Via Inquisitoris von Hotepneith ================================================================================ Kapitel 7: Mexiko-City ---------------------- Sarah hat einen neuen Auftrag bekommen - und anscheinend ohne weitere Probleme den Titel und die Macht des Inquisitors. Oder? 8. Mexiko-City Als Lady Sarah Buxton mittags aus dem Flugzeug stieg, traf sie die Wärme fast wie ein Schlag. Natürlich hatte sie gewusst, dass es in Mexiko wärmer als in London war, aber sie hatte doch angenommen, dass die Höhenlage der 25-Millionenstadt für Kühle sorgen würde. Immerhin war die größte Hauptstadt der Welt von hohen Bergen und Vulkanen umgeben. Dann jedoch erkannte sie, dass es weniger die Temperatur war, die sie so getroffen hatte, sondern die enorme Luftverschmutzung, die das gesamte Tal erfüllte. Überdies hatte sie unerwartete Probleme bekommen. Menschen achteten seit neuestem bei Flugzeugen sehr auf Sicherheit und sowohl die Pistole, als auch die Silberkugeln, mit denen sie gegen Gebissene vorgehen, nun, diese töten. konnte, wären auffällig gewesen. So hatte sie sich die Silberkugeln an einer Angelschnur aufgefädelt um den Hals gehängt, wenn auch über dem Shirt. Der Butler der Buxtons war handwerklich äußerst begabt und hatte ihr dies so eingerichtet. Die Pistole war im Koffer verstaut – zusammen mit einer Bescheinigung, dass sie antik sei. Nun, sie stammte in der Tat aus dem 16. Jahrhundert. Und dies war akzeptiert worden. Sie sah sich im Flughafen kurz um, ehe sie eine junge, schwarzhaarige Frau mit grauen Augen entdeckte, die ein Schild empor hielt: Amigos de la noche. Freunde der Nacht. Sie trat näher. „Verzeihung“, sagte sie. Ihr Spanisch war nicht sonderlich gut, das wusste sie selbst. „Warten Sie auf mich?“ Die junge Frau wollte sichtlich schon verneinen, ehe ihr Blick auf die Plakette des Inquisitors in Sarahs Hand fiel: „Ich…ich verstehe nicht ganz….Mir wurde gesagt, ich solle einen Senor abholen...“ „Das ist schon in Ordnung. Würden Sie mich zu Don Pakal bringen?“ „Ja, natürlich. Ich bin Juanita Bajez. Ich bin Don Pakals Kind.“ „Mein Name ist Lady Sarah Buxton. Ich habe einen Auftrag hier.“ „Natürlich. Verzeihen Sie meine Unhöflichkeit. Ich…wir sind davon ausgegangen, dass der Inquisitor selbst herkommen würde. Aber natürlich hat er Schüler oder Mitarbeiter…“ Sarah schwieg dazu und folgte der jungen Vampirin. Juanita führte den Gast zu einem Auto. Sarah war erstaunt: „Sie können Auto fahren?“ „Oh ja. Als einziges der „Kinder“ Don Pakals. Darum erhalte ich auch diese Aufträge. Es ist angenehm, so rasch reisen zu können. Überdies macht es mir wenig aus, bei Tage unterwegs zu sein.“ „Ich bin neugierig…“ Sarah setzte sich. Sie war in London bereits mit Autos gefahren, mit Bussen und Taxis, aber nie zuvor hatte ein Vampir am Steuer gesessen. Was zu etwas anderem führte. Wie war es zu früheren Zeiten, ehe es Autos und Flugzeuge gab, dem Inquisitor möglich gewesen, über die gesamte Erde zu reisen? Zu schade, dass sie ihn nicht mehr fragen konnte. Oder auch nur durfte. Er hatte sich zurückgezogen. Und alles, was sie nun lernen konnte, lag allein in ihr – und womöglich der Liste der Mitarbeiter, die er ihr noch gegeben hatte. Sie beobachtete ihre Fahrerin eine Weile, ehe sie beschloss, dass diese trotz des chaotisch erscheinenden Verkehrs wohl sicher fuhr, und lieber das verwirrend quirlige Leben der mexikanischen Hauptstadt betrachtete. Moderne Hochhäuser, viele Bauten aus der Zeit der spanischen Kolonisation, arm und reich dicht beisammen. „Darf ich Sie etwas fragen? Ich möchte nicht unhöflich sein. Pakal…Don Pakal ist schon ein älterer Vampir?“ „Natürlich. Er ist der älteste der Vampire in Mexiko, der sich noch nicht zurückgezogen hat. – Hat man Ihnen das nicht gesagt?“ Nur indirekt. Aber Pakal war kein spanischer Name und so war zu vermuten, dass der älteste Vampir in Mexiko, der sich noch nicht zurückgezogen hatte, aus einem Volk der Urbevölkerung stammte. „Ich bekomme einen Auftrag, aber leider wenig…Nachrichten.“ „Oh. Das ist dann nicht immer einfach.“ „Nein.“ Mehr wollte Sarah nicht sagen, während sie versuchte, sich die mexikanische Geschichte in Erinnerung zu rufen, die sie auf dem langen Flug hierher ebenso studiert hatte, wie die spanische Sprache, die sie einst gelernt hatte. In einem vornehmen Stadtviertel bog Juanita bei der Auffahrt einer Villa ein. Sarah erkannte, dass die beiden Wächter am Tor ebenfalls Vampire waren. Nun, bei fünfundzwanzig Millionen Einwohnern vertrug Mexiko City sicher einige ihrer Art, die dort jagten. Juanita hielt vor dem Haus und stieg aus: „Kommen Sie bitte…“ Sie ging um das Auto, um die Beifahrertür zu öffnen, aber Sarah hatte bereits begriffen und stieg allein mit ihrer Reisetasche aus. Die Mexikanerin lächelte erfreut und wandte sich um. Das Haus war wohlhabend eingerichtet, erkannte Sarah, aber das war bei so alten Vampiren die Regel. In den langen Jahrhunderten ihres Lebens hatten sie sich Möglichkeiten schaffen können, Geldanlagen Juanita öffnete eine Tür. „Don Pakal, Lady Sarah Buxton im Auftrag des Inquisitors…“ „Im Auftrag…?“ Sarah hörte noch die Verwunderung in der Stimme des Mannes, ehe sie das Arbeitszimmer betrat und sich höflich vor dem älteren Vampir verneigte. Juanita schloss die Tür von außen. Er war eindeutig indianischer Abstammung und wirkte wie Mitte Dreißig, aber das war sicher ein Irrtum. Seine Kleidung entsprach der des letzten Jahrhunderts, ein eng anliegender, schwarzer Anzug mit einem blütenweißen Hemd darunter. Er musterte sie erstaunt, ehe sein Blick auf die Plakette in ihrer Hand fiel: „Das Zeichen des Inquisitors. Verzeihen Sie meine Überraschung, Lady Sarah. Sollen wir englisch reden?“ „Das wäre sehr freundlich“, erwiderte sie allerdings auf Spanisch: „Ich fürchte, meine Kenntnis Ihrer Sprache ist nicht perfekt.“ „Oh, aber recht gut. Sie haben gewiss einige Jahre Spanisch gelernt, wenn natürlich auch das Spanisch Europas. Bitte, setzen Sie sich. Dann reden wir spanisch, um Sie daran zu gewöhnen. Denn Meister Cacau spricht kein Englisch.“ Don Pakal wartete, bis sein Besuch Platz genommen hatte, ehe er langsam sagte: „Ich verstehe, dass sich der Inquisitor nicht um jeden Zwischenfall kümmern kann, zumindest, solange er ihn nicht als besorgniserregend einstuft. Sie werden Bericht erstatten? Natürlich. – Kennen Sie die Lage hier?“ „Mir wurde gesagt, dass sich anscheinend eine Art Sekte gebildet hat, die Blutopfer nach alten Vorbildern durchführt. Sind es Gebissene?“ „Vielleicht. Ich erkläre es Ihnen. – Wie Sie vielleicht wissen, bin ich seit dem Rückzug meines Meisters der älteste aller Vampire Mexikos. Ich trage damit auch die Verantwortung gegenüber dem Hohen Rat, gerade, was die Regel der Unauffälligkeit betrifft. Vor vier Nächten kam vollkommen überraschend mein Meister zu mir. Maestro Cacau, wie er sich seit langem nennt. War das schon besorgniserregend, so war es sein Bericht noch mehr. Er hatte bei einer Meditationsübung eine junge Menschenfrau gefunden, die am Rande der Erschöpfung war und viel Blut verloren hatte. Bevor sie in Ohnmacht fiel, warnte sie ihn noch vor Vampiren.“ Sarah nickte ein wenig. Die Regel der Unauffälligkeit war eine der Hauptregeln ihres Volkes. Kein Wunder, dass selbst ein zurückgezogen lebender Meister seine „Kinder“ warnen wollte. „Wo ist sie nun?“ „Er hat sie bei sich. Er nahm an, dass der Inquisitor mit ihr sprechen wollte. Sie erholt sich wohl langsam, aber ihr Bericht, was passiert ist, klingt sehr danach, als ob uns da entweder ein Mensch imitiert oder aber einer von uns abtrünnig geworden ist. – Juanita wird Sie dorthin fahren, wo Sie der Meister erwartet. Selbstverständlich würde niemand von uns ihm zu nahe treten, er hat sich zurückgezogen.“ „Selbstverständlich.“ „Verzeihung, ich wollte Sie nicht beleidigen, Lady Sarah. Es ist…eine ungewohnte Situation. Und seit dem Rückzug meines Meisters vor mittlerweile fast fünfhundert Jahren habe ich so etwas noch nie gehört. Er übrigens auch nicht.“ Sie erinnerte sich ihrer Flugzeuglektüre: „Vor fünfhundert Jahren drangen doch die Spanier hier ein?“ „So kann man es nennen. 1522 fiel Tenochtitlan und wurde als neue Hauptstadt wieder gegründet. Mein ursprüngliches Volk, die Maya, wurde 1541 vollkommen unterjocht…“ Ein Lächeln überflog sein Gesicht: „Nein, nicht alle Maya. Ein kleiner Stamm auf einer Insel im See von Peten Itza, leistete noch bis 1697 Widerstand. – Nun, Maestro Cacau übernahm es noch, unser Volk durch die Wirren jener Zeit zu leiten, ehe er sich von uns verabschiedete.“ Sarah unterdrückte gerade noch ihre unhöfliche Frage, seit wann Pakal denn Vampir sei – oder gar der Meister Cacau. „Ich bin mir bewusst, dass zurückgezogen lebende Mitglieder unseres Volkes nicht belästigt werden sollten. Aber dies scheint eine wirklich eigenartige Situation zu sein. Don Pakal, gibt es noch irgendetwas, das ich über Maestro Cacau wissen sollte, um ihn nicht unwissentlich zu beleidigen?“ „Ich denke, falls Sie dies tun, hat er Verständnis dafür. Sie sind nach den Maßstäben unseres Volkes, damit meine ich die Vampire, noch jung. Ich vermute, dass Sie noch keine zweihundert Jahre seit Ihrer Verwandlung erlebt haben.“ Weiter darauf herumzureiten wäre äußerst unhöflich – und dass musste im Allgemeinen und bei einer Mitarbeiterin des Inquisitors im Besonderen nicht sein. „Allerdings vermute ich, dass Sie gewisse Fähigkeiten besitzen, da Sie sonst keinen derartigen Auftrag bekommen hätten.“ „Danke. – Eine Frage, Don Pakal, wenn Sie gestatten: Cacau…das ist doch auch das englische Wort für Schokolade?“ Der Maya-Vampir lächelte und zeigte dabei die Fangzähne: „Aber ja. Wussten Sie nicht, dass die Kakao-Bohnen und – pflanzen hier in Mexiko wachsen, hier entstanden sind? Sie waren kostbar und wurden sogar bei allen Völkern als Währung benutzt. Schokolade ist das aztekische Wort für bitteres Wasser. Xocoatl: xococ – würzig, bitter und atl – Wasser. Dieses Getränk war vornehmlich den Adligen vorbehalten, und war des Weiteren von großer kultischer Bedeutung. Besonders für uns Mayas, von denen die Azteken diesen Brauch übernommen hatten. Bei den Mayas wuchs ein Baum, der „kakau“ genannt wird. Die Speise der Götter. – Noch heute ist Kakao hier in Mexiko ein wichtiger Exportschlager, aber auch Gegenstand des täglichen Lebens der Menschen.“ „Dann ist Meister Cacau auch ein Maya. – Oh, perdon, Don Pakal…“ „Nein, ich kann die Frage nachfühlen. Aber ich werde nicht weiter auf meinen Meister eingehen, das verstehen Sie sicher. – Er ist kein Maya.“ „Danke. Was muss ich noch über die Gegend wissen, wohin mich Juanita bringen wird?“ „Sie wird Sie in Richtung Oaxaca bringen. Das ist ein Hochland, mit vielen Tälern, trocken. Je nach Feuchtigkeit wachsen Pinien oder Kakteen. Die Bevölkerung sind hauptsächlich Zapoteken und Mixteken, aber da kann Ihnen Juanita auf der Fahrt einiges erzählen. Das ist ihre Heimat. Es sind rund fünfhundert Kilometer. Ich würde daher vorschlagen, dass Sie bald aufbrechen...Sie werden allerdings gewiss zuerst noch jagen wollen.“ „Nein, danke. Das ist nicht nötig. Ich habe bereits im Flugzeug getrunken.“ Es war das erste Mal gewesen, dass sie nicht auf festem Boden gejagt hatte, aber sie hatte der Gelegenheit nicht widerstehen können, als sie der jungen Frau allein vor der Flugzeugtoilette gegenüberstand. Diese hatte dann angenommen, in Ohnmacht gefallen zu sein. Ein zufällig mitfliegender Arzt hatte Blässe und eine gewisse Schwäche diagnostiziert, das aber auf die Aufregung des ersten Fluges zurückgeführt. Die zwei verblassenden dunkelroten Flecke an der Halsschlagader hatte er entweder nicht bemerkt oder für irrelevant gehalten. Don Pakal nickte etwas: „Sie verstehen Ihre Sache, Lady Sarah. – Dann kommen Sie.“ Sie erhob sich und folgte ihm vor die Tür, wo Juanita wartete. „Mein Kind, du kannst Lady Sarah unverzüglich nach Oaxaca fahren. Das Auto ist voll...getankt?“ „Ja, Don Pakal. Ich wusste ja, dass diese Fahrt bevorsteht.“ „Erzähle ihr ein wenig von der Provinz. Wie lange werdet ihr brauchen?“ Juanita zuckte die Schultern: „Das hängt vom Verkehr ab. Wir haben jetzt vier Uhr nachmittags. Aber ich würde sagen, wenn wir an der Stelle sind, an der Maestro Cacau uns erwarten will, ist es sicher Nacht.“ „Gut.“ Don Pakal sah zu seinem Gast: „Der Meister schätzt das Tageslicht nicht sehr.“ „Das ist natürlich nur seine Sache“, beteuerte Sarah rasch. Der Maya-Vampir nickte ein wenig: „Dann wünsche ich eine gute Reise.“ Sie schien sehr höflich zu sein, zu wissen, wie respektvoll man mit älteren Vampiren umgehen sollte, schon gar, wenn sie sich zurückgezogen hatten. Ob sie wohl ein „Kind“ des Inquisitors war? Aber das würde er lieber nicht fragen. Eine ganze Weile herrschte zwischen den beiden Frauen im Auto Schweigen. Erst, als sie die Bergkette im Südosten von Mexiko City erreicht hatten, deutete Juanita seitwärts: „Das dort ist der Popocatepetl. Sie haben vielleicht von ihm gehört.“ „Ja, er ist ein Vulkan, nicht wahr?“ „Ja.“ „Oaxaca ist eine Provinz und ein Ort. Fahren wir direkt in die Stadt?“ „Nein. – Interessiert Sie das wirklich?“ „Ja. Ich lerne gern dazu.“ Juanita lächelte ein wenig: „Irgendwie…nun, ich habe mit einem mächtigen, finsteren Vampir gerechnet, nicht mit jemandem, der fast so alt ist…als Vampir…wie ich.“ Sie dachte kurz nach, ehe sie brav wie ein Schulmädchen aufsagte: „Der Bundesstaat Oaxaca liegt gute acht Fahrstunden von Mexiko-City entfernt in einem Hochtal, auf einer Höhe von etwas über tausendfünfhundert Metern und ist umgeben von der Sierra Madre del Sur. Die Sierra Madre del Sur, in der sich wirklich so gut wie keine ebenen Flächen befinden, grenzt im Süden an den Isthmus von Tehuantepec, im Norden reicht sie bis zum Vulkangürtel. Sie besteht aus tiefen und schmalen Tälern, die von zum größten Teil über 2000 Metern hohen Gebirgskämme umschlossen werden. Es gibt nur wenige Straßen, welche die Berge überqueren. - Wie Sie aus dieser Beschreibung ersehen können, Lady Sarah, ist außer dem Tourismus an der Pazifikküste kaum mit Industrie zu rechnen. Oaxaca ist die fünftgrößte Provinz Mexikos und mit eine der ärmsten.“ „Also leben die Leute nur von der Landwirtschaft? Das ist im Gebirge doch sicher schwierig.“ „Ja. Hauptprodukte sind Mais und Gemüse. Weiterhin werden Erdnüsse, Zuckerrohr, Kaffee, Ananas, Bananen und Chilis angebaut. In den Tälern rund um Oaxaca wird angeblich der beste Mezcal gebrannt…das ist ein Schnaps. Aber die Menschen leben hier schon sehr lange und sind an diese Bedingungen gewöhnt.“ „Don Pakal sagte, hier würden Zapoteken und Mixteken leben. Das sind Völker der Ureinwohner.“ „Ja. Soll ich Ihnen auch etwas darüber erzählen?“ „Ja, gern. Dies ist ja wohl Ihre Heimat?“ „Zapoteken und Mixteken stellen die Hauptbevölkerung, das ist wahr. Aber alles in allem leben hier insgesamt achtzehn, wenn nicht mehr, Bevölkerungsgruppen – ohne die Weißen, selbstverständlich - die weit über fünfzig Dialekte sprechen. Auch die Sitten sind vollkommen unterschiedlich. Allerdings sind es nur wenige, wie Zapoteken, Mixteken, Nahua …ach, ich sollte Sie nicht so zuschütten...nun, diese wenigen stammen von den Kulturen ab, die es hier vor Kolumbus gab. Überrascht es Sie, wenn ich Ihnen sage, dass es hier heftige Demonstrationen gegen die Feiern zur „Entdeckung durch Kolumbus“ gab?“ „Nicht wirklich“, gab Sarah zu, die sich nur zu gut an die Bitterkeit der Schotten erinnerte: „Die Spanier waren ja auch nicht gerade…hm…“ „Und die Franzosen.“ „Verzeihung…die Franzosen?“ „Sie kennen die Geschichte Mexikos im 19. Jahrhundert nicht, natürlich. Kaiser Napoleon der Dritte von Frankreich wollte hier Einfluss haben und setzte Maximilian von Österreich als Kaiser von Mexiko ein. Benito Juarez, ein Zapoteke, der zuvor schon gewählter Präsident gewesen war, führte den Aufstand dagegen an. Zum Ende wurde Maximilian erschossen und Juarez wurde erneut Präsident von Mexiko.“ „Und da Juarez Zapoteke war…“ meinte Sarah langsam: „Waren die Franzosen gegen dieses Volk noch härter?“ „Ja.“ Juanita klang bitter: „Mein Vater war ein Franzose. Das war alles, was meine Mutter nach dieser Nacht noch sagen konnte. Nicht, wer von all den Männern es war. Das war 1862.“ Sarah schwieg. Das tut mir Leid, war keine Antwort. Überdies war es ungewöhnlich, einem fremden Vampir sein Leben vor der Verwandlung zu erzählen. Juanita wusste dies: „Mutter ging dann nach Mexiko-City. Sie…nun, im Dorf war sie wohl unmöglich geworden. Nach ihrem Tod traf ich Don Pakal.“ Also war Juanita kürzer Vampir als sie selbst, wohl noch in den kritischen Jahren. „Und das war wohl Ihr Glück.“ „Ja, denn ab da gehöre ich wohin, habe eine Familie. – Und ich muss zugeben, dass ich stolz darauf bin, bereits durch die kritischen Jahre gekommen zu sein. Jeder Vampir in Mexiko-City wendet sich an mich, wenn er von hier nach da will und das schnell. Don Pakal hat mir nun erlaubt, einen Flugzeugführerschein zu machen.“ „Oh. Das….das finde ich mutig von Ihnen. Ich fliege schon als Passagier nicht gern.“ „Ich denke, dass das noch aufregender ist als Autofahren. Nein, nicht aufregender…verantwortungsvoller.“ Das folgende Gespräch drehte sich immer wieder um Landmarken, während die Zeit und die Kilometer verrannen. Sarah bemerkte durchaus, dass die Gegend karstig war, immer wieder öde Steinberge mit Kakteen auftauchten, entfernt lagen kleine Dörfer, umgeben von Feldern. Die Nacht war schon hereingebrochen, aber das tat der Sicht von Vampiren keinen Abbruch. Immer wieder bog Juanita nun auf kleinere Strassen, immer einsamer wurde die Landschaft. Nun, eigentlich war das keine Strasse mehr, die sie jetzt fuhren, und Sarah musste sich festhalten. Juanita bremste: „Dort ist der Berg. Und hier die drei Steine. Hier soll ich Sie absetzen...nun, eigentlich den Inquisitor, aber das ist Ihre Sache.“ „Danke, Juanita. Ich wünsche Ihnen eine gute Rückfahrt und eine gute Jagd.“ Sie öffnete die Tür. „Danke, Lady Sarah. Gute Jagd!“ Der uralte Abschiedsgruß der Vampire war das Letzte, das Sarah hörte, ehe sie die Tür zuschlug und sich in der Dunkelheit umsah. Während die mexikanische Vampirin wendete, spürte sie dort in der Nacht etwas, das sie so nur bei Ratsmitgliedern oder dem früheren Inquisitor erlebt hatte: magische Macht. Dort war ein uralter, mächtiger Vampir, der sie betrachtete, ohne, dass sie ihn hätte sehen können. So neigte sie höflich den Kopf. „Maestro Cacau, buenas noches.“ Meister Cacau: gute Nacht Aus der Dunkelheit klang eine tiefe Stimme, fast ein wenig amüsiert: „Buena caza, chamaca.“ Gute Jagd, Mädchen. ******************************************* Im nächsten Kapitel lernt Lady Sarah einen zurückgezogenen Vampir kennen und trifft das menschliche Opfer.... bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)