Katz und Maus von desertdevil6 ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Katz und Maus von desertdevil6 _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ Kapitel 2 »Guten Morgen, Chef«, wurde Jesse enthusiastisch von seiner Angestellten begrüßt, als er in sein Büro trat. »Guten Morgen.« Jesse stellte seinen Aktenkoffer auf dem Schreibtisch ab und lächelte seiner braunhaarigen Sekretärin zu. Es fiel ihm immer noch schwer, in ihr jene Frau wieder zu erkennen, die vor wenigen Monaten völlig verstört in seinem Büro aufgetaucht war und ihm um Arbeit gebeten hatte. Damals schien sie keinen Funken Selbstvertrauen zu besitzen. Unter Tränen hatte die verzweifelte Frau ihre Geschichte herausgestammelt. Abbey hatte es nur mit Mühe geschafft ihrem gewalttätigen Mann zu entfliehen. Sie war nach Bussard`s Groove gekommen, um eine möglichst große Distanz zwischen sich und ihren Ex zu bringen und lebte in Scheidung. Vor wenigen Monaten hatte sie unbedingt eine Chance für einen Neuanfang gebraucht und Jesse hatte ihr geholfen. Er wusste selbst nur zu genau, wie es war auf sich allein gestellt zu sein und nicht zu wissen, wo man die nächste Mahlzeit hernehmen sollte. Deshalb hatte er Abbey ohne viel hin und her angestellt, obwohl sie keine Ausbildung als Sekretärin vorweisen konnte. Jesse hatte ihr ein passendes Apartment gesucht, den Umzug bezahlt und ihr beim Einrichten geholfen und hatte somit eine treue Freundin und Angestellte gewonnen. Um Jesse seine Freundlichkeit wenigstens etwas vergelten zu können, hatte Abbey etliche Überstunden gemacht, um sich weiter zu bilden. Sie gab sich die allergrößte Mühe im Umgang mit den Klienten und hatte sich von selbst mit den Abläufen im Büro vertraut gemacht, sodass sie Jesse immer mehr Telefonate und Briefe abnehmen konnte. Als einzig staatlich anerkannter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in der Stadt hatte Jesse meist mehr zu tun, als ihm lieb war. Deshalb gingen auch die Renovierungs- und Reparaturarbeiten auf seiner Ranch so langsam voran. »Der gestrige Tag war absolut tödlich, oder?«, stellte Abbey fest, während sie eine Tasse Kaffee und einen selbst gebackenen Pfannkuchen vor Jesse hinstellte. »Ich hätte beinahe meine Fassung verloren, als dieser seltsame alte Mann hier aufgetaucht ist. Und der Aufstand erst, den er gemacht hat, weil sie sich geweigert haben seine Steuererklärung zu frisieren. Aber zum Glück sind sie noch zur rechten Zeit aufgetaucht, um dem Kerl in seine Schranken zu weisen.« Abbey lächelte. »Ich bewundere sie wirklich dafür, wie wenig sie sich von diesem Typ haben beeindrucken lassen.« »Ach Abbey, hören sie auf. Ich bin zwar klein und sehe zerbrechlich aus, aber das heißt noch lange nicht, dass ich mich nicht in meiner Haut wehren kann. Außerdem habe ich inzwischen Übung darin, mich gegen solche Attacken zu verteidigen und Boris Browles war sowieso nur ein Aufwärmtraining für den dreisten Typ, der gestern Abend bei mir auf der Ranch aufgetaucht ist und mich fast nieder geschlagen hätte.« Abbeys Augen weiteten sich entsetzt. »Oh mein Gott. Hat er ihnen etwas angetan? Soll ich Sheriff Clayton verständigen? Könnten sie den Angreifer identifizieren?« »Zweifellos. Es war mein nächster Nachbar. Er hat mir unmissverständlich sein Missfallen über meinen Zoo kund getan. Kein Grund sich an den Sheriff zu wenden.« »Ich hoffe sie haben ihm ordentlich Kontra gegeben.« Jesse seufzte. »Wir haben es uns beide ganz schön gegeben.« Nach der trockenen Antwort, gönnte er sich noch einen Bissen von dem leckeren Pfannkuchen. »Dieser selbstgefällige Cowboy hat mir unmissverständlich mitgeteilt, dass sich seine Rinder und Schafe durch meine Tiere gestört fühlen. Dann hat er auch noch von mir verlangt, dass ich für seine zerstörten Zäune und seine Arbeitszeit aufkommen soll!« »Wie heißt er eigentlich?«, erkundigte sich Abbey neugierig. »Devlin Callahan.« »Hm .. noch nie von ihm gehört. Aber ich bin ja auch erst seit ein paar Monaten in der Stadt. Offensichtlich ist er keiner unserer Klienten.« Jesse überlegte einen Augenblick. Abbey hatte Recht. Devlin Callahan hatte nie zu seinen Klienten gehört und daran würde sich auch nichts ändern. Er würde jeden Fall verweigern, der in Zusammenhang mit der Rocking-C-Ranch hing. Da müsste Callahan schon auf Knien angekrochen kommen und sich ausdrücklich bei ihm entschuldigen. Aber je weniger er mit ihm zu tun hatte, desto besser! »Oh! Jesse, schauen sie mal. Da ist Sheriff Clayton«, bemerkte Abbey und wies mit einer Hand zum Fenster. »Er fährt gerade auf den Parkplatz des Ambers Snoop Diner. Soll ich rüber gehen und mich in ihrem Namen über ihren Nachbarn beschweren? Es würde mir nichts ausmachen.« Kurz schaute Jesse zum Fenster und verschluckte sich fast an seinem Pfannkuchen. Nicht nur Sheriff Clayton war an diesem Morgen unterwegs, nein! Devlin Callahan sprang gerade aus seinem blaugrauen Pick-up und schritt entschlossen auf den Sheriff zu. Kein Zweifel, dieser infantile Egoist war ihm zuvor gekommen. Gegen seinen Willen konnte Jesse seine Augen einfach nicht von Callahans Profil abwenden. Dieser Mann sah aber auch wirklich unverschämt gut aus. Nur schade, dass er einen so miesen Charakter hatte. Das war einfach nicht fair! Wieso mussten solche eingebildeten und arroganten Typen immer zum anbeißen aussehen, dachte er. Abbey drückte sich inzwischen die Nase an der Scheibe platt. »Wow, was für ein Kerl«, schwärmte die braunhaarige Frau. »Er siehst aus wie ein Filmstar.« »Das ist Callahan«, informierte Jesse seine Angestellte knapp. »Lassen sie sich von seiner schillernden Fassade bloß nicht täuschen. Während wir uns hier unterhalten, ist er zweifelsohne gerade dabei, sich beim Sheriff über mich zu beklagen, dass ich mit meinen Exoten verschwinden muss, damit der allmächtige Callahan sein Rinderkönigreich wieder für sich allein hat.« Und das tat Devlin gerade, genau wie Jesse es vermutet hatte. »Ich verstehe. Du bist unausgeschlafen und gereizt, da du schon seit fünf Uhr auf den Beinen bist, um deine Rinder wieder ein zu fangen.« Mitfühlend legte Clayton ihm eine Hand auf die Schulter. »Aber Mr. Parkers Land wurde als Zufluchtsstätte für solche Tiere ausgewiesen. Er hat eine Genehmigung und dagegen können wir nichts tun. Erst vor zwei Monaten wurde eine zweite große Katze in seine Obhut gegeben.« »Eine Raubkatze?«, stieß Devlin entsetzt hervor. »Kein Wunder, das meine Tiere durchdrehen! Mal ernsthaft, Clayton, ich muss Futtergetreide aussähen. Außerdem müssen Dray und ich uns um die landwirtschaftlichen Geräte kümmern. Wir können es uns nicht leisten, ständig ausgebrochenen Tieren hinterher zu jagen. Das muss endlich ein Ende finden!« Der Sheriff zuckte hilflos mit den Schultern. »Devlin, ich verstehe dich ja. Aber ich kann auch nichts für dich tun. Treib doch deine Tiere einfach auf abgelegenere Weiden und schaffe eine möglichst große Distanz zu den Exoten?« »Das ist unmöglich! Meine Rinder brauchen die Weiden um zu überleben. Ich kann sie frühestens im nächsten Jahr umsiedeln. Allerdings sind diese Weiden auf Grund der anhaltenden Trockenheit völlig ausgedörrt. Und noch was .. «, setzte Devlin hinzu. »Dieser Kerl hat einfach den Fluss gestaut und sich einen tollen Privatteich angelegt. Seine dummen Viecher toben im Wasser herum, während meine NUTZTIERE«, er betonte das Wort extra deutlich. » .. fast verdursten! Seit gut einem Monat muss ich ständig Wasser auf die Weiden schaffen.« »Hm ... « Clayton senkte den Kopf. »Damit könntest du eventuell durchkommen. Soll ich mit ihm darüber reden, Devlin?« »Das würde mich überglücklich stimmen!«, versicherte er mit einiger Befriedigung. »Denn ich kann gut und gerne darauf verzichten, noch einmal mit diesem Kerl zu verhandeln. Wahrscheinlich hat er mich auch noch mit einem Fluch belegt. Denn seit er hier ist, haben wir nicht einen anständigen Regenguss gehabt. Das Gras verdorrt und die Zaunreparaturen kosten uns den letzten Dollar. Seitdem der Typ hier ist, läuft alles schief!« Clayton lachte kehlig auf und brummte dann amüsiert: »Du willst ihn persönlich für die zweimonatige Trockenheit und die Hitzewelle verantwortlich machen?« »Mich würde es kein bisschen überraschen, wenn er tatsächlich etwas damit zu tun hätte«, knurrte Devlin. »Ich würde ihm ja selber sagen, dass ich ihn für einen Verrückten halte, aber nachher hängt er mir noch eine Verleumdungsklage an und wer weiß was noch.« »Jesse Parker ... ein Verrückter?« Clayton lupfte skeptisch seine Augenbrauen. »Sprechen wir eigentlich über den gleichen reizenden jungen Mann? Der Herr den ich kenne, ist ein Bilderbuchbürger. Du glaubst gar nicht, wie viele Hilfsverbände er monatlich großzügig unterstützt.« Devlin guckte verdutzt und versuchte die neuen Informationen über diesen Wilden zu verarbeiten. »Reizend auch noch, ja?«, fuhr Devlin Clayton an, riss seinen Arm hoch und zeigte mit ausgestrecktem Finger auf das Gebäude, welches sich gegenüber des Ambers Snoop Diners befand. »Sprechen wir über den Jesse Parker, dessen Büro sich in diesem Haus befindet? Der Kerl, der aussieht wie die Miss Dezember aus meinem Kalender?« Clayton lachte laut auf und hielt sich den massigen Bauch. »Tja, genau den meine ich. Er hat zum Beispiel eine Frau bei sich angestellt, die ihrem gewalttätigen Ehemann weggelaufen ist. Höchstpersönlich ist er in mein Büro gekommen und hat eine einstweilige Verfügung gegen den Kerl erwirkt. Du solltest sehen, wie positiv Abbey sich verändert hat, seit Jesse das arme Ding unterstützt.« »Tse ... eher hat er die arme Frau in eine Hexe verwandelt.« »Verdammt noch mal, nein!« Clayton schien nun wirklich aufgebracht zu sein und starrte Devlin aus schmalen Augen an. »Der Mann ist wirklich ein Engel. Er hat für Abbey ein Apartment besorgt und nicht nur den Umzug, sondern auch die erste Miete bezahlt.« Das zog Devlin sprichwörtlich die Schuhe aus. Clayton glaubte wirklich dieser Verrückte sei ein Engel. Tja .. vielleicht lag es ja tatsächlich an ihm, dass er das Schlimmste in diesem Superman hervorkehrte. Anscheinend hatte Parker nur mit einem einzigen Menschen Schwierigkeiten, und zwar mit seinem nächsten Nachbarn. »Wegen des gestauten Wassers werde ich mit Jesse sprechen, aber was das andere betrifft, müsst ihr euch untereinander einigen. Das ist ein Befehl.« Er schaute Devlin eindringlich an. »Ich habe wirklich ausreichend echte Probleme, als dass ich mich mit einem unwichtigen Streit zwischen zwei Nachbarn auseinander setzen möchte. Warum setzt du nicht deinen berühmten Charme ein, anstatt ihn mit deinem überschäumenden Temperament auf die Barrikaden zu bringen. Er ist gar nicht so übel, wie du denkst.« Das zweite Mal in vierundzwanzig Stunden wurde er nun aufgefordert seinen Charme einzusetzen. Devlin knirschte mit den Zähnen. Sollte er den kleinen Jesse Parker etwa anmachen? Er war doch nicht schwul, verdammt noch mal! »Es ist mein Ernst, Dev.« Streng wurde er von Clayton fixiert und der Blick verbot sämtlichen Widerspruch. »Du wirst zu diesem Mann ganz besonders freundlich sein, hast du mich verstanden? Er tut eine Menge Gutes und jeder hier respektiert ihn dafür. Ich erlaube nicht, dass ihr die Stadt zu eurem persönlichen Schlachtfeld degradiert. Denn dann hänge ich euch eine Klage wegen Störung öffentlichen Friedens ... « »Ach? Und was ist mit meinem privaten Frieden, der täglich durch diese wildgewordene Horde von Viechern gestört wird?«, fuhr Devlin aufgebracht dazwischen. »Tse .. es bringt nichts weiter mit dir zu diskutieren. Ich habe jetzt genug Zeit verschwendet und du solltest deine Zeit auch besser nutzen, um deine Zäune zu reparieren.« Bevor Clayton sich umwandte, sah er Devlin einen Augenblick nachdenklich an und lächelte leicht. »Hör mal, Devlin. Nur weil dir jemand vor Jahren das Herz gebrochen hat, musst du deinen Frust nicht an anderen auslassen. Schon gar nicht an Jesse Parker. Er kann am aller wenigsten dafür.« Wütend ging Devlin einen Schritt zurück. »Oh .. wundervoll, dass mein Privatleben Stadtgespräch ist.« »Typisch Kleinstadt«, zuckte Clayton mit den Schultern. »Außerdem waren dein Bruder und du schon immer für Klatschgeschichten berühmt. Ihr seid beide attraktiv, erfolgreich und begehrte Junggesellen. Finde dich endlich damit ab, Callahan. Manchmal wünschte ich, ich hätte deine Probleme.« Abrupt wandte sich Devlin zu seinem Wagen und sprang hinein. »Vergiss nicht, mit Parker über die Wasserangelegenheit zu reden«, meinte er, kurz über die Schulter blickend. »In Ordnung. Und du polier dein Lächeln auf und lass deinen Charme spielen«, ermahnte Clayton ihn noch, bevor Devlin den Motor anließ und Richtung Heim flüchtete. Im Rückspiegel behielt er die neuen Holzpfähle im Augen, die sich auf der Ladefläche häuften. So ein Mist! Wenn ihm nur etwas einfallen würde, um diesen infernalischen Dschungellärm zu unterbinden! Plötzlich schoss ihm eine Idee durch den Kopf und ein breites Lächeln erhellte sein Gesicht. Kurz entschlossen wendete er seinen Wagen und hielt wenig später mit quietschenden Rädern vor einem Elektrogeschäft um eine große Kabeltrommel zu kaufen. Vielleicht würde er mit ein bisschen Techno das unerträgliche Heulen übertönen und Parker damit endlich einmal eine Dosis seiner eigenen Medizin verpassen können. Geschafft wischte sich Jesse mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn und maß die Lücke nach, die er in den Damm vor seinem Teich gegraben hatte. Auf Drängen seines streitsüchtigen Nachbarn, hatte der Sheriff verlangt, dass er aus seinem Teich einen Fluss leiten sollte, der über Callahans Land führte. Beschämt musste er sich eingestehen, dass er daran bisher keinerlei Gedanken verschwendet hatte, in wie weit der Bau seines Teiches die Wasserzufuhr zu Callahans Land beeinträchtigte. Das war wirklich rücksichtslos von ihm gewesen, gestand er sich nun ein. Vielleicht war er tatsächlich zu hart zu dem anderen Mann gewesen. Immerhin war es nicht Devlins Schuld, dass sein gutes Aussehen und sein mit Muskeln bepackter Körper ihn an seinen treulosen Exfreund erinnerten. »Hm .. du bist wirklich nicht sehr fair gewesen, Jess«, murmelte er sich selbst vorwurfsvoll zu. Auf beiden Seiten des Durchlasses schichtete er dann noch Steine auf, damit zukünftige Regengüsse das lockere Erdreich nicht wegspülen konnten. »Und was soll ich nun mit Devlin Callahan anfangen?«, fragte er sich laut, kam aber zu keinem Ergebnis. Plötzlich kam ihm ein Gedanke. Vielleicht konnte er seinen unfreundlichen Nachbarn etwas beschwichtigen, wenn er die Käfige mit den Wölfen auf einem anderen Teil seines Landes stellte, wo die seichten Hügel und das Waldstück einen großen Teil der Geräusche verschluckten. Schnell schaute er auf seine Uhr. Mit seinem eigenen Wagen war das nicht zu bewerkstelligen, aber möglicherweise konnte Abbey etwas organisieren. Im Haus angelte Jesse nach dem Telefon und wählte die Nummer seines Büros. Abbey war bestimmt noch da, denn sie machte nie vor fünf Uhr Feierabend. Nach dem zweiten Klingeln nahm sie am anderen Ende ab. »Ja, hallo, Abbey. Ich bin`s, Jesse. Sag mal, kannst du mir einen Geländewagen besorgen ... ja ich brauche ihn jetzt ... ok, danke ... ruf mich zurück, wenn es nicht klappt.« Nach dem kurzen Gespräch ging Jesse in die Küche, fischte blind ein Fertiggericht aus dem Tiefkühlfach und schob es in die Mikrowelle. Als es fertig war, setzte er sich damit auf die Couch und schaufelte das Essen gedankenverloren in sich hinein. Eine halbe Stunde später sprang Jesse auf, weil er Motorgeräusche vor dem Haus hörte. »Guten Abend«, begrüßte er den anderen Mann und reichte ihm die Hand. »Guten Abend, ich bin Andy und ihre Kollegin sagte sie bräuchten nen vernünftigen Geländewagen ... « Eine große warme Hand schloss sich um Jesses und er blickte überrascht in Andy`s kakaobraune Augen. »Äh, ja ... « Schnell zog er seine Hand zurück und sah verlegen zu Boden, biss sich frustriert auf seine Unterlippe. Warum sahen die Männer gerade auf diesem kleinen Fleck Erde alle so attraktiv aus? Das war einfach nicht fair. Aber wenigstens war dieser Andy nicht so arrogant wie sein streitsüchtiger und gereizter Nachbar. »Wissen sie, ich brauche ihre Hilfe, weil ich die Käfige meiner Tiere an den Waldrand auf einem anderen Teil meines Landes transportieren möchte. So schwer dürfte es glaube ich nicht sein, da sie auf Rädern stehen. So müssen wir nur eine Kette an ihrem Wagen befestigen, wenn es ihnen nichts ausmacht.« »Kein Problem ... aber warum haben sie nicht ihren Nachbarn gefragt?«, runzelte der Größere die Stirn. »Ich habe vor der anderen Ranch einen blaugrauen Pick-up gesehen. Wäre das nicht günstiger gewesen?« Verdrossen knirschte Jesse mit den Zähnen. »Ja, wäre es, wenn mein Nachbar nicht eine ausgeprägte Abneigung gegen mich und meine Tiere hätte.« »Tut mir leid, wenn ich ihnen zu nahe getreten bin. Es geht mich ja nichts an.« »Schon gut.« Mühevoll transportierten sie zwei Käfige sicher auf die Westseite des Grundstücks. Es dauerte eine ganze Stunde, da das Gelände ziemlich uneben war. Doch dann war alles geschafft und Jesse bedankte sich müde bei Andy. Auf den kurzen Strecken, die zu fahren gewesen waren, hatten sie sich ein wenig unterhalten und Jesse hatte festgestellt, dass Andy ein angenehmer Zeitgenosse war. Er mochte ihn und bat seinen Helfer noch auf einen Kaffee herein, aber Andy lehnte dankend ab. »Eigentlich hatte ich gar keine Zeit, aber ihre Kollegin war sehr überzeugend«, lächelte er gutmütig. Zum Abschied tippte er sich mit einem Finger an den Hut, bevor er in seinen Wagen stieg. Jesse nickte nur und seufzte schläfrig, während er die Haustür hinter sich schloss. Keine Sekunde später lag er lang ausgestreckt auf seinem Sofa. Er war kaum eingenickt, als er schon wieder erschrocken hochfuhr. Er brauchte einen Moment, um den ohrenbetäubenden Lärm, der seine Fensterscheiben zum erzittern brachte, als Technobass zu identifizieren. »Oh, verdammt ... «, heulte Jesse auf und schleppte sich mit wackeligen Beinen zum Fenster. Inzwischen war es stockfinster, sodass er in der Ferne nur kleine Lichter Richtung Rocking-C-Ranch erkennen konnte. Es dauerte einen Augenblick, bis zu ihm durchsickerte, dass Devlin seine Stereoanlage bis zum Anschlag aufgerissen hatte, um den Lärm seiner Exoten zu übertönen. Doch die waren gar nicht mehr so laut, da sich die Wolfskäfige auf der Westseite befanden. Schnell ging Jesse zur Hintertür, nur um festzustellen, dass die Pfauen und die zwei Graupapageien wild in ihrer Voliere herum flatterten. Und auch der kleine Puma lief nervös in seinem Gehege hin und her, weil er den ohrenbetäubenden Lärm nicht einordnen konnte. Aufgebracht lief Jesse zum Telefon und griff zum Telefonbuch, um die Nummer der Rocking-C -Ranch raus zu suchen. Ungeduldig wartete er darauf, dass Devlin am anderen Ende der Leitung abnahm. »Ja, hallo«, meldete sich eine samtweiche Stimme. Jesse schüttelte sich unwillkürlich. Auf keinen Fall würde er sich von Callahans Schlafzimmerstimme einlullen lassen. »Devlin Callahan, ich ... « »Eine Sekunde, bitte.« Einen Augenblick später meldete sich die verführerische Stimme zurück und Jesse versuchte den leisen Schauder zu ignorieren, der ihm über den Rücken fuhr. »Callahan, hier spricht Parker«, informierte er seinen Gesprächspartner müde. »Wären sie vielleicht so freundlich ihre Stereoanlage abzustellen?!« Er klang sichtlich genervt. »Aber, aber, Schätzchen«, schnurrte Callahan zufrieden in die Leitung. »Ich bin viel zu müde, um noch einmal aufzustehen. Seit dem Morgengrauen war ich auf den Beinen, um meine ausgerissenen Rinder einzufangen.« »Ja und? Sie sind nicht der Einzige, der den ganzen Tag hart arbeitet!«, giftete Jesse nun etwas energischer zurück. »Außerdem macht ihre Musik meine Tiere verrückt!« »Tja .. dann wissen die ja endlich mal, wie sich meine Rinder und Schafe fühlen!«, erwiderte Devlin sarkastisch. »Hören sie, Callahan, ich habe den ganzen Abend damit verbracht meinen Damm zu öffnen, damit ihre Tiere wieder Wasser bekommen und ich habe ein paar Käfige umgestellt, um den Lärm zu dämpfen. Ich bin ehrlich gesagt ziemlich erschöpft und brauchte etwas Schlaf.« »Ich staune, ich staune, Parker. Das ist sehr nachbarschaftlich von ihnen. Schade, dass ihnen das nicht schon ein paar Monate eher eingefallen ist!« »Wenn sie nur einen Ton gesagt hätten, dann hätte ich es sofort getan«, antwortete Jesse geschafft. Er wollte sich jetzt nicht streiten. Schon gar nicht mit Callahan. »Es war mir nicht bewusst, dass ich ihnen damit Probleme bereitet habe und es tut mir leid.« »Tse .. und ihrer Aufmerksamkeit ist es auch entgangen, dass ihr Zoo meine Herde terrorisiert und die Tiere, die sie sicherlich heute Morgen auf dem Weg in die Stadt in ihr chickes Büro haben grasen sehen, sollten eigentlich auf meiner Weide stehen. Habe sie sich schon mal überlegt, was passiert, wenn ein Auto mit einem Rind zusammen prallt, Blondie? Nicht nur das Tier landet in der Kühltruhe, nein, ich muss wieder Geld investieren, um meine Herde zu ergänzen. Mal ganz abgesehen von möglichen Personenschäden.« »Also, ich ... « Doch Devlin ließ ihn gar nicht ausreden, da er sich inzwischen so richtig in Rage geredet hatte. »Und wissen sie was, Parker? Sie sind so sehr mit sich selbst und ihren wilden Viechern beschäftigt, dass sie gar keinen Gedanken an die Probleme ihres nächsten Nachbarn verschwenden. Haben sie jemals darüber nachgedacht? Hm? Nein? Ich glaube es jedenfalls nicht! Und was die Musik betrifft, die gefällt meinen Tieren ganz besonders. Und falls ihre Exoten ausbrechen sollten, zögern sie nicht mich anzurufen. Ich komme dann sofort mit meinem Gewehr und erledige das für sie!« Vor Entsetzen brachte Jesse kein Wort heraus. »Was ist denn auf einmal mit ihnen, Parker?! Hat es ihnen die Sprache verschlagen?!«, stichelte Devlin weiter. »Sie .. sie sind wirklich das Letzte!«, flüsterte Jesse niedergeschlagen. »Tja, Parker. Sie sollten nehmen, was sie kriegen können. Wenn ich sie dazu bringen könnte ihre Sachen zu packen und von hier zu verschwinden, wäre ich der glücklichste Mann auf der Welt. Bevor sie und ihre Ungeheuer hier aufgetaucht sind, war das hier ein friedlicher Ort ... « »Es reicht, Callahan ... « »Na, und was wollen sie dagegen tun, Blondie? Rüberkommen und sich mit mir Prügeln«, fragte er zynisch. »Nein, ich wende mich an den Sheriff. Der kann ihnen dann was über nächtliche Ruhestörung erzählen ... « »Der Sheriff weigert sich, in die Sache einzugreifen und ich muss es ja wissen, denn ich habe ihn bereits auf die Störung meiner Ruhe angesprochen. Sieht so aus, als müssten wir das unter uns austragen. Aber keine Angst, Blondie. Ich gebe der Musik eine Woche und ich verspreche, deine Tiere werden davon genauso begeistert sein, wie meine es bereits sind.« Bevor Jesse noch etwas dazu sagen konnte, hatte Devlin aufgehängt. Fassungslos starrte er das Telefon an. Dieser Mann war ein noch größeres Ekel als sein Ex. Bestimmt sonnte er sich jetzt in seinem gelungenen Rachefeldzug. Erschöpft legte Jesse den Hörer zurück auf die Gabel und schlurfte nach oben in sein Schlafzimmer. Dort legte er sich mit voller Montur aufs Bett und zog sich ein Kissen über den Kopf. Es half überhaupt nicht. »Du hast was getan?«, fragte Dray ungläubig. »Hast du doch gerade gehört.« Desinteressiert rührte Devlin in seinen Cornflakes herum. »Ich habe die Stereoanlage voll aufgedreht und damit das Gebrüll seiner wilden Tiere übertönt.« »Und das ist deine Vorstellung von einem Kompromiss, he?«, fragte Dray mit spöttischem Blick. »Na ja, das Gespräch mit dem Sheriff hat mich kein Stück weiter gebracht. Anscheinend hat unser reizender Nachbar ihn so eingewickelt, dass er ihn als einen lichtbringenden Engel in der Dunkelheit sieht. Aber wenigstens hat er ihn davon überzeugen können ein Loch in den Damm zu schlagen, sodass unsere Tiere wieder Wasser haben. Er hat es gestern Abend gleich noch erledigt. Und ein paar Käfige hat er auch wo anders hingeschafft.« »Und was machst du, lieber Bruder? Du holst unsere Boxen raus und dröhnst ihn zum Dank auch noch zu!« Unbehaglich rutschte Devlin auf seinem Stuhl herum. »Konnte ich denn wissen, dass er so schnell darauf reagiert?« Sein Bruder schlug mit der Faust auf den Tisch. »Dev, du benimmst dich absolut kindisch! Wenn du so weiter machst, artet das Ganze in einen hässlichen Kleinkrieg aus. Ich hatte gehofft, du seiest zu Parker rüber gefahren, um endlich mit ihm Frieden zu schließen. Wenn er nur halb so großzügig und sozial eingestellt ist, wie Clayton behauptet, dann bist auf jeden Fall du der Verlierer in diesem blödsinnigen Kampf. Mal ganz abgesehen von dem Detail, dass die Leute denken könnten, ich sei ein Teil dieses Schwachsinnskomplotts - aber davon werde ich mich ausdrücklich distanzieren.« Mit düsterem Blick fixierte Devlin seinen Bruder. »Willst du dich etwa hinstellen und erklären, dass es dich nicht ärgert, fast täglich ausgebrochene Rinder wieder einfangen zu müssen?« »Devlin, darum geht es doch jetzt gar nicht. Aber ich werde es tun, wenn es dazu beiträgt den Frieden wieder her zu stellen. Meine freie Zeit werde ich hauptsächlich mit Sunny Dixon verbringen und die steht hundertprozentig auf Parkers Seite.« Anklagend starrte Dray seinen Bruder an. »Ich bitte dich, Dev. Leg endlich die Waffen nieder und lern den Mann doch erst mal näher kennen, bevor du ein Urteil über ihn fällst. Finde heraus, warum er sich überhaupt auf diesen Kreuzzug eingelassen hat und versuch ihm klar zu machen, dass wir unsere Rinder und Schafe brauchen, um unseren Lebensunterhalt zu verdienen. Versuch wieder der nette und vernünftige Kerl zu sein, der du warst, bevor Cindy Noxen dich wegen so einen schmierigen Baseballstar hat sitzen lassen. Hör auf so misstrauisch und verbissen anderen Menschen gegenüber zu sein.« Brummig saß Devlin auf seinem Stuhl und dachte nach. »Ach, ehe ich es vergesse. Heute Abend bin ich bei Sunny eingeladen. Du hast das Haus also für dich, Dev.« Gedankenverloren räumte Devlin den Tisch ab, als Dray gegangen war. Er ärgerte sich über die Standpauke seines Bruders. Aber, um bei der Wahrheit zu bleiben - er genoss das Scharmützel mit Parker. Aus irgend einem unerfindlichen Grund amüsierte ihn der junge Mann. Der Lärmterror war ihm als gelungener Racheakt erschienen, bis er erfahren hatte, dass Parker den ganzen Abend gegraben hatte, um seinen Tieren wieder Wasser zukommen zu lassen. Und als Dank hatte er ihm den Schlaf geraubt. Verdammt noch mal ... alles was er in Bezug auf Parker unternahm, wandte sich wie ein Bumerang gegen ihn selbst. Naja .. vielleicht war es tatsächlich besser, andere Geschütze aufzufahren. Devlin konnte durchaus reizend und charmant sein, wenn die Situation es erforderte. Und wenn er es sich selbst eingestand, er hatte wirklich die Tendenz seinen Frust an anderen abzulassen. Warum also zur Abwechslung nicht mal Theater spielen? Natürlich würde er das Ganze nur als eine Art Übung ansehen, um sein Temperament beherrschen zu lernen. Gelang es ihm Parker zu beschwichtigen und ihn dazu zu bringen, ihm aus der Hand zu fressen, schaffte er das auch bei allen anderen Leuten. Deswegen entschloss er sich nach dem Abendessen zu Parker rüber zu fahren. Er würde so höflich und zuvorkommend sein, dass Parker überhaupt nicht mehr begriff, was er jemals gegen ihn gehabt hatte. Ende Teil 2 Danke an meine treuen Leser.. auch wenn´s anscheinend nicht so viele sind.. Leider hab ich festgestellt, dass die Story nicht wirklich so gut ankommt. Deshalb hab ich auch noch kein weiteres Kapitel hochgeladen. Ich überlege schon, ob ich sie wieder runter nehme. Naja.. zwei drei Kapitel wird ich wohl noch hoch laden, bevor ich das wirklich tue. Mal sehen wie es sich entwickelt ^^ Bis dahin hoffe ich, das den bisherigen Lesern die Geschichte gefallen hat. Würde mich über Kritik oder auch Lob sehr freuen.. © by desertdevil Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)