schlafertig im Bett und träumte bereits halb von weißen Schäfchen, als Hikaru sich ärgerlich neben ihn im Schneidersitz setzte. „Du hast es versprochen.“ Meckerte er und Ibuki sah ihn schlaftrunken an. „Was denn?“ fragte er verwundert und bekam dafür eine Kopfnuss. „Den Gute- Nacht- Kuss!“ „Oh Hikaru. Das war doch nicht dein Ernst oder?“ fragte Ibuki lachend, doch als er das ernste Gesicht sah, schluckte er. „Es war kein Scherz, oder? Du meintest das total….“ „Ernst, ja.“ Antwortete Hikaru finster. „N-Na gut.“ Ibuki richtete sich auf. Was hatte er sich dabei nur gedacht? Hikaru saß schmollend da und Ibuki betrachtete die weiche Wange seines Gegenüber. Entschlossen beugte er sich rasch vor und küsste ihn hastig. Eine kribbelnd heiße Wärme durchfuhr ihn und er hatte das Gefühl, sich verbrannt zu haben. Schnell zuckte er zurück. Hikaru unterdessen sah aus als müsste er brechen und drehte sich nun auch noch ignorant zur anderen Seite. Nach einer Weile sagte Ibuki schütern: „Gute Nacht, Hikaru.“ Er bekam keine Antwort. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)