Whispering Dawn von abgemeldet (Crossover, AU | EC/HP) ================================================================================ Kapitel 5: Hermines Erinnerung ------------------------------ --------------- Whispering Dawn by oh hysteria Fünftes Kapitel: Hermines Erinnerung --------------- Der restliche Freitag verging trostlos und unglücklich. Luna und Draco waren beide nicht sehr erfreut darüber, zu sehen, wie sich Harrys anfänglich gute Laune wieder schlechterte. Passend zu seiner Laune hatte es auch gleich angefangen zu regnen, aber das war hier in Forks ja wohl nichts ungewöhnliches mehr. Harry schaffte es, die Cullens während der weiteren Schulzeit zu meiden. Glücklicherweise hatte er keinen Unterricht mehr mit einem von ihnen und er war einer der ersten, der nach dem Klingeln das Schulgebäude verließ und in seinen Sportwagen flüchtete. So konnte er sich vor den Cullens verstecken und brauchte sich keine Ausreden einfallen zu lassen, warum er auf einmal beschlossen hatte, nichts mehr mit ihnen zu tun haben zu wollen. Zumindest jetzt nicht. Sicherlich würden sie ihn bald damit konfrontieren.. Aber Harry wollte nicht. Sie hatten ihn einfach zu sehr enttäuscht. Sie hatten ihm mal wieder in der Annahme bestätigt, dass man keinem außer sich selbst trauen konnte. Er verfluchte sich dafür, dass er beinahe auf die Cullens hereingefallen war. Was schmeichelnde, gut gewählte Worte doch anrichten konnten.. Draco und Luna beobachteten ihn die meiste Zeit und so, wie Hermine und Ron sich verhielten, mussten auch sie bescheid wissen. Warum erfuhr ausgerechnet Harry es als letzter? Er hasste es, über so etwas wichtiges nicht informiert zu werden. Bevor sie nach Forks kamen, hatte er seinen Geschwistern explizit eingebläut, dass er über alles Bescheid wissen wollte, wenn etwas ungewöhnliches geschehen sollte. Dennoch konnte er es ihnen nicht einmal wirklich übel nehmen. Es war offensichtlich, dass sie nicht wollten, dass Harry sich darüber aufregte. Aber jetzt, da er näheren Kontakt zu den Cullens aufgebaut hatte, hatten die anderen wohl kalte Füße bekommen und sich entschlossen, ihm doch etwas davon zu erzählen. Harrys Miene war steinern, als er ins Haus trat, seine Gefühle sorgfältig unter einer Eisschicht verborgen. Hermine warf ihm immer wieder mehr als besorgte Blicke zu und Draco verhielt sich auffällig beschützerisch. Noch mehr als sonst, er wich kaum von Harrys Seite. "Harry?" Narcissa erhob sich von der Wohnzimmercouch, als Harry wortlos an ihr vorbeirauschte. Sie folgte ihm bis zum Treppenabsatz, aber Draco hielt sie schnell auf. "Nicht, Mutter", sagte er und fasste nach ihrem Arm. Als sie anhielt und keine Anstalten mehr machte, Harry zu folgen, ließ er sie los. "Lass ihn einfach." Narcissa sah Harry bekümmert hinterher. "Was ist geschehen?" "Nichts, was wir nicht regeln können", erwiderte Draco kalt, wandte sich um und ließ seine Mutter alleine im Flur stehen. * * * Jacke und Schuhe wurden achtlos durch das Zimmer geworfen. Die Tasche landete auf dem Schreibtischstuhl mit solch einer Wucht, dass sie gleich mit einem leisen Knall zu Boden fiel. Harry kümmerte sich nicht darum. Stattdessen ließ er sich auf sein Bett sinken und vergrub das Gesicht im Kissen. Er.. konnte nicht beschreiben, wie es ihm ging. Er war nicht einmal wütend oder zornig. Er fühlte.. nichts. Rein gar nichts. Die eisige Enttäuschung, die ihn heute in der Schule ergriffen hatte, war verschwunden. Sorgen machte er sich darum schon; er wäre erleichtert gewesen, hätte er etwas gefühlt. Es wäre ihm sogar lieb gewesen, hätte er vor lauter Wut die Einrichtung demoliert. Sogar seine Magie hielt sich zurück und brodelte still und leise vor sich hin. Es war nicht gut, dass er nichts spürte; dass er fast taub war. Die Leere zeigte ihm, dass es ihm etwas bedeutete. Aber wieso..? Er kannte die Cullens doch kaum. Eigentlich gar nicht. Ja, natürlich hatte er des öfteren mit Alice gesprochen und Edward hatte auch einige Worte an ihn gerichtet.. Aber das war nichts. Angela, Bella, Jessica, Eric, Mike - mit ihnen hatte er viel mehr Kontakt gehabt und er wusste, hätte sich herausgestellt, dass einer von ihnen Okklumentik beherrschte, hätte es ihm nichts ausgemacht. Ja, es wäre wütend geworden und ja, er hätte seine Magie nicht kontrollieren können. Aber es hätte ihm nicht wirklich etwas bedeutet! Diese kalte Leere machte ihn kaputt. Wahrscheinlich hatten die Cullens einfach nur die Hoffnung in ihm geweckt. Sie hatten ihn darauf hoffen lassen, dass es Menschen gab, die ihn um seinetwillen mochten. Nicht wegen seines Namens oder Aussehens. Aber das sie Okklumentik beherrschten, bewies, dass sie in irgendeiner Weise magische Veranlagungen hatten. Harry war nicht dumm, er wusste, dass man nicht unbedingt ein Zauberer sein musste, um Okklumentik anzuwenden. Andere magische Wesen, die der menschlichen Form ähnlich waren, konnten diese Fähigkeit auch benutzen. Veelas. Vampire. Elben. Aber nichts desto trotz war es von magischer Natur; und Harry hatte sich geschworen, nie wieder etwas mit der magischen Welt zu tun haben zu wollen. Er musste die Cullens aus seinem Hirn streichen. Sie waren tabu für ihn. Womöglich sogar gefährlich. Eine Bedrohung. Er konnte es nicht zulassen, dass sie in ihre Gedanken eindrangen und irgendwelche Informationen herausfinden könnten. Harrys geistige Schilde waren stark. Inzwischen schützten sie kontinuierlich seinen Geist und niemand, wirklich niemand, konnte in seinen Kopf eindringen. Snape war sein Lehrer gewesen. Als dieser sich weigerte, ihn weiter zu unterrichten, hatte sich Dumbledore persönlich darum gekümmert. Und er hatte es geschafft, aus Harry einen Genie auf diesem Gebiet zu machen, sodass es nicht einmal ihm oder Voldemort möglich gewesen war, in seine Gedanken einzudringen, die Mauern zum Einsturz zu bringen. Snape hatte es nicht zugeben wollen, aber er war schwer beeindruckt gewesen. Ja, Harry war es, der Okklumentik wie kein anderer beherrschte. Seine Geschwister nicht. Natürlich hatte er ihnen die Grundlagen beigebracht, denn im Krieg konnte man nie wissen, wessen Kopf als nächstes ausspioniert wurde. Aber es war wenig Zeit geblieben, sodass die Schilde in ihren Köpfen nicht einmal annähernd so stark waren wie seine. Sie waren schwach und mittlerweile schützten sie ganz sicher nicht mehr ihre Köpfe. Dagegen musste Harry etwas unternehmen. Sie mussten Okklumentik lernen und diesmal hatten sie die Zeit dazu. Wenn es nötig war, dann würde er es sogar Sirius und Narcissa beibringen. Entschlossen erhob Harry sich von seinem Bett und lief hinüber zu Hermines Zimmer. Er klopfte kurz und war nicht überrascht zu sehen, dass Ron, Luna und Draco auch anwesend waren. Sicherlich hatten sie gerade eine Krisensitzung. Über Rons Gesicht huschte ein Anflug von Schuld, was ihn in seiner Annahme bestätigte, dass sie über ihn gesprochen hatten. Hermine blickte ihm aber entschlossen entgegen, als könne sie kein Wässerchen trüben. Aber Harry war nicht hier, um sie zu belehren. Nicht in dem Sinne. Sollten sie doch über ihn sprechen, es war ihm egal. Es zählte nur noch eins. Leise schloss er die Tür hinter sich und setzte sich neben Draco auf Hermines Bett. Ernst blickte er in die Runde. "Ich habe eine Entscheidung gefasst", sagte er. "Ja, dass haben wir uns schon gedacht", erwiderte Luna. Er schaute kurz zu ihr hinüber und runzelte die Stirn. "Was?" "Oh, Harry!" Hermine rutschte mit ihrem Schreibtischstuhl zu ihm hinüber und griff nach seinen kalten Händen. Ihre waren warm. "Wir wissen, dass du nichts mehr damit zu tun haben willst.. oh, wirklich, wir können das verstehen! Aber bitte, Harry, wir können nicht noch einmal umziehen..!" "Was?", machte Harry erneut und blinzelte verwirrt. "Ja, Kumpel", mischte Ron sich ein. "Ich meine, wir haben hier gerade neu angefangen und ein paar Kontakte geknüpft. Und jetzt, wo das Schuljahr erst angefangen hat, wird es schwer sein, Schulen zu finden, die uns annehmen werden.." Er erschien aber nicht so, als wäre ihm letzteres wichtig. "Ich habe nicht daran gedacht, umzuziehen", sagte Harry. "Nicht?" Hermine klang erleichtert, aber auch verwirrt. "Nein", sagte Harry bestimmt. "Habt ihr gerade darüber gesprochen?" Sie nickten alle und Harry seufzte. "Oh, natürlich habe ich nicht entschlossen, umzuziehen. Wie kommt ihr nur darauf?" "Ja, wir kommen wir nur darauf, dass Potter die Sachen hinschmeisst und abhaut?", fragte Draco sarkastisch. Harry drehte sich zu ihm um und sah ihn verletzt an und Dracos Ausdruck wurde wieder weicher. "Tut mir Leid." Harry aber blieb angespannt und wandte den Blick ab. Er rutschte sogar ein Stück von dem Blonden weg, sodass Draco schwer seufzte, aber nichts mehr weiter dazu sagte. Hermine hatte ihn auch schon empört angesehen. "Ja, wir dachten.. wo wieder sowas geschieht.. du würdest.." Ron rutschte auf seinem Platz auf dem Boden hin und her und er sah nicht so aus, als würde ihm das alles behagen. "...ich würde abhauen", vervollständigte Harry den Satz nüchtern. "Nein!", machte Hermine sofort erschrocken und drückte Harrys Hände. "Nein, dass haben wir nicht gedacht, Harry. Aber.. aber.." Sie stammelte unbeholfen und Harry entzog ihr seine Hände. Müde winkte er ab. Das bewies ihm doch, dass sie an genau das gedacht hatten, aber er konnte es verstehen. "Nein, schon gut." Er wollte keinen Streit mit ihnen, nicht jetzt. "Ich möchte eigentlich über etwas anderes mit euch reden.." Sie wandten sich ihm interessiert zu und Harry atmete tief ein. "Die Cullens wenden Okklumentik an, richtig? Ich sehe es nicht ein, dass ihr eure Gedanken nicht für euch behalten könnt.. Wir haben Geheimnisse zu wahren. Ich.. ich habe mich entschlossen, euch Okklumentik beizubringen." Draco neben ihm spannte sich an. Hermine wurde blass und rieb ihre Hände nervös aneinander. "Aber Harry..", sagte sie langsam. "Das heißt.. das heißt, dass wir unsere Zauberstäbe brauchen.." "Ich weiß", antwortete Harry kurz. Seine Augen schimmerten kalt. "Ich werde Albus eine Eule senden und ihm mitteilen, dass wir unsere Zauberstäbe brauchen." "Du musst nicht - " "Doch. Ich muss. Ich möchte nicht, dass euch jemand im Kopf herumschnüffeln kann." Sie schwiegen eine Weile. Es war eine unangenehme, fast peinliche Stille, die sie umgab. Ron wandt sich nervös, während Harry einfach nur still da saß. Sein Gesicht eine eisige Maske. * * * Hermine beobachtete besorgt, wie Harry das Paket der Eule abnahm und es langsam auspackte. Zum Vorschein kam eine längliche Schatulle und als Harry den Deckel zur Seite schob, offenbarten sich ihnen fünf glänzende, wie neu aussehende Zauberstäbe. Ihre Zauberstäbe. Harry zeigte nach außen hin noch immer keine Emotionen, deswegen konnte sie kaum sagen, was er dachte oder fühlte, als er langsam seinen Zauberstab aus der Schachtel nahm. Er betrachtete ihn kurz, wirkte desinteressiert, als wäre es etwas völlig unwichtiges. Sie sah aber, dass seine Hände leicht bebten. Natürlich wusste sie, dass es schwer für ihn war. Sehr schwer. Er hatte sich geschworen, nie wieder Magie anzuwenden und weil sie alle als seine besten Freunde - und Geschwister - an dieser Sache auch beteiligt waren, hatten sie beschlossen, das mit ihm gemeinsam durchzuziehen. Wenn Harry ohne seine Zauberei auskommen konnte, dann konnten sie das auch. Loyalität wurde in ihrer Freundschaft großgeschrieben. Die Wahrheit allerdings war, dass es sehr schwer war. Es war schwer gewesen, ohne den Zauberstab auszukommen, denn man hatte sich einfach zu sehr daran gewöhnt. Die Magie in ihnen allen brodelte und köchelte vor sich hin und versuchte verzweifelt, überzukochen, aber ihr war es ohne einen Anhaltspunkt - dem Zauberstab - nicht möglich. Harry war der einzige, der ganz ohne Zauberstab Magie wirken konnte und das auch nur, wenn er seine Emotionen nicht im Griff hatte. Zögernd trat Hermine vor und griff nach ihrem Zauberstab. Erleichterung, warme, pure Erleichterung durchflutete sie und sie spürte einen kleinen, elektrisierenden Schlag, als sich ihre Magie wieder mit ihrem Zauberstab verband. Sie versuchte, sich vor Harry nicht anmerken zu lassen, dass sie ihre Zauberei vermisst hatte, aber Ron, der unsensible Trottel, der er nunmal war, war nicht ganz so zurückhaltend. "Scheiße, man!", brach es aus ihm heraus, als er seinen Stab in den Händen hielt. "Hallo, Magie, willkommen zurück! Wie habe ich dich vermisst!" Hermine rollte mit den Augen, aber es schien tatsächlich jedem schlagartig besser zu gehen. Luna hatte ihren Zauberstab fröhlich mit dem kleinen Ästchen ausgetauscht und jetzt thronte er an seinem Stammplatz hinter ihrem Ohr. Selbst Dracos Miene war weich geworden und er strich mit seinen eleganten Fingerspitzen über das Holz. Sie sah hinüber zu ihrem schwarzhaarigen Bruder. Er starrte seinen Zauberstab schon eine ganze Weile an, aber jetzt hatte er Probleme damit, seine Gefühle zu verbergen. Er schien hin- und hergerissen und Hermine ahnte, warum. Einerseits verabscheute er das Ding, mit dem er Menschen umgebracht hatte, dass ihn an ihre Welt erinnerte, die ihm (ihnen allen) soviel Schmerz bereitet hatte, andererseits musste ihn eine wilde Freude und Erleichterung durchströmen, die ihn komplett verwirrte. Sie waren halt Hexen und Zauberer und schafften es einfach nicht, allzu lange ohne ihre Magie. Sie waren für das Leben als Muggel nicht geschaffen und vor allem Harry müsste das wissen. "Fangen wir direkt an?", unterbrach Draco ihre Gedanken und sofort hielten sie inne. Harry hatte Dumbledore direkt nach ihrem kleinen Gespräch geeult und inzwischen war es früher Abend. Sie hatten sich alle in Harrys Zimmer versammelt. "Ja", sagte Harry und riss sich vom Anblick seines Zauberstabes los. "Je eher, desto besser." Entschlossenen Schrittes lief er hinüber zu seiner Zimmertür und verschloss sie. Es war wirklich besser, wenn Sirius und Narcissa nichts darüber wüssten. Sie würden sich nur unnötige Sorgen machen und das musste nicht sein. Harry hatte gesagt, er würde sie erst einweihen wollen, wenn auch er ihnen Okklumentik beibringen müsste. Aber momentan war dies (noch) nicht notwendig. Harry dämmte das Licht soweit, dass es ein wenig schummrig wurde. "Romantik, Potter?", warf Draco amüsiert ein. "Ich habe nie mitgekriegt, dass du der romantische Typ bist. Machen wir jetzt Gruppenkuscheln?" "Ich habe meinen Zauberstab wieder, Draco, also hör auf mich zu ärgern." Harry klang nicht ärgerlich, sondern nur belustigt. Also hatte er sich schon wieder an seinen Zauberstab gewöhnt.. Das ging überraschend schnell, aber Hermine war froh drum. "Okay", sagte Harry jetzt und schlug seinen Lehrerton an, den er normalerweise während der DA-Stunden benutzte. Manchmal hatte Hermine ihn darum bewundert; obwohl sie wirklich klug war, konnte Harry ihnen die Dinge viel besser beibringen. Er war ein guter Lehrer und wären nicht alle Dinge so gelaufen, wie sie gelaufen waren, hätte er in Hogwarts sicher als Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste gearbeitet. Es lag ihm einfach im Blut. "Also, ihr wisst noch, was ich euch vor einiger Zeit gesagt habe? Wie ihr euren Kopf frei machen könnt?" "Meditation", sagte Luna. "Ruhe. Entspannung... und danach der Aufbau der Schilde." "Ja. So ähnlich." Er warf Ron einen scharfen Blick zu. "Und du, schlaf nicht wieder ein." Ein leises Kichern ging durch die Runde, als Ron rote Ohren bekam und sie sich an ihre erste "Okklumentik-Stunde" erinnerten. Wie es schien, hatte Ron sich zu sehr entspannt und alle waren überrascht gewesen, als er anfing zu schnarchen. Es war ihm noch heute peinlich. "Alles klar, auf geht's. Ich lasse euch Zeit." * * * Harry ließ ihnen tatsächlich Zeit und während sie alle mit geschlossenen Augen dasaßen und sich konzentrierten, verhielt er sich so leise, dass er den Eindruck vermittelte, gar nicht da zu sein. Dennoch fiel es Hermine sehr schwer, sich zu konzentrieren. Sie wusste nicht, wie es den anderen ging, aber ihr Kopf schien voll von Dingen zu sein. Die Schule, die Cullens, selbst so unwichtige Dinge wie Mike und Jessica, auch Ron nahm ihre Gedanken ein, sowie einige Sachen aus der Vergangenheit, die ihr noch immer keine Ruhe ließen, auch im Schlaf nicht. Ein Denkarium wäre nicht schlecht. Es dauerte lange, bis Hermine es schaffte, ihre Gedanken frei zu kriegen und dann ihre Schilde aufzubauen. Genauer gesagt stellte sie sich anstatt Schilde immer eine große Tür vor, die viele Schlösser und Ketten hatte und von außen nicht zu öffnen war. Sie wusste, dass auch Harry diese Variante bevorzugte und es war tatsächlich viel einfacher, als sich Schilde vorzustellen. Sicherlich waren ein, zwei Stunden vergangen, in denen sie sich darauf konzentriert hatten, ihre Köpfe frei zu kriegen und ihre Schutzwälle aufzubauen, denn als Hermine die Augen öffnete, war es draußen komplett dunkel und die Laternen waren angegangen. "Seid ihr fertig?", wandte sich Harry leise an alle, um sie nicht zu erschrecken. Es war, als würden Zombis aus ihren Gräbern steigen; langsam und vorsichtig waren ihre Bewegungen und Ron schüttelte sein Bein aus, dessen Fuß eingeschlafen war. "Mit wem soll ich anfangen?" Seine Augen fielen auf Hermine. "Herm? Du? Du warst die erste, die fertig war." Hermine nickte kein bisschen nervös und kam auf ihre Füße. "Bist du wirklich bereit?" Sie nickte wieder. "Ja, Harry. Das bin ich." Sie schloss die Augen und stellte sich wieder ihre robuste, verschlossene Tür vor. Sie selbst streckte ihre Sinne aus und rüttelte nochmal an der Tür, aber so einfach ließ sie sich nicht öffnen; und wenn, dann war es eh nicht so schlimm. Sie hatte keinerlei Geheimnisse vor Harry. "Gut, wir können anfangen." Sie hörte, wie er tief Luft holte, wahrscheinlich auch, um sich selbst Mut zu machen, dass erste Mal seit Wochen Magie anzuwenden. Und dann ging es los; die anderen beobachteten sie gespannt. "Legilimens." Er hatte nur leise gesprochen, aber die Wucht dieses Zaubers war enorm. Harrys schönes Zimmer verschwamm vor ihren Augen und sie sah ihre Tür, die ihre geheimsten Gedanken und Erinnerungen beschützte. Etwas mit der Wucht eines riesigen Hammers prallte dagegen. Hermine biss die Zähne zusammen und versuchte an die dicken Schlösser und Ketten zu denken, die ihre Tür verschlossen. Nicht nachgeben, nicht nachgeben.. Du darfst nicht zulassen, dass er deine Gedanken sieht.. nicht nachgeben.. Wieder gab es einen erschütternden Schlag, es ließ Hermine taumeln, aber sie konzentrierte sich weiter. Dennoch löste sich eines der Schlösser in Luft auf und die Tür öffnete sich ein kleines Stück. Vereinzelte Bilder tauchten in ihrem Kopf auf. Ron, der sie Arm hielt und im Bett neben ihr lag.. hunderte Dementoren kreisten über ihren Kopf und sie sah zu, wie Harry seinen mächtigen Patronus herbeizauberte.. sie war fünf und ihre Eltern verboten ihr, Cola zu trinken.. "Verschließ sie wieder", hörte sie Harrys gepresste Stimme von weit her. "Lass es nicht zu, dass ich das sehe.." Hermine schnaufte angestrengt, Schweiß lief ihr über die Stirn und sie stemmte sich mit aller Macht gegen die Tür. Sie fiel wieder zu, der nächste Schlag erschütterte sie erneut, aber sie gab nicht nach. Sie bemerkte die Anstrengung. Sie konnte nicht mehr, sie wusste, dass sie gleich keine Chance mehr hatte.. Beim dritten Schlag barsten die restlichen Ketten und Schlösser und Hermine sah sich in einer Erinnerung gefangen und sie wusste, dass auch Harry sie sah, aber es war zu spät, sie konnte nichts mehr tun, ihr Schild war zerstört und sie fiel.. sie fiel.. Sie hatte Angst. Sie hatte so eine Angst, dass sie wie verrückt zitterte. Ihr Zauberstab drohte aus ihrer schweißnassen Hand zu rutschen, aber sie verstärkte nur immer wieder ihren Griff. Sie durfte nicht zulassen, dass ihre Angst ihr den Verstand raubte. Sie brauchte ihren kühlen, logischen Kopf. Aber es war fast unmöglich, nicht in Panik auszubrechen. Um sie herum herrschte das Chaos; Menschen schrien und rannten an ihr vorbei, achteten nicht auf ihren Weg und rempelten sie desöfteren an. Hermine versuchte, nicht hinzufallen, denn sie wusste, sie würde gnadenlos niedergetrampelt werden. Von weiter weg hörte sie das gehässige und kalte Lachen und Grölen der Todesser. Was sollte sie bloß machen? Sie war allein. Wo waren die anderen? Eben hatte sie noch an Rons Seite gekämpft, aber jetzt war er verschwunden. Die Menge hatte ihn wahrscheinlich mitgerissen, ohne, dass sie es gemerkt hatte. Aber wo war Harry? Draco? Oder Luna, Ginny, Neville? Ihr wurde klar, dass sie nicht um sich selbst so eine Angst verspürte, sondern vor allem um ihre geliebten Freunde. Sie musste sie finden, ehe etwas schlimmes geschah! Tief einatmend versuchte sie sich einen Weg durch die Menschen zu bahnen, aber sie war klein und zierlich und kam nur langsam voran. Sie merkte, wie sie die Geduld verlor, aber sie machte weiter, sie rannte und rannte, stieß Leute zur Seite und rannte genau auf die Todesser zu.. "HERMINE! HERMINE!" Hektisch wandte sie sich um und sah Draco auf sich zulaufen. Er schien unverletzt. "Gott sei Dank, Draco, ich - " "DUCK DICH!", brüllte Draco und ihr blieb keine Zeit, dies zu hinterfragen. Sie warf sich zu Boden und spürte, wie der Fluch ihr einige Haare versengte. Auch Draco sprang zur Seite und der Fluch traf stattdessen eine junge Frau, die leblos zusammenbrach. Der Fluch war von einem giftigen grün gewesen.. Hermine bemerkte, wie sich ihre Eingeweide verkrampften, aber da hatte Draco schon grob nach ihrem Arm gegriffen und zog sie hoch. "Hermine, wo sind die anderen?", rief er über das Chaos hinweg. "Wo ist Harry?" "Ich weiß nicht", antwortete sie und ihre Angst war nun wieder fast übermächtig. "Wir wurden schon vor einiger Zeit getrennt.. Ron war eben noch bei mir - " "Komm." Er ließ seine Hand, wo sie war und zusammen kämpften sie sich einen Weg durch die Menschen. Einige Häuser standen in Flammen, sie hörte Kinder schreien und weinen und sie wusste, dass sie in der Hölle gelandet war. Nur die Hölle konnte so schrecklich sein. "Da sind Luna und Neville!", schrie Hermine und deutete vor sich in die Menge. Draco tat nichts weiter, als zu nicken und jetzt energischer rannten sie auf sie zu. Neville blutete aus der Nase und Lunas Haare und ihr Gesicht waren voller Staub oder Putz von einem Haus, Hermine wusste es nicht, aber es war auch egal. "Ich habe Ron, Ginny und Harry gerade da vorne gesehen!", rief Neville ihnen entgegen und deutete nach vorne in eine Art Seitenstraße. "Sie haben sich mit einem Todesser duelliert, aber wir sind nicht zu ihnen durchgekommen, ein anderer Todesser hat uns aufgehalten.." "Wir müssen zu ihnen!", sagte Draco. "Wir müssen alle zusammenbleiben, sonst - " Aber er konnte nicht weitersprechen, denn ihn traf ein Fluch in die Seite und er wurde gegen einen Baum geschleudert. "DRACO!", schrien Hermine und Luna, aber da tauchte schon ein Todesser vor ihren Augen auf und rammte Luna den Ellbogen ins Gesicht. Sie brach auf der Stelle zusammen, Neville fing sie auf, verlor dabei aber seinen Zauberstab - Hermine richtete ihren eigenen auf den Todesser und schrie:"STUPOR!" Der Todesser konnte ausweichen, bekam aber von Neville ein Beinchen gestellt, der mit Luna im Arm nach seinem Zauberstab suchte; der Todesser fluchte laut und fiel, der Zauberstab richtete sich auf Hermine und er rief:"AVADA - " "PETRIFICUS TOTALUS!" Draco sprang in ihren Weg und lähmte den Todesser. Er blutete am Kopf. "Kommt!" "Mein Zauberstab!" "Accio Nevilles Zauberstab. Hier." "Danke Hermine! Was.. was machen wir mit Luna? Sie ist ohnmächtig!" Der Ellbogen des Todessers hatte ihre Schläfe getroffen. Die Stelle lief blau an und sie blutete an ihrer Augenbraue. Sie regte sich tatsächlich nicht mehr, aber sie war schwer zum tragen, zumindest den ganzen Weg.. "Versuch einen Weg mit ihr hier herauszufinden!", sagte Hermine bestimmt und stolperte, als sie jemand an der Schulter anrempelte. "Du kannst nichts mehr machen, Neville, bring sie nach Hogwarts! Es ist zu gefährlich! Hier." Als sie Neville hastig aus der Menschenmenge dirigierte, fasste Draco wieder nach ihrem Arm um sie nicht zu verlieren. Sie drängte sie alle an den Rand und dann in eine Seitenstraße. "Von hier aus geht es direkten Weges nach Hogwarts." Neville nickte. "Macht keinen Unsinn, ich wünsch euch viel Glück. Bis später." Hermine und Draco sagten nichts. "Wir werden uns später wiedersehen", fügte er mit Nachdruck und einer ärgerlichen Stimme hinzu und verschwand mit Luna im Arm. "Wir müssen zurück", sagte Draco. "Diese Gasse war auf der gegenüberliegenden Seite.." "Draco, geht's dir gut? Du blutest.." Er machte eine wegwerfende Handbewegung. "Jaja, ist nur ein Kratzer. Wir müssen jetzt zu den anderen! Na los!" Während sie sich erneut durch die Menschen kämpften, verspürte Hermine ihre altbekannte Angst. Lass ihnen nichts geschehen sein, dachte sie in einem Anfall von Panik. Gott, lass es ihnen gut gehen, oh bitte.. Draco kam besser voran als sie, weil er so groß und muskulös war und nicht zögerte, die Hexen und Zauberer zur Seite zu schubsen oder sie aus seinem Weg zu zaubern. Hermine hielt sich an seiner Hand fest und folgte ihm. Bald kamen sie in der Seitengasse an und hörten schon vom weitem Schreie und Flüche. Sie sahen sich kurz an, dann hoben sie ihre Zauberstäbe und rannten los. Ginny und Ron duellierten sich zusammen mit einem Todesser, während Harry einen allein bekämpfte. "STUPOR!", schrie Hermine, im gleichen Moment, wo Harry den Todesser in die Bewusstlosigkeit schickte, und traf den einen, mit dem Ginny und Ron sich beschäftigt hatten, in die Brust. Er flog meterweit nach hinten und prallte gegen eine Mauer. Staub und Putz wirbelte auf. Der Kerl blieb leblos und zusammengesunken auf dem Boden sitzen. Ginny und Ron wirbelten herum. "Hermine!", rief Ginny strahlend und winkte. "Ich wusste, dass ihr - " "AVADA KEDAVRA!" Es schien alles wie in Zeitlupe zu laufen; Entsetzen lähmte Hermines Glieder und voller Horror schaute sie zu, wie der grüne Strahl auf Ron zuraste. Er erhellte die Gasse grotesk und sie sah den Anflug von Angst auf Rons Gesicht. "RON!" Ginny schubste ihren Bruder zur Seite und wurde selbst vom Strahl getroffen. Es riss sie von den Füßen und es schleuderte sie durch die Gasse. Mitten auf dem Weg blieb sie liegen, ihre Beine in einem seltsamen Winkel abstehend. Ihre Augen waren weit aufgerissen und starrten nach oben in den Himmel. Hysterisches Gelächter erfüllte die Gasse und hallte an den Wänden wieder, genau in dem Moment, in dem Rons Wut- und Klageschrei erklang. "GINNY!" Hermine zitterte, sie konnte sich nicht bewegen, sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Noch eben hatte Ginny sie angestrahlt.. Neinneinneinnein, dachte sie. Ginny ist nicht tot, dass kann nicht sein. Nicht sie, nicht Ginny. GinnyistnichttotGinnyistnichttotGINNYISTNICHTTOT! "NEIN!", brüllte Harry und hechtete an Ron vorbei, der schon an Ginnys Seite hockte und sich über ihren Oberkörper beugte. "Harry!", rief Draco, als er auch an ihnen vorbeirannte und endlich konnte Hermine sich bewegen. Sie und Draco wirbelten herum und sahen, dass Harry auf eine Todesserin zuhechtete. "Oooh, Baby-Potterchen ist ja auch da." Hass pulsierte in Hermines Adern. Sie spürte keine Trauer, nein, noch nicht. Nur Hass. Bellatrix. "Und ich dachte, wir - AARGH!" Sie schrie auf, als Harry diesmal auf seinen Zauberstab verzichtete und auch die goldene Regel missachtete, die besagte, dass man keine Frauen schlug. Sie war zwar ein Stück größer als er, aber sein Faustschlag traf sie mitten und unerwartet ins Gesicht. Sie fiel zu Boden und hielt sich die sicherlich gebrochene Nase. Blut sprudelte zwischen ihren Fingern hervor. "Du kleine Schlampe!", kreischte sie. "Wie kannst du es wagen, mich auf Muggelart anzugreifen!" Mit einer Bewegung, die Hermine nicht einmal sah, hatte sie schon wieder ihren Zauberstab vom Boden genommen und ihn auf Harry gerichtet. "CRUCIO!" Es zwang Harry in die Knie und er schrie gepeinigt auf, Bellatrix lachte gackernd - "Baby-Potter hat Schmerzen, ohhh, war das deine kleine Freundin? Huu? Das tut mir aber Leiiid." "WAG ES JA NICHT!", brüllte Ron. "WAG ES JA NICHT, ÜBER MEINE SCHWESTER ZU REDEN ODER MEINEN BESTEN FREUND ANZUGREIFEN, DU DRECKIGE HURE!" "Hure", höhnte Bellatrix und nahm den Zauber noch immer nicht von Harry. "Deine Schwester sagst du? Ah, eine Weasley.. Unverkennbar.. Denk mal scharf darüber nach.. Wer ist hier die Hure?" Ron raste vor Zorn und Trauer, Hermine zitterte. Noch nie hatte sie ihren Freund so außer sich gesehen. Sie hob schon den Zauberstab, aber Harry hielt sie auf. Bellatrix schien den Fluch gelöst zu haben, er kämpfte sich auf die Beine. Sein Gesicht war bleich und er schwitzte, Blut lief ihm aus einem Mundwinkel, aber sein Ausdruck war mörderisch. Seine grünen Augen schienen zu glühen. "Nicht!", schnappte er. "Sie gehört mir!" Seine Magie pulsierte sichtbar. Wind, der ganz sicher nicht normaler Natur war, fegte durch die Gasse und riss an ihren Kleidern. Harrys längere Haare wirbelten umher und verliehen ihm einen unheimlichen Ausdruck. Hermine drückte sich ängstlich an die Wand. Wenn Harrys Magie außer Kontrolle geriet.. Das war nicht gut, gar nicht.. Nicht für sie, oh nein, Harrys Magie würde sie niemals auch nur anrühren. Über Bellatrix' Gesicht huschte kurz ein Anflug von Furcht, aber er verschwand schnell wieder. "ICH gehöre DIR!", spottete sie. "Uuh~, dann lass mal sehen, klein Potty." Sie imitierte eine Babystimme und lachte dann geziert auf. Harry antwortete nicht. Seine zierlichen Hände ballten sich zu Fäusten und sein ganzer Körper bebte. Die Lippen hatte er fest zusammengepresst. Und dann, ohne ein weiteres Wort, verließen Bellatrix' Füße den Boden. Sie schwebte. "Potter! Hör auf mit den Kindereien! Potter!" Aber Harry sagte noch immer nichts. Sein Blick war starr auf die Todesserin gerichtet. Ruckartig fielen ihre Arme auseinander. "Was.. was machst du.. was hast du.." Bellatrix zeigte jetzt offen ihre Angst und ihr Gesicht verzog sich grotesk. Sie gab einen Schmerzlaut von sich und versuchte anscheinend, sich zu bewegen. Aber sie konnte nicht. "Potter! Nein! Nein!" Nicht zu spät begriff Hermine, was Harry da tat. Hastig packte sie Draco am Arm. "Draco! Schau nicht hin, schau nicht hin, oh bitte.." Aber er hatte bereits verstanden, vielleicht sogar eher als sie, drückte sie nun an sich und verbarg ihr Gesicht in seiner Halsbeuge, hielt ihr auch die Ohren zu, aber nichts konnte Bellatrix' Todes- und Angstschreie ausblenden, als sie auseinandergerissen wurde. Übelkeit stieg in ihr auf und sie zitterte, wie sie noch nie gezittert hatte und Tränen liefen ihr übers Gesicht, während sie sich an Dracos Robe klammerte - Eine Ewigkeit, wie es schien, hielt dies an, dann murmelte Harry leise:"Incendio." Als Hermine ihr Gesicht hob, waren Bellatrix' Überreste verschwunden, Harry aber besudelt mit ihrem Blut. Mit kaltem, gefühllosen Gesicht schritt er an ihnen vorbei und Hermine erschauderte heftig, als sie seine leeren Augen sah. Er kniete sich neben Ron vor Ginnys Leiche und sah auf sie hinab. Dann hob er langsam eine Hand. Sie zitterte nicht, als er Ginnys Augen schloss. "Danke", sagte Ron zu ihm. Seine Stimme klang gebrochen. Harry nickte nur. Und dann brach er über Ginnys Brust zusammen und weinte und schrie sich den Schmerz von der Seele. Als Hermine aus der Erinnerung gerissen wurde, lag sie alle Viere von sich gestreckt auf dem Boden. Ron und Luna knieten neben ihr und halfen ihr, sich aufzusetzen. Beide waren blass. "Mine? Geht's?", fragte Ron zögerlich. "Himmel, du zitterst wie verrückt!" Erst jetzt bemerkte Hermine das. Ihr ganzer Körper bebte und heiße Tränen liefen über ihr Gesicht. Ginny.. oh Gott, Ginny.. Der Schmerz schien übermächtig zu sein, genau, wie die Angst gerade in der Erinnerung und verschlang sie regelrecht. Sie schaffte es nicht, sich richtig hinzustellen, deswegen kroch sie hinüber zu Harry, der auch auf dem Boden saß. Draco hielt seine Schultern und Hermine sah Harrys bleiches Gesicht und die leeren Augen unter Dracos Arm hervorlugen. "Harry", flüsterte sie und fasste nach seinen Händen. "Harry, es tut mir Leid, es ist meine Schuld.. Ich habe mich wirklich angestrengt.." Er sagte nichts, er zitterte nicht einmal, aber dieser leere Blick machte ihr am meisten Angst. Sie wusste, dass er nicht weinte, dass tat er nie, aber er durfte nicht gänzlich gefühllos sein.. "Wirklich, ich habe es versucht.. aber ich bin zu schwach.." Sie schluchzte auf. "Aber.. aber.. oh Harry!" Langsam entzog er ihr seine Hände und stand auf. Auch Draco rappelte sich hastig hoch, aber da knallte Harry schon mit einem Zauber regelrecht die Tür auf und stürmte hinaus. Hermine schluchzte wieder und bedeckte ihre Augen, aus denen unaufhörlich Tränen flossen. Sie spürte eine warme Hand auf ihrem Rücken. Es war Ron, natürlich war er es. "Was ist geschehen? Welche Erinnerung..?" Hermine richtete sich ein Stück auf, ihre braunen Locken fielen ihr in ihr heißes, tränenüberströmtes Gesicht und nur ein Wort verließ ihre trockenen Lippen. "Ginny." Und sie alle verstanden. * * * Sie blieben noch lange wach. Es hatte gedauert, bis sie es geschafft hatten, Hermine zu beruhigen. Und selbst jetzt noch, eingewickelt in eine Decke, bebte sie ein wenig. Ron hatte ihr seine Sweatshirtjacke gegeben und sie vergrub ihre Nase darin, zog tief seinen Geruch ein. Sie brauchte einen Halt, damit sie nicht schon wieder in Erinnerungen versank. Ginnys Tod war nun wieder allgegenwärtig und schmerzte tief. Besonders Ron sah blass aus und strich ihr immer wieder nervös über die Schulter. Luna saß auf der Fensterbank und starrte blicklos in die Nacht. Sie hatte Ginnys Tod besonders hart getroffen, denn Ginny war ihre erste wirkliche Freundin gewesen, die sie so akzeptierte, wie sie war und die sie ihren anderen neuen besten Freunden vorgestellt hatte. Als sie im Krankenflügel davon erfahren hatte, war sie zusammengebrochen. Einzig allein Draco schien nicht aufgewühlt oder tief berührt zu sein. Er hatte nie viel mit Ginny zu tun gehabt. Nachdem er sich ihnen angeschlossen hatte, hatte er einige freundliche Gespräche mit ihr gehabt, aber das war es auch schon. Sie beide hatten nie die Zeit gehabt, eine wirkliche Freundschaft aufzubauen und um ehrlich zu sein, hatte es keiner von beiden gewollt. Er hatte nicht einmal um seine Tante Bellatrix geweint. Er machte sich nur Sorgen um Harry. "Warum gehst du ihm nicht hinterher?", fragte Hermine ihn. Sie klang verschnupft. Draco, der im Zimmer auf und ab gegangen war, warf ihr einen kurzen Blick aus silbernen Augen zu. "Weil er es nicht möchte", sagte er simpel. "Es wäre nicht richtig, ihm jetzt hinterher zu gehen. Er muss das erstmal mit sich selbst ausmachen und dann kommt er bestimmt wieder zu uns und redet mit uns darüber." Hermine nickte einfach nur, obwohl es sie ein wenig schockierte, dass Draco Harry inzwischen so viel besser kannte, als sie oder Ron. Vielleicht konnte sich Draco auch einfach nur besser in diese Situation hineinversetzen, er hatte selbst sehr viel Schmerz im Krieg erlitten. Sie wusste es nicht, aber es war auch egal, denn sie war froh, dass wenigstens einer Harry verstand. Sie wurden wieder still und machten diese Erinnerungen an Ginny unter sich aus. Hermine starrte auf die Bettdecke und fühlte ihr Herz schwer gegen ihren Brustkorb schlagen. Ginnys Tod lag jetzt über ein Jahr zurück - es war Ende des sechsten Schuljahres geschehen - aber dennoch schmerzte ihr Verlust noch immer wie eine frische Wunde. Sie hatte in ihnen allen ein unheilbares Loch hinterlassen und besonders Ron ging es damit noch immer schlecht. Kurz nach Ginnys Tod hatte er sich heftige Vorwürfe gemacht; der Todesfluch war für ihn bestimmt gewesen und hätte Ginny ihn nicht zur Seite geschubst, wäre sie noch da. Ron nicht. Hermine stieg beim bloßen Gedanken daran Übelkeit auf. Sie konnte nicht sagen, dass es ihr lieber war, dass Ginny gestorben war an Stelle Ron. Gott, nein, im Leben nicht. Sie würde sich vor sich selbst ekeln. Ginny war die beste Freundin gewesen, die sie nie gehabt hatte. Erst im fünften Jahr hatten sie mehr miteinander zu tun gehabt. Als sie endlich ihre doofe Verknalltheit gegenüber Harry überwunden hatte, als sie selbstbewusster wurde und der DA beitrat und sie so eifrig im Ministerium verteidigt hatte. Aber diese Zeit hatte ausgereicht, um sie eng aneinander zu schweißen. Es hatte Hermine tief getroffen und dieses Ereignis verfolgte sie am häufigsten in ihren Träumen. Erst gestern Nacht hatte sie davon geträumt und dies war wahrscheinlich der Grund, warum sie diese Erinnerung gesehen hatten. Nach Ginnys Tod fand der Angriff ein schnelles Ende. Auroren, Dumbledore und der Orden waren letztendlich erschienen, hatten Menschen evakuieren können und hatten die Todesser schließlich in die Flucht geschlagen. Die Informationen waren recht spät an ihre Ohren gedrungen. Dumbledore war zu der Zeit nicht in Hogwarts gewesen und Snape hatte keine Informationen darüber erhalten. Wären sie nur ein bisschen eher gekommen.. Hätten sie sich nur ein wenig mehr beeilt.. Dann würde Ginny wahrscheinlich noch leben. Der Angriff auf Hogsmeade war eines der ersten großen Angriffe gewesen. Es hatte zahlreiche Tote und Verletzte gegeben. Dabei hatte der Tag so schön angefangen.. Es war warm gewesen, dass wusste Hermine noch. Die Sonne hatte regelrecht vom Himmel gelacht und weil sie ihre Prüfungen hinter sich gehabt hatten, wollten sie das in Hogsmeade feiern. Sie alle. Hermine, Draco, Ron, Harry, Luna, Neville.. Ginny. Keiner hatte ahnen können, wie schrecklich dieser doch so schöne Tag enden würde.. In Hermines Augen brannten schon wieder Tränen. Sie musste, ganz gefangen in ihren Erinnerungen, eingeschlafen sein, denn als sie die Augen aufschlug, dämmerte bereits der Morgen. Sie fühlte sich wie gerädert und kein Stück ausgeruht. Sie hatte vielleicht drei Stunden geschlafen. Auch Ron schlief. Er schnarchte ihr ins Ohr. Luna war in Harrys kleinem Sessel zusammengesunken, ihr Kopf ruhte auf ihrer Schulter. Hermine richtete sich müde auf und sah erstaunt das kleine Nest aus Decken und Kissen auf dem Boden. Draco lag dort und in seinem Arm Harry. Seine silbernen Augen waren geöffnet und schauten nun zu ihr auf. "Draco, was - " Er drückte sich einen Finger auf den Mund und bedeutete ihr so, etwas leiser zu sein. "Er ist vor einer Stunde zurückgekommen", flüsterte er. "Die Erinnerung war ziemlich viel für ihn." Schuld und so etwas wie Mitleid stieg in Hermine auf. Ihre Hände verkrampften sich in der Decke und sie machte ein schuldbewusstes Gesicht. "Das ist nur meine Schuld. Ich hätte mich besser gegen ihn wehren sollen.. Ich weiß, dass ich es kann, aber.." Zum Ende hin wurde sie immer leiser, bis ihr ihre Stimme schließlich gänzich versagte. Draco schüttelte sachte den Kopf und blickte kurz hinab auf Harry, der ruhig in seinen Armen schlief. "Er macht dir keine Vorwürfe", sagte er. "Eigentlich hat er noch gesagt, dass er stolz auf dich ist, weil er wirklich Probleme hatte deine 'Tür zu durchbrechen'." Trotzdem ging es Hermine noch nicht gut damit. "Ja, er hatte Probleme, aber er hat es geschafft, oder nicht." "Mach das mit Harry aus", sagte Draco nun wieder gewohnt kühl. "Ich habe damit rein gar nichts zu tun." Hermine schwieg. Sie brauchte jemanden zum reden, aber sie sah ein, dass Draco kein Gesprächspartner war. Zumindest nicht, wenn es Dinge waren, die ihn eigentlich gar nicht betrafen. Er zog es vor, nicht mit anderen Leuten darüber zu reden, sondern diese eine Person sofort mit dem Problem zu konfrontieren. "Wir sollten damit aufhören", sagte sie müde. "Er will weitermachen." "Was?! Aber.. diese Erinnerungen, sie tun ihm nur weh.." "Dir etwa nicht?" Draco hob die Augenbrauen. "Natürlich", sagte sie sofort. "Also warum sollten wir es nicht mehr probieren? Jeder von uns hat Schmerz erlitten, Hermine. Jedem von uns ist der Krieg nahe gegangen. Natürlich hat Harry mehr in diesem Krieg verloren als wir, aber er muss endlich schaffen, damit umzugehen und diese Schmerzen nicht zu sehr an sich ranzulassen. Sonst macht er sich deswegen noch kaputt und das weißt du." Hermine senkte den Kopf. "Es ist nicht schön, mit all diesen Dingen wieder konfrontiert zu werden, aber er braucht das, so hart das auch klingt. Er muss damit abschließen!" "Aber doch nicht so.." "Doch. Genau so. Und er will das auch." Dracos Hände gitten durch Harrys fransig geschnittene Haare und der seufzte leise und kuschelte sich näher an seinen Bruder. Draco blickte wieder auf ihn hinab, sein Blick wurde zärtlich und Hermine drehte den Kopf weg. "Was denkst du eigentlich über ihn? Das Harry so naiv ist und glaubt, diese Okklumentik-Stunden würden ihm nichts anhaben können? Er wusste genau, worauf er sich eingelassen hat. Er will uns alle beschützen, dass weißt du, dass liegt ihm einfach im Blut. Und er will sich endlich mit der Vergangenheit konfrontieren. Es ist seine Entscheidung und da haben wir rein gar nichts zu sagen. Wir können ihm nur den Halt geben, den er gerade benötigt, den wir alle benötigen." Hermine biss sich auf die Unterlippe. Sie legte sich zurück und schloss Ron in ihre Arme, legte ihren Kopf auf seiner Brust ab. "Her-minne", brabbelte er im Schlaf und vergrub die Hände in ihrem Haar. "Du hast Recht, Draco", sagte sie leise. "Wir müssen das durchziehen, seinetwillen." Draco sagte nichts und sie fiel wieder in einen unruhigen Schlaf. * * * Sirius blickte auf die Uhr und runzelte die Stirn. Es war schon recht spät. Auch an Wochenenden waren seine Adoptivkinder allesamt keine Langschläfer und sie hätten eigentlich schon vor Stunden auf den Beinen sein sollen. Vielleicht war er auch einfach nur überbesorgt und genau diese Sorge veranlasste ihn dazu, aufzustehen und die Treppen hochzusteigen. Bis zum Obergeschoss. Hier hatten die Geschwister einen ganzen Flur für sich alleine. Hermines Zimmer war das erste; er war so höflich und klopfte leise an, ehe er eintrat. Das Zimmer war hell gestrichen und vor den Fenstern hingen Gardinen in einer zarten Pastellfarbe. Rundherum an den Wänden waren Regale angebracht und sie waren alle vollgestopft mit Büchern. Sirius sah ein paar leere Regale und er wusste, dass Hermine darauf hoffte, irgendwann wieder Zaubererbücher in ihnen verstauen zu können. Auf ihrem hellen Schreibtisch standen diverse eingerahmte Fotos. Aber ihr Bett war unberührt. Stirnrunzelnd verließ Sirius das Zimmer und auch das nächste, das von Luna, war leer. Also klopfte er bei Harry an und trat ein. Er schmunzelte überrascht. Hermine und Ron hatten Harrys Bett besetzt und lagen unter Decken vergraben und eher kreuz und quer auf der Matratze. Rons Füße hingen über die Kante und sie hatte es sich auf seiner Brust bequem gemacht. Normalerweise hatte er was dagegen, wenn die beiden sich ein Bett (oder gar ein Zimmer) teilten, aber die anderen waren ja dabei.. Luna saß zusammengerollt auf Harrys kleinen Sessel, ihr langes blondes Haar kringelte sich über die Lehne und berührte sogar den Boden. Und genau in der Mitte des recht großen Raumes war ein kleines gemütliches Nest aus Decken und Kissen. Draco schlief entspannt, eine Decke war ihm bis zur Hüfte gerutscht, aber er hielt Harry fest umklammert. Harry hatte sich schutzsuchend an ihn gekuschelt, war aber halb unter seiner eigenen Decke vergraben. Rückwärts ging Sirius aus dem Raum und schloss leise die Tür. Ein kleines Lächeln erhellte sein Gesicht, als er die Treppen wieder hinunterging. Die fünf hatten ihren Schlaf nötig. Wahrscheinlich hatten sie in der Nacht eine ihrer 'Krisensitzungen' gehabt. Nichts, worüber man sich sorgen musste. Es klingelte an der Tür und einen Moment schaute Sirius sich orientierungslos um, bis er begriff, dass es die Schelle war. Er hatte sich noch immer nicht an diese ganzen Muggeleigenarten gewöhnen können.. Im nächsten Moment fragte er sich, wer da zum Teufel anschellte. Er und Narcissa hatten keine Bekanntschaften hier. Vielleicht war es irgendein neuer Freund seiner Adoptivkinder? Er lief hinüber in den Flur und öffnete langsam die Tür. Ein großer blasser Junge blickte ihm freundlich lächelnd entgegen. Er hatte bronzenes Haar und außergewöhnlich goldene Augen. Er war sehr schön. "Hallo Mr.Black", sagte er in einer sanften Stimme. "Mein Name ist Edward Cullen." __________ Soo... Ich weiß, ich kann schon ein wenig eklig sein.. Aber seid froh, dass ich das alles nicht ausführlich beschrieben habe *lach* Die arme Ginny, immer lasse ich sie sterben.. Dabei mag ich sie wirklich gerne! Ah ja; vielen, vielen Dank für die lieben Reviews! Bis bald, oh hysteria Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)