Ehre und Stärke III : Maats Flügel von Tatheya (oder: Gundam Wing goes Ancient Rome) ================================================================================ Kapitel 6: ----------- Disclaimer: Gundam Wing und die Charaktere gehören nicht mir sondern Sunrise und Bandai. Ich verdiene auch kein Geld mit dieser Geschichte. Kommentar: Eigentlich war dieses Kapitel etwas kürzer angelegt, aber da euch offenbar so sehr die Geheimnisse um Zechs‘ Kräfte und Vergangenheit interessieren, kam in dieser Richtung noch was dazu. Passend zu diesem Kapitel auch ein neuer Teil zu „Amors Pfeile“, bei dem es dieses Mal äußert interessant wird. Ich empfehle es unbedingt zu lesen, um zu verstehen wie Treize tickt. *zwinker* Allen Kommentarschreibern wieder herzlichen Dank. Kapitel 6 Das Schiff hatte seine Ladung in Alexandria gelöscht und gerne hätte Zechs gemeinsam mit Sally die Stadt erkundet. Sie hatte ihm angeboten die Stadt zu zeigen, doch Treize und der Kapitän drängten auf eine schnelle Weiterfahrt. So durchquerten sie das sumpfige, üppige Nildelta in dem es von merkwürdigen Getier nur so wimmelte. Alles, so schien es, war in ein sattes Grün getaucht und ein starker Kontrast zu dem Blau des Meeres, das sie in den vergangenen Tagen gesehen hatten. Es war schwül und jeder an Bord trug so wenig Stoff am Körper wie möglich. sämtliche Kleidung wäre ohnehin gleich durchgeschwitzt gewesen. Als sie das Nildelta verließen, wich das üppige Grün einem sandigen Braun und ebenso wurde das Klima wieder etwas erträglicher. Oft saß Zechs am Bug des Schiffes und sog jedes Detail dieser fremdartigen Landschaft in sich auf. Die Hügel außerhalb von Rom, dort wo Treizes Villa stand, waren für ihn schon faszinierend genug gewesen. Diese großen freien Flächen, die einzelnen Bäume, Zypressen und Olivenhaine, Lavendelsträucher. Alles Pflanzen, die es in Germanien nicht gab. Aber hier sah er keine Bäume. Vereinzelt eine Palme am Nil oder weiter im Landesinneren in einer Oase. Er vermochte es sich kaum vorstellen: Ein Land ohne Bäume und Wälder! Bevor er weiter über die seltsame Vegetation sinnieren konnte, fiel ihm ein kleines, sonderbares Gebilde am Horizont auf. Auf den ersten Blick konnte man es für einen Berg oder Hügel halten. Aber nein, es war viel zu regelmäßig geformt um natürlichen Ursprungs zu sein. Nach einer Weile tauchten noch zwei weitere dieser Hügel am Horizont auf. „Die Pyramiden.“ Treize trat neben ihn an die Reling. „Als ich sie das erste Mal gesehen habe, konnte ich es auch kaum glauben.“ „Was sind sie?“, fragte Zechs verblüfft. Unter dem Namen ‚Pyramiden‘ konnte er sich nichts darunter vorstellen. „Grabmäler für Pharaonen. Erbaut vor hunderte von Generationen von unzähligen von Bauern, Sklaven und Kriegsgefangenen. Heute Abend werden wir im Schatten der Pyramiden schlafen.“ „Wir schlafen an Land?“ Bis jetzt hatten sie die Nächte an Bord verbracht und Zechs würde es mehr als begrüßen der stickige Enge der Kajüten entfliehen zu können. „Ja.“ Doch so sehr Zechs die Änderungen der Schlafgewohnheiten zunächst begrüßte. Sie schaffte auch neue Probleme. So gab es nur drei Zelte für die Passagiere des Schiffes. Auch wenn Sally dagegen protestiert hatte, Zechs und die anderen hatten darauf bestanden, das sie allein ein Zelt für sich hatte. Zechs fühlte sich auch noch immer etwas schuldig für das was er an Bord mit Quatre getan hatte. Er hatte geplant mit Duo oder Quatre im Zelt zu schlafen, doch da hatte er nicht mit den ungeschriebenen Gesetzen der römischen Gesellschaft gerechnet. Quatre weigerte sich strikt mit Treize im Zelt zu schlafen, weil dieser zum einen sein Offizier war und zum anderen gesellschaftlich höher stand. Duo hingegen fand es unschicklich mit seinem Herren das Zelt zu teilen. Da sie jedoch auch nicht zu dritt in einem Zelt schlafen konnte, blieb es wohl an Zechs hängen mit Treize das ‚Schlafgemach‘ zu teilen. Am Abend saßen sie alle am Lagerfeuer und als die Gespräche verstummt, alle Lieder gesungen waren, fiel Zechs auf, das Treize nicht mehr bei ihnen war. Er wandte sich um und meinte einen dunklen Schatten einen Steinwurf weit entfernt zu sehen. Da fiel ihm ein, das es Treize Probleme machte neben einem anderen Menschen einzuschlafen. Sally hatte so etwas in dieser Richtung angedeutet und Treize selbst war überrascht darüber gewesen als er eines Morgens an Zechs‘ Seite aufgewacht war. Damals nach seinem Drogenrausch in Rom. Zechs wickelte die Decke fester um seine Schultern und legte sich eine weitere über den Arm. Vorsichtig tastete er sich über den Wüstenboden voran. Er hatte keine Fackel bei sich und das Mondlicht musste ausreichen. Er fluchte leise als er über einen der faustgroßen Steine stolperte, die hier den Boden bedeckten und den er nicht rechtzeitig erkannt hatte. Treize saß auf einem Steinblock, den wohl die alten Baumeister der Pyramiden hier zurückgelassen hatten. Er wandte sich um als er Zechs gehört hatte und dieser würde eine Linsenmahlzeit darauf verwetten, dass Treize bereits einen Dolch gezogen hatte um sich zu verteidigen falls sich jemand Fremdes mit unlauteren Absichten genähert hätte. Ohne ein Wort zu sprechen, legte er Treize die zweite Decke um die Schultern. Zechs war nicht entgangen, dass der Konsul vor Kälte gezittert hatte. Die Temperatur war rapide gefallen seit die Sonne untergegangen war. Dankbar nickte Treize und Zechs setzte sich neben ihm auf den Steinblock. Sie saßen direkt vor der größten der drei Pyramiden und ihre Ausmaße waren so enorm, dass sie die Sterne am Firmament verdeckte. „Wolltest du hier draußen übernachten?“, fragte Zechs leichthin und legte den Kopf in den Nacken um die Spitze der Pyramide ausmachen zu können. „Es ist viel zu kalt“, bemerkte er weiter als Treize nicht antwortete. „Du hast mir doch eine Decke gebracht.“ „Das ist wohl kaum ausreichend.“ „Es muss wohl ausreichen.“ „Treize.“ Zechs seufzte. „Oh ja, ja. Ich weiß, du vertraust niemandem. Woher auch immer dieses Trauma herrührt...“ „Du hast keine Ahnung Zechs.“ Treize schüttelte den Kopf. „Du kennst mich nicht“, murmelte er leise. „Oh doch. Ich glaube, ich kenne dich gut genug. Besser als die meisten zumindest. Du selbst wolltest das so“, unterband Zechs den Widerspruch der Treize schon auf den Lippen lag. „Ich denke, ein Mensch, dem du in der Vergangenheit sehr vertraut hast, hat dieses Vertrauen ausgenutzt. Du hast ihm das nie verziehen und dir selbst auch nicht.“ Treize schwieg und dies gab Zechs Gewissheit, das er mit seiner Einschätzung so falsch nicht gelegen haben konnte. „Ich habe Recht, nicht wahr?“ „Mit allem, ja.“ Treize senkte den Kopf und kratzte mit seiner Sandale im Sand. „Dieses Land weckt einfach zu viele Erinnerungen.“ „Unangenehme Erinnerungen nehme ich an.“ „Vorwiegend.“ Treize zog die Knie an und stützte das Kinn darauf. „Willst du es mir erzählen?“ „Ah, nein. Nicht heute Nacht.“ „Dann sollten wir uns jetzt schlafen legen.“ Zechs erhob sich und ergriff Treizes Hand um ihn mit sich zu ziehen. „Ich kann wieder einen kleinen Zauber wirken, wenn es dir beim Schlafen hilft“, versuchte er Treize zu locken. Der murrte nur unwillig und war in seiner Ehre gekränkt: „Ich bin doch kein Kind mehr.“ „Vertraust du mir?“ „Das habe ich dir bereits schon einmal gesagt.“ Zechs erinnerte sich genau an diese Nacht, inmitten welcher Treize diese Worte gesprochen hatte. „Und ich habe dir gesagt, das ich bei dir bleiben werde.“, erwiderte er. Zuerst noch widerwillig folgte im Treize in Richtung Lagerplatz. Wenigstens schien er es eingesehen zu haben, dass es durch und durch unlogisch und seinem noch etwas geschwächten Zustand nicht dienlich sein konnte hier im Freien zu bleiben. Treize schien nun einigermaßen beruhigt zu sein als er und Zechs nun endlich in ihrem Zelt lagen. Doch noch war Schlaf nicht zu denken, denn das Geräusch von Treizes klappenden Zähnen störte die sonst so idyllische Ruhe. Zechs war an die Kälte wohl besser angepasst. Die Winternächte in Germanien waren sogar noch unangenehmer, vor allem wenn der Nordwind durch die Wälder peitschte. Aber etwas musste er gegen das Klappern tun. Er rutschte enger an Treize heran und breitete die Hälfte seiner eigenen Decke über Treizes Schultern. Doch Treize schien noch mehr im Sinn zu haben. Er tastete nach Zechs‘ Hand und zog diese zu sich. Treize drehte sich auf die Seite und gezwungenermaßen fand sich Zechs nun an Treizes Rücken gepresst, denn Treize ließ seine Hand nicht los. Sie ruhte auf dessen Brust, Zechs konnte spüren, wie der Herzschlag des anderen Mannes sich leicht beschleunigte. Zechs erging es nicht anders, aber er müsste lügen, wenn er die Wärme des menschlichen Körpers vor ihm abschlagen würde. Er holte tief Luft. „Komm ja nicht auf dumme Gedanken.“, warnte er Treize, wobei er mit den Lippen dessen Ohr streifte – absichtlich. Mit Genugtuung bemerkte er die Abfolge von schnellen Herzschlägen unter seiner Hand und lächelte hämisch. „Wer hat jetzt dumme Gedanken.“, knurrte Treize, bewegte jedoch seine Hüften und nun war es an Zechs zu knurren. „Himmel noch mal. Seid leise und wenn ihr es schon miteinander treiben müsst, dann macht hin und beeilt euch. Manche Leute brauchen ihren Schlaf!“, schallte es quer über ihren Lagerplatz. „Duo!“, mahnte Quatre leise. Doch man hörte eindeutig das unterdrückte Lachen in der Stimme des Tribun. „Niemand treibt es hier mit irgendjemandem“, gab Treize zurück. „Schließe nicht von dir auf andere.“ Duos Antwort blieb im allgemeinen Gelächter ungehört. Treize jedoch ließ Zechs‘ Hand los, gab ihm die Möglichkeit wieder auf seine Seite des Zeltes zu rutschen. Aber Zechs blieb an seiner Position. Schließlich musste doch jemand dafür sorgen, dass sich der Konsul keine Erkältung in der kühlen Nachtluft holte. Zumindest redete er sich das ein. Ein ungeduldiges Rütteln an der Schultern weckte ihn erneut nach nur wenigen Augenblicken, zumindest dachte Zechs das er nur eine kurze Zeit geschlafen hätte. In Wirklichkeit waren etliche Stunden vergangen, doch es herrschte noch tiefste Dunkelheit um sie herum. Die Sonne war noch nicht aufgegangen. Nichtsdestotrotz, von den anderen Zelten hörte er ebenfalls leises Gemurmel und Rascheln. „Ist etwas passiert? Werden wir überfallen?“, flüsterte er. Doch Treize beruhigte ihn sogleich. „Nein, aber wir müssen uns beeilen. Hier nimm das.“ Er reichte Zechs einen Umhang und legte sich selbst einen solchen an. „Was hast du vor?“, fragte Zechs als sie aus dem Zelt krochen und Treize ihm eine Fackel in die Hand drückte. Duo und Sally waren ähnlich ausgerüstet, Quatres Kopf lugte unter der Zeltplane hervor und er betrachtete die Expedition mit einem traurigen Lächeln. „Vielleicht auf der Rückreise.“, tröstete Sally den jungen Offizier und der nickte tapfer. „Wir steigen auf die Pyramide.“, geruhte sich Treize nun endlich das Geheimnis zu lüften. Ungläubig musterte Zechs den steinernen Koloss mit großen Augen. „Wie?“, brachte er nur hervor als sich die anderen Drei schon in Bewegung setzten. „Es gibt einen Aufgang auf der Rückseite. Jemand hat ihn schon vor Jahrhunderten in den Stein gehauen. Wir müssen uns beeilen, wenn wir bis Sonnenaufgang oben sein wollen.“ Kein Wunder also, dass Quatre zurückblieb. Der Tribun konnte nicht einmal ohne Stock laufen, wie dann ein solches Monument erklimmen. Sie schwiegen als sie die Stufen empor kletterten. Zuerst nur aus Respekt und Achtung vor dem Toten, zu dessen Ehren diese Pyramide erbaut worden war. Später weil sie sich auf jeden Tritt konzentrieren mussten. Sollte einer von ihnen auf der Treppe ausrutschen, so würde er die anderen mit in den Tiefe reißen. Geländer oder Seile zum Festhalten gab es hier nicht und als Zechs einmal einen Blick über seine Schulter warf, musste er schwer schlucken und sich für einen Moment auf einer höher gelegenen Stufe abstützen. Diese Höhe war wahrlich angsteinflösend! „Immer nur auf die nächste Stufe schauen“, riet Sally, die sein Zögern bemerkt hatte und gerne nahm er diesen Rat an. Oben angekommen erkannte er, dass das was vom Boden wie eine makellose Spitze aussah, in Wirklichkeit ein kleines Plateau war, das gerade Platz für ihre Gruppe bot. „Sicherlich war es früher eine Spitze“, mutmaßte Treize als ihn Zechs darauf ansprach, „aber angesichts der Tatsache wie alt sie ist, ist ein Teil sicherlich der Witterung zum Opfer gefallen und ein noch größerer Teil als Baumaterial wiederverwendet worden.“ „Dann war sie früher komplett verkleidet?“ Er nahm neben Treize Platz, der sich an die Kante des Plateaus gesetzt hatte. Schon auf dem Aufstieg war ihm aufgefallen, das im oberen Drittel die großen Steinquader eine helle Verkleidung aufwiesen. „Mit Kalkstein, ja. Sie muss im Sonnenlicht weiß geschimmert haben, wie ein Diamant. Es muss ein atemberaubender Anblick gewesen sein.“ Es war wärmer geworden und die ersten orangeroten Sonnenstrahlen waren im Osten auszumachen. Sie hatten es noch rechtzeitig zum Sonnenaufgang geschafft. Eine merkwürdige Stimmung herrschte hier oben. Zechs fühlte sich seltsam entrückt als ob er der Welt der Lebenden entflohen wäre. ‚So müssen sich die Göttern fühlen, wenn sie auf uns herabblicken.‘, dachte er als er den Nil und ihr Schiff betrachtete, die weit unter ihnen lagen. Er konnte gerade noch einen der Matrosen ausmachen, er war so winzig klein wie eine Ameise. Selbst Duo stand ganz still in der Mitte der Platte und starrte gebannt auf das Firmament. Zechs schüttelte sich unwillkürlich. Er spürte die Präsenz der Ahnen und Geister. Sie waren so stark vertreten wie an einem der geweihten Bäume in Germanien. Es stand außer Frage, dass dies hier ein ähnlich mysteriöser und heiliger Ort war. Er murmelte eine Beschwörung, die Geister mögen ihnen wohlgesonnen sein und ihnen ihr Eindringen vergeben. Sally hatte ihren Umhang abgelegt und stand an der Kante, die Arme zum Himmel erhoben. In dem Moment als die Scheibe der Sonne zu sehen war, begann sie mit monotoner Stimme einen fremdartig klingenden Singsang anzustimmen. „Eine Loblied auf Chepre, der Gott der aufgehenden Sonne“, flüsterte Treize um die Anbetung der Heilerin nicht zu stören. Auch wenn sie alle an verschiedene Götter glaubten: Treize an Apollo und Jupiter, Zechs an Odin und Wotan, Duo an den alleinigen Gott und seinen Sohn Jesus Christus, Sally an die uralten ägyptischen Gottheiten. Sie alle spürten die Magie dieses Ortes, egal welcher Religion sie auch angehörten. Er wusste nicht wie lange sie dort oben blieben, doch Zechs war froh als sie sich zum Abstieg bereit machten. Diese Magie übte einen großen Einfluss auf ihn aus, zuerst war ihm dies gar nicht bewusst gewesen. Doch jetzt bemerkte er ihn und wollte sich nur schnell diesem Wirkungsbereich entziehen. Es war so ähnlich wie in jener Nacht als er Quatre geheilt hatte. Mehr und mehr verlor er die Kontrolle über seinen Körper und sein Denken. Irgendetwas anderes, eine tiefere Macht lenkte ihn. Treize fiel es zunächst nicht auf, dann jedoch bemerkte er, dass etwas nicht in Ordnung war. Etwas fehlte. Richtig, hinter ihm vernahm er keinerlei Schritte mehr. Dabei sollte ihm doch Zechs direkt folgen. Er blieb stehen und drehte sich auf der schmalen Steinstufe um, Zechs war nicht zu sehen. Die Stirn in Falten gelegt blickte er nach oben. Auch hier nichts. Sollte Zechs gestürzte sein? Aber das hätte sie doch bemerken müssen. Schon stieg er wieder die Stufen hinauf und suchte die Steinquader rechts und links neben der Treppe ab. Da war Zechs ja! „Zechs!“, rief er und formte mit seinen Händen einen Trichter vor dem Mund. „Was soll das? Komm zurück! Das ist gefährlich!“ Das war es in der Tat. Zechs spazierte hier auf diesen großen Quadern herum, abseits der Treppe. Niemand wusste wie stabil diese Steinblöcke noch waren. Schnell konnten sich Teile davon ablösen und in die Tiefe fallen. Duo und Sally waren durch sein Rufen aufmerksam geworden, doch er befahl ihnen weiter hinabzusteigen. Er würde sich allein um Zechs kümmern. So gut es ging, ließ er Zechs nicht aus den Augen. Auch wenn er sich auf die Stufen konzentrieren musste. Dann war er in etwa auf der gleichen Höhe angekommen und mit klopfenden Herzen verließ er die relative Sicherheit der Treppe und tastete sich vorsichtig auf der Kante eines Quaders entlang. Er hörte wie der Sand unter seinen Sandalen knirschte und sich kleinere Steine aus dem Block lösten. Hier waren schließlich schon seit Urzeiten keinerlei Menschen mehr herumspaziert. Was dachte sich Zechs nur dabei? Der Germane indes bewegte sich immer weiter auf die Kante der Pyramide zu und schien Treizes Rufen gar nicht vernommen zu haben. Schließlich setzte er sich auf einen Vorsprung und rutschte hinab auf die unter ihm liegende Ebene von Quadern. „Bei Apollo, ist er noch ganz bei Trost!“, entfuhr es Treize und er sah sich gezwungen dieses riskante Manöver zu wiederholen. Die Kanten schürften ihm die Beine auf als er entlang schlitterte und fast wäre er bei der Landung ausgerutscht. „Zechs!“ Er beeilte sich nun zügiger voranzukommen. Zechs war endlich stehen geblieben und tastete mit den Händen auf dem Boden vor sich. „Zechs!“ Treize griff nach dessen Schulter. „Was soll...?“, weiter kam er nicht, denn Zechs drehte sich erbost zu ihm um und Treize zuckte zurück. Dies war nicht Zechs!, schrie sein Innerstes und wahrlich diese Person sah zwar wie Zechs aus und doch... Die Augen, es waren die Augen. Die Pupillen waren geweitet und die eigentlich so hellblaue Iris war nur noch ein schmaler, dünner Streifen. Auch der Blick. Treize würde ihn nicht als wirr oder verrückt bezeichnen, jedoch lag etwas darin, das ihm sagte, das hier kein menschliches Wesen vor ihm stand. ‚Nein, das ist Unsinn.‘, wies ihn sein letzter Rest von logischem Verstand zurecht. ‚Dies ist Zechs. Wer sonst?‘ Ja, wer sonst. Aber unbestreitbar, war irgendetwas mit Zechs auf der Pyramide geschehen. Treize hatte in der Vergangenheit nie an Geisterbeschwörungen und Magie geglaubt, doch Zechs hatte ihm schon zweimal gezeigt, dass es solche Mächte und Elemente zwischen Himmel und Erde gab, die man nicht mit Logik erklären konnte. War dies hier auch so etwas? Er blieb wie versteinert stehen und endlich wandte sich Zechs wieder ab. Dieser Blick fixierte ihn nicht länger und erst jetzt gestattete sich Treize wieder zu atmen. Ihm war nicht bewusst gewesen, die Luft angehalten zu haben. „Zechs?“, versuchte er leiser den anderen anzusprechen. Keinerlei Reaktion. Zechs tastete wieder den Boden ab, er schien etwas zu suchen. Dann wurden seine Bewegungen hektischer, fast schon panisch kratzten die Fingernägel an einer Spalte im Gestein. Treize riss verblüfft die Augen auf als ein Teil des Felsen sich löste und vor ihnen auf die Füße fiel. Das Gestein zersplitterte bei dem Aufprall und ein Medaillon kam zum Vorschein. „Was ist das?“, verlangte Treize zu wissen und mochte kaum den Blick von dem im Sonnenlicht glitzernden Stück abwenden. Es schien aus purem Gold geschmiedet zu sein. Wieder antwortete Zechs nicht, doch diese Kräfte, die ihn in Besitz genommen hatten, schienen seinen Körper wieder zu verlassen. Zechs schwankte von rechts nach links und schnell trat Treize einen Schritt nach vorn um ihm an den Schultern zu packen, nicht, dass Zechs noch den Halt verlor und in die Tiefe stürzte. „Was ist passiert?“, stotterte Zechs und blickte sich verwirrt um. Treize ließ ihn gegen den Steinblock in ihrem Rücken sinken und zur Ruhe kommen. Zechs war schweißgebadet und schrecklich blass. „Erklär du mir das! Du spazierst hier plötzlich auf den Stufen herum und bist nicht mehr ansprechbar.“ Wie beiläufig bückte sich Treize bei diesen Worten und drehte Zechs den Rücken zu. Schnell hob er das Medaillon auf. Es löste sich überraschend leicht aus dem Gestein, wo es noch zuvor in einer Spalte gesteckt hatte. Ohne dass Zechs es überhaupt bemerkte, ließ er das Schmuckstück in die Tasche seines Umhangs gleiten. „Du warst nicht du selbst.“ Treize hatte regelrecht Angst vor dem Germanen bekommen, wie ihn dieser mit diesen stieren Augen angesehen hatte. „Ich weiß nicht, warum das passiert. Auf dem Schiff war es genau so als ich Quatre geheilt habe.“ Zechs rieb sich über das Gesicht. „Ich erinnere mich nicht daran, überhaupt etwas getan zu haben. Ich verstehe diese Kräfte nicht, warum sie jetzt auf einmal wieder zum Vorschein kommen.“ „Nun, ich habe nie an solche Dinge geglaubt. Also bin ich die falsche Person, die du um Rat fragen solltest. Aber ich weiß dies: Es passt auf die Prophezeiungen, von denen mir erzählt wurde. Der Sohn des Peacecrafts soll ein mächtiger Druide sein.“ „Ich dachte, gerade du scherst dich einen Dreck um die Prophezeiungen eines versklavten Volkes.“ „Prophezeiungen können nützlich Waffen sein.“ Treize kniff die Augen vor den grellen Strahlen der Sonne zusammen und spähte die Pyramide hinab. Sally und Duo waren heil unten angekommen. Sie blickten suchend nach oben und er winkte ihnen zu. „Besser wir brechen auf. Meinst du, du schaffst es?“ Zechs nickte und ließ sich dann von Treize in die Höhe helfen. Doch mit jedem Schritt wurde der Germane wieder kräftiger und als die aus dem Fels gehauene Treppe wieder erreicht hatten, schritt er schon wieder aus eigener Kraft voran. „Meinst du, die Kräfte der Druiden und die der Ägypter sind sich ähnlich?“ Darüber hatte Treize noch nicht nachgedacht, aber dieser Gedanke erschien ihm durchaus logisch. „Es würde erklären, warum deine Kräfte stärker geworden sind.“ Mehr sagte er nicht, aber nur zu genau erinnerte sich noch Treize an den Abend als Zechs ihm aus Zufall offenbart hatte, dass er mehr über die alten ägyptischen Gottheiten wusste, als es für einen Germanen aus dem Norden möglich sein konnte. Hätte er Zechs das Medaillon zeigen sollen? Treize ließ eine Hand in die Tasche gleiten. Das Gold hatte sich bereits aufgewärmt und fühlte sich angenehm warm in seiner Hand an. Schließlich schienen diese Kräfte, Ahnen oder Gottheiten, was auch immer sich von Zechs bemächtigt hatte, es hatte das Ziel verfolgt dieses Stück freizulegen. Auf alle Fälle war Treize froh, dass Zechs wieder in Ordnung war. Treize wusste nicht, wie er dem Germanen helfen sollte, wenn dieser so ‚entrückt‘ war. Vielleicht wusste Sally mehr, sie war ja auch in die ägyptischen Mysterien eingeweiht. Nein, er würde das Medaillon Zechs nicht zeigen. Noch nicht. Zunächst würde er es selbst in Augenschein nehmen und versuchen herauszufinden, was es damit auf sich hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)