霜の花 von Tei (Comme un cristal de glace) ================================================================================ Tag 4 – Montag: Zugeschnürt --------------------------- @ __GAKUTO: Das freut mich zu hören, denn das war eigentlich auch mein Ziel. *grins* Klar musste was passieren, ansonsten schlaft ihr mir noch ein, wenn alles nur Friede-Freude-Eierkuchen ist (außerdem macht es Spaß, seine Charas zu quälen ^.~). @ Toshi-Hamlet_Hayashi: Puh, dann bin ich erleichtert, wenn sich Ran mehr oder weniger ihrem Alter entsprechend verhält. Bzgl. Fans etc.: Ich weiß nicht, ob du weißt, was los war, als Yoshiki zu Promotionzwecken für seine Autobio in mehreren Buchläden war – stets von Security geschützt. Die Zooszene ist eigentlich eine Zusammenfassung der ganzen Buchlädenereignisse, abzüglich aller Sicherheitsmaßnahmen, plus einer 5-Jährigen. @ Terra-gamy: Die Antwort darauf wirst du in diesem Kapitel bekommen, versprochen^^ @ nawa: Ich hoffe, ich war nicht der Grund für die Verwirrtheit ^.~ Ob man’s glauben will oder nicht, Yoshiki hat durchaus Respekt vor seinem Management: Als er in Sichuan war, wollte er danach noch eine Pandabäreauffangstation besuchen. Also hat er brav seinen Manager gefragt, ob das möglich sei, der verneinte jedoch, da man um die 6h gebraucht hätte, um dort hinzukommen und das den Zeitplan gesprengt hätte, und Yoshiki hat das hingenommen und akzeptiert (allerdings nicht, ohne in den Tagen darauf bei so ziemlich jeden Interview „herumzujammern“ wie gerne er die Pandas gesehen hätte ^.~). Vielen Dank an alle Leser und Kommischreiber und ich hoffe, dass auch dieses Kapitel seinen Anklang findet! ~*~*~*~*~* Should I trade the breath of my life for freedom? X JAPAN – I.V. Der nächste Tag begann ruhig und ereignislos mit Frühstücken, anschließender Krankengymnastik und danach war es auch schon wieder Zeit zum Mittagessen. Eigentlich hätten sie im Anschluss daran zum Kinderarzt gemusst, doch nach den gestrigen Ereignissen hatte Yoshiki den Termin abgesagt und mit seinem eigenem Arzt, zu dem er morgen sowieso musste, vereinbart, dass dieser die Impfung übernahm. Sowohl gestern Abend wie auch den ganzen Morgen über hatte er angespannt darauf gewartet, von seinem Management eine Mitteilung zu bekommen. Bis jetzt hatte er jedoch noch nichts von ihm gehört und auch in den Morgennachrichten, die er nebenbei beim Frühstück hatte laufen lassen, war nichts von seinem gestrigen Ausflug in den Zoo zu sehen gewesen. Entweder war Dan einfach nur übervorsichtig gewesen und alles hätte sich auch ohne die Agentur gelöst, oder aber, sie hatte inzwischen ganze Arbeit geleistet und sämtliche Spuren vernichtet. Den gestrigen Abend und die gesamte Nacht über hatte er über die Ereignisse nachgedacht und kaum geschlafen. Am liebsten hätte er eine oder auch ein paar mehr Schlaftabletten genommen, um sich einfach auszuknocken und die Gedanken in seinem Kopf abzuschalten, wenn er sie schon nicht durch Klavier- oder Schlagzeugspielen sortieren konnte, aber mit den ganzen Schmerzmitteln, die er momentan einnahm, war dies keine gute Idee, sodass er es unterließ. Als er auch am Nachmittag noch darüber brütete, fiel ihm wieder ein, dass Ran ja 1000 Kraniche falten wollte. Er hatte zwar kein Origamipapier im Haus, aber für den Anfang würden es wohl auch quadratische Notizzettel tun und davon hatte er genügend. Seine Nichte war sofort Feuer und Flamme und zeigte ihm nur zu gerne wie man jenen symbolträchtigen Vogel faltete, da er selbst schon seit Jahrzehnten keinen mehr gemacht hatte. Nach diversen missglückten Versuchen hatte er allmählich den Dreh heraus, auch wenn er Ran bei weitem nicht das Wasser reichen konnte, da sie äußerst schnell war und nebenbei noch wie ein Wasserfall redete, während er angestrengt und konzentriert jeden einzelnen Schritt, den er machte, haargenau überwachte. Das Falten brachte ihm jedoch die gewünschte Ablenkung und der niemals enden wollende Redefluss neben ihm tat sein übriges dazu. Nachdem er 10 Kraniche geschafft hatte, lockerte er kurz seine Hände und sein Blick fiel dabei auf die flinken Finger der Fünfjährigen, die scheinbar mühelos das Papier in Form brachte. Die Art und Weise ihrer koordinierten Bewegungen ließ Yoshiki innehalten. Sein Blick wanderte von ihren kleinen Händen hin zu seinem Flügel und dann wieder zurück. Konnte es sein, dass… Kouki war mit das Unmusikalischste, was dem Pianisten und Drummer je untergekommen war – gut, er hatte vielleicht auch Klavierunterricht gehabt und bei einer Schulaufführung spielten sie einmal ein Stück vierhändig vor, aber seinem kleinen Bruder fehlte einfach das gewisse Etwas, das einen talentierten Musiker auszeichnete. Chikas Rhythmusgefühl hingegen konnte mühelos mit seinem eigenen mithalten. Wäre es vielleicht möglich, dass Ran nach dem Rest der hayashischen Familie kam? Sie tanzte schließlich Ballett, also konnte ihr Gefühl für den Takt nicht so schlecht sein… Stellte sich also nur noch die Frage, wie es mit Musik selbst aussah… Er würde es definitiv ausprobieren und wenn sie Spaß daran hatte, dann würde er sein Möglichstes tun, um ihr eventuell vorhandenes Talent zu fördern. Von seinem Bruder konnte er in der Hinsicht schließlich nicht allzu viel erwarten, da dieser selbst den verstimmtesten Flügel für gestimmt hielt, wie er schon leidlich am eigenen Körper hatte erfahren müssen. "Was ist, Yoshiki?", fragte Ran, der aufgefallen war, dass er mit dem Falten aufgehört hatte. "Kannst du mir einmal deine Hand geben?" Sie verstand zwar nicht weshalb, aber sie tat es und er nahm vor allem ihre Finger genau unter die Lupe. Zwar waren diese noch klein, aber er müsste sich schon sehr irren, wenn sie später nicht langgliedrig werden würden und das wäre definitiv ein Vorteil, da eine große Fingerspannweite weniger Belastung für die Hände bedeutete, wenn es darum ging, größere Intervalle zu greifen. "Ran, ich würde gerne etwas ausprobieren. Würdest du mitmachen?" Sie wusste nicht, was er vorhatte, aber sie vertraute ihm blind, sodass sie einfach nur enthusiastisch nickte. Es war schließlich ihr Onkel Yoshiki, der sie gestern vor all diesen seltsamen Leuten beschützt hatte und sich sogar köpfen ließ – wenn sie Dan da richtig verstanden hatte - damit sie etwas unternehmen konnten. "Komm!" Er stand auf, ging zum Flügel, schob die Bank näher hin, da die Arme seine Nichte natürlich deutlich kürzer waren als seine eigenen, setzte sich dann und öffnete die Abdeckung. Ran folgte ihm und starrte ihn aus großen Augen an. Das große schwarze Instrument hatte sie schon immer fasziniert, vor allem da Yoshiki ihm so schöne Töne entlocken konnte. Aber bisher war es für sie immer tabu gewesen einmal selbst ran zu dürfen. Ihr Onkel setzte sie zwischen seine Beine und so wie sie es bei ihm schon mehrmals gesehen hatte, streckte sie beide Hände aus, um die Tasten zu berühren, die sich kalt und glatt unter ihrer Haut anfühlten. Sie legte ihre Finger mit zu viel Druck ab und sofort schallte eine Disharmonie durch den Raum, die sie zusammenzucken und sie ihre Hände sofort wieder zurücknehmen ließ. Schmunzelnd beobachtete Yoshiki ihre erste Annäherung an den Flügel, war es doch er gewesen, der auch das Verbot verhängt hatte. Als sie noch kleiner gewesen war und ständig klebrige und dreckige Hände gehabt hatte, hatte er schlichtweg alle Musikinstrumente zum Sperrgebiet erklärt, um das teure Equipment vor Verunreinigungen zu schützen. Ab und an hatte ihn das jedoch auch in die Bredouille gebracht, als Kouki und Chika ihn kurzerhand einmal zum Babysitten degradiert hatten, als er im Studio gewesen war und einen Song aufgenommen hatten – dort gab es schließlich nur teure Ausrüstung, von der er sich ziemlich sicher war, dass sie nicht kleinkindgeeignet und –sicher war! "Probieren wir es erst einmal nur mit einer Hand aus", schlug Yoshiki lächelnd vor und führte ihre Rechte zurück zur Klaviatur, wo er sie direkt so dirigierte, dass der Daumen auf dem C1 zum liegen kam. Ihre restlichen Finger landeten automatisch richtig sortiert auf den nachfolgenden Tasten. Er achtete darauf, dass sie in der richtigen Haltung waren und ging dann zum nächsten Schritt über. "Fangen wir zunächst einmal ganz easy mit einer C-Dur Tonleiter an, okay? Du spielst einfach von hier bis hier und dann wieder zurück." Während er erklärte zeigte er ihr, wo sich das C1 und das C2 befanden. „Dafür reichen aber meine Finger nicht!“, äußerte Ran, die acht Tasten, aber nur fünf Finger als Problem empfand. „Das tun sie“, versicherte ihr Yoshiki schmunzelnd, „bis fünf kannst du zählen, nicht?“ „Schon lange!“ „Gut. Dein Daumen ist von jetzt an die eins. Wenn ich eins sage, schlägst du mit deinem Daumen die Taste an. Übe dabei keinen Druck aus, lass deinen Finger einfach schwer werden…“ Während er erklärte, probierte es seine Nichte aus und der gewünschte Ton ertönte. Allerdings machte sie einen typischen Anfängerfehler und streckte die anderen Finger ab, anstatt sie in der Grundstellung ruhen zu lassen. Dies korrigierte Yoshiki sofort, damit sie sich gar nicht erst irgendwelche falschen Sachen angewöhnte. „Wenn dein Daumen die eins ist, dann ist dein Zeigefinger logischerweise die…“ „Zwei!“, beendete Ran den Satz und schlug den nächsten Ton an. „Richtig! Dann kommt die drei…“ Augenblicklich erklang ein E1. „Jetzt machen wir aber nicht mit vier weiter, sondern wieder mit eins. Dein Daumen greift unter deinem Mittelfinger hindurch zur nächsten Taste – dem F1.“ Die Fünfjährige versuchte der Erklärung so gut es ging nachzukommen und meisterte es für ihren ersten Versuch recht gut. "Sortier deine Finger richtig und dann geht es wieder weiter mit zwei – das ist dann ein G1… anschließend die drei – A1, dann Nummer vier – ein B1 (1) und zu guter Letzt der fünfte Finger auf C2…" So spielte Ran ihre erste Tonleiter und Yoshiki zeigte ihr auch gleich den Fingersatz für die entgegengesetzte Richtung, der dem anderen sehr ähnlich war. Der einzige Unterschied war, dass man nun mit dem Mittelfinger über den Daumen greifen musste und nicht mit dem Daumen unter dem Mittelfinger hindurch. Nach ein paar Durchgängen hatte seine Nichte den Dreh heraus und spielte flüssig die Tonleiter hoch und runter, sodass Yoshiki sie nicht mehr nur über eine Oktave, sondern über mehrere spielen ließ. Dadurch veränderte sich der Fingersatz wieder etwas, doch das bereitete ihr nach zwei Durchläufen auch keine Probleme mehr. Lächelnd beobachtete der Pianist wie sie sichtlich ihren Spaß daran hatte und sah sich in seiner Vermutung von vorhin bestätigt: die Finger bereiteten ihr keine Probleme und ein natürliches Rhythmusgefühl hatte sie auch. Als Ran sich erneut die Klaviatur von unten nach oben hoch arbeitete, spielte Yoshiki scheinbar wahllose Akkorde mit dazu. Es war ja nur ein wenig, das würde schon gut gehen! Erstaunt hatte das Mädchen zu ihm gesehen, aber nicht in ihrem Spiel aufgehört und ein Lächeln zierte ihr Gesicht, als sie zusammen mit ihrem Onkel musizierte. Mehrere Minuten lang klang ihre Melodie durch das Haus, als sie durch das Klingeln an der Tür unterbrochen wurde. "Ich schau kurz, wer da ist", entschuldigte sich Yoshiki und ging zur Haustür, um diese zu öffnen. Begrüßt wurde er von seinem Manager Yagehara Kotaro. Er war ein zierlicher Mann Anfang 50, der etwas kleiner als der Drummer war und sich bereits seit Jahren um diesen kümmerte. "Kommen Sie herein", wurde er von dem Hauseigentümer gebeten, der sich bereits denken konnte, um was es gehen würde, und kam dem auch nach, nachdem er seine Schuhe aus- und bereitgestellte Schlappen angezogen hatte. "Ein neues Talent?", fragte Yagehara, da Ran noch weiter gespielt hatte. "Vielleicht", antwortete Yoshiki knapp angebunden, der gedanklich schon bei dem bevorstehenden Gespräch war. "Spielen wir weiter?" "Später Ran. Könntest du bitte auf dein Zimmer gehen und dich für eine Weile selbst beschäftigen", bat er seine Nichte, die die Idee nicht sonderlich toll fand, aber Yoshiki wollte sie nicht bei dem Gespräch mit dabei haben. "Kann ich nicht hierbleiben? Bitte! Ich spiele auch leise mit Violet und den anderen AIBOs." "Das kannst du auch in deinem Zimmer, Ran. Dies ist eine Angelegenheit für Erwachsene und nicht für Kinder!" "Immer ist es nur für Erwachsene", maulte sie ein wenig herum, da sie das bereits von zuhause kannte, fügte sich dann aber und nahm die Roboterhunde mit in ihr Zimmer. "Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?", wandte sich Yoshiki wieder seinem Gast zu, der sich bereits gesetzt hatte und diverse Papierkraniche als Sitznachbarn hatte, die der Pianist eiligst weg räumte. "Nein danke. Wie geht es Ihnen, Yoshiki?" Beide betrieben noch eine Weile Smalltalk, ehe Yagehara auf den eigentlichen Grund seines Besuches zu sprechen kam. Aus der Aktentasche, die er dabei und neben sich zu stehen hatte, holte er diverse Fotos heraus, die er Yoshiki reichte, der ihm gegenüber saß. Dieser nahm sie wortlos entgegen und sah sie durch. Die Qualität war nicht sonderlich berauschend, aber sie reichte aus, um die beiden Personen auf dem Bild zu erkennen und die Ähnlichkeit zwischen ihnen zu registrieren. Was ihn selbst erschreckte, war, wie deutlich ihm die Panik im Gesicht abzulesen war – er sah aus wie ein Reh im Scheinwerferlicht. "Möchten Sie die Schlagzeilen wissen, die heute fast erschienen wären?" "Nein, ich kann sie mir schon fast denken. Sind das alle?", fragte er und gab die Bilder zurück. "Zumindest alle, die wir bisher aufkaufen konnten. Im Internet gab es auch etliche, aber deren Entfernung haben wir bereits erwirkt. Die Anwälte versuchen gerade ein allgemeines Veröffentlichungsverbot zu erwirken, aber ob das klappt, steht noch in den Sternen. Wie Sie sich denken können, brodelt die Gerüchteküche und uns laufen die Telefone heiß!" Ein Nicken war Yoshikis einzige Reaktion darauf - zumindest äußerlich, denn innerlich herrschte Chaos in ihm. Wenn Dan nicht darauf bestanden hätte, dann wären er und Ran nun auf allen Covern. Umlagerten Paparazzis eigentlich schon sein Grundstück? Gut, dass es einem Hochsicherheitstrack glich und nur wenige Menschen wussten, wo er überhaupt wohnte und wie man auf seinen Grund und Boden gelangte – er hätte nicht den Nerv, wie Gackt, rund um die Uhr Bodyguards um sich herum zu haben. Dafür schätzte er die Einsamkeit zu sehr. "Wie wird es weitergehen?" "Wir werden so gut es geht Schadensbegrenzung betreiben und das Thema hoffentlich totschweigen können, sodass es in ein paar Tagen vergessen sein wird. Eine Garantie haben wir aber dafür natürlich nicht, weshalb ich auch möchte, dass Sie stets mindestens zwei Bodyguards mit sich haben, sobald Sie das Grundstück verlassen, und erst Recht, wenn Sie Ihre Nichte dabei haben!" Erneut war ein Nicken die einzige Antwort. "Meine Güte, Yoshiki, was haben Sie sich dabei nur gedacht?! Ist es so schwer, der Security Bescheid zu geben, damit sie sich um alles kümmert?" "Ich wollte lediglich einen normalen Tag mit Ran verbringen, ohne einen gesamten Hofstaat hinter mir her zu schleppen!" "Das hätte auch keiner verlangt, aber zwei Bodyguards hätten vielleicht schon ausgereicht, dass das Ganze nicht dermaßen eskaliert! Ganz ohne Schutz sind Sie da draußen Freiwild - wie ein Hirsch zur Jagdsaison!" "Ich hatte alles im Griff!", verteidigte sich Yoshiki, während sich seine Finger in den Armlehnen des Sessels, in dem er saß, verkrallten. "Die Bilder sprechen eine andere Sprache", entgegnete Yagehara ruhig. "Ich hätte nie zugelassen, dass Ran etwas passiert!" "Dann hätten Sie gar nicht erst ohne Security mit ihr in den Zoo gedurft. Sie haben verdammt noch mal grob fahrlässig gehandelt, Yoshiki! Sie waren sich der möglichen Gefahren bewusst und haben sie trotzdem mit in die Höhle des Löwen genommen! Sie haben volles Risiko gespielt - und das mit einer Fünfjährigen an Ihrer Seite!" Yagehara kannte seinen Schützling lange genug, um zu erahnen, was kommen würde, die Körpersprache war eindeutig: der angespannte Kiefer, die schmalen Lippen, die unruhig umher wandernden Augen, die ihn immer wieder fixierten, die verkrampften Hände... „Wenn etwas passiert wäre, wäre es meine Schuld gewesen! Wie damals… wenn Toshi nicht mit mir gemeinsam nach Tokyo gekommen wäre, dann… wenn ich hide nicht gebeten hätte X beizutreten, dann…“ "Nein, dass stimmt nicht!! Ta gueule!" Er war aufgesprungen und blickte mit einer Mischung aus Wut und Verzweiflung auf seinen Manager herab. Alles, was er in letzter Zeit an Gefühlen und Emotionen angestaut und unterdrückt hatte, kochte über und suchte sich einen Weg nach draußen. Dabei verfiel er zum Teil in ein Schema, das er sich angewöhnt hatte, seit er vor ein paar Jahren angefangen hatte Französisch zu lernen. "Yoshiki…" Ruhig war Yagehara aufgestanden und zu ihm gegangen, um ihn zu beschwichtigen, aber kaum, dass er in der Reichweite des Anderen war, schubste dieser ihn mit einer Kraft weg, dass er mehrere Schritte nach hinten taumelte. "Fuck off!! Va te faire foutre!! Casse-toi!!”, schrie er ihn an und hatte die Hände zu Fäusten geballt, die vor Anspannung zitterten. "Hayashi, beruhigen Sie sich, bitte!", versuchte Yagehara es erneut – sachlich, aber bestimmt, doch der andere attackierte ihn weiterhin verbal und schien große Mühe zu haben, es nicht auch körperlich zu tun. Im Kopf des Pianisten hatten sich seine eigenen Schuldgefühle wegen des gestrigen Ereignisses mit den Anschuldigungen von Dan und seinem Manager vermischt. Hinzu kamen die alten Zweifel, dass es seine Schuld - und nur seine - war, dass Toshi X JAPAN und ihn damals verlassen hatte und hide ein Jahr später tot war. Kurzum, seine persönlichen Dämonen verschleierten seine Sicht und löschten vorübergehend jegliche Rationalität aus. Selbstzweifel, Wut und Verzweiflung beherrschten ihn. "Ich will nur ihr Bestes!! Ich mache sie nicht kaputt! Ran ist nicht Toshi und sie ist auch nicht hide!!!" Im nächsten Moment kollidierte seine rechte Faust mit der Wand und die dünne Haut an den Knöcheln gab unter der Wucht des Aufpralls nach, sodass Blut an die Oberfläche trat. Bewegungslos stand er da, hatte den Kopf gesenkt und die Augen fest zusammen gekniffen. Sein Körper zitterte vor Anspannung und Erregung und immer wieder schnappte er keuchend nach Luft, während die austretende rote Körperflüssigkeit Spuren auf dem weißgestrichenen Mauerwerk hinterließ. Yagehara erkannte, dass ein strategischer Rückzug momentan angebrachter und besser war, als weiterhin zu versuchen, mit Yoshiki vernünftig zu reden. Zwar war dieser definitiv ruhiger und kontrollierter als noch vor zwei Jahrzehnten, aber durch das erst kürzlich stattgefundene Konzert war er in Höchstform - sein Körper bestand nur aus Muskeln - und er wollte definitiv nicht die Schlagkraft am eigenen Leibe ausprobieren. Überdies sollte sich der Schlagzeuger ausruhen und Kräfte für das nächste Live tanken und nicht alles in Kleinholz verwandeln und sich dabei eventuell noch weitere Verletzungen zuziehen. "Rufen Sie mich an, wenn sie wieder bei klarem Verstand sind und reden Sie am besten einmal wieder mit ihrem Psychologen", verabschiedete sich der Manager und ging. Kaum dass die Haustür ins Schloss gefallen war, krachte auch noch Yoshikis linke Faust gegen die Wand. Keuchend ließ er sich auf Hände und Knie sinken und versuchte sich wieder zu beruhigen, die Kontrolle zurückzugewinnen. "Ich würde sie nie absichtlich… ich könnte sie nie…!" Durch den geöffneten Mund sog er die Luft ein, hatte aber Schwierigkeiten sie wieder aus seiner Lunge zu lassen. Je mehr er atmete, desto enger wurde das Gefühl in seiner Brust. Hustend versuchte er die nur allzu bekannten Symptome loszuwerden und riss sich den Stifnek vom Hals, da er den Eindruck hatte, die Halskrause würde ihm erst recht die Luft abschnüren. Mehrmals versuchte er tief ein- und vor allem auszuatmen, aber es ging nicht. „Nein! Kein Anfall! Das Zeug war so lange weg, ich brauch es nicht wieder! Kein Asthma! Kein Asthma… fuck, ich krieg kaum Luft…“ Es war unvermeidlich, dass Panik in ihm hochkam. Gab es Hochleistungssportler mit Asthma? Würde sein Körper selbst dem Wunsch der Ärzte nachkommen und ihn vom Drummen abhalten? Er musste spielen! Sie mussten performen, er musste ans Schlagzeug! Es gab eine Welttournee, die abgeschlossen werden musste – um hides Traum zu verwirklichen! Er musste – er musste einfach!! "Onkel Yoshiki? Was ist los?" Natürlich hatte Ran den Ausraster mitbekommen und war, nachdem Stille geherrscht hatte, leise aus ihrem Zimmer geschlichen. Die Art und Weise, wie Yoshiki atmete, machte ihr jedoch Angst. "Ran… … im Schlafzimmer… … neben dem Bett… … ist ein… grüner Inhalator…", brachte er mühsam heraus und hörte im nächsten Moment, wie sie davon rannte. Mit aller Kraft krabbelte er zum Sofa, zog sich daran hoch und setzte sich hin. Er stützte die Ellenbogen auf den Knien ab und saß leicht nach vorne gebeugt da. Dadurch hatte er das Gefühl, etwas leichter zu Luft zu kommen. Keine Minute später kam seine Nichte mit dem Gewünschten zurück und gab es ihm. Zitternd entfernte er die Schutzkappe von dem Dosieraerosol, schüttelte es kurz, während er, so gut es ging, ausatmete und das Mundstück dann zwischen die Zähne klemmte. Mit den Lippen umschloss er es und drückte beim Einatmen auf den Inhalator, sodass das Medikament in zerstäubter Form in seinen Mund und von dort in seine Luftröhre bis hin zu den Bronchien gelangte. Ausatmen tat er erst nachdem er gedanklich bis zehn gezählt hatte. Danach wiederholte er die Prozedur noch dreimal und legte dann das kleine grüne Gerät neben sich. Erneut beugte er sich nach vorne, stützte seine Ellenbogen auf den Knien ab und versuchte ruhig und gleichmäßig zu atmen, während er hoffte, dass der Anfall bald vorüber sein würde. Ängstlich und besorgt kniete Ran vor ihm auf dem Boden und hielt eine seiner Hände, an denen das Blut inzwischen eintrocknete. "Bist du okay?" "Geht schon", antwortete Yoshiki und war froh, dass ihm das Sprechen schon etwas leichter fiel. Nach einer Viertelstunde bekam er wieder deutlich besser Luft, vorsichtshalber inhalierte er aber trotzdem noch zwei weitere Male. Danach stand er auf und ging leicht schwankend in sein Schlafzimmer, wobei ihm seine Nichte nicht von der Seite wich. Er legte das Dosieraerosol zurück auf den Nachttisch und nahm zwei Cortisontabletten, die er trocken schluckte. Anschließend setzte er sich auf das Bett und zog Ran zu sich. "Tust du mir einen Gefallen, Ran-tan?" "Hmh!" "Geh in dein Zimmer und bleib dort, bis ich dich wieder hole." "Warum? Ich will bei dir bleiben!", widersprach sie und drückte sich an ihn. "Es ist besser so!" "Warum?" "Ran!" Es klang schärfer als beabsichtigt, sodass sie von ihm zurückschreckte. "Mach es einfach… bitte…" irgendwie klang er müde und erschöpft, als er es aussprach und sich gedankenverloren durch die Haare strich. Schließlich nickte sie und verließ langsam den Raum, um in ihr eigenes Zimmer zu gehen, während Yoshiki ihr folgte, noch sah, wie sie die Tür hinter sich schloss, und dann selbst in seinem Arbeitszimmer verschwand. Er lehnte sich gegen den Schreibtisch und schloss für einen Moment die Augen. Nach außen hin mochte er wieder ruhig und gelassen wirken, aber in ihm wüteten noch immer seine Dämonen. In dem Moment, in dem er seine Lider wieder öffnete, fegte er mit einem animalisch klingenden Schrei den Flachbildmonitor von seinem Rechner vom Tisch. Gleich darauf folgten noch diverse andere Gegenstände, die darauf lagen – unter anderem auch die Unterlagen, die Kouki ihm am Freitag dorthin gelegt hatte. Kurz darauf fiel sein Blick auf das Schlagzeug, das er am anderen Ende des Raumes stehen hatte, und taumelte mehr, als dass er ging dorthin. Er riss eine Gitarre, die an der Wand hing, von dieser ab, umklammerte den Hals mit beiden Händen und schlug dann mit dem Körper auf das Drumset ein. Immer wieder entwich seiner Kehle dabei ein Schrei, der mit der Zeit immer verzweifelter klang und irgendwann nur noch ein raues Schluchzen war, während vereinzelte Tränen über seine Wangen rannen. Dies war der Grund, weshalb er Ran in ihrem Zimmer hatte haben wollen. Würde sie diese Seite von ihm sehen, es würde ihr vermutlich Angst einjagen. Was Yoshiki jedoch vergessen hatte, war, dass sie durchaus den Lärm, den er verursachte, mitbekam. Eine Zeit lang hatte sie nämlich an ihrer geschlossenen Tür gestanden und gelauscht, ehe sie sich an etwas erinnerte, dass ihr ihr Vater eingebläut hatte. "Wenn irgendetwas mit Yoshiki ist, sollte es auch nur sein, dass er sich anders als normal benimmt, dann drückst du die eins und anschließend die grüne Taste, okay?! Es wird sich dann eine Person melden, die Bescheid weiß. Du sagst ihr, wer du bist und was los ist und diese Person wird dann kommen und sich um alles Weitere kümmern, verstanden?" Die Fünfjährige ging zum Nachttisch, auf dem ein rosa Mobiltelefon lag, dass ihr ihre Eltern vor einigen Monaten gegeben hatten und das sie für den Notfall immer bei sich trug. Wie angewiesen drückte sie die eins und dann die grüne Taste mit dem Hörer. Nachdem mehrmals das Freizeichen ertönt war, nahm eine männliche Stimme den Anruf entgegen. "Hallo? Hier ist Hayashi Ran, ich bin die Nichte von Hayashi Yoshiki. Mein Papa hat gesagt ich soll hier anrufen, wenn etwas mit meinem Onkel ist… … mhm… er benimmt sich komisch und vorhin hat er so seltsam geatmet… okay… vielen Dank… Tschüss!" Nachdem sie aufgelegt hatte, legte sie das Handy zurück auf den Nachttisch und setzte sich auf das Bett, während sie wartete. Wenig später hörte sie keine Geräusche mehr, die von Yoshiki verursacht wurden, und drückte den Plüschtiger an sich, während Violet und Snowwhite zu ihren Füßen saßen und sie ansahen. "Ob mit Onkel Yoyo alles in Ordnung ist? Ich habe Angst…" Die Minuten verstrichen und es herrschte weiterhin gespenstische Stille. Schließlich stand Ran leise auf, ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt, um hinaus zu luken. Auch jetzt nahm sie keinen Laut war und Yoshiki war nirgendswo zu sehen. Auf Zehenspitzen schlich sie sich hinaus und ging zum Master Bedroom, der jedoch leer und verlassen war. Bis auf die Tür zum Arbeitszimmer waren alle anderen geöffnet, sodass sie zu dieser ging und dort lauschte. Etwas, das sie an Weinen erinnerte, drang an ihre Ohren und nur zu gerne hätte sie nachgesehen, was los war, aber sie wollte ihren Onkel auch nicht erzürnen, da sie schließlich eigentlich in ihrem Zimmer sein sollte, sodass sie letztendlich mit den AIBOs auf den Fersen zur Haustür ging, sich dort auf den Boden kniete und durch das Glas schaute und hoffte, dass der Mann, den sie angerufen hatte, wirklich bald kommen würde. Eine halbe Stunde später, von Yoshiki hatte sie weder etwas gehört noch gesehen, sah sie, wie ein Auto vorfuhr. Augenblicklich sprang sie auf und öffnete die Tür. Gerade stieg ein schon etwas älterer Japaner aus, der ihr ein freundliches Lächeln schenkte, als er sie erblickte und zu ihr kam. "Du musst Ran sein, wir haben telefoniert." Sie nickte und ließ ihn in das Haus. Während er sich die Schuhe auszog, musterte sie ihn kurz: Er war kleiner und stämmiger als ihr Onkel und hatte schwarzes, etwa kinnlanges Haar, das ihm vermutlich ins Gesicht fallen würde, wenn eine große Sonnenbrille, die er bis eben getragen hatte, nicht auf seinem Kopf sitzen und wie ein Stirnreif fungieren würde. "Ich bin Toshi", stellte sich der Fremde schließlich vor und lächelte sie an, wobei sie seine schief stehenden Zähne sehen konnte. "Komm!" Damit hatte sie seine Hand genommen und führte ihn zu dem Raum, in dem ihr Onkel war. Normalerweise war sie oftmals etwas zurückhaltend bei Fremden, aber dieser strahlte eine Wärme aus, sodass sie ihm sofort vertraute. Außerdem musste sie das wohl können, ansonsten hätte ihr Vater ihr nicht gesagt, dass sie ihn anrufen sollte, wenn etwas mit Yoshiki wäre. "Da drinnen ist er", erklärte sie leise und deutete auf die Tür, "Yoyo weiß nicht, dass ich nicht in meinem Zimmer bin. Er sagte nämlich, ich soll da bleiben, bis er mich holt…" "Dann sollte er dich vielleicht jetzt auch nicht sehen…" Ran nickte und ging zu ihrem vorläufigen Kinderzimmer zurück, das mehr oder weniger gegenüber von Yoshikis Arbeitszimmer lag. Bevor sie die Tür schloss drehte sie sich noch einmal kurz um und sah, wie Toshi die andere öffnete, hineinschlüpfte und dann wieder schloss. Für einen Moment erhaschte sie einen Blick auf das Chaos, das im anderen Raum herrschte. Kaum war der Sänger im Zimmer, stoppte er erst einmal und sah sich um. Wirbelsturm Yoshiki, wie sie die Zerstörungswut des Drummers früher immer genannt hatten, hatte ganze Arbeit geleistet. Auf dem Boden lagen die Trümmer der Einrichtung und gedanklich plante Toshi schon seine Route hindurch. Ob Yoshikis AIBOs versteckte Qualitäten als Trümmerhunde hatten? In der hintersten Ecke saß sein bester Freund zusammengekauert da – er war mehr oder weniger eine zitternde und bebende Kugel, die immer wieder ein Schluchzen von sich gab. Nicht so recht wissend, was überhaupt los war, bahnte er sich einen Weg zu Yoshiki und kniete sich vor ihn hin. „Yosh“, sprach er ihn leise an und berührte seine Schulter, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen, da dieser ihn bisher anscheinend noch nicht bemerkt hatte. Als er keine Reaktion zeigte, setzte sich Toshi so, dass er neben ihm war, legte einen Arm um seine Schulter und zog ihn leicht zu sich. Augenblicklich brach die ‚Yoshiki-Kugel‘ in sich zusammen und lag im nächsten Moment auf seinem Schoß. Erst jetzt bemerkte der Sänger, dass der andere kein Stifneck mehr trug. "Wo hast du die Halskrause, Yoshiki?", fragte er sofort nach, während er beruhigend über den bebenden Rücken strich. „Gott weiß, was vorgefallen ist… hat er wieder E.T. angeschaut? Aber dann würde er nicht das Arbeitszimmer verwüsten… er würde es höchstens fluten – ok, tut er ja gerade… ist es wegen hide? Wegen seines Vaters? Oder gibt es wieder Ärger mit dem Management, was er bisher totgeschwiegen hat? Beziehungsprobleme? Etwas mit seinen Hunden? Nein, die sind vorhin alle munter durch die Gegend gedackelt… hat irgendjemand Scheiße gebaut? Ist irgendwer gestorben? Hab ich eigentlich Taschentücher dabei?“ "… … erwürgt… …" Zumindest schien der Jüngere endlich auf ihn zu reagieren, auch wenn ein Großteil seiner Worte unverständlich war, da sie entweder in Schluchzer untergingen oder aber von seiner Kleidung, gegen die Yoshiki sprach, verschluckt wurde. Hatte Ran nicht gesagt, dass er Atemprobleme gehabt hatte? Vielleicht hatte er ja einen Asthmaanfall erlitten und die Halskrause dabei abgemacht, weil er das Gefühl gehabt hatte, sie würde ihn am Atmen hindern. Aus demselben Grund trug er sie ja auch nie beim Drummen… "Was ist denn passiert?", hakte Toshi nach und drehte ihn ein wenig, sodass er zumindest nicht mehr gegen die Klamotten sprach und er wenigstens eine etwas größere Chance hatte, ihn zu verstehen. "… Ich… … … alles kaputt… …" Die meisten Teile des Satzes gingen in Tränen, Schniefen und Schluckauf unter. „Ich hoffe, du machst das Theater jetzt nicht, weil dein Arbeitszimmer völlig verwüstet ist – daran bist du schließlich selbst schuld!“ Bis zu einem gewissen Grade würde er Yoshiki das sogar zutrauen – nicht um sonst wurde er schließlich als Drama Queen betitelt -, doch dieser schüttelte nur vehement den Kopf, weshalb sich das ‚kaputt‘ wohl nicht auf das Drumset und Co. bezogen hatte. Vorsichtig half Toshi ihm, sich aufzusetzen und strich einige gebleichte Haarsträhnen, die im Gesicht klebten, weg. „Beruhig dich erst einmal.“ In seinen Hosentaschen suchte der Sänger nach Taschentüchern und fand sogar noch ein unbenutztes, mit dem er zunächst einmal die Tränen abtupfte und es dann Yoshiki gab, damit dieser sich schnäuzen konnte und nicht ständig vor sich hinschniefte. "Danke", murmelte der Pianist schließlich leise und starrte auf das Tempo in seinen Händen, das er zusammengeknäuelt hatte. "Dafür sind Freunde da", entgegnete Toshi und zog den Anderen wieder zu sich, was dieser auch willig mit sich machen ließ und sich an ihn kuschelte, nachdem er das Taschentuch in die eigene Hosentasche gestopft hatte. "… ich mache immer alles kaputt…", wiederholte der Drummer seinen Satz von vorhin, diesmal jedoch deutlich. "Was meinst du?" "Dich… … hide… … und selbst Ran…" "Yosh, wir haben oft genug darüber geredet!" "Aber es stimmt doch! Ich habe deine Stimme benutzt, wie es mir gefiel, ohne Rücksicht auf dich zu nehmen – kein Wunder, dass du es irgendwann nicht mehr mit mir ausgehalten hast! Und hide… ich bin immer zu ihm gerannt, wenn etwas war, aber war ich je für ihn da? Als er… wo war ich da? Ich hätte da sein müssen, ich hätte auf ihn aufpassen sollen, nicht seine Freundin, nachdem er soviel getrunken hatte… aber wo war ich? In LA!! Und Ran… ich bringe sie wissentlich in Gefahr und warum will ich ihr überhaupt das Klavierspielen beibringen? Weil ich ihr mein Wissen weitergeben möchte oder weil ich in ihr nur ein weiteres Talent sehe, das ich ausbeuten kann, so wie ich es bei dir und hide getan habe?!“ Erneut begann er sich hineinzusteigern. "Yoshiki, zu einem Streit gehören immer zwei - wir haben beide unseren Anteil daran. Was hide anbelangt… meinst du, er wäre glücklich, dich so am Boden zerstört zu sehen? So hart es klingt, du musst lernen loszulassen." Der andere schüttelte den Kopf und wischte sich mit den aufgeplatzten Fingerknöcheln über die Augen. Woher er die schon wieder hatte, würde den Sänger auch einmal brennend interessieren. "Ich kann nicht… weder hide noch meinen Vater… ich habe Angst, sie zu vergessen…“ "Loslassen heißt nicht vergessen, es heißt nur, sein Leben ohne die Verstorbenen neu zu organisieren und sie weiterhin im Herzen zu tragen, ohne dass sie ständig dein Denken beeinflussen", entgegnete Toshi leise und strich beruhigend über die durchtrainierte Schulter des anderen, der seinen Kopf auf jene des Sängers legte und schwieg. "Was meintest du eigentlich vorhin mit deiner Nichte?", durchbrach er schließlich die Stille, als keiner von ihnen für mehrere Minuten etwas gesagt hatte – etwas, was nicht ungewöhnlich war und was keiner von ihnen als unangenehm empfand. Yoshiki seufzte leicht und hob seinen Kopf an - zum einen, um seinen besten Freund besser ansehen zu können, andererseits aber auch, weil die Haltung nicht sonderlich bequem war, ehe er die Ereignisse kurz zusammenfasste, aber nicht verhindern konnte, dass er sich dabei in Rage redete. Kaum dass er mit der Entdeckung von Rans Talent und Yageharas Besuch geendet hatte, brach Toshi in schallendes Gelächter aus und ließ sich nach hinten fallen, wobei er den Pianisten mit sich zog, da dieser noch immer halb an ihm hing und nun mehr oder weniger auf ihm lag. "Ich wünschte, Dan und Yagehara hätten das so locker genommen… " "Du hast… Du hast mich… gecosplayed?!", brachte der Ältere schließlich unter Kichern und Prusten heraus. Yoshiki ordnete es unter der Kategorie ‚rhetorischen Fragen‘ ein und zog es vor, nicht darauf zu antworten. Stattdessen missbrauchte er den Kleineren als Kopfkissen und Kuscheltier - das brauchte er einfach und wenn er schon einmal da war, dann konnte er auch dafür herhalten... "Um ehrlich zu sein, ich kann schon verstehen, dass dein Management und deine Security auf 180 sind und im Dreieck springen, aber sie meinen es schließlich nicht böse, sondern sind auch nur besorgt", fing Toshi an, nachdem er sich wieder halbwegs beruhigt hatte, "aber du gehst meiner Meinung nach auch zu hart mit dir selbst ins Gericht. Du kanntest das Risiko und du bist es eingegangen, weil du ihr eine Freude machen und ihr nicht die Schranken, die der Ruhm mit sich bringt, auferlegen wolltest!" "Aber…" "Du liebst die Kleine schließlich abgöttisch - für dich ist sie immerhin fast wie eine eigene Tochter. So wie ich dich kenne, wirst du doch monatelang auf Wolke sieben sein, wenn sie Gefallen am Klavierspielen findet und du sie ausbilden kannst. Du hast ja oft genug davon geredet, dass du deinen eigenen Kindern das Spielen gerne beibringen möchtest…" Darauf wusste Yoshiki nichts mehr zu erwidern, da es einerseits stimmte, was Toshi sagte – er kannte ihn einfach zu gut - und andererseits beschwichtigten seine Worte diese kleine fiese Stimme in seinem Hinterkopf, die stets an seinem Selbstbewusstsein nagte wie eine Maus an einem Stück Käse. So verschränkte er lediglich die Unterarme auf der Brust des Sängers, legte seinen Kopf darauf ab und schloss die Augen. Allerdings waren die eingearbeiteten Metallschienen in den Handgelenksmanschetten, die er trug, nicht sonderlich angenehm für den Sänger, da sie direkt auf seine Brust drückten, und er tat dies auch Kund, was aber nur zu einem ‚ist aber bequem‘ führte. Folglich zog er ihm einfach die Arme weg und schlang seine eigenen um ihn. "Du solltest die Halskrause wieder anlegen, Yosh…" "Die erwürgt mich…" "Mir wäre trotzdem wohler, wenn du sie tragen würdest - nicht dass du dir eines Tages noch den Nacken brichst… Ran meinte vorhin, du hättest Probleme beim Atmen gehabt…?" Mehrere Minuten lang zog Yoshiki es vor, nicht zu antworten, ehe er mehr oder weniger trotzig in Toshis Hemd nuschelte: "Ich will den Scheiß nicht noch einmal!" "Wie schlimm war der Anfall?" "Keine Ahnung……" "Du solltest noch einmal zu einem Arzt…" "Ich muss morgen eh zu Doktor Hiraishi, Tosh…" "Kontrolle?" "Mhm… was machst du eigentlich hier?" "Dein Kopfkissen spielen", antwortete er, auch wenn er wusste, dass das nicht das war, was Yoshiki hören wollte. Entsprechend bekam er auch einen leichten Hieb in die Seite. "Ran hat mich angerufen…" "RAN?!?!" Die Stimme des Pianisten war sicherlich eine Oktave nach oben geklettert und vor Überraschung hatte er sich halb aufgerichtet, wurde von Toshi jedoch gleich wieder nach unten gezogen. Denn ginge es nach diesem, würde Yoshiki im Bett liegen und sich am besten schlafend ausruhen. Allerdings tat er dies nur freiwillig, wenn es ihm wirklich grottenschlecht ging – was wohl noch nicht der Fall war. Zum Glück wusste der Sänger nur zu gut aus eigener Erfahrung, dass der Jüngere gerne einmal beim Kuscheln einschlief und im Moment schien er sowieso wieder äußerst nähebedürftig zu sein. Warum sollte man das also nicht ausnutzen? "Sie hat mich angerufen." Yoshiki sah ihn an, als hätte er die Tonleiter soeben neu erfunden. "Es war etwas, worum mich Kouki gebeten hatte… " "Mein Bruder?!" "Er ist vor ein paar Wochen zu mir gekommen und hat mich gefragt, ob es möglich wäre, dass ich die Woche, die er nicht da ist, in Tokyo verbringe, damit ich notfalls da bin, wenn mit dir etwas ist. Es ließ sich einrichten, dass ich in der Stadt bin und kaum Termine habe, sodass wir dann ausgemacht haben, dass er meine Handynummer in Rans Handy auf Kurzwahl einprogrammiert, ihr zeigt, wie es funktioniert und mit ihr vereinbart, dass sie mich anruft, wenn etwas mit dir ist." "Jetzt stempelt er schon seine Tochter als Babysitterin ab!" "Er macht sich einfach nur Sorgen um dich." "Er ist eine Glucke!" „Er will dich nicht auch noch verlieren“, konterte Toshi, der Yoshikis kleinen Bruder schließlich auch schon mehr oder weniger sein ganzes Leben lang kannte. Die Geschwister mochten sich charakterlich zwar unterscheiden und jeder von ihnen hatte seine Art mit dem Familiendrama umzugehen, aber in einem Punkt waren sie seiner Meinung nach völlig gleich: Sie wurden beide von Verlustängsten kontrolliert. „Kouki ist trotzdem eine Glucke… und du auch! Und Heath und Pata und Sugizo… Ihr seid alle Glucken!“, murmelte er leicht bockig und rutschte etwas herum, um eine bequemere Liegeposition zu finden. „Das wird man mit dir automatisch“, entgegnete der Sänger und hob leicht den Kopf an, um zu sehen, was Yoshiki trieb. Dieser hatte sich letztendlich halb um ihn geschlungen – mit dem Oberkörper lag er mehr oder weniger auf seinem Bauch, hatte zusätzlich noch einen Arm darüber gelegt, um ihn auch ja am Weggehen zu hindern, während ein Bein über Toshis Oberschenkeln war und ihn auch dort vom Aufstehen abhielt. „Ihr sollt euch aber keine Sorgen machen“, nuschelte der Drummer und schmatzte leicht. Nach dem Chaos, das tagelang in seinem Kopf geherrscht hatte, fühlte er sich nun, nachdem er den ganzen Dampf abgelassen hatte, deutlich entspannter. Und mit Toshi an seiner Seite musste er auch keine Stärke vorspielen, die er im Moment einfach nicht hatte. Er musste keine Fassade aufrecht erhalten, um sich selbst zu schützen – das würde sein Kindergartenfreund tun, so wie es schon immer gewesen war und wohl auch immer sein würde. Gerade war es so leicht und verlockend, sich einfach fallen und von der Müdigkeit einlullen zu lassen. Der Ausbruch gegenüber Yagehara, die Asthmaattacke und die Zerstörung des Arbeitszimmers – das hatte genügt, um die wenigen Kraftreserven, die er hatte, zu leeren. Toshi merkte, wie der Andere sich langsam fallen ließ, verzichtete darauf, etwas zu erwidern und strich einfach nur beruhigend über Yoshikis Rücken. „Danke, Tosh…“, murmelte dieser und schloss die Augen, während der Herzschlag des anderen, den er schwach hören konnte, wie ein Schlaflied auf ihn wirkte. Der Sänger erwiderte die Aussage, indem er kurz seine Schulter drückte. Vor ihrem Streit hätte der Drummer so etwas nicht getan, aber seit sie sich wieder versöhnt hatten, war er extrem vorsichtig geworden – so als hätte er Angst, dass ein falsches Wort dazu führen würde, dass er wieder weg wäre. Oft genug hatte er versucht, ihm diese Furcht zu nehmen, aber nichts, was er sagte, schien dies zu können. Etwas, dass er zum Teil nachvollziehen konnte, da schließlich einige Menschen, die dem Pianisten äußerst nahe gestanden hatten, diesen zurückgelassen hatten. Wenig später vernahm Toshi gleichmäßige, tiefe Atemzüge, die verrieten, dass Yoshiki eingeschlafen war. Bedacht setzte er sich auf und befreite sich von seinem besten Freund, der dies aber kaum mitbekam. Ab und an murrte er etwas, aber das war auch schon seine einzige Reaktion. Als der Sänger frei war, stand er auf und hob den Anderen vorsichtig hoch, wobei er darauf achtete, dass dessen Kopf nicht nach hinten überkippte, sondern gegen seine eigene Schulter lehnte. Dass sein ältester Bruder ihm nach der Geburt seines Neffen gezeigt hatte, wie man einen Säugling richtig hält, da dessen Nackenmuskulatur noch zu schwach war, um den schweren Kopf zu tragen, war definitiv von Vorteil, auch wenn Yoshiki ein äußerst großes und schweres Baby war und der Sänger ein wenig umdisponieren musste. Zumindest war sich Toshi sicher, dass der Nacken seines besten Freundes nicht unnötig belastet wurde. Langsam bahnte er sich seinen Weg durch das Chaos zurück zur Tür, öffnete diese mit dem Ellenbogen, was mit knapp 60 kg auf dem Arm, die nicht herunterfallen durften, nicht ganz einfach war und brachte ihn ins Schlafzimmer, wo er ihn auf dem Bett abgelegte. Ein Schmunzeln schlich sich auf sein Gesicht, als er die beiden Kuscheltiere entdeckte und er schüttelte leicht den Kopf – es gab Dinge, die würden sich nie ändern. "Pass auf ihn auf, hide, ich bin gleich wieder da!", befahl er der Plüschversion des verstorbenen Gitarristen und suchte Ran auf, die in ihrem Zimmer mit Violet spielte. "Ran, du kannst wieder herauskommen." "Wo ist Onkel Yoshiki?" Sofort war sie aufgesprungen und zu ihm gelaufen. "Im Schlafzimmer, er schläft. Sag mal Ran, weißt du zufällig, wo die Halskrause ist, die er immer um den Hals herum trägt?" "Ich glaube im Wohnzimmer…", antwortete sie und war dann auch schon an ihm vorbeigeschlüpft. Toshi ahnte, wo sie sein würde und hoffte nur, dass sie Yoshiki nicht wieder aufwecken würde. Er selbst machte sich erst einmal auf die Suche nach dem Stifnek, der auch dort war, wo Ran gesagt hatte. Seufzend hob er es auf und registrierte die Blutspuren an der Wand. "Daher also die aufgeplatzten Knöchel…" Der Sänger ging zurück ins Schlafzimmer, wo sich die Kleine an ihren Onkel gekuschelt hatte und legte jenem erst einmal wieder die Halskrause an. Anschließend verschwand er kurz im Badezimmer und kam mit einem feuchten Waschlappen zurück, mit dem er das getrocknete Blut von den Händen des Pianisten entfernte. "Was ist eigentlich passiert, Ran?", fragte er leise, um den Schlafenden nicht zu wecken, während er arbeitete. "Ein Mann ist gekommen und Yoyo hat mich in mein Zimmer geschickt, weil es ein Erwachsenengespräch war. Und dann ist er wütend geworden und hat geschrieen, aber ich hab es nicht verstanden… irgendetwas mit ‚Faku‘… es klang nicht wirklich Japanisch…“ Toshi verdrehte leicht die Augen, da er das englische Wort, dass Ran versuchte nachzuahmen, durchaus verstand – zudem kannte er schließlich seine Pappenheimer. „Und dann war es still und ich hab mich rausgeschlichen, um zu sehen was los ist und da hat er am Boden gekniet und so komisch geatmet. Ich sollte ihm das Ding da holen“, sie deutete auf den Inhalator, der auf dem Nachttisch lag, „und dann ging es ihm wieder besser. Aber dann wollte er, dass ich wieder in mein Zimmer gehe und dort bleibe, bis er mich holt und kurz darauf hat er dann einen furchtbaren Lärm und Krach gemacht…“ Toshi lauschte ihrer Ausführung, wobei er das Meiste schon von Yoshiki gehört hatte. Nichtsdestotrotz schüttelte er immer wieder ungläubig den Kopf und war froh, dass sein bester Freund zumindest soweit mitgedacht hatte, dass er nicht vor Rans Augen ausgerastet war - ansonsten hätte er die Fünfjährige wahrscheinlich vollkommen verschreckt. Nachdem die Hände des Schlagzeugers vom Blut befreit waren, brachte der Sänger den Waschlappen zurück ins Badezimmer und entledigte anschließend den anderen von den Handgelenksschienen und zog ihn bis auf die Unterwäsche aus. Von alldem bekam dieser jedoch nichts mit, da er tief und fest schlief. "Was hat Onkel Yoshiki?", fragte Ran, als Toshi ihn zudeckte. "Er ist momentan sehr gestresst…" "Wegen mir?" "Nein, nicht wegen dir. Andere Sachen… ich versuche es dir beim Abendessen zu erklären, okay?!", bot er lächelnd an und dirigierte sie in Richtung Küche, da ein Blick auf die Uhr vorhin ihm verraten hatte, dass es bereits auf sieben Uhr zuging. Ran nickte und setzte sich an den Tisch, während Toshi im Kühlschrank kramte und versuchte, das momentane Chaos in Yoshikis Kopf kindgerecht zu erklären. Als er aus der mageren Ausbeute ein Essen gezaubert hatte, war er auch mit seinen Ausführungen am Ende und das Mädchen wusste zum Beispiel auch über hide Bescheid. „Onkel Yoshiki hat zu mir mal gemeint, ich soll nicht gehen ohne mich zu verabschieden… was hat er damit gemeint, Toshi?“, hakte sie nach, während sie aß. „… was weißt du über deinen Großvater?“ „Ein bisschen was… Yoyo hat mir einiges erzählt…“ „Sowohl Yoshikis Vater, wie auch hide… niemand kennt den wahren Grund für ihren Tod und das macht Yosh sehr zu schaffen. Ich denke, was er damit ausdrücken wollte, war, dass du ihn nicht einfach verlassen sollst, ohne das er das ‚Warum‘ kennt… zuviele Menschen haben ihn schon zurückgelassen…“ „Einschließlich mir!“ „Er wird es kaum zugeben, aber er hat, glaube ich, große Angst davor, alleine gelassen zu werden…“ Einige Zeit lang sah Ran ihn einfach nur schweigend an, während sie ihren Teller leerte und dann nickte. Der Sänger war sich nicht sicher, ob sie es verstanden hatte, aber da sie nicht weiter nachfragte, ging er davon aus. „Ich bleibe heute Nacht bei ihm, dann ist er nicht einsam!“, beschloss das Mädchen und versuchte so erwachsen wie möglich dreinzublicken, was den Sänger schmunzeln ließ. Er selbst hatte ebenfalls vor zu bleiben, hauptsächlich um direkt vor Ort zu sein, wenn noch einmal etwas sein sollte. Kaum dass Ran mit Essen fertig war, sprang sie auf, rannte in ihr Zimmer und machte sich bettfertig, um dann samt Plüschtiger zu ihrem Onkel unter die Bettdecke zu krabbeln. Sie schlüpfte zwischen seinen einen Arm und seinen Körper und streckte sich dann etwas, um ihm einen Gute-Nacht-Kuss auf die Wange zu hauchen. "Gute Nacht, Onkel Yoyo! Ich lass dich nicht alleine, versprochen!" Außer einem leichten Schmatzen im Schlaf zeigte dieser jedoch keine Reaktion darauf, sodass sich seine Nichte an seine nackte Brust kuschelte und in einer beschützenden Geste eine ihre kleinen Hände darauf legte. Toshi hatte das Ganze von der Tür aus schmunzelnd beobachtet und entschied, dass nichts dabei war, wenn er die beiden etwas alleine ließe - wahrscheinlich würde Ran sowieso bald einschlafen und er bezweifelte, dass sie ihren Onkel absichtlich aufwecken würde. Er machte sich unterdessen daran, die Küche wieder auf Vordermann zu bringen und zog dann in einen Kampf gegen die Blutspuren an der weißen Wand. Mit viel Geduld bekam er sie schließlich halbwegs ab, aber ums Streichen würde man wohl nicht herumkommen. Nebenbei hatte er noch kurz seine Frau angerufen, um ihr Bescheid zu geben, dass er die Nacht bei Yoshiki verbringen würde. Als er die Putzutensilien wieder wegräumte, kam er am Anrufbeantworter vorbei und sah, dass dieser eine Nachricht anzeigte. Er ließ sie abspielen, stellte den Eimer zurück in den Schrank und hängte den Lappen über den Griff vom Backofen, damit er trocknen konnte. "Hayashi Yoshiki? Hier spricht Rans Ballettlehrerin. Ran hat heute unentschuldigt beim Unterricht gefehlt und ich wollte mich erkundigen, ob alles in Ordnung ist. Rufen Sie mich doch bitte…" Eilig schnappte sich der Sänger einen Zettel und einen Stift und notierte die Nummer, die gesagt wurde. Mit den heutigen Ereignissen hatten wohl beide im Moment im Hause anwesenden Hayashis die Stunde vergessen. Kurz überlegte er, ob er Yoshiki das Ganze morgen regeln lassen sollte, entschied sich dann aber, es gleich selbst zu machen. Die Uhr zeigte kurz nach 22:00 Uhr an, vielleicht erreichte er unter der angegebenen Telefonnummer ja noch jemanden. Toshi versuchte sein Glück und nach mehrmaligem Läuten nahm auch Rans Lehrerin ab. Kurz, ohne zu sehr in die Details zu gehen, erklärte er ihr, weshalb sie nicht beim Unterricht gewesen war und versprach, dass es nicht noch einmal vorkommen würde. Nachdem dies geklärt war, beschloss er ebenfalls ins Bett zu gehen, da er im Gegensatz zu Yoshiki sowieso jemand war, der mehr als drei Stunden Schlaf brauchte. Er löschte alle Lichter im Haus, sperrte die Haustür zu, schaltete die Alarmanlage ein und ging dann wieder in den Master Bedroom, in dem noch die Deckenlampe eingeschaltet war und den Raum hell erleuchtete. Sowohl der Pianist, als auch seine Nichte schliefen tief und fest und hatten sich im Schlaf aneinander gekuschelt. "Einer so verschmuste wie der andere…! Das muss eindeutig in der Familie liegen…" Leise öffnete Toshi den Kleiderschrank seines besten Freundes und holte sich eine von dessen Trainingshosen heraus, die er als Schlafanzughose missbrauchen würde – Yoshiki hätte sicherlich nichts dagegen. Damit verschwand er kurz im Bad, machte sich bettfertig und räumte anschließend, ehe er sich unter die Decke legte, die Kuscheltiere von der zweiten Betthälfte – Ran und Yoshiki teilten sich die andere - und setzte sie ans Fußende. Danach schaltete er das Licht aus, kuschelte sich in das flauschige Kissen und lauschte den tiefen Atemzügen seines besten Freundes. Er konnte nichts Abnormales heraus hören, sodass er beruhigt die Augen schloss und langsamen in einen traumlosen Schlaf abdriftete. Was keiner wusste, war, dass sie nicht zu dritt, sondern eigentlich zu viert in dem Zimmer waren. Neben dem Plüschhide saß eine halb durchschimmernde Personen im Schneidersitz und außer, dass ihre Augen, die starr auf den Schlagzeuger gerichtet waren, immer wieder blinzelten, gab sie keine Regung von sich. Der Raum wurde vom Mond, der inzwischen leicht am Abnehmen war, in ein silbrig-fahles Licht getaucht, in dem die Haare des Unbekannten pink hervorstachen… ~*~*~*~*~* Zum Schluss noch ein paar Anmerkungen und ansonsten würde ich mich natürlich über Kommentare und Kritik (sofern sinnvoll angebracht) jederzeit freuen! (1) Die international richtige C-Dur Tonleiter lautet C-D-E-F-G-A-B-C. Lediglich im deutschsprachigen Raum heißt das „B“ „H“, was daran liegt, dass jemand vor langer Zeit mal nicht richtig lesen konnte und statt „B“ ein „H“ abgeschrieben hat, was sich nach und nach dann durchgesetzt hat. Da Yoshiki deutsche Komponisten wie Ludwig van Beethoven und J.S. Bach schätzt, dürfte ihm der Ton „H“ zwar ein Begriff sein, aber im alltäglichen Sprachgebrauch wird er, schätze ich, immer bei „B“ bleiben, da sowohl die Amerikaner, wie auch die Japaner zum Ton „H“ „B“ sagen. Allgemeine Anmerkung: Ja, ich hab es schon wieder getan – diesmal allerdings auf Französisch und nicht auf Englisch^^; Hier kurz die Übersetzung der Flüche: Ta gueule! = Halt's Maul! Va te faire foutre! = Fuck you! bzw. zu gut Deutsch "Fick dich!" Casse-toi! = Hau ab! Ansonsten hoffe ich, dass die Musiktheorie nicht zu trocken war (ich hätte darüber und übers Klavierspielen eine seitenlange Abhandlung schreiben können) und ihr es mir verzeiht, dass eine inzwischen 14-jährige Ausbildung an diversen Instrumenten nicht spurlos an einem vorbei geht ^.~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)