[24/7] Zwischen den Zeilen von halfJack ================================================================================ Kapitel 6: Zwischen Menschen ---------------------------- Zwischen Menschen „Ihr seid die ganze Zeit hier gewesen?“ Misa stellte die Tüten, die sie bei sich trug, auf dem Boden ab, bevor sie sich neben Light auf den Bettrand setzte, um sich an ihn zu schmiegen. Dieser reagierte zuerst nicht darauf, sondern starrte weiter auf den Bildschirm des Laptops, der auf seinen Beinen ruhte. Etliche Bilder von Verbrechern, die in den letzten Tagen ihr Leben lassen mussten, wechselten einander ab. Light versuchte ein Schema in den jetzigen Verurteilungen Kiras zu erkennen, die sich von den Morden vor seiner Inhaftierung unterschieden. Konnte Ls Theorie tatsächlich stimmen, konnte sich Kira beliebiger Personen bemächtigen, sodass die japanische Sondereinheit nun nach einem völlig neuen Killer suchen musste? Light wollte diesen Gedanken nicht akzeptieren. Vielleicht sollte er sich weniger auf die an Herzversagen verstorbenen Verbrecher fixieren. Möglicherweise erhielt er von ganz anderer Seite Aufschluss über den Fall. „Light?“ Misas Stimme klang drängend und ein wenig beleidigt. „Du hörst mir gar nicht zu.“ Endlich wandte Light ihr seine Aufmerksamkeit zu, als schien er erst jetzt ihre Anwesenheit zu bemerken. „Entschuldige, was hast du gesagt?“ „Sie wollte wissen“, mischte sich stattdessen L ein, wobei er auf komische Weise über das Bett kroch, „ob wir den gesamten Tag hier gewesen sind.“ Er hatte den Bettrand erreicht und streckte den Arm aus, um die Tüten zu erhaschen, die Misa mitgebracht und unbedacht mitten im Zimmer hatte stehen lassen. „Ja, wir waren hier“, beantwortete Light die Frage schlicht, während er seinen Kollegen dabei beobachtete, wie dieser nach den Tüten hangelnd das Gleichgewicht zu halten versuchte. Die Möglichkeit, einfach aufzustehen, schien L nicht in Betracht zu ziehen. Seufzend löste sich Light von Misa, ließ den Laptop auf der Bettdecke zurück und erhob sich, um L wortlos eine der Tüten mit den Taiyaki zu reichen. Misa verschränkte die Arme vor der Brust und meinte: „Die wollt ihr doch nicht alle essen, oder?“ „Ich nicht“, entgegnete Light schulterzuckend und deutete auf seinen Partner, „aber er.“ „Es ist nicht so, dass ich nichts abgeben würde“, erklärte L, während er von einem der Gebäcke den Fischschwanz abbiss. „Da verzichte ich“, wehrte Misa ein wenig ungehalten ab. „Das habe ich doch schon letztens gesagt, dass Süßigkeiten schlecht für die Figur sind. Misa ist schließlich ein Star und Stars sehen immer gut aus.“ „Wie du meinst“, entgegnete L, „und ich habe gesagt, Denken hilft.“ „Du bist schon wieder so gemein! Dabei hast du am Anfang gesagt, du wärst ein Fan von mir.“ „Nicht alles, was ich sage, sollte man für bare Münze nehmen. Zu dieser Zeit hatte sich der Verdacht gegen dich, der zweite Kira zu sein, schon längst erhärtet. Der Rest war Recherche, denn ich bin normalerweise kein Leser der Eighteen. Das bewegt sich weit außerhalb meines Alters- und Interessenbereichs.“ „Weil du dich wie ein kleines Kind benimmst?“, schoss Misa stur zurück und klammerte sich wieder an Light. Desinteressiert pflückte L die beiden Waffeln des Gebäcks auseinander, um die Creme aus dem Inneren abzulecken. Das blonde Mädchen verzog das Gesicht und meinte: „Am Anfang dachte ich ja, du wärst ein lustiger Typ. Aber so wird sich bestimmt nie eine Frau für dich interessieren.“ „Das ist mir egal.“ „Ha! Was anderes hättest du in deiner Lage jetzt auch gar nicht sagen können.“ „Wenn du meinst“, überging L die Aussage zum zweiten Mal mit Gleichmut und fischte ein neues Taiyaki aus der Verpackung. „Wenn du deinen Süßkram isst“, versuchte das hübsche Mädchen den Detektiv mit einem Lächeln zu überzeugen, „dann könnten Light und Misa ja Zeit miteinander verbringen.“ „Besser nicht“, mischte sich Light nun in das Gespräch ein, ließ sich allerdings nicht anmerken, wie sehr seine Geduld abermals auf die Probe gestellt wurde. „Ich bin momentan einfach zu sehr mit diesem Fall beschäftigt.“ Misas Miene spiegelte die unterschiedlichsten Emotionen wider. Sie schien wirklich mit sich zu kämpfen. Dass Light ihr nicht die von ihr gewünschte Aufmerksamkeit entgegenbrachte, machte sie wütend und eifersüchtig. Doch sie wusste nicht, worauf sie diese Eifersucht richten sollte. Gleichzeitig war sie verzweifelt, weil ihre eigenen Gefühle kein Echo in der Person hervorriefen, die sie liebte. Wie sollte sie mit dieser Unsicherheit umgehen? Würde der Abstand zwischen ihnen nicht größer werden, wenn sie Light weiterhin bedrängte? Vielleicht war jetzt wirklich nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Misa seufzte einsichtig und wandte sich zum Gehen. „Nun gut, ich muss mich auch noch mit dem Skript für meine Rolle befassen“, entschuldigte sie sich, bevor sie die Tür hinter sich schloss. Light fühlte sich ein wenig schuldig, dass er das Mädchen so verletzt hatte. Würde er ihr jedoch falsche Hoffnungen machen, wäre die Enttäuschung für sie vermutlich umso schlimmer. Es half nichts. „Hattest du nicht etwas mit Takada-san?“, fragte L plötzlich frei heraus und schob sich ein weiteres Taiyaki zwischen die Lippen. Light schaute seinen Kollegen nur verwirrt an, sodass dieser mit vollem Mund erklärte: „Als du Amane Misa kennen lerntest, sollst du auf der Uni gerade mit Takada Kiyomi liiert gewesen sein. Bist du da etwa zweigleisig gefahren?“ „Nun, das nicht unbedingt“, überlegte Light, als er sich an die anfängliche Zeit auf der Universität erinnerte. Eine Ewigkeit schien seitdem vergangen zu sein, obwohl es in Wirklichkeit erst vier Monate waren. „Takada-san hatte damals den ersten Schritt gemacht, indem sie mich ansprach. Wir kannten uns noch nicht besonders gut, haben nur zusammen Vorlesungen besucht. Aber sie ist eine intelligente und sehr schöne Frau, das war mir sofort aufgefallen. Misa ist zwar durchaus hübsch, aber im Grunde genommen mag ich eher Frauen mit seriösem Auftreten.“ „Also hattest du dich in Takada verliebt?“ Light wich dem Blick seines Partners aus, der ihn aus großen Augen genau musterte, und räumte mit bedachten Handgriffen den Laptop vom Bett, bevor er sich wieder hinsetzte. Unwillkürlich musste er an die anderen weiblichen Kommilitonen denken, mit denen er sich bekannt gemacht hatte. Nach einem Moment des Überlegens antwortete er: „So kann man das auch nicht sagen. Ich wollte Takada erst einmal kennen lernen. Richtig verliebt habe ich mich nicht in sie.“ Light zögerte, entschied sich dann jedoch, seiner Aussage etwas hinzuzufügen. „Das ist mir bisher auch noch nie passiert, dass ich mich wirklich verliebt hätte.“ „Aber du hast Amane Hoffnungen gemacht.“ „Das stimmt, der Kuss...“, lenkte Light ein, als ihm einfiel, dass L anwesend war, als Misa ihn darauf angesprochen hatte. „Ich weiß selbst nicht mehr, warum ich das getan habe. Aber ich kann mich erinnern, dass Misa damals ganz unerwartet und ungünstig aufgetaucht ist. Es klingt zwar hart, aber ich glaube, ich wollte sie einfach nur zum Gehen bewegen. Was ist da schon ein Kuss?“ „Du bist bei Frauen sehr beliebt, Light-kun.“ Mit einer unbekümmert wirkenden Geste leckte L die Krümel von seinen Fingern. „Dann machst du das also nur aus... wie sagt man? Lustgewinn?“ Light streckte müde seine Arme aus, bevor er sich zurück auf die Decke legte, während er seine Beine noch vom Bett hängen ließ. Er wunderte sich, dass L ihm eine solche Frage stellte, schließlich waren sie beide junge Männer, sodass sich eine Antwort eigentlich hätte erübrigen sollen. „Vielleicht“, fuhr L fort, als ihm nichts entgegnet wurde, „dient die Zuneigung anderer Menschen nur zur Selbstversicherung. Dann magst du es, von Frauen begehrt zu werden und dich gebraucht zu fühlen.“ „Ich benutze sie doch nicht“, protestierte Light, „das geschieht alles unter gegenseitigem Einverständnis. Es gibt viele Mädchen, die einfach ein wenig Spaß haben wollen, ohne gleich eine ernste Beziehung zu fordern.“ „Ein wenig Spaß?“ L hielt eines der Taiyaki mit Daumen und Zeigefinger vor sein Gesicht und betrachtete die Stelle, an der er von dem Gebäck den Fischkopf abgebissen hatte. „Sexuelle Betätigung dient zur Fortpflanzung und der menschliche Körper kennt verschiedene Tricks, um diesen Akt für das Individuum attraktiv zu machen. Läge es jedoch nur am hormonellen Haushalt, würde Selbstbefriedigung bereits ausreichen.“ „Was willst du damit sagen?“ Im Liegen schaute Light zu seinem Partner hinüber, der den Blick jedoch nicht erwiderte. „Ich stelle nur eine These auf, Light-kun. Es geht um die Frage, ob man andere Menschen nur deshalb auf diese Weise benötigt, um für sich selbst Bestätigung zu finden. Sex kann Unterdrückung und Machtausübung verkörpern und ein Beleg für die eigenen Fähigkeiten sein.“ „Das lässt es aber zum bloßen Kalkül werden“, gab Light skeptisch zu bedenken. „Kommt drauf an. Du meintest doch, viele Frauen würden keine ernste Beziehung fordern. Aber eines haben meine Nachforschungen mit hundertprozentiger Sicherheit ergeben, dass Amane Misa Liebe für Yagami Light empfindet. Wenn du das wusstest, diese Gefühle aber nicht erwidern konntest, dann war deine erste Reaktion auf Misa-san Kalkül.“ Light biss die Zähne aufeinander und starrte an die weiße Wand. Sein Ermittlungspartner hatte genau den Punkt getroffen, der ihm selbst schon Kopfzerbrechen bereitet hatte. Doch hatte Light diese Fragen immer wieder verdrängt, weil sie ihm eröffneten, dass er viele seiner eigenen Handlungen später nicht mehr nachvollziehen konnte. Als er nichts erwiderte, schaute L zu ihm hinab und drang weiter auf ihn ein: „Warum hast du das also getan? Weshalb hast du dich auf diese Weise Amane gegenüber verhalten, wenn sie eigentlich nicht deinem üblichen Geschmack entspricht? Weshalb lehnst du es jetzt aus moralischer Verpflichtung ab, Amane für unsere Zwecke einzusetzen, wenn du vorher anscheinend weniger ein Problem damit hattest? Vielleicht liegt der Grund hierfür darin, dass du sie als zweiten Kira gebrauchen konntest. Womöglich gingst du deshalb nicht auf meinen Vorschlag ein, um die Ermittlungen zu behindern, weil du dadurch...“ „Hör endlich auf damit!“, unterbrach ihn Light energisch, um sich zu verteidigen. „Woher soll ich jetzt noch so genau wissen, was ich mir in einer vergangenen Situation gedacht habe? Ich bin auch nur ein Mensch und habe früher Dinge getan, die ich nun nicht mehr tun würde. Ich entwickle mich weiter, genauso wie sich meine Ansichten ändern. Muss ich mich für alles rechtfertigen, was ich jemals getan habe? Ich hatte nicht die Chance, weder Takada noch Misa näher kennenzulernen. Als Misa verhaftet wurde, stand ich völlig neben mir. Aus meinem eigenen Zweifel heraus habe ich mich dir gestellt. Du hast überhaupt keine Vorstellung davon, wie mich das alles fertig gemacht hat!“ Während seines Ausbruchs hatte sich Light aufgesetzt, damit er L auf gleicher Höhe begegnen konnte. Dieser hielt dem Augenkontakt ernst stand, ohne eine emotionale Regung im Gesicht zu zeigen. Nach einem langen Moment des Schweigens senkte er jedoch überraschend den Blick und sagte leise: „Tut mir leid.“ Light blinzelte irritiert. Er hatte nicht erwartet, dass sich L entschuldigen würde. Dann dachte er allerdings daran, dass man bei vielen Aussagen des Meisterdetektivs nicht klar bestimmen konnte, ob sie ehrlich gemeint waren oder nicht. Mit dieser Erkenntnis in seinen Gedanken schüttelte Light langsam den Kopf und meinte: „Ist schon gut. Vergiss es einfach.“ Kurzes dunkles Haar berührte ihre sich leicht hebenden schmalen Schultern. Der sanfte Schwung ihres Schlüsselbeins, der sich unter der hellen Haut abzeichnete. Kiyomi besaß eine angenehme Stimme. Ihre Atmung hatte sich beschleunigt. Sie schloss die Augen, sodass ihre Wimpern einen schwarzen Kranz auf ihren dezent geröteten Wangen bildeten. Light war bei Frauen sehr beliebt. Hatte er nicht seinen Status bewahren wollen, als bester Absolvent aller Schulen, als Sohn des Polizeiinspektors? Auf jede erdenkliche Weise wurde er dieser Stellung gerecht. Er trat aus der Tür heraus. Seine Mutter tauschte einen verwunderten Blick mit seiner Schwester. Vor dem Haus der Familie Yagami stand ein blondes Mädchen und lächelte. Wer war das nur? Viele mochten Misa. Sie war hübsch und berühmt, hatte einen außergewöhnlichen Kleidungsstil, ein auffallendes Erscheinungsbild. Niedlich, aber nicht ganz nach Lights Geschmack. Durch ihre zierliche Statur war sie viel kleiner als er. Warum hatte er sie geküsst? „In dem Film gibt es auch eine Liebesgeschichte. Wirst du eifersüchtig sein, wenn Misa mit einem anderen Mann zusammen ist?“ Misa liebte ihn. Vielleicht liebte ihn auch Kiyomi. Und Light, er liebte die Menschen. „Wir werden ein gemeinsames Zimmer haben, Light-kun. Die Handschellen erfordern das.“ Der Raum war spartanisch eingerichtet. Ein großes schlichtes Bett mit weißen Laken bezogen zwischen zwei Nachttischen an der Wand. Im ersten Moment hatte sich Light gewundert, warum es nicht zwei Betten waren, die dicht beieinander standen. Hätte das nicht gereicht? Kiyomi lag auf der Decke und streckte ihm ihre Hand entgegen. Das Metall der Fessel zog an Lights Handgelenk, als L an ihm vorbei zum Bett ging. Der Detektiv nahm die Einladung der attraktiven Frau an und ließ sich von ihr hinabziehen. Light verfolgte die feingliedrigen Finger Kiyomis, die sich in das wirre schwarze Haar des anderen Mannes gruben. Mit den Fingernägeln der rechten Hand fuhr sie behutsam über Ls blasse Lippen, zeichnete die Kontur seines Kiefers nach, strich seinen Hals entlang, wobei sie mit dem Daumen über seinen Kehlkopf glitt. L hatte sich zu ihr hinabgebeugt. Seine Wirbelsäule und sogar seine Rippen waren unter dem Oberteil anhand eines leichten Schattens zu erkennen. Währenddessen hielt sich Kiyomi an dem weißen Stoff seiner Kleidung fest, sodass ein Teil von Ls flachem Bauch freilag. Light starrte gedankenversunken auf den Beckenknochen, der unter der nackten Haut des jungen Mannes zum Vorschein kam. Und dann begegneten sich ihre Blicke. Für einen Moment glaubte Light, dass die schwarzen Augen bis in sein Innerstes sahen. Light erwachte irritiert und schaute vom Rand des Bettes auf den Fußboden. Er brauchte einige Sekunden, bis er seine Gedanken geordnet hatte und registrierte, dass ihn ein Geräusch aus dem Schlaf gerissen hatte. Nun nahm er auch bewusst den Lichtstreifen wahr, der über den Boden geworfen wurde und das Zimmer geringfügig erhellte. Ein Husten erklang aus dem Badezimmer, dessen Tür einen kleinen Spalt offen stand. Dann war die Toilettenspülung zu hören, begleitet von einem dumpfen Ton und einem erneuten Husten. Überflüssigerweise drehte sich Light um und erkannte, dass L nicht mehr neben ihm lag. Nur die Handschellen ruhten losgelöst auf den weißen Laken. Sofort griff Light danach und hielt den kühlen Metallring fest, der sich normalerweise um Ls Handgelenk schloss. Dann stand er auf, um sich mit raschen Schritten auf das Bad zuzubewegen. Im Vorbeigehen bemerkte er flüchtig die leeren Tüten, in denen Misa die Taiyaki transportiert hatte. Er trat in das grelle Licht, spürte die kalten Fliesen unter seinen nackten Füßen und hielt inne. L kniete vor der Toilette, die Hände klammerten sich an den mit Emaille überzogenen Keramikrand, während er das Gesicht von Light abgewandt auf den Oberarm gebettet hatte. Seine Atmung war schwerfällig. Er muss das gesamte Gebäck gegessen haben, schoss es Light verstehend durch den Kopf. „Was willst du hier, Light-kun?“ Ohne sich umzuwenden hatte L jene Frage mit annähernd emotionsloser Stimme gestellt. Doch sein Partner kannte ihn gut genug, um aus dem Tonfall den Hauch an Frustration und Schwäche herauszuhören. „Das könnte ich dich genauso fragen“, antwortete Light sanft. Nach einem kurzen Zögern ging er auf ihn zu, ließ sich in die Hocke sinken und legte vorsichtig die Hand auf Ls Schulter. „Du hättest nicht so viel davon essen sollen.“ „Aber essen beruhigt mich“, entgegnete L schlicht, während er die Berührung kommentarlos zuließ. Doch seine Finger zuckten kaum merklich. „Es beruhigt mich, beschäftigt zu sein ohne wirklich etwas zu tun.“ „Dann solltest du wenigstens etwas Gesünderes essen.“ „Aber Süßigkeiten machen mich glücklich.“ Kein anderer Mensch außer L würde wahrscheinlich auf solche Weise das Wort „Glück“ aussprechen. Dieser traurige Gedanke ließ Light schwer atmen. Anstatt seinem Freund Halt zu geben, war er fast versucht, sich selbst an ihn zu lehnen. Stattdessen umklammerte er die Metallfessel in seiner linken Hand noch stärker. „Vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage die Woche“, sagte L leise, „und kaum trenne ich unsere Verbindung für ein paar Minuten, bist du schon wieder da und lässt mir keine Ruhe.“ Bestürzt löste Light die Hand von Ls Schulter. Dieser zeigte jedoch keinerlei Anzeichen dafür, dass er seine Worte bereute oder dass Light sie falsch verstanden hatte. Ein langer Moment des Schweigens herrschte zwischen den beiden jungen Männern, bis sich L langsam zu rühren begann und vom Toilettenrand entfernte. Beim Ellbogen beginnend wanderte sein Blick über den eigenen Arm bis hin zu den Fingerspitzen. Er starrte auf seine Handflächen. Für Außenstehende nur bei genauerem Hinsehen wahrnehmbar verzog L das Gesicht. Er stand auf und ging zum Waschbecken hinüber. Auch Light hatte sich erhoben, wich jedoch ein paar Schritte zurück, wobei er seinen Partner weiterhin beobachtete. Dieser drehte mittlerweile den Wasserhahn auf und wusch mit sorgfältigen Bewegungen seine Hände und die Unterarme. Danach spülte er sich den Mund aus und griff nach seiner Zahnbürste. Light verweilte im Hintergrund und wartete. Er konnte nicht gehen, obwohl die Handschelle, die er nach wie vor umklammert hielt, momentan nutzlos war. Doch konnte er genauso wenig voranschreiten. Ihm blieb nichts weiter übrig, als wie immer wortlos danebenzustehen. Allerdings glaubte er dieses Mal, dass er mehr gesehen und mehr verstanden hatte als sonst. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)