Tempted to touch von desertdevil6 ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Titel: Tempted to touch Teil: 1/? Autor: desertdevil Addy: braddyly@freenet.de Genre: fantasy Rating: PG-16 Warnung: - *** Tempted to touch I *** 1 Es war ein heißer Tag. Nicht oft herrschten derartige Temperaturen, aber die Menschen strömten ungebremst auf den großen Marktplatz, boten ihre Waren feil, oder begutachteten einfach nur mit großem Interesse das farbenfrohe Wirrwarr aus Stoffen und Schmuck, sowie anderen Kleinigkeiten. Schaulustige fanden jedoch ihren Weg zu einer weit größeren Attraktion. Dem Sklavenmarkt. Und vor allem die Versteigerung der Sklaven lockte Viele an. Dorthin verschlug es so manchen reichen Herrn, der seine Macht und Stellung repräsentieren wollte. In der bunten Menge herrschte Euphorie und die farbenprächtigen Kleider der Frauen schillerten auffallend im Sonnenschein. Halb bekleidete Kinder flitzten zwischen den Beinen der Erwachsenen hindurch und spielten munter Fangen. Ab und zu drangen freudige oder entzückte Schreie aus dem schweren Gemurmel und untermalten das Bild dieser auflebenden Menschen. Einzig und allein ein dunkler Reiter, der sich unauffällig an dem regen Treiben vorbei drückte und sich möglichst im Schatten der Häuser bewegte, wollte nicht so recht in diesen nahezu perfekten Tag passen. Es hatte den Anschein, als wolle er ebenfalls zum Sklavenmarkt. Das Gedränge hinter sich lassend, führte der Reiter sein ebenso schwarzes Pferd in eine schmale Seitengasse, aus der er kurze Zeit später wieder hervortrat. Sich die schwarze Kapuze seines Umhangs tiefer ins Gesicht ziehend mischte er sich in den Strom der Leute, bis er schließlich die Versteigerung erreichte. Arm waren sie alle, keine Frage. Manche waren ihren Familien geraubt worden, andere waren Diebe ... das spielte keine Rolle mehr. Jetzt waren sie nicht mehr als Vieh, das für einen ansehnlichen Preis verkauft wurde. Erneut wurde jemand auf die kleine Tribüne gezogen. Die Fesseln des noch recht jungen Mannes klirrten, als ein Wärter ihn grob vor die begeisterte Menschenmenge stieß. Er trug nur einen knappen Lendenschurz und überall auf dem schmalen Leib waren Blutergüsse und Abschürfungen erkennbar. Die Haare hatte man ihm kurz geschoren, was ihn noch bemitleidenswerter aussehen ließ. In unbestimmter Reihenfolge wurden immer mehr Menschen hervorgezerrt. Geschrei ertönte und erstarb. Gebote wurden ausgerufen und signalisierten letztendlich den Verkauf eines weiteren Sklaven. »So, und jetzt meine Damen und Herren, kommt die Attraktion des heutigen Tages!«, grölte ein vollleibiger, kahlköpfiger Mann, wobei die Fettmassen in dem Schweinegesicht nur so hin und her wabbelten. »Ein junger ansehnlicher Sklave ... der in jedem Haushalt ein Schmuckstück darstellt und nicht nur für Hausarbeiten nützlich sein kann ... « Eine kurze Pause entstand. » Sehen sie ihn sich an!!« Mit wildem Herumgefuchtel bedeutete der Fleischberg den Sklavenaufsehern, den Jungen zu bringen. Beifall und Erstaunensrufe ertönten und bald warfen die Leute nur so mit Geboten um sich. Die reichen, bornierten Männer konnten sich gegenseitig nicht schnell genug übertrumpfen und bei einigen artete es fast in einen Kleinkrieg aus. »20 Kada (1) ... «, » .. 25, ich biete 25 ... « »25 ... wer bietet mehr??! .. Seht euch das Kerlchen an! Eine ungewöhnliche Haarfarbe, alabasterweiße Haut ... « Mit seinen Wurstfinger zwängte der Dicke dem Jungen die Kiefer auseinander. »Gesunde Zähne, meine verehrten Damen und Herren ... ein ordentliches Gebiss ist doch viel mehr wert! Und mit seinen sechzehn Lenzen wird er noch lange erhalten bleiben«, pries er mit vor Gier funkelnden Augen an. »30 Kada!« Und erneut schwemmte eine Welle von Geboten über die Menschenmenge. Bei 37 verstummten die reichlichen Angebote langsam und es stritten sich nur noch zwei ältere Männer um den silberhaarigen Sklaven. Gegenseitig zischten sie sich Drohungen zu und erdolchten sich schier mit Blicken. Die Umstehenden erwarteten mit Spannung den Ausgang des Kampfes. »50 KADA!«, ertönte plötzlich unerwartet eine kalte Stimme aus den hinteren Reihen. Entsetzt und geschockt über so ein hohes Gebot, drehten sich alle zu dem geheimnisvollen Fremden. Den beiden älteren Herren gefiel das gar nicht. Einer war so klug seine Niederlage anzuerkennen, der andere bahnte sich zornesroten Gesichts einen Weg zu dem Fremden. »Zieh dein Gebot zurück!«, zischte der untersetzte Mann unfreundlich und richtete sich zu seiner vollen Größe auf, um nicht ganz so lächerlich neben dem schwarzgekleideten Riesen auszusehen. Er erhielt keine Antwort; Nicht einmal ein Blick streifte ihn, als der hochgewachsene Mann mit elegant wehenden Gewand an ihm vorbei schritt und den Jungen von der Tribüne holte, denn inzwischen war das Letztgebot unverzüglich angenommen worden. Schnell wechselte das Geld seinen Besitzer und der reiche Stadtbewohner konnte nichts mehr an der Situation ändern. Der außergewöhnliche Junge gehörte ihm nicht! Obwohl er fast so gut wie gewonnen hatte ... Fast!! Wütend schlug der ältliche Herr mit einer Faust in seine Handfläche und stapfte zielsicher auf den unvermeintlichen Gewinner der Auktion zu, der die schmale Gestalt des Jungen gerade in einen dunklen Umhang hüllte. Die Menschentraube und der Trubel hatte sich nach Verkündung des Käufers schnell gelöst und es befanden sich nur noch wenige Menschen auf dem jetzt weitläufig erscheinenden Platz. Darin sah der enttäuschte Mann seine Chance und stampfte auf den schwarzgekleideten Fremden zu. »Sie verdammter Bastard! Sie haben mir den Jungen weggenommen!«, tobte er ununterbrochen, während auf seiner Stirn bereits die Adern hervortraten und ungesund rot pulsierten. Noch immer wurde er nicht beachtet, was ihn einen Dolch aus dem Ärmel ziehen und auf den Fremden zustürmen ließ. Schwungvoll holte er aus und fand sich wenige Augenblicke später mit dem Gesicht am Boden wieder. »Du bist ein schlechter Verlierer ... Mensch!«, tadelte die tiefe Stimme eisig, wobei der schwarzbeschuhte Fuß des Mannes sich nachdrücklich in die Wange des am Boden Liegenden presste. Dann wandte sich der Fremde mit dem Jungen im Arm um und verschwand in den nächsten staubigen Windböen, die erbarmungslos durch die Straßen fegten. 2 »Guten Abend, Herr.« Ein drahtiger, grauhaariger Mann in dunkelgrauer Uniform nahm seinem Herrn pflichtbeflissen den schwarzen Umhang ab. Mit einem kurzen Blick streifte er den Jungen, der sich müde und erschöpft kaum noch auf den Beinen halten konnte. Doch der Schlossherr kannte kein Erbarmen und stieß ihn auf die breite Treppe, in die Mitte der hoch aufragenden Halle zu. Mitleidig sah der Bedienstete hinterher und seufzte kaum hörbar. Da hatte sich der Herr ja wieder einen hübschen Jungen besorgt. Woher dieser kam, wollte der ältere Mann lieber nicht wissen. Kopfschüttelnd drehte er sich um und verschwand in einem dunklen Gang. Währenddessen presste Davon die Lippen aufeinander und starrte ärgerlich auf seinen neuen Sklaven hinunter, der mit Tränen in den Augen auf der Treppe saß, weil er über eine Stufe gestolpert war. Unsanft packte er ihn am Kragen seiner zerrissenen Sachen und zerrte ihn wieder hoch. »Pass gefälligst besser auf! Und jetzt geh!«, zischte er gefährlich durch zusammengebissene Zähne, weil seine Geduld noch nie übermäßig groß gewesen war. Derzeit hing sie an einem beträchtlich dünnen Fädchen. Erneut gab er dem Jungen einen Schubs, war mit zwei großen Schritten vor ihm und beachtete ihn nicht weiter, da er vorraussetzte, dass der Kleine ihm folgte. Verstimmt trat Davon durch eine massive und reich verzierte Ebenholztür in seine Gemächer. In der Zeit seiner Abwesenheit hatte sich herzlich wenig verändert. Der Raum wurde durch schwere dunkelgrüne Brokatvorhänge teilweise verdunkelt, die in einem weiten Bogen die gesamte Front des Zimmers einnahmen. Zu seiner Rechten und nicht ganz an der Wand, stand das Bett, welches mit schwarzglänzenden Kissen bestückt war. An der Wand, den Fenstern gegenüberliegend befanden sich massive Ebenholzschränke, die nach vorn jedoch sanft abgerundet waren. Auf der anderen Seite, wo die Vorderseite den Vorhängen zugewandt war, befand sich ein breiter Schreibtisch aus dem selben Material. Darauf türmten sich verschiedene Unterlagen, die sich um Laufe seiner Abwesenheit angesammelt hatten. Grimmig strebte Davon darauf zu und ließ sich, einen der Briefe greifend in den weichen schwarzen Ledersessel fallen. Voll konzentriert, erledigte er zuerst seine Arbeit, bevor er sich dem Jungen zuwandte, der nun angespannt auf dem flauschigen Teppich saß und ihn ängstlich anblickte. Das Dämmerlicht zauberte schwache Lichtreflexe auf die zerzausten hüftlangen Haare und ließ den Jungen durch die entstehenden Schatten dünner, ja fast mager wirken. Etwas ruhiger fuhr Davon sich mit einer Hand durchs Haar und seufzte. Dann erhob er sich und schritt auf seinen neuen Sklaven zu. »Als erstes wirst du dich waschen! Du stinkst verdammt noch mal nach Mensch!«, erklärte Davon in befehlsbewohnten Ton. »Steh auf! Das Bad ist dort drüben!« Forsch wies er an seinem Schreibtisch vorbei nach links. Schwankend stand der Kleine auf und tapste unbeholfen in besagte Richtung, dicht gefolgt von seinem Besitzer. Das Badezimmer war noch prunkvoller ausgerichtet, wenn das überhaupt ging. Ganz im Gegensatz zum Schlafzimmer herrschten hier freundliche Farbtöne vor. Helle Marmorplatten säumten die Wände, während der Boden aus einem schwarzen Gestein mit metallisch blauglänzenden Fragmenten bestand, die bei verschiedenen Sichtwinkeln unterschiedlich stark aufleuchteten. Ein weitläufiges Becken aus ockerfarbenen Gestein säumte das gesamte hintere Ende des Raumes und zwei weibliche Fabelgeschöpfe aus Rosenquarz saßen anmutig und dekorativ auf den abgerundeten Ecken des Badebeckens. Außerdem führten einige Stufen zum Becken hinauf und auf der anderen Seite in die abgestufte Wanne hinein. Mit harten Gesichtszügen beobachtete Davon den zierlichen Jungen im Spiegel, der die gesamte linke Seite einnahm. Der Kleine stand verzagt da und zuckte erschrocken zusammen, als Davon ihn anfuhr: »Auf was wartest du? Zieh dich aus!« Deutlich war die Ungeduld aus seiner Stimme zu hören. Die Augen des Jungen weiteten sich entsetzt, was den Dunkelhaarigen noch ungeduldiger stimmte. Ohne lange zu fackeln war Davon neben dem Kleinen und riss den restlichen Stoff von dem zitternden Körper. Danach drehte er schnell den versteckten Wasserhahn auf, bevor er sich erneut seinem Sklaven zuwendete. »Wie heißt du, Junge?!« Eigentlich mehr ein Befehl als eine Frage, aber er bekam trotzdem keine Antwort. Argwöhnisch zog er die Brauen zusammen. »Ich will deinen Namen wissen! Antworte verdammt noch mal auf meine Frage!« Drohend fixierte er das zierliche Wesen vor sich. Betreten senkte der Kleine den Blick. Jetzt wurde es ihm entgültig zuviel. Ihm rutschte die Hand aus. Hilflos kniete der Silberschopf vor ihm und hielt sich mit einer Hand die pulsierende Wange. Tränen bahnten sich einen Weg über die blassen Wangen und Davon wurde nun erst richtig wütend. Wie konnte der Bengel nur so bemitleidenswert aussehen?! Er war nur ein wertloser Sklave und doch verspürte Davon bei dem Anblick sowas wie einen Stich in seiner Brust. »Entweder befolgst du meinen Befehl auf der Stelle, oder ich werde mir eine besonders harte Strafe für dich ausdenken. Und glaub mir, das wird kein Spaß für dich!« Seine Augen funkelten gefährlich, als er die zittrigen Bewegungen des Kleinen verfolgte. Er war zum Spiegel gekrabbelt und schrieb mit einem Finger seinen Namen auf die vom Dampf beschlagene Scheibe. Y U M E Davon runzelte die Stirn. »Kannst du nicht sprechen, oder was?« Yume schaute betrübt zu ihm auf und schüttelte den Kopf. Wieder schwammen die großen bernsteinfarbenen Augen in Tränen, bevor der Junge den Blick abwandte. Langsam stieß Davon die Luft aus, die er unbewusst angehalten hatte. Zum zweiten Mal an diesem Tag verspürte er dieses seltsame Ziehen in der Brust, schob es jedoch geflissentlich beiseite. Das musste wohl an der feuchten Luft liegen, denn für Gefühlsduseleien hatte er genauso wenig übrig, wie für eine Insektenart auf dem Mars. »Wie alt bist du?« Sein Tonfall klang fordernd. Wieder nutzte Yume die Spiegelwand um zu antworten. Schließlich war das Becken dreiviertel voll. Heißer Dampf stieg stetig auf und verwandelte den Raum fast in eine Sauna. Yume hockte immer noch am Boden, was Davon ein ungehaltenes Schnauben entlockte. »Na wird´s bald?!! Steig ins Wasser ... oder willst du Wurzeln schlagen?!« Hastig erhob sich Yume und sank kurz darauf in das angenehme Nass. Davon hörte ihn leise Seufzen und ein unmerkliches Lächeln schlich sich um seine Mundwinkel. Als er es bemerkte, ließ er es sofort fallen. Was war nur mit ihm los? Kopfschüttelnd verließ er das Badezimmer. An der Tür drehte er sich noch einmal kurz um. »Auf der kleinen Anrichte dort liegt ein Handtuch. Beeil dich! Und wenn du fertig bist, kommst du unverzüglich zurück in mein Zimmer ... verstanden?!« Ohne das Nicken Yumes abzuwarten, verschwand Davon. Für ihn war der Gehorsam seines neuen Sklaven selbstverständlich. 3 »Wie oft hab ich dir schon gesagt, dass ein Sklave nicht vor seinem Herrn zu Speisen hat?!«, fuhr Davon den Silberhaarigen ärgerlich an. Hart schlug er Yume ins Gesicht, sodass der Kleinere zu Boden ging. Mit zusammengekniffenen Lippen sah er auf das zitternde Bündel herunter. »Du bekommst heute kein Abendessen!« Yume ignorierend, wandte er sich zu seinem Schreibtisch und beschäftigte sich augenscheinlich mit dem angefallenen Papierkram der letzten Woche. Seine Gedanken waren jedoch ganz und gar woanders. Dieser Bengel ... Irgendwas an dem Jungen machte ihn weich. Das wiederum ließ Wut in ihm aufsteigen und den Kleinen noch schlechter behandeln. Obwohl er jünger war, als alle anderen Sklaven vor ihm, oder vielleicht gerade deshalb fand Davon solchen Gefallen an ihm. Sechzehn ... das war wirklich noch blutjung. Und er war unschuldig. Körperlich, wie auch geistig. Selbstzufrieden lehnte Davon sich in dem schwarzen Ledersessel zurück. Yume hatte sich unterdessen in seinem Korb verkrochen, der neben dem Bett stand und den Davon ihm herrisch zugewiesen hatte. Traurig rollte er seinen Körper zu einer kleinen Kugel zusammen. Nach einer halben Stunde schmiss Davon ungehalten einen Schwall Papiere auf die Tischplatte. Er hatte es endgültig satt, sich ständig Gedanken um Yume zu machen. Der Junge war nur ein Sklave - um genauer zu sein, sein Leibsklave! Er würde ihn nicht vorteilhafter behandeln, nur weil er zierlich und hilflos aussah. NEIN! Damit war ab sofort Schluss!! »YUME!« Lautstark verlangte er nach dem Kleinen und sein Tonfall duldete keine Widerworte. Davon war sich wohl bewusst, dass der Silberschopf schon geschlafen hatte. Auch eine Zuwiderhandlung gegen die Sklavengesetzte. Ein Sklave durfte sich erst niederlegen, wenn sein Herr es erlaubte! »Komm sofort hier her!« Etwas unsicher auf den Beinen kam Yume schließlich vor ihm zu stehen und Davons Entschluss, keine Rücksicht mehr auf das zierliche Geschöpf zu nehmen, bröckelte in Sekundenschnelle. »Meine Güte ... «, keuchte er erschrocken und zog Yume vorsichtig auf seinem Schoß. Zuerst sträubte sich der schmale Körper, sank aber dann kraftlos an Davons breite Brust. Vorsichtig berührte der Schwarzhaarige mit dem Daumen die geschwollene und blau verfärbte Wange. Innerlich hätte er sich am liebsten selbst geohrfeigt. Wie konnte er nur so rücksichtslos sein? Er wusste doch genau wie empfindlich sein Kleiner war. Unbewusst streichelte er sanft Yumes Seiten, fuhr die fein geschwungene Wirbelsäule hinauf und zog kleine Kreise auf der samtigen hellen Haut. Seufzend schmiegte sich Yume an ihn, legte die feingliedrigen Hände auf seine muskulöse Brust und seufzte nochmals leise. Laut knallend flog die Tür auf, schreckte Davon aus seinen Gedanken. »Herr .. w-wir haben ein Problem. Die Drachen ... sie greifen sich gegenseitig an!« Sofort sprang Davon auf, hielt Yume aber an der Taille umfasst. Seine Miene verfinsterte sich erheblich, während er seinem Drachenmeister kurz zunickte. »Ich bin gleich da!« Dann wandte er sich an Yume, der ihn ungläubig anstarrte. »Geh wieder ins Bett; Und keine Ausflüchte!«, befahl er kurz angebunden, bevor er sich mit einem Kuss auf die samtigen Lippen von Yume löste und aus dem Raum eilte. Der Silberschopf stand verwirrt in dem großen Zimmer und berührte zaghaft seine Lippen. Eine Frage beschäftigte ihn zusehends. Nach wenigen Momenten schüttelte er jedoch leicht den Kopf und begab sich zu Bett. 4 Am Himmel hatten sich dunkle Wolken aufgetürmt und ein Sturm bahnte sich an. Grelle Blitze zuckten aus den fast schwarzen Wolken und machten die Drachen nervös. Zwei von den Größeren griffen sich wirklich in der Luft an, wie Davon mit einem schnellen Blick realisierte. »Was stehst du da noch rum?! Bring mir Yves!«, fuhr er den entsetzt dreinschauenden Drachenmeister an. »A-Aber Herr! Das ist viel zu gefährlich ... « Davon rang um Beherrschung. »VINCE! Sollen die Beiden sich erst zerfetzen? Du weißt wie schwer es ist solche Drachen .. «, er wies mit einem Finger nach oben. »aufzuziehen!!« Der braunhaarige Hüne gab sich geschlagen, stieß einen schrillen Pfiff auf. Daraufhin erschienen zwei andere Unterdämonen, die einen riesigen schwarzen Drachen über den weitläufigen Hof führten. Ohne Umschweife schwang sich Davon auf dessen Rücken, riss an den Zügeln, woraufhin sich das Tier mit mächtigen Flügelschlägen in die Lüfte erhob. Kaum erreichte er die beiden Kämpfenden, begann es wie aus Kübeln zu regnen und erschwerte die Situation. Durch ein riskantes Manöver gelang es ihm schließlich zwischen die gefährlichen Drachen zu kommen. Ohne zu Zögern trieb er sie weiter auseinander, zurück auf die Posten auf den Schloßmauern. Der eine sträubte sich beharrlich dagegen, sodass Davon mehrere Versuche brauchte. Aber schließlich schaffte er es auch dieses Geschöpf in seine Schranken zu weisen. Laut schnaubend und mit wilden harten Flügelschlägen beruhigten sie sich nach und nach. Zufrieden mit dem Ergebnis ließ Davon Yves noch eine Runde drehen und landete schlussendlich wieder im Hof. Vince beäugte ihn skeptisch, griff jedoch umgehend nach den Zügeln, sagte kein Wort. Dann war Davon auch schon verschwunden. In seinen Gemächern riss er sich die durchgeweichten Kleider vom Leib. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er entsetzlich fror. Unablässig fielen eisige Tropfen aus seinen Haaren auf seinen ausgekühlten Körper, sodass er eine ganzkörper Gänsehaut bekam. Schnell holte er sich aus dem Bad ein Handtuch, rubbelte die rabenschwarzen Strähnen solange, bis sie ihm nur noch feucht auf die Schultern fielen und begab sich zu Bett. Nach etlichen Minuten wollte die Kälte trotz der dicken Decken nicht von ihm weichen. Kurz entschlossen rüttelte er Yume wach, der friedlich zusammengerollt in dem ihm zugewiesenen Körbchen lag. Verschlafen öffnete der Kleine die Augen einen Spalt breit, sah seinen Herrn verwirrt an. Als Davon ihn unsanft an den Schultern packte und zu sich unter die schwere Decke zog, entrang sich seiner Kehle ein ängstliches Fiepen und er versuchte ihn erschrocken von sich zu drücken. Seine Augen waren vor Angst weit aufgerissen, sodass Davon es sogar in der Dunkelheit erkannte. »Schscht .. « Beruhigend streichelte er dem Silberschopf über den Rücken, während er ihn enger an sich zog. Er spürte deutlich das Zittern das durch den schlanken Körper ging, ließ dem Jungen etwas Bewegungsfreiheit. Nachdem Yume mitbekam, dass Davon entsetzlich fror, kuschelte er sich an ihn, legte zaghaft die zarten Hände auf die breite Brust. Besitzergreifend schlang der Schwarzhaarige einen Arm um Yumes schmale Taille und auch wenn ihm immer noch kalt war, so konnte er durch den anderen warmen Körper an seinem eigenen wenigstens einschlafen. Am nächsten Morgen spürte Davon ein ungewohntes Gewicht auf seiner Brust. Blinzelnd öffnete er die Augen. Der Silberschopf lag halb auf ihm, das Gesicht in seiner Halsbeuge geborgen. Ärger keimte in dem Dämon auf. Wie konnte dieser elende Sklave es wagen, einfach in das Bett seines Herrn zu krabbeln. Gerade wollte er Yume grob aus den Decken stoßen, da fiel ihm der gestrige Abend ein. Richtig! Er hatte den Kleinen ins Bett gezerrt. Beruhigt senkte er seine Hand wieder, legte sie auf die helle Haut seines Sklaven und begann ihn nachdenklich zu streicheln. Ein Laut der Zufriedenheit kam über die rosigen Lippen und Davon veränderte seine Lage insoweit, dass er Yume ungehindert betrachten konnte. Die feinen Gesichtszüge waren entspannt, ließen den Jungen unheimlich verletzlich wirken. Davon kam nicht umhin, seinen Sklaven als schön zu bezeichnen. Die kleine Nase passte perfekt in das sanfte Antlitz genauso wie die fein geschwungenen Lippen, an denen sein Blick hängen blieb. Verlangen stieg in ihm auf. Er wollte Yume kosten, wollte ihn schmecken, ihm Lust bereiten und ihn zu seinem Besitz machen. Er wollte das der Junge mit Leib und Seele ihm gehörte. Aber im Gegensatz zu den vielen vorherigen Sklaven, die er besessen hatte, wünschte er sich, dass Yume freiwillig zu ihm kam. Doch das würde sich schwer mit seinem Jähzorn vereinbaren lassen. Der Junge war ein Sklave, den er nicht anders zu Behandeln gedachte als andere. Dazu war er viel zu herrisch. Trotzdem, bei Yume wollte er etwas erreichen und würde sich wohl beherrschen und Eingeständnisse machen müssen. Eine Bewegung riss Davon aus seinen Gedanken. Der Silberschopf drückte sich wärmesuchend dichter an ihn, da es im Zimmer verhältnismäßig kühl war und die Decke ihm bis zur Hüfte herunter gerutscht war. Davon lächelte verhalten, zog das schwarze Bettzeug wieder hoch, um den Kleinen darin ein zu wickeln. Er selbst stand auf, kleidete sich an und verließ leisen Schrittes den Raum. 5 »Yume, komm mal her!«, forderte Davon den Silberschopf auf, der zusammengekauert auf dem Bett hockte, den Kopf gesenkt und die Arme schützend um seine Beine geschlungen. Bei dem Befehl sprang er erschrocken auf, eilte auf Davon zu und kniete sich ergeben vor ihn. »Nun, ich werde dich mit dem Jungen allein lassen«, meinte der Drachenfürst mit strengem Blick auf den untersetzten Dämon, der zögerlich auf den blassen Jungen zutrat. »Vor Elingor brauchst du dich nicht fürchten, Yume. Er wird sich um deine Garderobe kümmern«, wandte er sich an seinen Kleinen, der ihn hilfesuchend anschaute. Beruhigend strich er über die elfenbeinfarbene Haut Yumes, bevor er mit wehendem Umhang das Zimmer verließ. »Äh .. ja nun .. Yume.« Der grauhaarige Mann in der grau melierten Robe räusperte sich. »W-wir werden dann wohl mal anfangen.« Trotz seiner Worte blieb er bewegungslos stehen und musterte den nackten Jungen vor sich. So einen seltsamen Menschen hatte er noch nie gesehen. Allein schon die Hautfarbe war komisch, aber die Augen ... die Augen würden eher zu einem Dämon passen, als zu diesem schmächtigen Kerlchen. Verlegen wandte Yume den Kopf ab, ließ die Musterung über sich ergehen. Was anderes blieb ihm auch gar nicht übrig. »Öhm .. der Herr hat schon Wünsche für ein paar Kleidungsstücke ausgesprochen«, informierte der kleine Dämon mit gewichtiger Miene, wobei er einen Zeigefinger in die Luft hob und inspizierend um Yume herum wackelte. » ... Ich muss also nur noch deine Maße nehmen. Ach ja ... und falls du noch irgendwelche Wünsche hast, sag es einfach .. « Die schrumpligen Finger, die gerade an Yumes Schultern herum fuhrwerkten, hielten einen Moment inne. »Entschuldige ... du kannst ja nicht sprechen ... « Mit diesen Worten drehte Elingor den Jungen zu sich um und brachte sein Gesicht ganz nah an Yumes heran, schielte ihn mit seinen erstaunlich klaren hellblauen Augen an. »Kannst du schreiben? Zeichnen, oder was auch immer ... irgendwie wirst du es dem alten Elingor schon verständlich machen können ... « In seinem Redeschwall maß und drehte der grauhaarige Dämon weiter an Yume herum, bis er sich schließlich mit einem zufriedenen Seufzen und einem »So .. erst mal fertig .. « abwandte. Die Hände motiviert in die massigen Hüften gestemmt, watschelte er dann zu einer großen Truhe aus robustem dunklen Holz, die er sich hatte mitbringen lassen und zerrte angestrengt verschiedene Stoffballen heraus. »Puh! Komm mal her, Schätzchen und hilf mir. Das Zeug wird auch jedes mal schwerer«, winkte er den Silberhaarigen heran. Zweifelnd und mit geröteten Wangen, half Yume Elingor die Stoffe auf´s Bett zu transportieren. Dieser fasste sich danach seufzend an den Rücken. »Hach, ich bin auch nicht mehr der Jüngste«, murmelte der Ältere kopfschüttelnd und drehte sich zu Yume um. »Aber egal ... kommen wir zu dir! Welche Farbe hättest du denn gern? Weinrot, ein dunkles Grün ...?« Sich seinen kurzen Schnurrbart entlangfahrend musterte er die Vielfalt auf dem Bett. »Schwarz mit Silber- oder Goldfäden ... oder vielleicht doch lieber Weiß wie die Unschuld, hm?« Yume konnte darauf natürlich nichts antworten, sondern wandte nur verlegen den Kopf ab, was der andere geflissentlich ignorierte und einfach fortfuhr. »Naja .. weiß solltest du nur in Kombination mit anderen Farben tragen, weil du vom Typ her erstaunlich hell bist. Aber mal sehen ... « Grübelnd begann der alte Dämon im Zimmer auf und ab zu gehen, dabei laut überlegend. »Goldverzierungen wären auch nicht so wirkungsvoll, weil deine Haare schon silbrig glänzen ... aber sie würden die Ausdruckskraft deiner Augen hervorheben ... « Eine ganze Weile ging das so und Yume begann zu frieren, da er immer noch nichts zum Anziehen bekommen hatte. Schließlich schien Elingor mit seinen Überlegungen fertig und winkte den schmalen Jungen zu sich. Zuerst nahm er den weißen Stoffballen, obwohl er sich wenig vorher noch gegen diesen ausgesprochen hatte und schnippelte daran herum. Als er ein geeignetes Stück in den Händen hielt er es Yume an. Dann entließ er ihn vorläufig. Einige Tage lang beanspruchte der Hofschneider Yumes Aufmerksamkeit, nahm ihn sogar mit in sein Arbeitszimmer, damit er in so kurzer Zeit wie möglich die Roben fertig stellen konnte. Erst spät Abends wurde Yume aus den kundigen Händen entlassen, was Davon aufregte. Er wollte seinen Sklaven zu jeder Zeit um sich haben und erduldete die lange Abwesenheit nur mit arger Zurückhaltung. Heute war es nun schon der fünfte Tag, dass Yume zu so später Stunde noch nicht in seinen Armen lag. Ja, Yume schlief jetzt in seinem Bett! Missmutig tigerte Davon durch sein großes Schlafzimmer und wurde mit jedem Schritt ungeduldiger. Die Elfenuhr hinter seinem Schreibtisch zeigte ihm kurz vor elf an. Schnaubend setzte er seine Wanderung fort, spitzte aber die Ohren, als die Tür leise aufging und drehte sich um, da er mit dem Rücken dazu gestanden hatte. Sofort hielt er in der Bewegung inne, brachte keinen Ton über die Lippen, zu beeindruckt war er von dem Bild, das sich ihm bot. Zarter weißschimmernder Stoff glitt an Yumes Schultern herab, anmutige Falten werfend. An der Taille wurde er von einer filigranen Goldspange gehalten, die gleichzeitig dafür sorgte, dass die seitlichen Schlitze noch mehr gerafft wurden und somit Yumes Beine von der Hüfte an entblößten. Yumes schlanker Oberkörper kam durch den tiefen Ausschnitt des Kleidungsstückes ebenfalls gut zur Geltung und verlieh ihm keine zu feminine Ausstrahlung. Davon war sprachlos. Nicht nur allein von Yumes Aussehen, sondern auch von dem zarten Rotschimmer auf dessen Wangen und den verlegen dreinblickenden goldenen Augen, die ihn verunsichert anschauten. Davon wusste, ihm strahlte die pure Unschuld entgegen. Dementsprechend reagierte auch sein Körper. Plötzlich wollte er Yume besitzen. Hier und jetzt, auf der Stelle!! Ausschließlich dieser Gedanke herrschte in seinem Kopf und alle vorherigen Bedenken flogen über Bord. Mit drei großen Schritten war er bei Yume, zog ihn unsanft an sich und küsste ihn stürmisch. Ohne nachzudenken drang er fast schon brutal in Yumes Mund ein, kostete von dem süßen Nektar, erkundete und plünderte das fremde Terrain. Grob vergrub er seine Hand in Yumes Haaren, bog ihn zurück und presste ihn mit dem Arm um seine Taille fester an sich. Er wollte Yume fühlen, ganz dicht, um sich herum ... Doch auf einmal schmeckte Davon etwas salziges, was ihn wieder aus seiner Trunkenheit erwachen ließ. Stutzend blickte er auf Yume herunter und erkannte sogleich was er getan hatte. Verflucht noch mal ... sein verdammter Verstand war mit ihm durchgegangen. Er hatte Yume verletzt, was ganz und gar nicht seine Absicht gewesen war. Aber was musste der Kleine auch so verführerisch aussehen?! Schützend nahm er den Silberschopf auf die Arme und bette ihn umso sanfter in die Decken. Trotz all seinen guten Vorsätzen streifte er ihm aber das feine Gewand von den Schultern und warf es kurzerhand aus dem Bett. Ohne sah sein kleiner unschuldiger Sklave eben noch besser aus. Er selbst schälte sich auch aus seiner Kleidung, bevor er sich dem Kleineren zuwandte. Beruhigend streichelte er ihm über den Rücken und zog ihn näher zu sich, während er die dunklen Decken über sie ausbreitete. Yumes Angst war ihm wohl bewusst. Obwohl er nun schon ziemlich lange bei ihm war, fürchtete der Junge sich nach wie vor vor ihm. Der zierliche Körper war völlig verspannt und auch die sanften Berührungen konnten das nicht ändern. Ergeben seufzte Davon auf. »Yume ... « langsam beugte er sich ein Stück über ihn. »Wovor hast du solche Angst? Ich werde dir nicht mehr weh tun .. das verspreche ich.« Der orangene Schein der Kerzen, zeigte Davon überdeutlich das Misstrauen in den goldschimmernden Augen, die geweitet auf ihn gerichtet waren. Es kostete ihn fast seine Selbstbeherrschung die weichen Lippen des Kleineren zittern zu sehen. Abrupt zog er sich zurück und legte sich tief durchatmend auf den Rücken, ein gutes Stück von Yume entfernt. Er wollte sich nicht schon wieder vergessen und über den Silberschopf herfallen. Allein die leicht geröteten Wangen und die ausdrucksvollen Augen brachten seine Libido zum kochen. Sein Schwanz ragte bereits hart und pochend zwischen seinen Beinen auf und verlangte zuckend nach Erlösung. So konnte das nicht weiter gehen! Ruckartig setzte er sich auf und fluchte lautstark vor sich hin, während er sich erhob, schleunigst anzog und regelrecht aus seinem Gemach flüchtete. Irgendwo musste er sich jetzt Erleichterung verschaffen, sonst konnte er für nichts mehr garantieren. Erst in den frühen Morgenstunden kehrte Davon zurück. Leise betrat er den Raum. Yume lag als kleine Kugel zusammengerollt zwischen den zerwühlten Decken und wirkte in dem riesigen Bett verloren. Langsam trat er näher und setzte sich schließlich auf die Bettkante. Gedankenverloren glitt seine Hand durch Yumes silberne Mähne, die weit gefächert die Decken um den Jungen herum schmückte. Die Strähnen waren so weich und seidig. Einfach einzigartig. Obwohl er sich selten Schwäche eingestand, seufzte Davon ergeben auf. Der Ausflug zur Erde war vollkommen sinnlos gewesen, genauso wie die Hure unfähig war, ihm die Gedanken an Yume aus zu treiben. Es konnte sich eben nichts mit diesem verführerischen unschuldigen Sklaven messen. Die Frau allein anzusehen, hatte ihn schon angeekelt. Unbewusst zog Davon die entspannten Gesichtszüge seines Sklaven nach, versank völlig in deren Anblick. Erst als sich Yume den sanften Berührungen entgegen streckte, zog der Dämon so schnell die Hand zurück, als hätte er sich verbrannt. Verdammt! Jetzt benahm er sich schon wie ein liebeskranker Trottel. Aber er hatte versprochen dem Kleinen nicht weh zu tun. Ein Dämon brach niemals sein Wort. Die Zeit würde noch kommen, wo er sich den Silberschopf nehmen würde, daran bestand kein Zweifel. Ohne große Eile machte er sich auf den Weg zum Hofschneider. An die Kammer klopfte er nicht an, sondern trat einfach ein. Der grauhaarige Dämon war gerade damit beschäftigt Stoffe zurecht zu schneiden, ließ jedoch alles stehen und liegen, als er Davon erblickte. »Mein Herr. Wie kann ich euch helfen?« »Du hattest jetzt über eine Woche Zeit, Kleider für Yume zu fertigen. Ich möchte sie sehen«, forderte der Schwarzhaarige befehlsgewohnt, worauf der kleinere Dämon sofort in die hintere Ecke des Zimmers eilte und mit einem nicht zu verachtenden Stapel wieder kam. »Bis zur Hälfte sind es die Kleidungsstücke, die ihr gewünscht habt. Und das hier hat sich der Junge ausgesucht«, teilte der Schneider redselig mit und freute sich über Davons Lob, als ihm der Stapel umgehend abgenommen wurde und sein Herr verschwand. Als Davon in sein Gemach zurück kehrte, saß Yume schlaftrunken im Bett und wischte sich mit dem Handrücken den Schlaf aus den Augen. Sowie der Schwarzhaarige auf ihn zuging, sprang er aus dem Bett und kniete sich unterwürfig vor diesen, ungeachtet seiner Blöße. »Komm hoch!«, befahl Davon schärfer als beabsichtigt und bemerkte Yumes Zusammenzucken. Schnell richtete sich der Kleine auf und sah ihn abwartend an. »Mach nicht so ein Gesicht!«, schnauzte der Dämon gereizt. Er war wütend, konnte es sich aber nicht erklären. Je wütender er war, desto härter behandelte er seine Untergebenen. Nur das der Silberhaarige der Grund für seinen Ärger war ... »Zieh das an! Und trödle nicht!« Mit vor der Brust verschränkten Armen beobachtete Davon ungeniert, wie der schlanke Junge sich vor ihm ankleidete, verfolgte mit Raubtieraugen jede Bewegung. Der Stoff war in einem hellen Pastellton gehalten. Ocker, wenn er sich nicht irrte. Es bestand aus einer Hose und einem Oberteil, das nur knapp über die Brust ging und von vorn nach hinten geschnürt werden musste. Unbeholfen versuchte Yume mit den langen Bändern klar zu kommen, scheiterte jedoch kläglich. Davon hatte er den Rücken zugekehrt. Der sah wie sich der Silberschopf abmühte, machte aber keine Anstalten ihm zu helfen, sondern blieb abwartend mit verschränkten Armen stehen. Unsicher und sichtlich ängstlich drehte sich Yume schließlich zu ihm um. Langsam trat er mit kleinen zaghaften Schritten auf den großen Dämon zu, schaute ihn hilfesuchend an. Statt etwas zu sagen, streckte er die Bänder in Davons Richtung, hoffte das dieser ihm half. Mit einem unmerklichen Lächeln nahm der Schwarzhaarige Yume die Bänder ab, drehte den schlanken Jungen an den Schultern herum und schnürte das Oberteil mit geübten Fingern. »So, nun dreh dich wieder um. Ich möchte dich ansehen.« Gehorsam kam Yume der Aufforderung nach. Davon war ehrlich beeindruckt. Die Hosen schmiegten sich leicht um Yumes schlanke Beine und betonten im gleichen Zug dessen schmale Hüfte. Das Oberteil besaß ellenbogenlange Ärmel, die zu den Enden breiter ausliefen und locker fielen. Die helle Haut am Bauch wurde frei gelassen, genauso wie weitere Bänder den Ausschnitt nur locker zusammenhielten und den weißen Hals entblößten. Die glatten silberglänzenden Haare fielen schimmernd über Yumes leicht geschwungenen Rücken und ließen ihn wie einen Engel erscheinen ... Bevor Davon auf andere Gedanken kommen konnte, winkte er den Silberschopf zu sich. »Komm, ein bisschen frische Luft kann dir nicht schaden.« Tatsächlich war Yume seit seiner Ankunft im Dämonenreich, noch nicht einmal draußen gewesen. Immer hatte er nur in diesem dunklen Zimmer gehockt. Ihm war sicherlich langweilig geworden. In gebührlichen Abstand folgte Yume seinem Herrn. Davon gefiel das gar nicht. An der Treppe, die runter in die große Halle führte, wartete er ungeduldig, trommelte mit den Finger auf dem wuchtigen Onyxgeländer herum. Als Yume bemerkte, dass sein Herr stehen geblieben war, senkte er ergeben den Kopf und blieb ein paar Schritte entfernt ebenfalls stehen. Davon schnaubte ungehalten. »Nun komm schon her. Von jetzt an wirst du neben mit laufen, verstanden?« Ein Nicken war die Antwort, während der Silberhaarige sich beeilte an die Seite des Dämons zu kommen. Zufrieden schaute Davon auf den Kleineren herunter, der immer noch den Schopf gesenkt hielt. »Du kannst dir ruhig alles ansehen«, meinte er, ehe er die Treppe langsam herab schritt und dem Kleinen alles erzählte, was es über die Festung zu wissen gab. Interessiert zuhörend lief er neben ihm her und Davon genoss Yumes ungeteilte Aufmerksamkeit, und die unverborgene Bewunderung in den Augen des Jungen machte ihn sogar ein bisschen Stolz. Schließlich kamen sie zu den Höhlen in denen die Drachen hausten. Die Festung war direkt an einen massiven Berg gebaut worden. Der Gipfel war nur selten zu sehen, da sich immer dunkle Wolken darum drehten und die Felswand stieg steil und spitzkantig an. Zwischen den schwarzen, tödlich scharfen aufragenden Steinen befanden sich die Höhlen der Drachen. Davor erstreckte sich ein riesiges Felsenplateau, welches die mystischen Bestien zur Landung nutzten. Ebenfalls wurde es von den Dämonensoldaten als Übungsplatz genutzt. Da es später Nachmittag war, waren die meisten jedoch mit ihren jeweiligen Drachen ausgeflogen. »Einige Soldaten sind zur Bewachung der Grenzen eingeteilt. Die werden jetzt abgelöst. Deswegen ist fast niemand hier«, teilte Davon kritisch mit. Es war verdammt ruhig. Selbst die Festungswächter schienen verschwunden zu sein ... seltsam ... Die konnten was erleben, wenn er sie zu Gesicht bekam. Niemand, aber auch wirklich niemand missachtete seine Befehle. Hart kniff er die Augen zusammen und starrte in den Himmel. Nichts. Nichts außer dunstigen Wolken, die wie hässliche Kreaturen tiefer sackten und die Erde zu erreichen suchten. Leichtes Zupfen an seinem Arm, lenkte Davon von seinen düsteren Gedanken ab. Ungehalten sah er über seine Schulter, was den Silberhaarigen sofort Abstand nehmen ließ. »Was ist?«, fragte er unfreundlich und bereute es im gleichen Augenblick. Yume konnte schließlich nichts für seinen Ärger. Doch der Junge schien sich nicht viel daraus zu machen, denn er wies verunsichert zum Bergmassiv. »Was ...?« Davon reagierte sofort, schnappte sich ohne groß nach zu denken Yumes Hand und zerrte ihn unnachgiebig hinter sich her, beschleunigte sein Tempo mit jeder Sekunde. Die Geschwindigkeit konnte der Kleine nicht lange halten, stolperte und fiel. Im gleichen Augenblick entglitt Davon das schmale Handgelenk ... Ende Teil 1 Na, was weiter passiert.. da müsst ihr leider noch ein bisschen warten. Die Story ist zwar schon etwas älter, aber na ja. Mal sehen wie sie ankommt. Wenn das Feedback stimmt, lade ich die nächsten Kapitel auch noch hoch. ^^ (1)Nur mal als kleine Anmerkung. Die Währung habe ich mir ausgedacht, die gibt es nicht wirklich. Ich fand es blöd, Dollar, Euro oder sonst was zu verwenden, da die Story ja auch nicht in der Realität spielt. 1 Kada sind ungefähr 15,- €. Ja, ja ... Is ganz schön teuer ... so´ne Sklavenanschaffung ... *smile* ^^ aber wer das eine will, muss das andere mögen! Kapitel 2: ----------- *** Tempted to touch II*** 6 /Verdammt noch mal... so ein verfluchter Dreck! Wo sind die Wachen wenn man sie mal braucht?!/, fluchte Davon, während er ohne Zögern sein Schwert zog und zu Yume eilte. Auf halben Weg kam er ihm schon entgegen, aber sie würden es trotzdem nicht schaffen. »Wenn ich nur Yves hätte...«, murmelte er zerknirscht und blickte der Gefahr ins Auge. Der wilde Drache raste ungebremst auf sie zu, das Maul weit aufgerissen. »Er ist auf der Jagt, kein Zweifel...«, stellte Davon humorlos fest, als das Ungetüm einen Feuerball in ihre Richtung spuckte. Keine Sekunde zu früh riss er Yume mit sich zur Seite und rollte sich schützend über ihn. Die Feuersalve schlug nur wenige Meter neben ihnen ein, während das Riesenvieh dicht über sie hinwegschwebte. Der Luftzug zerrte an ihren angesengten Kleidern. Ein ohrenbetäubender Laut zerriss die Luft. Das verkohlte Gestein qualmte immer noch, als Davon den Silberschopf so schnell er konnte hochzog und weiter rannte. Durch den Rauch konnte der Drache einen Augenblick nichts sehen. Der ideale Zeitpunkt um zu flüchten. Diesmal schob Davon Yume geistesgegenwärtig vor sich her. Fast hatten sie eine der unteren Höhlen erreicht, explodierte neben ihnen erneut ein Hitzegeschoss und schleuderte sie auseinander. Yume lag benommen vor der Felswand, während es Davon zurückgeschleudert hatte. Regungslos und wie auf dem Präsentierteller, lag er da. Das Felsplateau erbebte als der Wilddrache mit seinem wuchtigen Körper landete. Die lederartigen riesigen Schwingen waren nur leicht angelegt. Schnaubend und mit offenem Maul stampfte er auf den bewusstlosen Dämon zu. Immer wieder kam Rauch aus den geweiteten Nüstern und die gelben Augen glühten vor Hunger und Raserei. Endlich klärte sich Yumes Blick und er stemmte sich leicht hoch. Suchend schaute er sich nach seinem Herrn um und erstarrte, als er sah, dass dieses monströse Ungeheuer direkt auf den Mann zuhielt. Mit zitternden Knien erhob er sich und machte ein paar Schritte auf das schuppige Untier zu. Da bewegte sich Davon plötzlich, riss das Schwert hoch und rammte es dem Drachen, der bereits gefährlich über ihm war in den Unterkiefer. Sofort spritzte Blut, lief an der scharfen Klinge herunter, die Davon gleich wieder aus dem verletzten Körper riss. Garstig fauchend heulte der Drachen auf, schlug wild mit den mächtigen Flügeln und warf den stachligen Kopf hin und her. Davon wollte noch einmal angreifen, als der Drache unerwartet eine Klaue herumschwang. Er versuchte noch aus zu weichen, doch die scharfen Krallen fraßen sich tief und brennend in seine Seite. Getroffen sank er nieder, hielt sich die stark blutende Wunde und keuchte atemlos, versuchte den gewaltigen Schmerz zurück zu drängen, weil er nicht das Bewusstsein verlieren wollte. Der Wilddrache tobte unaufhörlich weiter und Davon verabschiedete sich in Gedanken schon. Wegen seiner Unvorsichtigkeit musste Yume nun auch dran glauben, dachte der Dämon mitleidig, bevor ihn schließlich doch schmerzlose Dunkelheit einholte. Yume hatte das alles mit größtem Entsetzen beobachtet. Er zitterte am ganzen Körper und wusste nicht was er tun sollte. Konnte er denn überhaupt etwas tun? Obwohl ihn seine Furcht innerlich fast auffraß, setzte er vorsichtig einen Fuß vor den anderen und näherte sich langsam der zusammengesackten Gestalt. Der Drachen begann allmählich sich zu beruhigen und fixierte seine Beute trotz der Verletzung erneut. Sowie der Silberschopf seinen Herrn erreicht hatte, fiel er auf die Knie. Zögerlich strich er ihm eine verschwitzte Haarsträhne aus dem bleichen Gesicht, bevor er sich der Wunde zuwand. Das schuppige Monster hatte er dabei ganz vergessen... ein Fehler... Als Yume das Schnauben hörte, sah er auch schon den Feuerball auf sie zurasen. Panisch und ohne darüber nachzudenken, warf er sich auf Davon, kniff vor grenzenloser Angst die Augen zusammen und verkrampfte seinen gesamten Körper, in Erwartung des Todesschlags. Ein tonloses »NEIN!« kam ihm über die Lippen, als seinen Körper plötzlich eine mächtige Energie durchflutete, jede Muskelfaser zum zerreißen spannte. Als er es kaum noch aushielt, entlud sich die angestaute Kraft von einer Sekunde zur anderen in einer überdimensionalen Schockwelle. Als es vorbei war, öffnete Yume unter großer Anstrengung die Augen. Leichte Schmerzenswellen hallten durch seinen Körper, ebbten langsam ab. Er wollte aufstehen, doch sein Körper gehorchte ihm nicht, versagte jeglichen Dienst. Doch er konnte nicht so einfach liegen bleiben. Davon brauchte Hilfe, dringend, sonst würde er verbluten. Erneut breitete sich Panik in dem Silberhaarigen aus und er weinte Tränen der Verzweiflung. /Warum bin ich so schwach?/, fragte er sich immer und immer wieder und ballte seine Hände zu Fäusten. Da merkte er auf. Er KONNTE sich bewegen! Etwas unbeholfen erhob er sich und wischte die Tränen mit dem Handrücken aus seinem Gesicht, bevor er sich suchend umsah. Einen Moment blieben seine bernsteinfarbenen Augen an dem zerfetzten Drachen hängen, der mitten auf dem Steinplateau in einer riesigen Blutlache lag. Yume wusste nicht warum, doch ihn überfiel auf einmal große Trauer. Der Drache hatte sie wahrscheinlich nur aus Hunger angegriffen und musste dafür mit dem Leben bezahlen. Dabei war Leben doch so kostbar... Schlagartig erinnerte er sich wieder an Davon und überlegte fieberhaft wie er ihn in die Festung schaffen konnte. Tragen konnte er ihn nicht, dazu war er zu schwach und auch sonst fiel ihm nichts gescheites ein. Dumpfes Poltern riss Yume aus seinen Überlegungen und er blickte sich um. Im gleichen Moment überfiel ihn grenzenlose Erleichterung. Die anderen Dämonen waren zurückgekehrt. Allen voran rannte der Drachenmeister auf sie zu und schätzte die Lage für sich ein. Yume wollte ihm gerade deutlich machen, was passiert war, als er brutal zur Seite gestoßen wurde und hart auf dem Gestein aufschlug, sich die Knie aufschürfte. »Verschwinde, Schlampe! Sieh nur was du angerichtet hast!«, beschimpfte ihn ein anderer Dämon, während der Drachenmeister ihren Anführer hoch hob und in seine Gemächer trug. Trotz den wüsten Beleidigungen, die er sich anhören musste, folgte Yume dem Dreiertrupp. In Davons Zimmer legten sie ihn auf dem großen Bett ab und berieten sich, nachdem sie die Wunde frei gelegt hatten. »Am besten ist, wir brennen die Verletzung aus. Dann kann sich wenigstens nichts entzünden, Vince«, schlug der Dunkelblonde vor und der Braunhaarige nickte nach einer Weile. »Ich denke, du hast recht. Also geh runter und sag dem Schmied er soll ein Stück Eisen heiß machen.« Pflichtbeflissen eilte der Beauftragte los. Mit schreckgeweiteten Augen hatte sich Yume alles angehört. Er kannte diese Methode schon, aber glaubte nicht, dass es in dem Fall die beste Behandlung wäre. Mutig trat er an den Hünen heran, der seinen Herrn nachdenklich betrachtete und zupfte ihn leicht am Arm. Mit zusammengekniffenen Augen starrte dieser abfällig auf ihn hinunter. »Was willst du, kleine Hure?«, schnaubte er verächtlich. »Verschwinde bloß hier, du stehst nur im Weg!« Tränen sammelten sich in Yumes Augen, doch er drängte sie tapfer zurück und missachtete die Demütigungen, obwohl sie ihm wie Schläge ins Gesicht vorkamen. Hilflos versuchte er Vince` Aufmerksamkeit zu erlangen, wurde jedoch geflissentlich ignoriert. Zu guter letzt stellte er sich vor den braunhaarigen Dämon und versuchte diesem mit ein paar Gesten verständlich zu machen, was er wollte. Da riss dem Hünen der Geduldsfaden und er packte Yume an der Kehle. In dem Silberhaarigen verkrampfte sich alles. Panisch versuchte er mit seinen zierlichen Händen den Griff des anderen zu lösen, doch es war sinnlos. Er war ihm völlig unterlegen! Röchelnd schnappte er nach Luft, wieder schossen ihm Tränen in die Augen. Aufgebracht drückte der Größere noch einmal zu. »Misch dich nicht noch einmal ein! Ich warne dich, Dreckstück!« Dann schleuderte er den Kleineren abwertend von sich. Schluchzer unterdrückend, blieb Yume liegen. Dieser Dämon hätte ihm nur mit einer winzigen Bewegung das Genick brechen können. Als ihm das klar wurde, begann er am ganzen Leib zu zittern, hatte sich nicht mehr unter Kontrolle. Wie durch einen Nebel nahm er wahr, wie zwei weitere Dämonen den Raum betraten. Unsicher hob Yume nun doch den Kopf und zuckte schmerzlich zusammen, als er das glühende Metall erblickte, welches der dunkelblonde Dämon von vorhin in Händen hielt. »Jenós und Inéto, ihr haltet ihn fest!«, befahl der Drachenmeister an die anderen zwei gerichtet. Er selbst nahm das glühende Eisen und beugte sich schon über Davon. Da sprang Yume unvermittelt auf und schlug Vince das Metall aus der Hand, bevor es mit Davons Wunde in Berührung kam. Zischend landete es irgendwo auf dem Boden. Aber Yume bekam es nicht mehr mit, denn der Hüne hatte ihn wutentbrannt wieder an der Kehle gepackt und an die Wand geschleudert. Mit zwei großen Schritten war er wieder bei ihm, zerrte ihn hoch, wobei er ihm im selben Augenblick mit seinen Klauen die Kleider vom Leib schlitzte. »So! Du kleine Hure hast es nicht anders gewollt. Jetzt werde ich dir deinen Ungehorsam aus dem Leib ficken, damit du endlich weißt wozu du zu gebrauchen bist. Davon hat es verpasst, deswegen werde ich es mit Vergnügen nachholen!« Gehässig funkelte er Yume bei diesen Worten an und genoss die grenzenlose Furcht, die sich in den bernsteinfarbenen Augen spiegelte. Die mächtigen Pranken hatten drei lange Kratzer auf seiner hellen Haut hinterlassen und die beigefarbene Hose hing nur noch in Fetzen von seiner Hüfte. Panisch wand sich Yume in dem starken Griff und wusste doch, dass er nicht entkommen konnte. Er war diesem Monster hilflos ausgeliefert... er würde ihm furchtbar weh tun, war der letzte Gedanke den er fassen konnte und an dem er fast erstickte vor Angst. Entsetzt fühlte er, wie der Dämon ihn herum drehte und seine Handgelenke über seinem Kopf brutal an die Wand drückte, bevor er grob seine andere Hand über seinen Körper wandern ließ. Ohne viel Federlesens drückte er Yumes Hintern auseinander und stieß gleich zwei seiner dicken Finger in den unschuldigen Leib. Erfüllt von grenzenlosem Schmerz, verkrampfte sich Yume völlig. Er wollte seine Pein herausschreien, doch seiner rauen Kehle entkam nicht mehr als ein Fiepen. Darauf folgte nur ein gehässiges Lachen und der Dämon zwängte seine Finger tiefer in ihn. Schluchzend versuchte Yume das fürchterliche Brennen auszublenden, doch es ging nicht. »Na, kleine Schlampe? Wie gefällt dir das... du hast ein so enges kleines Loch ... Davon kann dich noch gar nicht richtig rangenommen...« Vince konnte den Satz nicht beenden, denn er wurde brutal zurückgerissen. Scharfe Klauen gruben sich in seinen Hals und schnürten ihm die Luft ab, während dort wo die Spitzen die Haut berührten, kleine Blutrinnsale seine Kehle hinabflossen. Erschrocken erkannte er Davon, der ihn mit wutverzerrter Miene anstarrte. Die stahlgrauen Augen durchbohrten ihn regelrecht, ließen ihm jedwede Ausrede in der Kehle stecken bleiben. »Fass diesen Sklaven noch einmal an und du bist tot!«, zischte er gefährlich leise, bevor er keuchend von seinem Drachenmeister abließ und sich hinsetzen musste. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn und er hielt sich die stark blutende Wunde. Schwer atmend warf einen kurzen Blick auf Yume, der trotz seiner Blöße besorgt seine blutbenetzte Hand von der Wunde nahm und ein Stück Stoff darauf presste. Das alles tat er mit gesenktem Kopf und zuckte in Erwartung eines Schlages stark zusammen, als Davon seine Finger kurz streifte. Sofort wallte wieder Ärger in Davon auf. Nicht Ärger auf Yume, sondern auf seinen Drachenmeister. »Vince!«, herrschte er den Dämon mit autoritärer Stimme an. »Schick mir ein Dienstmädchen hoch und dann verschwinde aus meinem Blickfeld, bevor ich mich endgültig vergesse!« Unterwürfig verbeugte sich der große Braunhaarige und verschwand mit den Beiden anderen. Sowie die Tür ins Schloss fiel, sank Davon mit einem schmerzvollen Stöhnen zurück aufs Bett. Yume war gleich an seiner Seite und betupfte die Wunde. Er war so vertieft in seine Aufgabe, dass er Davons Blick nicht bemerkte. Erst als eine Hand sein Gesicht berührte, schaute er auf, wendete den Kopf aber gleich wieder ab. »Yume...«, erklang eindringlich Davons Stimme. »Sieh mich an!« Doch der Silberschopf entzog sich ganz seiner Berührung und widmete sich stur der Verletzung. Davon beschloss das Thema erst mal auf sich beruhen zu lassen. Jetzt konnte er sowieso kaum einen klaren Gedanken fassen. »Zieh dir etwas an... bevo.. bevor das Dienstmädchen kommt«, keuchte er noch, bevor die schwarzen Punkte vor seinen Augen wieder Überhand nahmen. 7 »Brauchst du noch etwas, dann gib Asiém einen Zettel. Er wird in nächster Zeit vor dem Gemach des Schlossherrn bereit stehen und auf deine Anweisungen warten«, lächelte ihn ein molliges Dämonenmädchen an, bevor es die Treppe hinunter verschwand. Ohne zu Zögern trat Yume wieder in den Raum und auf das Bett zu. Seit zwei Tagen schlief Davon nun schon. Yume hatte sich ordentlich um die Wunde gekümmert und sie ausreichend versorgt. Vorsichtig stellte er das Tablett, welches Aneésa ihm gebracht hatte auf dem Nachtisch ab. Dann setzte er sich aufs Bett, so dass er mit dem Rücken an der Wand lehnte und zog Davon angestrengt in eine halbwegs sitzende Position. Bedacht nichts zu verschütten, nahm er die Suppenschüssel vom Tablett und begann Davon die warme Flüssigkeit langsam einzuflößen, damit er sich auch ja nicht verschluckte. Die Prozedur dauerte Ewigkeiten und nach einer Stunde war die restliche Suppe wieder kalt. Umsichtig stellte Yume die Schüssel aufs Tablett und betrachtete eingehend die ebenmäßigen harten Züge seines Herrn, wie er es nach jeder Mahlzeit tat. Zart strich er eine vorwitzige Strähne aus dem markanten Gesicht, bevor er mit einer Fingerspitze weiter über die Stirn, die hohen Wangenknochen zu den weichen Lippen fuhr. Das alles hätte er sich niemals getraut wenn Davon wach gewesen wäre. Deswegen genoss er diese kurzen Momente, wo er den Größeren einfach ungeniert ansehen und auch berühren konnte, ohne gleich dafür bestraft zu werden. Als er seine Hand zurückziehen wollte, wurde sie plötzlich aufgehalten. Vor Schreck erstarrte er. »Hmm... mach weiter... «, erklang Davons tiefe Stimme und er schmiegte sich in die angenehm kühle Berührung. Wie hypnotisiert gehorchte Yume, streichelte behutsam über die etwas stoppelige Haut. Dann führte er beide Hände an Davons Schläfen und begann ihn zu massieren. Ein angenehmes Wohlgefühl durchströmte Davon, machte ihn leicht, als würde er auf einer Wolke schweben. Mit einem genussvollen Seufzer ließ er sich fallen. Dann griff er nach Yumes Handgelenken und legte sie auf seine Brust. Sein Kopf lag immer noch in den Schoß des Jungen gebettet und so konnte er direkt hinauf in die zweifelnden goldenen Augen blicken. Doch er konnte Yumes Blick nicht halten. Verschämt wandte der Junge das Gesicht ab, ließ seine feinen Hände aber auf der Brust des Größeren. Sanft umschloss Davon die feingliedrigen Finger fester. »Warum schämst du dich?«, fragte er eindringlich, ohne Yume aus den Augen zu lassen. Der Kleine konnte nicht sprechen und so wollte er wenigstens die Empfindungen sehen, die sich in Yumes Körperhaltung wiederspiegelten. Die er ihm so eher unbewusst mitteilte. Unbehaglich versuchte der Silberschopf sich ihm zu entwinden. Davon ließ es geschehen. Er wollte Yume auf keinen Fall zwingen zu bleiben. Trotzdem konnte er seine Enttäuschung nicht verbergen, als Yume vorsichtig das Bett verließ und mit verschlossenem Gesichtsausdruck das Tablett aufräumte. Davon sagte nichts, beobachtete nur. Yumes Bewegungen waren fahrig und die zuvor so ruhigen Hände zitterten. Fast entglitt ihnen die Schale mit der erkalteten Suppe. Im letzten Moment hatte Yume sie noch festhalten können und platzierte sie ebenfalls schnell auf dem Tablett, bevor er Davon entschuldigend ansah und dabei verlegen auf seiner Unterlippe kaute. Dieser Augenblick ging ihm sehr nahe und versetzte ihm einen unangenehmen Stich im Herzen. Überwältigt von den aufwallenden Gefühlen griff er nach Yume und presste ihn fest an sich, nicht auf das Ziehen in seiner Seite achtend. Er war ja so ein Idiot gewesen. Natürlich erinnerte er sich daran, wie Vince sich beinahe an seinem Kleinen vergangen hätte, wenn er nicht rechtzeitig zu Bewusstsein gekommen wäre. Durch den leichten Stoff seines Hemdes konnte er Yumes Zittern deutlich fühlen und flüsterte ihm beruhigende Worte zu: »Hab keine Angst. Ich werde dafür sorgen, dass Vince für sein Vergehen bestraft wird. Von nun an wird dir niemand mehr weh tun...« Wo Yume sich vorher noch versteift hatte, schmiegte er sich jetzt zögernd aber gleichzeitig schutzsuchend an Davon, legte die Hände scheu auf seine Brust und vergrub das Gesicht in dessen Schulterbeuge. Sanft streichelte Davon ihm über den Rücken. Yume fühlte sich gut an, weich, nachgiebig, einfach unwiderstehlich. Langsam glitt Davons Hand zu dem entspannten Gesicht und strich die silbrigen Strähnen zurück, spielte damit. Ein Seufzen kam über Yumes Lippen und er drückte sich von Davon ab. Der hätte den Kleineren am liebsten noch ein Weilchen so gehalten, ließ ihn aber gehen. Yume ging zum Schreibtisch und kam mit einer Schale zurück. Interessiert versuchte Davon den Inhalt zu erkennen, als er auch schon sanft aber mit Nachdruck in die Kissen gedrückt wurde. Dabei konnte er jedoch eine gewisse Angst in Yumes Augen erkennen, die dieser zu verbergen suchte. Davon verbiss sich den Kommentar, der ihm auf der Zunge gelegen hatte und verfolgte nur Yumes Tun. Ein weißes Etwas, das er noch gar nicht registriert hatte, wurde umsichtig von seiner Haut gezupft. Als der Verband weg war, präsentierten sich ihm zwei saubere Nähte. Erstaunt musterte er Yume. »Warst du das?«, fragte er unverblümt und der Silberschopf zuckte zusammen. »Hey ... das war ein Kompliment!«, lockerte Davon die Anspannung und grinste in sich hinein. Er konnte immer noch nicht glauben, dass der Kleine so begabt war, was medizinische Kenntnisse betraf. Aufmerksam beobachtete er, wie Yume eine grün braune Masse auf den Wundbereich auftrug und mit weichen Bewegungen einmassierte. Davons Haut begann unter den schmalen Fingern zu brennen. Das Kräuterzeug war Nebensache. Glücklicherweise lag die dicke Decke über seiner Hüfte und verdeckte seine erwachende Erektion, denn würde Yume seine Erregung zu sehen bekommen, lief er bestimmt weg. Das wollte Davon auf jeden Fall vermeiden. Doch seine Libido hatte einen eigenen Willen und wünschte sich diese zarte Hand an einer ganz anderen Stelle. Allein bei dem Gedanken musste er ein Stöhnen unterdrücken. Unverhofft sah Yume ihn an, eine Frage in den ausdrucksvollen Augen. Seidige Haarsträhnen fielen auf seinen Bauch und streichelten ihn verheißungsvoll, schienen ihn zu verhöhnen. Davon knirschte angestrengt mit den Zähnen und versuchte seine Gedanken wieder auf normale Wege zu leiten. »Nein, dort tut es nicht mehr weh, sondern wo anders!«, meinte er schließlich gepresst auf Yumes fragenden Blick hin und hätte sich im gleichen Moment am liebsten verflucht, als er sich seiner Antwort bewusst wurde. Betroffenheit spiegelte sich in den bernsteinfarbenen Augen, bevor Yume seine Finger von der Wunde nahm und zu ergründen suchte, wo Davon Schmerzen hatte. Enttäuscht keuchte der Schwarzhaarige, als das warme Brennen, welches Yumes Berührung verursacht hatte, nachließ, abebbte. Warum war der Kleine nur so verdammt naiv?! Schnell griff er nach Yumes Hand und legte sie unter seiner auf seinen Bauch, sah ihm dabei fest in die Augen. »Bitte hab keine Angst Yume, ich tue dir nicht weh...«, versprach er noch einmal ernst, bevor er die kleine Hand langsam tiefer führte, den Silberschopf dabei genau beobachtend. Verunsichert kaute Yume auf seiner Unterlippe. Seine Hand war ganz kribbelig und eine leichte Röte schlich sich auf seine Wangen. Davon wollte doch nicht etwa, dass er... Doch da verschwand seine Hand unter Davons Führung unter der schwarzen Decke. Am liebsten wäre er geflüchtet, seine Neugier hielt ihn jedoch zurück. Yume spürte eine seltsame Hitze in sich aufsteigen, als seine Finger etwas hart Aufragendes berührten. Unvermittelt stöhnte Davon auf und Yume zog erschrocken die Hand zurück. Er wollte seinem Herrn keine Schmerzen zufügen... Ängstlich kniff er die Augen zusammen in Erwartung eines Schlages. Aber Davon seufzte nur enttäuscht auf und betrachtete ihn nachdenklich aus den Augenwinkeln. Dann stand er unvermittelt auf, raffte eine dünne Decke um sich und verschwand ohne ein Wort ins Badezimmer. Vor dem Bett zusammengekauert wartete Yume. Davon würde ihn sicher für seinen Ungehorsam bestrafen... leise begann er zu schluchzen. Um Bad feuerte Davon wütend die Decke von sich und schlug mit der Faust gegen die Wand. Er verfluchte sich selbst. Warum musste er nur so ein verdammter Idiot sein? Er wusste, dass Yume die Unschuld praktisch personifizierte und ihm nicht vertraute. Wie konnte er da so etwas von ihm verlangen?! Aufgebracht stellte er sich unter die Dusche und regelte absichtlich die Temperatur herunter, sodass eiskaltes Wasser über seinen Körper strömte und seine Erregung bald Geschichte war. Grimmig schaltete er das Wasser ab, griff nach einem Handtuch und rubbelte sich seine Verletzung missachtend trocken. Wenn er Yume jemals herumkriegen wollte, musste er ihn erst mal dazu bringen ihm zu vertrauen. Nur mit dem Handtuch um die Hüften verließ er das Bad und bekam gleich ein schlechtes Gewissen. Yume hockte verzweifelt vor dem Bett und weinte. Sofort war Davon neben ihm und zog ihn in die Arme, ungeachtet der Schmerzen die diese Bewegungen verursachten. »Hey.. nicht weinen...« Zärtlich streichelte er dem Kleineren über den Rücken und drückte ihn fester an sich. »Yume... du brauchst keine Angst vor mir haben. Ich werde nichts gegen deinen Willen tun«, erklärte er beruhigend. »Deine Berührung vorhin haben mir gefallen und nicht weh getan, verstehst du? Ich wollte das du es tust, weil...« Er stockte. »... Ach verdammt.. ich wollte dich einfach fühlen, nicht dir Angst einjagen.« Langsam versiegten Yumes Tränen und er lehnte dankbar den Kopf an Davons Brust und legte die Hände auf dessen Bauch. Erst als Davon zusammenzuckte bemerkte er, was er getan hatte. Er hatte genau auf die Wunde gedrückt. Ruckartig löste er sich aus der Umarmung und blickte Davon entschuldigend an. Ein nachsichtiges Lächeln spielte um dessen Mundwinkel, während er sich erhob. Dann beugte er sich kurz zu Yume herunter, hob sein Gesicht mit einem Finger an und hauchte liebevoll einen Kuss auf die leicht geöffneten rosigen Lippen. »So, am besten du schmierst meine Kratzer noch mal mit deinem Wunderzeug ein. Beim Duschen ist es leider abgegangen«, schlug er in leichtem Ton vor, während er sich aufs Bett legte. Geduldig sah er Yume an, der immer noch perplex dastand und sich mit einem Finger über die Lippen fuhr. Dann besann er sich schnell, nahm das Schälchen vom Nachttisch und verteilte erneut Salbe auf den Wundbereich. Diesmal beherrschte sich Davon eisern bis sein süßer Silberschopf fertig war. 8 »Yume, hör zu, ich muss noch ein paar Dinge erledigen, die meine Anwesenheit fordern. Ich habe mich jetzt über eine Woche ausgeruht, was ich für ausreichend empfinde«, erklärte Davon überzeugt, während er sich sein Hemd zuknöpfte. Yume musterte ihn kritisch und Davon sah ihm an, dass es ihn störte nicht sprechen zu können. »Ich werde mich nicht überanstrengen«, versprach er ruhig, bevor er sich eine schwarze Weste aus dem Schrank zog und hineinschlüpfte. Zuletzt befestigte er noch den schweren schwarzglänzenden Umhang auf seiner Brust und war mit zwei langen Schritten vor Yume, der sofort den Blick abwendete. »Hey, Honey... Ich weiß was du denkst! Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, auch wenn ich das unheimlich süß von dir finde.« Sanft schlang er die Arme um den schmalen Körper und blickte Yume direkt in die Augen. »Wenn du dich nicht so wundervoll um mich gekümmert hättest, ginge es mir noch gar nicht so gut. Obwohl ich dich anfangs so sehr gequält habe, hast du die Chance mich loszuwerden nicht genutzt und dafür bin ich dir sehr sehr dankbar.« Das Geständnis betraf zweierlei Sachen. Einmal hätte Yume weglaufen können, als der Drache sie angegriffen hatte und andererseits hätte er ihn töten können, während er ans Bett gefesselt war, da er sein Leben vollends und eigentlich ohne Nachzudenken in die Hände des Kleineren gelegt hatte. Eine ganze Weile standen sie so da und starrten sich an, bis Yume sich auf die Zehenspitzen stellte und Davon einen scheuen Kuss auf die Lippen drückte. Augenblicklich färbten sich seine Wangen rot und er versuchte sich aus der Umarmung zu lösen. Doch Davon hielt ihn mit Leichtigkeit fest. Diese kleine Geste machte ihn unsagbar glücklich, weil Yume ihm damit zeigte, dass er ihn doch ein wenig mochte und den Mut hatte sich auf ihn einzulassen. »Sei nicht verlegen, ich freue mich darüber, wirklich«, meinte er mit rauer Stimme, gab dem Kleinen von sich aus noch einen Kuss und verschwand, bevor er in Erwägung ziehen konnte, seine Pläne zu Gunsten des Vergnügens zu verschieben. Yume sank mit weichen Knien auf das Bett und ließ sich nach hinten fallen. Das Kribbeln in seinem Bauch ebbte langsam ab und er fragte sich, warum er eben so reagiert hatte. Es gab keinen Grund dazu, oder vielleicht doch? Sein Körper fing an zu brennen, wenn dieser Dämon ihn nur ansah. Die kleinen zufälligen Berührungen brachten ihn aus dem Konzept und weckten Gefühle in ihm, die er nicht einzuordnen wusste. Und dann war Davon auch noch freundlich und zärtlich zu ihm, so ganz anders als zum Anfang. Mit Schlägen und Demütigungen hätte er umgehen können, weil er in seinem Leben fast nichts anderes kennen gelernt hatte. Aber mit dieser Situation fühlte er sich vollkommen überfordert. Seufzend rollte er sich auf dem großen Bett zusammen und schmiegte sein Gesicht in Davons Kissen, sog genießerisch den leicht herben Geruch ein, den er so an Davon mochte. Wann er angefangen hatte ihn zu mögen, wusste er nicht. Vor weniger als einer Stunde war er dicht an Davon geschmiegt erwacht. Die starken Arme waren besitzergreifend um seine Taille geschlungen und hatten ihn an den harten Körper des anderen gepresst, so als würde Davon befürchten ihn zu verlieren, wenn er ihn nicht festhielt, erinnerte sich Yume und Wärme breitete sich in ihm aus. Eine Weile träumte er noch vor sich hin, bis jemand den Raum betrat. »Äh.. guten Morgen, Yume. Ich wollte nicht stören, aber mein Herr sagte, ich solle dir etwas zu Essen bringen...«, entschuldigte sich Aneésa mit einem fröhlichen Lächeln und trug das Tablett mit den duftenden Speisen zu ihm ans Bett. »Wie es scheint, hast du wahre Wunder vollbracht. Nicht nur das er wieder genesen ist, nein, er hat auch noch gute Laune dazu!«, erzählte sie ihm mitteilsam und Yume wurde leicht rot. »Du kannst ruhig noch liegen bleiben, deswegen sollte ich dir das Frühstück ja hochbringen«, bemerkte sie mit einem Schmunzeln, als Yume aufstehen wollte. Nachdem er ein wenig von den ausgewählten Speisen gekostet hatte, räumte Yume alles zusammen und ging die Treppe runter Richtung Küche. Ein bisschen kannte er sich schon aus, da er Davon versorgt hatte. Kurz vor der Schwingtür der Küche hielt er inne. Stimmen drangen gedämpft zu ihm, die keinesfalls aus dem Raum vor ihm kamen. Erst wollte er weiter gehen, ruckte dann aber zurück. Irgendwie hatte er das Gefühl herausfinden zu müssen, was da vor sich ging. Yume schluckte, stellte das Tablett auf den Boden und strich sich fahrig die offenen Haare zurück. Nervös leckte er sich über die Lippen und schlich auf die Stimmen zu, hielt sich immer an der Wand. Die Gänge kamen ihm auf einmal beängstigend weit und dunkel vor und er spürte sein Herz bis zum Hals schlagen. Schließlich kam er ans Ende der Wand und schielte vorsichtig um die Ecke, die Hände in sein Hemd verkrampft. Wegen der schummerigen Lichtverhältnisse konnte Yume nur zwei Gestalten erkennen, die sich rege miteinander unterhielten. Auf Grund der Entfernung drangen nur Gesprächsfetzen zu ihm durch, was ihn noch aufgeregter werden ließ. »... Dein letzter Versuch fehlgeschlagen... diesmal besser vorher...«, knurrte die größere Gestalt grimmig und Yume meinte die Stimme irgendwoher zu kennen. »... keine gute Idee... besten.. Yves als nächstes...« Erschrocken hielt Yume die Luft an. Was hatten diese Dämonen nur vor? Wollten sie Davon schaden... ihn umbringen...? Aber warum..? »..war das..?«, hörte er einen der Beiden plötzlich fragen, dann verstummte das Gespräch. Yume erstarrte. Sie hatten ihn doch nicht etwa entdeckt..? /Oh bitte nicht../, flehte er, Angst lähmte seinen Körper und raubte ihm den Atem. Plötzlich ertönten Schritte und rissen ihn aus seinen Gedanken. So schnell ihn seine Füße trugen, rannte er zurück, riss das Tablett hektisch an sich, sodass die Gegenstände darauf gefährlich schwankten. »Wir wurden belauscht!«, stellte die kleinere Gestalt mit zusammengekniffenen Augen fest und starrte zum Ende des Ganges, wo für einen Augenblick etwas silbriges aufgeblitzt war. Der Größere lächelte grimmig in sich hinein und kehrte zu seinem Kumpanen zurück. »Ja, in der Tat. Davons kleine Hure hat uns belauscht. Gesehen haben dürfte der Sklave uns nicht, aber einen Teil des Gespräches hat er auf jeden Fall mitbekommen.« Die rotbraunen Augen des kleinen Dämons glühten gefährlich auf, bevor er sie zu schmalen Schlitzen verengte. »Dann sieh zu, dass du diesem Bengel das Maul stopfst!«, befahl er herrisch und wandte sich mit wehendem Umhang ab. »Keine Sorge, Karon! Um die Hure werde ich mich persönlich kümmern.« Fäuste knackend verließ auch der größere Dämon den Treffpunkt, während ein bösartiges Grinsen um seine Mundwinkel spielte. Inzwischen war Yume in der Küche und fühlte sich zwischen den geschäftigen Dämonen sicherer auch wenn ihm der Schreck noch tief in den Knochen saß. »Ah, Yume. Da bist du ja«, kam Aneésa auf ihn zugeschwebt und riss enthusiastisch das Tablett aus seinen kalten, klammen Fingern, bevor sie wieder herumwirbelte. »Davon hat gesagt, du kannst dich frei im Schloss bewegen. Die Wachen sind informiert und werden dir nicht zu nahe treten«, teilte sie ihm über die Schulter hinweg mit und verschwand dann zwischen den anderen Dienstbotendämonen. Verunsichert und sich ausgeschlossen fühlend, stand Yume in der Küche. Alle hatten ihre Arbeit und nahmen kaum Notiz von ihm. Er war ein Außenseiter und niemandem wichtig. Seufzend drehte er sich um und ging. Doch wohin sollte er? Plötzlich fiel ihm etwas ein. Davon hatte ihm doch damals die Drachennester zeigen wollen, bevor sie angegriffen wurden?! Kaum hatte er den Gedanken gefasst, strebte er auch schon aus dem Schloss, über das riesige Plateau und kam ein wenig außer Atem zu der Felswand, deren Front ein enormes finsteres Loch einnahm. Zögerlich machte er ein paar Schritte darauf zu, fasste dann aber all seinen Mut zusammen, ehe er es sich anders überlegen konnte und trat in die Dunkelheit. Es raschelte und knisterte leise, was Yume einen Schauder über den Rücken jagte. Auf einmal war er sich doch nicht mehr ganz sicher. Doch richtige Angst hatte er nicht. Unter seinen nackten Füßen spürte er jetzt Geäst und etwas weicheres, vielleicht Stroh. Das hieß er stand vor einem Nest. Sein Herz schlug schneller. Inzwischen hatten sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt, sodass er das riesige Nest schemenhaft erkennen konnte, sowie den mächtigen Körper, der darin zusammengerollt ruhte. Statt Furcht durchflutete ihn ein angenehmes Kribbeln und Yume versuchte ungelenk in das Nest zu gelangen. Dabei bohrten sich immer wieder scharfkantige Zweige in seine Haut, die einfach nicht nachgeben wollten. Schlussendlich hatte er es bis auf den Rand geschafft und riss an seinem Ärmel, der sich an einem Ast verfangen hatte. Mit einem scharfen Reißen gab der plötzlich Stoff nach, Yume verlor das Gleichgewicht und kullerte erschrocken fiepend gegen den schuppigen Körper. Fast sofort war der Drache wach, betrachtete den kleinen Eindringling mit seinen gelben Augen, gab ein grimmiges Schnauben von sich. Überwältig von dem Anblick blieb Yume sitzen, stützte sich nur mit den Armen hinten ab, um den Kopf in den Nacken legen zu können. /So wunderschön.../, dachte er träumerisch, als das Tier den mächtigen Kopf senkte und an ihm schnupperte. Der heiße Atem zerrte an seinen Haaren und Yume genoss das streichelnde Gefühl. In keinster Weise fühlte er sich bedroht. Zögerlich streckte er eine Hand aus und berührte mit den Fingerspitzen leicht die schuppigen Nüstern, die sich sofort blähten. Heiße Luft strömte seinen Arm hinab, in sein Gewand und ließ ihn erschaudern. Dann wandte das Tier sich wieder ab und Yume erhob sich, ging vorsichtig um den Drachen herum. Alles an dem Geschöpf wirkte mächtig, so stark und unberechenbar. Yume seufzte und lehnte sich an den warmen Körper, was der Drache nur mit einem grummeligen Schnauben quittierte. Dann begann er erst mit den Fingerspitzen und schließlich mit der ganzen Hand die Schuppen des Tieres nachzufahren. Seine Hand bedeckte gerade mal so eine Drachenschuppe, stellte er ehrfurchtsvoll fest. Langsam streichelte er weiter und hielt inne, als er plötzlich etwas nasses fühlte. Irritiert nahm er seine Hand von der Stelle und betrachtete sie. Und auch wenn er nicht wirklich etwas erkennen konnte, so wusste er doch, dass es sich bei der warmen Flüssigkeit, die dunkel seine Haut benetzte um Blut handelte. Entsetzt machte er einen Schritt zurück und schüttelte den Kopf. Wie war das möglich? Warum war der Drache verletzt? Und wieso hatte das niemand bemerkt? Ein lautes Schnauben riss Yume aus seinen Gedanken. Das Tier hatte Schmerzen, er wusste es. Und in diesem Augenblick fasste er einen Entschluss. Er wollte dem Drachen helfen. Gefasst krabbelte er wieder aus dem Nest und eilte zurück ins Schloss. Eine halbe Stunde später kraxelte Yume zum zweiten Mal in das Nest. Diesmal hatte er sich eine kleine Lampe mitgebracht und schaute sich die Verletzung erst mal an. Die Wunde stammte von etwas sehr Scharfem. Jemand hatte mit einem Schwert oder einem Dolch zugestochen. Nach der kurzen Einschätzung stellte Yume die restlichen Gegenstände ab, die er mitgebracht hatte. Zuerst öffnete er ein Glas, in das er Wasser gefüllt hatte und befeuchtete ein Tuch. Damit tupfte er vorsichtig die Wundränder ab. Es war ein unterarmlanger Schlitz, der in das Fleisch gerissen war. Die Prozedur des Abtupfens wiederholte er einige Male, bevor er die Wunde ein bisschen abtrocknen ließ. Danach nahm er das andere Glas, welches er mitgebracht hatte und indem sich seine spezielle Salbe befand und verteilte sie großzügig auf dem zerstörten Fleisch. 9 Als Davon gegen Abend sein Zimmer betrat, lag Yume bereits zusammen gerollt auf dem großen Bett. Lächelnd setzte er sich auf die Bettkante und betrachtete die engelsgleichen Züge eine Weile, bevor er eine Hand ausstreckte und ein paar silbrige Haarsträhnen zurückstrich. Unvermittelt strich er mit dem Daumen die sanft gerundete Kinnpartie nach und streichelte zart über Yumes Wange, wobei er ihn unentwegt ansah. Langsam schlug Yume die Augen auf. Aber statt zu flüchten, was er sonst fast immer tat, schmiegte er sich noch mehr in die sanften Berührungen, seufzte gedehnt. Davon war ehrlich überrascht und ein Glücksgefühl überflutete ihn. Heute morgen der Kuss, jetzt das katzengleiche Anschmiegen... Yume schien sich wohl zu fühlen und ein wenig mochte er ihn auch, da war Davon sich absolut sicher. Beflügelt von diesen Gedanken strebte er ins Bad. Der Tag war anstrengend gewesen und ihm unendlich lang erschienen. Aber Yumes kleine Geste hatte seine Lebensgeister wieder auf Hochtouren gebracht. Leise summend duschte er und kam nur mit einem Handtuch um die Hüften aus dem Badezimmer. Doch zu seiner Verwunderung fand er das Bett leer vor. Suchend schaute er sich um, aber Yume war anscheinend nicht im Raum. Verstimmt ließ er sich auf die schwarzen Laken nieder, stützte einen Ellenbogen aufs Knie und den Kopf auf seine Hand. Was hatte der Kleine denn jetzt wieder vor? Viel wichtiger war jedoch, wo war er hin? Verdrossen knirschte Davon mit den Zähnen. Er griff gerade nach seinen Sachen, um sich wieder anzuziehen und Yume suchen zu gehen, als dieser mit einem reichlich gefüllten Tablett dampfender Speisen durch die Tür trat. Sowie er Davons grimmigen Blick bemerkte, senkte er entschuldigend den Kopf und beeilte sich das Essen zum Bett zu bringen. Danach kniete er sich demütig vor Davon auf den Boden und wartete. Verlegenheit spiegelte sich in seiner Miene. Ein Seufzen kam dem Dämon über die Lippen. »Yume, wie oft hab ich dir gesagt, du sollst dich nicht mehr so sklavisch verhalten? Ich möchte das nicht. Und jetzt steh auf und komm her.« Sofort kam der Silberschopf seinem Wunsch nach, setzte sich mit gesenktem Kopf neben ihn aufs Bett. Nachdenklich musterte Davon den Kleineren, ehe er verhalten grinste. »Wieso bist du auf einmal so rot geworden«, neckte er Yume, der wie erwartet zu ihm hoch schaute. Den Augenblick nutzte Davon, um ihm einen kurzen Kuss zu rauben. Überrascht starrte Yume ihn an, konnte den Blick nicht mehr abwenden. Erst als Davon ihm mit einem Finger auf die Nase stupste, bemerkte er sein unmögliches Benehmen. Davon blieb Yumes Verlegenheit natürlich nicht verborgen. »Nun komm schon, sonst wird das Essen kalt«, lockerte er die Situation etwas auf und setzte sich ans Bettende. Gleich darauf krabbelte der Silberschopf neben ihn, was ihm überhaupt nicht passte. Statt Yume jedoch darauf hin zu weisen, umfasste er einfach dessen Taille und platzierte ihn zwischen seinen Beinen, ehe er das Tablett von der Decke nahm und es vor dem Kleineren abstellte, sodass er nicht flüchten konnte. Mit dem Rücken lehnte Yume an seiner nackten Brust. Natürlich wäre es ihm lieber gewesen, wenn er auch nichts am Leib gehabt hätte, aber da kam er auch noch hin. »Sooo... das ist doch schon viel besser«, sagte er gedehnt, während er um Yume herumgriff und die Glocke von einem der Teller nahm. Dampf schlug ihnen entgegen, weswegen sich Yume einen Augenblick fester an ihn drückte. Sofort danach rückte er wieder ein Stück ab, was Davon belustigt zu Kenntnis nahm. »Also.. mal überlegen. Die letzten paar Tage hast du mich verwöhnt. Jetzt bist du an der Reihe.« Verdutzt drehte Yume seinen Kopf und Davon konnte nicht wiederstehen die samtigen Lippen in Besitz zu nehmen. Er wusste, dass er das jetzt lieber noch nicht tun sollte, hörte aber nicht auf, sondern streichelte ganz sanft mit seiner Zungenspitze über Yumes Lippen, während seine Hände die Arme des Kleineren umfangen hielten und ihn dichter an sich drückten. Unter seinen Berührungen wurde Yume weich, öffnete die Lippen ein Stück und Davon nutze die Chance, um von der ihm bisher verschlossenen Süße zu kosten. Dann rief er sich jedoch zur Raison und ließ von Yume ab. Der hatte die Augen geschlossen und sich vollständig an ihn gelehnt, den Kopf an seine Brust gebettet. »Hm... das war eine kleine Vorspeise«, scherzte er grinsend, und strich Yume ein paar verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht. »Aber jetzt sollten wir wirklich was Essen...« Mit diesen Worten langte er nach einem frittierten Kartoffelbällchen und hielt es Yume hin. Bernsteinfarbene Augen lächelten ihn zurückhaltend an, bevor der Kleinere vorsichtig hineinbiss. So ging es noch eine ganze Weile weiter, ehe sie zum Nachtisch gelangten. Verschiedene Obstsorten befanden sich auch auf dem Tablett, aber Yume kannte keine einzige davon. Als Davon ihm schließlich gezeigt hatte, wie man die Früchte von ihrer Schale befreite, pellte er auch eine aus, die er dann kurzerhand Davon in den Mund schob. Beim zweiten Mal, umschloss Davon jedoch sein Handgelenk und begann den Fruchtsaft ab zu lecken. Jeden einzelnen Finger sog er in seinen Mund, liebkoste ihn geschickt mit Lippen und Zunge, bevor er sich dem nächsten widmete. Yume wurde heiß, Röte stieg ihm ins Gesicht. Sein ganzer Körper vibrierte und sein Bauch war längst über das Stadium des leichten Kribbelns hinaus. Stattdessen breitete sich eine ungeheure Hitze in seiner Magengegend aus, die unaufhaltsam seinen ganzen Körper in Brand steckte. Und Davon gab ihm mit seinen Liebkosungen noch den Rest. Er wusste nicht mehr was er tun sollte. Einerseits wollte er, dass Davon nicht aufhörte, damit das schöne Gefühl nicht verschwand, aber andererseits hatte er Angst vor dem was passieren würde, wenn er sich dem anderen nicht entzog. Ende Teil 2 Kapitel 3: ----------- *** Tempted to touch III *** Davon bemerkte Yumes inneren Konflikt und ließ von ihm ab. Wenn er mit dem Kleineren schlief, dann wollte er, dass er von allein zu ihm kam. Bis dahin würde er Yumes Verlangen mit Küssen und Berührungen anstacheln, solange, bis er es nicht mehr aushielt und nur noch daran denken musste. »Yume, du bringst bitte das Tablett noch weg. Inzwischen geh ich mir die Hände waschen«, meinte Davon in neutralem Tonfall und Yume blieb verdattert sitzen. Dieser rapide Themenwechsel brachte ihn ganz durcheinander. Er brauchte eine Weile, ehe er seine Gefühle unter Kontrolle hatte und stand dann hastig mit dem Tablett auf, rannte fast aus dem Zimmer. Was war nur los mit ihm? Warum fühlte er sich ohne Davon plötzlich schutzlos und so verlassen? Warum sehnte er sich schon nach den paar Sekunden nach den sanften Berührungen und Küssen? Es war ihm unbegreiflich und er schüttelte heftig den Kopf, um diese Gedanken los zu werden. Als er seine Fracht in der Küche abgeliefert hatte und die Treppe wieder hoch tapste, hatte er plötzlich Angst zu Davon zurück zu kehren. Was war, wenn das alles nur ein Traum gewesen war? Wenn Davon auf einmal wieder grausam zu ihm war und das Geschehene als lustiges Spiel abtat? Vor der großen schwarzen Tür zu Davons Zimmer blieb er stehen, kaute unschlüssig auf seiner Unterlippe herum. Dann seufzte er ergeben und trat leise in den Raum. Vielleicht machte er sich zu viele Gedanken. Er sollte es wahrscheinlich lieber genießen, dass der Größere jetzt netter zu ihm war, anstatt dauernd zu zweifeln. Doch er konnte nichts gegen diese Furcht tun. Sie saß zu tief, als dass er seine vorsichtige Haltung aufgeben würde. Zu oft war er in der Vergangenheit enttäuscht und verletzt worden, weswegen er sich nicht traute noch einmal rückhaltlos zu vertrauen. Davon saß bereits im Bett und erwartete ihn. »Hey, was ist denn? Wo warst du so lange?«, fragte der schwarzhaarige Dämon ungeduldig und zog eine Augenbraue hoch. Yume senkte wie immer den Kopf, eilte ins Bad, wusch sich schnell und krabbelte schließlich zu Davon unter die Decke. Mürrisch blickte dieser auf ihn herab und Yume sah fragend zurück, ahnte schon schlimmes. »Komm schon, Yume! Zieh den Fummel aus. Ich will dich sehen. Außerdem ist es nicht die erste Nacht die du unbekleidet neben mir schläfst.« Zögerlich streifte Yume das helle Nachtgewand ab, entblößte seine fast weiße Haut, bevor er sich hinlegte und fröstelnd abwartete was Davon tat. Einen Moment genoss dieser noch den Anblick des feinen Körpers, ehe er Yume und sich in die dunkle Decke hüllte. Mit einem Arm umschlang er die schmale Taille und zog den Kleineren dicht an sich, sodass er die weiche Haut an seiner Brust spüren konnte. Yume passte sich perfekt an ihn an, stellte Davon zufrieden fest und streichelte mit den Fingerspitzen noch etwas über den Bauch des Silberschopfes. 9 Wie immer erwachte Davon am nächsten Morgen als Erster und streckte sich zufrieden. So gut hatte er schon lange nicht mehr geschlafen. Als Yume sich zu ihm drehte, weil er seine Wärme vermisste, schloss Davon ihn wieder in die Arme. Er konnte nicht genug von dem niedlichen Anblick bekommen. Früher hätte er sich für diese Gedanken geohrfeigt, aber nun kamen sie ihm irgendwie natürlich vor. Er mochte es, wie Yume sich so vertrauensvoll an ihn schmiegte, den feinen Duft, der von ihm ausging. Eigentlich sah Yume eher wie ein Mädchen aus, mit den silbernen Strähnen, die weich sein Gesicht umrahmten und ihm glänzend über Schultern und Rücken fielen, dachte Davon belustigt und wickelte sich verspielt eine Locke um die Finger. Yume seufzte schläfrig und schlug langsam die Augen auf, entblößte ein Paar golden schimmernder Bernsteine, die Davon verlegen anlächelten. Liebevoll strich Davon ihm durch die seidigen Haare, zog ihn sanft zu sich hoch und küsste ihn leicht. »Guten Morgen«, murmelte er nahe an Yumes Ohr. Nervös leckte der Kleinere sich über die Lippen und eine leichte Röte zog sich über seine Wangen, als Davons Hand federleicht über seinen Bauch und zwischen seine Beine wanderte. Davon wollte Yume gerade einen beruhigenden Kuss geben, da flog die Tür plötzlich auf und knallte hart gegen die Wand. Sofort versuchte Yume sich von ihm los zu machen, doch Davon hielt ihn fest, während er Vince, der keuchend auf der Schwelle stand, böse anfunkelte. »Was willst du? Und wieso zum Teufel platzt du hier unangemeldet herein?! «, fragte Davon drohend und erdolchte seinen Drachenmeister schier mit Blicken. Der betrachtete Yume abwertend, bevor er sich zu einer Antwort herab ließ. »Oh .. tut mir leid, aber der Drachen den wir besorgen sollten ist verschwunden. Jemand hat ihn in diesen Raum fliegen sehen«, informierte er kurz, ehe er die kalten Augen von Yume abwandte und das Zimmer inspizierte. Davons gute Laune war nun endgültig verflogen und er verließ wütend sein Bett. Aus dem Schrank suchte er was zum Anziehen und legte auch für Yume etwas raus. »In meinem Zimmer ist niemand weiter, außer Yume und mir«, knurrte Davon unwillig und zog sich fertig an. Sein Silberschopf saß verängstigt zwischen den Decken und er konnte Yumes Furcht sogar verstehen. Besonders gut war er auch nicht auf Vince zu sprechen. Und da wagte er es einfach in sein Zimmer zu platzen. Demnächst stellten dann sogar die Küchenmädchen seine Autorität in Frage, wenn er sich von seinem Drachenmeister derartig auf der Nase herum tanzen ließ. »Vince, warte draußen!« Umgehend folgte der andere seinem Befehl. Bevor Davon jedoch hinterherging, setzte er sich neben Yume und zog ihn in eine Umarmung. »Keine Angst. Vince wird dir nicht mehr zu nahe kommen. Ich pass schon auf dich auf«, versicherte er dem Kleineren, gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Stirn und folgte dem anderen Dämon. Yume entspannte sich erst nach einer ganzen Weile des allein seins. Schützend zog er die Knie an die Brust. Er hatte wirklich eine Heidenangst vor diesem Drachenmeister. Vince konnte ihn überhaupt nicht leiden, allein schon, weil er ein Sklave war. Ohne mit der Wimper zu zucken, hätte er ihn damals vergewaltigt, wenn Davon nicht ... Nachdrücklich verbannte er die schrecklichen Erinnerungen. Davon hatte versprochen ihn zu beschützen und aus irgendeinem unerfindlichen Grund wollte Yume daran glauben. Er mochte ihn, auch wenn Davon ihn zum Anfang schlecht behandelt hatte. Aber jetzt hatte er ihm noch eine ganz andere Welt gezeigt. Eine Welt, in der auch seine Wünsche zählten, in der er Gefühle haben durfte und wo jemand war, der ihm etwas gab, was er nie zu hoffen gewagt hatte; Geborgenheit und Zuneigung. Schließlich griff er nach den Sachen, die Davon ihm heraus gelegt hatte, schlüpfte hinein und setzte sich wieder aufs Bett. Gedankenversunken starrte er auf die schwarzen Decken. Er wusste nicht, wie er Davon das jemals vergelten konnte ... nachdenklich legte er die Stirn in Falten, wunderte sich jedoch einen Moment später, warum die Decke vor ihm auf einmal so seltsam fluoreszierte. Vorsichtig beugte er sich vor und tippte dieses komische Ding einfach mit einem Finger an. Aufgeschreckt fegte das Etwas mit rasendem Tempo durch die Decken, sodass Yume Schwierigkeiten hatte zu folgen. Er hatte sich nämlich mindestens genauso erschrocken wie der Flattermann und sein Herz schlug Stakkato. Keuchend fasste er sich an die Brust, um sich wieder zu beruhigen. Dann suchte er nach dem kleinen Feldwirbel und erblickte ihn am Ende des Bettes. Unschlüssig hob er die Augenbrauen. Wenn er sich nicht irrte, musste das der Drachen gewesen sein, von dem Vince gesprochen hatte. Ein Lächeln schlich sich auf Yumes Züge. Also hatte dieser Dämon doch Recht gehabt. Angespannt beobachteten sie sich gegenseitig. Sofort, als Yume sich bewegte, passte der Drache sich farblich der Umgebung an. Nur die grünen Augen mit den gelben Sprenkeln blieben wachsam auf ihn gerichtet und hoben sich als einziges vom ebenmäßigen Schwarz der Decken ab. Seufzend stützte Yume den Kopf in eine Hand. Dieser kleine Drache hatte Angst und er wollte das Tier mit seiner Neugierde nicht verschrecken. Also wartete er einfach ab. Nach einiger Zeit hob der Drache den Kopf und schielte neugierig zu ihm herüber. Wie ein Chamäleon bewegte er sich auf Yume zu, der alles regungslos beobachtete. Als Yume dann doch einen Finger ausstreckte, schnupperte der Drache interessiert daran. Anscheinend fühlte er sich von Yume nicht bedroht, denn keine Sekunde später machte er es sich in der Decke neben ihm bequem. Und als Yume ihn dann auch noch leicht streichelte, schnurrte er wie eine Katze, wobei sich die Farbe des kleinen Drachens von schwarz zu einem warmen Braunton veränderte. Yume war so fasziniert von seinem neuen Freund, dass er richtig erschrak, als dieser ruckartig den Kopf hob und zur Tür blickte. Davon trat gleich darauf ein, gefolgt von Vince, was der Drache mit einem bösen Zischen zur Kenntnis nahm. Natürlich zog er damit auch die Aufmerksamkeit der zwei Dämonen auf sich. »DA! Seht ihr! Was habe ich gesagt? Der Drache WAR die ganze Zeit in diesem Raum!« Anklagend richtete Vince einen Finger auf Yume, der sofort zusammen zuckte. »Und dieser Sklave .. « Er betonte das Wort extra abwertend. » .. hat es von Anfang an gewusst!« Davon sah skeptisch zu Yume herüber, der sich hinter der Decke versteckte und verlegen zur Seite blickte. »Das ist nur eine Vermutung, Vince. Halt dich lieber mit deinen Anschuldigungen zurück!«, wies er seinen Drachenmeister scharf zurecht, bevor er sich an Yume wandte. »Kommst du bitte mal her?«, liebevoll sah Davon ihn an. »Vince möchte nur den Drachen wieder haben.« Augenblicklich leistete er der Bitte folge und stand auf. Doch sowie er sich ein Stück von dem Tier entfernte, knurrte dieses kurz und war mit zwei Sätzen auf Yumes Schulter, verbarg sich hinter seinen langen Haaren. Nun steckte Yume in einem Zwiespalt. Er wollte Davon gehorchen, aber der kleine Drache zitterte auf seiner Schulter, schabte bittend mit seinen Krallen über seine Haut. Entschuldigend blickte er Davon in die Augen und hoffte er würde es verstehen. Ehe der Schwarzhaarige reagieren konnte, war Vince mit zwei großen Schritten bei Yume und versuchte den Drachen von dessen Schulter zu reißen. Laut kreischend flatterte das kleine Geschöpf um Vince herum, attackierte ihn mit ausgefahrenen Klauen. Unkontrolliert fuchtelte der mit den Armen in der Luft herum, um den Drachen zu greifen und schubste Yume bei einer Drehung brutal zu Boden. »VINCE!« Sofort mischte Davon sich ein. Das Schauspiel war amüsant gewesen, aber sein Drachenmeister hatte sich nicht mehr unter Kontrolle. Da hörte der Spaß auf. Vor allem, weil Yume sich auch so schon genug vor ihm fürchtete. Augenblicklich stellte Vince seine unkoordinierten Fangversuche ein. Auch der Drache drehte nur noch eine Runde um seinen selbsternannten Feind, bevor er besorgt an Yumes Seite flatterte. Reuig leckte er ihm über die Hand. Davon war mehr als überrascht von dieser Szene. Kirioudrachen(1) brauchten jahrelange Beschäftigung und Fürsorge einer Person, bevor sie eine Art Bindung schlossen. Aber dieser hier schien Yumes Angst gefühlt zu haben und hatte Vince angegriffen. Erstaunlich ... »Tut mir leid«, entschuldigte sich der Drachenmeister nichtssagend und mit einem desinteressierten Tonfall. »War ein Versehen.« Damit war die Sache für ihn erledigt und er ging auf Yume zu, der am Boden saß mit dem Objekt seiner Begierde im Schoß. Zielstrebig wollte er den Drachen packen. Ein gefährliches Fauchen ertönte und auch Davon setzte gerade an etwas zu sagen, als Vince plötzlich schmerzerfüllt aufschrie. Davon und Yume zuckten gleichermaßen zusammen. »Ahhhhh .. verdammt ... nimm einer .. das Ding weg ... «, brüllte er durchs ganze Zimmer. Der Kirioudrache hatte sich in einen seiner Finger verbissen und ließ nicht mehr los. Egal, wie sehr er ihn durch die Luft wedelte, der Drache ließ nicht von Vince ab. Erst als Yume aufstand und dem fauchenden Tier etwas ängstlich zuwinkte, löste es sich von dem Finger des Hünen und setzte sich wieder auf Yumes Schulter. Davon war sprachlos. So etwas hatte er noch nie erlebt. Der Drache saß jetzt ganz friedlich bei Yume, starrte Vince lediglich mit warnenden grün-goldenen Augen an. »Dieses ... dieses Mistvieh!«, fluchte Vince. »Wenn ich das miese Stück erwische ... ich schwöre, dann dreh ich ihm den Hals um.« »Vince, es reicht!«, unterbrach Davon ihn scharf. »Am besten du verlässt den Raum und vergisst die Angelegenheit!« Es war ein freundlich formulierter Befehl, in dem eine unterschwellige Drohung mitschwang. »Aber ... was ist mit dem ... « »Der bleibt hier! Und jetzt sieh zu, dass du mir aus den Augen gehst!« »Wie ihr meint, mein Herr«, verabschiedete Vince sich mit einer angedeuteten Verbeugung. Sowie Vince verschwunden war, näherte Davon sich dem Paar in der Mitte des Raumes. Unsicher hatte Yume die Hände ineinander verschlungen und blickte ihn entschuldigend an. Davon verzog keine Miene, sondern musterte Yume nur eingehend, während er langsam - und in sicherem Abstand - um ihn herum ging. Ihm stellte sich die gleiche Frage, wie schon vor wenigen Minuten. Wieso hatte der Drache zu Yume solches Vertrauen gefasst? »Yume, siehst du den Drachen heute das erste Mal?«, fragte er schließlich und als der Kleinere zaghaft nickte, verwarf er die Vermutung, dass die Beiden sich vielleicht schon länger kannten. Äußerst seltsam. Doch ändern konnte er nichts an der derzeitigen Lage. Das Tier hatte bereits zu einer Person Vertrauen gefasst. Und würde er es von Yume trennen, hatte das nur zur Folge, dass es vor sich hinkümmerte, bis es irgendwann elendig starb. Davon seufzte kurz. Dann kam ihm eine Idee. »Weißt du, wann du geboren wurdest?«, fragte er Yume, der daraufhin nur traurig den Kopf schüttelte. »Und wie alt du bist, wurde bei deinem Verkauf vermutlich auch nur geschätzt«, führte Davon weiter nachdenklich aus, während er näher zu dem Kleineren trat, der ihn nur aus ausdrucksvollen Bernsteinaugen ansah. »Also bestimmen wir den heutigen Tag zu deinem Geburtstag, wenn du das möchtest. Und der Drache ist dein Geschenk ... « Yume war gerührt. Davon wollte ihm, einem Sklaven, etwas schenken? Er hatte noch nie Geschenke bekommen ... Tränen der Freude traten ihm in die Augen. Ehe Davon ihn fragen konnte, warum er weinte, warf er sich in dessen Arme und drückte sich fest an ihn. Immer waren alle nur gemein zu ihn gewesen, hatten ihn mit Genuss leiden lassen und gefoltert. Er hielt das Leben für eine Grausamkeit. So hatte er jedenfalls bis jetzt gedacht. Bis Davon ihn gekauft und ihm gezeigt hatte, dass es auch eine andere Seite gab. Er war so unsagbar dankbar .. und glücklich auch. Das war mehr, als er sich jemals erträumt hatte. Als Yume in seine Arme flog, war Davon mehr als überrascht. Er hatte nicht mit einer derartig heftigen Reaktion gerechnet. Sanft umschloss er den kleineren Körper, streichelte liebevoll über den fein geschwungenen Rücken. Als Yume schließlich zu ihm aufsah, spiegelte sich reines Glück in dessen Augen, ließ sie regelrecht leuchten. Und spätestens in diesem Moment wusste Davon, dass er das Richtige getan hatte. Ein Gefühl der Freude durchströmte ihn, wenn er Yume so glücklich sah. Er hatte sich noch nie so selbstlos einem anderen gegenüber verhalten, doch bei dem Silberschopf konnte er einfach nicht anders. Der Kleine hatte sein Herz eingefangen. Mit beiden Händen umfing er Yumes strahlendes Gesicht und hauchte liebevoll einen Kuss auf die halb geöffneten Lippen. Sanft reizte er den Kleineren mit seiner Zunge und bat um Einlass, den Yume ihm zögerlich gewährte. Während Davon durch die schimmernde Haarmasse von Yume fuhr, vertiefte er den Kuss, forderte ihn zu einem kleinen Kampf heraus. Yume war von Davons plötzlichen Überfall etwas überrascht, erwiderte die Zärtlichkeiten jedoch scheu und drückte sich fester an ihn. Seine Finger glitten über Davons Schultern zur Brust, wo er deutlich den schnellen Herzschlag spürte, was ihn in den Kuss lächeln ließ. Schließlich löste sich Davon wieder von ihm und lächelte ihn an. »Du hast heute Geburtstag und da der Tag noch jung ist, unternehmen wir etwas, einverstanden?« Yume konnte nur nicken. Meinte Davon das ernst? Er hatte ihm doch schon ein wunderschönes Geschenk gemacht. Und er wollte zusätzlich den ganzen Tag mit ihm verbringen ...? »Nun schau nicht so verwirrt«, stupste er Yume auf die Nase. »Natürlich möchte ich so viel Zeit wie möglich mit dir verbringen ... « Bei seinen nächsten Worten hielt er sich jedoch zurück. Es stand außer Frage, dass er den Kleineren mochte, und das sogar sehr. Doch er wollte ihn mit seiner ungestümen Art nicht verschrecken. »Und ich möchte, dass du diesen Tag immer in Erinnerung behältst.« Damit drückte er Yume einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. Dann griff er nach dessen Hand, verschränkte ihre Finger miteinander und führte Yume aus dem Schloss. Vor den Ställen angekommen, befahl Davon einem Unterdämon zwei Pferde zu satteln. Yume staunte nicht schlecht, als er die edlen Tiere sah, die vorgeführt wurden. Der Unterdämon legte ihm die Zügel für einen Fuchs in die Hände. Yume war so fasziniert von der Schönheit des Tieres, dass er gar nicht anders konnte, als ehrfürchtig über das braune glänzende Fell zu streicheln. Er hatte schon viele Pferde gesehen, aber noch nie eines berühren, geschweige denn reiten dürfen. Pferde waren etwas für reiche Leute und er ... er war ... Verunsichert trat er einen Schritt zurück. Durfte er überhaupt ... »Yume?« Davon umarmte den Kleineren von hinten, weil er dessen Zögern bemerkt hatte. Er konnte sich denken, warum dieser sich so verhielt. »Wovor hast du Angst? Du kannst das Pferd ruhig streicheln ... es liegt mir fern, dir so etwas zu verbieten. Außerdem ... Was meinst du, weshalb ich zwei Tiere habe satteln lassen, hm?« Dankbar und unheimlich erleichtert blickte Yume von unten zu ihm auf. »So, und nun rauf mit dir!« Ohne die Reaktion des Kleineren abzuwarten, fasste Davon ihn um die Hüften und half ihm beim Aufsitzen. Danach schwang er sich selbst in den Sattel und nahm die Zügel von Yumes Pferd. Er wollte seinen Silberschopf nicht gleich überfordern. Denn so wie es aussah hatte der Kleine noch nie auf einem Pferd gesessen. Auf den Gedanken, das Yume die Flucht ergreifen könnte, kam er nicht einmal. Verkrampft klammerte Yume sich an den Sattelknauf, als sein Reittier sich in Bewegung setzte. Das stetige Herumgewackel und Geschwanke war ihm unheimlich und so gern er das Tier auch mochte, er wäre am liebsten gleich wieder abgestiegen. Als sie die Dämonenfestung ein Stück hinter sich gelassen hatten, sah Yume fast schon flehendlich zu Davon. Dieser spürte den Blick im Rücken und ließ das andere Pferd aufschließen, sodass Yume neben ihm zum stehen kam. »Was hast du denn?«, fragte er geduldig und die großen bernsteinfarbenen Augen gaben ihm die Antwort. Verstehend und liebevoll lächelnd umschlang Davon mit einem Arm Yumes Taille und zog ihn vor sich aufs Pferd. Die anderen Zügel band er um den Sattelknauf, bevor er den kleineren Körper von hinten umarmte und dicht an sich presste. Genießend sog er den unvergleichlichen Duft von Yumes Haaren ein und hauchte einen kleinen Kuss in dessen Halsbeuge, was diesem einen rosa Schimmer auf die Wangen zauberte. Nach mehreren Stunden lenkte Davon das Pferd auf einen schmalen Waldpfad. Dieser war teilweise mit dichten Ranken verwachsen, sodass sie gezwungen waren ab zu steigen und durch das Dickicht zu laufen. Davon machte dem Grünzeug mit seinem Schwert den Garaus, wobei er Yume zusammen mit den Zügeln an die andere Hand genommen hatte und ihn so sicher durch das unebene Gebiet führte. Yume hatte sich erschrocken, als plötzlich Davons Wärme hinter ihm verschwunden war. Doch dann hatte der Schwarzhaarige ihn umsichtig vom Pferderücken gehoben und wieder zu sich gezogen. Gemeinsam schlugen sie sich durch das urwaldähnliche Gestrüpp. Die bereits hoch stehende Sonne durchbrach zwar nur spärlich das dichte Blätterdach der Bäume, dennoch dachte Yume er müsse vor Hitze umkommen. Auf Davons Haut glänzten auch schon etliche Schweißperlen und durchtränkten die dunklen Sachen, wie er irgendwie fasziniert feststellte. Als Davon dann auf einmal stehen blieb, lief Yume geistesabwesend in diesen hinein. Erschrocken kniff Yume die Augen zusammen, als er merkte wie er das Gleichgewicht verlor. Sofort umfingen ihn Davons Arme und drückten ihn an dessen kräftigen Körper. Keuchend hob Yume den Blick und ein leichter Rotschimmer breitete sich auf seinen Wangen aus. Er war so dicht an Davon gepresst ... fühlte jeden Muskel und ihm wurden regelrecht die Knie weich. Davon hingegen beobachtete aufmerksam die wechselnden Gefühlsregungen, die sich deutlich in den goldenen Augen spiegelten. Yume sah in diesem Moment so verführerisch aus, wie er aus Verlegenheit auf seiner Unterlippe herum kaute und sich dessen noch nicht einmal bewusst war. Am liebsten hätte Davon ihn gleich gegen den nächsten Baum gedrängt und ihn um den Verstand geküsst. Aber er riss sich zusammen. Yume lief ihm nicht weg und seine Pläne waren sowieso ganz andere, als jetzt schon über seinen hübschen, unschuldigen Silberschopf herzufallen. Deswegen versicherte er sich nur mit einer kleinen Geste, ob Yume bereit war weiter zu gehen, schenkte ihm ein unmerkliches Lächeln und strich eine seidige Haarsträhne aus Yumes Stirn. Danach wandte er sich um und bahnte ihnen weiter den Weg durch das Dickicht. Als Davon sich so unvermittelt umdrehte, fühlte Yume Enttäuschung in sich aufsteigen. Das leichte Kribbeln in seinem Bauch verebbte und er fragte sich, ob er vielleicht etwas falsch gemacht hatte. Davon hatte ihn küssen wollen, oder hatte er sich das bloß eingebildet? Dabei hatte er sich sogar gewünscht, dass er es tat. Wieso war er auf einmal so versessen auf Davons Aufmerksamkeit und Zärtlichkeit? Er konnte es sich selbst nicht richtig erklären. Nur nebenbei achtete er auf den Weg und strebte seiner Führung hinterher, während er versuchte seine Gedanken und Gefühle genauer zu analysieren. Ja, wenn er ehrlich zu sich selbst war, musste er sich eingestehen, dass er etwas für den Dämon empfand. Natürlich war das nicht von Anfang an so gewesen. Obwohl ... eine leichte Spannung hatte er vom ersten Augenblick an gespürt. Es war seltsam. In Davons Gegenwart fühlte er sich wohl und beschützt. Selbst damals, nachdem er ihn geschlagen und ihn dann auf seinen Schoß gezogen hatte, war ein undefinierbares Gefühl in ihm aufgestiegen ... nun konnte er es fast benennen. Er hatte das sanfte Streicheln als eine Art Entschuldigung angesehen ... und er hatte ihm vergeben. Aus welchem Grund wusste er nicht zu sagen. Dann hob er den Blick und bemerkte, dass Davon ihn ansah. Röte schoss ihm in die Wangen und er fragte sich sofort wie lange der Schwarzhaarige ihn schon beobachtete. Liebevoll lächelnd streckte Davon schließlich eine Hand aus und wartete geduldig, dass Yume zu ihm kam. Der Kleinere schien sehr nachdenklich und Davon verbuchte es für sich als gutes Zeichen. Er wollte, dass Yume ihm vorbehaltlos vertraute, sich fallen ließ. Erfreut umschloss er mit seinen Finger die schmale Hand Yumes und zog ihn dicht an seinen Körper. Nur noch wenige Millimeter trennten sie. »Nun, da ich dich überraschen möchte ... «, begann er ruhig und zog ein schwarzes Tuch aus der Hosentasche. » ... könntest du bitte die Augen schließen?« Irritiert sah Yume auf das schwarze Tuch. Im ersten Moment hatte er die Befürchtung, dass Davon ihn vielleicht fesseln wollte. Doch die verheißungsvolle Bitte, ließ ihn befreit aufatmen. Einverstanden senkte er die Lider und ließ sich von Davon die Augenbinde anlegen. Der Stoff fühlte sich wieder erwarten kühl auf seinen erhitzten Wangen an und er musste erneut leicht lächeln. Kurz spürte er wie etwas federleicht über seine Lippen strich und er fragte sich verwundert, ob Davon ihn gerade geküsst hatte, oder ob er ihn nur necken wollte ... Dann spürte er wie ein sanfter Hauch sein Gesicht streifte. »Nur um sicher zu gehen ... «, flüsterte Davon nahe an Yumes Ohr. »Wie viele Finger zeige ich dir?« Zufrieden nahm der Dämon wahr, wie sein Silberschopf wohlig erschauderte. Und er hatte ihn noch nicht einmal berührt ... Geduldig wartete er ab, wie Yume reagieren würde. Unwissend zuckte dieser mit den Schultern und zog einen niedlichen Schmollmund. Jaa ... Davon wusste, er war gemein. Yume konnte nicht sprechen und mit der schwarzen Binde hatte er ihm auch die ausdrucksstarken Augen als Kommunikationsmittel genommen. Erneut hauchte er einen federleichten Kuss auf Yumes Lippen, um den Kleineren so um Verzeihung zu bitten. Dessen Vertrauen ehrte ihn und er wusste es zu schätzen, auch wenn der Kleinere das im Moment nicht sehen konnte. Diesmal konnte Yume mit Sicherheit sagen, dass Davon ihn gerade geküsst hatte. Eine unglaubliche Spannung baute sich in ihm auf und ein verwegenes Kribbeln eroberte seinen Bauch, wie ein kleiner Taifun. Woher das Gefühl plötzlich kam, wusste er nicht zu sagen. Aber eines wusste er genau. Er hatte keine Angst vor Davon, denn er vertraute ihm. Auch wenn er ein gewalttätiger Dämon war, Davon würde ihm nie Schmerzen zufügen, nicht mehr... das hatte er versprochen und er glaubte ihm. Gespannt wartete er darauf, was als nächstes passierte. Wie, um Yume als seinen Besitz zu kennzeichnen - was er ja sowieso schon war - legte Davon einen Arm um die schmale Taille des Silberschopfes und zog ihn ein Stück an sich, bevor er mit dem Anderen unter Yumes Kniekehlen griff. Ein leises Fiepen entfloh Yumes Kehle, als er schwungvoll hochgehoben wurde. Automatisch schlangen sich seine Arme um Davons Hals und er presste sich unsicher an den kräftigen Oberkörper. Es war seltsam. Er konnte nichts sehen und doch ... da waren so viele andere Dinge die er plötzlich viel intensiver wahr nahm; Das Rauschen des Windes durch das Blätterdach der Bäume, die vielen undefinierbaren Laute der Waldbewohner und natürlich Davon ... dessen maskuliner Körper und sein unvergleichlicher Duft, den auch der Schweiß nicht überdecken konnte. Er fühlte sich keinesfalls unangenehm berührt, nur weil er Davons verschwitzte Haut auf seiner eigenen spürte. Im Gegenteil; Wie immer wenn Davon ihn so umfangen hielt, fühlte er sich geborgen, beschützt und einfach nur sicher. Angetan von Yumes Vertrauen, schritt Davon mit einem breiten Lächeln über den teils bemoosten, teils verlaubten Waldboden, der jeglichen Laut verschluckte. Nach wenigen Augenblicken tat sich eine Lichtung vor ihm auf, die ihm jedes Mal erneut den Atem raubte. Und er war schwer davon überzeugt, dass auch Yume dieses kleine Paradies unglaublich schön finden würde. Vorsichtig setzte er ihn ab. Yume versuchte trotz der Einschränkung seiner Sinne und der Sicherheit die Davon ihm spendete sich zu orientieren. Sie waren noch nicht lange unterwegs, aber er vernahm immer deutlicher das Plätschern von Wasser. Es wirkte außerordentlich beruhigend und er kuschelte seinen Kopf genießerisch in Davons Halsbeuge. Gerade wollte sich ein zufriedener Seufzer über seine Lippen stehlen, als Davon ihn sanft an sich herabgleiten ließ und ihn auf seine eigenen Füße stellte. Nah an seinem Ohr flüsterte er mit rauer Stimme: »Wir sind da ... «, während Yume geschickte Finger das schwarze Tuch losbinden spürte. Vorfreude und eine unglaubliche Spannung breiteten sich in seiner Brust aus und er konnte es kaum noch erwarten wieder sehen zu können. Für ihn bewegten sich Davons Hände viel zu langsam und es kam ihm wie eine Unendlichkeit vor, bis er von dem Stoffstück erlöst wurde. Davon blieb dies natürlich nicht verborgen, denn Yume tänzelte unruhig von einem Bein aufs andere in freudiger Erwartung seiner Überraschung. In diesem Moment kam er ihm wie der Junge vor, der ihm wahrscheinlich nie erlaubt worden war zu sein. Jung und unbeschwert, bis aufs Höchste gespannt und gleichzeitig so wunderschön mit den leicht geröteten Wangen und dem erwartungsvollen Lächeln auf den rosigen Lippen, dass Davon sogar die außergewöhnliche Pracht der Natur nebensächlich erschien. Einmal mehr wurde ihm klar, wie sehr er Yume begehrte, wie sehr er sich die Nähe des Kleineren wünschte. Nie mehr würde er ihn gehen lassen. Yume sollte immer an seiner Seite bleiben! Endlich verschwand die Schwärze vor seinen Augen und es tat sich ihm ein Anblick auf, den er bestimmt sein ganzes Leben nicht mehr vergaß. Bezaubert von diesem einmaligen Bildnis der Natur, hielt Yume die Luft an. Es war wirklich schöner, als alles was er sich bis jetzt erträumt hatte. Einfach atemberaubend die kleine Lichtung. Es war ein von Bäumen eingeschlossenes, wie Yume fand, beschütztes Paradies. Die Ausläufer eines Berges bildeten eine erstaunliche Felsformation, sodass das Tauwasser im Frühling in einer Art Becken aufgefangen wurde. Der kleine Wasserfall plätscherte beruhigend vor sich hin, warf leise Wellen über die in der Sonne glitzernde Oberfläche des kleinen Teiches. Die Steine, die die Vorderfront des Beckens bildeten waren von Moosen und farbenfroh blühenden Pflanzen überwuchert und verdeckte so das Graubraun der Felsen. Davon sah deutlich das freudige Leuchten in Yumes Augen. Dem Kleineren gefiel dieser Ort, dass war nicht zu übersehen. Und er war froh Yume diese außergewöhnliche Stelle gezeigt zu haben. Niemand sonst kannte das Fleckchen unberührter Natur, welches er vor Jahren als seinen Lieblingsplatz deklariert hatte. Hier war er immer allein gewesen und hatte sich von allen Strapazen, die seine Führungsposition so mit sich brachte erholt. Doch jetzt wollte er zusammen mit Yume den mystischen Hauch des kleinen Paradieses genießen. Am liebsten hätte Yume vor Freude Luftsprünge gemacht. Stattdessen warf er sich Davon an den Hals und drückte ihm übermütig einen Kuss auf die Lippen. Noch nie hatte ihn jemand mit solcher Aufmerksamkeit bedacht, ihm so faszinierenden Augenblicke geschenkt. Er war überglücklich und das wollte er Davon auch zeigen. Yumes überschwänglicher Kuss warf ihn regelrecht aus der Bahn. Davon konnte im ersten Moment gar nicht richtig fassen, wie ihm geschah. Dann schlang er jedoch besitzergreifend die Arme um seinen Silberschopf und küsste ihn inbrünstig zurück, begegnete Yumes sanfter Zunge mit glühender Leidenschaft. Er war förmlich ausgehungert nach der Nähe des Kleineren, obwohl er ihn schon die ganze Zeit um sich hatte. Doch das reichte ihm nicht. Er wollte Yume endlich intensiver spüren; Vor allem ohne diese störende Kleidung. So langsam merkte Davon wie sein Verstand allmählich abdriftete. Bevor er jedoch gänzlich abschaltete, rief er sich innerlich hart zur Ordnung und löste den Kuss. Tief durchatmend schloss er für einen Moment die Augen, um sich wieder in den Griff zu bekommen. Keinesfalls wollte er jetzt schon über Yume herfallen und auch nicht auf diese Art und Weise. Als Davon von ihm abließ, legte sich eine tiefe Röte auf Yumes Wagen. Bei dem Kuss hatte er sich nichts weiter gedacht. Aber damit solch eine Reaktion in dem Schwarzhaarigen auszulösen, davon hätte er nie zu träumen gewagt. Dennoch war er so zufrieden wie eine Katze die von der Sahne gekostet hatte. Ein ganzes Chaos von Gefühlen jagte noch immer durch seinen Körper und machte ihn ganz benommen. Verklärt blickte er unter halb gesenkten Lidern zu Davon hoch. Im gleichen Atemzug öffnete dieser ebenfalls seine Augen. Obsidian traf auf Bernstein. Zwischen ihnen baute sich eine unermessliche Spannung auf. Weder Yume noch Davon konnten den Blick abwenden; Es war, als würden sich ihre Augen magisch anziehen. Mit aller Beherrschung, die er aufbringen konnte und von der er nicht wusste sie zu besitzen, löste Davon schließlich diesen hypnotisierenden Blickkontakt zwischen ihnen und zwang ein verkrampftes Lächeln auf seine Mundwinkel. Wenn Yume ihn noch ein Weilchen SO ansah, konnte er für nichts mehr garantieren. Dieser Tag schien die reinste Folter für ihn zu werden. Dennoch wollte er seinem guten Vorsatz treu bleiben. Mein Gott! Er würde sich doch unter Kontrolle behalten können! Er war doch sonst nicht so leicht aus der Reserve zu locken gewesen. »Also ... Zuerst werden wir uns ein wenig in dem kleinen Teich abkühlen«, bestimmte er enthusiastisch. Von Yume erwartete er keinen Wiederspruch. Den Kleineren schwungvoll auf die Arme nehmend, überwandt er den letzten Abstand zu dem Gewässer und sprang in voller Montur in das eiskalte Bergwasser. Es war sehr erfrischend und gleichzeitig auch seine Rettung, oder besser gesagt, die Rettung für Yumes Unschuld. Erschrocken quiekte Yume auf, als er plötzlich das Eiswasser um seinen Körper spürte. Ängstlich klammerte er sich an Davon fest, krallte seine kleinen Hände verkrampft in dessen kräftige Oberarme. Bis eben hatte er sich noch richtig wohl gefühlt. Aber als Davon etwas von Abkühlen gesagt hatte, hatte er nicht einmal mehr Zeit gehabt zu protestieren, da befand er sich schon in dem beängstigend tiefen See. So sehr ihn der Anblick auch beeindruckt hatte. Niemals wäre er freiwillig baden gegangen. Der Schock saß ihm noch tief in den Knochen und er drohte an der aufsteigenden Panik schier zu ersticken. Immer verkrampfter wurden seine Hände und in seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Wie sollte er Davon nur begreiflich machen, dass er sich vor Wasser fürchtete? »Hey? Was ist denn los? Sei doch nicht so verkrampft, Yume. Das Wasser ist nicht tief.« Damit löste er die Hände des Kleineren von seinen Armen und Schultern und schubste ihn übermütig lächelnd von sich. Es kam ihm nicht einmal der Gedanke, dass Yume Angst empfand. »Komm schon, sieh mich nicht so schreckhaft an. Das Wasser beißt nicht«, sagte er amüsiert darüber, dass Yume versuchte sich weiterhin an ihm festzuhalten, fast panisch nach seinen Händen fischte. Nun war es gänzlich vorbei. Seine ganze Beherrschung war den Bach runter. Nur noch Chaos herrschte in seinem Kopf. Der einzige Gedanke, den er zuließ war Davon. Irgendwie musste er sich an ihm festhalten. Voller Angst versuchte er immer wieder nach den Händen des Schwarzhaarigen zu greifen, versuchte einen Halt zu finden. Doch Davon trieb ein grausames Spiel mit ihm. Tränen liefen ihm über die Wangen, vermischten sich mit den Wasserperlen auf seinem Gesicht. Sah er denn nicht, dass er sich fürchtete? Das ihm die Angst vor Wasser, nein, vor dem Ertrinken, die Luft zum Atmen raubte, ihm die Lunge zuschnürte? Stumme Hilfeschreie lagen in seinen verdunkelten Bernsteinaugen. Aber Davon sah sie nicht, wollte sie nicht sehen ... Ein Schubs ... mit einem erstickten Schrei verlor er den Boden unter den Füßen. Sein Herz setzte einen Schlag aus, bevor es mit doppelter Geschwindigkeit weiter schmerzhaft gegen seinen Brustkorb hämmerte. Und dann war nur noch Wasser, über ihm unter ihm, um ihn herum ... Wasser ... Es brannte in seinen Augen, nahm ihm grausam die Luft zu atmen. Verzweifelt strampelte Yume mit den Füßen, versuchte angestrengt an die Oberfläche zu kommen. Er sah das Sonnenlicht beinahe höhnisch zu ihm herab scheinen, wie es durch das Wasser gebrochen wurde. Davon ... flehte er, schrie innerlich diesen Namen, obwohl er wusste, dass er nicht erhört wurde. Panisch ruderte er mit den Armen, wollte zum Licht, doch er kam nicht voran, schien nur noch tiefer zu sinken ... hilflos schnappte er nach Luft. Stattdessen füllte das verhasste Wasser seine Lungen. Krampfhaft krümmte sein Körper sich. Er wollte Husten, schluckte aber nur noch mehr Wasser ... und in diesem Moment wurde ihm klar, dass er den Kampf nicht gewinnen konnte ... Wie war es nur möglich in einem Augenblick so glücklich und im nächsten dem Tode nahe zu sein ... Bei diesem letzten Gedanken wurde Yume schwarz vor Augen. Nachdem ihn Yume verzagt ansah, hatte er ihm einfach einen kleinen Anstoß gegeben. Grinsend wartete er nun darauf, dass sein kleiner Silberschopf wieder auftauchte, damit er ihn ordentlich nass spritzen konnte. Je mehr Zeit jedoch verging, desto unruhiger wurde er. Hatte er den Ausdruck in Yumes Gesicht vielleicht falsch gedeutet? War es möglich, dass der Kleinere sich vor Wasser fürchtete? Ein mulmiges Gefühl machte sich in seinem Magen breit, als Yume immer noch nicht auftauchte. Ohne weiter zu Zögern, tauchte er mit einer einzigen schnellen Bewegung geschmeidig unter Wasser, orientierte sich flüchtig und als er plötzlich Yume entdeckte, der schwere- und bewegungslos im Wasser schwebte, wie eine leblose Puppe aussah, durchzuckte es ihn eiskalt. Schuldgefühle breiteten sich in ihm aus. Doch er verdrängte im nächsten Moment alles, schwamm mit ein paar kräftigen Zügen zu dem hilflosen Körper, packte ihn und zog ihn so schnell es ging mit sich an die Oberfläche. Ende Teil 3 Tja ... hier muss mal wieder Schluss sein. Tut mir ja leid. Aber ich denke ihr freut euch, dass es überhaupt weiter geht. Teilweise hat mich dieses Kapitel ehrlich Nerven gekostet. Man man man ... die Szene mit Vince und dem Drachen ist mir eigentlich recht leicht gefallen, aber mit den ganzen Gefühlsduseleien von Yume und Davon hab ich ganz schön Probleme bekommen, da ich zwischendurch noch an ner anderen Story weiter getipselt hab. Naja ... ich hoffe das liest hier einer ... und C&C ist immer erwünscht ... bye bye ... Kapitel 4: ----------- ***Tempted to touch IV*** (Doch er verdrängte im nächsten Moment alles, schwamm mit ein paar kräftigen Zügen zu dem hilflosen Körper, packte ihn und zog ihn so schnell es ging mit sich an die Oberfläche.) Schlaff hing Yume in seinen Armen und in Davon stieg nackte Angst auf. Sowie er das Ufer erreichte, legte er den blassen Jungen in das weiche Gras, beugte sich über ihn, fühlte nach seinem Puls ... da war nichts ...! Davon wurde eiskalt. Nein! Das konnte nicht sein! ... Dunkelheit ergriff mit eisigen Klauen sein Herz, presste es schmerzhaft zusammen. Geschockt und kaum zu einer Regung fähig, musterte er Yumes feines leichenblasses Gesicht. Die Lippen waren blau verfärbt und die seidige Haut fühlte sich unter seinen Fingern kalt und leblos an. Als wäre Yume schon ... Verdammt noch mal! Mit einem Ruck befreite er sich aus seiner Starre und riss den kleinen reglosen Körper an sich. Niemals! Er würde das nicht hinnehmen ... Yume konnte nicht ... das würde er nicht zulassen! Noch nie hatte er geweint, denn ein Dämon war dazu nicht fähig; Das hatte er zumindest immer geglaubt. Nun stiegen ihm jedoch vor Schuldgefühlen und Entsetzen Tränen in die Augen. Yume durfte ihn nicht verlassen. Nicht jetzt, wo er endlich jemanden gefunden hatte, der ihm mehr bedeutete, als er zu Anfang erwartet hatte; Der sein Herz gefangen nahm und längst verloren geglaubte Gefühe wieder ans Tageslicht zerrte, ihn zu einem ganz anderen Dämon machte. Wie von Sinnen schüttelte er Yume an den Schultern, riss ihn schon fast brutal hin und her. »Verdammt! Ich _erlaube_ dir nicht zu sterben ... hast du das gehört ...?! Du _darfst_ nicht sterben!«, schrie er in das wächserne Gesicht, während er vor Verzweiflung am ganzen Leib zitterte. Aber Yume regte sich nicht, die feingeschnittenen Züge blieben regungslos. Vor ein paar Minuten noch war es für ihn das pure Glück gewesen mit Yume dieses Paradies zu genießen. Aber nun wünschte er sich niemals hergekommen zu sein. Dann wäre das alles nicht passiert. In seiner Verzweiflung schlug er dem Bündel in seinen Armen mit der Faust wütend auf den Brustkorb. »Du _hast_ nicht zu sterben ... ich erlaube es nicht, erlaube es nicht, niemals«, brüllte er jähzornig, fanatisch, hoffnungslos ... Er konnte und wollte nicht aufgeben. Immer und immer wieder hieb er auf Yume ein, maträtierte die hilflose Gestalt, obwohl er wusste, dass es längst zu spät war. Und dann ... Plötzlich verkrampfte sich Yumes ganzer Körper und im nächsten Augenblick hustete er gequält einen Schwall Wasser aus. Geistesgegenwärtig drehte Davon seinen Liebling sofort auf die Seite, sodass er das Wasser leichter aushusten konnte. Davon war außer sich vor Erleichterung, wusste erst gar nicht wie ihm geschah. Yume war wieder bei ihm, er hatte ihn nicht verlassen. Freudentränen rannen nun über sein Gesicht und als der Kleinere sich zitternd zusammen rollte, nahm er ihn schützend in die Arme. Eine tonnenschwere Last fiel von seiner Seele und sein Herz vollführte Freudensprünge. Es war für ihn wie eine Erlösung, er konnte das Gefühl nicht beschreiben ... so glücklich war er darüber, dass er den kleinen Silberschopf nicht verloren hatte. »Yume? Yume, es tut mir leid ... ich bin so froh, dass du ... « Er brach ab, war nicht fähig weiter zu sprechen, sondern umfasste das immer noch zu blasse Gesicht seines Lieblings und küsste ihn sanft und innig. Er brauchte diese Nähe jetzt einfach, musste sich wieder und wieder vergewissern, dass Yume wirklich lebte. 10 Nach und nach lichtete sich die Dunkelheit um Yume und er spürte warme Hände auf seiner Haut. Er fröstelte. Ihm war so furchtbar kalt. Wärmesuchend drückte er sich näher an Davon, schlang die Arme um dessen Hals und barg das Gesicht in seiner Halsbeuge. Seine Lungen brannten immer noch wie Feuer, doch das war nebensächlich. Davon hatte ihn gerettet, er war bei ihm und das war alles was zählte. Er wollte ihn gar nicht mehr loslassen. Als der Schwarzhaarige ihn ein Stück von sich drückte, krallte er verzagt die Finger in Davons Rücken. »Yume, Liebling, du zitterst wie Espenlaub. Komm, lass mich dir die nassen Sachen ausziehen.« Während er das sagte, begann Davon schon damit, die dünne Kleidung von Yumes Haut zu schälen. Willenlos ließ Yume es geschehen, kniete sich auf eine leise Aufforderung nur hin, damit Davon ihm das vollgesogene Gewandt ganz abstreifen konnte. Danach hob der Schwarzhaarige ihn hoch und setzte sich mit ihm an den Stamm eines großen Baumes, sodass er den Kleineren von einer Seite und die Sonne ihn von der anderen Seite wärmte. Schutzbedürftig schmiegte der Silberschopf sich an ihn. Seiner Nacktheit schämte sich Yume nicht, verschwendete überhaupt keinen Gedanken daran, sondern genoss nur die Nähe des Dämons so gut es ging. Der Schock saß ihm noch tief in den Knochen. So schnell vergaß er dieses Ereignis bestimmt nicht. Und seine Angst vor Wasser war noch gestiegen. Es hätte alles zu Ende sein können, wenn Davon ihn nicht ... Leise Tränen rannen über seine Wangen. Er wollte gar nicht daran denken. Obwohl er sich schon einmal gewünscht hatte zu sterben, weil ihn ein Besitzer jeden Abend fast bis in die Bewusstlosigkeit verprügelt hatte; Jetzt _wollte_ er leben! Denn jetzt hatte er Davon ... »Schch ... keine Angst, Yume.« Behutsam strich Davon die Tränen mit seinem Daumen weg, zwang Yume mit sanfter Gewalt ihn anzusehen. Liebevoll streichelte er ihm über die Wange, glitt mit seiner Hand durch die lange Masse feuchter Haare, sodass die silbern glänzenden Strähnen geschmeidig über Yumes Rücken fielen. Oh Gott, diese Augen, die so ausdrucksvoll leuchteten. Davon musste schlucken. Wie hatte er vorhin nur Yumes Furcht übersehen können? Er fühlte sich schuldig und das ließ ihm keine Ruhe. Beinahe hätte er diesen Jungen verloren, ihn getötet ... Das war unverzeihlich. »Yume ... «, er senkte die Stimme, bis sie nur noch als heiseres Flüstern in die Ohren des Silberschopfes drang. »Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist ... Du bist ... Ich möchte dich nicht verlieren, hörst du? Aber ich wusste nicht, dass du nicht schwimmen kannst und das Wasser ist auch nicht unbedingt tief ... « Irgendwie wusste er nicht was er sagen sollte, faselte sinnloses Zeug zusammen. Dabei wollte er sich doch bei Yume entschuldigen. »Ich ... Es tut mir leid. Ich bin ein Idiot ... Kannst du mir verzeihen?« Obwohl es ihm nicht so gut ging, traute Yume seinen Ohren kaum. Davon entschuldigte sich? Aber dafür gab es doch gar keinen Grund! Woher hätte er denn wissen sollen, dass er nicht schwimmen konnte? Es war nicht seine Schuld ... Deswegen schüttelte er energisch den Kopf. Deprimiert seufzend ließ der Schwarzhaarige den Kopf hängen. »Du hast recht. Was ich getan habe, ist unverzeihlich ... für so etwas gibt es keine Entschuldigung«, brachte er mühsam hervor. Ja, er war enttäuscht. Dennoch verstand er Yumes Reaktion. Und gerade deshalb wurde er wütend auf sich selbst. Yume war ihm wichtig - sehr wichtig sogar. Es sollte ein schöner Geburtstag für den Kleineren werden, doch er hatte alles vermasselt. Wenn er es recht überlegte, hatte er es verdient von Yume verachtet zu werden. Der Kleinere war nicht irgendein Spielzeug, mit dem er umspringen konnte wie er wollte. Nein! Yume war ein wundervolles Geschöpf, ehrlich, unschuldig, reinen Herzens. Er hatte ihn nicht verletzen wollen. Deswegen war es ganz richtig, dass der Silberschopf ihm nicht verzieh. So ein verdammter Mist aber auch. Warum war er derartig oberflächlich gewesen? Ärgerlich ballte er eine Hand zur Faust. Kurz darauf spürte er sie von Yumes weichen Finger umfasst, die die Verkrampfung sachte wieder lösten. Überrascht blickte er auf - direkt in ein paar leuchtender Bernsteine, die ihn jedes Mal von neuem in ihren Bann zogen. Anscheinend hatte Davon sein Kopfschütteln falsch verstanden. Die Enttäuschung und Niedergeschlagenheit, die aus dem harten verkniffenen Gesicht sprachen, zeigten es Yume nur allzu deutlich. Eine zarte Berührung ließ Davon aufsehen, geradewegs in seine Augen. Der Blick war so intensiv, dass es Yume den Atem verschlug. Er fühlte sich, als würde Davon bis auf den Grund seiner Seele sehen. Alles in ihm zog sich zusammen. Wie sollte er Davon begreiflich machen, dass er ihm nicht böse war? ... Ihm fiel spontan nur eine Möglichkeit ein. Zweifel hatte er keine ... nur eine erwartungsvolle Wärme breitete sich in seinem Bauch aus, wenn er an die Reaktion Davons dachte. Ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, beugte er sich langsam vor. Nur noch wenige Zentimeter trennten ihre Gesichter. Ein bisschen nervös leckte sich Yume über die Lippen und ehe ihn sein Mut ganz verlassen konnte, überwand er den letzten Abstand zwischen ihnen und küsste Davon zaghaft. Die Berührung war nicht mehr als der sanfte Flügelschlag eines Schmetterlings. Davon verstand den Grund dieser Geste, las es in den bernsteinfarbenen Iriden. Tiefe Zuneigung erfüllte ihn. Sanft nahm er Yumes Gesicht in seine Hände, sah ihm völlig offen in die Augen, zeigte dem Kleineren seine Gefühle, bevor er seine Lippen langsam auf die des Kleineren senkte. Zärtlich strich er über die weiche nachgiebige Haut, leckte mit der Zunge darüber, wartete, bis Yume ihm Einlass gewährte. Erfreut bemerkte er, wie der Kleinere den Kuss erwiderte. Gemächlich wanderten seine Hände nach unten, streichelten mit den Fingerspitzen zart Yumes Seiten, zogen liebkosend die Rippenbögen nach, bevor er zu dem fragilen Rücken weiterglitt und den Silberschopf sacht, jedoch mit einem gewissen Nachdruck näher zog. Er wollte ihn spüren, nah bei sich, Haut an Haut; Wollte Yumes Herzschlag an seiner Brust spüren, wollte ihn sein Herz spüren lassen. All diese Gefühle in ihm waren auf einmal so überwältigend. Sein Denken rückte immer weiter in den Hintergrund. Er wollte Yume einfach nur in seinen Armen wissen, alles andere war für ihn nicht mehr existent. Zärtlich streichelte er über die blasse Haut, die sich unter seinen Fingerspitzen noch viel zu kühl anfühlte. Bedeckte das kleine Gesicht mit den wunderbarsten leuchtensten Augen mit winzigen Küssen, berührte sacht Yumes geschlossene Lider, während seine großen Hände besitzergreifend aber sanft zu der schmalen Taille glitten und diese besitzergreifend, aber unglaublich zärtlich umfassten und den kleinen Körper fest an sich pressten. »Danke«, hauchte er mit rauer Stimme an Yumes Schläfe und erntete wenige Augenblicke darauf einen verwirrten Blick aus leicht verdunkelten Iriden. Er war unglaublich froh, dass Yume trotz dessen was passiert war keine Angst vor ihm hatte. Vielmehr schien der Junge ihn als Stütze zu sehen, als Halt in diesem ganzen Chaos, dass eigentlich er, Davon, durch seine Unwissenheit verursacht hatte. Auch wenn er es seltsam fand, er wollte sich nicht beklagen. Eher verringerte sich dadurch die Last auf seinen Schultern, die er verspürt hatte, als sein Kleiner bewegungslos und blass in seinen Armen gelegen hatte. Energisch schüttelte er den Kopf. Nicht mehr daran denken. So etwas würde nicht noch einmal passieren. Dafür wusste er schon zu sorgen, schwor sich Davon. Nie wieder würde er Yume dieser oder ähnlicher Gefahren aussetzen. Entschlossen begegnete er Yumes Blick, der nun nicht mehr Irritation, sondern eine leichte Erregung wiederspiegelte. Doch Davon war klug genug seine Berührungen auf zarte Streicheleinheiten zu beschränken. Gerade nachdem Yume den Schock ein wenig überwunden hatte. Er wollte ihn nur davon ablenken. Sein Kleiner sollte diesen Vorfall so schnell wie möglich vergessen. Alles andere war nicht von Bedeutung. Jetzt brauchte der Silberschopf seine Nähe und Wärme und die bekam er auch. Davon wusste nicht wie lange sie schon so aneinander gekuschelt an den Baum gelehnt saßen. Die ganze Zeit hatte er den zierlichen Körper sicher gehalten, nachdem Yume seinen Kopf erschöpft auf seine Brust gelegt hatte und eingeschlafen war. Im Schlaf sah der Kleine noch zarter aus, stellte er zum wiederholten Male fest. Davon musste sich eingestehen, dass er diesen Anblick liebte. Die klaren, feinen Gesichtszüge wirkten kindlich und spiegelten die Unschuld des zierlichen Jungen wieder. Die silbrigen Haare waren inzwischen getrocknet, ringelten sich in feinen Locken um das entspannte Antlitz und verliehen ihm etwas esoterisches. Sanft streichelte Davon über die zierlichen Schultern, strich unbewusst ein paar feine Strähnen zurück, sodass er die helle Haut besser erreichen konnte und versuchte Yume dadurch allmählich und ganz sachte aus dem Reich der Träume zu locken. Es dauerte auch nicht lange, da schmiegte sich der Kleinere in seine Berührungen, versteckte das Gesicht an Davons Brust und gab einen unwilligen Laut von sich. Darüber musste Davon unwillkürlich lächeln. Keiner seiner bisherigen Sklaven war jemals derartig zutraulich gewesen. Doch Yume war anders. Schon von Anfang an war er mit dem Jungen viel nachsichtiger gewesen als sonst, hatte sich mehr Zeit genommen den Kleineren zu verstehen. Einer der Gründe dafür war wohl gewesen, dass der Silberschopf nicht wie andere Sprechen konnte und ständig darauf angewiesen war, sich Davon auf anderen Wegen mit zu teilen. Dadurch hatte er sehr viel offener gewirkt. Dennoch ... irgendetwas geheimnisvolles hatte der Kleinere auch und gerade diese Mischung aus Unschuld, Offenheit und Rätselhaftigkeit hatte ihn magisch angezogen. Unbewusst hatte er Yume während seiner Gedankengänge gestreichelt, wodurch sein Kleiner wieder eingeschlummert war. Davon seufzte schwer. Es war angenehm mit Yume hier zu sitzen, doch irgendwann mussten sie zurück. Bald wurde es dunkel und dann war der Wald bei weitem nicht mehr so ungefährlich wie bei Tageslicht. Im Unterholz lebten sehr viele kleine Gruppen, die hauptsächlich Nachts jagten. Dabei handelte es sich meistens um Verstoßene, die vor nichts und niemandem Achtung hatten und alles skrupellos abstachen, was ihnen vor die Augen kam. Deswegen war es besser jetzt zu gehen. Er wollte sein Schicksal nicht herausfordern. schon gar nicht, wenn er den Jungen dabei hatte. »Hey, Liebling«, hauchte er leise an Yumes Ohr, kleine Streicheleinheiten auf dessen Rücken verteilend. »Wir müssen langsam aufbrechen ... « Als sich der Kleinere daraufhin wieder an ihn drückte und die schmalen Arme um seine Hüfte schlang, pustete Davon ihm spielerisch ins Ohr und begann mit sanften Druck Yumes Seiten zu kitzeln. Protestierend quietschte der Silberschopf auf und versuchte sich ihm zu entziehen. Doch Davon hatte sein Ziel erreicht. Sein Kleiner war wach, blinzelte ihn schmollend an, worauf er nur mit einem verschmitzten Grinsen antwortete. »Sei mir nicht böse, Liebling. Aber es wird Zeit.« Liebevoll streichelte Davon über die Wange des Kleineren, der sich das gerne gefallen ließ. Dann drückte er einen sanften Kuss auf Yumes Stirn, die ihm ziemlich warm vorkam, bevor er sich mit ihm gemeinsam erhob. Nachdem der Schwarzhaarige sich ausgiebig gestreckt hatte, hob er die inzwischen durch die Sonne getrockneten Sachen auf und streifte sie seinem zierlichen Silberschopf geschickt über. Yume ließ alles willenlos geschehen. Er war noch zu benommen, als dass er wirklich mitbekam was geschah. So genoss er einfach die sanften Hände, die seinen Körper wieder in Kleidung hüllten und lehnte sich danach Halt suchend an Davon, vergrub die Finger in dem weichen Hemd, welches sich der Schwarzhaarige kurz zuvor übergestreift hatte. Im Moment wollte er nichts weiter als in der warmen Umarmung des Größeren versinken und alles um sich herum vergessen. Auch wenn er ein paar Stunden geschlafen hatte, nachdem er fast ertrunken wäre; Er fühlte sich immer noch erschöpft und kraftlos. Sein Körper fühlte sich bleischwer an und sein Hals war wund, sodass es jedes Mal wehtat, wenn er schlucken musste. Außerdem war ihm schwindelig geworden, als Davon ihn auf die Füße gezogen hatte. Davon registrierte Yumes Zustand mit erheblicher Sorge. Dieses Erlebnis hatte den Kleineren ganz schön mitgenommen. Doch wem würde es nicht so gehen? Behutsam setzte er den Jungen noch einmal auf dem Boden ab, um auch seine restliche Kleidung zusammen zu suchen und sich ordentlich an zu ziehen. Währenddessen saß Yume zusammen gesunken und mit halb geschlossenen Augen da, beobachtete ihn mit müdem Blick. »Alles in Ordnung?«, fragte Davon, nachdem er neben dem Kleineren in die Hocke gegangen war. Seine dunklen Augen musterten Yume eingehend. Es schien ihm schlechter zu gehen. Eine ungesunde Blässe hatte sich auf den hellen Zügen ausgebreitet und die sonst so klar leuchtenden Bernsteine wirkten glasig. Die Frage war nicht wirklich zu Yume durchgedrungen. Nur einzelne Wortfetzen erreichten ihn. Obendrein klang Davons Stimme in seinen Ohren verzerrt und bereitete ihm Kopfweh. Aufstöhnend glitt seine zierliche Hand zu seiner Stirn, hinter der es nun anfing stärker zu pochen. Es schien gar nicht mehr aufhören zu wollen. Ohne das Yumes es beeinflussen konnte, rannen plötzlich Tränen über seine Wangen. Er fühlte sich so elendig, aber er wollte Davon doch keine Sorgen bereiten. »Yume ... Liebling?« Sachte umschloss Davon die feingliedrige Hand mit seiner und zog den Kleineren ein Stück zu sich heran. Beruhigend strich er ihm ein paar silbrige Strähnen aus der Stirn und fühlte gleich nach dessen Temperatur. Umso erschrockener war er, als er die Hitze unter seinen Finger spürte. Sofort zählte er eins und eins zusammen. Verflucht! Auch das noch! Warum war ihm das nicht gleich vorhin schon aufgefallen?! Er war wirklich ein riesiger Idiot. Den Kleinen einfach so der Sonne aus zu setzen. Als wäre es nicht schon genug, dass er fast ertrunken wäre. Nein! Jetzt hatte der Kleine auch noch einen Hitzeschlag. Kein Wunder bei den Temperaturen. Ohne lange zu zögern, riss er einen Ärmel von seinem Hemd ab, ging zum See und tränkte den Stoff mit dem eiskalten Bergwasser. Dann kehrte er zurück und legte ihn Yume auf die erhitzte Stirn. Danach schlang er einen Arm unter die Kniekehlen des Kleineren, während er mit dem anderen um die schmalen Schultern griff und hob ihn hoch, drückte ihn leicht an seine Brust. Jetzt war es wirklich an der Zeit zurück zu kehren und zwar schnell. Energisch und zügig, bahnte sich Davon einen Weg zurück durch den Wald. Sowie er die Pferde erreichte, schwang er sich in den Sattel, achtete während des Ritts peinlichst genau darauf Yume so wenig wie möglich erneut der Sonne aus zu setzen, indem er ihn dicht an sich drückte und mit seinem Körper gegen die versengenden Strahlen schützte. Der Rückweg kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Die Sonne war zu seiner Erleichterung bereits hinter den Bergen verschwunden, sodass wenigstens eines seiner Probleme beseitigt war. Yume hingegen hing schlaff in seine Armen, nur ab und zu kam ihm ein gequältes Stöhnen über die Lippen, was Davons Sorge jedoch nicht senkte. Im Gegenteil. Er wurde immer unruhiger, trieb sein Pferd zu Höchstleistungen an. Im Jagdgalopp flog er schon fast über die Ebene, während das Tier langsam aber sicher seine Grenzen erreichte. Doch sein Schloss rückte immer näher und schließlich schoss er an den Torwächtern vorbei auf den riesigen Innenhof. Sogleich standen zwei Stallknechte bereit, die das verschwitzte zitternde Tier an den Zügeln nahmen, während Davon mit seinem kleinen Sklaven auf dem Arm unverzüglich in die Festung eilte. Die Treppe zu seinen Gemächern hoch stürmend, wo er gleich zwei Stufen auf einmal nahm, rief er den überrascht schauenden Dienern Befehle zu. Dabei gebot sein Tonfall höchste Eile und duldete keinen Widerspruch. Augenblicklich setzten sich seine Untergebenen in Bewegung, um seine Wünsche zu erfüllen. Aber der Schwarzhaarige nahm davon nichts mehr wahr, sondern trat die Tür zu seinen Räumlichkeiten auf, trat ein und brachte Yume zu dem großen Bett, wo er ihn vorsichtig auf die kühlen Laken legte. Besorgt fühlte er Yumes heiße Stirn, knirschte gleich darauf ungehalten mit den Zähnen. Der Kleine glühte förmlich. Wo blieben nur seine Diener?, dachte er gereizt und strich ungeduldig über das faltige Laken auf dem Yume lag. Mit umsichtigen Bewegungen begann er den Kleineren aus zu ziehen, löste die Schnüre von dem dünnen Hemd und zog es ihm aus. Die leichte Hose folgte dem Hemd und landete ebenfalls unbeachtete auf dem Boden neben dem Bett. Wäre es dem Kleinen besser gegangen, hätte Davon den zierlichen Körper zweifellos bewundert. Im Moment war er jedoch zu sehr um den Silberschopf besorgt. Fast schon erleichtert atmete er auf, als es an der Tür klopfte und kurz darauf einer seiner Diener eintrat, eine Schüssel mit kaltem Wasser in den Händen. Erst als der junge Dämon weiter heran trat und die Schüssel umsichtig abstellte, erkannte Davon die darin schwimmenden Eiswürfel. Ruppig entriss er dem Jungen den Stapel Tücher, den er über dem Arm hatte und wies ihn mit einer unwirschen Geste an zu verschwinden. Er wollte sich selbst um Yume kümmern. Schließlich war es seine Schuld, dass es dem Kleinen so schlecht ging. Echte Gewissensbisse plagten ihn. Dabei hatte es doch ein schöner Tag für Yume werden sollen und kein schreckenvolles Erlebnis. Es war aber auch alles Erdenkliche schief gegangen. Traurig senkte er den Kopf und vor seinem inneren Auge spielte sich die Szene ab, wie der Silberschopf regungslos im Wasser schwebte, furchtbar blass und ... Energisch verdrängte Davon dieses Bild und die Erinnerung daran und widmete sich stattdessen dem kleinen verschwitzten und blassen Körper vor sich. Yume brauchte ihn jetzt. Da war keine Zeit sich mit den geschehenen Ereignissen fertig zu machen. Resolut tauchte er eines der Tücher ins Eiswasser und faltete es ein bisschen zusammen, ehe er es auf die glühende Stirn seines kleinen Silberschopfes legte. Ein leises Stöhnen drang über die leicht geöffneten, rosigen Lippen. Doch Davon ließ sich davon nicht beirren. Er nahm zwei weitere Tücher, benetzte auch diese und wickelte sie um Yumes Waden. Ob es half, wusste er nicht genau, denn mit solchen Prozeduren kannte er sich nicht aus. Aber er glaubte davon schon mal etwas gehört zu haben. Ganz so verkehrt konnte es jedoch nicht sein, denn Yume schien die Kühle zu beruhigen. Damit der Kleinere sich nicht noch eine Erkältung holte, zog Davon fürsorglich die Decke über den schlanken Körper. Seufzend musterte er das immer noch viel zu blasse Gesicht. Jetzt konnte er nur abwarten und hoffen, dass der Hitzschlag nicht allzu schlimm war. Mit leise raschelnden Sachen stand er nach einigen Minuten schließlich auf und ging lautlos ins Badezimmer, um von dort noch ein Glas Wasser zu holen. Wenn Yume aufwachte, hatte er bestimmt Durst. Danach setzte er sich wieder an die Seite des Kleineren, stellte das Glas auf den Nachttisch und wechselte die inzwischen warm gewordenen Tücher gegen kalte. Die Prozedur wiederholte er einige Male. Zwischendurch zog er sich die eigenen unbequemen Sachen aus und schlüpfte schleunigst in ein paar angenehme Weite. Als er sich erneut an Yumes Seite setzte, nahm er sanft dessen schmale kleine Hand und betrachtete sie sich. Sie war das genaue Gegenteil von seiner. So zierlich und hell, fast weiß ... und seine groß, kräftig und braungebrannt. Ohne Schwierigkeiten konnte er Yumes umfassen. Zart strich er mit dem Zeigefinger über das feine Handgelenk, hielt auf der Pulsader inne. In regelmäßigen Abständen fühlte er ein Pochen unter der Fingerspitze, was ihn beruhigt fortfahren ließ. Als nächstes liebkoste er versunken die nachgiebige Handfläche, zeichnete jede einzelne Linie nach, bis er zu den feingliedrigen Finger kam. Dann drehte er Yumes Hand um, hauchte einen liebevollen Kuss darauf, bevor er sich auf die dunkle Decke zurück legte. Mit einem sanften Kuss auf Yumes Wange erhob sich Davon, nachdem er die Tücher von dessen Waden entfernt und das auf der Stirn gewechselt hatte und legte sich auf die andere Seite des Bettes. Doch er rückte dicht an Yumes heran, nahm dessen andere Hand in seine, damit er merkte, wenn der Kleinere erwachte. 11 Mitten in der Nacht wurde Yume wach. Langsam schlug er seine Augen auf und obwohl es stockfinster war, brannten sie höllisch, sodass ihm Tränen in die Augenwinkel traten. Am liebsten hätte er sie sofort wieder geschlossen, aber er musste sich dringend erleichtern. Angestrengt versuchte er den Weg zum Badezimmer aus zu machen, doch es war zu finster. Kein einziger Mondstrahl erhellte den Raum. Schwach rieb sich Yume die Augen, weil sie immer noch furchtbar weh taten und jetzt durch die Anstrengung noch mehr. Unbewusst schluckte er, als er sich ein Stückchen in den Decken aufrichtete. Beinahe hätte er angefangen zu husten. Seine Kehle war staubtrocken und durch die veränderte Position bemerkte er nun auch die Kopfschmerzen, die binnen Sekunden zu einem lauten Dröhnen hinter seinen Schläfen anschwollen. Gequält stöhnte er auf und fasste sich mit der Hand an den Kopf, während leise Tränen begannen über seine Wangen zu rollen. Er fühlte sich so elend wie noch nie und wäre am liebsten gestorben. Trotzdem versuchte er sich zusammen zu reißen, wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen. »Nur kurz ins Bad«, dachte Yume und zog vorsichtig die Beine unter der Decke hervor. Denn auch wenn es ihm schlecht ging ... er wollte Davon nicht wegen jeder Kleinigkeit belästigen. Der Boden fühlte sich unter seinen nackten Füßen furchtbar kalt an, als Yume mit tastenden, kleinen Schritten in die Richtung ging, in der er das Bad vermutete. Auf halben Weg wurde ihm jedoch schwindelig und sein Magen rebellierte. Haltsuchend griff er in die Dunkelheit, um sich irgendwie festzuhalten, doch die Wand war noch zu weit entfernt. Das Schwindelgefühl nahm zu und Yume schluchzte leise auf, bevor er in die Knie ging. Weinend saß er in der Dunkelheit und fragte sich verzweifelt, was er nur tun sollte. Abermals schluchzte er auf. Ihm war so schlecht. Bestimmt musste er sich gleich übergeben. Er kam sich so allein und verloren vor. Zudem trug er keine Kleidung und ihm war furchtbar kalt, sodass er nach kurzer Zeit unkontrolliert anfing zu zittern. Frierend umschlag er seinen Körper mit seinen dünnen Armen und zog schützend die Knie an die Brust. Doch es half kaum, denn die Kälte wurde immer schlimmer und Yume glaubte es nicht mehr auszuhalten. Wie lange er weinend so dagesessen hatte, wusste Yume nicht mehr. Doch auf einmal spürte er zwei starke, warme Arme, die ihn hochhoben. Sogleich klammerte er sich an den anderen Körper, während weiter Tränen über seine nassen Wangen perlten. Erschöpft legte er den Kopf an Davons Brust und schloss leise seufzend die Augen. Schlecht war ihm immer noch, weswegen er versuchte seinen hektischen Atem zu beruhigen und die Luft gleichmäßig in seine Lungen strömen zu lassen. Dabei brannte jedoch seine Kehle, sodass er schmerzhaft schlucken musste. Davon hingegen verfluchte sich innerlich. Warum hatte er nicht gemerkt, dass Yume das Bett verlassen hatte. Zähneknirschend sah er auf das weinende Bündel in seinen Armen hinunter. Dem Kleinen schien es sehr schlecht zu gehen. Vom Bett aus hatte Yume es nicht weit geschafft, bevor er zusammen gebrochen war. Die kurze Strecke schien ihn jedoch sehr angestrengt zu haben, stellte Davon mit einem scharfen Blick in das wachsbleiche Gesicht fest. Auf Grund seiner dämonischen Vorfahren war es ihm nämlich möglich auch in absoluter Dunkelheit hervorragend zu sehen. Mit ein paar großen Schritten erreichte er das Bad, wo er Yume erst mal auf den breiten Rand der Marmorwanne absetzte, dem Kleineren beruhigende Worte zuflüsterte und ihm dabei leicht über den bebenden Rücken streichelte. Als er sich lösen wollte, klammerte Yume sich ängstlich an seiner Schulter fest, suchte in der Finsternis hilflos seinen Blick. Davon lächelte beschwichtigend. »Sch ... ich mache nur schnell Licht. Es dauert nicht lange und ich bin sofort wieder bei dir, mein Liebling.« Liebevoll strich er Yume durch die wirren Strähnen, streichelte mit dem Daumen über die samtige Wange, die von den vergossenen Tränen noch ganz feucht war und entfernte sich dann kurz, um eilig zwei Kerzen zu entzünden. Beide stellte er auf den Rand der Waschbecken und kehrte anschließend zu dem silberhaarigen Jungen zurück. In dem sanften orangenen Licht sah der Kleinere noch blasser aus, stellte Davon besorgt fest. Vor Yume kniete er sich hin und legte eine Hand auf dessen Stirn, um nochmals nach seiner Temperatur zu fühlen. »In Ordnung«, murmelte er beruhigt. Jedenfalls glühte der Junge nicht mehr so wie noch vor ein paar Stunden. Etwas entspannter sah er Yume wieder in die Augen, wobei sich aber noch Besorgnis auf seinen Zügen spiegelte. »Yume ... Hast du irgendwelche Schmerzen? Oder möchtest du etwas trinken?« Kurz nickte der Kleinere und schloss gleich darauf aufstöhnend die Augen. Die Sorge in Davon stieg rapide an, als er das sah. Dennoch zwang er sich sich erneut von dem Silberschopf zu lösen, holte einen Becher aus dem Schrank, füllte ihn mit Wasser und hielt ihn Yume gleich darauf an die trockenen Lippen. Fast sofort umschlossen Yumes Finger den Becher, samt Davons Hand und er begann gierig zu trinken. Als er bereits den halben Becher gelehrt hatte, hielt Davon ihn etwas zurück. »Nicht so hastig, Liebling«, sagte er leise und einfühlsam. »Nimm kleine Schlucke ... Wenn du zu schnell trinkst, rebelliert dein Körper nachher.« Yume gehorchte. Langsam ließ er das kühle wohltuende Nass in seinen Mund fließen und schluckte es wie Davon ihm geraten hatte in kleinen Mengen hinunter. Sein Hals schmerzte immer noch, aber nicht mehr ganz so sehr wie am Anfang. Das Wasser tat unglaublich gut und auch das Übelkeitsgefühl schwand allmählich. »Gut so«, lobte Davon, als er Yumes Bemühungen sah. »Möchtest du noch mehr?« Einen Moment überlegte der Kleinere, schüttelte dann jedoch einmal langsam und vorsichtig den Kopf. Er wollte nicht wieder stärkere Kopfschmerzen provozieren. Davon nahm die Antwort zur Kenntnis. Trotzdem füllte er das Glas noch einmal auf, ließ es dann aber auf dem Waschbeckenrand bei den Kerzen stehen. »Warte einen Augenblick«, wies er Yume erneut an, der leicht zitternd auf dem Marmorgestein saß und müde zu ihm herüber blickte. Es dauerte nicht lange, da kam der Schwarzhaarige erneut in das Badezimmer. Erschöpf, aber dennoch neugierig blickte Yume ihm entgegen. Irgendetwas hatte Davon in der Hand, aber er konnte nicht erkennen was. Leise seufzte er auf, schloss für einen Moment die Augen, bevor er den Größeren wieder ansah, der ihn mit einem sorgenvollen Blick musterte. »Alles in Ordnung?«, hörte er ihn fragen und versuchte ein eher verunglücktes Lächeln. Aber der Ältere verstand, nickte leicht, ehe er die Sachen, die er für Yume geholt hatte auf dem Wannenrand ablegte und zuerst das luftige weiche Hemd heraus sortierte, bevor er sich dem kleinen Silberschopf erneut zuwandte, der ihn bereits mit einer Spur Neugier in den goldenen Augen beobachtete. Die Sachen hatte er geholt, weil er nicht riskieren wollte, dass Yume sich zusätzlich zu allem anderen auch noch erkältete. Der Gesundheitszustand des Kleinen war schon nicht der Beste und außerdem hatte er gefroren. »Hebst du kurz die Arme?«, fragte er auffordernd und mit einem aufmunternden Lächeln. Yume war das ein bisschen peinlich. Er war es nicht gewohnt, dass sich jemand so fürsorglich um ihn kümmerte und bemühte. Ein leichter Rosaschimmer legte sich auf seine Wangen, als er Davons freundlicher Aufforderung nachkam und die Arme nach oben streckte. Geschickt zog der schwarzhaarige ihm das weiche Hemd über. Es duftete nach Davon und Yume fühlte sich gleich viel wohler und seufzte erleichtert auf. Der Stoff schmiegte sich sanft und wärmend an seine Haut, fast so, als würde er ihn streicheln. Dazu kamen Davons Hände, die sich um seine Taille geschlungen hatten und ihn auf die Füße stellten, was ihn erneut schwer seufzen ließ. Dann kniete der Ältere sich vor ihn. Ganz automatisch wanderten Yume Arme zu den breiten Schultern des Größeren, wo er sich vertrauensvoll festhielt. Erst als er spürte, wie der andere an seinem Bauch in dem dortigen Stoff herum nestelte, bemerkte er die Hose, die bereits seine Beine bedeckte. Davon schnürte wohl gerade die Bänder, dachte er lahm und lehnte sich einfach mit seinem gesamten Gewicht gegen den anderen. Dann fiel ihm aber ein, dass er noch auf die Toilette musste ... Träge öffnete Yume noch einmal die Augen, die er schon die ganze Zeit geschlossen hatte, während eine seiner Hände zu Davons glitt, der immer noch mit den Bändern kämpfte und dabei leise Flüche ausstieß. Denn Davon war von der Gesamtsituation nicht im Geringsten begeistert. In jedem anderen Fall wäre es ihm egal gewesen, wenn Yume sich derartig verführerisch an ihn gelehnt hätte. Er hätte es vielleicht sogar begrüßt und außerordentlich genossen. Aber im Moment ... Im Moment versuchte er den Kleinen an zu ziehen, weil er gefroren hatte. Doch diese bescheuerten Schnüre wollten nicht so wie er. Zusätzliche Schwierigkeiten machte ihm auch noch die samtige Haut von Yumes Bauch, die er immer wieder unbeabsichtigt streifte, so sehr er sich auch bemühte es nicht zu tun. Das trieb ihn noch in den Wahnsinn! Da hatte er es weniger schlimm gefunden Yume gänzlich nackt vor sich zu haben. Ungehalten begann er zu fluchen, als es ihn wieder nicht gelang diese dämliche Schleife hin zu bekommen. Abermals streiften seine Fingerspitzen Yumes Bauch. Um Beherrschung ringend, biss er sich auf die Zunge, als er auf einmal Yumes zarte Hand auf seiner spürte. Fragend schaute er dem Kleinen ins Gesicht. Dabei waren ihre Augen auf genau derselben Höhe, da Davon noch immer kniete. Mit leicht verträumten Blick sah Yume ihn an. Die hellen Bernsteine waren durch die Erschöpfung und Müdigkeit des Kleineren verschleiert und Davon kam nicht umhin für einen Augenblick die Luft an zu halten. Bezaubert starrte er Yume an, war nicht in der Lage den Zauber zu brechen, den der Silberschopf allein durch diesen Blick auf ihn ausübte. Dann kehrte er jedoch in die Realität zurück, als Yume sich von ihm löste und verlegen die Lider niederschlug. Eine sanfte Röte lag auf den blassen Wangen und der Nasenspitze, als der auf die Toilette wies. Verstehend nickte Davon. Er fand Yumes Verlegenheit einfach nur niedlich und absolut liebenswert. »Schon gut«, meinte er schließlich mit einem feinen Lächeln, strich Yume noch einmal mit dem Daumen über die Wange, während er aufstand und ging aus dem Zimmer, denn ein wenig Privatsphäre gestand er dem Jungen auch zu. Erleichtert atmete Yume auf, tat das, was er tun musste und wollte das Bad ebenfalls gerade verlassen, als er sich flüchtig im Spiegel sah. Erschrocken über sein Aussehen, drehte er sich richtig seinem Spiegelbild zu und musterte seine Erscheinung, die ihm mit verstrubbelten Haaren, die in alle Richtungen abstanden, entgegen sah. Unter seinen Augen stachen sich dunkle Streifen abscheulich klar gegen seine helle Haut ab und seine Nase glühte so rot wie die Kerzenflamme, die sich gleich neben ihm auf dem Waschbecken befand. Nein ... So wollte er Davon nicht mehr unter die Augen treten. Das konnte er ihm nicht antun. Nun gut. Gegen die Augenringe und seine von der Sonne verbrannte Nase war nicht viel auszurichten. Aber zumindest seine Haare konnte er mit einem Kamm in Ordnung bringen. Deswegen griff er zu der Bürste, die gleich in seiner Nähe lag und bürstete sich die silbernen Strähnen, bis sie ihm wieder in einer weichen Flut seidig über den Rücken und die Schultern fielen. Zum Schluss warf er noch einmal einen Blick in den Spiegel, nickte sich einigermaßen zufrieden zu und nahm im Gehen in eine Hand das gefüllte Glas und in die andere eine der beiden Kerzen. Die zweite Kerze blies er aus, bevor er vorsichtig und langsam aus dem Bad tapste. Davon erwartete ihn bereits ungeduldig und nahm ihm die Kerze ab, als Yume ihn erreichte. Er war schon ganz unruhig geworden, weil der Kleinere so lange gebraucht hatte. Aber jetzt schien es seinem Silberschopf einigermaßen gut zu gehen. Außer der unnatürlichen Blässe und der Erschöpfung, die er dem Jungen sofort ansah, machte er einen relativ stabilen Eindruck nach allem, was er in den letzten vierundzwanzig Stunden hatte durchmachen müssen. Am Bett stellte Davon zuerst die Kerze auf dem Nachtschränkchen ab, bevor er Yume den Becher umsichtig abnahm und ihn neben den anderen stellte. Derweil war der Kleinere neben ihn getreten und lehnte seinen Kopf nun müde an Davons Arm. Liebevoll lächelnd wandte der Schwarzhaarige sich ihm zu. »Komm, Liebling. Ab unter die Decke mit dir, sonst schläfst du mir noch im Stehen ein«, tadelte er zärtlich und hob die Zudecke an, während er Yume einen sanften Klaps auf den Po gab, als dieser gähnend an ihm vorbei tapste und es sich auf dem Bett bequem machte. Bedachtsam zog er den Stoff bis zu Yumes schmaler Brust hoch und streichelte ihm flüchtig über die Stirn, strich gleich eine vorwitzige Strähne zurück, die sich in das feine Gesicht des Kleineren verirrt hatte. Nachdem er Yume noch eine Weile beobachtet hatte, löschte er die Kerze und begab sich auf seine Seite des Bettes. Von hinten rückte er ganz nahe an den Jüngeren heran, umarmte ihn leicht. Besitzergreifend, aber dennoch sanft legte er eine Hand auf Yumes Hüfte und zog ihn so noch ein Stück weiter an sich, bis er den schlanken Rücken an seiner Brust spürte. Willig ließ Yumes es geschehen. Er liebte es, wenn Davon ihm zeigte, dass er ihn so nah bei sich haben wollte. Dann fühlte er sich immer so beschützt und gemocht. Vor allem jetzt, wo ihn noch diese gemeinen Kopfschmerzen plagten, genoss er die Wärme und Zuneigung, die der Größere ihm schenkte in vollen Zügen. Unbewusst und schon halb schlafend, kuschelte sich Yume dichter an die Wärmequelle in seinem Rücken und schlief mit einem kleinen zufriedenen Seufzen auf den Lippen ein. Davon hingegen lag noch eine ganze Weile wach und lauschte den gleichmäßigen Atemzügen seines zierlichen Sklaven, der sich so vertrauensvoll an ihn schmiegte. Yume war einzigartig. Er hatte seine ganz eigene Art, war lieb und zurückhaltend und versuchte sich dennoch zurecht zu finden, egal wie schlecht es ihm ging ... Und er hatte ihm verziehen ... Wenn er jetzt daran dachte, dass er den Kleineren einmal geschlagen hatte, wurde ihm schlecht. Genauso ließ die Erinnerung an einen leichenblassen leblosen Yume Übelkeit in ihm aufsteigen und ein eisiger Schauder rann ihm über den Rücken. Nie mehr würde er den Jungen irgendeiner Gefahr aussetzen, wenn er es vermeiden konnte, schwor sich Davon innerlich. Wie, um sich zu vergewissern, dass der Kleine noch bei ihm war, festigte er seine Umarmung einen Moment, und hauchte einen Kuss in die seidigen silbernen Haare. »Ich werde dich beschützen ... Mit meinem Leben, wenn es sein muss!«, versprach er inbrünstig flüsternd an Yumes Ohr. Daraufhin drehte Yume sich in seinen Armen, streckte sich ein bisschen und streifte wie um Davons Versprechen zu besiegeln dessen Lippen für einen flüchtigen Augenblick mit den seinen. Perplex suchte der Schwarzhaarige in den entspannten Zügen nach einem Hinweis, dass Yume wach gewesen war und ihn tatsächlich verstanden hatte. Doch als nach einer halben Ewigkeit immer noch nur leises Atmen zu vernehmen war, welches ab und an von einem kaum hörbaren Seufzen unterbrochen wurde, war Davon sich sicher, dass Yume bereits geschlafen hatte. Dennoch grübelte er noch lange über die Reaktion des Kleinen nach. Letztendlich kam er jedoch zu dem Schluss, dass der Silberschopf nur unterbewusst reagiert haben konnte. Da passierten laut seiner Mutter - die vor langer Zeit gestorben war - die seltsamsten Dinge. Ihr Schlafwandeln hatte sie auch immer darauf zurück geführt. Einigermaßen beruhigt durch diese Gedanken, forderten die Anstrengungen und der Stress des Tages auch bei ihm ihren Tribut. Mit dem angenehm fruchtigen Duft von Yumes Haar in der Nase schlief schließlich auch er dann endlich ein. 12 Davon wachte am nächsten Morgen als Erster auf, trotz der wenigen Stunden die er geschlafen hatte. Herzhaft gähnend, öffnete er die Augen und rieb sich mit der linken Hand den Schlafsand aus den Augenwinkeln, weil Yumes es sich auf seinem anderen Arm bequem gemacht hatte. Dann ließ er sie wieder unter der Decke verschwinden, wo es schön warm war. Genießerisch atmete er Yumes einmaligen Geruch ein, während sich seine Hand verwegen unter das weiche Hemd des Kleineren schmuggelte, wo er sanft und verschmust die seidige Haut liebkoste und mit einer Fingerkuppe um den süßen Bauchnabel kreiste. Dabei beobachtete er seinen kleinen Engel mit einem Lächeln, sog jede winzige Regung in sich auf. Yumes feines Gesicht war auf seine Hand gebettet, da der Kleinere seitlich von ihm abgewandt lag und um seinen Kopf und über den Rücken lagen die silbrigen Strähnen wie ein leuchtender Heiligenschein verteilt. Noch schlief er, denn er reagierte auf Davons Liebkosungen nur mit einem kaum wahrnehmbaren Zucken der dichten Wimpern, fast so als würde er träumen. Deswegen intensivierte der Schwarzhaarige den Druck seiner Fingerspitzen probeweise, tunkte den Zeigefinger spielerisch in den zierlichen Bauchnabel, bevor er mit der ganzen Hand in kleinen zärtlichen Kreisen höher wanderte, bis er Yumes Brustwarzen erreichte. Verführerisch umkreiste er erst eine der Beiden, übte auch dort ein wenig Druck aus und nahm sie schließlich zwischen Daumen und Zeigefinger, zwirbelte sie leicht, bis sie sich unter den enormen Reizen verhärtete und steil aufrichtete. Dasselbe wiederholte er bei der anderen, was Yume diesmal ein erregtes Aufstöhnen entlockte. Auch der Atem des Kleineren beschleunigte sich. Einen Spalt breit öffnete Yume die Lippen und die kleine Zunge schnellte hervor, um diese zu befeuchten. Die Augen behielt sein süßer Silberschopf aber geschlossen, was Davon dazu veranlasste seine Hand wieder tiefer gleiten zu lassen. Abermals liebkoste er die zarte Haut am Bauch und spürte kurz darauf, wie Yume unter seinen Berührungen erzitterte. Unbewusst drückte der Kleinere sich seinen streichelnden Fingern entgegen, forderte auf diese Weise mehr. Und Davon war weit davon entfernt seinem Schatz das zu verweigern. Im Wachzustand benahm Yume sich bestimmt nicht mehr so hemmungslos und ungezügelt. Dafür war er jedoch am frühen morgen sehr empfänglich für derartige Zärtlichkeiten und das wollte Davon so gut wie möglich ausnutzen. Also fuhr er fort den kleineren Körper zu reizen und erfreute sich an dem erregten Stöhnen und Keuchen, das dem Jungen stoßweise über die rosigen Lippen kam. Außerdem war er neugierig, wie weit er Yume bringen konnte ohne ihn wirklich zu berühren. Denn bis jetzt hatte er die imaginäre Grenze, die der Hosenbund darstellte noch nicht überschritten. Zärtlich kraulte er Yumes Unterbauch und glitt ab und an einmal mit einer Fingerspitze unter den Saum der Hose, jedoch nur, um ihn gleich darauf wieder zurück zu ziehen. Dabei ruhte Davons Blick immer noch auf Yumes Gesicht. Mit den Augen liebkoste er die sanften Züge und blieb schließlich an den feucht schimmernden rosigen Lippen hängen, die halb geöffnet nur darauf zu warten schienen von seinen erobert zu werden. Kehlig stöhnte Davon bei dem Gedanken an Yumes Geschmack und Weichheit auf, und er hätte den Kleineren am liebsten in diesem Augenblick geküsst. Er war gerade versucht seinem Verlangen ein bisschen nach zu geben und von der betörenden Süße zu kosten, als Yume in dem Moment seine wunderschönen Bernsteinaugen aufschlug und ihn desorientiert und mit vom Schlaf benommenen Blick ansah. Erregt keuchte Yume auf, denn Davon hatte seine Streicheleinheiten nicht wie vorgehabt eingestellt, sondern strich immer noch gemächlich über die seidig glatte Haut. Langsam senkte er seinen Kopf, sah Yume tief in die Augen und verschloss die weichen Lippen schließlich doch mit seinen, konnte nicht wiederstehen. Zart leckte er über die Unterlippe des Kleineren, während er ihn ein wenig zu sich herum drehte, sodass er leichter an die nackte Haut des Jüngeren heran kam. Erhitzt stöhnte Yume in den Kuss und Davon nutzte dies, um durch die halb geöffneten Lippen in den Mund des Kleineren ein zu dringen. Animierend stupste er gegen die andere Zunge, woraufhin Yume zaghaft und zurückhaltend begann den Kuss zu erwidern. In Yume baute sich eine unglaubliche Spannung auf. Ihm war furchtbar heiß und auf seinen Wangen lag ein verlegener Rotschimmer. Sein Körper schien von innen heraus zu brennen. An den Stellen, wo Davons Finger ihn streichelten und liebkosten, kribbelte es, als würden dort viele winzige Käfer mit ihren Kratzefüßchen über seine Haut laufen und eine Spur aus Feuer hinterlassen. Er konnte gar nicht fassen, was mit ihm geschah. So hatte er sich noch nie gefühlt, aber er fand es schön und hoffte Davon würde nicht aufhören. Als er aufgewacht war, dachte er, das alles nur geträumt zu haben, doch Davons Hand hatte sich wirklich auf seinem Bauch befunden, wo sich nun die gesamte Hitze staute. Sein Herz schlug wild gegen seine Brust und er war auch ein bisschen aufgeregt, weil er nicht wusste, was nun geschehen sollte. Aber eines wusste er ganz genau! Er wollte bei Davon sein und die Zärtlichkeiten des Größeren nicht mehr missen. Deswegen drehte er sich dem Schwarzhaarigen gänzlich zu, um seine Hände in den kräftigen Nacken zu legen und sich an ihn zu drücken. Zurückhaltend küsste er Davon nun von sich aus auf den Mund, schmiegte sich mit seinem Körper dichter an den Älteren. Er wollte mehr von den Liebkosungen, verzehrte sich danach und zeigte es auch, obwohl es ihm ein wenig peinlich war sich derartig offen vor dem anderen zu zeigen. Schüchtern begrüßte er die fremde Zunge in seinem Mund und stöhnte verlangend in den Kuss, als Davon einen Arm um seinen Rücken schlang und seinen Unterleib fest an seinen eigenen presste, sodass Yume die harte Erektion deutlich an seinem Bauch fühlte. Auf einmal bracht Davon den Kuss jedoch abrupt ab, was Yume mit einem enttäuschten Aufwimmern quittierte. Unter halb gesenkten Lidern flehte er ihn stumm an weiter zu machen, doch Davon wich seinem Blick aus, zog kurz darauf seine Hände zurück und verließ das Bett, ohne ihn noch einmal an zu sehen. Ende Teil 4 Hallo ihrs, ich bin ja ganz froh, dieses Kapitel endlich abgeschlossen zu haben. Wie auch im vorigen Kappi bin ich irgendwie nicht voran gekommen. Ich weiß diesmal aber auch warum!!! *nick nick* Einen Großteil habe ich nämlich im Urlaub geschreibselt und da saß mir leider die ganze Zeit mein ignoranter, neugieriger Bruder gegenüber und hat Faxen gemacht und versucht mich mit schlechten Bassimitationen seinerseits abzulenken. Kein Wunder also, dass man da keine richtige Lemon zu Stande bringt. Also verzeiht mir bitte noch einmal, dass die Beiden wieder nichts gebacken bekommen haben. Es wird aber noch Lemon geben ... keine Angst. Die Handlung steht aber erst mal im Vordergrund, also kann es noch eine Weile dauern. Denn ich habe noch viele gemeine Dinge vor. Sooo ... dann hoffe ich mal ihr habt viel Spaß beim Lesen und genießt es. Fortsetzung folgt natürlich ... Bis dann ... Copyright by desertdevil Kapitel 5: ----------- ***Tempted to touch V*** Schwer atmend blieb Yume zurück und blickte Davon mit Tränen der Verzweiflung in den Augen hinterher. Am liebsten hätte er ihn angeschrieen, aber er konnte ja nicht. Ein dicker Kloß hatte sich in seinem Hals gebildet und schnürte ihm die Luft ab. Er war nahe daran in Tränen aus zu brechen. Es war doch so schön gewesen, so angenehm den anderen nah bei sich zu fühlen. Er hatte genossen, was Davon mit ihm angestellt hatte. Sogar der Kuss war herrlich gewesen. Davons herben Geschmack hatte er immer noch auf der Zunge und auch seine Haut brannte noch leicht, wo der andere ihn berührt hatte. Sehnlichst wünschte er sich Davon zurück, wünschte sich die zärtlichen großen Hände wieder auf seinen Körper ... Warum nur hatte er aufgehört?, fragte Yume sich verzagt und unsicher und rollte sich deprimiert in der riesigen Decke zusammen, sodass er nur noch als kleiner Ball erkennbar war. Traurig schniefte er, schlang die Arme um seine angezogenen Beine. Wollte Davon ihn jetzt doch nicht mehr haben? War er ihm nur eine Last? Bei diesen Gedanken perlten ihm schließlich doch die zurückgehaltenen salzigen Tränen über die Wangen und er begann unglücklich und herzzerreißend zu schluchzen. Unterdessen lehnte Davon mit dem Rücken an der Badezimmertür, hatte die Hände zu Fäusten geballt und die Augen geschlossen. Verdammt! Verdammt!! Verdammt!!! Beinahe hätte er die Beherrschung verloren und das nur wegen eines simplen Kusses?! Schon während Yume noch geschlafen hatte, war er durch die kleinen Seufzer und das unschuldige Stöhnen heftig erregt worden. Die Zartheit von Yumes Lippen war so berauschend gewesen, dass es ihn fast den Verstand gekostet hätte. Aber den letzten Funken, der den letzten Rest seiner Fassung einfach weggewischt hatte, war, als sich der Kleinere mit seinem zierlichen Körper verführerisch an ihn gedrückt und den Kuss erwidert hatte!! Es war ihm praktisch nichts anderes übrig geblieben, als die Flucht zu ergreifen. Oder er wäre wie ein Tier über den Jungen hergefallen und das lag keineswegs in seinem Sinn, auch wenn er wusste, dass er Yume mit seinem jetzigen Handeln ebenfalls verletzt hatte. Tief holte Davon Luft. Egal was er tat, er machte es falsch. Bei Yume kam er einfach auf keinen grünen Zweig. Im Endeffekt war es jedoch seine eigene Schuld. Nur weil er sich nicht richtig unter Kontrolle hatte, tat er dem Kleineren weh... Daran musste sich etwas ändern, sonst machte er sie beide unglücklich. Und er musste endlich mit Yume darüber reden, was er von ihm wollte. Wenn er damit noch länger wartete, wurde es mit seinen guten Vorsätzen auch nicht besser. Neu entschlossen wollte Davon zurück ins Schlafzimmer gehen. Seine Hand lag schon auf dem Türgriff, als er sich seiner Erektion gerade noch rechtzeitig bewusst wurde. Verflucht!! Da half wohl auf der Stelle nur eine kalte Dusche. Gedacht, getan. Flink schlüpfte er aus den Sachen, stellte sich unter die Brause und drehte das kalte Wasser voll auf. Keuchend stützte er sich mit den Handflächen an der Wand ab und spannte vor Schock über die plötzliche Kälte alle Muskeln an. Um sicher zu gehen, dass er so schnell nicht mehr auf falsche Gedanken kam, blieb er solange unter dem eisigen Wasserstrahl stehen, bis sich die einzelnen Tropfen, die auf ihn nieder prasselten wie tausende Nadeln auf seinem Rücken anfühlten. Erst dann drehte er den Hahn wieder zu. Zitternd und fast mit eiszapfengleichen Fingern griff er nach einem Handtuch und rubbelte sich flüchtig trocken. Wenig später stand er erneut voll bekleidet vor der Badezimmertür, atmete noch einmal tief durch und trat dann in den anderen Raum. Sofort richtete sich sein Blick auf das Bett. Skeptisch zog Davon die Augenbrauen zusammen und sah sich anderweitig um. Doch nirgendwo konnte er Yume entdecken. Langsam durchquerte er den das große Zimmer, während er überlegte, wo der Kleine hin sein konnte. Vielleicht holte er schon Frühstück?... Unwahrscheinlich!, verwarf Davon diesen Gedanken gleich wieder. Vorhin war Yume sehr verstört gewesen, da dachte er sicher an ganz andere Sachen, als ans frühstücken. Unmerklich schüttelte der Schwarzhaarige den Kopf und wollte sich gerade auf das Bett setzen, als ihm ein silberner Haarschopf entgegen blitzte. Vorsichtig kniete er sich auf die Bettkante und beugte sich über den Kleineren, der sich wirklich bis zu den Ohren unter der Decke vergraben hatte. Sich mit einem Arm abstützend, hob er mit der andere Hand die Decke soweit an, bis ein zusammengerollter, weinender Yume zum Vorschein kam. Mit verschleierten Bernsteinen sah er zu Davon auf, als er den kühlen Luftzug auf seinen Wangen spürte und wischte sich schniefend mit dem Ärmel die Tränen aus den Augen. Dann richtete er sich auf, sodass er dem Schwarzhaarigen nun gegenüber saß. Mit einer Mischung aus Angst und Erwartung in den tränenfeuchten Bernsteinaugen wartete er, was Davon tun oder sagen würde, während er die Finger in seine Hose krallte, um sein Zittern zu verbergen. Davon setzte sich im Schneidersitz auf die Decken, sodass er seinen Silberschopf ansehen konnte. Es schmerzte ihn richtig in der Brust den Kleineren so traurig zu sehen. Er hatte Yume verletzt und es tat ihm leid. Eine Entschuldigung aus zu sprechen fiel ihm jedoch schwer. Er wusste nicht so recht, was er sagen beziehungsweise wie er anfangen sollte. Derartig kompliziert hatte er sich das vor ein paar Minuten noch nicht vorgestellte. Dennoch musste er sich endlich dazu durchringen!! In seinem Kopf rasten die Gedanken, aber die richtigen Worte fand er einfach nicht. Ärgerlich fuhr Davon sich durch die Haare, sprang ruckartig auf, sodass Yume erschrocken zusammen zuckte, und begann unruhig vor dem Bett auf und ab zu gehen, den Blick stur nach unten gerichtet. Das konnte doch nicht wahr sein! Verflixt! War denn das die Möglichkeit?! Warum kam ihm denn kein einfaches >tut mir leid< über die Lippen? Abermals fuhr er sich aufgebracht durch die schwarzen Strähnen, tigerte unbeirrt weiter hin und her, während er überlegte. Verwirrt beobachtete Yume Davons wechselndes Mienenspiel und wusste nicht, was er davon halten sollte. Es schien so, als wolle der andere ihm etwas sagen. Aber was? Im Moment fühlte er sich jedoch zu elend, um darüber nach zu denken. Die Kopfschmerzen von letzter Nacht machten ihm immer noch zu schaffen und zu alledem fürchtete er sich ein wenig vor Davons gegenwärtigem Zustand. Dessen Gesichtszüge waren sehr verkniffen, als würde er sich über irgendetwas ärgern. Deswegen hielt Yume es für klüger auf dem Bett sitzen zu bleiben und still abzuwarten. Trübselig starrte er auf seine Finger, die immer noch in seine Hose verkrallt waren und löste den festen Griff, strich sich unbewusst ein paar Strähnen zurück, die ihm ins Gesicht fielen. Leise seufzte er, schaute noch einmal scheu zu Davon auf. Dieser war inzwischen stehen geblieben und starrte verbissen vor sich hin. So langsam kam er seinem Problem auf den Grund. Noch nie hatte er sich bei jemandem entschuldigen, geschweige denn rechtfertigen müssen. Abgesehen von der Zeit in seiner Kindheit bei seinen Eltern natürlich. Aber das zählte nicht! Vor allem hatte er es nie für nötig gehalten seinen Lustsklaven gewisse Freiheiten und ihren Willen zu lassen. Das Yume eine Ausnahme war, machte die Sache jedoch auch nicht einfacher, im Gegenteil. Er wollte ja... aber sein Stolz stand ihm dabei im Weg. Bei jedem anderen wäre es ihm leichter gefallen... Obwohl... eigentlich wäre es bei allen dasselbe, da in seinem Hause alle anderen von niederer Stellung und Herkunft waren und ihm dienten. Einzig und allein das Königshaus war von höherer Stellung als er und bei diesem konnte er sich auch entschuldigen ohne sein Gesicht zu verlieren. Davon seufzte. Seine Gedankengänge wurde immer verworrener. Yume war ihm sehr viel wert. Er mochte den Jungen, liebte ihn, gestand Davon sich schließlich ein. Und eine Person die man liebte, stand auch über dem Königshaus. Also durfte er doch gar kein Problem mehr haben, sinnierte er und unendliche Erleichterung überkam ihn. Jetzt, wo er sich alles so zurechtgedreht hatte, wie er es brauchte, um wenigstens sein Gewissen zu beruhigen und seinem Stolz keinen Abbruch zu tun, konnte er es wagen mit Yume zu reden und sich zu entschuldigen. Außerdem, wenn er recht überlegte, hatte er sich ja bereits einmal, aber eher unbewusst bei dem Jungen entschuldigt. Nämlich bei ihrem Ausflug im Wald. Dort war es ihm ganz leicht über die Lippen gekommen, doch das hatte sicherlich an dem Schock gelegen... Genauso ruckartig wie Davon vorhin aufgestanden war, hielt er plötzlich in seinem Gerenne inne und schaute zu Yume, der wie ein Häufchen Elend todtraurig auf dem Bett kauerte und in den großen Decken unwahrscheinlich verloren wirkte. Erneut ging Davon zu ihm und setzte sich vorsichtig auf die Bettkante. Leicht ängstlich sah der Kleinere zu ihm auf und kaute unsicher auf seiner Unterlippe herum. Die zierlichen Hände waren in seinen Schoß zusammengefaltet und Davon fühlte wieder Gewissensbisse in sich aufsteigen. Doch diesmal wollte er sein Vorhaben durchziehen. Deswegen griff er sanft nach Yumes Hand und umschloss sie mit seiner Großen. Einen Moment musterte er die Verbindung von ihren Fingern, dann überwandt er sich endlich zu sprechen. »Yume ... « Seine Stimme klang schon bei nur diesem einen Wort rau und belegt. »Ich wollte dir vorhin nicht weh tun... Darum bin ich gegangen. Natürlich habe ich dich trotzdem verletzt, aber das war keine böse Absicht. Ich mag dich wirklich sehr ... mehr als irgendjemanden sonst ... « Er bracht ab. Die ganze Zeit über hatte er Yume in die wunderschönen Augen gesehen, die erst so traurig geblickt hatten. Doch nun leuchteten sie glücklich und erleichtert auf und das freute Davon so sehr, dass er vergaß, was er hatte sagen wollen. Gebannt starrte er Yume an, konnte sich einfach nicht an diesen außergewöhnlichen Augen satt sehen, war wie gefangen in den ausdrucksstarken Tiefen. Vor Erstaunen über die Worte des anderen, wusste Yume gar nicht, wie er reagieren sollte. In seinem ganzen bisherigen Leben hatte ihm noch kein Einziger gesagt, dass er ihn mochte. Umso überraschter war er, dass gerade jemand, der ihn gekauft hatte, so etwas zu ihm sagte. Niemals hätte er damit gerechnet, aber es löste eine wahre Welle an Glücksgefühlen in ihm aus und er sah den Mann dankbar an, lächelte so offen und ehrlich wie er es in den letzten Jahren glaubte verlernt zu haben. Die Hand, welche seine umschloss vermittelte ihm Zuneigung und Wärme und Yume traten vor Freude Tränen in die Augen. Davon hatte nicht damit gerechnet, dass Yume derartig gerührt reagierte. Ohne den Blickkontakt zu lösen, zog er den Kleineren zärtlich in seine Arme. »Ach Yume... du bist bei weitem das Beste, was mir je passiert ist«, gestand er leise an Yumes Ohr flüsternd ein und streichelte dem Jungen liebevoll über den schlanken Rücken. Gleich darauf spürte er, wie der Kleinere die Hände vertrauensvoll auf seine Brust legte, sich an ihn drückte und seinen Kopf ankuschelte. Ein Weilchen saßen sie schweigend einfach nur da, während Davon seinen Liebling weiter streichelte. Dann erinnerte er sich jedoch an sein Vorhaben. Vorsichtig fasste er Yume an den Oberarmen und drückte ihn wieder ein Stück von sich weg, sodass er ihn ansehen konnte. Verwundert ließ Yume es geschehen, auch wenn er sich gerade völlig wohl gefühlt hatte und ein bisschen enttäuscht war, dass der Größere ihn nach so kurzer Zeit schon wieder von sich wegschob. Aber Davon schien noch etwas auf dem Herzen zu liegen. Das erkannte er an dem ernsten und gleichzeitig angespannten Ausdruck in dessen dunklen Augen. Jetzt war er es, der seine Finger sachte auf Davons legte und ihm so stumm Mut zusprach. Dankbar über diese Geste, hauchte der Schwarzhaarige einen sanften Kuss auf Yumes kleine Hand, bevor er endlich zu dem kam, worum es ihm eigentlich ging. »Yume... «, begann er zögerlich. »Da gibt es noch etwas, was ich dich fragen... nein, mit dir besprechen wollte. Ich mag dich sehr, weißt du... Und ich möchte dich ganz für mich allein, möchte, dass du mit allem was du bist mir gehörst.« Davon hatte langsam gesprochen und sah nun abwartend zu dem kleinen Silberschopf. Yume schien jedoch nicht zu verstehen, was er meinte. Fragend legte er den Kopf schief und erwiderte Davons Blick. Schwer seufzte der Schwarzhaarige auf. Yume machte es ihm aber auch nicht einfach. »Was weißt du über die Liebe?«, fragte er deswegen und wartete geduldig auf eine Reaktion. Yume verstand nicht, was Davon ihm sagen wollte. Er freute sich wirklich darüber, dass er dem Mann wichtig war, aber was meinte er mit »ganz gehören«? Er war doch bereits sein Eigentum, schließlich hatte er ihn damals auf dem Sklavenmarkt gekauft? Ein bisschen schmerzte es ihn noch, wenn er wie jetzt daran zurück dachte, doch Yume bereute es inzwischen nicht mehr, bei dem Dämon zu sein. Hm... er konzentrierte sich auf die Frage, die Davon ihm gestellt hatte und dachte eine Weile nach. Was war »Liebe«? Und was sollte er darüber wissen? Der Kleine konnte sich nicht entsinnen schon mal etwas darüber gehört zu haben. Ahnungslos zuckte er mit den Schultern und schüttelte den Kopf, um dem anderen zu zeigen, dass er auch damit nichts anfangen konnte. Nun war er jedoch gespannt, ob Davon ihm erklärte, was es mit all dem auf sich hatte. Erwartungsvoll schaute er den großen Mann an. Davon hätte am liebsten vor Enttäuschung aufgestöhnt, als er Yumes Schulterzucken sah. Heut zu Tage war es nahezu unmöglich jemanden derartig unschuldigen zu finden. Doch Yume war nicht nur unschuldig und naiv, sondern auch vollkommen unaufgeklärt was die Liebe und den damit verbundenen Sex betraf. Das warf ihn völlig aus der Bahn. Damit hatte er überhaupt nicht gerechnet. Zumal er den Silberschopf auf dem Sklavenmarkt gekauft hatte, wo normalerweise anzunehmen war, dass du Jungen bereits durch mehrere Hände gegangen und somit »benutzt« waren. Also wie zum Teufel sollte er Yume nun diese Bedeutungen begreiflich machen? Angestrengt dachte er nach, bis ihm plötzlich etwas in den Sinn kam und ein leichtes Lächeln schlich sich um seine Mundwinkel. Ja... die Idee war gut und er kam um peinliche Erklärungen herum. Ein wenig wollte er aber noch abwarten, da es dem Kleineren bestimmt noch nicht so gut ging. Zart streichelte er dem Silberschopf einmal über die Wange und erhob dann sanft die Stimme, weil er die Neugier des Jungen genau in dessen Augen erkannte. »Keine Angst, Yume. Ich erkläre es dir später. Im Augenblick ist nur nicht der richtige Zeitpunkt dafür.« Es war ein Versprechen und Davon hoffte, dass Yume es auch so auffasste. Dieser senkte jedoch ein wenig enttäuscht den Kopf. Warum wollte Davon es ihm erst später erklären? Er sah darin keinen Sinn und fand es ein bisschen Ungerecht. Erst stellte der Schwarzhaarige ihm Fragen, die er nicht verstand und dann wollte er ihm nicht einmal sagen, was er damit meinte? Dabei war er doch schon so gespannt gewesen. »Hey... « Liebevoll legte Davon einen Finger unter Yumes Kinn und zwang den Kleineren zärtlich ihn anzusehen. »Ich halte, was ich verspreche... Du brauchst nicht denken, dass ich dir dieses Wissen vorenthalten will. Im Gegenteil! Aber ich möchte, dass du es dann auch genießen kannst. Aber momentan bist du gesundheitlich etwas angeschlagen, wegen gestern... « Er brach ab. Eigentlich hatte er das schlimme Erlebnis nicht mehr zur Sprache bringen wollen. Also schwenkte er schnell wieder um, sodass Yume kaum Zeit fand mehr als nötig darüber nach zu denken. »Deswegen schlage ich vor, wir lassen uns erst einmal Frühstück bringen. Du hast doch Hunger, oder?« Noch ehe Yume nicken konnte, knurrte sein Magen lautstark als Antwort auf Davons Frage. Sofort legte sich ein sanfter Rotschimmer auf die Wangen des Jungen und er legte sich peinlich berührt die Hände auf den Bauch. Schmunzelnd streichelte Davon dem Kleinen über den Kopf und lächelte ihn mit einer Mischung aus Unbekümmertheit und Zärtlichkeit an, wobei seine Augen dabei fröhlich aufblitzten. Dann stand er auf, lehnte sich vor, sodass sich ihre Nasenspitzen fast berührten und flüsterte in einem beinahe verführerischem Tonfall: »Geh dich doch schon einmal waschen, während ich uns etwas zu Essen besorge... ja?« Der verheißungsvolle Ton, Davons intensiver Blick und der heiße Atem, der seine Haut streifte, ließen Yume einen angenehmen Schauder über den Rücken rinnen. Ihm wurde ganz schwummerig, obwohl der Schwarzhaarige ihn nicht einmal berührte, und in seinem Bauch breitete sich wieder diese Wärme aus, die er bei Davons letzten Liebkosungen auch schon gespürt hatte. Langsam senkte er die Lider auf Halbmast, musterte die halb geöffneten Lippen des Schwarzhaarigen, die so nah und doch so fern zu sein schienen. Er sehnte sich danach den anderen wieder zu spüren... Länger als einen Wimpernschlag zögerte er nicht mehr, bevor er sich vorlehnte und seine Lippen scheu auf die des anderen Mannes presste. Warm und samtig fühlte es sich an, nahm Yume zum ersten Mal bewusst wahr, obwohl ihn Davon schon so oft geküsst hatte. Es war ein zarter Kuss und der Kleinere genoss das leichte Streicheln von Davons Zunge, die wie ein Schmetterling über seine Haut flatterte. Genießerisch gab sich Yume den süßen Empfindungen hin, schloss die Augen nun ganz... Doch in diesem Moment löste Davon sich bereits wieder von ihm. Liebevoll tippte er dem Jüngeren mit dem Zeigefinger auf die Nase. »Wenn du so weiter machst, haben wir heute Abend noch nichts gegessen«, tadelte der Schwarzhaarige spielerisch lächelnd. »Nur allein vom Küssen wird man leider nicht satt.« Mit leichtem Bedauern löste sich Davon von dem Silberschopf und machte sich auf den Weg in die Küche. Es stand zwar immer eine Wache vor seinem Gemach, der er gut und gerne seinen Begehr hätte mitteilen können, doch heute wollte er das Frühstück für Yume und sich selbst zusammen stellen. Außerdem konnte ein Besuch in der Küche nicht schaden. Gut gelaunt schlenderte er die Treppe hinunter, nachdem er dem wachehaltenden Dämon einen guten Morgen gewünscht hatte. Dieser schaute seinem Fürsten nur perplex hinterher und Davon grinste sich innerlich einen, als er dessen fast schon geschocktes Gesicht sah. Es war nämlich noch nie vorgekommen, dass er sich so früh am morgen allein in die Gefilde der Köche und Köchinnen begab. Schließlich war er der Hausherr und brauchte sich normalerweise nicht um so etwas zu kümmern. Wozu besaß er Diener?! In der Küche erwartete ihn eine annähernd gleiche Reaktion, als er durch die große Schwingtür trat und auch hier alle Bediensteten freundlich grüßte. Eine Küchenmagd ließ sogar vor Schreck ihre Schüssel fallen und verteilte somit den ganzen quarkähnlichen Inhalt auf dem Boden. Einige Spritzer der weichen, weißen Masse landeten auf Davon Hose, was die junge Dämonin mit einem entsetzten Blick bemerkte. »Oh, mein Herr... Es tut mir leid... so leid... «, jammerte sie entschuldigend, schlug die Hände über dem Kopf zusammen, ehe sie hektisch nach einem Tuch griff und vor dem Schwarzhaarigen auf die Knie sank, um wenigstens den Schaden, den sie angerichtet hatte zu begrenzen. Davon verzog nur leicht das Gesicht. Aber seine gute Laune war durch ein paar unerhebliche Quarkspritzer auf seiner Hose nicht zu beeinflussen. »Carissa... «, sprach er die junge Dienerin an und zog sie bestimmt wieder auf die Beine. »Hör auf damit. Es sind nur ein paar Flecken und kein Weltuntergang«, erklärte er nachsichtig. »Natürlich, Herr... «, kam die kleine Dämonin dem Befehl nach einer kurzwährenden von Ungläubigkeit beherrschten Starre nach. In der gesamten Küche waren die Arbeiten zum Erliegen gekommen und alle Bediensteten betrachteten ihn mit einer Mischung aus Verständnis- und Fassungslosigkeit. So langsam ging Davon dieses Verhalten aber nun doch auf den Keks. Unwohlsein erfüllte ihn und er fühlte sich wie ein Fremder in seinen eigenen vier Wänden. Die Küche war zwar nicht der bevorzugte Ort, an dem er sich aufhielt... Aber immerhin war es doch nun kein Weltwunder, wenn er dieser Räumlichkeit doch mal einen Besuch abstattete, oder? Nichts desto trotz tat seine Dienerschaft fast so, als wäre ihm über Nacht plötzlich ein drittes Auge oder ein Schwanz gewachsen! »Bereitet mir etwas zu Essen!«, befahl er harsch, da ihm dieses Starren extrem missfiel. Augenblicklich geriet wieder Bewegung in die Dienerschaft und Davon nickte sich innerlich zu, da wieder alles seinen geregelten Gang zu gehen schien. Geduldig wartete er. Während das Frühstück zusammengestellt wurde beobachtete er die verschiedenen Leute die mit unterschiedlichen Sachen beschäftigt waren. Neugier ergriff von ihm Besitz und er schlenderte langsam zu einer der Arbeitsplatten, wo ein recht zierliches Dienstmädchen gerade eine rote Masse in einer Schüssel bearbeitete. »Darf ich?«, fragte er zögerlich und zeigte auf das rötliche Gemisch. Mit geweiteten Augen sah das junge Ding ihn an und wich sofort einen Schritt zurück. »A-aber natürlich, Herr«, stotterte sich hektisch und hielt ihm die Schüssel hin, senkte verlegen den Blick. Ungezwungen tunkte Davon einen Finger in die Masse, führte ihn zum Mund und leckte ihn schließlich probierend ab. Das Zeug schmeckte süß und fruchtig und er war augenblicklich davon überzeugt, dass Yume es lieben würde. Der Kleine hatte die ihm unbekannten Früchte auch gemocht und deswegen entschloss er sich etwas von der Speise mit nach oben zu nehmen. »Füllt etwas ab. Ich möchte davon ebenfalls etwas mit hoch nehmen!« Ohne Zögern wurde sein Befehl befolgt und Davon fand richtig Spaß daran verschiedene Sachen zu probieren und brachte damit seine ganze Dienerschaft durcheinander. Währenddessen war Yume ins Bad getapst und sah sich eine Weile in dem großen Spiegel an. Ein friedliches Lächeln lag auf seinen Zügen und seine bernsteinfarbenen Augen leuchteten leicht, was darauf hinwies, dass er glücklich war. Und dieses Glück konnten ihm auch die leichten Kopfschmerzen nicht vermiesen. Immer noch lächelnd, drehte er den Wasserhahn auf, formte mit den Händen eine Schale und beugte sich schließlich herunter, um sich das Gesicht mit dem frischen Nass zu befeuchten. Das tat er ein paar Mal, suchte sich dann die Zahnbürste, die der Dämon ihm gegeben hatte und putzte sich ordentlich und gewissenhaft die Zähne. Der Kleine war schon immer auf Sauberkeit bedacht gewesen und da er nun die Möglichkeit dazu hatte, nutzte er sie auch. Leider war es ihm damals bei seinem Verkäufer nicht möglich gewesen, sich zu waschen und er hatte sich richtig unwohl gefühlt, schüttelte sich bei dem Gedanken daran und verzog leicht das Gesicht. Aber jetzt war ja alles anders, beruhigte sich Yume, stellte die benutzen Utensilien wieder dahin wo er sie hergenommen hatte und streifte sich Hemd und Hose vom Körper. Er wollte noch unter die Dusche, denn in der Nacht hatte der Kleine geschwitzt und klebte nun überall, was er gar nicht mochte. Unsicher warf er nach einen Blick zur Tür, während er unter die Dusche stieg. Hoffentlich würde Davon noch eine Weile brauchen. Yume wollte den anderen nicht warten lassen, deswegen beeilte er sich auch, wusch sich schnell und wäre beim Verlassen der Dusche beinahe über die unwesentlich höhere Kante gestolpert, konnte sich gerade noch so am Rahmen festhalten. Erschrocken keuchte Yume auf, beruhigte sich jedoch schnell wieder. Es war nur der Schreck gewesen... Einmal atmete der Junge tief ein und aus, bevor er sich schnell trocken rieb und anschließend die ordentlich auf dem Waschbeckenrand zusammengefalteten Sachen wieder überzog. Danach tapste er in den anderen Raum zurück, blickte sich suchend nach dem Älteren um, doch dieser schien noch nicht wieder da zu sein. Unsicher kaute Yume auf seiner Unterlippe herum, während er langsam zum Bett ging und sich auf die Kante setzte. Irgendwie wusste er nicht, was er tun sollte, warf immer wieder einen Blick zur Tür, als er plötzlich ein Fiepen vernahm. Stirnrunzelnd hob er den Kopf und schaute sich um. Was war das?, fragte sich der Kleine, erhob sich und horchte neugierig, wo genau es herkam. Einen Moment später hatte der Junge den riesigen Balkon erreicht. Zögernd blieb er stehen, legte eine Hand auf das massive dunkle Geländer und schaute in den blauen Himmel. Es war nichts zu sehen, nichts, zu dem dieses Geräusch passen würde... Leicht legte Yume den Kopf schief und wollte sich schon enttäuscht abwenden, als plötzlich ein Schatten auf ihn zugeschossen kam. Erschrocken riss er die Augen auf, wollte noch zurück weichen, doch da prallte das Geschöpf schon mit ihm zusammen und streckte den Kleinen zu Boden. Schmerzhaft landete der Junge auf seinem Hintern, keuchte und fühlte sich ein wenig benommen. Obwohl er sich etwas fürchtete, wollte er jedoch schon gerne wissen, was ihn da so umgerissen hatte, weswegen er langsam die Augen öffnete und sich das fremde Wesen ansah. Ein glücklicher Ausdruck bemächtigte sich Yumes Zügen und seine Augen strahlten vor Freude, als der Junge erkannte, um wen es sich da handelte. Vorsichtig setzte er sich auf, um das Geschöpf nicht zu erschrecken und streckte dann langsam eine Hand aus. Es war der Kirioudrache, den Davon ihm geschenkte hatte. Der Kleine hatte zwar an das Tier gedacht und sich gefragt wo es war, aber er hatte angenommen, dass es wohl doch die Flucht ergriffen hatte. Umso mehr freute er sich, dass der kleine Drache hier war. Tränen standen in seinen Bernsteinaugen, so glücklich machte es ihn das das Tier zu ihm zurückgekommen war. Noch nie hatte er etwas gehabt, dass er sein eigen, geschweige denn seinen Freund nennen konnte. Ehrfürchtig strich er dem kleinen Geschöpf mit einer Fingerspitze über den mit glänzenden Schuppen bedeckten Kopf und lächelte, als der Drache sich ihm entgegenstreckte, so als wollte er noch mehr von den Streicheleinheiten absahnen. In seiner Begeisterung bemerkte Yume gar nicht wie der Dämon wieder das Zimmer betrat. Sachte und vorsichtig strich er weiter über den kleinen Leib des Tieres und spielte ein wenig mit diesem. Davon war unterdessen mit einem mit Leckereien voll beladenen Tablett zurück gekehrt und stellte es auf dem Bett ab. Den Silberschopf hatte er bereits beim hereinkommen auf dem Balkon sitzend entdeckt und sich gefragt, was der Kleine dort tat. Spätestens als er jedoch den Kirioudrachen erblickte, wusste er warum Yume dort hockte. Ein schmales Lächeln schlich sich auf seine Lippen und er trat lautlos näher an den Jungen heran, der ihn nicht zu bemerken schien. Freudestrahlend spielte Yume mit dem Drachen und Davons Lächeln vertiefte sich. Er hatte den Silberschopf noch nicht allzu oft derartig glücklich und zufrieden gesehen und fühlte sich in seiner Entscheidung den Drachen Yume zu schenken bestätigt. Keinem anderen hätte er damit eine größere Freude machen können. Als er noch näher zu Yume trat und sich schließlich hinter ihn hockte, wich der kleine Drachen sofort fauchend zurück. Davon störte sich nicht daran. Er wusste, dass diese Geschöpfe niemanden außer eine Person an sich heran ließen und jeden anderen als Feind ansahen. Aber da Yume ihm gehörte, musste der Drachen sich wohl damit abfinden, dass der Silberschopf ihm nicht immer zur Verfügung stand. Besitzergreifend schlang der Dunkelhaarige einen Arm um die Taille des Jungen, der erst verwundert, dann aber mit einem scheuen Lächeln zu ihm aufblickte. Sanft zog er Yume auf die Beine. Sogleich drehte dieser sich zu ihm um und schlag dem Größeren aus einem Gefühl heraus die schlanken Arme um den Nacken und schmiegte sich dicht an ihn. Perplex schaute Davon auf den hellen Schopf herunter, konnte sich irgendwie nicht erklären, weshalb der Kleine auf einmal so seltsam war. Yume war doch sonst eher schüchtern und zurückhaltend... Dennoch genoss er es, dass Yume sich von sich aus so dicht an ihn drückte, legte seine Hände an die Seiten des Silberschopfes und strich mit den Daumen sanft darüber. Yume indessen löste sich wieder ein Stück von dem Größeren und schaute verlegen zu diesem auf. Es war ihm wirklich peinlich, dass er Davon derartig überfallen hatte und das zeigte sich auch durch eine leichte Röte auf seinen Wangen und Nasenspitze. Ein bisschen nervös leckte er sich über die Lippen und senkte den Blick und wusste gar nicht wie verführerisch er durch diese kleinen Gesten auf den Dunkelhaarigen wirkte. Kurz schloss Davon die Augen und holte einmal tief Luft, um seine Ruhe bei zu behalten, denn der Kleine machte ihn schon wieder fast verrückt, wenn auch unbewusst! Dann sah er jedoch wieder zu dem Jüngeren hinunter und lächelte ihn an, ergriff schließlich Yumes Hand und zog ihn sachte mit sich zum Bett, wo bereits das Essen auf sie wartete. Willig ließ der Silberschopf sich mitziehen und warf nur noch einmal einen entschuldigenden Blick über die Schulter zu dem kleinen Drachen. Es tat ihm ja leid, dass er das Tier jetzt allein lassen musste, aber er hatte schon bemerkt, dass Davon nun vorhatte mit ihm zu Essen und das der Mann auch sehr besitzergreifend war. Vielleicht hatte er ja nachher ein bisschen Zeit mit dem Drachen zu spielen, dachte der Junge. Dann erreichten sie auch schon das Bett und seine Augen wurden groß, als er die ganzen Speisen erblickte. Leicht schluckte er und schaute ungläubig zu Davon, der seinem Blick jedoch nur mit einem Lächeln begegnete. Sollte er das etwa alles essen? Das schaffte er doch nicht einmal ansatzweise, dachte Yume und ließ sich langsam und darauf bedacht keine Bewegungen zu machen, die die Speisen auf dem Tablett umherrutschen ließen auf das Bett gleiten. Die Matratze neben ihm sank dann auf einmal ein ganzes Stück ab und der Silberschopf warf einen unsicheren Blick zu Davon, der es sich bereits gemütlich machte. Abwartend, was der Dunkelhaarige nun tun würde, legte Yume den Kopf schief und schaute Davon fragend an. »Na komm schon her.. «, winkte Davon den Kleineren zu sich und lächelte freundlich. Er verstand nicht, weshalb Yume immer noch so scheu war und sich vieles nicht traute. Gut.. in gewissem Sinne kannte er nichts anderes und war solch einen liebevollen Umgang nicht gewohnt. Aber der Dämon gab sich nun wirklich Mühe! Seufzend betrachtete er den Jungen, der sich zaghaft auf ihn zu bewegte und sich schließlich mit gesenktem Kopf neben ihn sinken ließ. Die schlanken Hände hatte Yume auf seine Oberschenkel gebettet und wartete anscheinend darauf, dass er irgendetwas sagen oder ihm erlauben würde zu Essen. Abermals seufzte Davon auf, legte einen Finger unter Yumes Kinn und zwang den Kleineren sanft ihn an zu sehen. Eindringlich aber dennoch voller Wärme schaute er den Silberschopf an. »Sei nicht so schüchtern, hm? Ich würde mich freuen, wenn du dich nicht immer noch so sklavisch verhalten würdest«, meinte Davon ruhig und er hatte seine Worte bewusst als Bitte und nicht als Befehl formuliert, denn er wollte schließlich erreichten, dass der Junge selbst entschied, was er tat und sich nicht immer nur nach seinen Belangen richtete. Allerdings war sich der Dämon nicht sicher, ob Yume wirklich den Unterschied erkennen würde, denn in den Bernsteinaugen leuchtete einen Moment später ein um Verzeihung bittender Schimmer auf und das ließ den Dunkelhaarigen ein wenig resignieren. »Lass uns erst mal etwas Essen...«, schlug er dann vor, griff nach einem köstlich duftenden Stück Brot und hielt es Yume mit einem fragenden Ausdruck hin. »Mit was magst du dein Brot denn am liebsten?«, erkundigte er sich und wartete geduldig ab, was der Kleine ihm zeigen würde. Doch Yume nahm ihm nur mit einem dankbaren Lächeln das Brotstück ab und biss hungrig hinein. Erst danach widmete er dem Tablett einen weiteren Blick und schien zu überlegen, das erkannte Davon daran, weil Yume dabei meistens den Kopf leicht schief legte. Das Brot fühlte sich noch warm an und Yume hatte einfach nicht wiederstehen können einen Happen von dem Stück ab zu beißen. Er mochte es, wenn Teigwaren noch warm waren, weil sie dann immer einen besonderen Geschmack hatten. Leise lächelte er vor sich hin und hatte Davons Frage schon fast wieder vergessen. Dann erinnerte er sich jedoch daran und sah sich die ganzen Leckereien auf dem Tablett an. Es gab so viel und am liebsten würde er von allem ein bisschen probieren, schon aus dem Grund, weil er die meisten Sachen gar nicht kannte. Eigentlich kannte er sowieso nicht wirklich viele Dinge, da er in seinem Leben eh immer nur fast verdorbene Lebensmittel oder trockenes Brot bekommen hatte, gerade, wenn ihn mal wieder jemand verkauft hatte. Letztendlich deutete Yume jedoch auf ein durchsichtiges Glas. Er wusste nicht was darin war, doch es sah irgendwie fruchtig aus und das wollte er gerne kosten. Abwartend und mit großen Augen schaute er zu dem Mann und wusste nicht, was dieser nun tun wollte. Davon hingegen war froh, dass der Kleine nach einer Weile doch noch zeigte, was er gerne Essen wollte. Es gefiel ihm nämlich gar nicht, dass Yume sich nur Stück für Stück das trockene Brot in den Mund steckte. Der Junge war schon so dünn und das hatte Davon sich ja vorgenommen zu ändern. Wenigstens ein bisschen... Ein sanftes Lächeln lag auf seinen Zügen, als er nach der Marmelade griff und das Glas aufschraubte. Sicherheitshalber nahm er einen Löffel vom Tablett, tat etwas von dem süßen Zeug darauf und reichte ihn Yume. »Hier, koste mal, ob es dir überhaupt schmeckt«, meinte er ruhig und beobachtete den Silberschopf, wie er ihm vorsichtig den Löffel abnahm und ihn zu seinen Lippen führte. Prüfend kam die kleine rosa Zunge zwischen den Lippen hervor und leckte etwas von der Marmelade auf. Davon war wie gebannt von diesem Anblick, verfolgte jede noch so kleine Regung und er konnte nicht verhindern, dass sein Herz einen Takt schneller schlug. Bevor noch etwas anderes passierte, wandte er sich dann lieber seinem eigenen Brot zu, nahm einen Bissen, nur um wenig später wieder den Jüngeren zu mustern. Anscheinend hatte Yume die Marmelade geschmeckt, denn ein verzückter Ausdruck lag auf dem feingeschnittenen Gesicht und Davon nahm das einfach zum Anlass, um dem anderen das Brot aus der Hand zu nehmen und es gänzlich mit dem Süßkram zu bestreichen. Danach reichte er es dem Kleinen zurück. »Lass es dir schmecken, hm?!« Voller Vorfreude nahm Yume die Brötchenhälfte und reichte dem Mann dafür den Löffel zurück, den er gänzlich abgeleckt hatte. Sogleich begann er zu Essen und sah sichtlich glücklich dabei aus. Davon aß zwar auch, beobachtete den Kleinen dabei aber aus den Augenwinkeln und als er fertig war, nahm er die kleine Schüssel mit der Fruchtspeise, tat etwas von der Vanillesoße drauf und reichte sie an Yume weiter, nachdem dieser sein Brötchen verzehrt hatte. Auch das nahm der Kleine dankbar an und war schon ganz gespannt darauf, wie das nun schmecken würde. Da er nicht mit den Fingern essen wollte, nahm er sich wieder den Löffel, von dem er vorhin die Marmelade gekostet hatte. Es schmeckte einfach nur köstlich. Yume wusste nicht, wann er jemals so etwas gutes gegessen hatte und seufzte genussvoll auf, bemerkte gar nicht den prüfenden Blick des Mannes, zu sehr war er darin vertieft das Essen zu genießen. Der Kleine ließ sich Zeit, aber irgendwann war er doch fertig und stellte das Geschirr umsichtig auf das Tablett zurück, bevor er sich über den Bauch strich und mit der Zunge über seine Lippen leckte, um auch noch den Rest der Süße auszukosten. Der Dämon war schon lange vor Yume fertig, ließ sich das aber nicht anmerken und knabberte nur noch lustlos an einem weiteren Brötchen herum, weil er nicht wollte, dass der Kleine auf einmal anfing zu hetzen oder gar gänzlich aufhörte. Zum Glück war das nicht der Fall. Als der Silberschopf schließlich das Schälchen aufs Tablett stellte , legte Davon sein Brötchen ebenfalls weg und seufzte dann, während sein Blick weiterhin auf dem Kleinen ruhte. »Und? Magst du so etwas noch einmal haben?«, erkundigte er sich und beschloss insgeheim dem Kleinen noch etwas bringen zu lassen, was er auf der Erde entdeckt hatte. Ihm selber sagte das zwar nicht so unbedingt zu, aber da Yume auf Süßes zu stehen schien, konnte der Junge davon ja mal kosten. Vielleicht kannte er es ja auch, was der Dunkelhaarige jedoch schwer bezweifelte. »Hey.. schau nicht so schüchtern...«, neckte er den Kleinen dann, denn Yume hatte schon wieder den Kopf gesenkt und sah unschlüssig zu ihm herüber. Mit einer flüchtigen Geste winkte er ihn zu sich heran. »Na komm.. Ein bisschen Zeit habe ich noch. Dann muss ich mich noch um ein paar Geschäfte kümmern.« Der Kleine war sich unsicher, was er nun tun sollte. Davon sah ihn mit so einem seltsamen Blick an. Er konnte ihn nicht deuten, doch schlecht fühlte er sich nicht an, dachte Yume. Zaghaft lächelte der Junge, als der Mann ihn zu sich winkte. Ohne zu zögern rückte er noch dichter an Davon heran und spürte, wie ein starker Arm um ihn geschlungen wurde und ihn an eine ebenso muskulöse Brust zog. Willig ließ er es geschehen, schmiegte sich an den starken Körper und gab einen wohligen Laut von sich. Es gefiel ihm sichtlich, wenn der Ältere so einfühlsam war und ihm Zuneigung schenkte. Danach sehnte sich Yume schon lange und war glücklich diese nun geschenkt zu bekommen. Als er jedoch hörte, dass Davon bald wieder weg musste, wurde er wieder traurig und das schöne Gefühl, das ihn eben noch erfüllt hatte ging ein wenig verloren. Davon bemerkte den Stimmungsumschwung des Silberschopfes natürlich und strich ihm sanft über den Kopf. »Sei nicht so niedergeschlagen, hm?«, bat er mit ruhiger Stimme. »Es lässt sich nicht ändern, aber ich versuche so schnell wie möglich wieder bei dir zu sein, versprochen!« Das Yume ihn bei sich haben wollte gefiel dem Dunkelhaarigen. Es zeigte ihm, wie sehr der Junge bereits an ihm hing und das beruhte auch auf Gegenseitigkeit. »Du musst auch nicht in diesem Raum bleiben, das weißt du ja.. Du kannst dich hier frei bewegen, die Diener wissen das und werden nichts sagen«, versprach der Mann und konnte nicht anders als den Kleinen auf die verführerischen Lippen zu küssen, als dieser seufzend zu ihm hoch sah. Instinktiv schloss Yume die Augen und genoss einfach die sanften Streicheleinheiten. Es war relativ neu für ihn derartig gemocht zu werden, aber er war froh darüber, denn es zeigte ihm auch, dass er dem anderen etwas bedeutete und nicht so wertlos war, wie er immer angenommen hatte. Den Kuss erwiderte er zurückhaltend und war genau wie am vorhin enttäuscht, als der andere sich von ihm löste. Er erkannte das Bedauern in dessen Blick und verstand. Davon musste los und da er es dem anderen nicht noch schwerer machen, oder ihn gar behindern wollte, rückte er weg und ging auf Abstand. Doch diesmal erlaubte sich der Kleine nicht seine Traurigkeit zu zeigen, sondern versuchte zu lächeln und dem Mann damit zu zeigen, dass er sich keine Sorgen machen brauchte. Erneut seufzte der Dunkelhaarige und sah bedauernd, wie Yume sich von ihm entfernte. Er hätte nie gedacht, dass ihm der Kleine so sehr ans Herz wachsen würde und schüttelte unmerklich den Kopf, bevor er sich erhob und dem Jüngeren dabei noch einmal aufmunternd durch die hellen seidigen Haare streichelte. »Sei nicht traurig.. Ich bin ja heute Abend wieder da..«, meinte Davon noch tröstlich und nickte Yume zu, bevor er sich aus dem Schrank einen Umhang holte und nach einem letzten aufmunternden Blick das Zimmer verließ. Wäre er noch einmal zu dem Kleinen gegangen, hätte er sich gar nicht mehr loseisen können. Deswegen war dieser Abschied etwas abrupt ausgefallen. Das Tablett würde der Junge schon abräumen und wenn der Kirioudrache noch da war, hatte Yume noch ein wenig Beschäftigung. Später würde er sich jedoch noch irgendetwas einfallen lassen müssen, um seinen Kleinen zu beschäftigen, sodass sich Yume nicht immer langweilen musste, wenn er nicht da war. Mit diesen Gedanken verließ Davon das Schloss, befahl einem Knappen sein Pferd zu satteln und ritt schon nach kurzer Zeit in Begleitung zweier anderer Dämonen aus dem großen hohen Tor. 13 Yume unterdessen wandte den Blick nach langer Zeit von der Tür ab und starrte nachdenklich auf seine Finger, die er im Schoß zusammen gefaltet hatte. Davon schien viel Arbeit zu haben. Das hieß, dass er sehr oft alleine sein würde und das schmerzte ihn irgendwie. Weshalb, konnte der Kleine sich nicht erklären, aber in seiner Brust entstand so ein dumpfes Gefühl, wenn der Mann nicht mehr an seiner Seite, oder wenigstens in seiner Nähe war. Das fand er komisch. Zuerst hatte Yume das gar nicht bemerkt, doch seitdem Davon freundlich zu ihm war, war das Gefühl immer stärker geworden. Seufzend strich er sich die Haare zurück und sah dann in Richtung Balkon. Was sollte er denn den ganzen Tag noch machen? Eine ganze Zeit lang überlegte Yume hin und her, bis ihm plötzlich ein Gedanke kam. Ohne noch weiter nach zu denken, glitt der Kleine aus dem Bett, nahm das Tablett und brachte es gleich runter in die Küche. Freundlich nahmen es ihm die Dienstmädchen ab und Yume schenkte der etwas korpulenteren Dämonin ein scheues Lächeln. Daraufhin tätschelte sie ihm wie einem kleinen Kind den Kopf, bevor sie sich wieder umdrehte und in die tiefen der Küche verschwand. Der Junge wandte sich dann auch ab und verließ das Schloss. Seine Schritte waren langsam und Yume genoss die frische Luft und die vereinzelten Sonnenstrahlen, die sein Gesicht kitzelten. Es war ein schöner Tag und er seufzte. Er vermisste Davon jetzt schon und würde am liebsten bei ihm sein. Aber das ging ja leider nicht. Damit er nicht noch weiter vor sich hinträumte, verdrängte Yume diese Gedanken erst mal und beschleunigte seine Schritte ein bisschen. Er hatte ein Ziel. Er wollte sehen, ob es dem Drachen von Davon wieder besser ging. Vor ein paar Tagen hatte er ihn ja verarztet, doch dann war er nicht mehr dazu gekommen, nach dem Tier zu schauen. Yume hoffte wirklich, dass es diesem nun besser ging. Vor den Drachenhöhlen hielt der Kleine inne und schaute ein wenig unsicher in die Dunkelheit. Ein kühler Windhauch wehte ihm entgegen und Yume glaubte ein Rascheln wahr zu nehmen. Das konnte er sich aber auch nur eingebildet haben. Zweifelnd schaute er in die Schwärze, die vor ihm aufklaffte wie das Tor zur Hölle persönlich Angst verspürte der Junge zwar keine, dennoch hatte er diesmal ein seltsames Gefühl. Nichts desto trotz trat er weiter in die Dunkelheit, bis er schließlich ganz von ihr umfangen wurde. Yume sah kaum die Hand vor Augen, doch er brauchte auch nichts zu sehen, denn er wusste wo sich das Nest des Drachen befand. Schließlich war er schon mal hier gewesen und solche Dinge merkte er sich. Langsam und leise setzte der Kleine einen Fuß vor den anderen, weil er möglichst keine Geräusche machen wollte. Hier waren ja auch noch andere Drachen und die waren bestimmt nicht so freundlich, wie der Drache von Davon. Vielleicht schliefen sie, sinnierte Yume und erreichte nach einer Weile das Nest. Das dumpfe Gefühl in seinem Bauch war stärker geworden. Es ging aber nicht von dem Nest aus, schloss der Junge gleich aus. Irgendwie hatte er den Endruck beobachtete zu werden und das machte ihm Angst. Nun stand er vor dem Nest und musste nur noch hinein klettern. Bevor er das tat, schaute er sich besorgt um. War ihm vielleicht ein Drache hinterher geschlichen und wollte ihm weh tun? Eigentlich durfte er ja nicht in die Drachenhöhlen. Davon hatte es ihm verboten! Aber er wollte ja nur helfen, beruhigte sich Yume. Mit großen Augen schaute er in die Finsternis und versuchte irgendetwas auszumachen, was ihn bedrohen könnte, doch da war nichts! Gar nichts! Nicht mal ein kleiner Windhauch war zu spüren. Lautlos seufzend schüttelte der Kleine den Kopf und schalt sich selbst. Bestimmt bildete er sich das alles nur ein und machte sich ganz umsonst Sorgen! Da war ganz sicher nichts, sprach er sich Mut zu und löste seinen Blick von der Schwärze, in die er bis eben noch gestarrt hatte. Er würde ja doch nichts sehen... Abermals seufzte Yume, bevor er sich umdrehte und begann den Rand des Drachennestes zu erklimmen. Ab und zu piekste er sich an den Ästen und gab einen leisen Laut des Unwillens von sich. Dann hatte der Kleine es jedoch geschafft und ließ sich langsam und vorsichtig in die Mulde gleiten, tastete mit den Hände, wo er sich gerade befand und atmete erleichtert auf, als er spürte, wie die Äste unter ihm wieder ebener wurden und nicht mehr abfielen. Selig lächelte der Junge vor sich hin. Er hatte es geschafft! Jetzt war nur noch die Frage, ob der Drachen auch da war, dachte Yume, doch da spürte er schon ein lautes Atmen in seine Richtung und seine Haare folgten dem Luftzug und wurden nach hinten geweht. Erfreut, dass das Tier wirklich da war, streckte er seine kleine Hand aus und bemerkte, das der Drachen den Kopf ganz nah zu ihm gebeugt hatte, denn kurz darauf spürte er schon die harten Schuppen unter seinen Fingern. Sanft strich Yume über den schuppigen Kopf des Drachens und spürte wie dieser sich den Berührungen leicht entgegen drückte. Kurz darauf ertönte ein tiefes Knurren, was sich gar nicht freundlich anhörte und der Kleine zuckte zusammen, zog schnell die Hand zurück und starrte in die Richtung des Geschöpfes, was eben noch gar nicht so gefährlich gewirkt hatte. Doch da war das Knurren schon wieder weg und der Drache kam ihm nun ganz nah, stupste Yume leicht an der Schulter an, so als wollte er weitere Streicheleinheiten einfordern. Unmerklich erzitterte der Junge und wusste nicht, was er tun sollte. Er war verunsichert, doch als er noch einmal die Berührung des Drachens spürte, streckte er erneut seine Hand aus und strich wieder über die Schuppen. Gleichzeitig erklang wieder das Knurren und da wurde Yume bewusst, dass dieser Laut nicht böse gemeint war, sondern eher vom Wohlgefallen des Tieres herrührte. Leise kicherte er wurde wieder mutiger, richtete sich sogar ein Stück auf und kam dem Drachen nun von sich aus näher. Yume fand es total schön so mit dem Tier zu schmusen, schlang seine Arme schließlich so weit es ging um den Hals des Drachens und schmiegte seinen kleinen Körper an diesen heran. Deutlich konnte er spüren wie Yves den Kopf umwandte und nun an seinem Po zu schnuppern schien, was er an dem warmen Atem bemerkte, der ihn dort streifte. Yume quietschte leicht und kicherte dann erneut. Es war so schön, dass der große Drache ihn mochte. Außer Davon war niemand für ihn da. Na gut.. Die Küchenmädchen waren nett zu ihm, aber das war auch schon alles. Okay, den kleinen Drachen, den er zum Geburtstag bekommen hatte gab es auch noch, erinnerte sich der Junge, doch bei diesem wusste er meistens nicht wo er war und was er tat. Dann riss Yume sich jedoch erst mal zusammen löste langsam und seufzend seine dünnen Arme vom Hals des Tieres. Jetzt wollte er erst mal schauen, wie es Yves mit der Wunde ging. Deswegen war er ja eigentlich hier. Vorsichtig tastete sich der Kleine an dem schuppenbedeckten Körper des Drachens entlang, bis zu der verletzten Stelle. Da hier alles stockduster war und Yume nichts sah, verließ er sich ganz und gar auf seinen Spürsinn. Sachte befühlte er die Stelle am Rumpf des Drachen und atmete schließlich erleichtert aus, lächelte leicht und strich erneut über den Kopf des Tieres, der ihm immer noch zugewandt war, was der Kleine an dem warmen Atem spürte, der ihn seicht streifte. Sanft tätschelte er den Drachen. Es war alles schon relativ gut verheilt, soweit er das beurteilen konnte. Zumindest war die Wunde nicht mehr offen und klaffend und hatte sich zum Glück auch nicht entzündet, denn die Stelle war nicht heiß. Mehr konnte Yume nicht feststellen, weil er ja nichts sah, aber sein Gefühl sagte ihm, dass alles gut werden würde. Schmerzen hatte Yves ja auch keine großen mehr, sonst hätte der Drache das sicherlich mit einem Laut kundgetan. Eine Weile blieb Yume noch in dem Drachennest, genoss die Ruhe und Zuneigung, die ihm entgegen gebracht wurde und schmuste mit dem Tier, als wäre es das Natürlichste der Welt. Doch dann rappelte der Kleine sich auf. Zu lange sollte er nicht hier bleiben. Davon hatte es ihm nicht erlaubt und deswegen mochte der Junge sich auch nicht erwischen lassen. Yume wusste nicht, wie der Mann reagieren würde und so verabschiedete er sich etwas traurig von seinem Freund . Gerne wäre er noch länger geblieben, traute sich aber nicht. Nach ein paar weiteren Streicheleinheiten, die er dem Drachen zukommen ließ, machte Yume sich daran wieder aus dem Nest zu klettern. Es war gar nicht so leicht, auch wenn es ein wenig einfacher war, als beim reinkrabbeln, weil die Wand aus Ästen nicht gleich so steil anstieg. Trotzdem piekte sich der Kleine recht oft. Yume hoffte nur, dass er sich nicht zu sehr verletzte, weil Davon dann ohne Zweifel nachfragen würde. Und lügen wollte und konnte der Kleine nicht. Eher würde Yume die Wahrheit sagen, auch wenn das Ärger bedeutete. Nachdem der Rand hinter ihm lag und Yume schon wieder ein ganzes Stück hinab geklettert war, spürte er endlich festen Boden unter den Füßen und ließ den Ast los, an dem er sich bis eben noch festgehalten hatte. Sich die Hände an den Sachen abwischend, sah er sich in der Dunkelheit um und versuchte sich zu orientieren. Dann fuhr er sich durch die Haare. Nicht, dass sich dort irgendetwas verfangen hatte, was ihn verraten könnte. Seufzend ward der Kleine noch einmal einen Blick über die Schulter zu dem Nest hoch und setzte sich dann in Bewegung. Er sollte nicht so viel trödeln. Wie schon vorhin beschlich ihn auf halber Strecke wieder dieses seltsame Gefühl. Automatisch verlangsamten sich seine Schritte und Yume fühlte sich zutiefst verunsichert, denn es war noch stärker als auf dem Hinweg! Unbewusst hielt der Kleine den Atem an, sah sich immer wieder um, doch da es in der Höhle alles dunkel war, erkannte er nichts. Leicht begann er zu zittern, als ihn ein kalter Hauch streifte und er schlang schützend die Arme um seinen zierlichen Körper. Das war kein Drachen! Das spürte er... Aber was war es dann? Yume wollte nur noch weg von diesem Ort. Es war auf einmal so unheimlich und gar nicht mehr schön und die Ungewissheit, ob da nun etwas war oder nicht, jagte ihm eisige Schauder über den Rücken. Sein Zittern verstärkte sich und das Herz schlug ihm bis zum Hals. Yume schluckte schwer und fühlte sich so allein gelassen und einsam in diesem Moment. Er wünschte sich nur noch bei Davon zu sein und in dessen Geborgenheit spendenden Armen Zuflucht zu finden. Dazu musste er jedoch erst mal hier raus... Also fasste Yume seinen ganzen Mut zusammen und setzte zittrig einen Schritt vor den anderen. Es war nicht mehr weit bis zum Ausgang. Er konnte schon das Licht sehen, was ihm regelrecht den Weg wies. Heftig erschrak der Kleine jedoch und machte einen Satz zur Seite, als ihn etwas streifte. Dabei stieß er einen spitzen Schrei aus und sah sich mit weit aufgerissenen Augen um. Wie zuvor konnte er aber nichts erkennen und es kam auch kein weiterer Ton über seine Lippen. Sein Hals war wie zugeschnürt vor Angst, die ihn mit kalten Klauen immer tiefer in den Strudel der Furcht zog. Und selbst wenn es vielleicht etwas gebracht hätte um Hilfe zu schreien, er konnte ja nicht.. Leise begann Yume zu wimmern. Da war etwas und es wollte ihm Böses. Das spürte er instinktiv. Und es kam immer näher. Dann nahm der Kleine einen Geruch wahr, der ihm bekannt vorkam und plötzlich riss er begreifend die Augen auf. Er wollte wegrennen, doch bevor er einen einzigen Schritt getan hatte, explodierte plötzlich ein heftiger Schmerz in seinem Hinterkopf und ihm wurde sofort schwarz vor Augen. Kraftlos sank der Kleine in sich zusammen und blieb reglos auf dem Felsboden liegen, das gehässige Lachen seines Angreifers nicht mehr wahrnehmend, was höhnisch von den dunklen Höhlenwänden wiederhallte. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Viel Spaß beim Lesen ^^ © by desertdevil Kapitel 6: ----------- ***Tempted to touch VI*** Am späten Nachmittag erst kehrte Davon von seinen Geschäften zurück und machte sich Vorwürfe, dass es so lange gedauert hatte. Doch er musste sich um seine Ländereien kümmern und das nahm nun mal Zeit in Anspruch. Yume musste sich einsam fühlen, dachte der Dämon und stieg die Treppen zu seinen Gemächern hinauf. Nach dem langen Tag freute er sich sehr darauf den Jungen zu sehen und konnte es kaum erwarten Yume in die Arme zu schließen und den Kleinen liebevoll zu küssen. Von dem Gedanken begleitet, betrat Davon sein Zimmer, sah sich gleich nach dem Kleinen um. Doch er entdeckte Yume nirgendwo. Nachdenklich runzelte der Dunkelhaarige die Stirn, wischte die Bedenken, die ihn überkamen jedoch bei Seite. Er vertraute Yume und vielleicht war der Junge ja auch nur draußen im Garten und hatte die Zeit vergessen, beruhigte sich der Dämon. Eines leichten Unwohlseins konnte er sich nicht erwähren. Verrückt machen wollte Davon sich aber auch nicht. Deswegen ging er zum Balkon, von wo aus man einen guten Blick über den Garten hatte und suchte diesen nach dem Jungen ab, entdeckte ihn jedoch nicht. Sicherheitshalber sah der Mann noch im Badezimmer nach, obwohl er den Kleinen dort nicht vermutete. Und als er Yume auch dort nicht fand, begann er allmählich sich echte Sorgen zu machen. Wo zum Teufel war sein Kleiner hin? Davon stand mitten in seinem großen Zimmer und starrte Richtung Balkon. Er sah noch genau wie Yume heute früh mit seinem Drachen gespielt hatte. Hart presste der Dämon die Lippen aufeinander. Warum konnte der Junge jetzt nicht auch hier sein? Er wollte nicht an dem Kleinen zweifeln und vertrauen, doch irgendwie gelang es ihm nicht. Es war überhaupt schon ein Wunder, dass er so weit mit Yume gekommen war. Normalerweise hatte er seine Sklaven nie unbeaufsichtigt gelassen, geschweige denn erlaubt, dass sie diesen Raum verließen. Bei Yume hatte sich das geändert und Davon hoffte, dass er nicht enttäuscht wurde und Yume zurückkam. Lautlos seufzte der Dunkelhaarige und ließ seine verkrampfte Haltung wieder fallen. Leicht schüttelte er den Kopf und ging dann zu seinem Schreibtisch. Er beschloss zu warten. Irgendwann musste Yume ja wieder kommen. Jedenfalls hoffte Davon, dass der Junge nicht weggelaufen war. Dafür gab es aus seiner Sicht keinen Grund und sollte es doch an dem sein.. nein! Daran wollte er überhaupt nicht denken. Abermals seufzte er und stützte die Ellenbogen auf die massive Platte seines Schreibtisches, während er die immer wieder aufwallenden Zweifel niederkämpfte. Obwohl Davon versuchte es zu verhindern, schweiften seine Gedanken trotz allem ab und er dachte an die Gesetze, die in seinem Reich herrschten. Sklaven, die das Vertrauen eines Dämons missbrauchten, wurden dafür mit dem Tode bestraft. Da Sklaven allgemein eigentlich keinen Wert besaßen, hatten sie auch keine Rechte und schon gar nicht das Recht auf Vergebung. Im Dämonenreich war das praktisch ein ungeschriebenes Gesetz und er hatte keine Wahl, wenn... »Jetzt hör aber auf!!«, ermahnte sich Davon selbst und sprang auf, stützte sich mit den Armen auf dem Schreibtisch ab und fuhr sich dann unwirsch mit einer Hand durch die Haare. Plötzlich wurde die Tür zu seinen Gemächern aufgestoßen und der Dunkelhaarige schreckte zusammen, eine Reaktion, die bei ihm nur ganz selten vorkam. Hoffnungsvoll sah er zur Tür, wusste aber schon bevor die Person erschien, dass es nicht Yume war. Der Kleine wäre nie so unhöflich gewesen einfach herein zu kommen und wäre vor allen Dingen nicht so verdammt laut gewesen. Böse und mit ärgerlich zusammen gezogenen Augenbrauen musterte Davon seinen Drachenmeister, der vor ihn getreten war und zur Begrüßung kurz den Kopf senkte. Innerlich schnaubte der Dunkelhaarige, blickte den anderen dann jedoch auffordernd an. »Weshalb entbehrt dein Verhalten jeglicher Achtung?!«, fragte Davon spitz und man hörte ihm sein Missfallen deutlich an. »Der Grund sollte schon ein schwerwiegender sein, sonst kannst du dich auf eine saftige Strafe gefasst machen!«, drohte er verächtlich und herablassend zugleich. Es gefiel ihm überhaupt nicht, dass Vince in letzter Zeit derartig respektlos ihm gegenüber auftrat. Das war schon öfter vorgekommen.. zu oft! Davon spielte bereits mit dem Gedanken den anderen seines Postens zu entheben. Nun hörte er Vince jedoch erst mal zu. »Ich.. ich habe schlechte Nachrichten«, räusperte sich der Dämon und senkte das Haupt. »Ein Soldat hat gesehen wie euer Sklave die Drachenhöhlen betreten hat und na ja.. « Vince zögerte, sah Davon schließlich an. »Und etwas später wurde festgestellt, dass ein Pferd im Stall fehlte.« Vince ließ offen, was er damit meinte. Davon würde das schon richtig verstehen, da war er sich absolut sicher und grinste innerlich, als er sah, wie sich die Gesichtszüge des anderen verhärteten und dessen Blick kalt wurde. *** Nicht einmal zehn Minuten später preschte eine kleine Gruppe berittener Dämonen über die Ebene. An der Spitze ritt Davon und trieb sein Pferd zu Höchstleistungen, ohne Rücksicht auf Verluste. Der Wind war kalt und scharf und riss an ihren Sachen, doch das interessierte ihn überhaupt nicht. Im Augenblick war ihm alles egal. Nur ein Gedanke raste ihm durch den Kopf und zwar Yume zu finden. Kalt suchten seine dunklen Augen die Gegend ab und den immer näher rückenden Wald. Er konnte es immer noch nicht fassen, dass der Kleine abgehauen war. Wut füllte sein gesamtes Innerstes aus und Davon verkrampfte die Hände um die Zügel, sodass seine Fingerknochen weiß hervortraten. Hart presste er die Zähne aufeinander und fragte sich immer wieder, warum Yume das getan hatte. Der Grund für das Fliehen des Kleinen war ihm vollkommen unbegreiflich. Er hatte den Jungen doch immer gut behandelt, oder nicht? Gut, am Anfang war es anders gewesen, aber er hatte sich geändert und gedacht, dass der Jüngere ebenfalls glücklich mit der Situation war. Aber an dem schien es nicht gewesen zu sein, dachte Davon bitter und trat dem Pferd noch härter in die Flanken. Weit konnte Yume nicht gekommen sein! »Teilt euch auf!«, brüllte er den anderen vier Dämonen zu und winkte in Richtung Waldrand. Sogleich splitteten sich die anderen und Davon ritt alleine ein Stück weiter, bis er den Wald erreichte. Dort drosselte er sein Tempo etwas und suchte nach Spuren, die Yume eventuell hinterlassen hatte. Irgendwo musste es Spuren geben. Das Pferd mit dem der Junge geflohen war, hatten sie auch noch nicht gefunden. Und derartig clever schätzte er den Kleinen nicht ein, seine Spuren verwischt zu haben. Bevor Davon noch weiter überlegen konnte, riss ihn der Ruf einer seiner Männer aus seinen Gedanken. Auf der Stelle riss er sein Pferd an den Zügel herum und ritt auf diesen zu. »Was?«, forderte er mit hochgezogener Augenbraue und unterkühlter Stimme. Scharf sah er seinen Untergebenen an, schaute sich um und entdeckte nach einem kurzen Nicken des Mannes in eine bestimmte Richtung das Pferd, was sie gesucht hatten. Ein anderer war bereits abgestiegen und hatte das Tier eingefangen, führte es zu ihnen heran. Missmutig verzog Davon das Gesicht. »Schön und gut.. Aber wo ist der Junge?«, wollte er ungehalten wissen und sah sich wieder suchend um. »Bestimmt ist er nicht weit... «, mutmaßte einer der Männer und wies in den Wald. »Wir sollten uns wieder aufteilen und weiter suchen... «, schlug er vor und Davon stimmte mit einem kurzen Nicken zu. »In Ordnung.. Ich bleibe hier vorn und werde den Waldrand nach weiteren Spuren absuchen.« Ohne ein weiteres Wort verschwanden seine Männer im Wald. Eine Weile sah Davon ihnen nach und knirschte mit den Zähnen. Es war ihm überhaupt nicht recht, sollte ein anderer Yume finden. Er wollte den Kleinen ganz persönlich einfangen und ihm zeigen, dass man einen Dämonen nicht betrog und hinterging! Das Pferd war an einen Baum gebunden worden und Davon sah es sich genauer an. Der Sattel war nicht richtig festgeschnallt und die Trense saß ebenfalls zu locker. So würde man das Tier niemals reiten können! Er schüttelte den Kopf. Yume hatte wirklich überhaupt keine Ahnung von Pferden und dieser Fluchtversuch war reine Zeitverschwendung! Leise schnaubte Davon und zog sein Pferd herum, um ein Stück vom Wald weg zu reiten und die nahen Hügel aus zu kundschaften. Langsam trabte er über die grasbewachsenen Hügel. Sein Blick streifte durch die Landschaft und suchte jeden Winkel ab. In einiger Entfernung entdeckte der Dunkelhaarige eine seltsame Steinformation und hielt darauf zu. Zwar erhoffte er sich nicht viel, doch wenigstens nachschauen konnte er ja. Wenig später erreichte Davon die Stelle, lenkte sein Pferd einmal um den Felsen herum und plötzlich bemerkte er aus den Augenwinkeln etwas Helles! Sofort riss er an den Zügeln und steuerte darauf zu. Eine unbestimmte Spannung ergriff Besitz von ihm und Davon fühlte wie sich ein dicker Kloß in seinem Hals bildete. Einerseits hoffte er Yume zu finden, andererseits nicht. Innerlich war er zerrissen, wusste nicht, was er wollte, denn wenn er den Kleinen tatsächlich aufspürte, bedeutete das, dass er ihn töten musste. Das war in ihren Gesetzen so verankert und außerdem hatte der Junge ihn mit seiner Flucht verletzt und sein Vertrauen zutiefst missbraucht!! Das schürte wieder sein Verlangen nach Vergeltung dafür und ließ seinen Zorn erneut aufkochen. Als Davon um den Felsenvorsprung herum war, erblickte er wirklich Yume. Der Junge lag auf der Seite und war ganz schmutzig im Gesicht. Die Sachen des Kleinen waren derb und dunkel, ein weiterer Hinweis darauf, dass Yume seine Flucht geplant haben musste, denn von ihm hatte er nur helle Sachen zum anziehen bekommen. Bitter presste Davon die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und schüttelte abermals den Kopf, versuchte den Schmerz in seinem Inneren in Wut umzuwandeln, um nicht mehr ganz so sehr darunter zu leiden. Dann schwang er sich aus dem Sattel und ging auf den Kleinen zu. Vor ihm ging er in die Hocke, griff nach einer hellen Strähne und ließ sie durch seine Finger gleiten. Was hatte er nur falsch gemacht? Davon wusste es nicht. Es schmerzte ihn.. jeder Gedanke an Yume schmerzte tief in seiner Brust. War er zu gutmütig gewesen? Hatte er damit eine Flucht des Jüngeren provoziert. »Du dummer Mensch!!«, sagte er verächtlich und ließ die silbrige Strähne aus seiner Hand gleiten. Unsanft packte er den zierlichen Körper und hob ihn hoch. Die Striemen an Yumes Handgelenken fielen ihm nicht auf. Davon wollte sich den Jungen einfach nicht genauer ansehen. Er hatte ihn enttäuscht, seine Gutmütigkeit ausgenutzt und missbraucht und dafür würde er Yume nun bestrafen! Entschlossen warf er den Kleinen über sein Pferd, sodass er mit Kopf und Füßen je auf einer Seite herunter hing. Danach stieg er dann selbst auf und gab dem Tier hart die Sporen als Ausdruck seiner Verbitterung, und ritt zurück zum Wald, wo er seinen Männern bescheid gab, dass sie die Suche einstellen konnten. Augenblicklich sammelten sich die anderen Dämonen wieder und gemeinsam kehrten sie zurück in seine Festung. Kurz vor ihrer Ankunft, vernahm Davon ein leises Wimmern und drosselte das Tempo seines Pferdes ein wenig. Seinen Männern gab er das Zeichen schon einmal voraus zu reiten. Als das Pferd nur noch im Schritt ging, packte er Yume hart an einem Oberarm und zog ihn grob in eine aufrechte Position, sodass er ihn ansehen konnte. Ein erstickter Schrei drang über die Lippen des Kleineren, doch der Dunkelhaarige achtete einfach nicht darauf. Kalt sah er den Jungen an, der mit gequälten goldenen Augen zu ihm hoch schaute. Verwirrung und Schmerz spiegelten sich in den Iriden des Kleinen, aber auch das ignorierte Davon. Als sich Yumes Gesicht jedoch auf einmal erhellte, zog der Dämon argwöhnisch die Augenbrauen zusammen und schnaubte. Der Junge machte ihm bestimmt nur etwas vor! »Wie konntest du mich nur so enttäuschen?!«, fragte er durch zusammen gebissene Zähne, erwartete jedoch keine Antwort. Yume konnte nicht sprechen und vielleicht war das auch ganz gut so. Dann musste er sich wenigstens nicht das Gebettel anhören, was der Junge von sich gab! Der Kleine öffnete den Mund, versuchte etwas zu sagen, doch kein Ton drang über seine Lippen. Davon lächelte verächtlich. »Dafür ist es jetzt zu spät! Selbst wenn du reden könntest, wer würde dir jetzt noch glauben, Sklave?!« Seine Worte troffen nur so vor Bitterkeit. Er verletzte damit nicht nur Yume, sondern gleichermaßen auch sich selbst. Davon verschloss sein Herz und ließ das Pferd wieder antraben. Er wollte das alles so schnell wie möglich hinter sich bringen! Yume wusste gar nicht, was hier passierte. Sein ganzer Körper schmerzte und er fühlte sich elend. Dermaßen schlecht war es ihm noch nie gegangen. Jeder Schritt den das Tier machte, wurde auf ihn übertragen und verursachte immer neue Schmerzen. Der Kleine wusste einfach nicht was er tun sollte. Und dann hatte Davon ihn auch noch so kalt angesehen, dass ihm Angst und Bange wurde. Dabei hatte Yume sich unendlich gefreut, als er den anderen erkannt hatte, der ihn glücklicherweise gefunden hatte. Yume war so froh dem Mann nahe sein zu dürfen und ihn wieder zu haben, wo er schon gedacht hatte, dass er das nie wieder erleben würde. Er konnte sich nicht erklären, warum Davon ihn so gemein behandelte, verstand das einfach nicht. Yume spürte ein beklemmendes Gefühl in sich aufsteigen und er bekam langsam aber sicher Angst. Die Freude den anderen wieder zu sehen verflüchtigte sich je näher sie der Festung kamen. Und auch Davon strahlte so eine Kälte aus, dass der Kleine schützend die Arme um den zierlichen Körper schlang, weil er plötzlich unglaublich fror. Es dauerte nicht mehr lange, bis sie den Burghof erreichten. Furchtsam schaute der Kleine sich um, zuckte zusammen, als er ihn erneut hart packte und vom Pferd stieß. Jegliche Gefühle hatte Davon in die hinterste Ecke seines Kopfes verbannt und hoffte, dass sie dort auch bleiben würden, bis die Sache überstanden war. Er ertrug es einfach nicht, Yume jetzt noch an zu sehen, riss sich aber zusammen und trug weiterhin seine kalte Maske zur Schau. Sein Rücken schien ein Meer aus Feuer zu sein und Yume glaubte zu erfrieren, so kalt war ihm. Und er hatte furchtbare Angst. Das Zittern, was ihn ergriffen hatte wollte gar nicht mehr aufhören. Zu gerne hätte er sich in diesem Augenblick an Davon gekuschelt und dessen Nähe und Wärme gesucht, doch da ritten sie in den Hof der Festung. Und ehe er überhaupt etwas wahrnehmen oder tun konnte, spürte Yume einen harten Griff. Kurz darauf schlug er auch schon auf dem harten Steinboden auf und krümmte sich vor Schmerzen. Er war mit den Knien aufgeschlagen und in seinem Handgelenk hatte es verräterisch geknackt, weil er versucht hatte sich abzufangen. Sofort schossen ihm Tränen in die Augen und verschleierten ihm die Sicht. Seine Welt bestand nur aus Schmerz und am liebsten wäre Yume gestorben. Es gab nicht eine Stelle an seinem Körper, die nicht weh tat. Aber der Kleine wollte nicht aufgeben und rappelte sich gequält ein Stück auf. Schwer atmend und verstört suchte er nach Davon, wollte ihn anflehen endlich auf zu hören damit. Aber alles war er erkannte, waren kräftige Dämonen, die um ihn herum standen und verächtlich auf ihn hinab sahen. Das ängstigte ihn noch mehr und Yume schluckte schwer. Inzwischen war Davon ebenfalls von seinem Pferd gestiegen und hatte es einem Stallburschen übergeben. Er zögerte noch, wusste aber, dass er die Sache jetzt ein für allemal beenden musste. Einen anderen Ausweg gab es leider nicht und selbst wenn.. Ob er einen anderen Weg wählen würde, wusste er in seinem momentanen Zustand selbst nicht. Durch seine Männer hindurchtretend, die sich um Yume gestellt hatte, damit der Junge nicht abhauen konnte, stellte er sich vor den Silberschopf und zog sein Schwert. Dabei presste er die Lippen zu einem bitteren Strich zusammen. Sein Herz blutete allein schon bei dem hilflosen Anblick den der Kleine bot. Diese großen Augen, die flehendlich und voller Angst zu ihm hochblickten. Obwohl er versuchte es zu verhindern, begann seine Hand zu zittern, die das Schwert hielt. Automatisch verfestigte er den Griff, solange, bis seine Fingerknöchel weiß hervortraten. »Hiermit klage ich dich des Verrats an. Du bist als Sklave geflüchtet und hast mich damit hintergangen. Die einzige Strafe die darauf steht ist der Tod...«, begann er zu sprechen und verkündete Yumes Todesurteil. Sein gesamter Körper fing nun an zu zittern und Davon fasste sich an den Kopf, strich sich die Haare zurück und versuchte sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Seine Nerven lagen blank und er wusste, dass er es nicht schaffen würde den Jungen eigenhändig zu töten. Nicht mal, wenn er wütend genug auf diesen war. Das brachte er einfach nicht übers Herz. Der Schmerz in seinem Inneren war unendlich groß und schließlich gab der Dämon es auf, rief einen seiner Untergebenen zu sich und drückte ihm das Schwert in die Hand. Ein Blick reichte, um diesem klar zu machen, dass es keiner weiteren Worte bedurfte. Dann wandte Davon sich ab und trat aus dem Kreis heraus. Er wollte Yume nicht sterben sehen, auch wenn er wusste, dass es ihm dadurch nicht besser gehen würde. Doch er ertrug es nicht. Ihm hatte sich bereits dieses flehendliche Gesicht ins Gedächtnis gebrannt, von dem er sicher noch genug Albträume bekommen würde. Ein bisschen seiner Hoffnung war zurück gekehrt, als Davon plötzlich in dem Kreis erschien. Doch die Zuversicht verflüchtigte sich schneller als Rauch, als Yume die gefährlich blitzende Klinge in den Händen des Mannes entdeckte. Und dann die eisigen Worte... Yume fühlte sich, als wäre er plötzlich in einer anderen Welt gelandet. Alles, woran er bis jetzt noch geglaubt hatte, ging unter und er wusste mit schmerzlicher Sicherheit, dass es nun zu Ende war. Davon.. der Einzige, dem er in seinem Leben vertraut hatte, wollte ihn für etwas bestrafen, von dem er nicht mal wusste, was es war. Dafür, dass er weggebracht worden war, konnte er doch auch nichts. Aber zu sprechen war ihm nicht möglich und selbst wenn... Der Dämon würde ihm eh nicht glauben. Der Kleine erinnerte sich daran, dass der andere so etwas gesagt hatte. Zu gerne hätte er noch einmal eine wärmende Umarmung Davons gespürt, ein Gefühl der Zugehörigkeit, das er gemocht wurde... Doch das war alles nur noch Wunschdenken. Mehr als sein Körper schmerzte sein Innerstes. Yume hielt es kaum aus und versuchte sich auf das Ende vor zu bereiten. Der einzige Trost, der ihm noch blieb, war durch Davons Hand getötet zu werden... Als er hochsah, stellte er jedoch fest, dass der Mann nicht mehr da war und stattdessen ein anderer auf ihn zutrat. Instinktiv wich er zurück, krabbelte auf blutigen Knien von diesem weg, doch der Kreis war geschlossen und bevor er noch einen Meter flüchten konnte, wurde er hart getreten, sodass er in die Mitte des Kreises zurückgeschleudert wurde. Keuchend und bereits schwarze Punkte sehend, blieb Yume zusammen gekrümmt auf dem Felsboden liegen. Heiße Tränen perlten über seine schmutzverschmierten Wangen und Kälte breitete sich nun vollends in ihm aus, als er erkannte, dass es kein Entrinnen mehr gab. Gequält wimmerte Yume auf, als er brutal in den Haaren gegriffen und hochgezogen wurde. Dann spürte er die kalte Klinge an seiner Kehle... Auf dem Schlosshof herrschte eisiges Schweigen. Nicht einmal eine Vogelstimme war zu vernehmen. Davon kam diese Stille gespenstisch vor. Die Luft vibrierte vor Spannung, sodass der Dämon am Halleneingang stehen blieb und sich noch einmal umsah. Nur ein leichter Windhauch fuhr unheilvoll durch die Baumkronen und ließ ein paar Blätter raschelnd über den Steinboden wehen. Aber das alles interessierte ihn nicht. Sein Blick war einzig und allein auf Yume gerichtet, der von dem ihm beauftragten Soldaten hoch gezerrt wurde. Die scharfe Klinge des Schwertes funkelte gefährlich und als der Soldat sie anhob und die Sache zu Ende bringen wollte, ertönte plötzlich ein ohrenbetäubender Laut. Jeder im Schlosshof zuckte zusammen, hielt sich die Ohren zu und kurz darauf bracht endlose Panik aus. Yves, Davons Drache schoss aus der Höhle direkt auf die Soldaten und Yume zu. Mit seinen riesigen Schwingen stieß das Tier wild und mit gebleckten Reißzähnen um sich und schleuderte die Dämonen, die bis dahin noch um den Silberschopf herum gestanden hatten brutal zur Seite. Davon traute seinen Augen kaum. Derartig hatte er einen Drachen noch nicht reagieren sehen. Noch nie in seinem Leben!! Und das Geschehen entzog sich gänzlich seinem Verständnis. Vor Schock erstarrt, konnte Davon die Szene die sich ihm bot nur beobachten. Einige der Männer waren sofort tot. Derjenige, der Yume hatte töten sollen, war jedoch verschont geblieben. Angst zeichnete dessen ganzen Körper, als Yves sich etwas beruhigt hatte und an dem Soldaten roch. Das Schwert war ihm bereits lange entglitten. In diesem Moment fand Davon wieder die Kraft sich zu bewegen. Zwar hatte er kein gutes Gefühl, doch er stürmte auf das aufgebrachte Tier zu und wollte seinen Untergebenen vor Unheil bewahren. Aber kaum hatte Davon die Hälfte der Strecke hinter sich gebracht, wusste er mit erschreckender Klarheit, dass Yves diesen Mann nicht verschonen würde. Rauchschwaden stiegen dem furcheinflößenden Tier aus den Nüstern und kurz darauf spie er eine vernichtende Feuerwelle aus, die sogar Davon noch erreichte und ihn wuchtig zur Seite schleuderte. Instinktiv fing der Dunkelhaarige sich ab und fühlte sich das erste Mal in seinem Leben wirklich hilflos. Er hatte keine Kontrolle über die Situation, konnte sich nicht einmal erklären, wieso das hier alles passierte. Von seinem Untergebenen war nicht mehr als ein Häufchen Asche übrig. Diejenigen die konnten, brachten sich völlig verängstig und panisch in Sicherheit. Davon stand jedoch auf und ging vorsichtig und langsam auf seinen Drachen zu. Er wusste nicht, ob Yves ihn nicht auch angreifen würde, doch er versuchte sich zu fassen, das Zittern zu unterdrücken, das ihn ergriffen hatte und so ruhig wie möglich zu wirken, auch wenn in seinem Innern ein Orkan tobte. Als er Yves näher kam, schnaubte der Drachen und senkte misstrauisch den Kopf. Die wütenden gelben Augen waren auf ihn fixiert und zeigten deutlich die Bereitschaft zu töten. Aus dem Augenwinkel bemerkte Davon wie der Drache eine Klaue über den zarten Körper Yumes legte, so, als wolle er den Jungen beschützen. Ein warnendes Knurren wurde ausgestoßen und der heiße Atem streifte Davons Gesicht. Trotz allem zuckte er nicht zurück, erwiderte nur unerschütterlich den Blick aus Yves glühenden Augen und fragte sich zum tausendsten Mal, was das hier alles sollte?! Er war derjenige, der Grund hatte wütend zu sein, weil Yume weggelaufen war und es gab nun mal Regeln, an die er sich halten musste! Selbstsicher trat er weiter auf seinen Drachen zu. Woher er das Selbstbewusstsein nahm, wusste Davon selbst nicht, doch er glaubte nicht, dass Yves ihn angreifen würde. Das Tier wollte wohl Yume beschützen und solange er dem Jungen nichts tat, zog er sicher auch nicht dessen Wut auf sich, schlussfolgerte der Dämon. Schließlich stand er direkt vor Yves. In so einer Situation war er noch nie gewesen und konnte nicht verhindern, dass er unglaublich angespannt war. Er hatte sogar die Luft angehalten und seine Hände waren zu Fäusten geballt. Obwohl er dem Tier einen Befehl geben wollte, kam kein einziges Wort über seine Lippen. Eine ganze Weile starrten sie sich nur an und Davon glaubte schon nicht mehr daran, dass Yves sich zurückziehen würde. Immer noch war es totenstill um sie herum. Dann erklang jedoch ein leises Wimmern und der Drache bewegte sich ein Stück zurück, gab den Blick auf Yume frei. Der Kleine hatte sich ein wenig aufgerichtet und sah in Davons Richtung. Unglaubliche Traurigkeit lag in den goldenen Iriden und dem Dunkelhaarigen schnürte sich bei dem Anblick die Kehle zusammen. Dennoch blieb er wo er war, weil er nicht wusste, wie Yves auf eventuelle Bewegungen reagieren würde. Doch der Drache war durch Yume angelenkt, hatte den Kopf gesenkt und schnupperte… ja, man konnte es schon fast zärtlich nennen, an dem Jungen. Dieser legte vertrauensvoll eine Hand auf den schuppigen Kopf und wenn Davon es nicht besser gewusst hätte, hätte er behauptet, dass die beiden miteinander kommunizieren konnten. Aber das war vollkommen abwegig! Yume war ein Mensch, schließlich hatte er ihn auf der Erde gekauft. Und das Drachenvolk, dem als einziges eine Kommunikation mit diesen Tieren möglich war, gab es seit langem schon nicht mehr. Unmerklich schüttelte er den Kopf. »Yves.. Ich tu ihm nichts, also geh zurück!«, befahl er nach einem weiteren Augenblick, denn er kam sich langsam blöd vor, wie er vor seinem Drachen stand und zusah, wie dieser mit seinem Sklaven kuschelte. Die Lage war zwar immer noch angespannt, doch Davon war sich sicher, dass er die Kontrolle einigermaßen zurück erlangt hatte. Plötzlich drehte Yves den Kopf wieder und fauchte Davon mit einem ohrenbetäubenden Brüllen an, sodass der Dämon total erschrocken zurück stolperte und zu Boden ging. Der warnende Blick aus den glühenden Augen entging ihm nicht und Davon hatte die Warnung genau verstanden. Hart presste er die Lippen aufeinander und nickte. Kurz darauf zog Yves sich zurück, ohne noch weiter Unruhe zu stiften und Davon richtete sich auf, sah dem Tier hinterher, bevor er auf Yume hinunter sah, der zusammen gesunken vor ihm saß und furchtbar zitterte. Den Blick hatte der Junge gesenkt und machte dadurch einen elendigen Eindruck in seinen zerschlissenen alten Sachen und den schmutzigen Haaren. Erneut spürte Davon diese Gefühle in sich aufsteigen, die ihn bereits davon abgehalten hatten, Yumes Leben selbst ein Ende zu setzen und die er glaubte für einige Zeit verbannt zu haben. Unwirsch fuhr er sich durch die Haare, sah in den Himmel und war hin und her gerissen, was er nun tun sollte. »Steh auf!«, befahl er schließlich kalt. Nein, verzeihen konnte er nicht! Er war ein Dämon und Vergebung war etwas, was es bei ihnen nicht gab. Andererseits war er auch nicht in der Lage den Jungen zu töten, selbst wenn er es noch gekonnt hätte… Also blieb ihm nur, Yume als niederstes Wesen irgendwo bei sich zu beschäftigen, wo er ihn möglichst nicht so oft zu Gesicht bekam! »Folge mir!« Ohne ab zu warten oder dem Kleinen gar zu helfen ging er ins Schloss. All diejenigen, die das Spektakel mit angesehen hatte, stürmten bei seinem Anblick zurück an ihre Arbeit. Die Soldaten und Diener wussten, was sie zu tun hatten. Die Leichen auf dem Hof mussten beseitigt werden und Davon hoffte, das dies ohne Befehle seinerseits vonstatten gehen würde. Sein Weg führte ihn zu den Dienstbotenunterkünften. Er ging bis zum hinteren Ende des Ganges, stieß dort eine Tür auf und wartete auf Yume, der ihm schwerfällig gefolgt war. Der Junge schien Mühe zu haben sich auf den Beinen zu halten, doch darüber sah Davon einfach hinweg. Er würde sich auf keinen Fall zu Mitleid hinreißen lassen, so sehr sein Innerstes auch danach schrie Yume in die Arme zu reißen und ihn beschützend an sich zu drücken. Mit zusammen gezogenen Augenbrauen musterte er den Kleineren. »Lauf gefälligst schneller! Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit!«, schnaubte er stattdessen ungehalten und schubste Yume schließlich unsanft in den schummrigen Raum. »Hier wirst du von jetzt an wohnen«, erklärte er kurz. Es war eigentlich kein richtiges Zimmer, sondern eine Kammer. Ein Bett gab es nicht, nur eine Strohmatte mit einer dünnen Decke. Das Fenster war sehr klein und einzig und allein ein unscheinbarer abgenutzter Schrank stand in einer Ecke. Es war das schlechteste Zimmer im ganzen Schloss und sogar die Pferdeställe waren besser ausgestattet. Doch das interessierte Davon nicht. Er wollte, dass Yume litt! Dass der Junge genauso litt wie er und für das bezahlte, was er ihm mit seiner Flucht angetan hatte, dass er sein Vertrauen missbraucht und enttäuscht hatte!!! »Die Sachen, die du zum Arbeiten anziehen wirst, sonst im Schrank. Zum waschen musst du dir mit einer Schüssel Wasser von draußen holen. Alles andere wird dir ein Diener morgen Früh erklären.« Mit diesen Worten schloss er die Tür hinter sich und ging, ließ den Jungen allein. Noch eine Minute länger und er hätte alle seine Vorsätze über Bord geworfen und den Kleinen doch umarmt. In seinem Gemach angekommen, ließ Davon sich aufs Bett sinken, vergrub das Gesicht in den Händen und verlieh seiner Verzweiflung so zum ersten Mal Ausdruck. All die Kälte, die er Yume entgegen brachte, existierte nur Äußerlich. Wenn er den Kleinen doch nur richtig hassen könnte! Einige Tage später Davon ging geregelt seiner Arbeit nach und auch wenn er mit seinen Gedanken öfter bei Yume war als gewollt, ließ er sich das nicht anmerken. Alles lief wieder wie vorher und bisher war er dem Hellhaarigen noch nicht über den Weg gelaufen. Das betrachtete der Dämon allerdings vorerst als positiv. Die Tore zum Schlosshof wurden geöffnet, als er mit seinen Männern heran ritt. In den letzten Tagen hatte er sich darum gekümmert die Ländergrenzen zu überprüfen und den Beobachtungsposten einen Besuch abzustatten. Es war alles in bester Ordnung. Wenn doch nur alles so laufen würde, dachte Davon schwermütig, schüttelte die aufkommenden Emotionen jedoch schnell wieder von sich ab. Sowie er vom Pferd gestiegen war, nahm ein Stalljunge das Tier entgegen und der Dunkelhaarige betrat die Halle. Da sich niemand weiter darin befand, fiel sein Blick sofort auf Yume, der auf dem Boden hockte, einen Eimer neben sich stehen hatte und den Boden mit einem groben Lappen wischte. Sogar aus seiner Entfernung erkannte er, dass die zierlichen Hände bereits gerötet waren. Ihm fiel auch auf, dass der Kleine unnatürlich blass aussah. Die hellen Haare glänzten nicht mehr, sondern sahen stumpf und ungepflegt aus. Der Kleine war anscheinend so in seine Arbeit vertieft, dass er ihn überhaupt nicht bemerkte. Erst als Davon näher trat, hob Yume den Kopf und sah ihn kurz mit einem undefinierbaren Blick an. »Mach das ja ordentlich! Sonst fällt das Abendessen für dich aus!«, drohte er mit eiserner Härte in der Stimme und sah ihn dabei verächtlich an, bevor er einfach an dem Jungen vorbei ging, eine Spur aus Schmutz von seinen Stiefeln hinterlassend. An der Treppe sah Davon noch einmal über die Schulter. Yume kniete mit zusammen gesunkenen Schultern einen Moment einfach nur da, sah sich die Dreckspur an und der Dunkelhaarige konnte genau das Seufzen erkennen, das dem Kleinen entkam, bevor dieser den Kopf hängen ließ und mühsam weiter arbeitete. Eigentlich tat es Davon bereits wieder leid, was er getan hatte. Doch er konnte einfach nicht anders. Bevor er noch schwach wurde und vielleicht eine Dummheit beging und sich entschuldigte, ging er lieber in seine Räumlichkeiten und ließ sich ein heißes Bad ein. Das war genau das, was er nach diesem harten Tag brauchte, um sich zu entspannen. So richtig gehen lassen konnte er sich jedoch nicht, denn sowie er die Augen schloss, hatte er automatisch Yumes Bild vor den Augen. Letztendlich gab er es auf Ruhe finden zu wollen. Es brachte ja doch nichts. Es war später Abend, als Yume endlich mit seiner Arbeit fertig war. Er hatte alles getan, was ihm aufgetragen wurde, hatte den Schmerz verdrängt, der seinen Körper peinigte. In seinem Herzen blieb auch nur ein dumpfes Pochen. Er traute sich gar nicht den Blick zu heben und die anderen Dienstboten an zu blicken. Alle straften ihn mit Verachtung und Herablassung. Wofür? Der Kleine wusste es nicht, konnte es sich aber denken, nach allem was geschehen war. Mühsam kippte er das schmutzige Wasser aus dem Kübel in den Abfluss und wusch danach noch die alten Putzlappen aus. Danach musste er sich für einen Moment an der Wand abstützten. Der Raum drehte sich furchtbar und Übelkeit stieg in ihm auf. Yume versuchte dieses Gefühl zurück zu drängen, wie er es den ganzen Tag bereits getan hatte, aber es wollte nicht mehr klappen. Seine Hände begannen zu zittern und auch wenn er es nicht wollte, gaben seine Beine einfach nach und er sank an der kalten Wand herab. Unterdrückt stöhnte er auf, drückte seine glühende Stirn gegen die Wand und hoffte, dass der Schwindel und die Übelkeit bald vorbei gingen. Es dauerte etwas, dann zog er sich an der Spüle wieder hoch und taumelte ein paar Schritte. Er musste in sein Zimmer, dachte der Kleine nur noch und hoffte dabei, dass ihn niemand sah. In der Kammer war gerade zum Glück niemand gewesen. Der Gang zu seiner spärlichen Unterkunft kam dem Kleinen unendlich lang vor. Fast alle drei Schritte musste er eine Pause einlegen und sich an der Wand abstützen, weil die Übelkeit stoßweise wieder kam. Gequält hielt er sich den Bauch. Schwarze Punkte tanzten vor seinem inneren Auge, wurden immer beharrlicher. Die letzten Schritte zu dem Zimmer schwankte er nur und schaffte es gerade noch die Tür hinter sich zu schließen, bevor ihm endgültig die zitternden Beine wegknickten. Die Schwärze nahm überhand und Yume verlor das Bewusstsein, noch bevor er auf dem Boden aufschlug. Das Bad hatte Davon beendet. Er trocknete sich gerade ab, als es an der Tür klopfte. Das Geräusch nahm er erst nur ganz leise wahr, ließ sich Zeit. Dann wurde das Klopfen beharrlicher und er seufzte, wickelte sich das Handtuch um die Hüften und verließ das Badezimmer. »Herein..« Seine Stimme klang ungehalten und spiegelte die ganze Unzufriedenheit wieder, die sich schon die ganze Zeit in ihm aufstaute. Missmutig sah er den schwarzhaarigen Jungen an, der nun vor der geschlossenen Tür stand und unsicher zu ihm blickte. Es war Lano, ein Dämonensklave, der ihm in den Übergangszeiten als Bettsklave diente, wenn er gerade niemand anderen zur Hand hatte. Im Moment half er in der Küche aus. Davon wunderte sich jedoch, denn der Junge hatte nichts zu Essen dabei. Ungehalten erhob er die Stimme. »Was willst du?« Er erwartete eine zufriedenstellende Antwort, denn Davon war sowieso schon schlecht gelaunt. Als sein Blick jedoch langsam über den zierlichen Körper glitt, flammte in ihm das schon lange unterdrückte Verlangen nach Sex auf. Seit Yume bei ihm war, hatte er keinen mehr gehabt und da kam ihm Lano nun gerade recht. Bevor der Kleinere einen Ton sagen konnte, erhob der Mann einfach erneut die Stimme. »Mir ist egal, weshalb du gekommen bist…«, gab er mit einer wegwerfenden Handgeste zu verstehen. »Ich will mit dir Schlafen, also zieh dich aus und leg dich aufs Bett!«, befahl er unumwunden. Lano war ein Sklave, also würde er auch nicht wiedersprechen. Dachte Davon zumindest. »Aber Herr… Ich möchte euch etwas mitteilen. Es ist wichtig!«, erklang es eindringlich aus der Richtung des Jungen und in Davon keimte Ärger auf. Lano hatte noch nie Wiederworte angebracht und weil er bereits wütend darauf war, dass er ständig an Yume denken musste, brachte dies das Fass zum überlaufen. Mit zwei schnellen Schritten war er bei dem Jüngeren, packte dessen Sachen und riss sie ihm förmlich vom Leib. Ohne weitere Umschweife stieß er ihn zum Bett, drückte ihn grob in die Lacken und spreizte rücksichtslos dessen Beine, sodass er freien Zugang zu dessen Eingang hatte. Bevor er jedoch weiter ging, nahm er Lanos Kinn zwischen die Finger und zwang den Kleineren ihm in die brennenden Augen zu sehen. »Wenn ich sage ich will dich ficken, dann hast du ohne Worte die Beine breit zu machen! Ist das klar?« Der Junge zitterte wie Espenlaub unter ihm, starrte mit weit aufgerissenen ängstlichen Augen zurück und brachte keinen Ton über die Lippen. »IST DAS KLAR?!«, brüllte Davon ihn nun an und der Kleine nickte geschockt, während sich Tränen in den dunklen Augen sammelten. Da er so etwas nicht ertrug, drehte er Lano mit einem Schnauben auf den Lippen auf den Bauch, sodass er dessen Gesicht nicht sehen musste, zog die schmale Hüfte zu sich hoch und drang sofort mit zwei Fingern in den unvorbereiteten Körper ein. Das unterdrückte Wimmern ignorierte er einfach, genauso wie das Krampfen um seine Finger. Grob machte er weiter, nahm noch einen dritten Finger, bevor er alle zurückzog und sich Lanos richtig bemächtigte. Der schmerzliche Schrei des Kleineren verhallte unbeachtet und Davon befriedigte sich an dem Jungen, stieß immer wieder in ihn, bis er seinen Höhepunkt erreichte und sich selbst mit einem heiseren Stöhnen auf den Lippen in dem zierlichen Körper ergoss. Sein Atem raste und ein paar verschwitzte schwarze Strähnen hingen ihm in die Stirn. Eine Weile verharrte er noch in dem Jungen, zog sich dann jedoch genauso unsanft zurück und machte sich auf den Weg ins Badezimmer. Bevor er darin verschwand, sah er noch mal zurück. Lano lag immer noch wimmernd auf dem Bett. Der Kleine blutete zwar nicht, aber Davon wusste ganz genau, wie sehr er ihm weh getan hatte. »Wenn ich aus dem Bad komme, will ich, dass du verschwunden bist!«, meinte er dann noch kalt, drehte sich um und schloss die Tür. Eine Weile blieb Lano noch wie erstarrt liegen. Er konnte sich einfach nicht rühren. Alles tat ihm weh, sogar jeder einzelne Atemzug verursachte ihm Schmerzen. Da sein Herr jedoch schon wütend war, wollte er nicht noch eine Strafe riskieren. Er kannte Davon besser als jeder andere und wusste, dass mit ihm nicht zu spaßen war, wenn er in so einer Stimmung war. Anders herum wusste er nur zu gut, wie der andere Dämon Yume gegenüber empfand. Die Behandlung dem Jungen gegenüber war einfach nur ein Akt der Verzweiflung und weil Davon sich nicht erlauben konnte nach zu geben. Sein Stolz erlaubte es ihm nicht. Ein gequältes Seufzen kam über die Lippen des kleinen Schwarzhaarigen, bevor er sich hart darauf biss und sich unter Schmerzen hochstemmte. Abermals traten ihm Tränen in die Augen, doch er wagte es nicht sich noch mehr Zeit zu lassen, stand ganz auf, schlüpfte wieder in die Hose und verließ schnell den Raum. Als er unten an der Treppe ankam, lief Aneésa schon auf ihn zu, doch Lano hielt den Kopf nur gesenkt und versuchte sich nichts von seinen Schmerzen anmerken zu lassen. »Oh Gott..«, hörte er Aneésa nur sagen und selbst rannen ihm nun auch wieder die hart zurückgehaltenen Tränen über die Wangen. »Ich wollte es ihm sagen, aber.. « Lano brach ab und sackte auf der Treppe in sich zusammen, weinte leise vor sich hin. Mitfühlend nahm das Dienstmädchen ihn in die Arme, strich ihm über den Kopf. Es brach ihr selbst das Herz, den Jüngeren so zu sehen und ihr blutete das Herz noch mehr, wenn sie daran dachte wie der Weißhaarige Junge behandelt wurde. »Du hast es versucht, Kleiner…«, tröstete sie ihn. Kurz darauf zog sie Lano jedoch hoch, denn mitten im Raum auf den Treppenstufen saßen sie wie auf dem Präsentierteller und Davon würde sie sicher bestrafen, wenn man von seiner schlechten Laune ausging. In der Küche wandte sie sich noch einmal an den Kleineren. »Auch wenn es dir schwer fällt.. du musst es noch mal versuchen..«, redete sie eindringlich aus den Schwarzhaarigen ein. »So viel Zeit haben wir nicht mehr…« In der Tat war Yume schon so schwach, dass er sich nur noch mit Mühe aus den Beinen halten konnte. Aneésa hatte es gesehen und wusste, dass es so nicht mehr weiter ging. Vor allem weil dem Kleinen großes Unrecht damit getan wurde. Tbc... Huhu^^ muss mich erst mal bei euch für eure tollen Kommis bedanken. *alle durchknuddelt* Ihr macht mich richtig stolz. *nick* *Kekse und heiße Schokolade für alle hinstell* Ich hoffe ihr nehmt mir dieses Kapitel nicht so übel.. für Yume wird sich ja jetzt fast alles zum Guten wenden. Bin momentan richtig in schreiblaune, allerdings hab ich im nächsten Monat leider wieder vier Prüfungen... *nüff* Werd mich aber ranhalten, versprochen.. Indianerehrenwort ^^ © by desertdevil Kapitel 7: ----------- ***Tempted to touch VII*** Es war noch früh am Morgen, die Sonne ging gerade auf, doch Davon war schon hellwach. Er hatte fast die gesamte Nacht wach gelegen. An Schlaf war nicht zu denken gewesen. Es beschäftigte ihn nun doch sehr, was Lano ihm so wichtiges zu sagen hatte. Ein bisschen leid tat es ihm schon, was er getan hatte, aber was kam der Kleine auch in so einer denkbar ungünstigen Situation?! Da er sowieso nicht mehr schlafen konnte, stand Davon Zähne knirschend auf. Wie sonst auch ging er an dem Käfig vorbei, in den er Yumes Drachen eingesperrt hatte. Anders als die letzten Tage sprang das Tier gegen die Stangen und kreischte ohrenbetäubend, als er vorbei ging, sodass Davon erschrocken einen Satz zurück tat. »Verfluchtes Vieh!«, zischte er, ging dann aber vorbei und zog sich an. Noch schlechter gelaunt als vor einer Minute verließ er seine Gemächer und machte sich auf die Suche nach Lano. Es ging ihm nicht mehr aus dem Kopf! Als erstes schaute er in der Küche nach, fragte die Dienstboten, die bereits Frühstück vorbereiteten und bekam erst keine Antwort. Erst als er schon gehen wollte, meldete sich Aneésa zu Wort. »Lano ist noch in seiner Kammer, Herr. Verzeiht, aber ihm ging es nicht so gut und da habe ich ihm erlaub etwas länger zu ruhen. Aber er wird ganz sicher noch seiner Arbeit nachgehen!«, fügte sie schnell an und hielt unterwürfig den Kopf gesenkt. Ein leises Schnauben entkam Davon, als er das hörte, doch er sagte nichts, sondern verschwand aus der Küche, um zu den Dienstbotenunterkünften zu gehen. Dabei kam er gezwungenermaßen auch an Yumes Kammer vorbei. Sein Herzschlag beschleunigte sich sofort und automatisch blieb er stehen, überlegte. Ob er hinein gehen sollte? Kopfschüttelnd ließ er die Hand, die er bereits ausgestreckt hatte wieder sinken und ging weiter. Was würde das schon bringen? Er würde den kleinen Verräter sehen und dann? Vielleicht wurde er weich, weil er einfach noch so viel für Yume fühlte und das wollte er auf keinen Fall. Schritt für Schritt wurden seine Züge wieder hart, die für einen Moment die Verletzlichkeit und Hilflosigkeit preis gegeben hatten, die er über die ganze Situation empfand. Schließlich erreichte er Lanos Unterkunft, drückte die Klinke herunter und trat ohne Aufforderung ein. Er hätte es auch einfach haben können, indem er den Jungen zu sich bringen ließ, doch solange hatte er nicht mehr warten wollen. Lano schlief anscheinend noch, doch er sah verschwitzt und ganz blass aus. Leicht presste Davon die Lippen aufeinander. Daran war er wohl nicht ganz unschuldig. Rücksichtsvoller als vorgehabt, trat er auf das schmale Bett zu, setzte sich auf die Kante und berührte den Jungen sachte an der Schulter. »Hey, Lano.. wach auf!«, forderte er ruhig und rüttelte den anderen leicht. Zuerst regte der Jüngere sich nicht. Daraufhin fasste der Dunkelhaarige ihn etwas fester an der Schulter und wiederholte das Rütteln. »Wach auf…« Sein Tonfall war dennoch recht leise, sodass sich Lano nicht eventuell erschreckte. Die Ungeduld war jedoch deutlich heraus zu hören. Schließlich stöhnte der kleine Dämon, drehte sich auf die Seite und schlug verwirrt die Augen auf. Zwar blickte er Davon an, erkannte ihn aber nicht sofort. Dieser ließ ihm noch etwas Zeit. Schneller als gedacht fing sich Lano und starrte seinen Herrn aus geweiteten Augen und leicht ängstlich an. Als er es bemerkte, senkte er sofort den Blick. Die Decke hatte der Kleine instinktiv um sich gerafft, erinnerte er sich doch noch zu genau an den gestrigen Abend. Ein dicker Kloß bildete sich in seiner Kehle und verhinderte so, dass er auch nur ein einziges Wort heraus brachte. Sein gesamtes Verhalten war fast panisch. Kein Wunder… Noch nie war sein Herr in seinem Zimmer erschienen. Nachdem er Lano ein paar Minuten gegeben hatte, um sich zu sammeln, beschloss er, dass er genug gewartet hatte. Leise räusperte er sich und sprach den Jungen dann direkt an. »Du wolltest mir gestern etwas wichtiges sagen, deswegen bist du doch eigentlich gekommen, nicht wahr? Ich möchte wissen, was es war!« Fordernd sah er den anderen an und konnte die Antwort kaum noch abwarten, beherrschte sich aber Lano an den Armen zu greifen und ihn einmal durch zu schütteln. Nun hob der Kleine den Kopf und sah ihn wieder an. Lano wirkte völlig verunsichert, weshalb Davon es unterließ ihn noch weiter an zu treiben. Das würde nichts bringen. Innerlich zersprang er nun aber fast vor Spannung. »Also.. ich..«, begann der Junge mit brüchiger Stimme. »Ich kenne keine Zusammenhänge und wollte mich auch nicht einmischen, aber… Yume, Eurem Sklaven geht es sehr schlecht… « Unheilvoll zog Davon die Augenbrauen zusammen, als er das hörte. Das sollte schon alles sein? Deswegen hatte er die ganze Nacht nicht schlafen können? Wollte Lano ihn auf den Arm nehmen? Wut kochte in ihm hoch, denn das war das letzte was er hatte hören wollen. Davon beabsichtigte bereits auf zu stehen und zu gehen, als der Junge auf einmal noch weiter redete. »Wir alle wissen, dass er es aus Eurer Sicht verdient hat so zu leiden, aber…« Der Kleine biss sich auf die Unterlippe. Anscheinend war er unsicher, ob er weiter sprechen sollte, tat es dann aber doch. »Aber er hat Euch damals das Leben gerettet, ganz zum Anfang, wo Ihr von dem wilden Drachen angegriffen wurdet. Wäre er nicht da gewesen, dann wärt Ihr nicht mehr am Leben, und… und deswegen wäre es doch nur fair, wenn Ihr ihm wenigstens einmal vergeben könntet. Ein Leben für ein Leben…« Zum Ende hin war Lanos Stimme immer leiser geworden und schließlich verstummte der Junge, drückte sich schon fast an die Wand, weil er für seine Worte bereits eine Strafe erwartete. Längeres Schweigen lag wie eine Bleidecke über ihnen und Davon ließ die vergangenen Geschehnisse in seinem Kopf Revue passieren. »Aber ich dachte die Soldaten wären zurück gekommen und hätten uns gerettet?«, wand der Dunkelhaarige ein, denn er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass der zierliche zerbrechliche Yume es jemals mit einem Drachen aufnehmen konnte. Die Angelegenheit war anscheinend komplizierter als er angenommen hatte. Wie immer, wenn er nachdachte, begann er in dem schmalen Raum auf und ab zu gehen. »Warum weißt nur du davon und niemand anders?«, fragte er den Jungen misstrauisch, der immer noch im Bett kauerte, ihn nun jedoch offen und ehrlich ansah, auch wenn seine Furcht deutlich spürbar war, die er seinem Herrn gegenüber empfand. »Ich hatte an dem Tag den Auftrag das Turmzimmer im Südflügel sauber zu machen. Während meiner Arbeit hab ich Lärm von draußen gehört und bin nachschauen gegangen und da sah ich wie der Drache Euch angriff. Ihr habt erst versucht weg zu laufen, aber Yume fiel hin und da seid Ihr zurück, wolltet ihn retten, doch Ihr wart nicht schnell genug und mit dem Schwert konntet Ihr auch nicht viel ausrichten. Letztendlich wurdet Ihr verletzt, habt das Bewusstsein verloren und als der Drache Euch den Todesstoß versetzen wollte, hat Yume sich über euch geworfen…«, schilderte er das Geschehen. »Von da an, weiß ich nur noch, dass es auf einmal extrem hell wurde. Ich war geblendet. Als ich wieder sehen konnte, war der Drache tot, halb zerfleischt… Aber Ihr wart am Leben und Yume auch«, endete Lano mit der Geschichte und knetete das Laken zwischen seinen schmalen Fingern. All das hörte sich in Davons Ohren wie ein Märchen an. Aber er würde Yume aufsuchen und ihn danach fragen. »Also gut.. «, seufzte der Dämon nach einer geraumen Weile. »Ich werde Yume befragen. Allerdings denke ich, dass er mir wohl kaum etwas erzählen wird!«, bemerkte er voller Ironie, denn der Hellhaarige konnte ja nicht sprechen. Davon erinnerte sich aber daran, dass Yume schreiben können musste, denn damals hatte er seinen Namen an den Spiegel geschrieben. »Du kannst den Tag frei machen.. « Mit einem Nicken verabschiedete er sich von dem jungen Sklaven und verließ ohne weiteren Kommentar das Zimmer. Zielstrebig machte er sich auf den Weg zurück zu Yumes Kammer. Während dessen schwirrten ihm nur so irgendwelche Gedanken durch den Kopf und Davon versuchte das eben gehörte zu verarbeiten und ein zu ordnen. Doch es ergab alles keinen Sinn. Als er den Raum erreicht hatte, verwarf er erst mal alles und trat ohne an zu klopfen ein. Die Kammer war vollkommen dunkel, es roch stickig und Davon runzelte die Stirn. Zögerlich zündete er eine Öllampe an und ging weiter in den Raum, doch Yume war nicht da. Bevor er wieder ging, sah er sich genauer um. Die Decken auf dem Boden waren völlig zerwühlt und schmutzig, ein Teller stand neben dem Haufen Stoff. Eine Scheibe Brot lag noch darauf. Der Dunkelhaarige trat weiter an die Decken heran und hockte sich daneben. Irgendwas zog ihn dorthin, er konnte es nicht bestimmen. Von Nahem wirkte alles gleich noch viel ärmlicher, doch eines stach ihm besonders ins Auge. Stirnrunzelnd griff er nach dem Stoff und breitete ihn ein wenig aus. Erst da erkannte er leichte braune Streifen und Punkte auf dem hellen Laken. Davon war nicht dumm und er brauchte auch nicht lange, um zu erraten, um was es sich dort handelte. Die Dämonen hatten lange genug Krieg geführt, um zu wissen, wie Blut aussah! Als er es erkannte, wurde ihm reichlich mulmig zu Mute. Woher kam das Blut? Allein diese Frage herrschte nun in seinem Kopf vor und Davon sprang regelrecht auf. Es war von Yume, zweifellos. Aber soviel? Was hatte der Kleine nur angestellt? Yume hatte doch nicht versucht sich das Leben zu nehmen? Der Gedanke machte ihn ganz verrückt und mit einem Mal bahnte sich Sorge um den Jungen bei ihm an. Davon fühlte sich total aufgewühlt. All die Empfindungen, die er glaubte ganz weit verdrängt zu haben, waren mit einem Mal wieder da. Sein Herz begann vor Sorge, schneller zu schlagen und er stürmte aus dem kleinen Zimmer. Er musste Yume finden! Und sein Gefühl sagte ihm, dass es schnell sein musste, weil es sonst zu spät war. Davon erinnerte sich auch an den Kirioudrachen, der vor nicht mal einer Stunde so einen Terz in seinem Käfig gemacht hatte. Das war die Tage davor nicht gewesen und da die Verbindung der Tiere zu ihrem Partner sehr eng war, bestätigte es nur, dass er nicht mehr viel Zeit hatte. Von all der Aufregung um seine Person bekam Yume überhaupt nichts mit. Er hockte derweil vor einem Unkraut überwuchertem Bett und zupfte einzelne Pflanzen heraus. Viel hatte er noch nicht geschafft, doch seine Hände sahen bereits völlig schmutzig und aufgerissen aus. Man hatte ihm keine Geräte gegeben, sondern ihm befohlen, alles mit den Händen zu machen und da er sich schon lange nicht mehr nach den Gründen fragte, warum man ihn derartig niederträchtig behandelte, grub er eben mit seinen Fingern die Erde um, ungeachtet irgendwelcher Steine, oder sonstiger spitzer Gegenstände. Nicht einmal eine Pause war ihm erlaubt. Zögerte er zu lange, bekam er Schläge von einem Aufpasser, der mit einem Stock hinter ihm stand und ihn unermüdlich antrieb. Es war zwar erst Vormittag, dennoch brannte die Sonne unbarmherzig auf ihn herab und Yume hatte unendlichen Durst. Seine Kehle war völlig ausgetrocknet und jeder Atemzug bereitete ihm Schmerzen. Yume spürte, dass es bald zu Ende sein würde. Diese ganze Pein, die Schmerzen, die Demütigungen… und er wünschte es sich wirklich herbei. Hoffnungen hatte er keine mehr übrig. Seine Augen hatten jedes Funkeln verloren und ihm war inzwischen alles gleichgültig. Er schrie nicht mal mehr auf, als der nächste harte Schlag seinen Rücken traf. Dazu reichte seine Kraft einfach nicht mehr. Nur vereinzelt rann eine einsame Träne über seine Wange, obwohl Yume gedacht hatte nicht mehr weinen zu können, so viele Tränen wie er jede Nacht vergossen hatte. »Hey! Mach gefälligst weiter, Sklave!« Der Befehl klang seltsam verzerrt in seinen Ohren und Yume reagierte überhaupt nicht. Ein weiterer Schlaf folgte und der Kleine kippte einfach zur Seite und blieb halb auf den Rücken gedreht liegen, den Blick Richtung Himmel. Es war so ein schöner Tag, nahm Yume insgeheim wahr und wieder lösten sich einzelne Tränen aus seinen Augenwinkeln, rannen lautlos über seine Wangen und tropften unbeachtet ins Gras. Die nächsten Schläge spürte er gar nicht mehr. Sein Körper hatte einfach alle Schmerzen abgeschaltet und der Kleine ließ noch einmal die schönen Dinge Revue passieren, die ihm in seinem Leben wiederfahren waren. Er bereute es nicht Davon kennen gelernt zu haben, nur hätte er sich gewünscht, dass die wundervolle Zeit mit diesem Menschen etwas länger angehalten hätte. Langsam schloss er seine Augen und verlor schließlich das Bewusstsein. Hektisch rannte Davon in die Küche, riss die Tür auf und fragte nach Yume, doch keiner wusste, wo der Junge sein sollte. Das regte den Dämon noch mehr auf, denn er merkte, wie ihm förmlich die Zeit durch die Hände rann. »Verdammt!«, fluchend knallte er die Tür hinter sich zu, suchte in den einzelnen Räumen, die regelmäßig vom Dienstpersonal gereinigt wurden und blieb schließlich verzweifelt in einem der Zimmer stehen. Was mach ich denn nur? Innerlich war Davon so aufgewühlt wie noch nie. Er hatte richtiggehend Angst! Plötzlich hörte er eine laute Stimme von draußen, strebte zu dem hohen Fenster des Raumes und traute seinen Augen kaum. Er konnte einfach nicht glauben was er da sah und war ihm ersten Moment erstarrt. Einer seiner Männer schlug ununterbrochen auf Yume, seinen Yume ein, obwohl dieser schon am Boden lag und sich überhaupt nicht mehr bewegte, geschweige denn wehrte! Sofort keimte unbändige Wut in ihm auf und ehe Davon es sich versah, war er über die Brüstung gesprungen. Hart kam er auf dem Boden auf, ging in die Knie, um die Wucht des Auftreffens ab zu fangen und war im gleichen Moment wieder auf den Beinen. Unumwunden stürmte er zu seinem Untergeben, schlug ihm mit wild glühenden Augen den Stock aus der Hand und versetzte ihm ein paar saftige Schläge, sodass der andere Dämon gleich zusammen klappte und bewegungslos liegen blieb. Sofort war er an Yumes Seite, schüttelte den Kleinen, doch er bekam keine Reaktion. Das zarte Gesicht war total eingefallen und leichenblass. In diesem Moment bekam Davon eine Scheißangst. Er erinnerte sich sofort an ihren Ausflug, wo Yume beinahe ertrunken wäre. Da war der Kleine auch so blass und leblos gewesen… Davon wollte ihm sanft über die Wange streichen, doch kurz davor zog er seine Hand zurück, weil er Angst hatte Yume zu zerbrechen. Auch als er ihn schließlich hochhob, verspürte der Dunkelhaarige diese Angst tief in seinem Inneren, doch er wusste, dass es alles seine Schuld war. Beängstigt bemerkte Davon wie wenig der Junge wog. Er war fast leichter als eine Feder und Davons Angst stieg unermesslich weiter an. Er war schuld, dass es so weit gekommen war, nur weil er nicht hatte nachgeben können! Angekommen in seinen Gemächern, legte er den Jungen so vorsichtig es ging auf das Bett. Zwei Diener kamen kurz darauf herein. Er hatte ihnen im Vorbeigehen befohlen etwas zu Essen hoch zu bringen. Sie stellten das Tablett auf den Nachttisch und verschwanden gleich wieder. Davon bekam davon kaum etwas mit. Er war dabei Yume umsichtig von den schmutzigen Sachen zu befreien. Der Stoff war rau und kratzig und das sah er auch an der aufgescheuerten Haut des Kleinen. Überall waren wunde stellen und der Dunkelhaarige hielt einen Moment inne und schloss die Augen. Was hatte er nur getan? Die Frage pochte ununterbrochen hinter seiner Stirn und allein der Gedanke daran, wie Yume in der letzten Woche gelitten hatte, verursachte einen ekelhaft bitteren Geschmack auf seiner Zunge, der sich giftig bis in seine Kehle fortsetzte. Es gab nichts auf der Welt, mit der er das Geschehene je wieder gut machen konnte… Daran wollte Davon im Moment jedoch nicht denken. Zuerst musste er zusehen, dass es dem Kleinen wieder besser ging! Die Hose war bereits von Yumes Beinen verschwunden. Das Oberteil bestand aus einem Stück und ähnelte eher einem Kartoffelsack, als einem Kleidungsstück. Ohne zu zögern holte Davon eine Schere und schnitt das Teil an einer Seite auf. Dann richtete er vorsichtig Yumes schmächtigen Oberkörper auf und zog den Stoff darunter weg. Dabei zog er jedoch irritiert die Augenbrauen zusammen. Seine eine Hand lag auf dem Rücken des Hellhaarigen und die Haut an dieser Stelle fühlte sich seltsam an. Heiß und nass… und so unregelmäßig… Panik stieg in ihm auf und Davon schloss abermals die Augen. Er bekam noch mehr Angst. Eine böse Vorahnung ergriff Besitz von ihm, doch er konnte nicht länger zögern. Mit angehaltenem Atem drehte er Yume langsam auf den Bauch. Der Anblick der sich ihm bot, ließ sein Herz zwei Schläge aussetzen und Davon fühlte sich so niedergeschlagen und ohnmächtig wie noch nie! Der Schock zeichnete sich deutlich auf seinen Zügen ab und seine Augen irrten eine ganze Weile immer wieder über den geschundenen Körper, so als würde er nicht begreifen können, das das hier die Realität war. Yumes gesamter Rücken war von roten, völlig entzündeten Striemen übersäht und glich einem blutigen Schlachtfeld. Je länger Davon sich das ansah, desto mehr tat es ihm selbst weh. Doch gleichzeitig stieg eine unbändige Wut in ihm auf. Diese Wunden… Irgendjemand musste sie dem Jungen zugefügt haben! Und er würde rausfinden wer, das schwor er sich! Voller Wut ballte Davon die Hände zu Fäusten, bis die Knöchel weiß hervor traten. Seine Fingernägel bohrten sich in seine Handfläche, aber den Schmerz spürte er nicht. Dann besann er sich jedoch. Zuerst musste er Yume versorgen. Davon hoffte nur, dass es nicht bereits zu spät war. Yume war so schwach und blass, dass er kaum noch Hoffnung hegte. Vom Aufgeben war er jedoch weit entfernt. Mit neuer Entschlossenheit, sprang der Dämon auf. Er war wild entschlossen alles zu tun, um Yume zu retten. Nachdem er seine Dienerschaft mit Aufgaben beladen hatte und immer wieder neue Befehle verteilte, saß er am Bett, tauchte erneut ein Tuch in warmes Wasser, welches ihm kurz zuvor gebracht worden war und säuberte so vorsichtig wie möglich die schlimmen Wunden. Konzentriert hatte Davon die Augenbrauen zusammen gezogen und seine Kiefer waren hart zusammen gepresst. Deutlich war ihm seine Innere Anspannung und Unruhe an zu sehen. Leise trat jemand neben ihn, doch er hob nicht einmal den Blick, sondern machte stur weiter. »Herr…?« Es war Lano, Davon erkannte ihn an der Stimme. Hatte der Junge nichts zu tun, fragte er sich innerlich und fluchte, weil die Striemen überhaupt kein Ende nahmen. »Ich.. ich weiß, dass es vielleicht anmaßend klingt, aber…« Unsicher brach der Junge ab. Ein resigniertes Seufzen erklang und veranlasste den Dunkelhaarigen den Kopf nun doch zu heben und kurz zu Lano zu sehen. »Nun sag schon!« Ungeduldig knirschte er mit den Zähnen. Was immer der andere auch zu sagen hatte, Davon merkte schon am Verhalten seines Untergebenen, dass es ihm nicht gefallen würde. Lano stand wie ein Häufchen Elend da, knetete nervös seine Finger und hielt den Kopf gesenkt. »..Ich glaube das nur noch Euer Hofmagier helfen kann…«, kam es dem Kleineren schließlich heiser über die Lippen. Kein Wunder!. Magier waren sehr stolze Wesen und halfen nur Mitgliedern der Königsfamilie und ähnlich hochgestellten Persönlichkeiten. Es wäre vermessen einem Sklaven solch eine Ehre zukommen zu lassen von einem behandelt, geschweige denn geheilt zu werden. Allein der Vorschlag könnte mit einer hohen Strafe für Lano enden. Dies war ihm sehr deutlich bewusst und Davon war erstaunt, welchen Mut der Junge bewies. Nichts desto trotz wurde er sich mit brennender Gewissheit bewusst, dass der Jüngere Recht hatte. So wie es momentan um Yume stand, würde wirklich nichts anderes helfen und schließlich nickte er sich selbst zu. »Du bleibst hier.. Die anderen bringst du raus. Schließ die Tür ab und zieh die Vorhänge zu!«, befahl er Lano, der ihn für einen Augenblick erstaunt ansah, dann aber den Anweisungen nachkam. Davon musste handeln! Und zwar jetzt. Sonst war es zu spät.. und diesmal für immer. Er glaubte nicht daran, dass er noch einmal so ein Glück wie bei ihrem Ausflug haben würde, wo er Yume bereits fast in den Abgrund gestoßen hätte. Als Lano fertig war, kniete er sich in unterwürfigster Haltung neben das Bett. Davon trat zu ihm und verband ihm mit einem Tuch die Augen. »Wag es ja nicht, das Tuch ab zu nehmen. Sonst bezahlst du das mit dem Leben!« Es war eine unmissverständliche Warnung und der Junge konnte nur benommen nicken. Davon hingegen hatte die Zeit genutzt und hielt nur ein bläulich schimmerndes Amulett in der Hand. Eine Weile betrachtete er es und Zweifel machten sich in ihm breit. Zweifel, ob der Magier ihm überhaupt helfen würde… Was sollte er tun, wenn dieser gleich wieder verschwand? Wie sollte es dann weiter gehen? Ein Blick auf das Bett und den leichenblassen Körper, ließen seine Zweifel jedoch verblassen. Er wollte Yume wieder lächeln sehen, wollte.. nein, brauchte! ihn an seiner Seite. Und wenn dieser Magier ihr Bündnis auflösen würde, selbst dann würde Davon es zulassen. Lautlos trat er zu dem Silberschopf, nahm die kleine, beängstigend kühle Hand in seine und murmelte die Beschwörungsformel. Immer und immer wieder betete er die Worte vor sich hin. Plötzlich begann das Amulett in seiner Hand zu vibrieren und der Schimmer drum herum nahm stetig zu. Langsam begann das Blau in sanften Tropfen auf den Boden zu fallen, bildete eine genauso schimmernde Pfütze mit spiegelglatter Oberfläche und als diese groß genug war, erhob sich auf einmal ein recht junger Mann daraus. Das schimmernde blau blieb an seiner weißen Robe in glitzernden Tröpfchen haften und verlieh der anmutigen Gestalt noch mehr Glanz. Die Kordeln waren nicht aus Stoff, sondern aus Wasser und veränderten die Form bei jeder kleinsten Bewegung. Das lange ebenfalls blau schimmernde Haar fiel glatt über die Schultern des Magiers und die ozeanblauen Augen funkelten Davon geheimnisvoll an. Sacht verbeugte sich der Mann vor ihm. Die Kleider gaben dabei nicht einmal ein Rascheln von sich. Der Magier richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf und die machtvolle Aura, die ihn umgab schien nun den gesamten Raum ein zu nehmen. Eine drückende Atmosphäre baute sich auf. Davon war völlig verspannt, auf der anderen Seite aber auch wieder erleichtert, dass der Magier überhaupt erschienen war. »Wie ich sehe, geht es Euch ausgezeichnet, mein Herr…«, erklang alsbald eine leise melodische Stimme. Der tadelnde Unterton entging dem Dämon dabei nicht. Langsam bewegte der Magier sich auf ihn zu. Kein Schritt war zu hören und es schien als würde er schweben. Die Luft kam Davon mit einem Mal noch dicker vor und er schluckte hart, als er den musternden Blick des anderen über Yumes geschundenen Körper gleiten sah. »Es geht doch nicht etwa um diesen Sklaven…« Mehr eine Feststellung als eine Frage, doch Davon nickte zustimmend. Wieder erhielt er einen tadelnden Blick und ein Seufzen folgte. »Ihr wisst, dass ich meine Kräfte nicht an das gemeine Volk verschwende«, belehrte er Davon, ging nach einem intensiven Blick in dessen Augen an diesem vorbei zum Bett und betrachtete den Jungen der darin lag eingehender. Scharf verfolgten ihn Davons Blicke. Da war so ein hinterlistiges Funkeln in den Augen des Magiers zu sehen. Dessen konnte der Dämon sich nicht erwehren. Doch was sollte er tun? Gerade wollte er sich weitere Gedanken darum machen, wie es weiter gehen sollte, wenn dieser Magier ablehnte, als dieser erneut seine melodische Stimme erhob. »Nun gut. Ich werde ihm helfen…«, lenkte die anmutige Gestalt ein. »Aber wisst, das kostet Euch mehr, als ihr vielleicht bereit seid zu geben«, gab er zu bedenken und hatte sie Augenbrauen belehrend zusammen gezogen. Davon hatte bereits damit gerechnet, dass er nicht ungeschoren davon kam. Alles hatte seinen Preis und diese Magier waren besonders ausverschämt, wenn sie eine Chance witterten. Abwertend schnaubte er. »Egal was es ist, ich werde es euch geben…« Etwas anderes blieb ihm nicht übrig. Er wollte Yume helfen und das ging jetzt nur noch auf diese Weise. Dann erschien dieses hinterhältige Lächeln ganz offen auf den Zügen des Magiers und Davon ahnte, dass es ihn wirklich schwer treffen würde. Aber sein Herz bestimmte in diesem Augenblick und seit einer halben Ewigkeit – so kam es ihm jedenfalls vor – ließ er sich von seinen Gefühlen leiten. Denn die waren für Yume nie erloschen. Er hatte lediglich zurückdrängen können, was ihm aber auch nicht immer gelungen war. Er hatte eine Menge falsch gemacht. Das war klar. Aber Davon war bereit den Preis dafür zu bezahlen, wenn nur Yume bei ihm bliebe. Das war das einzige, was er sich von ganzem Herzen wünschte. Gemächlich schritt der Magier um ihn herum, betrachtete Davon von allen Seiten. Dem Dämon waren diese Blicke sehr unangenehm und er fühlte sich so unwohl wie noch nie in seinem Leben, ließ es sich jedoch nicht anmerken. »Was wollt Ihr denn nun?«, fragte er ungehalten zwischen zusammen gebissenen Zähnen. Die Spannung im Raum wurde unerträglich und Davon hielt die Ungewissheit nicht mehr aus. Dieses Herumgezögere hasste er wie die Pest. Vor Anspannung ballte er die Hände zu Fäusten und schnaubte, als der Magier nur ein leises Kichern hören ließ. »Ihr habt euch nicht verändert, mein Herr…«, tadelte er mit seiner sanften Stimme, die nur noch mehr an Davons Nerven zerrte. »Nun gut. Der Handel steht…«, sagte sein Gegenüber und lächelte erneut dieses hinterhältige Lächeln, nur dass diesmal noch etwas anderes darin mitschwang. »Euer Sklave gehört für ein Jahr mir…« Davon schluckte hart und sein Herz hörte für einen Moment auf zu schlagen. Er öffnete den Mund, wollte etwas sagen. Kein Wort kam über seine Lippen zu geschockt war er von der Offenbarung. Es dauerte ein paar Sekunden, bis Davon sich gefangen hatte. Seine Kiefer mahlten aufeinander und seine Fäuste waren so fest zusammengepresst, dass es wehtat. Am liebsten hätte er diesem widerwärtigen Magier seine Finger um den schlanken Hals gelegt und zugedrückt, doch er hielt sich gerade noch zurück. Voller Zorn starrte er den anderen an, erdolchte ihn mit Blicken und hasste ihn mit jeder Sekunde die verstrich mehr. Am liebsten hätte Davon alles rückgängig gemacht. Nicht nur, dass er dieses verlogene Wesen gar nicht gerufen hätte, nein! Er dachte an alles. Von Anfang an hatte er Yume nie wirklich vertraut, hatte sich von den Lügen anderer leiten lassen und damit mehr Schaden angerichtet, als nötig gewesen wäre. Davon fühlte sich hilflos. Ihm wurde nun der einzige Mensch genommen, für den er je Gefühle entwickelt hatte. Das war so ungerecht und Davon hasste nicht nur den Magier, der ihm das antat, nein. Er hasste auch sich selbst für seine Machtlosigkeit, etwas dagegen zu unternehmen. Dieses Miststück wollte ihn wirklich leiden sehen!! Wirklich entspannen konnte er sich nicht, doch letztendlich löste er seine verkrampften Finger und senkte den Kopf. Noch hatte er kein Wort gesagt und der Magier hatte für ihn gesprochen. Doch nun erhob er die Stimme. »Bevor ich zustimme, habe ich eine Bedingung.« Nun sah der Dämon wieder auf und ein eisiger Blick traf den Magier. »Du kannst ihn für ein Jahr mitnehmen, aber vorher wirst du ihn hier vor meinen Augen heilen. Ich will mir ganz sicher sein, dass er gesund ist, wenn er mein Land verlässt«, sprach Davon so ruhig wie es ihm möglich war. Es fiel ihm schwer, doch er war bereit sich damit abzufinden, wenn es dem Kleinen nur wieder besser ging. Schmerzlich sah er zu dem Jungen, der immer noch blass und leblos auf dem Bett lag. Er konnte kaum noch erkennen, wie sich die schmale Brust hob und senkte. »Was jetzt?«, richtete er sich ungehalten an den Magier. Ungeduldig musterte er ihn. Dieser schien noch über seine Bedingung nachzudenken, doch schließlich willigte auch er mit einem Nicken ein. »In Ordnung… so soll es sein…«, erklang die melodische Stimme und Davon verzog nur das Gesicht. Er trat ans Bett, setzte sich und nahm Yumes beängstigend kühle Hand in seine. Zart strich er ihm ein paar helle Strähnen aus dem Gesicht und sein Herz pochte voller Schmerz in seiner Brust, weil er es war, der dem Jungen das alles angetan hatte. Während Davon den Kleinen liebevoll streichelte, hörte er wie der Magier im Hintergrund etwas vor sich hinmurmelte. Er wurde immer lauter und Davon behielt Yume genau im Blick, weil er einfach miterleben wollte, wie er geheilt wurde. Erstaunt beobachtete er, wie die blasse Haut des Jungen langsam begann in einem bläulichen Schimmer zu leuchten. Der Schimmer wurde immer heller und auf einmal sah es so aus, als würden lauter hellblaue Flämmchen um den Kleinen herum züngeln. Davon hielt die Luft an, war gespannt, was nun passieren würde. Er hoffte so sehr, dass Yume die Augen aufschlug und ihn mit seinen unglaublichen bernsteinfarbenen Iriden ansah. Sollte es dem Kleinen dann besser gehen, wollte er sich auf jeden Fall entschuldigen, auch wenn es seine Taten nicht ungeschehen machte. Plötzlich schlug der bläuliche Schimmer in ein Orange um und Davon warf einen misstrauischen Blick zu dem Magier. Dessen Gesichtszüge wirkten verkrampft und das verwunderte Davon, denn sonst trug der andere immer dieses unnahbare kühle Lächeln zur Schau. Dann wurde ihm auf einmal die Hitze bewusst, die von einer Sekunde auf die andere von Yume ausging. Als er wieder zu dem Kleinen sah, flirrte die Luft um den schmalen Körper herum und rote Flammen züngelten um ihn. »Was ist das?« Unsicherheit ergriff von ihm Besitz. »Was tut Ihr da?«, fuhr er den Magier mit zusammen gekniffenen Augen an und war bereit Yume jederzeit zu schützen, sollte der andere etwas im Schilde führen. Immer wieder flog sein Blick zwischen dem Jungen und dem Magier hin und her. Für Davon sah es fast so aus, als würde der Kleine sich gegen den Heilzauber zur Wehr setzten, doch wie ging das denn? Yume war ein Mensch! Kaum hatte Davon den Gedanken zu Ende gebracht, als er plötzlich mit einer unfassbaren Wucht durch den Raum geschleudert wurde. Ungebremst raste die Wand auf ihn zu und er hatte es nur seinen guten Reaktionen zu verdanken, dass er sich geschickt abstoßen und unbeschadet auf dem Boden landen konnte. Sein Herz raste und sein Atem ging schnell und unregelmäßig. Außerdem pochten seine Hände und Gelenke schmerzhaft an den Stellen, an denen er aufgekommen war. »Was zum Teufel…«, begann er zu fluchen, hielt jedoch abrupt die Luft an, als er sah, dass nicht alle im Raum so ungeschoren davongekommen waren wie er. Der Magier stand mit entsetztem Gesichtausdruck an der Wand, hatte die Hände nach vorn gestreckt um ein Schutzschild zu schaffen, wie Davon vermutete, doch anscheinend hatte es nur unzureichend geholfen. Dann fiel sein Blick auf Lano. Den Kleinen hatte er ganz vergessen, weil seine Gedanken so auf Yume konzentriert waren. Mit langen Schritten durchmaß er den Raum und ging neben dem Jungen in die Knie. Ihn hatte die seltsame Druckwelle ebenso gegen die Wand geschleudert, nur das Lano sich nicht hatte abfangen können. Gequält stöhnte er auf, als Davon ihn vorsichtig aufrichtete. »Was… ist passiert?«, krächzte er und Davon machte sich gleich wieder Vorwürfe, dass er Lano überhaupt erlaubt hatte zu bleiben. Er warf einen kurzen Blick über die Schulter, bevor er dem Jungen die Augenbinde abnahm. Es spielte für ihn jetzt keine Rolle mehr, ob der Kleine den Magier sah oder nicht. Die Situation war eskaliert, aus welchen Gründen auch immer. Davon erinnerte sich flüchtig, dass Lano von so etwas schon einmal erzählt hatte. Er überlegte nur eine Sekunde lang, bevor er dem Jüngeren erzählte, was passiert war. »Die Schockwelle ging von Yume aus. Du hast gesagt er hat damals den Drachen vernichtet, der uns angegriffen hat. Meinst du er könnte es wieder getan haben?« Fragend musterte er Lano. Dieser schloss kurz die Augen, schien sich zu sammeln, bevor er zum Bett hinüber sah. »Ich.. weiß nicht.. Vielleicht ist es eine Art Schutzreflex…«, vermutete der Junge und stöhnte unterdrückt auf. Davon sah, dass etwas mit Lanos Arm nicht stimmte. Anscheinend war er gebrochen, was die Schmerzreaktionen des Kleinen erklären würde. »Okay.. halt noch eine Weile aus, ja?« Vorsichtig half er ihm sich gegen die Wand zu lehnen und ging dann zurück zu dem Magier. Mit zusammengepressten Lippen starrte er den anderen eine Weile an, bevor er das unangenehme Schweigen durchbrach. »Wieso funktioniert es nicht?« Es war eine einfache Frage und dennoch schwang so viel Verzweiflung in Davon Stimme mit, dass er zum Ende hin leiser geworden war. »Was ist hier gerade passiert, he?« Obwohl es nicht gestattet war einen Magier ohne dessen Erlaubnis zu berühren, fasste Davon den kleineren Mann nun hart an den Schultern und schüttelte ihn aus seiner Starre. »Verdammt noch mal.. Du bist ein magisches Wesen, also sag mir endlich, was mit Yume los ist! Warum kannst du ihm nicht helfen?« Unglauben und Verwirrung spiegelten sich noch immer in den hellblauen Augen des Magiers und es wäre Davon eine Genugtuung gewesen den anderen so zu sehen, wenn er nicht selbst so verzweifelt gewesen wäre. Dann klärte sich der Blick des anderen endlich und er stieß seine Hände weg, funkelte Davon ärgerlich an und presste ebenfalls die Lippen aufeinander. »Ihr habt keine Ahnung, was für einen Schatz ihr mit diesem Jungen entdeckt habt…«, fuhr er Davon ungehalten an, während er mit einer Hand zum Bett wies. »Ich wollte es euch nicht sagen, wollte ihn mitnehmen und die Heilung langsam voranschreiten lassen. Aber ich kann den Kleinen nicht heilen. Er ist ein Drachenkind…«, gab der andere das Geheimnis endlich preis und Davon traute seinen Ohren kaum. »Ein Drachenkind?«, echote er. »Aber es gibt kein Drachenvolk mehr! Wo also soll er hergekommen sein?« »Das weiß ich auch nicht!«, schnauzte der Magier zurück und schob Davon bei Seite. »Aber er gehört zum Drachenvolk… Und noch dazu liegt ein so mächtiger Zauber auf ihm, dass ich mit meiner Heilmagie nichts, oder nur ganz gering etwas ausrichten kann…« Jedes einzelne Wort versetzte Davon einen harten Schlag nach dem anderen und führte ihm im Grunde vor Augen, wie aussichtslos seine Situation war. Wenn nicht einmal der Hofmagier etwas ausrichten konnte… »Aber es muss doch irgendetwas geben, was ich tun kann…«, versuchte er es erneut. Der andere war inzwischen zum Bett gegangen, hielt seine Hand nur ein paar Zentimeter über Yumes Rücken und versuchte anscheinend auf diese Weise die Wunden zu heilen. Davon trat neben ihn und beobachtete voller Hoffnung, ob auf diese Weise etwas zu bewirken war. Aber sowie das blaue Flimmern eingesetzt hatte, verwandelte es sich wieder in ein dunkles Orangerot und der Magier unterbrach den Heilungsprozess. »Kann der Zauber denn nicht gebrochen werden?«, wollte Davon nach einer ganzen Weile des Schweigens wissen. Der Hellhaarige wiederholte die Prozedur immer und immer wieder, bevor er endlich anfing zu sprechen. »Der Zauber ist selbst für mich zu mächtig. Es kann nur von demjenigen gelöst werden, der es geschaffen hat…« Eine Pause entstand, in der der Magier nachzudenken schien. »Allerdings scheint es noch eine andere Lösung zu geben, die jedoch bei diesem Zauber nicht bekannt ist.« Erneut beherrschte Stille den Raum und Davon begann neben dem Bett auf und ab zu tigern. Dabei ließ er Yume nicht aus den Augen. In seinem Kopf arbeitete es ununterbrochen. Es gab also noch ein Drachenkind… das war unglaublich! Die Geschichte des Drachenvolks war eine schreckliche gewesen. Vor fünf Jahrzehnten hatten sie noch in den Bergen gelebt. Aber auch da hatten andere Völker bereits Jagd auf diese Wesen gemacht und sie versklavt. In jedem reichen Haushalt galt es als Statussymbol ein Drachenwesen zu besitzen. Denn wer eines besaß, hatte eine gewisse Macht über Drachen. Nicht nur über die gezähmten, sondern auch über die Wilden. Die versklavten Drachenwesen waren es jedoch irgendwann leid gewesen und ein Mann Namens »Tyriel« hatte einen Aufstand begonnen. Es war zu einem regelrechten Rachefeldzug gekommen, in der viele Menschen gestorben waren. Von da an hatte die Regierung beschlossen, dass das Drachenvolk auf Grund seiner Macht und Fähigkeiten vernichtet werden musste. Der Vergeltungsschlag der folgte, hatte die Drachenmenschen vollständig ausgerottet. Jedenfalls war dies der Wissensstand bis jetzt. Das Yume nun eines dieser Wesen sein sollte.. quasi der Letzte seiner Art… Lautlos seufzend fuhr Davon sich mit einer Hand durch die Haare. »Wie kann es nur sein, dass er das alles überlebt hat..?«, flüsterte Davon mehr zu sich selbst. »Der Zauber hat ihn vermutlich gerettet«, kam wenig später die Antwort. »Nur ein Zauberer oder Magier mit gewisser Erfahrung kann den Bann sehen und das auch nur, wenn Magie gegen den Jungen verwendet wird. Als ich den Handel mit Euch abschließen wollte, ahnte ich bereits, dass es sich bei dem Jungen um etwas besonderes handelt, aber so etwas habe ich keineswegs erwartet…« Das Geständnis überraschte Davon. Die ganze Blasiertheit, die der andere zu Anfang ausgestrahlt hatte war verschwunden und bis auf seine Haare und die komische Kleidung wirkte der Mann eigentlich ganz normal. Das wiederum machte ihn Davon ein bisschen sympathischer. »Ist es möglich, dass er deswegen auch nicht sprechen kann?«, erkundigte sich Davon leise. Er wollte so viel wie möglich über Yume in Erfahrung bringen. Die Fähigkeiten des Drachenvolkes waren ihm bekannt und wenn er so darüber nachdachte, ergab so langsam alles einen Sinn. Sein eigener Drache hatte Yume gerettet… Es gab zwei Möglichkeiten wieso es dazu gekommen war. Entweder Yume hatte Yves in seiner Notsituation instinktiv zu seinem Beschützer gewählt, oder Yves hatte in dem Kleinen vom ersten Moment an ein Drachenkind erkannt und hatte den letzten Verbliebenen seines ehemaligen Schutzvolkes von sich aus retten wollen. »Sehr wahrscheinlich…«, antwortete der Magier schließlich langsam und unterbrach Davon dabei bei seinen Gedankengängen. »Das gehört zweifellos zu dem Schutzzauber. Weiß er irgendetwas über seine Vergangenheit?«, erkundigte sich der Mann daraufhin und Davon schüttelte den Kopf. »Er weiß nicht einmal wie alt er ist.« »Woher habt ihr ihn?« Der Magier fasste Yume nun nicht mehr an. Davon trat ans Bett, nahm eine von Yumes schlaffen, kühlen Händen in seine und seufzte leise. »Ich hab ihn auf der Erde auf einem Sklavenmarkt gekauft. Eigentlich war ich wegen etwas anderem dort, doch als ich ihn sah, war mir sofort klar, dass er etwas Besonderes ist und musste ihn haben.« In seiner Stimme schwang Melancholie mit und er lächelte traurig auf den Jungen hinunter. »Nun.. es tut mir leid, dass ich Euch nicht weiter helfen kann..«, bedauerte der Magier und schwieg dann für einen kurzen Moment. Dann ging er lautlos zu dem anderen Jungen, hielt seine Hand über den verdrehten Arm und murmelte ein paar Worte. Warmes Licht breitete sich unter seiner Hand aus. Der Sklave stöhnte kurz auf und schließlich erlosch das Licht. Kurz darauf trat der Magier wieder zu Davon heran. »Mein Herr? Erlaubt mir, mich zurück zu ziehen. Ich kann leider nichts mehr für den Jungen tun. Eure Bitte habe ich erfüllt…« Er war schon lange der Heiler für diesen Dämon, doch noch nie hatte er ihn so niedergeschlagen und verletzlich gesehen. Es wunderte ihn, dass sein Herr einem kleinen Sklaven gegenüber so viel Mitgefühl zeigte. Wegen dem Jungen hatte er ihn gerufen, hatte nicht einmal gewusst, dass er ein Drachenkind war, also hatte der Andere zu diesem Zeitpunkt auch keine Hintergedanken gehegt, sondern aus Gefühl gehandelt. Das erstaunte ihn. Dämonen waren normalerweise sehr kaltblütige Wesen, behandelten fast jeden außer Familienmitglieder unnachgiebig und hart und wurden sie eines Sklaven überdrüssig, oder ärgerten sich über ihn, wurde er beseitigt. Gerade von diesem Exemplar hatte er eher das Gegenteil erwartet und war umso mehr überrascht, nun diese verletzliche Seite an dem Dämon zu entdecken. Ehrliches Mitgefühl breitete sich in ihm aus und es tat ihm leid, dass er diesmal nicht helfen konnte. Noch immer wartete er auf die Erlaubnis zu gehen. Tbc... Hach... ich konnte es gar nicht mehr erwarten, das Kappi hochzuladen, nachdem ich gestern Nacht wieder mal einen Schreibanfall hatte (entgegen meiner Prinzipien endlich etwas für meine Pharmakologie bzw. Arzneimittelrechtsprüfung zu lernen, die schon in einer Woche ist... *davor graul*) Aber ich konnte nicht anders... man soll solche kreativen Phasen ja nutzen, wenn sie gerade mal da sind. Yooo... hoffe es gefällt euch. Und vielen lieben Dank noch einmal an alle, die mich im Moment so sehr motivieren^^ *Kaffeetässchen rumreich* © by desertdevil Kapitel 8: ----------- ***Tempted to touch VIII*** Davon rang mit sich. Was sollte er nur tun? Wie konnte er Yume helfen? Er wollte ihn nicht verlieren. Nicht, weil er ein Drachenkind war, das war ihm überhaupt nicht wichtig. Sondern weil er sich bei dem Kleinen entschuldigen wollte, für alles Unrecht, was er ihm angetan hatte. Er brauchte Yume! Er brauchte ihn mehr, als irgendetwas anderes auf der Welt, wollte wieder das scheue Lächeln sehen, die strahlenden Augen und die Wärme des Kleinen spüren. Die Wärme des einzigen Wesens, für das er je Gefühle entwickelt hatte! »Ja.. du kannst gehen…«, erlaubte Davon nach einer halben Ewigkeit, sank vor dem Bett auf die Knie und tat etwas, wofür er die Menschen immer verspottet und verhöhnt hatte. Er betete. Wenn es das einzige war, womit er Yume retten konnte, wollte er es tun. Seine Hilflosigkeit machte ihn zu allem bereit. Leise murmelte er gegen die viel zu kühle Hand des Jungen. Sanft drückte Davon sie an seine Wange und schloss die Augen, seufzte tief. »Yume«, kam es hoffnungslos über seine Lippen. Lano und alles andere um sich herum hatte er vollkommen ausgeblendet. Genauso wenig nahm er wahr, wie der Magier schließlich verschwand. »Herr?« Es war Lano, doch Davon reagierte nicht, war zu sehr in seinen Selbstvorwürfen und seiner Hilflosigkeit gefangen. Erneut sprach der Junge ihn an und legte ihm ein wenig ängstlich eine Hand auf die Schulter. »Bitte.. wir.. wir können ihm doch noch helfen…«, flehte der kleine Dämon. »Wir dürfen noch nicht aufgeben…«, redete er einfach weiter, während er versuchte die Tränen zu verdrängen, die ihm in die Augen traten. »Er mag euch doch so sehr…« Die letzten Worte waren nur ein Stammeln, bevor Lano heiße Perlen über die blassen Wangen rannen und er neben Davon auf den Boden sank. Nun überkam auch ihn die Hoffnungslosigkeit, obwohl der Kleine so hartnäckig dagegen angekämpft hatte. Seine Worte blieben jedoch nicht ohne Wirkung. Langsam hob Davon den Kopf und sah erneut in das wächserne Gesicht seines Kleinen. Die schmale Brust hob und senkte sich nur unmerklich, aber Lano hatte Recht. Noch war Leben in Yume und Davon schickte den Magier zu Teufel. Wenn er dem Jungen nicht mit Magie helfen konnte, würde er es eben auf eine andere Weise tun… nämlich auf die Normale! Und selbst wenn die Chancen gering waren… Aufgeben kam für ihn überhaupt nicht in Frage! Mit neuer Entschlossenheit erfüllt, erhob sich Davon. »Komm hoch, Lano…«, befahl er dem dunkelhaarigen Dämonenjungen. »Wir geben nicht auf und werden Yume wieder gesund pflegen!« Fest packte er den Kleinen, der gerade auf die Beine gekommen war an den Schultern und sah ihm tief in die Augen. »Danke, dass du mir die Augen geöffnet hast.« Kurz herrschte Schweigen. Dann erschien auf dem leicht verheulten Gesicht des Kleinen ein Lächeln. »Gern geschehen..«, nuschelte er zurück und wischte sich mit dem Ärmel seines Hemdes über die Augen, bevor er seinen Herrn mit immer noch geröteten Wangen erneut ansah. »Was soll ich machen?« Davon merkte, dass Lano versuchte sich seine Hilflosigkeit nicht anmerken zu lassen und tätschelte kurz sanft dessen Kopf. » Ich muss noch den Rest der schlimmen Wunden auf Yumes Rücken säubern. Und dann brauchen wir eine Salbe..« Davon verstummte. Wo sollte er nur so etwas herbekommen? Der nächste Quacksalber befand sich wahrscheinlich in den äußeren Siedlungen seiner Festung. Zumal Dämonen normale Medizin nicht benötigten, weil viele Verletzungen bei ihnen heilten ziemlich schnell und krank wurden sie auch nicht. Die meisten aus der gehobenen Schicht, wie Adlige, Kriegsherren oder bedeutende Persönlichkeiten besaßen einen Magier zu ihren Diensten. Aber wie er hier sah, konnte selbst solch ein Wesen nicht immer die Hilfe leisten, die gerade von Nöten war. »Ähm…«, räusperte sich Lano und riss Davon damit aus seinen Gedanken. Dieser ließ die Schultern des Kleinen wieder los und sah wie der Junge sich unauffällig über die Stellen strich. Durch seine innere Anspannung hatte er wohl etwas zu fest zugedrückt. Davon seufzte. Dann wandte sich der Kleine wieder ihm zu. »Ich… also, ich habe damals beobachtet wie Yume diesen Kräuterbrei für euch gemacht hat… ich könnte es versuchen..?« Sowie Davon das hörte, erhellte sich seine finstere Miene sichtlich und er hätte Lano dafür küssen können. Der Kleine hatte ihm jetzt schon so viel geholfen! Er hätte nie gedacht, dass er einen jüngeren Dämon je für etwas bewundern könnte, doch momentan tat er das. »Ehrlich? Bist du dir sicher?«, fragte er jedoch lieber noch einmal und nickte, als Lano bestätigte. Neue Hoffnung durchströmte ihn. »Sehr gut.. dann kümmere dich darum.. aber bitte.. lass dir nicht zu viel Zeit…« Erstaunt über sich selbst, sah er dem Kleinen hinterher. Er hatte einen Sklaven um etwas gebeten. Für einen Moment stand er einfach nur da und konnte es nicht fassen. Doch dann riss er sich los, verscheuchte jegliche Gedanken darüber. Jetzt gab es wichtigere Dinge. Er atmete mehrmals tief ein und aus und versuchte sich zu konzentrieren. Auf der Bettkante sitzend, fuhr er fort vorsichtig die teils verkrusteten, teils neu aufgerissenen Striemen zu säubern. Verschorfte Stellen, die augenscheinlich nicht entzündet waren, ließ er in Ruhe. Von den anderen riss er die Krusten ab und obwohl er nicht unbedingt zart besaitet war und auf dem Schlachtfeld schon so einiges gesehen hatte, wurde ihm schlecht als er von einem Striemen den Schorf entfernte und ihm ein Blut-Eiter-Gemisch entgegen lief. Tief holte Davon Luft und schaffte es nur durch eine winzige Pause, den Würgereiz zu unterdrücken. Er schluckte, zwang sich aber dann weiter zu machen. Die ganze Zeit hatte er mit sich zu kämpfen, hätte niemals gedacht, dass in das Versorgen solch einer Wunde je so nahe gehen würde. Die Übelkeit hielt die ganze Zeit über an und seine Hände zitterten jedes Mal stärker, wenn er wieder eine Verkrustung von Yumes Rücken abriss und Blut über die leichenblasse Haut des Kleinen lief. Davon war nur froh, dass Yume in tiefer Bewusstlosigkeit gefangen war und keine Schmerzen unter dieser Prozedur erleiden musste. Schließlich hatte er alle Stellen gründlich gesäubert, tupfte mit einem neuen sauberen Leinentuch das Blut von den offenen Wunden, bis Lano wenig später wie auf Kommando in den immer noch abgedunkelten Raum trat. »Und? Hast du es hinbekommen?«, fragte Davon mit gedämpfter Stimme hoffnungsvoll und streckte schon die Hand nach dem Tontopf aus. Lano nickte und trat neben ihn. »Ich hoffe es hilft…« »Ich auch…«, gab Davon zurück und nahm den Topf entgegen. Bevor er jedoch in die grüne Paste griff, wusch er sich noch einmal die Hände. Anschließend trug er den Brei mit zwei Fingern vorsichtig und der Länge nach auf die Striemen auf. Er konnte sich noch genau daran erinnern wie Yume das bei ihm getan hatte und seufzte unmerklich. Plötzlich wurde es hell im Raum. Davon sah auf und bemerkte, das Lano die schweren Vorhänge zurück zog und ein zwei Fenster öffnete, um frische Luft herein zu lassen. Dann verschwand der Kleine wieder. Davon wusste zwar nicht wohin, doch er kümmerte sich erst einmal weiter um Yumes Rücken. Alle Striemen versorgt, legte er ein feuchtes Tuch über die behandelten Verletzungen und wickelte dem Jungen anschließend einen langen Streifen Leinen um die schmale Brust, damit das ganze auch an Ort und Stelle blieb. Gerade stopfte er das Ende fest, da ging erneut die Tür auf. Diesmal hatte Lano ein Tablett in den Händen auf dem etwas Dampfendes stand. »Er muss unbedingt etwas Essen…«, erklärte der Junge und schaute zurückhaltend zu Boden. Davon nickte. Lano hatte vollkommen Recht. In der letzten Zeit hatte er Yume nicht gut behandelt und das in jeder Hinsicht. Und wie er ja bemerkt hatte, hatte sein Kleiner von dem wenigen, was er ihm gestattet hatte kaum etwas zu sich genommen. Es schmerzte ihn erneut unerträglich, wenn er daran dachte. »Stell das hier ab…«, wies Davon auf den Nachttisch und stellte die Schüssel mit dem schmutzigen Wasser auf den Boden. »Ich versuche ihm etwas einzuflößen…« Bevor er das aber tat, kostete Davon selbst von der Suppe und wartete eine Weile. Auf Lanos verständnislosen Blick hin erklärte er. »Jemand hat versucht Yume umzubringen, oder hat es zumindest so gedreht, dass ich gezwungen war so zu handeln, wie ich es getan habe… zumindest wollte jemand ihm schaden und ich werde nicht zulassen, das jetzt noch etwas passiert!« Der Plan von wem auch immer war nicht aufgegangen und so vermutete er stark, dass derjenige, der hinter all dem steckte möglicherweise zu härteren Maßnahmen griff. Und Davon wollte kein Risiko mehr eingehen. Er würde in Zukunft mit Adleraugen über den Jungen, über _seinen_ Jungen wachen!! Der schwarzhaarige Junge lächelte ihn nun glücklich an. »Darf.. darf ich hier bleiben?«, fragte er zurückhaltend und Davon gestattete es ihm mit einem Nicken. Schließlich war es Lano zu verdanken, dass Yume jetzt noch lebte und er schuldete dem Jungen sehr viel. »Ich würde mich freuen, wenn du in meiner Abwesenheit über Yume wachst. Und wenn er wieder aufwacht, dann wäre es schön, wenn er einen Freund hat…« Er hatte es extra so formuliert, dass Lano selbst entscheiden konnte. Er würde dem Jungen in Zukunft mehr Vertrauen schenken und ihn zu nichts mehr zwingen. Das nahm er sich vor. »Oh, Herr… das, das wäre mir eine Ehre…«, strahlte der Kleine und Davon wusste, dass er das Richtige getan hatte. Doch nun wandte er sich erst einmal wieder Yume zu. Vorsichtig drehte er ihn auf den Rücken, zog ihn hoch und lehnte den Kleinen so gut es ging an seine Brust, sodass der geschundene Rücken nur ganz wenig Berührungskontakt mit ihm hatte. »Kannst du die Schüssel bitte halten, Lano?«, fragte er mit einem hilfesuchenden Blick, denn es wäre sehr umständlich, wenn er sich jedes Mal zum Nachttisch umdrehen müsste, um einen Löffel Suppe zu nehmen. »Natürlich.« Sofort war der Junge neben ihm, nahm die Schüssel und hielt sie, während er vor dem blassen Yume stand. Langsam tauchte Davon den Löffel ein, pustete erst ein bisschen und führte ihn dann zu den Lippen des Kleinen. Yumes Kopf lag ebenfalls an seiner Brust und er flößte ihm nun umsichtig Löffel um Löffel ein. Es war eine sehr langwierige Prozedur. Die Schüssel war noch nicht einmal halb leer, doch die Suppe war bereits kalt und Davon legte den Löffel schließlich bei Seite. »Es reicht erst mal.. ich denke wir sollten ihm alle paar Stunden eine kleine Menge einflößen…«, gab er seine Meinung kund und Lano nickte zustimmend, während Davon Yume so sanft es ihm möglich war wieder auf den Bauch drehte und ihn mit besorgtem Gesichtsausdruck zudeckte. »Kannst du noch eine Wärmflasche besorgen?«, wandte er sich noch einmal um, denn Yumes Hände waren immer noch einkalt hatte er bemerkt, als er sie vorsichtig ergriffen hatte. Lano nickte. »Ja.. ich werde sofort welche holen gehen.« Damit verschwand der Junge leise aus dem Raum. Davon blieb noch auf der Bettkante sitzen. Sein Blick ruhte traurig auf Yume. Sanft strich er dem Kleinen über die blasse Wange und seufzte, bevor er seine Hand wieder zurück zog. Er wusste nicht, wie oft er nun schon gedacht hatte, wie leid es ihm tat, das die Situation so eskaliert war. Wenn der Kleine es schaffte, ob er dann überhaupt noch in seiner Nähe sein wollte, ihn wenigstens ein bisschen an sich heran ließ? Die Ungewissheit darüber wog schwer in ihm, doch Davon gestattete sich nicht weiter darüber nachzudenken. Erst einmal musste Yume wieder gesund werden. Sollte er ihm dann deutlich machen, dass er nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte, würde er das schweren Herzens akzeptieren. Immerhin war es das mindeste, was er nach allem was passiert war, tun konnte. Abermals seufzte Davon, bevor er sich vom Bett erhob und unschlüssig im Raum stand. Es gab so viele Dinge, die noch erledigt werden mussten, aber zuerst wollte er Yumes Verschwinden aufklären und die Sache von damals mit dem Drachen. Er wartete noch, bis Lano zurück war, bevor er den Raum mit den Worten »Bleib bitte bei ihm, ja?« verließ. Er besaß noch ein zweites Geschäftszimmer in das er sich nun begab. Yume brauchte einfach nur Ruhe, da konnte er sein Verhör schlecht dort abhalten. Außerdem musste er sich erst überlegen, wie er das am besten anstellte. Er hatte zwar viele Untergebene, aber wenige, denen er wirklich vorbehaltlos vertraute. Nachdenklich tigerte er durch den Raum, versuchte sich einen Plan zurecht zu legen. Es dauerte einige Zeit, doch schließlich hatte er eine zufrieden stellende Lösung gefunden. Ob sie funktionieren würde, wusste er allerdings nicht. Mit einem grimmigen Lächeln verließ er das Zimmer wieder und begab sich zu den Drachenhöhlen. Auf dem Plateau davor befand sich niemand, was ihm diesmal auch ganz recht war. Prüfend glitt sein Blick über die Schlossmauern. Dort waren Wachleute postiert, aber seiner Meinung nach, waren es auch weniger, als es hätten sein sollen. Das ärgerte ihn, denn er hatte seit dem Zwischenfalls mit Yume genaue Anweisungen gegeben. Momentan lag sein Hauptaugenmerk jedoch auf etwas anderem. Darum würde er sich später kümmern. Festen Schrittes betrat er die Drachenhöhlen. Das tat er selten, denn normalerweise folgte Yves seinem Ruf. Diesmal wusste er allerdings nicht, wie das Tier reagieren würde, denn seitdem er Davon bedroht hatte, hatte er keinen Kontakt mehr zu Yves gesucht. Eine seltsame Spannung, die er schon ewig nicht mehr gespürt hatte, breitete sich in ihm aus und erfüllte ihn, je näher er dem Drachennest kam. Schließlich stand er davor und da es Dämonen möglich war in der größten Dunkelheit auch noch gut zu sehen, erkannte er das riesige Nest sehr deutlich. »Yves…«, rief er leise und ehrerbietig. Drachen waren sehr stolze Tiere und auch wenn Yves ihm gehörte, hieß das noch lange nicht, dass er mit ihm umgehen konnte, wie er wollte. Davon brachte ihm Respekt entgegen, jetzt, nach der Sache mit Yume vielleicht noch mehr als vorher. Ein lautes Rascheln ertönte und ein Geräusch, dass sich eher wie ein unerfreutes Grollen anhörte. Dann erschien der riesige Kopf über der Nestkante und Yves schnaubte, schien zu überlegen, ob er von seinem Herrn überhaupt etwas hören wollte oder nicht. Davon blieb geduldig stehen und deutete eine leichte Verbeugung an. Er gestand sich ein, dass er sogar ein bisschen aufgeregt war, denn das, was er vorhatte, wäre ihm früher nie in den Sinn gekommen. Doch es war seine einzige Chance die Wahrheit über das Geschehene heraus zu finden. »Yves… ich weiß, ich habe einen Fehler begangen, doch ich bin dabei ihn wieder gutzumachen«, begann er ruhig zu sprechen. Der Drache schnaubte abermals, schien erneut zu überlegen, beugte den großen, stachelbesetzten Kopf dann jedoch zu seinem Herrn hinunter und beschnupperte diesen. Davon vermutete, dass Yves damit prüfen wollte, ob er es ernst meinte. Das nächste Schnauben von Yves schleuderte ihn ein Stück zurück, sodass er zu Boden ging und Davon wollte schon ärgerlich reagieren, hielt sich jedoch im Zaum. Langsam richtete er sich auf, klopfte sich den Schmutz von den Sachen und trat wieder vor den Drachen, der jetzt anscheinend gewillt war ihm zuzuhören. Eine Weile sah er Schweigend in die großen gelben Augen, die ihn ebenfalls scharf musterten. »Du weißt, es geht um Yume…«, begann er langsam das Gespräch und es schien, als würden Yves Züge etwas weicher werden, als er den Namen des Kleinen hörte. Davon sprach jedoch unbeirrt weiter. »Ich glaube du wusstest die ganze Zeit, dass er nicht von allein weggelaufen ist… deswegen hast du ihn auch vor einer großen Ungerechtigkeit bewahrt und dafür bin ich dir sehr dankbar…« Yves gab ein tiefes Grollen von sich, das wahrscheinlich eine Zustimmung sein sollte. Es erstaunte den Dämonen, dass Yves ihn so genau zu verstehen schien. Ob zwischen Yume und Yves auch so eine tiefe Verbindung bestand? Wahrscheinlich schon, mutmaßte Davon und war sehr froh darüber. »Jetzt habe ich einen Bitte an dich.« Ernst sah er seinem Drachen in die Augen, um ihm zu zeigen, wie wichtig ihm die Angelegenheit war. »Ich will den Verräter finden, der Yume dieser Gefahr ausgesetzt hat und der mich zu diesem Handeln gezwungen hat«, erklärte er. »Meinen Leuten vertraue ich nicht…« Kurz verfiel er ins Schweigen, seufzte und sah seinen Drachen dann wieder bittend an. »Aber du kannst die Wahrheit hinter einer Lüge erkennen und deswegen bitte ich dich inständig um deine Hilfe.« Nachdem er geendet hatte, blieb es eine schier unendlich lange Zeit still. Sie sahen sich einfach nur in die Augen. Die Spannung in Davons Inneren nahm ein kaum fassbares Ausmaß an und er war sich unsicher, was nun passieren würde. Würde Yves ihm helfen? Diese Frage geisterte ununterbrochen in seinem Kopf umher und allmählich wurde er ungeduldig. Zu seinem Erstaunen senkte der Drache dann aber den Kopf ganz nah vor ihm. Davon war so überrascht, dass er instinktiv seine Hand ausstreckte und sie vorsichtig auf die Stirn des Tieres legte. Sowie seine Fingerspitzen die großen, harten Schuppen berührten, überkam ihn eine unglaubliche Hitze und er glaubte innerlich zu verbrennen. Davon wollte seine Hand zurückziehen, doch es ging nicht, sie schien wie festgeklebt und die Hitze in ihm steigerte sich immer weiter. Wollte Yves ihn umbringen?, ging es ihm noch durch den Kopf, bevor ein gequältes Stöhnen über seine Lippen kam und ihm kraftlos die Beine wegknickten. Seine Muskeln gehorchten ihm nicht mehr, er zitterte am gesamten Körper und in seinem Kopf herrschte ein Druck, dass Davon glaubte er würde gleich auseinander springen. Panisch schnappte er nach Luft, sein Herz schlug heftig gegen seine Brust und er sah schon schwarze Punkte vor seinem inneren Auge tanzen, als Yves ihn plötzlich freigab. So schnell wie sie gekommen war, verschwand die Hitze aus seinem Körper und Davon ging ungebremst zu Boden. Auf einmal war ihm schrecklich kalt. Der Boden erschien ihm wie aus Eis und er krümmte sich zusammen. Was war nur hier los? Was passierte mit ihm? Weiter kam er mit seinen Gedanken aber nicht, denn da spürte er den warmen Drachenatem auf sich. Leicht drehte er den Kopf, um Yves anzusehen, blieb jedoch liegen, weil seine Arme und Beine ihm überhaupt noch nicht gehorchten, völlig kraftlos waren, als hätte ihm jemand all seine Energie genommen. Ruhig ruhten die gelben Augen des Drachens auf ihm. Ob Yves ihn nun für die Ungerechtigkeiten, die er dem Kleinen angetan hatte, bestrafen wollte? Erschöpft schloss Davon die Augen. Er würde es hinnehmen, das wusste er. Schließlich hatte er es verdient. Doch es passierte nichts weiter. Stattdessen merkte er, wie die Kraft langsam wieder in seine Gliedmaßen zurück kehrte und wenig später richtete er sich leise ächzend auf. Die ganze Zeit über hatte Yves ihn genau beobachtet. Den Blick hatte Davon deutlich auf sich gefühlt. Unschlüssig stand er vor seinem Drachen, der ihm jedoch nur noch einen kurzen Blick gönnte, ehe er sich wieder in sein Nest zurückzog. Was war das denn jetzt gewesen? Unmerklich schüttelte der Dämon den Kopf. Er verstand überhaupt nichts mehr, aber es war offensichtlich, dass die Angelegenheit für Yves erledigt war. Niedergeschlagen trat er den Rückweg an und verließ die Höhlen. Enttäuschung machte sich in ihm breit, weil er nichts erreicht hatte. Davon hatte keine Ahnung, was er sich erhofft hatte, doch garantiert nicht, dass er sich müde und abgeschlagen fühlte. Seine Beine erschienen ihm schwer wie Blei und jede kleine Bewegung schmerzte dumpf. Er fragte sich, was Yves mit ihm gemacht hatte, während er die Halle betrat und in sein Arbeitszimmer ging. Dort ließ er sich erschöpft auf einen Stuhl fallen, lehnte sich zurück und schloss die Augen. Im Kopf ließ er das Geschehene noch einmal Revue passieren, doch auch danach hatte Davon keine Ahnung, was Yves mit ihm angestellt hatte. Also ließ er es erst einmal auf sich beruhen. Es brachte auch nichts sich unnütz den Kopf darüber zu zerbrechen, dachte der Dunkelhaarige und fuhr sich mit einer Hand matt durch die Haare. Ein leises Seufzen stahl sich über seine Lippen und ein flüchtiger Blick auf eine der geschnitzten Wanduhren verriet ihm, dass er fast zwei Stunden weg gewesen war. Zwei Stunden… dann war es an der Zeit nach Yume zu sehen. So sehr sein Körper sich auch dagegen wehrte, Davon zwang sich mit eisernem Willen aufzustehen, ächzte kurz und riss sich dann wieder zusammen. Er durfte sich nicht erlauben Schwäche vor seinen Leuten zu zeigen, sonst kam nachher noch einer von denen auf die glorreiche Idee ihn um seinen Posten herauszufordern. Vor seinen Gemächern nickte er kurz den Wachen zu, die davor postiert waren und niemand anderen als ihn oder Lano hindurch ließen. Lautlos öffnete er die hohe Tür und trat langsam ein. Hinter sich schloss er die Tür genauso geräuschlos wieder und strebte zum Bett. Als er nah genug war, konnte er erkennen, dass der kleine schwarzhaarige Dämon neben Yume saß und dessen Hand in seiner hielt, während er ihm mit gedämpfter Stimme irgendetwas erzählte. Je näher Davon kam, desto deutlicher wurden die Worte und er erkannte, dass es sich um ein altes Märchen aus der Dämonenwelt handelte. Auf Grund Davons Umsichtigkeit, hatte Lano ihn noch nicht wahrgenommen. Eine ganze Weile blieb er seitlich hinter dem Jungen stehen und lauschte der Geschichte. Der Junge war ein richtiges kleines Juwel. Es war so niedlich, wie er neben Yume saß und ihm einfach irgendetwas erzählte. Warum hatte er nicht eher erkannt, dass der Junge so einfühlsam war? Sanft legte er Lano eine Hand auf die Schulter und wollte etwas Nettes sagen, doch die Worte blieben ihm regelrecht im Halse stecken, denn plötzlich überkam ihn wieder eine unglaubliche Wärme. Es war keine unangenehme Hitze, sondern eher Wohlfühltemperatur. Gleichzeitig dazu flimmerte es auf einmal um den schwarzhaarigen Jungen und Davon war vollkommen perplex. Schnell zog er seine Hand zurück und alles war wieder normal und so wie vorher. Was zum Teufel…? Das alles entzog sich seinem Verständnis. Lano indessen hatte sich ein bisschen erschrocken bei der unerwarteten Berührung und war zusammen gezuckt. Der Kopf des Jungen war herumgeschnellt und er hatte Davon mit etwas verängstigten Augen angesehen, bevor er ihn erkannte und sich schnell wieder beruhigte. Doch er merkte auch, dass mit seinem Herrn etwas nicht stimmte. »Ist irgendetwas passiert? Kann ich euch helfen?«, fragte er offen und sah zurückhaltend zu dem größeren Dämon auf. Doch Davon schüttelte nur mechanisch den Kopf, blieb stumm und legte nur noch einmal seine Hand auf Lanos Schulter. Sowie ein Kontakt zu dem Jungen hergestellt war, sah er wieder diese grüne Aura um den Kleinen und verspürte die angenehme Wärme. In seinen Gedanken arbeitete es und er kam in kurzer Zeit zu nur einem Schluss. Das musste Yves gewesen sein! Aber was brachte es ihm ein, wenn er die Aura eines Dämon sah und dessen Charakter, so nahm er jedenfalls an, spürte. Lange brauchte er nicht, um auf die Lösung zu kommen. Hatte Yves ihm also doch geholfen! Davon war noch ganz aus dem Häuschen. Er ließ Lano los und trat auf Yume zu. Langsam streckte er eine Hand aus und war gespannt, was er bei Yume sehen würde. Zärtlich strich er dem Kleinen mit seinen Fingerspitzen über die blasse Wange. Sofort erstrahlte ein helles, fast schon gleißendes Licht um den geschwächten Körper herum und Davon schloss für einen Augenblick die Augen, weil es so blendete. Wie bei Lano verspürte er eine angenehme Wärme in seinem Inneren, die sofort auch sein Herz erfüllte. Wie hatte er nur je annehmen können, Yume hätte ihn hintergangen. Dieses Geschöpf war so rein und strahlte so viel Wärme aus, dass es Davon fast schon wieder tief in seinem Herzen schmerzte dem Jungen je misstraut zu haben. Seufzend zog Davon seine Hand schließlich zurück und das Licht verschwand, genauso wie die Wärme und es fühlte sich an, als wäre sein Innerstes auf einmal völlig leer. Im Rücken spürte er Lanos neugierigen Blick und er drehte sich um. Sanft wuschelte er dem Jungen durch die dunklen Haare und lächelte leicht. »Danke, dass du dich so um ihn kümmerst…«, meinte er ehrlich und durch die Berührung, war es ihm sogar möglich die Freude des Kleinen zu spüren, die er über das Lob seines Herrn empfand. »Würdest du noch etwas zu Essen und zu Trinken für Yume holen?«, fragte er dann und Lano sprang sofort auf. »Mach ruhig langsam…«, bremste er den Kleinen etwas und blieb solange neben Yume sitzen, bis der Schwarzhaarige mit einem Tablett wieder kam. Sie machten alles wie vorhin. Lano hielt die Schüssel mit der Suppe, die extra für Yume gekocht worden war und Davon flößte sie ihm ein, nachdem er vorgekostet hatte. Anschließend flößten sie ihm noch ein bisschen Saft ein und betteten den Jungen wieder in die weichen Kissen. »Lano?« Pflichtbewusst drehte der Kleine sich zu ihm um. Er hatte gerade das Tablett wegbringen wollen. »Ja, Herr?« »Du hast heute schon genug getan. Ruh dich ein bisschen aus, wenn du das Geschirr weggebracht hast, hm? Ich brauche dich morgen früh wieder, ist das in Ordnung für dich?« »Ja, natürlich, Herr… vielen Dank…« Der Junge verbeugte sich mit dem Tablett in den Händen und verließ dann leise den Raum. Als er mit Yume allein war, bemerkte Davon, dass Lano alles aufgeräumt hatte. Die Schüssel mit dem schmutzigen Wasser und die blutverschmierten Tücher, mit denen er die Wunden des Silberhaarigen gereinigt hatte waren verschwunden. Es war alles ordentlich gemacht worden und das zeigte ihm, wie umsichtig der kleine Dämon eigentlich war. Lano hatte einen ausnahmslos guten Charakter, dazu hätte er seine neue Fähigkeit gar nicht gebraucht, um das zu sehen. Seine neue Fähigkeit… Damit hatte Yves ihm ganz neue Möglichkeiten eröffnet, die seinen Plan noch einfacher gestalteten. Davon wusste nun, dass er die Personen berühren musste, um etwas über deren Charakter und Einstellung herauszufinden. Er wusste auch, dass eine weiße und eine grüne Aura gute Eigenschaften bedeuteten, genauso wie angenehme Wärme für einen guten Charakter sprach. Aber was war das Gegenteil? Gab es Zwischenstufen, oder nur gut oder böse? Der Dämon bezweifelte jedoch nicht, dass er das bald herausfinden würde. Gleich morgen früh würde er mit der Überprüfung seiner Untergebenen anfangen und mit ein wenig Glück, fand er den Verräter in seinen Reihen, davon war er fest überzeugt. Nun verbannte er aber erst mal alle Gedanken an den morgigen Tag und widmete seine ganze Aufmerksam dem hellhaarigen Jungen, der in seinem großen Bett unglaublich verloren aussah. Die schlimmen Wunden hatten sie zwar gereinigt und versorgt, aber am nächsten Tag mussten sie Yume richtig waschen. Die silbrigen Haare waren ganz stumpf und voller Schmutz, auch wenn Lano anscheinend den gröbsten Dreck schon entfernt hatte. Vorsichtig nahm davon eine von Yumes kühlen Händen in seine. Dass der Kleine schon wieder so kalt war, beunruhigte ihn. Instinktiv schaute er nach den Wärmflaschen, die Lano vor ein paar Stunden gebracht hatte. Sie waren jeweils in ein Handtuch gewickelt, um direkten Hautkontakt zu vermeiden und Yume nicht auch noch Verbrennungen zuzufügen. Davon wickelte eine aus und stellte fest, dass sie nur noch lauwarm waren. Wie viele der Junge gebracht hatte, wusste er nicht, deswegen suchte er um Yume herum einfach alles ab, bis er insgesamt vier Stück gefunden hatte. Damit ging er ins Bad, ließ das lauwarme Wasser rauslaufen und füllte sie anschließend wieder mit Heißem auf. Zurück an Yumes Bettstatt, wickelte er sie, wie Lano es getan hatte, wieder in die Handtücher und platzierte sie um den Kleinen herum. Inzwischen war es dunkel geworden und Davon trat vom Bett zurück und zog die Vorhänge zu. Auch die Fenster schloss er vorsichtshalber. In den Nächten wurde es immer ziemlich kühl und das bekam Yume bestimmt nicht gut. Danach stand er unschlüssig vor dem Bett. Er haderte mit sich, ob er sich zu Yume legen oder lieber neben dem Bett auf einer Decke schlafen sollte. Letztendlich entschied er sich jedoch für ersteres. Dann konnte er dem Kleinen mit seinem Körper vielleicht noch ein wenig Wärme spenden. *** Die ganze Nacht hatte Davon fast kein Auge zugetan. Zuerst war es ihm unglaublich schwer gefallen neben Yume überhaupt einzuschlafen und als er endlich ins Land der Träume geglitten war, hatten ihn immer wieder grausame Bilder heimgesucht, die ihn aufschrecken ließen. Erst in den frühen Morgenstunden hatte er ein wenig Ruhe gefunden. Nun war es aber Zeit für ihn zum Aufstehen. Seufzend setzte sich Davon auf und fuhr sich durch sein zerzaustes Haar. Er war noch hundemüde und ein herzhaftes Gähnen, das ihm entkam, bestätigte das überdeutlich. Am liebsten hätte er sich wieder in die Federn sinken lassen, doch das ging nicht. Er hatte viel vor an diesem Tag. Noch einmal gähnte er hinter vorgehaltener Hand und erhob sich mit einem Laut der Unzufriedenheit auf den Lippen. Prüfend warf er einen Blick auf Yume. Es ging dem Kleinen anscheinend immer noch nicht besser. Aber was erwartete er auch nach einer Nacht schon? Unmerklich schüttelte er den Kopf und ging erst einmal ins Bad sich frisch machen. Als er wieder kam, trat gerade Lano mit dem Frühstück ein und Davon lächelte ihn freundlich an. »Guten Morgen«, grüßte er den Jungen und ging zum Bett. Gemeinsam und in stillem Einvernehmen, flößten sie Yume etwas zu Essen ein. Lano hatte der Köchin extra Anweisungen gegeben, damit Yume nicht immer das selbe bekam. Heute früh war es süßer Kartoffelbrei, der etwas flüssiger gemacht worden war, damit sie es dem Kleinen besser einflößen konnten. Zusätzlich hatte Lano auch noch warme Milch mit Honig mitgebracht. Davon war überrascht, wie viele Gedanken sich der Schwarzhaarige um Yume machte und fand das einfach nur wunderbar. Nachdem Davon auch etwas von dem Mitgebrachten gegessen hatte – für ihn hatte Lano extra warme Brötchen und kräftigen Belag mitgebracht, sowie eine Tasse Tee – räumte er alles wieder aufs Talett. »Herr… bitte lasst das, ich mache das…«, wandte der Kleine daraufhin ein und Davon winkte ab. »Keine Sorge. Ich nehm das Tablett gleich mit runter, bleib du nur bei Yume und kümmere dich ein wenig um ihn, bis ich wieder zurück bin, hm?« Verdutzt schaute Lano ihn an, brachte jedoch keine Widerworte, sondern setzte sich zu Yume ans Bett und Davon verließ mit dem Tablett das Zimmer. Er war so froh, dass er jemanden wie Lano hatte, der in seiner Abwesenheit bei seinem Kleinen blieb. Davon hätte sonst wahrscheinlich nur im äußersten Notfall sein Zimmer verlassen. Und auch jetzt fiel es ihm schwer Yume allein zu lassen. Er wollte möglichst jede Minute, jede Sekunde bei dem Kleinen sein. Die Sehnsucht in seinem Herzen war so groß, sie zog ihn praktisch immer wieder zu Yume zurück und je weiter er sich von ihm entfernte, desto größer wurde sie. Davon seufzte leise, während er über den großen Hof ging. Jetzt würde er erst einmal den Verräter finden und dann… dann würde er sich nur noch um seinen Jungen kümmern, das schwor er sich. Das erste, was er ansteuerte, waren die Pferdeställe. Er hatte beschlossen alles selber in die Hand zu nehmen und da brauchte er auch niemanden, der ihn ankündigte. Am besten war es, wenn er die ganze Sache so unauffällig wie möglich gestaltete und einfach einen normalen Rundgang machte. In letzter Zeit hatte er das nicht mehr so oft getan, also war es eine ganz plausible Angelegenheit. Mit festem Schritt betrat er den ersten Stall, trat auf den Mittelgang und als die Stallburschen, die gerade teilweise die Ställe ausmisteten oder sie neu einstreuten, ihn erblickten, stellten sie sich sofort vor die Boxen, senkten ergeben die Köpfe und grüßten ihn voller Ehrerbietung. Mit ernster Miene grüßte Davon zurück, ging langsam an ihnen vorbei und schaute sich jede Box einzeln an, während er dabei jeden der Jungen für einen kurzen Augenblick flüchtig berührte. Wie er sich das schon gedacht hatte, waren die jungen Dämonen seiner Person alle treu ergeben. Sie besaßen wie Lano eine grüne Aura und einen guten Charakter. Mit einem Nicken bedeutete Davon ihnen mit ihrer Arbeit fortzufahren und ging weiter. Auf diese Weise überprüfte er die anderen beiden Ställe ebenfalls. Anschließend lief er die gesamten Wachposten ab, begab sich sogar auf den Wehrgang und fand dort zwei Soldaten, die er nicht eindeutig einordnen konnte. Sie besaßen eine orangefarbene Aura und er konnte nur sehr wenig Wärme bei ihnen spüren. Vorsichtshalber bestellte er sie unter einem Vorwand am Abend in sein Arbeitszimmer und ging dann weiter. Es fehlten nur noch wenige Leute, vor allem jedoch diejenigen, die zu dem Kreis seiner engeren Vertrauten zählten. Bisher war Davon aber beruhigt. Bis auf die Ausnahme von zwei seiner Soldaten, hatte er niemanden gefunden, der ihm gegenüber nicht absolut loyal eingestellt war. Nach einem kurzen Abstecher in die Küche, bei dem er gleich auch noch das Personal dort überprüft hatte, kehrte Davon gegen Mittag mit einem gut gefüllten Tablett in seine Gemächer zurück. Lano hatte die Vorhänge aufgezogen und ein Fenster geöffnet und saß wie schon gestern an Yumes Seite, hielt dessen Hand und erzählte ihm leise irgendetwas. Als er ihn kommen hörte, verstummte er, aber das machte Davon nichts aus. »Oh… Ihr habt schon Mittag mitgebracht…«, bemerkte Lano kleinlaut und Davon konnte sehen, dass er sich nicht gerade wohl fühlte, weil er ihm seine Aufgabe weggenommen hatte. »Mach dir keinen Kopf. Ich war sowieso in der Küche…«, meinte der Dämon beruhigend und stellte seine Last auf dem Nachttisch ab. Wie schon zuvor zog er Yume sanft an seine Brust und fütterte ihn mit Lano zusammen. Sie waren inzwischen ein eingespieltes Team und verstanden sich mittlerer weile auch ohne Worte, was diese Sache anging. »Ähm… ich weiß ja nicht, was ihr heute noch vorhabt, aber…« Lano verstummte kurz, leckte sich unsicher über die Lippen und zwang sich dann weiter zu sprechen. Davon hatte den Kopf gehoben und sah den Jungen fragend an. »Wir… wir müssten Yume ordentlich waschen…«, sagte er leise. »Ich habe ihn schon mit einem feuchten Tuch abgerieben, aber ich dachte mir, wenn wir das nächste Mal die Wunden auf seinem Rücken versorgen, dann könnten wir ihn, na ja.. abduschen? « Lano machte den Vorschlag ganz vorsichtig, als würde Davon etwas dagegen haben. Aber das Gegenteil war der Fall. »Ja… daran hatte ich gestern Abend auch schon gedacht«, stimmte er zu. »Aber ich wollte ihn gestern erst mal in Ruhe lassen. Lass es uns heute Abend gemeinsam machen«, schlug er vor und erntete dafür ein Lächeln von dem Jungen. »In Ordnung…«, nickte Lano, räumte dann das Geschirr weg und runzelte die Stirn. »Ihr müsst noch einmal weg?« Davon seufzte. »Ja, leider. Ich war mit meiner Arbeit noch nicht fertig.« Liebend gerne wäre er jetzt an Yumes Seite geblieben, aber das ging nicht. »Gut. Ich bringe nur das Tablett weg und dann komme ich sofort wieder«, versprach Lano und war schon auf dem Weg zur Tür. »Lass dir ruhig ein bisschen Zeit und iss selbst etwas. Ich bleibe solange hier.« Das brachte ihm ein dankbares Lächeln von dem Jungen ein und Davon musste sich eingestehen, dass es gar nicht so schwer war, nett zu sein. Die ganze Zeit über, die Lano weg war, saß Davon am Bett. Er hatte Yumes Hand in seine genommen und hielt sie sanft umschlossen. Die zierlichen Finger waren immer noch kühl, aber nicht mehr so kalt wie am Vortag. Trotzdem beunruhigte es ihn. Es war doch nicht normal, dass der Kleine so kühl war. Aber mehr, als die Wärmflaschen immer wieder neu zu füllen und den Jungen in warme Decken zu hüllen, fiel dem Dämon auch nicht ein. Vorsichtig legte er sich Yumes Hand an seine Wange und schloss seufzend die Augen. »Bitte, Kleiner… komm zu mir zurück…«, flüsterte er und die Worte kamen aus tiefstem Herzen. Noch nie hatte Davon einen Wunsch so tief in sich verspürt. Er wusste, er würde alles dafür geben, nur damit der Junge bei ihm blieb. Dann hörte er Lano das Zimmer erneut betreten und ein bedauernder Blick streifte Yumes blasses eingefallenes Gesicht, bevor er die schmale Hand mit einem sanften Streicheln zurück aufs Bett legte und sich erhob. »Bis nachher… ich versuche auch mich zu beeilen…«, sagte er an Lano gerichtet und wuschelte dem Kleinen sanft durch die Haare. Von dieser Geste war nicht nur der kleine Dämon überrascht, der mit großen verwunderten Augen zu ihm aufsah, sondern auch Davon selbst. Aber er ließ es einfach im Raum stehen. Es lag sicher daran, dass er sich bereits so sehr an Lanos Anwesenheit und seine Hilfe gewöhnt hatte, dass er irgendwie glaubte ihm seinen Dank zeigen zu müssen. Er schenkte dem Kleinen noch ein Lächeln, bevor er endgültig verschwand. In seinem Arbeitszimmer wartete er dann auf die Ankunft der herbeorderten Personen. Davon hatte einen der Wachleute beauftragt Vince, seinen Drachenmeister, Heron, seinen Truppenführer und noch einige Männer herzubringen, die von höherem Rang waren und am Vormittag nicht zu finden gewesen waren. Ungeduldig schritt er vor dem Schreibtisch auf und ab. Es war keine Nervosität, die sich in ihm ausbreitete, sondern die Ungewissheit, was er bei diesen Männern herausfinden würde, machte ihm eindeutig zu schaffen. Nachdem kaum ein Untergebener der normalen Schicht irgendwie auffällig gewesen war, war Davon sich fast schon sicher, dass er zumindest einen der Verräter jetzt enttarnen würde und das schmeckte ihm überhaupt nicht. Allerdings hätte er schon eher darauf kommen müssen. Kein normaler Dienstbote oder Sklave könnte Pläne von den dagewesenen Ausmaßen erarbeiten, geschweige denn sie erfolgreich durchführen. Weder die Sache mit dem Drachen, der Yume und ihn angegriffen hatte, wo kein Soldat anwesend gewesen war, um ihnen zu helfen, noch Yumes Verschwinden. Wobei er bei letzterem nicht sagen konnte, was dort überhaupt vorgefallen war. Das galt es nun auch noch herauszufinden. Fakt war jedoch, dass Yume niemals von sich aus weggelaufen war. Der Kleine konnte nicht mal reiten und hatte Angst vor Pferden, das musste also jemand ganz geschickt eingefädelt haben. Außerdem sprachen die schlimmen Wunden auf dem Rücken des Jungen ihre eigene Sprache. Davon machte sich immer noch schwere Vorwürfe, dass er diese Dinge nicht vorher überprüft hatte. Durch sein blindes Handeln, hätte er beinahe einen schwerwiegenden Fehler begangen, der auch so kaum noch wieder gut zu machen war. Ein lautes Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken und Selbstvorwürfen und Davon hielt in seinen Schritten inne. Bevor er »Herein« rief, holte er noch einmal tief Atem, um sich für das Kommende zu wappnen. Dann traten fünf seiner Männer ein und ihnen war anzusehen, dass sie nicht verstanden, was das Ganze sollte. Vor allem Vince schaute besonders finster und schien sich überhaupt nicht in seiner Haut wohl zu fühlen, bemerkte Davon bei eingehendender Betrachtung. Jeden einzelnen fixierte er stumm, ging langsam an ihnen vorbei und spürte deutlich die fragenden Blicke auf sich. Niemand sagte etwas und die Spannung ließ die Luft im Raum knistern. »Ihr wisst nicht, warum ich euch herbeordert habe…«, ergriff Davon schließlich das Wort. »Aber es gibt einige Dinge, die ich geklärt haben möchte, bevor ich eure Dienste weiter in Anspruch nehme.« Heron schnaubte. »Was soll das heißen?«, regte er sich auf und gewahrte kaum noch Anstandsformen, was Davon sichtlich missfiel. Seine Miene verdunkelte sich und seine Kiefer mahlten hart aufeinander. Dicht trat er vor seinen Truppenführer und funkelte ihn aus kalten Augen an. »Das soll heißen, dass ich mir eurer Loyalität nicht mehr sicher bin…«, antwortete er leise und gerade diese leisen Worte verliehen seiner Aussage mehr Nachdruck, als es ein Brüllen je gekonnt hätte. Dies ließ dann auch Heron den Kopf senken und die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen kneifen. Kalt musterte er Vince und die anderen drei Männer im Raum nacheinander. Die Unsicherheit lag wie eine Bleidecke auf den anderen und Davon sah ihnen allen das Unbehagen an, welches sie nun in seiner Gegenwart verspürten. Aber auch Davon fühlte sich nicht sonderlich wohl. In seinem Inneren tobte ein Orkan an Gefühlen und seine harte Miene war nur eine Maske. Eisiges Schweigen herrschte zwischen ihm und seinen Männern und nun zögerte er nicht mehr länger. Als erstes streckte er seine Hand nach Heron aus. Tbc… Soo… zehn Seiten sind erreicht… und ich weiß, es ist wieder mal ein gemeines Ende *seufz* Das bietet sich aber auch gerade immer so schön an. Ich weiß auch nicht. Es ist ja nicht so, dass ich unbedingt darauf hinarbeite. Aber na ja.. dann freut ihr euch wenigstens doppelt so doll auf den nächsten Teil. Und wieder einmal vielen Dank an meine lieben Leser… *diesmal Blümchen überreich* Ihr seid so toll und ich hoffe, dass es euch auch weiterhin so gut gefällt. Prüfung hab ich übrigens geschafft.. *froi* © by desertdevil Kapitel 9: ----------- ***Tempted to touch IX*** (Eisiges Schweigen herrschte zwischen ihm und seinen Männern und nun zögerte er nicht mehr länger. Als erstes streckte er seine Hand nach Heron aus.) Eine Welle von Wärme überflutete ihn überraschenderweise, sowie er Heron berührte und die ihm bereits bekannte grüne Aura umgab sein Gegenüber, sodass Davon ihn relativ schnell wieder losließ. Von Heron drohte ihm also keine Gefahr und das beruhigte ihn schon einmal ungemein, auch wenn er das erst nicht erwartet hatte. Ruhig nickte er ihm zu und bedeutete ihm mit einem Blick zu schweigen. Zwar machte Heron mit einem Schnauben deutlich, wie viel er davon hielt, aber er fügte sich und Davon ging zu Cassius. Auch bei diesem spürte er keine Kälte und dessen Aura war ebenfalls grün. Bei den nächsten beiden Männern auch und schließlich trat er vor Vince. Die Blicke der Anwesenden ruhten misstrauisch auf ihm. Es war offensichtlich, dass sie überhaupt nicht verstanden, was hier gerade vor sich ging. Durch seine scharfen Sinne spürte Davon jedoch bei Vince nicht die gleiche Gelassenheit, wie bei den anderen. Er glaubte sogar einen unmerklichen Geruch der Angst bei diesem wahrzunehmen. Letztendlich hielt er die Spannung nicht mehr aus und legte Vince eine Hand auf die Schulter. Kaum war der Kontakt hergestellt, zuckte Davon zusammen, als hätte man ihm ein Schwert durch die Brust gebohrt. Eisige Kälte durchströmte ihn und ein scharfes Keuchen entkam seiner Kehle. Die Luft um Vince herum flimmerte in einem dunklen Violett und Davon spürte Schmerzen am ganzen Körper. Ruckartig riss er seine Hand zurück und brauchte erst einmal einen Moment, bevor er wieder klar denken konnte. Sein Atem ging unregelmäßig. Er schluckte und starrte seinen Drachenmeister dann feindselig an. »Nehmt diesen Verräter fest und werft ihn in den Kerker…«, befahl er an Heron gewandt, gab keine weitere Erklärung dazu ab, sondern drehte ihnen allen den Rücken zu und stützte sich mit den Armen auf dem Schreibtisch ab, hatte den Kopf gesenkt. Im Hintergrund hörte er, wie Vince sich gegen die anderen wehrte, aber er hatte keine Chance. Davon konnte das immer noch nicht glauben. Er kannte Vince nun schon so lange. Von ihm hätte er einen solchen Verrat am wenigsten erwartet, doch leugnen war zwecklos. Davon hatte diese unendliche Kälte am ganzen Körper gefühlt und fror immer noch. Schwer seufzend fuhr er sich mit einer Hand durch die Haare, ließ sich auf den Sessel hinterm Schreibtisch fallen und schloss die Augen. Warum nur hatte Vince ihn hintergangen? Dieser Gedanke ging ihm nicht aus dem Kopf. Nachdem er eine Zeit lang darüber gebrütet hatte, klopfte es an der Tür und Heron, Cassius und die beiden anderen traten erneut ein, ohne, dass er sie herein gebeten hatte. Finster musterte er die Männer. Sie hatten seinen Befehl ausgeführt, ohne Fragen zu stellen, doch es war ihnen deutlich anzusehen, dass sie nun Antworten verlangten. Davon zögerte, wies dann aber auf die Plätze vor seinem Schreibtisch und stützte die Ellenbogen auf die dunkle Holzplatte. Auch von seiner Seite aus bestand Redebedarf. Vielleicht klärte sich ja die ein oder andere Sache dann endlich auf. Davon sah einen nach dem anderen ernst an, bevor er die Stimme erhob. »Es ist viel passiert in letzter Zeit… Nicht nur die Tatsache, dass mein Sklave geflohen ist, sondern auch die Angelegenheit mit Yves kurz danach. Aber auch davor schon gab es einen Zwischenfall, der noch aufgeklärt werden muss…« Eine kurze Pause entstand. Davon sah auf die Tischplatte und ordnete seine Gedanken. »Was könnt ihr mir zu dem Vorfall sagen, bei dem mein Sklave und ich von einem wilden Drachen angegriffen wurden?«, fragte er in die Runde. Sein Instinkt sagte ihm, dass er ganz von Vorn beginnen musste, wenn er nichts übersehen wollte, was vielleicht wichtig war. Er nahm ein Stück Papier und eine Feder und sah abwartend in die Runde. Die Männer sahen sich gegenseitig an, schienen keinen Zusammenhang zwischen seiner Frage und dem jetzigen Geschehen zu sehen, doch Heron seufzte kurz, bevor er berichtete: »An dem Morgen gingen wir wie immer unserer Arbeit nach. Bis Vince uns einen Brief von Euch überbrachte, mit der Information, dass an der westlichen Grenze Unruhen ausgebrochen waren. Weiterhin wurde an mich der Befehl erteilt, dass ich mich mit einem Teil der Truppen dorthin begeben sollte.« Das klang alles ganz normal, nur dass Davon sich nicht erinnern konnte, überhaupt je einen Brief zu diesem Sachverhalt verfasst zu haben, doch er sagte erst mal nichts weiter dazu, sondern notierte es sich nur. Dann fiel sein Blick auf Cassius. Er war der Kommandant der Festungswächter. Seine Geschichte hörte Davon sich genauso ruhig und geduldig an. Wie sich heraus stellte hatte auch er einen Brief mit einem Befehl bekommen, die Wachleute abzuziehen, weil sie an irgendeiner anderen Ecke gebraucht wurden. Die Berichte von Galder, dem Aufseher der Pferdeställe und Kuran, der Aufseher über die Haussklaven war, fielen ein wenig anders aus. Galder hatte von ihm den Befehl bekommen, die Pferde, die nicht so dringend benötigt wurden mit ein paar Stalljungen gemeinsam auf die neue Koppel zu bringen, die sich noch hinter dem Dorf befand. Kuran dagegen hatte keinen schriftlichen Befehl bekommen. Vince hatte ihm nach Davons Aussage ausrichten lassen, dass die Sklaven sich um den Nordflügel der Festung kümmern sollten. Flink huschte Davons Feder über das Papier und er runzelte die Stirn, als es ruhig im Zimmer wurde. Er erinnerte sich noch genau daran, wie er mit Lano gesprochen hatte, bevor er auf die Suche nach Yume gegangen war. Da hatte der Junge doch gesagt, dass er an diesem Tag den Befehl bekommen hatte, das Turmzimmer im Südflügel zu putzen, oder hatte er sich da geirrt? Das passte doch überhaupt nicht zusammen! Darüber wollte er sich jedoch später den Kopf zerbrechen. Er schrieb dieses kleine Detail noch dazu und blickte anschließend wieder in die Runde. »Es weist alles darauf hin, dass jemand versucht hat, uns von der Festung wegzudirigieren…«, erhob Heron die Stimme und schüttelte den Kopf. »Verdammt noch mal, das kann doch nicht sein!« »Genau… wir haben diesen Brief von Euch bekommen«, mischte Cassius sich nun auch ein. »Das kann doch nicht alles nur inszeniert worden sein. Zumal es Eure Handschrift war.« Nun nickte auch Galder zustimmend. Einzig und allein Kuran blieb stumm, kniff die Augenbrauen zusammen und strich sich mit einer unwirschen Geste die dunklen Haare aus der Stirn, bevor er sich vorbeugte. »Ich habe Vince´s Worten nicht getraut. Ich wusste, dass Ihr niemals durch ihn einen Befehl überbringen lassen würdet und habe einigen wenigen Sklaven auch in den anderen Flügeln der Festung Aufgaben gegeben«, eröffnete er und Davon war erstaunt über die Weitsicht seines Aufsehers. Also war schon mal die Frage, was Lano dann im Südflügel zu suchen hatte geklärt. Und nur diesem Umstand hatte er es zu verdanken, dass Yume jetzt noch am Leben war. Das hieß, er hatte Yumes Leben indirekt seinem Sklavenaufseher zu verdanken. Ein schweres Seufzen kam über seine Lippen und Davon fuhr sich erneut mit einer Hand durch die Haare, legte sie in seinen Nacken und rieb sich einen Augenblick die verspannten Muskeln. »Gut… bis dahin scheint mir alles recht plausibel abgelaufen zu sein, wenn wir mal das Erscheinen dieser kuriosen Briefe außer Acht lassen. Aber die Frage, die sich mir nun aufdrängt ist folgende. Wie konnte Vince es schaffen einen wilden Drachen genau zu dem Zeitpunkt auf uns zu hetzen, wo ich mit dem Jungen die Festung verließ?« Ratlose Blicke wurden ausgetauscht. »Vince ist Euer Drachenmeister«, meinte Galder schließlich nach längerem Schweigen. »Er hat die meiste Erfahrung mit diesen Tieren, also wird er sicherlich auch eine Antwort auf diese Frage haben.« Der Hinweis hätte eindeutiger nicht sein können. Vince war ein Verräter und hatte noch dazu Yume ins Unglück gestürzt. Das war etwas, was die Wut in Davon noch höher kochen ließ und er würde die grausame Vergeltung Davons bald am ganzen Körper zu spüren bekommen. Einen schnellen Tod würde es für ihn nicht geben! Davons Augen wurden schwarz vor Hass. Doch es würde noch ein wenig dauern, bis er ihn in den Kerkern aufsuchte und seine »Befragung« begann. Und Vince würde ihm Antworten liefern, da war er sich hundertprozentig sicher! Unmerklich schüttelte Davon den Kopf, um ihn wieder frei zu bekommen und sich auf die momentanen Dinge zu konzentrieren. »Kommen wir zu den aktuellen Geschehnissen«, schloss er die vergangene Sache ab, ohne eine weitere Erklärung zu Yumes und seiner Rettung zu geben. Das war nicht von Belang und es war auch besser, wenn seine Leute so wenig wie möglich über Yumes Fähigkeiten wussten. »Drachen sind Geschöpfe der Gerechtigkeit, also ist schon einmal klar, weshalb Yves meinen Sklaven gerettet hat«, fuhr er fort. »Auch hier liegt die Unklarheit darin, wie es überhaupt zu Yumes Entführung kommen konnte UND warum niemand gemerkt hat, dass der Junge auf ein Pferd gefesselt und weggebracht wurde.« Während die Dämonen im Arbeitszimmer weiter über diese Angelegenheit diskutierten und zu dem Ergebnis kamen, dass auch diese Fragen nur Vince wirklich beantworten konnte, saß Lano wie immer an Yumes Bett und betrachtete den blassen Jungen. Yume lag auf dem Bauch, damit sein Rücken sich erholen konnte. Der Atem des Hellhaarigen ging ganz flach und nur wenn Lano sich konzentrierte, konnte er ihn wirklich sehen. Der Kleine sah so krank aus, dass der Schwarzhaarige jede Sekunde fürchtete er würde ihm wegsterben. Nachdem er nun schon über zwei Stunden am Bett gesessen hatte, erhob sich Lano, um sich kurz die Beine zu vertreten. Er durchstreifte das große Herrschaftszimmer und bemerkte aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Sofort drehte er sich in die Richtung. Ein relativ großer Käfig stand an der Wand seitlich vom Schreibtisch. Den hatte er vorher noch nie richtig wahrgenommen. Doch nun trat er langsam darauf zu und entdeckte schon nach kurzem einen kleinen Drachen. Das Tier saß zusammen gerollt in einer Ecke, hob nicht einmal den Kopf, als er näher trat, sondern guckte einfach nur desinteressiert mit seinen grüngelben großen Augen zu ihm auf und wirkte dadurch total niedlich. Die Schuppen schimmerten in verschiedenen Farben und er konnte keine wirkliche Grundfarbe festmachen. Fasziniert legte Lano die Hände an die Gitterstäbe, lehnte sich weiter vor. Plötzlich brauste das kleine Geschöpf fauchend auf, sprang mit rauchenden Nasenlöchern gegen die Stäbe, sodass der Schwarzhaarige erschrocken zurückstolperte und fast auf dem Hintern gelandet wäre. Nun hielt er gebührenden Abstand zu dem Käfig und linste nur von Weitem hinein. Der Schreck saß ihm noch tief in den Knochen. Der Drache hatte gefährlich die Zähne gebleckt gehabt und er hatte keine Lust diese zu spüren zu bekommen. Niemals hätte er geglaubt, dass diese Kleinen auch schon so aggressiv sein konnten. Er fragte sich nur, warum das Tier hier in einem Käfig stand. Wahrscheinlich gehörte es seinem Herrn, überlegte der Junge und ging allmählich wieder zu Yume ans Bett zurück, als der Drache sich wieder friedlich in seiner Ecke eingerollt hatte. Nach einer ganzen Weile wurde es ihm jedoch zu langweilig ununterbrochen bei Yume zu sitzen und irgendwelche Dinge zu erzählen. Er sah sich um und beschloss ein bisschen aufzuräumen. Das er nicht in den Sachen seines Herrn herumschnüffeln durfte, war ihm bewusst, aber Staub wischen und sauber machen, war sicher nicht verboten. Leise machte sich der Kleine an die Arbeit, sah sich auch noch das Badezimmer an und legte dort schon einmal alles zurecht, was sie nachher brauchen würden, wenn sie Yume abduschten. Gegen Abend kam sein Herr zurück. Wie schon vorhin, nahm Lano das als Zeichen etwas zu Essen zu holen. Er wollte gerade gehen, aber Davon hielt ihn zurück. »Lass ihn uns erst mal waschen.« Der Blick seines Herrn ruhte sanft auf ihm und ein wehmütiges Lächeln spielte um dessen Mundwinkel. Ergeben senkte der Kleine den Kopf und kaute auf seiner Unterlippe herum. Er hätte gern etwas gesagt, um seinem Herrn ein wenig zu trösten, hätte gern gesagt, dass es nicht seine Schuld war, was mit Yume passiert war, doch er wusste, dass Davon sich trotzdem weiterhin die Schuld geben würde. Also blieb er stumm, beobachtete, wie der Mann ans Bett ging und sich neben Yume setzte. Die Zärtlichkeit, mit der er den Jungen berührte, rührte an sein Herz und bestätigte Lano, dass sein Herr sich verändert hatte. Vorsichtig wurde Yume hochgehoben und Lano ging schnell vor ins Badezimmer. Dort machte er Licht, stellte sich vor die Dusche, die er angestellt hatte und regelte die Temperatur, sodass sein Herr sich mit Yume nur noch darunter stellen musste. Kurz darauf kam Davon auch schon hinter ihm ins Bad. Sofort eilte Lano an dessen Seite. Sein Herr stellte Yume auf die Beine, hielt nur die schmale Hüfte mit einem Arm umfangen und drückte den Oberkörper des Jungen gleichzeitig an seine Brust. Yumes Rücken zeigte zu Lano und dieser machte sich nun daran, die behelfsmäßigen Bandagen zu entfernen, die sie auf Yumes Rücken gelegt hatten, damit die Mischung aus Heilpflanzen nicht im ganzen Bett verschmiert wurde. Sie ließen sich leicht abziehen, da die grüne Masse immer noch feucht war. Damit fertig zog Lano nur noch die leichte Leinenhose von Yumes Hüften, bevor Davon, der, trotzdem er selbst noch eine Hose trug, schließlich mit dem Silberschopf unter die Dusche trat. Lano zog sich schnell aus, denn er hatte erstens nicht so viele Sachen und zweitens schämte er sich nicht für seine Nacktheit. Sein Herr hatte ihn bereits sehr oft ohne Kleidung gesehen und wenn er sich an seine Anfangszeit hier in der Festung erinnerte, wo er sogar nur mit einem Lendenschurz hatte rumlaufen müssen, weil er so schamhaft gewesen war und Davon das nicht gefallen hatte, dann war das hier nichts wofür er sich schämen musste. »Ich halte ihn weiter fest und du wäschst ihn, in Ordnung?«, fragte Davon und Lano nickte, nahm den Duschkopf und ließ das warme Wasser vorsichtig über Yumes Rücken laufen. Die Haare hatte er dem anderen Jungen bereits am Nachmittag zu einem Zopf geflochten und ihn auf dessen Hinterkopf festgesteckt, denn die langen Silbernen Strähnen würden momentan nur stören, solange sie Yumes Rücken versorgten. Umsichtig spülte er die grüne breiige Masse ab und zum Vorschein kamen wieder die schlimmen Verletzungen. Lano presste die Lippen zusammen und sein feines Gesicht drückte deutlich das Mitleid aus, dass er für Yume in diesem Moment empfand. Doch er gab sich seinen Gefühlen nur kurz hin, denn es war auch nicht gut, wenn die zerfetzte Haut zu lange dem Wasser ausgesetzt war. Davon hielt Yume so sanft fest, wie es ihm möglich war. Der kleine Körper lehnte schwer an ihm, obwohl er kaum etwas wog und es für Davon ein leichtes war ihn zu halten. Der Dämon war froh darüber Lano als Hilfe an seiner Seite zu haben, sonst hätte er sich etwas anderes einfallen lassen müssen, um Yume ordentlich zu waschen. Flüchtig streiften seine Blicke das Gesicht des Schwarzhaarigen und er schluckte, denn Lanos Ausdruck zu Folge waren die Wunden noch überhaupt nicht besser geworden. Davon wusste, dass er nicht zu viel erwarten durfte. Dennoch wuchs seine Sorge wieder. Prüfend schaute er in Yumes Gesicht, dass an seine Brust gebettet lag. Lange silbrige Wimpern überspielten leicht die dunklen Ringe unter den Augen des Kleinen. Die Wangenknochen waren hoch und die Wangen wirkten eingefallen. Blass spannte sich die helle Haut und Yume wirkte nur noch wie ein Schatten seiner Selbst. Schmerzhaft schlug Davon das Herz in der Brust und ein paar einzelne Tränen rannen ihm über die Wangen. Sie wurden jedoch sofort vom Wasser weggespült und dafür war Davon dankbar. Lano musste nicht sehen, wie verletzlich er war, wenn es um Yume ging und wie sehr ihn der Zustand des Kleinen mitnahm. Nachdem er sich wieder einigermaßen gefangen und unter Kontrolle hatte, erkannte Davon, dass Lano Yume nun eingeseift hatte. Natürlich nur die unverletzte Haut. Vorsichtig drehte er den Jungen in seinen Armen, damit Lano auch an Yumes Vorderseite heran kam. Seltsamerweise machte es ihm nichts aus, dass der kleine Dämon Yume so intim berührte. Es waren notwendige Berührungen und Lano dehnte es auch nicht länger aus als nötig. Nachdem er fertig war, wurde Yume nur noch einmal mit warmen Wasser abgespült, bevor sie den Silberschopf in ein ganz weiches Handtuch einwickelten und Davon ihn zurück zum Bett trug. Erst dort trocknete er Yume gründlich ab und sah nun zum ersten Mal nach der Behandlung die offenen Striemen auf dem Rücken des Jungen. Es hatte sich wirklich noch gar nichts verändert, sah immer noch so schlimm aus, wie zuvor und Davon kamen Zweifel darüber, ob das Grünzeug überhaupt half. Aber was hatten sie schon für eine andere Möglichkeit? Letztendlich trug Lano den grünen Brei frisch auf die Wunden auf und sie legten wieder ein Tuch darüber. Während der Junge das Essen für Yume holen ging, trocknete sich Davon ab und zog sich trockene Sachen an. Anschließend flößten sie dem Silberschopf wieder etwas Suppe und ein Glas Wasser ein und danach entließ er Lano, der sich bereits den ganzen Tag um Yume gekümmert hatte. Bestimmt war der Junge auch müde und in den nächsten Tagen brauchte er ihn schließlich auch wieder. Obwohl Davon den Eindruck hatte, dass Lano wirklich gerne bei Yume war und sich um ihn kümmerte. Gedankenverloren saß er neben dem Silberschopf und starrte ihn an. »Wie soll das nur weiter gehen…?«, fragte er und bemerkte nicht einmal, dass er es laut gesagt hatte. »Ich würde alles dafür geben, dass es dir wieder besser geht…«, seufzte Davon und fuhr sich mit einer Hand durch die dunklen Haare, eine Geste, die seine Hilflosigkeit ausdrückte. Dann bemerkte er, dass Yumes wunderbare Haare immer noch geflochten und hochgesteckt waren. Schnell ging er noch einmal ins Bad und holte eine Bürste, ehe er begann die feinen Klemmen zu lösen und die silbrigen Strähnen zu öffnen, bis sie ihm wie eine Woge über die Oberschenkel fielen. Bewundernd strichen seine großen dunklen Hände durch die helle Pracht. Yumes Haare fühlen sich unglaublich weich und geschmeidig an, auch wenn ihnen immer noch der wunderschöne Glanz fehlte, den sie zwischenzeitlich gehabt hatten. Sanft und mit langen Bewegungen fing er an die seidige Masse zu bürsten. Es gefiel ihm richtig so eine kleine Sache zu tun, vor allem, weil er sich Yume damit irgendwie ein bisschen näher fühlte. Davon kämmte solange, bis ihm die hellen Strähnen seidig über die Beine fielen und flocht sie dann wieder zu einem Zopf, damit sie nicht auf den grünen Brei kamen und schmutzig wurden und weil er dann nicht so sehr darauf aufpassen musste, wenn er sich neben Yume legte und nicht eventuell unbewusst an einer Strähne zog. Da er keine Lust mehr hatte, die Bürste wegzubringen, legte er sie einfach auf den Nachttisch, bevor er die Kerzen löschte und sich ebenfalls zu Bett begab. Wie auch letzte Nacht rückte er ganz nah an den Kleinen heran, um ihn mit seinem Körper ein bisschen zu wärmen. Sanft hielt er Yumes zarte Hand mit seiner großen umschlossen und wachte über ihn, bis ihn in den frühen Morgenstunden selbst der Schlaf übermannte. *** »Rede endlich!« Ungeduldig und mit finsterer Miene blickte Davon zu Vince, und seine dunklen Augen verhießen nichts gutes. Der Verräter war mit eisernen Ketten in die Wand gefesselt worden, und zwar so, dass seine Fußspitzen gerade den Boden berührten. Die Arme waren hoch über seinen Körper gestreckt und jeweils rechts und links mit der Eisenschelle über eine massive Kette an den dort befindlichen Haken befestigt. Das Verließ in dem sie sich befanden war dunkel und feucht und wurde nur durch zwei Fackeln erhellt, die in Halterungen in der Wand steckten. Die Gewölbe der Verließe waren allesamt sehr hoch, besaßen jedoch bis auf eine massive Wand, die mit verschiedenen Haken und Ketten zum fesseln der Sklaven oder Gefangenen versehen war rundherum dicke Metallstangen, die sich zwischen dem halbrunden oberen Teil und dem Boden erstreckten. »Ich… habe euch nichts zu sagen…«, zischte Vince uneingeschüchtert zurück, was Davon mehr als nur verärgerte. Seine Hand schloss sich fester um den Griff der Peitsche, sodass seine Fingerknöchel weiß hervortraten, bevor er sie einmal warnend durch die Luft zischen ließ. Knapp verfehlte der Schlag Vince` kräftigen entblößten Oberkörper, doch der andere zuckte leicht zusammen, als es neben ihm hart knallte. »Ich will Antworten auf meine Fragen und sei dir eines gewiss. Ich lass mich von dir nicht noch einmal zum Narren halten!« Eiskalt fixierte Davon den anderen und seine Lippen waren zu einem schmalen Strich zusammen gepresst. »Fangen wir am Anfang an…«, meinte er und ging gemächlich ein paar Schritte vor Vince her, während er das Ende der Peitsche durch seine Hand gleiten ließ. »Wie du es geschafft hast, alle Wachleute und Soldaten von der Festung zu entfernen, ist mir bereits bekannt. Allerdings beschäftigt mich, wie du es fertig gebracht hast, einen wilden Drachen, zu diesem bestimmten Zeitpunkt, den ich mit meinem Sklaven gewählt hatte um hinauszugehen, auf uns zu hetzen?« Die ganze Zeit über hatte er auf den schmutzigen Kerkerboden geschaut, doch nun hob Davon seinen Blick mit einem Mal und seine dunklen Augen durchbohrten den anderen eiskalt. »Du hast zwei Minuten Zeit mir eine Antwort zu geben«, setzte er Vince eine kurze Frist, als er dessen Widerstreben sah und wie er den Kopf stur abwandte. Es verband ihn nichts mehr mit seinem ehemaligen Drachenmeister. Früher hatte Vince ihm nahe gestanden, doch das zählte nichts mehr! Solch einen Verrat konnte nichts auf der Welt aufwiegen und Davon hatte keine Probleme damit den anderen Dämon bis aufs Blut zu verhören. Er konnte sehr nachsichtig sein, aber seine Grausamkeit kannte noch weniger Grenzen, besonders jetzt nicht. »Die Zeit ist um«, knurrte er unzufrieden, festigte seinen Griff um die Peitsche wieder und zielte diesmal richtig. Ein heftiger schlag traf Vince quer über die Brust, doch er gab keinen Laut von sich, sondern hielt den Kopf immer noch abgewandt und weigerte sich störrisch seinen ehemaligen Herrn auch nur anzusehen. Das ärgerte Davon zwar, doch er ließ sich nicht von seiner Wut leiten. Noch brauchte er Vince für Informationen. Nichts desto trotz ließ er die Peitsche immer wieder klatschend auf den wehrlosen Körper los, bis Vince letztendlich doch ein schmerzvolles Keuchen von sich gab. Es waren gerade mal zwölf Schläge gewesen. Die Peitsche, die er ausgewählt hatte, verursachte bei jedem Schlag besonders großen Schmerz, aber sie verletzte die Haut nur wenig, sodass sich bis jetzt nur rötliche Striemen über Vince` Haut zogen. Langsam trat Davon näher an seinen Gefangenen heran, bis er ganz dicht vor ihm stand und ihm direkt ins Gesicht sehen konnte. »Wie viele Schläge hast die Yume zugefügt, bevor du ihn weggeschafft hast..?«, fragte er mit glühendem Blick und mit zusammengebissenen Zähnen. Seine Kiefer malmten kräftig aufeinander und am liebsten hätte er Vince ins Gesicht geschlagen, als dieser ihn daraufhin höhnisch angrinste. »Die kleine Schlampe hat sich schon nach dem ersten Schlag gewunden. Aber zum Glück konnte euer süßer Sklave nicht Schreien…« Weiter kam Vince nicht, denn nun war seine stark zurückgehaltenen Wut doch aufgelodert und Davon schlug unbarmherzig und voller Härte zu, bis Vince nahe einer Ohnmacht nur noch in den schweren Ketten hing. Danach trat er erneut an ihn heran, fasste grob nach dessen Kinn und hob es an, sodass Vince ihn ansehen musste. Mit gefletschten Zähnen und loderndem Blick funkelte er sein Gegenüber an. »Du wirst in meinem Kerker elendig verrecken und ich werde dich jeden Tag solange auspeitschen, bis ich die Antworten auf meine Fragen bekommen habe!«, versprach Davon unheilvoll und voller Abscheu, bevor er Vince` Kinn mit einer ruppigen Bewegung losließ und dem Verließ für den heutigen Tag den Rücken kehrte. Drei Wachen postierte er vor dem Kerker und wies sie an, die Ketten nach einer Stunde zu lockern, damit diesem Verräter nicht die Arme abfaulten, obwohl das auch eine Variante war, Vince die Schmerzen zuzufügen, die er Yume bereitet hatte. Doch er brauchte ihn leider noch eine Weile. Außerdem wollte er Vince nicht zu einfach sterben lassen. Dieser Kerl sollte leiden! Er sollte für all das, was er Yume angetan hatte, hundertmal so viel leiden!! Die folgenden Tage vergingen in einem gleichmäßigen Rhythmus. Früh kam Lano mit einem Tablett voller Essen, von dem sie Yume etwas Suppe und zu Trinken einflößten, bevor Davon sich um seine Geschäfte kümmerte, während der kleine Dämon bei Yume blieb und auf ihn aufpasste. Am späten Nachmittag führte Davons Weg in die Kerker, den er ohne Peitsche nicht mehr bestreiten konnte. Vince wurde mit jedem Tag sturer und unkooperativer, obwohl seine Kräfte bereits ziemlich nachgelassen hatten und sein Körper sich in einem mehr als schrecklichen Zustand befand. Doch Davon kannte kein Erbarmen, solange er nicht an die gewünschten Informationen gelangt war. Er hatte kein Mitleid, wurde nur immer verzweifelter, was nicht nur daran lag, dass er aus Vince nichts heraus bekam, sondern vielmehr an Yume, dessen Zustand sich seit dem Tag, an dem er den zerfetzten Rücken versorgt hatte, keinen Deut gebessert hatte. Es schien fast so, als wäre der Körper des Kleinen in der Zeit gefangen und veränderte sich überhaupt nicht. Nicht einmal das Gemisch aus Kräutern, dass Lano jedes Mal so mühevoll neu anfertigte half und allmählich war Davon mit seinen Nerven am Ende. Drei Wochen waren seither nun vergangen und wie jeden Abend saß Davon am Bett des Kleinen und hielt erfüllt von Verzweiflung dessen Hand. Das zarte wächserne Gesicht hatte bisher nicht eine Nuance mehr Farbe bekommen und Yume wirkte nur noch viel zerbrechlicher und schmaler als zu Anfang. Er traute sich kaum noch den Jungen überhaupt anzufassen, weil er Angst hatte ihn damit zu verletzen. Erfüllt von Hoffnungslosigkeit ließ der Dunkelhaarige seinen Kopf auf die Decken neben Yume sinken und sein Kopf war leer und sein Herz voller Schmerz. Er konnte es nicht mehr ertragen den Kleinen so zu sehen. So leblos und blass. Jedes Mal, wenn er ihn ansah, tat es ihm unglaublich weh und die Qualen hörten einfach nicht auf. Wenn sie nicht bald eine Lösung fanden, dann ging er selbst nach daran kaputt… Davon war so sehr in seinen deprimierten hoffnungslosen Gedanken gefangen, dass er erst nach einer ganzen Weile den Lärm bemerkte, der vom anderen Ende des Raumes kam. Matt hob er den Kopf und blinzelte erschöpft in diese Richtung. Ach richtig. In dem Käfig dort, war Yumes Drache. Davon wusste auch nicht warum, aber er zwang sich aufzustehen und die zarte Hand des Kleinen loszulassen, um zu besagtem Käfig zu schlurfen. Das Tier machte unverhältnismäßig viel Krach, im Gegensatz zu sonst. Es sprang hinter den Gittern wild hin und her, verbiss sich in die soliden Stangen und der Dämon schüttelte nur mit verkniffenen Lippen den Kopf. Eine Weile sah er sich das mit an, bevor er gefährlich fauchte. »Verdammt noch mal, sei endlich still!!« Doch der Kirioudrache zeigte sich davon gänzlich unbeeindruckt, fauchte und zischelte ihn feindselig an und machte weiter in seinem Käfig Terror. Geduldig war Davon noch nie wirklich gewesen, und gerade jetzt waren seine Nerven äußerst gespannt. Der Drache wollte und wollte keine Ruhe geben und schließlich riss ihm der Geduldsfaden und er schlug mit der Faust nach dem Käfig. Das einzige, was er jedoch erreichte, war, dass er die Gitterstäbe dadurch so verbog, dass er kleine Drache, der nichts abbekommen hatte, sich hindurchzwängte und sich flink aus dem Staub machte. Fluchend und mit zusammengebissenen Zähnen und malmendem Kiefer sah Davon dem Tier hinterher und trat vor Wut gegen das massive Holzbein seines Schreibtisches, was ihm wiederum auch nur einen schmerzenden Zeh einbrachte. »Verdammtverdammtverdammt…« Er hätte heulen können, schlug die Hände vors Gesicht und verlieh seiner Verzweiflung damit Ausdruck. Emotional völlig fertig ließ er die Hände wieder sinken und ging zum Bett zurück. Kurz davor blieb er jedoch stocksteif stehen und riss die Augen vor Entsetzen weit auf. Der Drache hockte halb auf Yume drauf und hatte bereits das dünne Leinenhemd am Rücken des Silberschopfes auseinander gerissen, sodass die Wunden praktisch offen lagen. Erneut flammte Wut in dem Dämon auf, als das Tier sich erneut in dem Stoff zerbiss und ihn weiter zerriss, bis der Rücken des Kleinen ganz frei lag. Er zögerte nur noch einen Augenblick, bevor er aufs Bett zustürmte und den Drachen verscheuchen wollte. Doch der war viel schneller, als er vermutet hatte und wich ihm aus. Es war wie verhext! Je mehr Davon sich bemühte das kleine Tier wieder einzufangen, desto flinker schien der Drache zu werden und bald war der Dunkelhaarige erschöpft von der ewigen Hinterherjagerei. Böse stierte er das Vieh an und hatte die Hände zu Fäusten geballt. Er stand hinter dem Bett, als der Drache sich wieder neben dem kränklichen Yume nieder ließ. Gerade wollte Davon erneut einen Fangversuch starten, hielt dann jedoch inne und schaute mit vor Erstaunen geweiteten Augen, auf das Bild, das sich ihm bot. Der Drache leckte über Yumes Wunden! Er traute seinen Augen nicht, konnte das kaum fassen und blieb wie angewurzelt am Bettende stehen. Sein Blick klebte förmlich auf dem Geschehen und ein seltsames Gefühl erfasste ihn, das er sich überhaupt nicht erklären konnte. Es dauerte eine Weile, bis er es schaffte sich von dem Anblick loszureißen. Langsam trat er wieder neben das Bett, ließ den Drachen und Yume jedoch keine Sekunde aus den Augen. Misstrauisch blickten die großen gelbgrün funkelnden Augen des Tieres zu ihm auf. Davon war sich unschlüssig, ob er nun etwas tun sollte oder nicht. Es entzog sich völlig seinem Verständnis, was gerade passierte. Insgeheim verspürte er jedoch ein Gefühl der Erleichterung, woher es kam? Er hatte keine Ahnung. Aber der kleine Drache schien dem Silberschopf nicht schaden zu wollen. Soviel hatte Davon schon mitbekommen. Regungslos sah der Dunkelhaarige am Bett und beobachtete. Die Schuppen des kleinen Drachen wechselten kontinuierlich ihre Farbe, von einem dunklen Blau zu braun, dann zu orange, wobei noch ein paar schwarze Punkte übrig blieben und es aussah, als hätte das Tier sich ein Fell von einem Tier übergezogen. Dann passte der Drache sich allerdings Yumes blasser Hautfarbe an und Davon wurde Zeuge eines überaus interessanten Geschehens. Der Kleine streckte eins seiner Vorderbeine vor und dort verschwanden ganz langsam die winzigen Schuppen. Es sah so aus, als würden sie sich in die Haut zurückziehen. So etwas hatte Davon noch nie zuvor zu Gesicht bekommen und er hob höchst erstaunt die Augenbrauen. Doch sein Erstaunen sollte noch kein Ende nehmen. Der kleine Drache biss sich kurz darauf selbst in besagtes Bein und als die spitzen kleinen Zähne sich zurückzogen, drangen sofort ein paar Tropfen dunkelroten Blutes aus der geschaffenen Wunde. Noch immer war Davon unklar, was das für einen Sinn haben sollte. Wollte der Drache sich selbst umbringen, weil er merkte, dass es mit Yume zu Ende ging? Davons Miene verhärtete sich für einen Moment, bevor er tief Luft holte und versuchte sich zu beruhigen. Nein, das konnte nicht sein! Es sah vor allem nicht danach aus. Noch immer gingen ihm ähnlich quälende Fragen durch den Kopf, da krabbelte der Drache ein Stück auf Yume drauf, jedoch nur an den unversehrten Stellen des Rückens, wie Davon bemerkte, hielt sein Beinchen über eine der schlimmen Wunden und kurz darauf löste sich der erste Tropfen Blut. Der Fall des roten Tropfens kam dem Dämon fast wie in Zeitlupe vor, als stände die Zeit für einen Moment still. Der Aufprall des Blutstropfens erklang laut in der fast schon gespenstischen Stille. Davons Blicke waren ihm wie hypnotisiert gefolgt und sowie die Lebensflüssigkeit des Drachens mit Yumes Wunde in Berührung kam, vollzog sich etwas, das dem Dunkelhaarigen schlichtweg den Atem raubte. Unglauben spiegelte sich in seiner gesamten Haltung und er wischte sich über die Augen, weil er einer Einbildung, einem Hirngespinst zu unterliegen glaubte. »Unmöglich…«, kam es atemlos über seine Lippen. Davon blinzelte abermals, doch an dem Bild änderte sich nichts. Erneut fiel ein Tropfen Blut auf einen der offenen Striemen und auch dort regenerierte sich die Haut, als hätte jemand den Schnellvorlauf angeschaltet. Es blieb nicht mal eine Narbe zurück, als sich Yumes zarte Haut verschloss. Der kleine Drache heilte auf diese Weise jede einzelne Wunde, bis Yumes Rücken wieder vollkommen glatt und unversehrt war. Anschließend leckte sich das Tier über die verletzte Stelle, die sich daraufhin auch verschloss und kurz darauf waren die Schuppen wieder hervorgekommen. Nichts wies mehr darauf hin, was soeben passiert war. Noch immer saß der Schwarzhaarige wie erstarrt da und konnte seinen Blick nicht abwenden. Der Kiruoudrache zog sich indessen zurück, rollte sich neben Yumes Kopf auf einem der Kopfkissen zusammen und war fast sofort eingeschlafen. Kein Wunder. Das Tier war so klein und hatte eine Menge seines Blutes geopfert, um den Jungen zu retten. Unmerklich schüttelte Davon den Kopf, doch sein Herz schlug schneller vor Freude! Yume war geheilt! Ein Weilchen saß er noch unschlüssig da, kaute auf seiner Unterlippe herum, bevor er eine Hand hob und sanft über den nun wieder seidenweichen Rücken von Yume strich. Sofort fiel ihm auf, dass die Haut sich auch nicht mehr kühl anfühlte, sondern angenehm warm und er hätte weinen können vor Erleichterung. In seinen Augenwinkeln glitzerte es schon verräterisch und nun konnte Davon nicht mehr an sich halten, zog den Silberschopf vorsichtig in seine Arme und küsste immer wieder die blassen Wangen. Er war so froh und es war, als würde ihm eine tonnenschwere Last von den Schultern fallen. Offensichtlich hatte ihm das Schicksal noch einmal eine Chance gegeben, um seine Schuld wieder gut zu machen. Und Davon schwor sich, dass er sie nicht ungenutzt lassen würde. Nach einer schieren Ewigkeit, die er Yume an seine Brust gedrückt gehalten hatte, bettete er den Kleinen wieder in die Decken. Da die schlimmen Wunden geheilt waren, legte er ihn auf den Rücken, deckte ihn ordentlich zu und legte sich mit Rücksicht auf den kleinen Drachen, dem er seinen Platz nicht streitig machen wollte dazu, nachdem er sich schnell seiner Kleidung entledigt hatte und konnte das erste Mal seitdem es dem Kleinen so schlecht ging beruhigt schlafen. Tbc… So. Ich hoffe es hat euch gefallen ^^ Bin selber ein bisschen stolz auf mich, ohne jetzt arrogant wirken zu wollen. Zuerst hatte ich ein ganz anderes Kapitelende geplant, das mir aber nicht so wirklich gefallen wollte. Es wäre einfach zu trübselig geworden und da die ganze Situation mit Davon und Yume sowieso nicht ganz so toll ist, hab ich’s mir dann kurzfristig noch anders überlegt. Also ihr seht… es geht bergauf *froi* Aber überstanden haben die beiden es noch lange nicht, falls ihr das jetzt glaubt. Es wird noch spannend werden, denn die Intrige ist noch in vollem Gange… Zum Schluss wieder ein ganz lieber Dank allen fleißigen Kommischreibern ^^ Ihr motiviert mich echt immer mehr… Wünscht mir Glück für meine Prüfung… *drop* © by desertdevil Kapitel 10: ------------ ***Tempted to touch X*** Lano fühlte sich müde und abgeschlagen, obwohl er in den letzten Wochen gar nicht so viel gemacht hatte. Doch das Sitzen am Bett des kranken Yumes, dessen Zustand sich einfach nicht besserte, machte ihn total fertig. Aber nicht nur das zehrte an seinen Nerven. Seinem Herrn ging es auch furchtbar schlecht und obwohl er eigentlich der Meinung sein müsste, dass ihm das alles Recht geschah, weil er Yume zuerst so hatte leiden lassen, fühlte der Kleine nur Mitleid mit dem großen Dämon. »Geht es ihm immer noch nicht besser?«, erkundigte sich Aneésa eindringlich bei ihm, als er auf das Essen wartete, das der Koch immer extra für Yume zubereitete. Lano seufzte und schüttelte niedergeschlagen den Kopf. »Ich weiß auch nicht… Es verändert sich einfach nichts…«, gestand er traurig und hoffnungslos und ließ die Schultern hängen, woraufhin die pummelige Dämonin ihn in den Arm zog und ihm tröstlich über den Kopf strich. »Nicht den Mut verlieren, hm?«, versuchte sie ihn ein bisschen aufzumuntern. Doch Lano merkte, dass sie selbst über die ganze Situation deprimiert war. Seit es Yume so schlecht ging, hatte Davon sich völlig verändert, sodass sich sogar seine Untergebenen schon um ihn sorgten. Sie hatten ihn bisher immer nur als herrschsüchtigen, intoleranten, sehr harten Fürsten gekannt, der jedes kleine Vergehen sofort heftig bestrafte. Doch davon war in den letzten Wochen kaum etwas geschehen, obwohl manche Dienstboten wirklich nicht die Geschicktesten waren. Erst letzte Woche war ein neuer Küchenjunge mit einem Tablett genau vor seinem Herrn gestolpert und die Speisen waren Davon auf die Hose gespritzt. Normalerweise hätte der Junge eine saftige Strafe dafür erhalten, doch zum Erstaunen aller, hatte ihr Herr nur einen kurzen Blick an sich hinunter geworfen, hatte den Jungen gefragt, ob er sich auch nichts getan hatte und war hoch in seine Gemächer verschwunden. Allein diese Angelegenheit hatte sein Ansehen in den Augen der Dienstboten steigen lassen und sie behandelten ihn jetzt mit noch mehr Respekt. Allerdings sah ihr Fürst immer sehr angespannt aus. Früher hatte er auch nicht viel gelächelt, oder Freundlichkeit gezeigt, aber diese finstere Aura aus Selbstvorwürfen, Furcht und verzweifelter Hoffnung projizierten auch auf die Angestellten eine düstere Stimmung. Im Hintergrund klapperte es und somit wurde Lano aus seinen Gedanken gerissen. Dann dröhnte auch schon die Stimme des Kochs durch den Raum und der kleine Schwarzhaarige griff sich geschickt das zusammengestellte Essen für Yume und seinen Herrn. Lano seufzte, als sein Blick auf die frischen Brötchen und den Käse fiel. Er wusste jetzt schon, dass Davon von diesen Speisen überhaupt nichts anrühren würde. Das tat er fast nie. Auch ein Grund warum Lano sich Sorgen machte. Dämonen war es zwar möglich über ein zwei Wochen zu Hungern, ohne, dass sie ernstlich krank wurden, aber bei seinem Herrn ging das nun schon so, seit es Yume schlecht ging und das war länger, als gut für den Fürsten war. »Danke, Aneésa, ich versuchs…«, bedankte er sich mit einem Lächeln, zu dem er sich wirklich durchringen musste, bevor er mit dem Tablett die Küche verließ und hoch zu den Gemächern seines Herrn ging. Wie immer standen zwei Wachen davor, musterten ihn kurz. Daran hatte Lano sich bereits gewöhnt. Dann trat er leise ein, ohne vorher zu Klopfen. Wie erwartet war der Dunkelhaarige bereits wach, doch er saß nicht wie sonst am Bett und blies Trübsal, sondern schien im Badezimmer zu sein. Automatisch verlangsamten sich Lanos Schritte. Der Raum war von Tageslicht erfüllt und die Fenster standen teilweise offen. Eine Aufgabe, die er sonst übernommen hatte. Zweifelnd schaute der Kleine sich um. Irgendetwas stimmte hier nicht. Es lag auch nicht diese bedrückte Stimmung in der Luft, die er jeden Tag verspürt hatte. Stirnrunzelnd trat er zum Bett und stellte das Tablett auf den Nachttisch. Im gleichen Moment entdeckte er den Drachen neben Yume auf dem Kissen und bekam einen Riesenschreck, stolperte zurück und schlug sich die Hand vor den Mund, um nicht laut zu schreien. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er das kleine Tier an und erinnerte sich noch genau daran, welchen Terz es in dem Käfig gemacht hatte. Wieso war es da nicht mehr drin? Sofort drängte sich ihm diese Frage auf. Dann hörte er jedoch Geräusche hinter sich und drehte sich um. Davon trat gerade aus dem Bad. Sein Herr trug eine schwarze Hose. Das weiße Hemd, das seine breiten Schultern und die dunkle Haut betonte, war vorn noch offen und Lano senkte schnell den Blick, kaute unsicher auf seiner Unterlippe herum. »Guten morgen, Herr«, grüßte er den anderen zurückhaltend und spürte kurz darauf eine warme Hand, die durch seine Haare wuschelte, während Davon zurück grüßte. Überrascht und gleichzeitig verständnislos schaute er mit großen Augen auf. Irgendwas war heute anders. Er konnte sich das nicht erklären, aber sein Herr schien viel positiver gestimmt zu sein. Seine Ausstrahlung war ganz anders… Zu Lanos größer Überraschung nahm der andere sich sofort ein Brötchen vom Tablett und biss hungrig hinein, sodass dem Kleinen fast die Augen aus dem Kopf fielen. Davon hatte den Jungen natürlich kommen gehört, auch wenn dieser immer versuchte ganz leise zu sein. Man konnte es Lano deutlich ansehen, wie seltsam er die Situation fand. Die Überraschung war ihm klar ins Gesicht geschrieben und Davon fand es einfach nur niedlich. Nachdem er sich eines der mitgebrachten Brötchen genommen und es halb aufgegessen hatte, sah er Lano an. Viel länger wollte er den Kleinen nun auch nicht mit den Neuigkeiten hinhalten. Das wäre nicht fair, schließlich hatte der Junge sich sehr gut um Yume gekümmert. »Hm… « Er wusste nur nicht wie er anfangen sollte. »Also, es gibt etwas Neues«, brachte Davon heraus und biss noch einmal von dem Brötchen ab, kaute kurz und warf dann einen Blick auf Yume, bevor er weiter redete. »Gestern Abend… ich weiß auch nicht was los war, hat der Drache«, er wies auf das Tier, das immer noch auf dem Kopfkissen neben Yumes Kopf hockte und anscheinend über den Jungen wachte. »Auf einmal ein Riesengezeter gemacht. Ich war genervt und wütend und na ja.. eines führte zum anderen und schließlich war er aus dem Käfig raus…« Obwohl Lano den demolierten Käfig sicher bemerken würde, wollte Davon diese Sache nicht so direkt ansprechen. »Jedenfalls flog er zu Yume. Erst dachte ich, er wolle ihn verletzen oder sonst was, weil er den Verband abgerissen hat. Aber dann hat er sich selbst ins Bein gebissen und Yumes Wunden mit seinem Blut geheilt«, endete Davon und sah Lano immer noch an. Als er erneut zum Sprechen ansetzte, klang seine Stimme sehr ernst und eindringlich. »Ich war dir die Wahrheit schuldig«, erklärte Davon und seufzte. »Aber ich möchte von dir, dass du das für dich behältst«, verlangte er und vertraute auch darauf, dass Lano das respektierte und sich daran hielt. Eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen. Der Junge war anscheinend so überfahren von diesen Neuigkeiten, dass ihm der Mund offen stand. Das erste mal seit langem zeigte sich ein schmales Lächeln auf Davons Zügen. Er konnte die Erleichterung, die Lano überkam, als die Informationen langsam zu ihm durchsickerten förmlich mitfühlen, schließlich war es ihm vor ein paar Stunden nicht anders ergangen. Der Kleine trat immer noch ungläubig auf das Bett zu, als müsste er sich erst von selbst überzeugen, das Davons Worte der Wahrheit entsprachen. Dieser half Lano und zeigte ihm Yumes geheilten Rücken, indem er den Silberschopf ein Stückchen hochzog. Ein paar mal plinkerte der junge Dämon, bis sich schließlich ein erleichtertes Lächeln auf seinen Zügen zeigte. »Ich… das ist… unglaublich…«, brachte er abgehakt heraus und leckte sich kurz über die Lippen. Davon setzte sich wie immer hinter Yume, zog ihn noch ein Stück höher an seine Brust, damit sie ihm wieder Nahrung einflößen konnten. Es bereitete ihm zwar etwas Sorgen, dass der Junge noch nicht aufgewacht war, ermahnte sich jedoch zur Geduld. Das würde sicher alles zu seiner Zeit passieren, dachte Davon. Lano hatte sich inzwischen wieder gefangen und gemeinsam fütterten sie Yume mit der warmen Suppe, die der Dämon wie immer vorher probiert hatte. »Ich muss wieder los…«, meinte Davon schweren Herzens und mit einem langen Blick auf Yume, der wieder ordentlich in die Decken gebettet dalag. Man merkte ihm an, wie ungern er jetzt weg wollte, aber das ließ sich nun einmal nicht vermeiden. Es gab Pflichten denen er nachgehen musste. Seufzend wandte er sich Lano zu, der am Bettende stand und ihn mit fragendem Blick ansah, weil er anscheinend merkte, dass Davon noch etwas sagen wollte. Ein schmales Lächeln bildete sich auf dessen Lippen, als er den Blick bemerkte. Lano kannte ihn inzwischen richtig gut, aber es machte ihm nichts aus. Im Gegenteil. »Bitte lass mir sofort bescheid geben, wenn sich irgend etwas an seinem Zustand verändert, ja?«, bat er und der Kleine nickte sofort pflichtbeflissen. »Natürlich. Reicht es, wenn ich einen der Wachmänner damit betraue, oder soll ich euch selber suchen?« »Ja, sag einfach einer Wache bescheid. Wenn ich gehe, erteile ich ihnen noch Anweisung darüber. Ich möchte nicht, dass du von Yumes Seite weichst, solange niemand anderes da ist«, erklärte Davon, ging langsam auf Lano zu und wuschelte ihm noch einmal in einer vertraulichen Geste durch die dunklen Haare, bevor er seine Gemächer mit einem letzten Blick auf Yume verließ. Lano sah seinem Herrn noch lange hinterher, bevor er sich wieder Yume zuwandte und sich aufs Bett setzte. Erstaunlich! Das war das erste, was er nach einer ganzen Weile dachte. Jetzt, wo Yume wieder gesund zu werden schien, war Davon wie ausgewechselt, aber immer noch freundlich. Unbewusst fasste der kleine Dämon an seinen Kopf, wo der andere ihm durch die Haare gewuschelt hatte. Die Geste war für seinen Herrn so ungewöhnlich, aber dennoch rührte sie Lano zutiefst. Sicher waren sie sich in den letzten Wochen ein bisschen näher gekommen und es war für den Jungen eine Ehre, dass sein Herr ihm so sehr vertraute, aber er sehnte sich nach Wärme, Zuneigung und Liebe. Nach jemandem, der ihn in schweren Zeiten in den Arm nahm und ihn tröstete, jemanden, dem er seine Sorgen anvertrauen und mit dem er sie teilen konnte und jemanden mit dem er in schönen Zeiten lachen konnte. Diesen Wunsch hegte er schon lange tief in seinem Innersten. Dämonen brauchten auch Liebe, selbst wenn sie immer als kalt und emotionslos angesehen wurden. Das waren sie aber nicht. Eigentlich machten sie es sich nur selber schwer, weil sie sehr distanziert und misstrauisch waren. Davon war ja das beste Beispiel dafür, dachte der Kleine seufzend und riss sich von seinen Gedanken los. Es brachte ja nichts soviel darüber nachzudenken. Er musste das wahrscheinlich alles auf sich zukommen lassen. Oberste Priorität hatte sowieso Yume. Leise seufzte er, bevor er plötzlich aufschreckte, weil er etwas raues über seinen Handrücken streichen spürte. Entsetzt und mit rasendem Herzen sprang er auf und starrte ungläubig und mit tellergroßen Augen auf den kleinen Drachen, der zu ihm gekrabbelt war und ihn anscheinend an der Hand geleckt hatte. Sofort zog er besagte Hand an seine Brust und sah unsicher auf das kleine Tier hinunter, das ihn aus gelbgrünen Augen und mit leicht schiefgelegten Kopf irgendwie flehendlich ansah und leise fiepste. Lano schluckte, sah sich um, hatte aber keine Ahnung, was er tun sollte. Was wollte der Kleine nur von ihm? An der Bettkante krabbelte das Tier einmal hin und her, zupfte mit seinem Mäulchen an der Decke. Lano zog die Augenbrauen zusammen. Irgendwas wollte der Kleine ihm begreiflich machen. Seine Furcht allmählich vergessend, trat er wieder näher. Dann riss der Drache sein Maul ganz weit auf, entblößte zwei Reihen weißer spitzer Zähnchen und seine gespaltenen Zunge, die er ganz weit rausstreckte. Langsam dämmerte dem kleinen Dämon, was das Tier von ihm wollte und er lächelte. »Okay… ich glaub, ich hab dich jetzt verstanden. Du hast Hunger, oder?«, fragte er, obwohl er keinen blassen Schimmer hatte, ob das Tier ihn überhaupt verstand. Anscheinend schon, denn es nickte sofort mit dem Kopf, drehte sich einmal um die eigene Achse und die winzigen Schuppen wechselten in einer Welle von Kopf bis zum Schwanz einmal ihre Farbe zu einem schimmernden Grün, bevor der Drache seine unscheinbare graue Farbe wieder annahm. Lano nickte verständnisvoll. »In Ordnung. Ich werde dir etwas zu Fressen bestellen«, meinte er und erhob sich im selbem Atemzug, um zur Tür zu gehen und eine der Wachen zu bitten, in der Küche bescheid zu geben, dass etwas Drachenfutter benötigt wurde. Er blieb gleich an der Tür stehen, weil seine Wünsche, obwohl er sie nie als Befehl aussprach, immer sofort berücksichtigt wurden und wie erwartet klopfte es kurze Zeit später schon wieder und Lano nahm dem Wachmann einen großen Teller mit verschiedenen Früchten und Fleischstückchen ab. Ohne zu zögern trug er ihn zum Bett, stellte ihn ans Fußende und kaum hatte das Porzellan die Decken berührt stürzte der kleine Drach sich schon auf das Futter. Einen Apfel mampfte er in sekundenschnelle auf. Darauf folgten ein paar Fleischstückchen und Lano sah dem Tier interessiert und mit einem verständnisvollen Lächeln bei Fressen zu, staunte, wie viel so ein kleiner Kerl verschlingen konnte. Schließlich war der Drache satt, schmatzte zufrieden, jedenfalls deutete Lano die leisen Geräusche als Schmatzen und zog sich auf das Kissen neben Yumes Kopf zurück, wo er sich zusammenrollte und erst mal ein Verdauungsschläfchen hielt. Farblich hatte sich das Tier dem hellen Kopfkissen angepasst und war kaum zu sehen. Der kleine Dämon beobachtete den Drachen noch ein Weilchen, bevor er den Teller wegräumte und sich die Zeit ein bisschen mit Staub wischen vertrieb. Viel zu machen war nicht, weswegen er sich recht schnell wieder zu Yume setzte und begann ein Liedchen vor sich her zu summen. Es war ein wenig langweilig, denn der Drache schlief auch noch, wie er mit einem Seitenblick bemerkte. Leise seufzte Lano, stimmte dann eine andere Melodie an und griff nach der Hand des Silberschopfes, die sich im Gegensatz zu sonst erstaunlich warm anfühlte. Eine ganze Weile sang er leise vor sich hin, sah durch ein Fenster nach draußen in den ausnahmsweise einmal blauen Himmel und beobachtete ein paar Vögel, die sich frech um ein Stück Futter stritten und dabei miteinander schimpften. Lano war so vertieft in den Anblick, dass ihm erst später die leichte Bewegung an seiner Hand auffiel. Zuerst dachte er, es sei wieder der Drache, der nun vielleicht Durst hatte, aber das Tier lag nach wie vor auf dem Kissen und schlief anscheinend tief und fest. Plötzlich schlug Lanos Herz schneller, als sein Blick vorsichtig zu Yume glitt. Die Lider des Jungen flatterten und Lano hielt gespannt die Luft an. Yume wachte auf!! Ganz konzentriert beobachtete er den Silberschopf, war ganz aufgeregt und hielt die Hand des anderen Jungen fester umschlossen. Yume brauchte noch ein wenig Zeit, aber dann hoben sich die Lider, gaben ein paar bernsteinfarbene Augen frei und ein leises Stöhnen drang über die halb geöffneten Lippen. Oh Gott… hatte Yume Schmerzen?, schoss es Lano sofort durch den Kopf und er war so aufgeregt, dass er sich kaum rühren konnte. Er konnte sehen wie Yume schluckte und sich über die trockenen Lippen leckte, bevor ein leises Krächzen aus dessen Kehle kam. Sofort griff Lano nach dem Wasserglas, das auf dem Nachttisch stand und hielt es dem anderen an die Lippen. Ein orientierungsloser, unsicherer Blick wurde ihm zugeworfen. »Ich bin Lano…«, stellte der kleine Dämon sich freundlich und mit gesenkter Stimme vor. »Ich habe dich in Davons Abwesenheit gepflegt. Das hier ist nur Wasser, das kannst du ruhig trinken..«, ermutigte er Yume mit einem Nicken und hoffte, dass der andere ihm das Trinken abnahm. Geduldig und ganz ruhig wartete Lano ab, was der Silberschopf tun würde. Er wollte ihn nicht durch unbedachte Bewegungen verschrecken und blieb ganz still, während die bernsteinfarbenen Augen des anderen weiterhin auf ihm ruhten. Yume schien sich auch nicht ganz sicher zu sein. Dann atmete Lano jedoch erleichtert auf, als der andere Junge angestrengt versuchte sich ein bisschen aufzurichten, um etwas trinken zu können. Sofort unterstützte Lano ihn dabei, denn er konnte förmlich spüren, wie schwer es ihm fiel und wie ihn die paar Bewegungen anstrengten. Mit einem Arm half er Yume in eine sitzende Position und hielt ihm das Glas wieder hin, während er ihn aufmerksam beobachtete. Der Atem des anderen ging schnell von dem bisschen Anstrengung, aber Yume hatte immerhin wochenlang nur gelegen und es war ganz natürlich, dass er geschwächt war. Nicht nur wegen dem, was er durchgemacht hatte. Abwartend hielt Lano das Glas immer noch fest, ließ es auch nicht los, als sich eine schmale Hand des anderen darum legte. So richtig traute er es Yume noch nicht zu, das Glas allein zu halten, führte es mit an dessen Lippen und passte auf, dass der andere nicht zu schnell trank oder sich noch verschluckte. Allerdings schien der Kleine wirklich Durst zu haben, denn er leerte das Glas bis auf den letzten Tropfen. Lano lächelte. »Magst du noch etwas haben?«, fragte er rücksichtsvoll, doch Yume schob nur leicht seine Hand weg. Deswegen stallte der kleine Dämon das Glas auf den Nachttisch zurück und war erneut ein wenig unschlüssig, was er nun machen sollte. »Brauchst du noch etwas?«, wollte er wissen. Es war Lano bekannt, dass Yume nicht sprechen konnte, aber irgendwie würden sie sich schon verstehen, da war er sich ziemlich sicher. Erneut verneinte der Kleine. »Hm, na gut. Dann gehe ich jetzt Davon bescheid geben. Er wollte gerne wissen, wenn du wach wirst…«, erklärte der Dunkelhaarige langsam, kratzte sich leicht verlegen am Kopf, schreckte aber zusammen, als Yume plötzlich nach seiner Hand griff und panisch den Kopf schüttelte. Die Augen hatte er weit aufgerissen und Furcht lag darin. Lano konnte es dem anderen Jungen nicht verdenken, nach allem, was passiert war. Er hatte Angst vor Davon und der Dunkelhaarige seufzte. »Du brachst dich nicht fürchten, hm?« Sanft umschloss er Yumes Hand mit den seinen, sah kurz nach unten, bevor er den anderen offen und ehrlich anblickte. »Er bereut wirklich, was er dir angetan hat. Er hat sich die ganzen Nächte um dich gekümmert, dich gefüttert und hatte die ganze Zeit Angst dich zu verlieren…«, berichtete Lano und hoffte Yume damit beruhigen zu können. Der Kleine sollte sich nicht vor Davon fürchten. Das würde seinen Herrn nur verletzen und Davon hatte auch schon so genug unter seinen Selbstvorwürfen zu leiden. Andererseits verstand er Yume. Das Vertrauen, was er langsam zu Davon entwickelt hatte, war jäh enttäuscht worden und die Wunden, die das Herz des Jungen davon getragen hatten, wollte Lano sich nicht einmal vorstellen. Traurig sah er Yume an, der das Gesicht abgewandt und ihm seine Hand entzogen hatte. Es war seltsam, aber es kam dem jungen Dämon wie eine Zurückweisung vor und ein bisschen tat es ihm weh. Doch er riss sich zusammen. Yume kannte ihn ja kaum. Da war solch eine Reaktion verständlich, dachte er voller Rücksicht und erhob sich. Er musste Davon Bescheid geben lassen. Das hatte er versprochen. Schnell aber leise ging er zur Tür und benachrichtigte die Wachen, die alles weitere übernehmen würden. Danach kehrte er zum Bett zurück. Yume hatte sich inzwischen wieder in die Kissen gleiten lassen und ihm den Rücken zugewandt. Zusammengesunken und betrübt über diese offensichtliche Abweisung saß Lano da und wartete. Er konnte Yume nicht zwingen ihm Aufmerksamkeit zu schenken, obwohl er deprimiert darüber war, dass der andere ihn nicht beachtete. Nun ja, vielleicht sollte er sich das nicht so sehr zu Herzen nehmen. Der andere war gerade aufgewacht und noch schwach. Wahrscheinlich strengte es ihn zu sehr an lange die Augen offen zu halten. Wie lange er sich letztendlich noch Gedanken über das ganze machte, wusste der Kleine nicht zu sagen, doch schließlich ging die Tür auf und Davon trat ein. Er war ganz außer Atem, als wäre er die gesamte Strecke zu seinen Gemächern gerannt. Kurz blieb er stehen, musterte das Bett, bevor er sein Hemd anscheinend etwas nervös glatt strich und mit mäßigem Schritt auf sie zukam. Sogleich erhob sich Lano, um seinem Herrn Platz zu machen. Doch zu seinem Erstaunen blieb der andere nur vor dem Bett stehen und sah Yume an. Er setzte sich nicht, noch berührte er Yume, was den kleinen Dämon etwas verwunderte. Freute sich Davon denn gar nicht, dass der Silberschopf aufgewacht war? Doch so schnell wie er gekommen war, verflüchtigte sich dieser Gedanke und Lano erkannte, warum sein Herr sich zurückhielt. Er traute sich einfach nicht näher an Yume heran, aus Angst, dass der Junge vielleicht vor ihm zurückschreckte oder ähnliches. Deswegen verschwieg Lano wohlweislich, dass Yume versucht hatte zu verhindern ihn zu benachrichtigen. Zweifelnd beobachtete der kleine Dämon die beiden eine Zeit lang. Weder Yume drehte sich um, noch trat Davon weiter auf ihn zu. Es schien wie verhext. »Ich… ich geh dann mal. Wenn Ihr mich braucht, ich bin in der Küche«, erklärte Lano leise und verließ die Gemächer. Das war jetzt eine Sache, die die beiden alleine hinbekommen mussten. Gedankenverloren ging er die Treppe hinunter. Er hoffte nur, dass Davon nicht unsensibel reagierte, wenn Yume Abneigung ihm gegenüber zeigte. Lano war so vertieft in seine Gedanken, dass er nichts um sich herum wahr nahm. Deswegen bemerkte er auch nicht, dass die unteren Steinstufen der Treppe nass waren. Unbedacht ging er weiter und schrie erschrocken auf, als es ihm plötzlich die Beine wegriss. Instinktiv versuchte er noch mit den Armen irgendwo Halt zu finden, hatte die Augen weit aufgerissen und sah sich schon stürzen. Ängstlich kniff er die Lider zusammen und verkrampfte sich, den Moment des Aufpralls mit Schrecken abwartend, doch plötzlich wurde er am Oberarm ergriffen und an einen harten Körper gezogen. Ein wunderbar männlicher Duft umhüllte ihn und Lano war ganz genommen, klammerte sich an seinem Retter fest, gestattete sich für einen Moment das Gefühl des Beschützseins zu genießen, dass ihn auf einmal durchströmte, während er an der wärmeverströmenden breiten Brust lehnte und ein starker Arm um seine Taille gelegt war. Leise seufzte er, bevor er sich ein Stück von seinem Retter wegdrückte und aufsah, die Hände aber noch auf dessen Brust liegen ließ. »He~Heron…«, kam es abgehackt über seine Lippen und Panik breitete sich in ihm aus. Oh Gott! Was hatte er sich nur erlaubt? Sofort wollte er sich von dem anderen abdrücken und auf gebührenden Abstand gehen, aber der Arm um seine Taille hielt ihn weiterhin fest und der Truppenführer sah amüsiert auf ihn hinunter. Lano erstarrte nun völlig, hatte auf einmal ganz trockene Lippen und seine Wangen glühten vor Schamgefühl. Zum Glück wusste Heron nicht, wie er sich eben gefühlt hatte. Das wäre ihm zu peinlich gewesen. Gar nicht auszudenken, wenn er sich dadurch sogar noch beleidigt fühlen würde! Ängstlich fiepte der kleine Dämon und schließlich lockerte sich der stahlharte Arm und ließ ihn frei. Umgehend ging er auf Abstand, was den anderen seufzen ließ. Daraufhin wagte Lano noch einmal den Blick zu heben. War das eben etwa ein enttäuschtes Seufzen gewesen, oder hatte er sich das nur eingebildet? Noch immer funkelten die dunklen Augen des anderen belustigt. »Du solltest ein bisschen besser aufpassen, kleiner Sklave. Träumereien mitten am Tag bringen nur Unglück«, meinte die tiefe Stimme belehrend, aber Lano sah das eigentlich gar nicht so. Er hatte den großen Dämon schon immer sehr bewundert. Nervös leckte er sich über die Lippen. »Ich… tut mir leid. Ich dachte nur, es wäre nicht gut jetzt oben zu bleiben… und hab gehofft, die beiden vertragen sich… muss in die Küche…«, haspelte Lano unzusammenhängend und brachte Heron damit nur noch mehr zum Lachen. »Nun beruhig dich mal wieder. Ist ja nichts passiert«, erklärte der Größere gutmütig, strich Lano durch die Haare und ging schließlich seiner Wege. Perplex sah der kleine Dämon ihm hinterher und schluckte, während er sich an die Stelle fasste, die Heron gerade berührt hatte. Das hatte sich so.. so liebevoll angefühlt. So ganz anders als bei Davon… aber bestimmt bildete er sich das auch nur ein. Bestimmt schüttelte Lano den Kopf. Er interpretierte einfach zu viel in solche kleinen Gesten. Das sollte er sich abgewöhnen, sonst brachte er sich damit nachher noch in Schwierigkeiten. Seufzend ging er in die Küche. Es war schon Nachmittag und gegessen hatte er noch nichts, seit er am Morgen das Essen für Yume und seinen Herrn geholt hatte. Umsichtig, um den Koch und die anderen nicht bei der Arbeit zu stören, bahnte er sich einen Weg in das kleine Esszimmer, das für die Sklaven hergerichtet worden war. Es war bescheiden eingerichtet. Lediglich ein paar lange Tische und Bänke füllten den Raum aus. Aber es war trotzdem gemütlich. Auf jedem Tisch standen drei Vasen, in denen bunte, duftende Blumen steckten und gaben dem Raum etwas heimeliges. Links neben der Tür befand ein weiterer Tisch, auf dem verschiedene große Töpfe jeweils auf Metallgestellen standen, unter denen sich je eine Dose mit einer brennenden Paste befand, damit die Speisen warm blieben. Die Pausen der Sklaven aus jedem Aufgabenbereich waren so eingeteilt, dass der Raum nie überfüllt war. Man hatte aber genug Zeit, um sich auszuruhen und gemütlich zu Essen. Automatisch glitt sein Blick zu der Uhr an der Wand. Gleich würden die Sklaven aus dem Stall kommen und die letzten waren die Waffenknechte. Die Zeiten für die einzelnen Bereiche rotierten zweimal im Monat, damit niemand benachteiligt war. Und es zeigte auch, dass Davon sich über den Betrieb und die Versorgung seiner Untertanen Gedanken gemacht hatte. Nachdem Lano sich etwas zu Essen auf einen Teller gefüllt hatte, setzte er sich und löffelte langsam die Bohnensuppe, während seine Gedanken schon wieder abschweiften. Es gab zwei Dinge, die ihn ununterbrochen beschäftigten. Die Szene auf der Treppe… das Zusammentreffen mit Heron… Es erschien ihm so unwirklich, was da passiert war. Sicher… Er bewunderte keinen anderen Dämon so sehr wie den Truppenführer. Immer wenn sich ihm die Möglichkeit bot ihn zu beobachten, tat er das heimlich und unbemerkt. Lano hätte nie gedacht, dass er einmal in den Genuss einer Umarmung kommen würde, in den Genuss, dem anderen so nahe zu sein, wie er es vor einigen Minuten gewesen war. Und es hatte sich auch so gut, so richtig angefühlt… Energisch schüttelte der Kleine diese Gedanken von sich ab. Wenn er noch weiter daran dachte, bekam er nur noch mehr Sehnsucht und das war nicht gut. Überhaupt war es unangemessen sich bei seinem Stand solche Dinge auszumalen. Aber Davon liebte Yume ja auch, obwohl er ein Sklave war, meldete sich sofort sein Hinterkopf und Lano seufzte abermals. Aber das war irgendwie etwas anderes. Davon liebte Yume und nicht anders herum. Vielleicht hatte der Silberschopf auch Gefühle für den Fürsten gehegt, aber niemand wusste, wie es im Moment gerade aussah. In seinem Fall war er es, der sich in jemanden verguckt hatte, der weit über ihm stand. Ach.. das war doch alles zum verzweifeln. Zudem.. wer wollte schon jemanden wie ihn haben? Vor Yumes Zeiten war er immer nur Davons Lustknabe gewesen. Jeder Dämon von Stand würde sich einen Jungen aussuchen, der unbenutzt war und das konnte Lano nun wirklich nicht von sich behaupten und es machte ihn unendlich traurig. Er sollte es sich wohl aus dem Kopf schlagen, dass so ein großer Krieger wie Heron ihn haben wollen könnte. Lustlos rührte er in der Suppe auf seinem Teller. Bei diesen Gedanken war ihm der Hunger vergangen und obwohl er eigentlich immer darauf achtete, sich nur so viel zu nehmen, dass er es aufaß, entschied sich der Kleine diesmal es wegzutun. Ordentlich stellte er den Teller noch auf den Stapel mit dem schmutzigen Geschirr und verließ den Essenraum. Kaum war er durch die Küche durch, lief ihm Aneésa über den Weg. »Ahh.. dich hab ich gesucht…«, rief sie aus und Lano blieb verwundert stehen. »Wieso denn?« »Kuran sucht dich. Wir haben einen Neuen«, berichtete sie mit glänzenden Augen, klatschte in die Hände und Lano zog skeptisch die Augenbrauen zusammen. »Und da freust du dich so drüber, dass du strahlst wie ein Honigkuchenpferd?« »Nun ja… ich kenne ihn noch von damals, als wir Kinder waren…«, vertraute sie ihm mit einem verschwörerischen Blick an, nachdem sie sich ein Stück zu ihm gebeugt hatte. Lano nickte verstehend. »Hm.. okay. Ich soll ihn wohl im Haus rumführen, was?«, mutmaßte er und kratzte sich am Kopf. Auch das noch! Er mochte es nicht, wenn sie neue Leute bekamen und das sah man ihm wahrscheinlich auch an, denn was Aneésa an Begeisterung an den Tag legte, zeigte er an Missmut. Aber was die Haussklaven anging, war das Wort Kurans Gesetz. »Nun sei doch nicht so!« Unvorbereitet traf ihn Aneésas Kopfnuss. »Au! Das war gemein!«, beschwerte er sich und sah die pummelige Dämonin murrend an. »Sei nett! Toro ist ein reizender Kerl… mach mir ja keine Schande. Ich kann sowieso nicht verstehen, warum gerade du ihn herum führen sollst«, meinte sie mit einem leicht eifersüchtigem Blick, der aber nur kurz währte, bevor sie theatralisch seufzte. »Oje… deine bedrückte Stimmung kann einen wirklich runterziehen.« Zum Glück hakte sie nicht weiter nach, sondern gab ihm einen Schubs und winkte ihm lächelnd zu. Einen Moment stand Lano unschlüssig auf dem Gang, bevor er sich in Richtung Kurans Unterkünfte in Bewegung setzte. Sowas blödes! Er hatte keine Lust jemandem gerade jetzt eine Einführung zu geben. Innerlich war er viel zu aufgewühlt und konnte sich überhaupt nicht konzentrieren. Aber danach fragte ja niemand. Schließlich stand er vor der großen Tür und klopfte an. Sofort wurde er hinein gebeten und trat vor Kurans Schreibtisch. Das Zimmer des Hausvorstehers sah noch viel kühler aus, als Davons und Lano fröstelte leicht. Wie konnte man sich nur in so einem Zimmer wohl fühlen? Das fragte er sich jedes Mal, wenn er hier war. Die Wände waren zwar in einem hellen Ton gehalten, doch es hingen seidige bordeaufarbene Vorhänge in langen schimmernden Bahnen von der Decke und säumten die hohen Fenster. Meistens waren sie, wie auch jetzt, größtenteils zugezogen und ließen nur wenig Licht den Raum erhellen. In dem Halbdunkel wirkten die großen Gemälde, die die Wände säumten und auf denen teils Schlachten und teils Drachen zu sehen waren irgendwie beängstigend. Voller Unwohlsein schlang Lano die Arme um sich und hielt den Blick gesenkt, während er darauf wartete, dass Kuran ihm seine Aufgabe zuteilte. Er spürte den abschätzenden Blick sehr deutlich auf sich ruhen und fühlte sich gleich noch viel unangenehmer berührt. »Aneésa hat dir sicherlich schon mitgeteilt, was deine Aufgabe ist, nicht wahr?«, erkundigte sich der Hausvorsteher geschäftig und Lano lief ein kalter Schauder über den Rücken. Dennoch nickte er. »Ja. Sie sagte ich soll jemand Neues herumführen«, bestätigte er, während es vor ihm auf dem Tisch raschelte. »Richtig. Wir haben einen neuen Sklaven«, meinte Kuran in kühlen Tonfall, so wie immer. Manchmal fragte sich der Kleine, ob der andere Dämon überhaupt irgendwelche Anwandlungen von Wärme besaß. Aber es stand ihm ja nicht zu über den anderen zu urteilen. Obwohl er so eine unterkühlte Art hatte, nahm er seine Verantwortung, die er mit den ihm unterstellten Sklaven hatte sehr ernst. Es hatte sich noch niemand beschwert und alle redeten nur gut von ihm. »Er wurde von seinen Eltern an uns verkauft, weil sie nicht mehr genug Geld besaßen, um ihre Felder zu bestellen und ihren Lebensunterhalt zu bestreiten«, wurde Lano erklärt. So etwas war üblich im Dämonenreich und kam häufig vor. An und für sich, war es nichts Schlechtes ein Sklave zu sein und unter seinem Fürsten zu dienen. Man hatte eine Aufgabe und führte ein recht gutes Leben, bekam regelmäßig zu Essen und angemessene Kleidung. Manche, die nur auf bestimmte Zeit hätten bleiben sollen, hatten sich schließlich entschlossen doch hier zu bleiben, weil das Leben einfach besser war, als hungernd durchs Land zu streichen und mal hier und mal dort für ein paar Almosen zu arbeiten. »Wir wissen noch nicht so ganz, für welche Arbeiten er am besten geeignet ist. Deshalb stell ihn bitte in allen Bereichen einmal vor und erklär ihm die täglichen Aufgaben, die dort zu erledigen sind. Sollte er an einem Bereich besonders interessiert sein, geh zu dem Verantwortlichen und stell ihn vor…«, erhielt Lano seine Anweisungen und nickte pflichtbewusst. »Ja, Herr. Das werde ich.« »Gut. Das war eigentlich alles, was ich dir sagen wollte. Du kannst jetzt gehen.« Die Worte glichen eher einem Rausschmiss, aber Lano wusste, dass er sich das nicht so zu Herzen nehmen sollte. Kuran war eben Kuran und an seiner Art würde sich wohl nie etwas ändern. Mit einem leisen Abschiedsgruß verließ Lano das Zimmer und atmete erleichtert auf, als er draußen war. Es war, als würde ihm ein Umhang aus Blei von den Schultern fallen, so bedrückend fühlte er sich immer in diesem Raum. »Hey… ich bin Toro«, wurde er da auch schon von der Seite angesprochen und schreckte ein Stück zurück, weil er damit überhaupt nicht gerechnet hatte. »Ähm… ja.. hallo…«, stotterte er etwas aus der Fassung gebracht und starrte den lächelnden Dämon aus großen Augen an. Der war wirklich nicht klein, war der erste Gedanke, der ihm durch den Kopf schoss. Aber im Vergleich zu ihm waren einfach alle Dämonen sehr groß. Was Lano ein bisschen verwunderte, dass der andere kein bisschen traurig zu sein schien, dass er verkauft worden war. Zweifelnd kräuselte der Kleine die Stirn und starrte den anderen unverholden an, bevor ihm seine Unhöflichkeit bewusst wurde. »Ähm.. ich bin Lano. Und ich soll dich herum führen…«, sagte er schnell und senkte beschämt den Blick. Anscheinend nahm der etwas Ältere ihm das nicht übel, denn er meinte leichthin: »Super. Dann lass uns mal los. Ich kanns gar nicht erwarten mit alles anzusehen!« Nun blickte Lano doch wieder auf und war noch verwunderter als zuvor. »Bist du denn gar nicht deprimiert, dass du verkauft worden bist?«, stellte er die Frage, die ihm bereits auf der Seele brannte, seit er den anderen zu Gesicht bekommen hatte. Es war unhöflich, aber dem Kleinen waren die Worte schneller entschlüpft, als er sie zurückhalten konnte. »Oh… tut mir leid. Ich wollte nicht unsensibel sein«, entschuldigte er sich und seufzte. Er konnte sich das überhaupt nicht vorstellen. Von den eigenen Eltern verkauft zu werden… Das kam ihm wie Verrat vor. Bei ihm war es damals ja ganz anders gewesen, deswegen wusste er nicht, wie er mit so einer Situation umgegangen wäre, aber bestimmt wäre es ihm nicht leicht gefallen und er hätte das alles nicht mit solch einem Lächeln, das der andere gerade zeigte, einfach hinnehmen können. Eine Weile herrschte Schweigen, doch dann zuckte Toro mit den Schultern und begann zu erzählen, während sie sich in Bewegung setzten. »Naja… es ist schon nicht so leicht von meinen Eltern getrennt zu sein. Aber ich weiß von Aneésa, dass es sich hier ganz gut leben lässt. Und ich kann beruhigt sein, dass es meinen Eltern gut geht, jetzt wo sie das Geld haben und wieder vernünftig den Acker bestellen und das Vieh versorgen können. Außerdem müssen lastet nun nicht mehr die Verantwortung auf ihnen mich versorgen zu müssen…« Aus Toros Mund hörte sich das alles so vernünftig an. Der Ältere war vom Wesen und Gemüt her das genaue Gegenteil von Lano, aber das war wahrscheinlich gut so. Dann hatte er weniger Probleme sich einzufinden. »Und Aneésa ist ja auch noch da«, grinste Toro dann und drehte sich Lano zu, während er fröhlich mit den Augenbrauen wippte. »Ich kannte sie schon, bevor sie hierher gekommen ist und hab mich gefreut sie wieder zu sehen«, erzählte Toro weiter und Lano wurde klar, dass dieser Rundgang mit dem anderen ziemlich anstrengend werden würde. Während er Toro die Festung zeigte hörte der andere nicht einmal auf zu reden. Er war das einfach nicht gewohnt, nachdem er vorher so lange an Yumes Krankenbett gesessen und ihn Stille umgeben hatte. Aber Lano war auch noch nie der redselige Typ gewesen und allmählich ging ihm Toros tratschende Art auf den Keks. Bei den Ställen war der Ältere eine Weile ruhig und Lano dankte wem auch immer dafür. Leider hielt die Stille nicht lange an und er wurde viel zu schnell wieder mit Fragen konfrontiert, die er mit wachsendem Unwillen beantwortete. »Also ich glaub, hier will ich arbeiten! Ich liebe Pferde. Sie sind so kraftvoll und anmutig und am liebsten würde ich sofort anfangen…«, schwärmte der andere und Lano verdrehte genervt die Augen. »Okay, dann lass uns zu Galder gehen. Das ist der Verantwortliche für die Pferdeställe und das dazugehörige Personal«, erklärte der kleine Dämon gelangweilt. Er fühlte sich irgendwie müde und rieb sich verstohlen mit dem Handrücken über die Augen, die sogar ein bisschen brannten. »Oh ja… wo müssen wir lang?«, kam sofort die Frage, die er nun bestimmt schon zum zehnten Mal hörte. Und genauso oft hatte Lano sich bestimmt schon gefragt, was Aneésa an diesem Plappermaul finden konnte. Aber wahrscheinlich passten die beiden ganz gut zusammen. Eine Gemeinsamkeit hatten sie auf alle Fälle; Nämlich das viele Reden!! »Das Büro ist dahinten.« Er zeigte zum Ende des Ganges. Im Gegensatz zu Kuran, besaß Galder nur eine recht bescheidene Unterkunft. Natürlich hatte er auch noch ein großes Zimmer in der Festung, aber es war allgemein bekannt, dass er dieses so gut wie nie benutzte und sich eher in seinem Büro in den Ställen heimisch fühlte, wo er sich auch schon häuslich eingerichtet hatte. Gemeinsam mit Toro ging er zum Ende des Ganges und klopfte an die massive Holztür. »Herein!«, kam es nach einer Weile und Lano drückte die Klinke hinunter und ließ Toro vor. Hinter ihnen schloss er die Tür wieder und stellte den neuen Jungen vor, erklärte schnell alles, was Kuran ihm aufgetragen hatte und wenig später war er entlassen und durfte gehen. Zum Glück ohne Toro, wie er erleichtert feststellte. Langsam ging er den Gang wieder runter und trat aus den Ställen. Draußen waren gerade zwei Pferde angebunden, die offensichtlich neu beschlagen werden sollten. Den Hufschmied kannte Lano vom Sehen her. Es war ein netter älterer Dämon, der seine Pflichten gewissenhaft erledigte. Ein Stallbursche stand ihm zur Seite und aus dem Augenwinkel bemerkte Lano, dass noch ein drittes Pferd herausgeführt wurde. Darauf achtete er nicht weiter, ging an den festgemachten Pferden vorbei und hielt gebührenden Abstand zu den Tieren, weil man ja nie wissen konnte, ob sie sich nicht jeden Moment erschreckten und austraten. Zu Boden sehend machte sich Lano auf den Rückweg zur Festung und war schon wieder ganz in Gedanken, die sich momentan jedoch um Yume und seinen Herrn drehten. Ob sie sich ein bisschen näher gekommen waren, überlegte er und nahm nur unterbewusst den Tumult hinter sich wahr. Instinktiv blieb er stehen und drehte sich um, um zu schauen, was da los war, riss jedoch im gleichen Moment weit die Augen auf und war wie erstarrt. Das schwarze Ross, das gerade aus dem Stall geführt worden war, raste schnaubend auf ihn zu. Eine dunkle Stimme schrie ihm zu er solle weglaufen, doch der Kleine konnte sich noch immer nicht rühren, starrte nur ängstlich auf das riesige Pferd, dass sich ihm unaufhaltsam und mit donnernden Hufen näherte. Der Boden bebte regelrecht unter seinen Füßen und endlich schien sein Hirn die Informationen verarbeitet zu haben. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er sich umdrehen und losrennen wollte, im gleichen Moment aber wusste, dass er es nicht mehr schaffen würde. Sofort schossen ihm Tränen in die Augen. Lano spürte das riesige Tier bereits in seinem Nacken und die feinen Härchen stellten sich sträubend auf. Er rannte so schnell er konnte, doch seine Beine fühlten sich ganz zittrig an und er wollte schon aufgeben, weil es wahrscheinlich sowieso keinen Sinn machte wegzulaufen, wenn ihn das riesige Vieh eh niedertrampeln würde… Tränen liefen ihm in Strömen die Wangen hinunter. Er sah nur noch verschwommen, wusste nicht mal, wohin er laufen sollte, doch irgendjemand schien auf ihn zuzurennen… Durch die Tränen erkannte er die Person nicht, aber da ihm anscheinend irgendwer zu Hilfe eilte, strengte Lano sich noch einmal an und rannte so schnell er konnte. Jetzt spürte er den Atem des Pferdes bereits in seinem Rücken und das Donnern der Hufe kam ihm ohrenbetäubend vor. Und dann wurde er plötzlich gepackt und so kraftvoll herumgerissen, dass ihm schlecht wurde. Der starke Arm drückte sich in seinen Bauch und es kam ihm vor, als hätte ihn jemand geschlagen. Die Übelkeit wurde immer schlimmer, als er erneut herumgewirbelt wurde, als wäre er nur eine Feder im Wind und Lano hielt sich instinktiv eine Hand vor den Mund, weil er Angst hatte sich übergeben zu müssen. Mit der anderen krallte er sich an dem stahlharten Arm fest und hielt die Augen vor Furcht fest geschlossen, während eine ganze Welle von undefinierbaren Geräuschen über ihm zusammenschlug. Männer schrieen, Pferde wieherten panisch, Hufe knallten auf den Steinboden und sein Retter ächzte vor Anstrengung, während sich der Arm erneut fester um seine Mitte schloss und Lano an den ebenso harten Körper presste. Und dann war auf einmal alles wieder ruhig. Nur das Blut rauschte noch laut in seinen Ohren. Noch immer hielt Lano die Augen geschlossen, drückte sich schutzsuchend an seinen Retter, als wollte er sich in ihm verkriechen und weinte einfach los, konnte die Tränen nun gar nicht mehr zurückhalten, obwohl er anscheinend noch einmal glimpflich davon gekommen war. »Schch… ist ja gut… alles vorbei…«, redete eine tiefe Stimme sanft auf ihn ein und eine große warme Hand legte sich auf seinen Hinterkopf und drückte ihn an den kräftigen Körper. Obwohl Lano eigentlich nicht zeigen wollte, wie schwach er sich im Augenblick fühlte, begann er hilflos zu schluchzen und schlang sogar die Arme um den Nacken des anderen, wollte ihn gar nicht mehr loslassen, weil er sich gerade so beschützt fühlte und diesen Schutz noch nicht aufgeben wollte. »Ich hab dir doch gesagt Träumereien am helllichten Tage bringen nur Unglück…« Tbc… Soo… dieses Kapitel ist ganz frisch und all denen gewidmet, die sich so sehr einen lieben Partner für Lano gewünscht haben *grins* Ich denke mal ihr wisst jetzt schon, mit wem ich ihn verkuppeln will. Naja… war ja auch ziemlich offensichtlich. Eigentlich hatte ich mir überlegt schon zwei Absätze eher Schluss zu machen, aber irgendwie erschien mir das hier viel besser. Ich hoffe auch gefällts. Wie immer vielen lieben Dank an die fleißigen Leser und Kommi Schreiber. *Bonbons austeil und alle mal knuddel* © by desertdevil Kapitel 11: ------------ ***Tempted to touch XI*** Der Dämon stand noch immer reglos vor dem Bett. Selbst jetzt, wo Lano verschwunden war, konnte er sich kaum rühren. Sein Blick lag wie gebannt auf Yume. Der Kleine hatte ihm den Rücken zugedreht und schien sich auch nicht umdrehen zu wollen. War der Silberschopf wirklich wach? Hatte Lano ihm die Wahrheit gesagt? Diese und andere Fragen schwirrten in seinem Kopf herum und Davon war sich so unsicher wie noch nie, was er nun am besten tun sollte. Letzten Endes riss er sich jedoch zusammen. Er atmete einmal tief ein und aus und trat dann ans Bett, setzte sich vorsichtig auf die Bettkante und wartete auf eine Reaktion, die er auch prompt bekam. Der kleine Körper zuckte zusammen und Yume rollte sich ein. Davon sah genauer hin und bemerkte das Zittern, das den Jungen ergriffen hatte und es versetzte ihm einen schmerzhaften Stich im Herzen. Er schluckte, schloss für einen Moment die Augen und versuchte seine Enttäuschung nieder zu kämpfen. Aber was hatte er denn erwartet? Das Yume ihm freudestrahlend um den Hals fallen würde? Wohl kaum! »Yume…«, erklang sanft seine dunkle Stimme und ließ deutlich erkennen, wie unsicher er sich fühlte. Es fiel ihm wahrlich nicht leicht, aber Davon wollte den Silberschopf wissen lassen, wie leid es ihm tat was geschehen war. Seine Schuldgefühle plagten ihn jetzt noch mehr, als zu der Zeit, in der Yume geschlafen hatte. Seine Augen hingen an der zierlichen Gestalt des Kleinen, die sich unter der dicken Decke nur schemenhaft abzeichnete. Noch immer war das Zittern zu erkennen. Davon seufzte schwer. Anscheinend würde Yume ihm nie wieder Vertrauen entgegen bringen, so wie er ihm gerade die kalte Schulter zeigte. Aber der Dunkelhaarige wollte sich auch nicht gleich entmutigen lassen. Er hatte ein Ziel. Er wollte, dass Yume ihn wenigstens wieder ansah, ohne, dass sich Furcht in den ausdrucksstarken Augen spiegelte. Er wollte den Kleinen wieder lachen sehen und ihm ein unbeschwertes Leben führen lassen. Selbst wenn es ihn selbst ausschloss… Davon würde es akzeptieren. Abermals seufzte er schwer, fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und überlegte, was und wie er es am besten sagen konnte. Fakt war, dass er Yume seine Gefühle mitteilen wollte. Das, was bereits seit dem schicksalhaften Tag in ihm vorging! Vielleicht verstand der Kleine ihn ja dann ein bisschen, hoffte Davon und streckte zögernd die Hand nach dem Silberschopf aus. Sanft berührte er ihn an der Schulter, zog seine Hand jedoch sofort wieder zurück, als Yume unter der Berührung stark zusammenzuckte und ein leises Wimmern von sich gab. Die Reaktion war für Davon wie ein kräftiger Schlag ins Gesicht und er senkte traurig den Blick, bevor er Yume wieder schmerzlich ansah und begann leise zu sprechen. »Ich… Du brauchst dich nicht mehr vor mir zu fürchten«, sagte er so ruhig wie es ihm möglich war, während er den Kleinen dabei beobachtete. »Ich werde dir nie wieder wehtun. Was geschehen ist… Ich weiß, ich kann es nicht mehr rückgängig, geschweige denn wieder gut machen. Und es ist unverzeihlich, aber bitte… hab keine Angst vor mir…« In seinem ganzen Leben hatte er sich noch nie so hilflos gefühlt und diese Schwäche auch so offen gezeigt. Aber wenn es bedeutete, dass er den Jungen nur so wieder dazu bringen konnte, ihn wenigstens anzusehen, dann war ihm sein ganzer Stolz egal. Davon wusste, dass diese Einsicht viel zu spät kam. Aber zu ändern war es nicht mehr. Eine halbe Ewigkeit blieb er an Yumes Seite sitzen, traute sich aber nicht, den Kleinen noch einmal anzufassen, weil er fürchtete, dieselbe Reaktion noch einmal zu erhalten und andererseits, weil er Yumes Angst nicht noch weiter verstärken wollte. Der Kleine hatte sich noch nicht ein bisschen gerührt, aber Davon konnte sehen dass er nicht schlief, denn sein Atem ging unregelmäßig und obwohl das Zittern schon etwas nachgelassen hatte, war es dennoch für ihn noch erkennbar. Das Schweigen lag wie eine Bleidecke über ihnen und Davon hatte noch nie so eine große Last auf seinen Schultern gespürt, wie in diesem Moment. Er wollte noch etwas sagen, aber es fiel ihm nichts mehr ein, was vielleicht noch etwas an der verfahrenen Situation ändern konnte. Niedergeschlagen vergrub er das Gesicht in den Händen und bemerkte deshalb auch nicht, dass der kleine Drache aufgewacht war und langsam an Yume heran krabbelte. Yume fühlte sich schwach und hilflos. Er hatte Angst vor dem Dämon, der schon eine ganze Weile an seinem Bett saß. Das Gesagte hatte er deutlich vernommen, doch er glaubte Davon kein Wort mehr. Sein Vertrauen war zutiefst erschüttert worden und die Hoffnung endlich erlöst zu werden, war auch nicht erfüllt worden. Der Kleine hatte sich damals im Garten schon darauf eingestellt zu sterben, doch nun war er aufgewacht und sah sich immer noch in dieser ungerechten Welt gefangen. Stumme Tränen rannen über seine blassen eingefallenen Wangen und ihm war furchtbar kalt. Nicht äußerlich… er fror innerlich, fühlte sich allein und ungewollt, wie damals auf dem Sklavenmarkt, wo er nur eine Ware gewesen war, die gekauft und benutzt werden sollte. All diese Bilder strömten unaufhaltsam auf ihn ein und die Decke unter ihm war schon ganz nass von der salzigen Flüssigkeit, die von seinen Wangen tropfte. Yume wollte eigentlich an gar nichts denken. Er wollte allein sein. Wollte nicht, dass dieser Dämon hinter ihm saß und ihn die ganze Zeit anstarrte. Da fühlte er sich noch unwohler. Es hatte eine Zeit gegeben, wo er sich diese Aufmerksamkeit sehnlichst gewünscht hatte, nur einen Blick, eine kleine Geste… Aber jetzt? Jetzt ertrug er das nicht, verkrampfte sich und musste die Angst gewaltsam in seinem Inneren niederkämpfen. Nicht einmal am Anfang hatte er sich so sehr vor Davon gefürchtet. Woher diese Angst kam, wusste der Kleine selber nicht, denn eigentlich hatte der andere fast nie selbst Hand an ihn gelegt. Doch sie war da. Aus welchen Gründen auch immer. Er konnte es dem anderen noch nicht einmal begreiflich machen. Am liebsten hätte er ihn angeschrieen, dass er verschwinden sollte. Das er ihn nicht sehen wollte. Aber das war ihm leider nicht vergönnt und Yume hasste sich für diese Schwäche, die ihn zeichnete. Eine Bewegung der Matratze ließ ihn leicht zusammenzucken und er riss die Augen auf, die er bis eben noch fest zugekniffen hatte. Dann nahm er den kleinen Drachen vor sich wahr und erschrak ein wenig, bevor sein Herzschlag sich wieder beruhigte. Unverwandt und mit stumpfem Blick sah er das Tier an, das ihn aus grüngelben großen Augen musterte und leicht den Kopf schief gelegt hatte. Er zog die Augenbrauen zusammen und war völlig verwirrt, als der Drache ihn sachte anstupste. Zuerst war ihm nicht klar, was der Kleine wollte, bis er mit dem Kopf fester gegen seinen Arm drückte und ihn anscheinend in Richtung des Dämons schieben wollte. Yume seufzte leise und erschöpft, ließ sich von dem Schieben aber nicht beeindrucken, sondern machte sich schwer, sodass der Drache keine Chance hatte ihn zu bewegen. Der Junge wusste nicht, warum das Tier ihn unbedingt näher zu dem Dämon bringen wollte, doch er war nicht gewillt dem nachzugeben. Yume wusste, dass er nicht unbedingt stark war und dass er sich Davon auch nicht lange widersetzen konnte. Der andere würde schon Möglichkeiten finden ihn wieder zu demütigen, wenn es ihm besser ging. Bisher hatte der Kleine sein Schicksal angenommen und er würde es auch jetzt tun. Müde schloss er die Augen wieder und versuchte den inneren Schmerz, der ihn schon seit dem Aufwachen peinigte zu verdrängen. Davon hatte von der Geste des kleinen Drachen nichts mitbekommen. Im Moment wusste er einfach nicht weiter. Sicherlich brauchte Yume erst einmal noch Ruhe, lenkte er sich von seinen deprimierenden Gedanken ab und sah wieder auf den zusammengerollten Jungen. Er hätte Yume so gerne berührt, ihn liebevoll gestreichelt und ihn an sich gezogen vor Freude, dass er wieder aufgewacht war. Aber da er ja nun wusste, wie der Silberschopf auf seine Annäherungen reagierte, ließ er es lieber sein. »Ich.. muss noch einmal weg«, sagte er langsam und wandte den Blick dabei nicht von dem kleinen Bündel unter den Decken. »Aber es wird nicht lange dauern. Ich beeile mich und bringe dann gleich etwas zu Essen mit. Magst du etwas bestimmtes haben?« Während seiner Worte war er aufgestanden und hatte ein Blatt Papier und einen Stift vom Schreibtisch geholt. Beides legte er auf den Nachttisch und wartete, ob Yume sich umdrehen und etwas aufschreiben würde. Nichts dergleichen geschah. Er bekam nicht einmal eine kleine Bewegung als Reaktion. Seufzend verließ er schließlich das Zimmer. Wo Lano abgeblieben war, wusste er auch nicht. Es widerstrebte ihm Yume allein zu lassen, aber vielleicht brauchte der Kleine jetzt ein bisschen Zeit zum nachdenken und er würde seinen Gemächern nun auch nicht mehr allzu lange fern bleiben. Sein Weg führte ihn hinunter in die Kerker. Je tiefer er kam, desto stickiger wurde die Luft. Es roch nach abgestandenem Wasser und Schimmel. Die Wände waren nach wie vor feucht und schimmerten im Schein der Fackel, die er in der Hand hielt. Das wiederhallen seiner Schritte war neben dem stetigen Tropfen von der Decke des Kerkers, das einzig zu vernehmende Geräusch. Der Wache vor Vince´ Zelle gab er wie immer mit einem Nicken zu verstehen, dass sie sich vorerst zurückziehen konnte. Sofort leistete der große stämmige Dämon seinem Befehl folge und verschwand in der Dunkelheit. Die Fackel steckte Davon in eine Halterung, nahe der Stelle, an der sein ehemaliger Drachenmeister angekettet war, sodass der Lichtschein auf einen Mann fiel, der kaum noch Ähnlichkeit mit dem stolzen Dämon hatte, der einst zu seinen engsten Vertrauten gezählt hatte. Hasserfüllte dunkle Augen waren auf ihn gerichtet, doch daraus machte Davon sich kein bisschen. Hart erwiderte er den Blick und empfand bei Vince´ heruntergekommenen Anblick sogar so etwas wie Genugtuung. »Sieh nur, was aus dir geworden ist…« Langsam trat Davon näher an den Gefesselten heran, ging vor ihm in die Hocke und sah abwertend auf ihn hinunter. »Und wofür das alles? Meinst du nicht, es wäre klüger allmählich mal den Mund aufzumachen?«, fragte er mit leicht schief gelegtem Kopf, gänzlich unbeeindruckt von dem plötzlichen Hervorschnellen einer Faust, die jedoch wenige Zentimeter vor seinem Gesicht durch die Ketten gestoppt wurde. Das Metall klapperte geräuschvoll und kalt und ein wütendes Schnauben entkam dem gefangenen Dämon. »Darauf kannst du lange warten…«, fauchte Vince und spuckte mit abfälligem Gesichtausdruck vor Davons Füße, um ihm seine Geringschätzung deutlich zu machen. Davon kannte das Spiel. Das erste Mal hatte Vince es sogar gewagt ihm ins Gesicht zu spucken. Doch er hatte dafür gesorgt, dass dieser Verräter so etwas nie mehr tun würde. Ärgerlich zogen sich Davons Augenbrauen zusammen. »Wofür denkst du lohnt es sich so beharrlich zu Schweigen?«, sprach er die Frage aus, die ihn bereits seit einigen Wochen mitunter pausenlos beschäftigte. Davon wurde das Gefühl nicht los, dass hinter Yumes Entführung noch weit mehr steckte, als er überhaupt ahnte. Und je länger Vince so beharrlich schwieg, desto stärker manifestierte sich dieses Gefühl in seinem Inneren. Lange ruhte sein Blick auf dem Angeketteten. »Du hättest es so viel einfacher haben können…«, seufzte er, erhob sich und rief die Wache erneut heran. Kurz sprach er mit dem Mann, jedoch so leise, dass Vince es nicht verstehen konnte. Der Soldat nickte und verschwand wieder und Davon wandte sich mit einem feinen sadistischen Zug um den Mund wieder seinem Gefangenen zu. »Nun gut. Einfach wäre ja auch langweilig, nicht wahr?«, fragte er rein rhetorisch und sah dabei gelangweilt auf seine Finger hinunter. »Heute wird es nicht die Peitsche sein, die deine Haut zu spüren bekommt«, verriet er Vince, der ihn weiterhin mit glühendem Blick erdolchte, aber kein Wort mehr verlauten ließ. »Schade, dass du so stumm bist. Aber ich bin sicher, du hast mir nach der heutigen Behandlung einiges zu sagen…«, vermutete Davon provokant und versuchte Vince aus der Reserve zu locken. Der zeigte sich davon jedoch unbeeindruckt, schnaubte nur und drehte den Kopf zur Seite. Eine Weile herrschte eisiges Schweigen in dem dunkeln, kalten Kerker, bevor der Wachsoldat mit einer weiteren Person erschien, die zwei glühende Eisen in jeweils einer Hand hielt. Eines nahm er dem Dämon ab und bedeutete dem Wachsoldaten mit einer Geste, Vince´ Ketten zu straffen. Sofort kam dieser dem Befehl nach, es ratterte unheilverkündend und kurz darauf wurde der Körper seines ehemaligen Drachenmeisters an der Wand hochgezogen und in die Länge gestreckt, während die Ketten in vorgesehenen Löchern in der Wand verschwanden. Als sich der Wachmann zurückgezogen hatte, trat Davon wieder näher an Vince heran. Dieser zerrte mit seiner ganzen Kraft an den Ketten, die ihn an der Wand hielten. Es war deutlich an den angespannten Armmuskeln zu erkennen. Vince eingefallenes Gesicht war verkniffen und verbittert und voller Abscheu blickte er seinem ehemaligen Herrn in die Augen. »Damit wirst du mich genauso wenig zum Reden bringen…«, zischte er zwischen zusammengebissenen Zähnen. Davon gab sich unbeeindruckt. Stattdessen führte er das bereits schwächer glühende Endstück des Metallstabs zu Vince Brust und drückte es unbarmherzig und mit kaltem Blick auf die verschmutzte Haut. Sofort spannten sich die gesamten Muskeln des Gefolterten. Vince´ Kiefer waren hart aufeinander gepresst, weil er sich die Blöße eines Schmerzensschreis anscheinend nicht geben wollte. Doch Davon war noch lange nicht fertig. Ruckartig zog er das heiße Brandeisen zurück. Der Gestank von verbranntem Fleisch erfüllte bereits jetzt die Luft und Davon verzog angeekelt das Gesicht. Dennoch ließ er Vince keine Pause zur Erholung, sondern drückte das Eisen auf dessen andere Brustseite. Es zischte unheilvoll. Gehässig fraß sich das Metall in die wehrlose Haut. Voller Genugtuung sah Davon zu, verstärkte den Druck noch etwas, bevor er das Eisen wieder zurück riss. Nun kam Vince doch ein gequältes Stöhnen über die Lippen und Davon trat einen Schritt zurück, um den anderen abschätzend zu betrachten. Vince Kopf hing tief nach unten und er schien Nahe der Bewusstlosigkeit zu sein. Nur noch die Metallfesseln um seine Handgelenke hielten ihn aufrecht. »Hol einen Eimer kaltes Wasser!«, wies er den jüngeren Dämon hinter sich an, der noch immer das zweite Brandeisen hielt. »Sonst ist der Spaß hier ja viel zu schnell zu Ende…« Er tauschte sein Eisen mit dem des anderen und bedeutete ihm, gleich noch einmal ein heißes mitzubringen. Viel würde Vince in seinem schwachen Zustand wohl nicht mehr aushalten, aber er sollte auch nicht denken, dass es allzu schnell vorbei war. Unterdessen war Yume froh endlich allein zu sein. Erleichtert atmete er auf und die Anspannung, die ihn die ganze Zeit mit eiserner Hand umfangen hatte, wich von ihm, sowie die Tür ins Schloss gefallen war. Für einen Augenblick blieb er noch liegen, drückte sich dann aber mühevoll mit den Händen in eine aufrechte Position und sah sich etwas orientierungslos in dem großen Zimmer um. Er erkannte es als Davons Schlafzimmer, obwohl die Erinnerung daran ziemlich weit entfernt zu sein schien. Lautlos seufzte der Kleine, drehte sich langsam zur Bettkante und schob die Decke bei Seite, damit er die Füße rausstrecken konnte. Es war frisch und Yume fröstelte leicht, als er die Decke gänzlich von sich schob. Er trug nur ein Leinenshirt, das ihm viel zu groß war. Die Ärmel hingen ihm fast bis zu den Handgelenken und der Saum ging ihm wahrscheinlich bis zu den Knien. Die wenigen Bewegungen des Aufrichtens hatten ihn ziemlich viel Kraft gekostet und er atmete schon schneller. Aber egal wie schwer es ihm fiel. Yume wollte aufstehen. Er musste aufs Klo und seine Kehle fühlte sich auch völlig ausgetrocknet an, obwohl dieser andere Junge, Lano, wenn er sich richtig erinnerte, ihm schon etwas zu Trinken gegeben hatte. Yume fühlte weichen Teppich unter seinen Füßen und war froh, dass er nicht gleich den kalten Stein zu spüren bekam. In dem dünnen Hemdchen wurde ihm so schon schnell genug kalt. Er presste die Lippen zusammen und versuchte sich auf die Beine zu stellen. Doch seine Knie zitterten kurz und hielten ihn nicht, sodass er mit einem erschrockenen Laut auf den Teppich sank. Sein ganzer Körper zitterte vor Anstrengung und der Entschluss irgendwie ins Bad zu kommen, geriet ins Wanken. War er denn zu gar nichts fähig? Mit Tränen der Wut und Verzweiflung in den Augen, zwang sich der Kleine wieder auf die Beine. Das Ziehen, das ihn durchfuhr, weil er sich so lange nicht bewegt hatte und sein Körper das nicht mehr gewohnt war, versuchte er verbissen zu ignorieren. Aber es ging einfach nicht! Nach zwei zittrigen Schritten, knickten ihm die Knie wieder weg und Yume konnte sich gerade noch so mit seinen Hände auf dem Teppich abfangen, ohne sich groß weh zu tun. Dennoch flossen nun die Tränen in Strömen über seine blassen Wangen. Das Zittern hatte sich verstärkt und Yume fühlte sich vollkommen elend. Fahrig wischte er sich mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen. Nachdem er noch ein Weilchen auf der Stelle sitzen geblieben war, krabbelte er schließlich mühsam auf allen Vieren in Richtung Bad. Er musste zwar mehrere Male Pause machen, weil die Bewegungen ihn so sehr anstrengten, aber letztendlich schaffte er es. Ganz außer Atem und mit zitternder Hand schob er die Badtür auf und wollte hinein krabbeln, als er zusammenzuckte, weil etwas er etwas Feuchtes an seinem Fuß gespürt hatte. Ruckartig drehte er den Kopf, was allerdings ein Fehler war, denn ihm wurde sofort schwindelig und Yume keuchte, fasste sich mit einer Hand an die Schläfe und schloss die Augen, bis das Schwindelgefühl sich ein bisschen gelegt hatte. Danach schaute er hinter sich und erkannte den kleinen Drachen, der ihm offensichtlich die ganze Zeit gefolgt war. Missbilligend schaute ihn das Tier an. Oder bildete er sich das nur ein? Yume wusste es nicht, doch in seinem Kopf begann es zu puckern und deswegen wollte er darüber auch nicht nachdenken. Als er das Badebecken erreicht hatte, zog er sich an dessen Rand hoch. Er brauchte mehrere Versuche, bis er es überhaupt geschafft hatte und danach war er noch blasser im Gesicht und bekam kaum noch Luft vor Anstrengung. Aber das Waschbecken war gleich am Ende des Badebeckens und sein Durst trieb ihn weiter an. Mühevoll ging er mit kleinen Schritten darauf zu, während er sich krampfhaft am Beckenrand festhielt. Der kleine Drache war ihm leise knurrend gefolgt, als würde er ihn für sein Handeln tadeln wollen, aber das war Yume egal, als er endlich das Waschbecken erreicht hatte. Er hielt sich mit einer Hand daran fest, öffnete mit der anderen den Hahn, bevor er sich damit auch wieder abstützte. Seine Beine wollten noch immer nicht und auch seine Arme zitterten erbärmlich. Aber Yumes Aufmerksamkeit war von dem fließenden Wasser gefangen. Durstig leckte er sich über seine trockenen Lippen und schluckte, bevor er sich auf dem Rand des Beckens abstützend, vorbeugte und sich das kühle Nass in den Mund laufen ließ. Die ersten Schlucke trank er gierig, machte dann eine kleine Pause, in der er es genoss, wie die Flüssigkeit noch seine Kehle hinunter lief. Anschließend beugte er sich wieder ein Stückchen vor und nahm langsamere Schlucke, bis er genug hatte. Unterdessen verließ Davon unzufrieden die Kerker. Er war richtiggehend wütend, denn Vince hatte wieder nicht geredet und es zerrte regelrecht an seinen Nerven diese Informationen nicht zu bekommen. Dass Vince nichts wusste, glaubte er nicht. Pah! Dieser elende Hurensohn wusste ganz genau Bescheid!! Und Obwohl Davon ihn am liebsten sofort in die Hölle geschickt hätte, war er entschlossen ihn so lange zu foltern, bis er seine Antworten bekam. Zielstrebig ging er über den Hof Richtung Festung und zog verwundert die Augenbrauen zusammen, als er das heillose Durcheinander bei den Ställen bemerkte. Der Hufschmied war da, arbeitete aber nicht, sondern hatte zusammen mit zwei Stallburschen zu tun, ein Pferd zu beruhigen. Aber das war eine Sache für die er im Moment überhaupt keine Geduld hatte und wie es aussah, bekam die Drei das auch alleine hin. Mit einem letzten Blick auf das Geschehen betrat er seine Festung und erkannte Heron vor sich. Normalerweise war sein Truppenführer um diese Zeit woanders beschäftigt, überlegte Davon und fragte sich, was heute noch alles nicht seinen gewohnten Gang ging. Vielleicht wollte der andere aber auch zu ihm und etwas mit ihm besprechen? »Heron?«, rief er den großen Dämon, der daraufhin überrascht den Kopf drehte, bevor er sich ihm ganz zuwandte. Sofort erkannte Davon, dass sein Truppenführer jemanden auf dem Arm hatte und als er genauer hinsah, wusste er auch, um wen es sich handelte. »Lano?« Irritiert schaute er von dem Jungen zu Heron, und ihm war deutlich anzusehen, dass er schnellstens eine Erklärung für all das wollte. »Was zum Teufel geht hier vor?« Auffordernd funkelte er Heron an und auch Lano blieb von seinem stechenden Blick nicht verschont. Eigentlich hatte er erwartet, dass Lano sich bald zurückmelden würde, weil er Yume nicht allein wissen wollte. Und dann fand er den kleinen Dämon in Herons Armen wieder?! Unter seinem Blick zuckte Lano furchtbar zusammen, wimmerte leise und drückte sich noch fester an den Truppenführer, was Davon mit hochgezogener Augenbraue quittierte. Heron räusperte sich. »Es ist nicht so, wie es aussieht…«, versicherte ihm der riesige Dämon und straffte seine Haltung. »Ach ja? Und wie glaubst du sieht es für mich aus?« Lano war sein Sklave und er hatte bestimmte Pflichten! Es war nur eine Aufgabe, und zwar, sich um Yume zu kümmern. Alles andere war ihm egal. Aber gerade da, forderte er absolute Disziplin und es war ihm schon gegen den Strich gegangen, dass der Junge so lange verschwunden gewesen war. Dementsprechend ungehalten war er nun. Heron zögerte nicht mit seiner Antwort. »Er hatte anscheinend von Kuran die Aufgabe bekommen, den neuen Sklaven herumzuführen. Bei den Ställen ist ein Pferd durchgegangen, als er auf dem Rückweg zu Euch war. Wäre ich nicht zufällig in der Nähe gewesen und hätte ihn gerettet, müsstet Ihr Euch jemand neues suchen, der sich um Euren… Jungen kümmert.« Heron hatte schon Sklave sagen wollen, doch es war in der ganzen Festung bereits bekannt, dass es sich bei dem silberhaarigen Jungen längst nicht mehr um einen Sklaven handelte. Aufmerksam hatte Davon zugehört. Gut… die Erklärungen waren einleuchtend, aber eines verstand er trotzdem noch nicht. »Warum klammert er sich dann so an dich, wenn ihm offensichtlich nichts passiert ist?«, sprach Davon seine Frage aus. Es war durchaus begreiflich, dass Lano unter Schock stand, wenn er gerade so dem Tod entkommen war und nun jemanden brauchte, der ihm darüber hinweg half. Aber Heron? Sein Truppenführer interessierte sich doch sonst kein bisschen für die Sklaven? »Das ist etwas worüber ich noch mit Euch sprechen wollte…« Allein schon bei diesen Worten und dem leisen Unterton, den er aus Herons Tonfall heraushörte, wurde ihm klar, was da am laufen war. Finster sah er den anderen Dämon an, überlegte sich seine folgenden Worte mit einem abschätzenden Blick auf Lano, der sich immer noch leise weinend an Herons Brust klammerte, jedoch gut. Innerlich rang Davon mit sich. Lano war lange Zeit sein Sklave gewesen und er gab ihn auch nur ungern her. Fakt war aber, dass er sich ihm nie wieder sexuell nähern wollte, egal wie es mit ihm und Yume weiter ging. Diesbezüglich würde er den Kleinen also nicht vermissen. Davon seufzte hörbar und seine Miene wurde etwas freundlicher, blieb aber weiterhin ernst. »Du kannst ihn haben…«, gestand er Heron schließlich zu. Davon wusste am allerbesten, wie schwer es für Dämonen war den richtigen Partner zu finden und er gönnte es anderen glücklich zu werden, solange es deren Loyalität ihm gegenüber keinen Abbruch tat. Anscheinend hatte er Heron und gleichermaßen auch Lano damit überrascht, denn zwei Augenpaare starrten ihn mehr oder weniger fassungslos an. Davon knirschte mit den Zähnen, während sich auf dem Gesicht seines Truppenführers ein breites Grinsen zeigte. »Ihr seid immer wieder für Überraschungen gut…«, meinte Heron mit seiner dröhnenden Stimme und ihm war seine Freude über das »Geschenk« deutlich anzusehen. Davon schnaubte nur. »Aber eins solltest du nicht vergessen«, richtete er sich an Lano. »Du bist zwar als Herons Partner kein Sklave in dem Sinne mehr, aber nichts desto trotz verlange ich, dass du dich weiterhin mit Yume beschäftigst und dich in meiner Abwesenheit um ihn kümmerst.« »Das dürfte kein Problem sein«, fuhr Heron dazwischen und lächelte zufrieden, als der kleine Dämon sich weiterhin vertrauensvoll an ihm schmiegte. »Solange wie ich beschäftigt bin, kann er seinen Aufgaben bei Euch ohne Einschränkungen nachgehen«, sicherte er Davon zu. Mit einem Nicken kamen sie überein und Davon machte sich schließlich auf den Weg zur Küche. Mit einem mit köstlichen Speisen gefüllten Tablett betrat er sein Gemach. Über die Konstellation Heron und Lano konnte er auch später noch nachdenken. Jetzt waren seine Gedanken vollständig auf Yume konzentriert. Sofort wanderten seine Augen zum Bett und es durchfuhr ihn wie ein Schlag, als er den Kleinen dort nicht entdeckte. Plötzlich bekam er Panik, nie gekannte Panik. Mit ein paar großen Schritten war er neben dem Bett, stellte das Tablett ab und schaute auf den Zettel, der ebenfalls auf dem Nachttisch lag. Vielleicht hatte Yume etwas aufgeschrieben, aber das war nicht der Fall. Der Zettel war genauso leer, wie das Bett. »Yume?«, rief er und hoffte, der Kleine hatte keine Dummheiten begangen. Eigentlich dürfte der Silberschopf nach der wochenlangen Bettruhe nicht mal in der Lage sein, sich auf den Beinen zu halten. Unschlüssig, was er jetzt tun sollte, blieb Davon stehen wo er war. Nach draußen konnte Yume nicht gegangen sein. Jedenfalls nicht durch die Tür, da ihm sonst der Wachmann bescheid gegeben hätte, überlegte er im Ausschlussverfahren, bevor er anfing das Zimmer abzusuchen. Auf dem Balkon war der Kleine nicht und von dort wäre er auch gar nicht raus gekommen. Also steuerte Davon als nächstes das Badezimmer an. Er hatte es noch gar nicht betreten, da hörte er Wasser fließen und war schon erst einmal einigermaßen beruhigt. Lautlos öffnete er die Tür ein Stück und schaute in den Raum. Er wollte Yume nicht erschrecken und erstmal sehen, was der Kleine tat. Der Anblick raubte ihm dann jedoch schlichtweg den Atem. Sein Kleiner lehnte über den Waschbecken. Das Gesicht hatte er ihm zugewandt, sodass Davon wirklich jede Regung in dem blassen aber dennoch hübschen Antlitz erkennen konnte. Die Augen geschlossen, schien Yume das Trinken wirklich zu genießen, jeden einzelnen Schluck den er nahm. Davon war fasziniert. Der Kleine wirkte wie ein Elf. Schließlich richtete Yume sich wieder auf. Die Augen hatte der Junge immer noch geschlossen, legte den Kopf ein wenig in den Nacken und leckte sich mit seiner kleinen rosa Zunge über die nassen halb geöffneten Lippen. Schnell wandte Davon den Blick ab. Er begann bereits nur durch Yumes verführerischen Anblick zu reagieren, obwohl der Kleine das alles ohne Absicht tat. Aber gerade das schien diesen unglaublichen Reiz auf ihn auszuüben. Der Dämon schüttelte den Kopf, zwang sich zu Ruhe und Beherrschtheit und betrat dann leise das Badezimmer. Den kleinen Drachen hatte er gar nicht wahrgenommen, da er so gefangen von Yumes Anblick gewesen war, doch nun fiepte das Tier und machte damit auch Yume auf ihn aufmerksam. Langsam wandte der Silberschopf ihm den Kopf zu und schlug genauso langsam die Augen auf, sodass Davon erneut vergaß zu atmen. Für einen Moment hielt sich der verschleierte Ausdruck in den goldenen Iriden des Kleinen, bevor Yume ihn wenig später erst zu erkennen schien und die Furcht, die er ihm gegenüber vorhin schon gezeigt hatte, wieder zurückkehrte. Sofort drückte er sich hinter das Waschbecken und begann wieder zu zittern. Der schöne Augenblick war verflogen. Davon presste enttäuscht die Lippen aufeinander und seufzte, bevor er langsam auf den Kleinen zutrat, der nur noch weiter zurückzuckte, als würde er Schläge erwarten. »Yume…«, sprach er mit sanfter Stimme den Namen des Kleinen aus, versuchte ihn damit zu beruhigen, doch das Gegenteil war der Fall. Als er seine Hand nach dem Jungen ausstreckte, weil er merkte, dass er sich nur noch mit letzter Kraft auf den Beinen hielt, kam ein schreiähnlicher Laut von Yumes Lippen und seine Hand wurde erstaunlich kräftig weg geschlagen. Davon schluckte und betrachtete Yume voller Erstaunen. Ihm war unbegreiflich, woher der Junge die Kraft und vor allem den Mut nahm, sich gegen ihn zu wehren. Yume sah ihn nicht an, zitterte noch stärker und Davon war unsicher, wie er mit dem Kleinen umgehen sollte, der nicht einmal eine Berührung seinerseits zulassen wollte. Aber er konnte doch auch nicht warten, bis Yume vor Kraftlosigkeit zusammenbrach! Ein bisschen zögerte er noch, bis er beherzter nach dem Silberschopf griff. Die Abwehr des Kleinen war zwar schwach, doch sie war da. Davon hatte Mühe Yume nicht weh zu tun als er ihn vorsichtig bei den Armen ergriff, damit er ihn nicht mehr schlagen konnte, und ihn dann umsichtig auf die Arme hob, um ihn zum Bett zurück zu tragen. Obwohl Yume eigentlich merken müsste, dass er keine Chance hatte und Davon ihm auch nichts Böses wollte, strampelte der Kleine weiter und Davons Griff wurde automatisch fester. »Verdammt, jetzt halt doch mal still!!«, fuhr er den Jungen schließlich an, als dieser gar keine Ruhe mehr geben wollte. Damit erntete er ein Zusammenzucken und einen recht kräftigen Schlag ins Gesicht, der seine Geduld haarscharf an die Grenzen trieb. Dennoch setzte er Yume sanft auf dem Bett ab und zog sich sofort ein Stück zurück. Der Kleine atmete schnell und unregelmäßig. Die rosa Lippen waren halb geöffnet und die kleine Zunge schnellte kurz hervor um sie zu befeuchten. Im Gegensatz zu ihrer ersten Begegnung schlug der Kleine jedoch nicht die Augen nieder, sondern begegnete seinem Blick standhaft, obwohl sich deutlich die Furcht in den goldenen Augen abzeichnete. Davon wusste nicht, wie er das finden sollte. Wollte Yume nun offen gegen ihn rebellieren? Einerseits fand er es nicht schlecht, dass der Kleine sich ein wenig selbstbewusster zeigte, aber auf der anderen Seite, hatte er keine Ahnung, wie er damit umgehen sollte. Er kannte bisher nur den unterwürfigen, gehorsamen Jungen und hatte auch sonst keine Erfahrung im Umgang mit etwas rebellischeren Wesen. Wenn ihm jemand so kam, wie Yume es eben getan hatte, konnte diese Person mit einer harten Strafe rechnen und damit hatte er bisher immer sicher gestellt, dass ihm alle ausnahmslos gehorchten und sich nicht auflehnten. Selbst Lano hatte sich ihm bei ihrer ersten Begegnung sofort unterworfen, nachdem er ihm mit Peitschenhieben gedroht hatte. Aber das würde er bei Yume auf keinen Fall tun. Seine Hoffnung war, dass der Junge irgendwann wieder Vertrauen zu ihm fasste. Davon wollte die Angst in den goldenen Tiefen nicht mehr sehen, sondern ein fröhliches Leuchten darin wieder finden. »Hör zu…«, erhob er nach einer Weile des Schweigens die Stimme und seufzte. »Ich weiß, dass du mir nicht mehr vertraust… Aber ich werde dir nicht mehr wehtun, okay? Das habe ich dir versprochen…« Eindringlich sah er den Kleinen an, bevor er vor ihm auf die Knie sank und nach dessen schmaler Hand griff, die Yume ihm natürlich sofort wieder entziehen wollte, doch Davon ließ das nicht zu. »Du kannst mich schlagen und mich verachten so sehr du nur willst. Aber ich werde dich nicht gehen lassen!«, erklärte er bestimmt. Und Davon meinte es so wie er es sagte. Egal wie sehr Yume ihn hassen würde. Ließe er ihn gehen, müsste er immer mit der Angst leben, dass jemand anderes dem Kleinen weh tat und er könnte es ebenfalls nicht ertragen, sollte Yume mit einem anderen glücklich werden. Nachdem er gesprochen hatte, sah er zu Yume auf, wartete auf eine Reaktion. Doch alles was er bekam, war Missachtung. Der Kleine sah einfach zur Seite und ignorierte ihn. Er wehrte sich auch nicht mehr und zog auch seine Hand nicht zurück, als Davon sie frei gab. Verdrossen zog der Dämon die Augenbrauen zusammen. Er wurde aus Yume momentan wirklich nicht schlau. Erst war er völlig verängstigt, dann wehrte er sich wie eine Furie und bot ihm Paroli und jetzt ignorierte der Silberschopf ihn einfach. Seufzend richtete Davon sich auf und versuchte sich vorerst nicht ganz so viele Gedanken darüber zu machen, auch wenn ihm das mehr als schwer fiel. »Sieh mal. Ich habe dir etwas zu Essen mitgebracht«, deutete er dann auf das Tablett und versuchte die unterkühlte Stimmung Yumes zu überspielen. Davon nahm das Glas und goss etwas Saft hinein, bevor er es dem Kleinen mit einem sanften Lächeln reichte. Allerdings änderte sich dadurch auch nicht viel an Yumes Verhalten. Der Kleine reagierte überhaupt nicht auf das Getränk, sah weiterhin stur zur Seite und rührte sich nicht. Allmählich war Davons Geduld zu Ende und so sehr er es versuchte, er konnte seine Wut einfach nicht zurück drängen. Hart knallte er das Glas aufs Tablett, sodass die Hälfte des Saftes über den Rand schwappte und stapfte ungeachtet dessen mit schnellen Schritten aus dem Zimmer, bevor er etwas tat, was er nachher noch bereuen würde. *** »Du kannst mich jetzt loslassen«, lächelte Heron auf den Kleinen hinunter, der sich immer noch in seiner Weste verkrallt und den er gerade auf dem Bett abgesetzt hatte. Auf dem Weg in seine Unterkunft hatte der Hüne den Blick des Jungen deutlich auf sich gespürt, doch nun hielt Lano anscheinend absichtlich die Augen geschlossen. Das amüsierte ihn sichtlich. Sowie der Kleine seine Worte wahrgenommen hatte, löste er seine Finger von dem Stoff und schlug die Augen auf. Darauf hatte Heron nur gewartet und sah Lano tief in die Augen. Sie waren von einem dunklen Blau, tief und irgendwie geheimnisvoll. Er verliebte sich auf anhieb darin, löste aber schließlich den Blickkontakt, als der Kleine sich hastig und reichlich nervös wie ihm schien über die Lippen leckte. Geschmeidig richtete er sich auf und streckte sich ausgiebig, bevor seine Blicke automatisch zu dem Jungen zurück kehrten. Heron zog sich einen Stuhl vors Bett, setzte sich Lano gegenüber und fuhr sich durch die Haare. Sie hatten einiges zu besprechen. Nicht nur für den Jungen würde sich einiges ändern, wo er nun zu ihm gehörte, sondern auch für ihn selbst. Lano fühlte sich so wohl in den Armen des anderen, dass er fast schon enttäuscht war, als er abgesetzt wurde. Automatisch klammerte er sich an diesem fest und wurde sich erst über sein unmögliches Verhalten bewusst, als die tiefe Stimme ihn darauf ansprach. Er erzitterte bei den Worten leicht. Sie gingen ihm durch und durch, sodass er recht erschrocken wegen der Reaktion seines Körpers die Augen aufriss und direkt in ein paar Dunkelbrauner starrte. Sofort war er wie hypnotisiert, gefesselt von den dunklen Tiefen des anderen und konnte sich nicht rühren. Sein Herz schlug augenblicklich schneller in seiner Brust, aber das wurde ihm erst so richtig bewusst, als Heron sich aufrichtete und somit den Blickkontakt abbrach. Der Kleine wusste nicht ob er darüber erleichtert oder enttäuscht sein sollte. So nah war ihm bisher noch niemand außer Davon gewesen und bei dem anderen hatte er nicht dieses Herzrasen verspürt, geschweige denn die angenehmen Schauder, die ihm andauernd über den Rücken rieselten, wenn der große Dämon ihn auch nur ansah. Der Kleine konnte immer noch nicht glauben, was in kurzer Zeit alles passiert war. Es war unfassbar, dass er jetzt einen Partner hatte. Darauf hatte er nie zu hoffen gewagt… Sicher… Schon immer hatte er Heron insgeheim verehrt und sich mehr als sehnlichst gewünscht, dass dieser ihn eines Tages bemerken würde. Aber das es wahr werden könnte… daran hatte Lano bei seinem bisherigen Schicksal nie im Leben geglaubt. Als der andere schließlich erneut das Wort ergriff, blickte Lano wieder auf, setzte sich ebenfalls ordentlich hin und hörte dem großen Dämon aufmerksam zu. Es schien ihm, dass Heron mit der neuen Situation auch ein wenig überfordert war, aber Lano war ebenfalls sehr nervös und verstand den anderen nur zu gut. »Nun ja…« Heron kratzte sich am Kopf, bevor er Lano wieder ansah. »Das ging alles ganz schön schnell, oder?«, fragte er an den Jungen gerichtet und Lano nickte langsam, senkte die Lider und zupfte an der Bettdecke herum. »Ich wollte dich damit eigentlich nicht so überrumpeln. Seit längerem habe ich schon die Absicht gehegt Davon nach dir zu fragen, aber bisher gab es keinen passenden Moment dafür. Vorhin passte es einfach und jetzt sitzen wir hier…« Eine Weile herrschte Schweigen. Lano fühlte den Blick des anderen deutlich auf sich und leckte sich nervös über die Lippen. Er wusste nicht, ob Heron jetzt erwartete, dass er etwas sagte, oder nicht… Dann wurde ihm die Entscheidung jedoch abgenommen. »Was ich damit sagen will ist…« Heron stockte und Lano sah zu ihm auf. Ein seltsames Gefühl breitete sich in seinem Bauch aus und er hatte so eine Vorahnung. Wollte der andere ihm etwa ein Geständnis machen? »Irgendwas an dir zieht mich an. Das wurde mir klar nach den zwei direkten Begegnungen mit dir, aber ich würde gerne wissen, was du darüber denkst… immerhin ist es eine weitreichende Entscheidung, solltest du wirklich mein Partner sein wollen. Wenn du nicht willst, akzeptiere ich das natürlich auch…« »Ich will…« Noch während diese Worte seine Lippen verließen, hatte Lano sich in Herons Arme geworfen und schmiegte sich an den Größeren. Er begriff immer noch nicht wieso der große Dämon ihn gewählt hatte, aber in einem war er sich so sicher, wie noch nie in seinem Leben. Er wollte an Herons Seite sein und könnte es nicht mehr ertragen, sollte der andere ihn nun doch zurückweisen. »Ich.. ich hab dich schon immer bewundert und… und gehofft, dass du mich irgendwann bemerkst…«, stammelte Lano verlegen, fühlte sich aber sehr wohl, da Herons starke Arme ihn umschlossen hielten und der Größere ihn sogar leicht streichelte. Am liebsten hätte er den anderen gar nicht mehr losgelassen. Verlegen und mit großen Augen sah er zu ihm auf. »Und.. und du magst mich wirklich und ich darf für immer bei dir bleiben?«, fragte der Kleine nun doch noch mal nach, denn ein Rest Unsicherheit war noch geblieben. »Ich bestehe sogar darauf…«, lächelte Heron auf den Kleinen hinunter. Er konnte sich bei dem niedlichen Anblick des Jungen kaum noch beherrschen. Leicht beugte er sich zu ihm und berührte mit seinen Lippen sanft, die feuchten Halbgeöffneten des Kleinen, strich zärtlich darüber, bevor er den federleichten Kuss verstärkte und Lano spüren ließ, dass er ihn mehr als nur mochte. Hingebungsvoll erwiderte der kleine Dämon den Kuss und vor Glück traten ihm Tränen in die Augen, die kurz darauf über seine Wangen perlten und feuchte Spuren hinterließen. Wie ein Ertrinkender klammerte er sich an Heron fest und hoffte inständig, dass er das Ganze nicht nur träumte. Aber es fühlte sich alles so wunderschön an, die Wärme, die der Größere ausstrahlte ging ihn gleich unter die Haut, die Berührungen ließen seinen ganzen Körper vor Erwartung kribbeln und die Küsse… sie waren so unglaublich zärtlich wie er sie noch nie gespürt hatte und gleichzeitig so bestimmend, so einnehmend, dass Lano keine Sekunde länger daran zweifelte, dass Heron ihn wirklich zum Partner wollte. Tbc… Soo.. ein Pärchen hab ich nun schon mal glücklich gemacht.. ^^ Fehlt nur noch das „Hauptpärchen“. Aber ich geb mir Mühe, versprochen. Sorry, dass es so lang gedauert hat, aber mein Freund hatte Urlaub und da komm ich immer nicht sonderlich zum schreiben. Er muss ja nicht alles lesen, was ich so tippel.. >_< Und Ostern war einfach nur stressig! *froh ist, dass es endlich vorbei und nur einmal im Jahr ist* Vielen Dank auch noch mal für eure Geduld *Osterkörbchen mit Schoki hinstell* Und herzlicher Dank gilt im gleichen Atemzug auch noch mal den fleißigen Kommitippslern.. ^^ © by desertdevil Kapitel 12: ------------ Im Voraus einen ganz herzlichen Dank an meine treuen Leser. *Blümchen verteil* Tut mir leid, dass es diesmal länger gedauert hat, aber ich hab wieder Uni. Trotzdem wird es regelmäßig was Neues geben, versprochen Mein größter Dank gilt diesmal meiner Betaleserin histoi. Hab mich echt gefreut über deine Mitarbeit und hoffe es klappt auch weiterhin so gut. So, jetzt aber viel Spaß beim lesen ^^ ***Tempted to touch XI*** »Siehst du? Das musst du so machen, sonst verlierst du..«, lächelte Lano den Silberschopf an und bekam ein zurückhaltendes Lächeln zurück. Sie saßen im Garten und spielte ein Brettspiel das sich »Kairi yo« nannte. Es war ein sehr altes Spiel in der Dämonenwelt, aber es war recht simpel gemacht, sodass es selbst die armen Leute spielen konnte. Es gab eine Platte aus Holz, die viereckige Felder in zwei unterschiedlichen Farben hatte, ähnlich wie ein Schachbrett, nur nicht ganz so groß. Die Figuren wurden je auf einer Seite aufgestellt und man musste versuchen durch logisches Denken und Kombinieren, wenigstens eine seiner Spielfiguren auf die Seite des anderen zu bringen, ohne, dass der Gegner sie einem wegnahm. Und gerade dieses Spiel versuchte Lano dem anderen beizubringen. Es war ein bisschen schwierig, weil es einige Regeln zu beachten gab, aber Yume lernte ziemlich schnell, machte allerdings auch ab und an einen Fehler. Wobei Lano dann so fair war und den Jungen freundlich darauf hinwies, denn immerhin waren sie erst beim zweiten Spiel. Neben Yume lag ein Block mit kleinen Zetteln auf der Decke und ein Stift, sodass dieser seine Fragen aufschreiben konnte. So kamen sie richtig gut zurecht. Die Sonne schien warm auf sie herab und da sie bereits eine ganze Weile spielten, war der Schatten des Baumes, in den sie sich geflüchtet hatten schon weitergerückt. »Wollen wir die Decke ein Stück weiter ziehen?«, fragte Lano, denn ihm wurde ganz schön heiß so in der prallen Sonne. Zudem waren seine Haare und seine Haut viel dunkler als die von Yume, wodurch ihm sowieso schneller warm wurde. Bei der Frage löste der Silberschopf den Blick vom Spiel und nickte Lano zustimmend zu, bevor er sich erhob und sie gemeinsam, jeder an einer Ecke, an der Decke zogen, bis diese wieder halb im Schatten lag. »Ahhh… viel angenehmer…«, seufzte der kleine Dämon und ließ sich auf die Decke plumpsen. Yume setzte sich mit einem feinen Lächeln auf den Lippen neben seinen neuen Freund und stupste ihm nach einer Weile leicht in die Seite. Auf den fragenden Blick hin, deutete er mit dem Kopf auf das Spielbrett und Lano grinste, drehte sich aus seiner Rückenlage auf den Bauch und stützte sich auf die Ellenbogen, während er guckte, was Yume für einen Zug gemacht hatte. »Hm… der Zug war gar nicht mal so schlecht…«, lobte er, war aber gleich darauf wieder konzentriert, tippte sich mit einem Finger an die Lippen. Yume hat das echt schnell begriffen, sinnierte Lano und wusste eigentlich nicht, was er als nächstes tun konnte, ohne eine Spielfigur zu verlieren. Er seufzte. Das musste echt Anfängerglück sein! Ein wenig grummelig, weil er schon ahnte, dass er keine Chance mehr hatte, setzte er einfach eine Figur und seufzte schwer. »Ich glaub, diesmal hast du gewonnen…«, gestand er ein und sah zu Yume hoch, der immer noch gespannt neben ihm hockte und ihn mit wachem Blick beobachtete. Es lag jedoch keine Schadenfreude darin, oder Frohlocken, weil er gewonnen hatte. Und dann legte ihm Yume in seiner liebenswürdigen Art, die er schon des öfteren bemerkt hatte, tröstlich eine Hand auf die Schulter und sah ihn entschuldigend an, sodass Lano seine Enttäuschung ganz schnell vergaß. »Hey.. du hast gewonnen! Nun freu dich doch mal richtig«, meinte er lächelnd, während er Yume sanft auf die Schulter klopfte. »Brauchst mich nicht trösten. Beim nächsten Spiel gewinne nämlich wieder ich!«, erklärte Lano bestimmt und stellte die aus Holz geschnitzten Figuren wieder ordentlich auf. So verbrachten sie fast den gesamten Nachmittag, wobei Yume öfter gewann, als Lanos Ego es vertrug. So war das auch schon bei den anderen Spielen in den letzten Tagen gewesen, erinnerte sich der kleine Dämon zurück. Seit vier Tagen war Yume nämlich wieder kräftig genug, dass Davon ihnen erlaubt hatte draußen etwas zu unternehmen. Und es war ungefähr eine Woche her seit er bei Heron sozusagen eingezogen war. Allerdings hatte sich weder zwischen ihm und Heron noch zwischen Davon und Yume etwas verändert. Ersteres bedrückte Lano sehr, denn seit er mit dem Heerführer zusammen lebte, hatte dieser sich ihm noch nicht ein einziges Mal angenähert. Zwischen ihnen gab es bisher nur einen innigen Guten-Morgen-Kuss und ein paar seichte Küsschen, wenn sie sich verabschiedeten, um ihren Aufgaben nachzugehen. Abends redeten sie dagegen sehr viel, wobei Heron ihm sehr viele Fragen stellte und einfach alles über ihn wissen wollte. Angefangen von Kleinigkeiten, was er zu Essen mochte und seine Lieblingssüßigkeiten, welche Blumen er am liebsten hatte und so weiter. Außerdem hatte Lano in den letzten Tagen gemerkt, dass er gut mit dem anderen über bestimmte Dinge diskutieren konnte. Er hatte gemerkt, dass auch Heron sich viele Gedanken zu seinem Herrn und Yume gemacht hatte und da er viel mit dem Silberhaarigen zu tun hatte, war er auch nicht mit Fragen nach Vorschlägen zurückhaltend gewesen, wie er dem Kleinen am besten helfen und ihn dazu bringen konnte erstmal wenigstens wieder mit Davon zu kommunizieren. Das ganze Reden über verschiedenste Dinge nach einem mehr oder weniger anstrengenden Tag machte ihn dann so müde, dass er meistens nebenbei einschlief. Oder Heron war so geschafft, dass dieser irgendwann wegnickte und Lano ließ den anderen natürlich schlafen. So war es noch nicht weiter zu intimen Handlungen zwischen ihnen gekommen und das konnte Lano kaum verstehen, denn er kannte es ja leider nicht anders aus seinem bisherigen Leben. Leise seufzte er vor sich hin, ohne es richtig zu merken. Aber Yume bemerkte es. Er beobachtete seinen neuen Freund schon eine ganze Weile und ihm war dessen Aufmerksamkeitsverlust nicht entgangen. Er konnte nur raten worum sich dessen Gedanken drehten. Gestern erst hatte der junge Dämon ihm erzählt, dass er einen Partner gefunden hatte und wie sehr er diesen schon immer bewundert hatte. Vielleicht gab es ja jetzt Probleme, überlegte Yume, griff nach dem Zettelblock und Stift und schrieb seine Frage darauf, hielt Lano den Zettel vor die Nase, damit dieser ihn auch wahr nahm und sah den anderen Jungen fragend und offen an, in der Hoffnung, dieser würde ihm seine Sorgen anvertrauen. Lano half ihm sehr über viele Dinge hinweg zu kommen, da wollte er ihm auch so gut zur Seite stehen, wie er konnte. Ein bisschen erschrak der Dunkelhaarige, als er plötzlich einen Zettel vor seiner Nase erblickte und war für einen Moment ganz schön verwirrt, bevor seine Gedanken sich geordnet hatten und er schief lächelnd zu Yume aufsah, nachdem er die Frage gelesen hatte. Er seufzte. »Ich glaub… naja.. da kannst du mir auch nicht helfen.« Lano schloss kurz die Augen, bevor er Yume wieder ansah, der anscheinend immer noch darauf wartete, dass er ihm von seinen Sorgen erzählte. Zweifelnd kaute der kleine Dämon auf seiner Unterlippe, entschloss sich dann aber Yume zu vertrauen. Der silberhaarige Junge war bisher sein einziger Freund, und Freunde erzählten sich doch alles, oder? Er hatte keine Erfahrung damit, aber bei dem anderen fühlte er sich wohl und das konnte ja nichts Schlechtes bedeuten. Und Yume war sicher nicht der Typ, der sein Vertrauen missbrauchte, weil er selbst ja mehr als schmerzhaft hatte erfahren müssen, wie weh so etwas tat. »Also.. es hat mit Heron zu tun…«, gab Lano schließlich nach einigem Schweigen zu und nestelte am Bund eines seiner Hosenbeine. Dabei sah er Yume auch nicht an. Es war ihm schon etwas peinlich über solche Dinge zu sprechen. »Seit einer Woche lebe ich bei ihm und… naja.. er hat mich noch nicht weiter angefasst«, beendete Lano den letzten Teil des Satzes schnell, während sich auf seinen Wangen bereits eine gesunde Röte breit machte. »Er sagt mir zwar ganz oft, dass er mich sehr mag, aber… aber ich will doch auch, dass er mich… dass er mich im Bett wie einen Partner behandelt.« Er hatte sehr mit sich ringen müssen, um diese Worte auszusprechen und traute sich gar nicht Yume anzusehen, weil es ihm total peinlich war. Da sich der andere aber nicht bewegte, oder sonst irgendwie Anzeichen zeigte, dass er ihn verstand, blickte Lano doch auf und begegnete Yumes verwirrtem Blick. Der kleine Dämon schluckte. Konnte es sein…? Nein! Oder doch…? Davon hatte anscheinend wirklich noch nicht mit dem Silberschopf geschlafen. Es gab zwar Gerüchte, die in der ganzen Festung kursierten, aber niemand glaubte daran, weil Davon sonst ganz anders war. »Du… du hast noch keinen… keinen Sex gehabt?«, fragte Lano deswegen ganz leise, weil er sich für seine Frage schämte, aber wissen wollte er es doch gerne. Er platzte schier vor Neugier, konnte einfach nicht glauben, dass die Gerüchte wahr sein sollten. Daraufhin legte Yume den Kopf schief und sah ihn verständnislos an, was Lano eigentlich schon Antwort genug war. Aber zu allem Überfluss schrieb der Silberschopf noch etwas auf einen Zettel und hielt ihn Lano hin. »Was ist Sex?«, las er leise vor und Yume nickte wissbegierig, was Lano dazu veranlasste sich an den Kopf zu fassen. Sein Gesicht bekam reichlich Farbe und er verfluchte sich, dass er überhaupt mit dem Thema angefangen hatte. Nun saß er in der Zwickmühle. Was sollte er denn jetzt machen? Wenn er sich rausredete und versuchte um eine Erklärung drum rum zu kommen, war Yume bestimmt enttäuscht und das wollte er nicht. Aber es war ihm so schon peinlich genug! Eine ganze Weile rang Lano mit sich, gab sich aber letztendlich geschlagen, als er Yumes bittenden Blick sah. »Okay… ich erklärs dir… aber ich bin nicht gut darin, dass du´s nur weißt…«, warnte er den anderen und holte tief Luft, bevor er ganz leise anfing zu erklären. »Also… du weißt ja, dass Davon und du… dass ihr gleich seid… also eure Körper… vom Aufbau her… Ihr seid beide männlich«, fügte er noch an, weil Yume aus dem Gestotter davor anscheinend nicht wirklich schlau geworden war, so wie er ihn anschaute. »Jedenfalls… du hast einen Penis und er hat auch einen…« Allein das Wort Penis ließ ihn noch röter werden und Lano stockte. Nein! Er konnte das nicht! Er konnte nicht weiter erklären! Ihm war schon ganz komisch mulmig im Bauch. Und Yumes aufmerksame Augen machten die Sache auch nicht einfacher. »Guck nich so! Ich hab doch gesagt ich bin schlecht im Erklären… jedenfalls bei solchen Dingen…«, fauchte er den Silberschopf leicht an, entschuldigte sich dafür aber gleich wieder, als Yumes Miene traurig wurde. »Ein Penis ist das zwischen deinen Beinen«, setzte er deswegen noch erklärend hinterher, ehe der andere das Wort auch wieder nicht verstand. »Und wenn er mit dir schlafen will, dann… dann gehen eure Körper eine Verbindung ein. Er… also du hast einen Eingang, deinen Po und da dringt er dann damit in dich ein…« Erneut starrte der kleine Dämon stur auf sein inzwischen arg verknittertes Hosenbein und war froh, dass er das Schlimmste hinter sich hatte. Erst einige Zeit später traute er sich wieder zu Yume aufzusehen. Der Silberhaarige sah ziemlich betroffen aus, irgendwie sogar ein bisschen geschockt und das konnte Lano sich nun überhaupt nicht erklären, denn Yume hatte doch angedeutet, dass er noch keinen Sex gehabt hatte. Oder hatte er nur das Wort an sich nicht verstanden? Oh Gott… dann hatte sich vielleicht ganz umsonst so abgerungen… Trotz seiner Verlegenheit, fand er das Verhalten von Yume komisch. Unsicher wedelte er mit einer Hand vor dessen Augen herum, aber der andere reagierte nicht. »Hey, Yume? Was hast du denn?« Auf einmal machte Lano sich unglaubliche Sorgen, stellte sich auf die Knie und packte Yume bei den Schultern, wobei er ihn leicht schüttelte. »Hey… komm schon… Mach keinen Scheiß!« Plötzlich zuckte Yume zusammen und Lano atmete auf. »Man ey… du hast mir echt einen Schreck eingejagt! Mach das nie wieder!«, sagte Lano und sein Blick war immer noch ängstlich. »Hast du dich an was erinnert, hm?«, fragte er dann etwas ruhiger und ließ sich neben Yume auf die Decke gleiten, schloss den anderen Jungen sanft in seine Arme, weil er instinktiv spürte, dass dieser jetzt Nähe brauchte. Die Zeit verstrich und Lano fand sich schon damit ab, dass er wohl nie eine Antwort bekommen würde, was das eben Passierte anging, obwohl ihn schon interessierte, an was sich Yume erinnert hatte. Wohl nichts Gutes. Deswegen drängte er den anderen auch nicht, sondern akzeptierte es einfach. Dann griff Yume allerdings zum Schreibzeug und teilte Lano auf diesem Wege mit, an was er sich zurückerinnert hatte. »Oje… ich hab schon immer gemerkt, dass Vince ziemlich gemein ist, aber dass er dir damals so was angetan hat… und das in Davons Anwesenheit…« Lano schüttelte den Kopf. Zum Glück war Davon damals aus seiner Ohnmacht erwacht, sonst hätte Vince seinem Freund bestimmt noch schlimmere Dinge angetan. »Sei froh, dass er dich nur mit seinen Fingern traktiert hat und dich nicht vergewaltigt hat…«, murmelte der kleine Dämon und legte den Kopf auf Yumes Schulter. »Ich glaube Davon würde dich nie so behandeln…«, rutschte ihm sein Gedanke so heraus und sofort versteifte sich Yume, das konnte er deutlich spüren, weil er dem anderen so nahe war. Sofort sah er zu dem Silberschopf auf, doch dieser hatte sein Gesicht abgewandt und rutschte ein Stück von ihm weg. »Bitte, Yume… ich weiß, er war auch gemein zu dir, aber nur weil er dachte, dass du ihn verraten hast«, versuchte Lano die Wogen wieder zu glätten, merkte aber ziemlich schnell, dass er mit diesen Worten bereits ins nächste Fettnäpfchen getreten war. Jetzt sah Yume ihn ziemlich wütend an, kritzelte schnell etwas auf einen Zettel und warf ihn Lano hin. Dieser griff sofort danach und las sich die wenigen Zeilen durch. »Ja… du hast Recht. Er hätte dich erst fragen sollen, was passiert ist, aber…« Ein lautes Klappern unterbrach seine Worte. Yume hatte absichtlich das Spielbrett mit den Figuren umgeworfen, sprang auf und hielt sich die Ohren zu, während er sich von ihm entfernte. Kopfschüttelnd sah Lano dem anderen nach und seufzte schwer. So war das bisher jedes Mal gewesen, wenn das Gespräch auf Davon kam und Lano ihn ein wenig verteidigen wollte. Yume wollte davon nichts hören, das war ihm schon klar, aber es konnte doch nicht ewig so weiter gehen, dass die beiden sich aus dem Weg gingen. Das tat Davon nämlich, seit er gemerkt hatte, dass Yume wenigstens halbwegs entspannt war, wenn er nicht in der Nähe war. Und Yume reagierte überhaupt nicht auf Davon, zeigte ihm die kalte Schulter und nahm nicht einmal etwas zu Essen von dem Dämon an. Lano war bereits einige Male unfreiwillig Zeuge von so einer Situation geworden und er hatte sich jedes Mal sehr unwohl gefühlt. Einmal hatte Davon den Silberschopf angefasst und da war Yume völlig durchgedreht, hatte sich so lange gewehrt und gestrampelt, bis der Mann ihn wieder losgelassen hatte. Für Lano war es einer der schrecklichsten Momente gewesen, weil er irgendwo beide Seiten verstehen konnte. Yume hatte vollkommen sein Vertrauen in Davon verloren und reagierte entweder mit Ignoranz oder Abwehr. Davon hingegen versuchte sich auf jede erdenkliche Art und Weise zu entschuldigen, wurde sogar seinen Prinzipien untreu und war das letzte Mal sogar vor Yume niedergekniet, um ihn dazu zu bewegen in seiner Gegenwart etwas zu Essen. Würde sein Herr den Silberschopf nicht unglaublich lieben, hätte er das sicher nicht getan und Lano machte es das Herz schwer die beiden so leiden zu sehen. Denn Davon aß kaum noch etwas und in Yumes ausdrucksstarken Augen konnte er oft den Schmerz erkennen, den der Kleine im Herzen trug. Traurig sah er den Silberschopf an, der mit dem Rücken zu ihm an einem etwas entfernteren Baum lehnte. Die schmalen Schultern zuckten, was darauf schließen ließ, dass er weinte. Eigentlich hatte er Yume noch nie weinen gesehen, aber die geröteten Augen, die er morgens meistens hatte, zeugten davon, auch wenn der andere ihm gegenüber größtenteils ein Lächeln zeigte, was er bei Davon nie tat. Lano seufzte. Sollte die ganze Situation denn so ausweglos sein? Gab es überhaupt keine Hoffnung mehr für seinen Herrn und Yume? Dabei spürte er doch, dass Yume noch genauso Gefühle für den Fürsten hatte, sonst würde er auch nicht so leiden. Langsam stand Lano auf und ging zu dem anderen Jungen, trat hinter ihn und legte ihm seine Hände tröstend auf die Schultern. »Hey… bitte, nicht weinen. Davon wird es doch auch nicht besser, hm? Warum unterhältst du dich nicht einfach mal mit Davon, so wie du es mit mir machst? Vielleicht versteht ihr euch dann ein bisschen besser… weißt du… er leidet genauso wie du…«, wagte sich Lano noch einmal, auch wenn es vielleicht nicht klug war mit dem anderen in diesem Zustand darüber zu reden. Offensichtlich war Yume aber empfänglicher für seine Worte als gedacht, denn er rannte nicht weg, sondern schlug die Hände vors Gesicht und weinte richtig los, rutschte mit dem Rücken am Baumstamm hinab und zog die Beine an den Körper, um sich möglichst klein zu machen. Sofort ließ Lano sich neben dem anderen nieder, zog ihn ein Stück in seine Arme und tröstete ihn so gut er konnte. Es war wohl nur eine Frage der Zeit gewesen, bis es zu diesem Ausbruch kam. Lano wünschte sich so sehr, dass die beiden endlich ihre Ruhe und ihr Glück fanden. Wäre nur dieser gemeine Verräter Vince nicht gewesen, dann stünden die Dinge nun mit Sicherheit ganz anders! *** »Verdammt!« Verbittert schlug Davon mit der Faust auf seinen Schreibtisch, sodass die lockeren kleinen Sachen auf der Platte ein Stück hochflogen, um gleich darauf wieder klirrend auf dem Tisch zu landen. Frustriert fuhr er sich mit einer Hand durch die Haare. Er konnte sich überhaupt nicht konzentrieren… und das schon seit Tagen. Sein Kopf schmerzte und Davon rieb sich mit den Fingern die Schläfen, um wenigstens ein bisschen Entspannung zu finden. Es lag mitunter daran, dass er in letzter Zeit viel zu wenig schlief. Einerseits konnte er nicht schlafen, andererseits bestand Nachts die einzige Möglichkeit Yume nahe zu sein, ohne das der Kleine vor ihm zurück wich oder ängstlich reagierte. Außer Nachts hielt Davon sich nämlich so gut es ging von Yume fern, seit ihm klar geworden war, dass der Junge seine Anwesenheit als qualvoll empfand. Sein einziger Trost war, dass Lano dem Kleinen wenigstens ein Freund geworden war und Yume sich dem anderen einigermaßen anvertraute. Davon konnte Davon wohl in den nächsten Jahren nur träumen, so wie die Dinge standen. Seufzend starrte er auf seine Hände, die er auf die Tischplatte gelegt hatte und dachte nach. Es musste doch irgendetwas geben, was er tun konnte, um Yumes Vertrauen wieder zu gewinnen. Vielleicht würde der Silberschopf sich über ein Geschenk freuen? Über den kleinen Drachen damals war Yume überglücklich gewesen, erinnerte er sich und die Idee, die ihm plötzlich in den Sinn kam, fand er gar nichts so schlecht. Er hatte sich bereits so viele Gedanken gemacht, dass er nun erst einmal zur Tat schritt. Gegen Abend betrat er das große Schlafzimmer, das er nun fast vollständig Yume überlassen hatte. Zu dieser Zeit war der Junge meistens schon wieder aus dem Garten zurück, auch wenn es noch lange nicht dunkel geworden war. Suchend sah Davon sich um und fühlte sich wie ein kleiner Junge, der seiner Angebeteten das erste Mal seine Liebe gestand. Dieses Gefühl war vollkommen neu für ihn, weil er bisher für niemanden außer Yume je solche Gefühle empfunden hatte. Unsicher warf er einen Blick auf das Kästchen in seiner Hand. Ob es Yume gefallen würde? Er hoffte es. Nachdem er den Raum halb durchquert hatte, erblickte er Lano und Yume auf dem Balkon und blieb stehen, weil er die Beiden nicht gleich stören wollte. Da er recht nahe stand, hörte er Lano reden und war erstaunt über das, was ihm zu Ohren kam. Soweit er das richtig verstand, gab der Kleine Yume doch tatsächlich Hinweise, wie er am besten ein »Gespräch« mit ihm, also Davon, anfangen konnte. Sollte Yume sich ihm tatsächlich wieder nähern wollen? Davon konnte das kaum fassen und war hin und weg, denn plötzlich durchströmte ihn ein wunderbares Glücksgefühl. Wie sehnsüchtig hatte er auf diesen Moment gewartet? Augenblicklich schlug sein Herz schneller und er leckte sich nun noch nervöser über die Lippen, bevor er sich schließlich durchrang und langsam auf die beiden Jungen zutrat. Lano bemerkte ihn zuerst, stockte kurz, bevor er seinen Satz zu Ende sprach und dadurch bemerkte Yume seine Anwesenheit ebenfalls und drehte sich um. Sofort verschwand der entspannte Ausdruck von den hellen Zügen, was Davon ein Seufzen entlockte, doch er ließ sich davon nicht entmutigen. »Herr..?« Lano glitt vom Balkongeländer, auf dem er bis eben noch gesessen hatte und deutete eine leichte Verbeugung an, bevor er zweifelnd begann auf seiner Unterlippe herum zu kauen, immer wieder den Blick zwischen Davon und Yume wechselnd. »Möchtet ihr allein mit Yume reden?«, fragte Lano und Davon wollte gerade nickend zustimmen, als Yumes kleine Hand nach Lanos Arm griff und der Silberschopf vehement den Kopf schüttelte. Er sah den kleinen Dämon bittend, ja fast schon flehendlich an, sodass es Lano ziemlich unangenehm war derartig zwischen den beiden zu stehen. Er saß damit in einer ziemlichen Zwickmühle, denn er wollte eigentlich nicht dabei sein, wenn die Zwei ihre Angelegenheiten klärten. Meistens endete das in einem Desaster und er hatte innerlich darauf gehofft weggeschickt zu werden. Aber nun… nachdem Yume sich praktisch an ihm festklammerte, das es schon ein wenig weh tat, wo die zierliche Hand seinen Arm umklammerte, würde Davon ihm sicherlich erlauben zu bleiben. Und so kam es dann auch. »Bleib ruhig hier…«, gab er Yumes Wunsch nach, auch wenn er wirklich lieber allein mit ihm gewesen wäre. Aber vielleicht half ja Lanos Anwesenheit dabei, dass er dem Kleinen wieder etwas näher kam als es die Woche zuvor bisher der Fall gewesen war. Nichts desto trotz fühlte Davon sich immer noch furchtbar unsicher. Ein Weilchen blickte er Yume nur an. Der Junge hatte sich wirklich gut erholt, wenn man bedachte, wie schlecht es um ihn gestanden hatte. Die hellen Wangen hatten von der Sonne sogar ein bisschen Farbe bekommen, dachte er für sich. Dennoch schaute Yume ihn immer noch nicht an, sondern hatte den Kopf zur Seite gewand und ignorierte ihn genauso, wie bei jedem anderen Mal zuvor auch. Schließlich fasste sich Davon, nachdem er sich noch einmal innerlich Mut zugesprochen hatte. »Also… du siehst schon viel besser aus…«, sagte er und biss sich auf die Lippe. Das hatte er überhaupt nicht sagen wollen. Nervös spielten seine Finger mit der kleinen Schatulle. »Hier.. für dich…« Er reichte sie dem Silberschopf langsam. »Ich habe das beim Aufräumen gefunden und naja... gedacht, dass es dir vielleicht gefällt…« Unsicher lächelte er Yume an. Es stimmte zwar nicht, dass er die Perlen gefunden hatte, aber das war ja auch nicht so wichtig. Er wollte Yume ein kleines Geschenk machen und da waren ihm gleich diese Perlen in den Sinn gekommen. Davon hatte das Kästchen extra aus der Schatzkammer geholt. Diese Perlen waren etwas ganz besonderes, denn sie konnte je nach Gemütszustand desjenigen, der sie berührte ihre Farbe ändern. Sie waren sehr selten und einer Sage nach wurden sie in ganz speziellen Blüten »geboren«. Die besagten Pflanzen wuchsen nur in Gipfelnähe von Bergen, die sehr schwer oder überhaupt nicht zugänglich waren. Laut den Erzählungen gab es auch jedes Jahrzehnt nur eine einzige. Misstrauisch und ängstlich beäugte Yume das dargereichte Kästchen. Sein Blick wechselte mehrmals zwischen dem Gesicht des Dämons und der Schatulle hin und her, bevor er sich zusammenriss, seine Furcht überwand und es Davon abnahm, jedoch so, dass er diesen dabei ja nicht aus Versehen berührte. Generell mied er jeden Kontakt zu dem anderen. Es war nicht so, dass er nur Angst ihm gegenüber empfand, sondern weil er sich innerlich immer noch viel zu sehr zu Davon hingezogen fühlte, sich nach der Wärme sehnte, die dieser immer ausstrahlte, nach der Geborgenheit der starken Arme und Yume befürchtete, dass seine Sehnsucht danach mit jeder Berührung größer werden würde, sodass er irgendwann doch nachgeben würde. Davor hatte er Angst… aber vor allem fürchtete er sich davor wieder zu vertrauen. Er hatte Angst, dass sein Vertrauen erneut enttäuscht wurde… und dann war da noch etwas in ihm. Etwas Neues, was er sich überhaupt nicht erklären konnte. Und gerade jetzt spürte er es wieder stärker in sich. Dann bemerkte er die Blicke der anderen beiden auf sich und wurde dadurch aus seinen Gedanken gerissen. Yume schluckte und senkte die Lider, schaffte es jedoch ein Zittern zu unterdrücken, welches ihn sonst immer überkam, wenn Davon ihm derartig nahe war. Auch den Fluchtinstinkt, der ihn jedes Mal ergriff, schaffte er einigermaßen zu unterdrücken. »Na los… mach es doch mal auf…«, hörte er leise Lanos Stimme neben sich und der kleine Dämon beugte sich neugierig zu ihm heran. Yume ließ es zu. Er war zwar auch gespannt, was in dem hübschen Kästchen drin war, aber eigentlich hatte er vorgehabt es erst einmal noch nicht zu öffnen. Doch er gab Lanos und seiner Neugier schließlich nach, obwohl es ihm reichlich unangenehm war, so vor Davon zu stehen. Deshalb trat er auch zurück zum Balkongeländer, um ein bisschen Abstand zu dem anderen zu haben. Dort stellte er das Kästen aufs der breiten Geländerfläche ab und suchte den Mechanismus zum öffnen. Lano war ihm gefolgt, stützte sich neugierig mit den Ellenbogen auf dem Geländer ab und hatte sich ganz weit vorgebeugt, um auch ja nicht zu verpassen, wie Yume das Kästchen öffnete. Langsam klappte Yume den fein geschnitzten Deckel zurück und war im ersten Augenblick fasziniert. Die Perlen funkelten silbrig im restlichen Sonnenlicht des Abends und er wollte gerade eine Hand danach ausstrecken, als plötzlich dieses seltsame Gefühl in seinem Inneren explodierte. Yumes Augen verengten sich von einer Sekunde auf die andere zu schmalen Schlitzen. Wie in Zeitlupe drehte er sich zu Davon um, der ihn erwartungsvoll ansah und warf ihm einen teils abschätzigen, teils verletzten Blick zu, während er blind nach dem Kästchen griff, es über das Geländer hielt und langsam ankippte, sodass eine Perle nach der anderen in die Tiefe fiel. Als die letzte Perle gefallen war, ließ er auch das Kästchen los. Sowie das edle Holz seinen Fingern entglitten war, durchströmte ihn eine Flut an Gefühlen, die alle überhaupt nicht wirklich greifbar waren. Dennoch fühlte Yume sich verletzt, traurig, niedergeschlagen… es tat fast so weh, wie Davons Demütigungen damals. Was hatte sich der andere eigentlich bei seinem Geschenk gedacht?, raste ihm die Frage durch den Kopf. Wollte er ihn etwa mit hübschen Geschenken bestechen? Dachte er, dass er käuflich war und sich auf diese Weise einwickeln ließ? Unmerklich schüttelte Yume den Kopf, biss sich auf die Unterlippe, um durch den leichten körperlichen Schmerz seine Tränen zurück drängen zu können, die ihm in die Augen traten und ihm die Sicht verschwimmen ließen. Dann verflüchtigte sich dieses komische Gefühl der Selbstsicherheit wieder und Yume fühlte sich noch schlimmer als vorher, schlang die Arme um seinen schmalen Körper und begann nun doch zu zittern. Er konnte überhaupt nicht begreifen was er da eben getan hatte. Auf einmal hatte er sich so stark und selbstbewusst gefühlt… was passierte nur mit ihm? Er verstand das nicht und war wieder völlig verunsichert. Lano, als auch Davon hatten dem Geschehen geschockt zugesehen. Der kleine Dämon fasste sich zuerst wieder. »Yume… meine Güte… warum… hast du das gemacht…«, kam die geflüsterte, fast atemlose Frage über Lanos Lippen und der Kleine schluckte schwer. Sein Blick wanderte zweifelnd zwischen Yume und Davon hin und her. Sein Herr stand immer noch erstarrt und wie angewurzelt da, während Yume, die plötzlich rebellische Haltung wieder verlassen hatte. Vielmehr erschien der Silberschopf selbst ganz verstört über seine Handlung zu sein und hatte stark zu zittern begonnen. Yumes ängstlich geweitete goldene Augen lagen auf Davon, dessen Kiefer bereits gefährlich aufeinander malmten. Der Dämon hatte die Hände zu Fäusten geballt und eine unheimliche Ausstrahlung ging von ihm aus. Die unterdrückte Wut des Dunkelhaarigen lag fast schon greifbar in der Luft und Lano konnte nicht verhindern, dass ihm ein kalter Schauder über den Rücken lief. Er presste die Lippen aufeinander, warf einen Blick auf Yume, der völlig in sich zusammen gesunken wirkte und stellte sich schließlich nach einigem Zögern gebeugt vor den Silberhaarigen. »Bitte, Herr… er hat es sicher… nicht so gemeint«, versuchte der Kleine die angespannte unangenehme Situation wenigstens ein bisschen zu entschärfen. Er traute sich gar nicht Davon anzusehen, so wie dieser vor Wut kochte. Einen Wimpernschlag später wurde er jedoch grob bei Seite geschoben. Schmerzvoll keuchte er auf, da Davon seine Kraft anscheinend überhaupt nicht unter Kontrolle hatte und musste erschreckt mit ansehen, wie Davon Yume hart am Hemdkragen packte und ihn zähnefletschend zu sich heran zog. Ohne zu überlegen, drängte sich Lano in einer Kurzschlussreaktion zwischen Davon und Yume, hängte sich an den stahlharten Arm seines Herrn und sah diesen so flehendlich an, wie er konnte. »Nicht… bitte… beruhigt euch…«, redete er panisch auf Davon ein. »Wenn ihr ihm jetzt weh tut, brecht ihr euer Versprechen«, erinnerte er seinen Herrn geistesgegenwärtig, obwohl er innerlich vor Angst schlotterte. Oh Gott… wenn Davon jetzt die Beherrschung verlor, zerstörte er auch noch das letzte bisschen Zuneigung, das Yume noch für ihn empfand. Ein dunkles gefährliches Knurren drang aus Davons Kehle, als er Lanos Worte vernahm und sein Blick war so finster wie die Nacht. Aber nicht nur Wut schwelte in ihm, sondern auch abgrundtiefe Enttäuschung. Er war von Yumes Reaktion verletzt. Mehr, als er bereit war sich einzugestehen. Mit jeder Perle, die aus dem Kästchen gefallen war, hatte er sich gefühlt, als stieße der andere ihm ein Messer in die Eingeweide und das hatte ihn ein Stück weit die Beherrschung verlieren lassen. Noch nie hatte ihn jemand derartig behandelt, hatte es gewagt ihm offenkundig seine Abneigung zu zeigen und aus diesem Grund war so etwas wie eine Sicherung bei ihm durchgeknallt. Für einen kurzen Moment, in dem sich sein Blick wieder einigermaßen normalisierte, starrte er Lano an. Der Kleine hatte Recht. Darüber wurde er sich erst einige Sekunden später bewusst und er dankte einer höheren Macht dafür, dass der Junge hier geblieben war und den Mut besessen hatte, sich ihm in den Weg zu stellen. Sonst hätte er womöglich eine ziemliche Dummheit begangen und es später schmerzlich bereut. Abrupt löste er seine Finger von Yumes Kragen und zog sich ruckartig zurück. Yume stolperte ebenfalls sofort zurück, ging auf Abstand und sank neben dem Balkongeländer schluchzend auf die Knie, während er sich an die leicht gequetschte Haut am Hals fasste. Davon schloss die Augen, weil ihm dieser Anblick durch und durch ging und unglaublich weh tat. »Es… tut mir leid…«, presste er mit erstickter Stimme hervor, bevor er sich umdrehte und fluchtartig den Raum verließ. *** »Was ist denn los? Du siehst so niedergeschlagen aus…«, bemerkte Heron. Er war gerade ins Zimmer gekommen, aber heute Abend begrüßte ihn Lano nicht wie sonst, was in seinen Augen schon sehr verwunderlich war. Mit schweren Schritten trat der große Dämon ans Bett, auf dem der Junge nach wie vor im Schneidersitz auf den Decken saß und den Kopf hängen ließ. »Hey…« Er setzte sich neben Lano und schaute ihm von der Seite prüfend ins Gesicht. Es musste definitiv etwas vorgefallen sein, denn so mitgenommen hatte er den Kleinen bisher noch nie zu Gesicht bekommen. Sanft legte er ihm einen Arm um die Schulter und zog ihn zu sich heran. Sofort kuschelte Lano sich an seine Brust, klammerte sich regelrecht daran fest und machte sich ganz klein. Darüber war Heron ebenfalls verwundert. Das hatte der Kleine noch nie gemacht. Er hatte bereits viel über Lanos Charakter gelernt. Der Junge war eigentlich eine Frohnatur und obwohl er sehr mit seinem neuen Freund mitfühlte, hatte er sich davon bisher nicht allzu sehr beeinflussen lassen. Oder Heron hatte es nicht mitbekommen. Allerdings war er ein guter Beobachter und hatte bis jetzt nicht das Gefühl gehabt, dass Lano sich von den Problemen, die es zwischen Davon und seinem Jungen gab, herunterziehen ließ. Leise seufzte er und strich dem Kleinen sanft über den Kopf. »Willst du mir erzählen, was passiert ist?«, fragte er einfühlsam, aber nicht drängend, denn er würde es auch akzeptieren, wenn Lano nicht über das Vorgefallene sprechen wollte. Tatsächlich hüllte sich der Kleine eine ganze Weile in Schweigen. Beruhigend streichelte Heron über den schmalen Rücken und spürte deutlich, wie ein Schaudern durch den schlanken Körper ging. Leicht vergrub er seine Nase in Lanos weichem Haar und atmete den lieblichen Duft ein, der in schon regelrecht süchtig gemacht und den er von Anfang an geliebt hatte. Plötzlich drückte sich Lano von seiner Brust ab, leckte sich über die Lippen und sah kurz zu ihm auf. Es lag so viel Unsicherheit in diesem Blick, dass Heron sich immer intensiver fragte, was eigentlich geschehen war. Schließlich begann Lano zu sprechen. Zwar ganz leise und etwas stockend, aber es reichte aus, dass Heron sich ein Bild davon machen konnte. Es schien wirklich eine ziemlich verzwickte Situation zu sein. Er kannte Davons Jungen zwar nicht persönlich, aber dafür gab es so allerlei Gerüchte. Und auch Lanos Erzählungen nach, hatte er bisher den Eindruck gehabt, dass es sich bei Yume eher um eine ruhige, schüchterne und in sich gekehrte Person handelte. Dazu passten die Reaktionen, die Lano ihm eben geschildert hatte, überhaupt nicht. Normalerweise zog Heron sich nicht andere Schuhe an, aber diesmal war auch jemand betroffen, den er beschützen wollte… nämlich Lano! Und es ging ihm unglaublich nahe, den Kleinen so traurig zu sehen. Er war zwar kein Hellseher, aber er glaubte auch zu spüren, dass das noch nicht alles war. Es gab noch etwas, was den Jungen bedrückte. Allerdings hatte er keine Ahnung, ob es klug war, das jetzt auch noch anzusprechen. Nach einigem hin und her überlegen, tat er es dann aber doch. »Lano, Kleiner…« Seine Stimme war sanft, als er einen Finger unter das Kinn des Kleinen legte und ihn so zwang den Kopf zu heben und ihn anzusehen. »Gibt es da vielleicht noch etwas, was du mir sagen, oder worüber du mit mir reden möchtest?« Lano empfand es als Erleichterung dem anderen seine Sorgen mitteilen und sie sich so von der Seele reden zu können. Dennoch war er überrascht, als er nach einer ganzen Weile genötigt wurde aufzusehen und die Frage vernahm. Herons Blick ging ihm durch und durch. Seine Augen weiteten sich und er starrte den großen Dämon überrumpelt an. Woher…? Woher wusste der andere das? War ihm sein Kummer so deutlich anzusehen, was ihre Beziehung anging? »Ich… also… es ist...« Nichts. Er wollte sagen es sei nichts, doch das stimmte nicht. Lano senkte die Lider und drehte den Kopf zur Seite, kaute unsicher auf seiner Unterlippe herum. Er hatte doch überhaupt nicht den Anschein erwecken wollen, dass irgendwas nicht in Ordnung war, oder dass er unzufrieden war. Warum nur musste Heron das gerade jetzt merken? Der Kleine seufzte. Es war ihm peinlich über diese Dinge zu sprechen und seine Wangen bekamen schon jetzt eine überaus gesunde Farbe, als er nur daran dachte. »Ich…«, versuchte er es noch einmal, weil Heron ihn nach wie vor erwartungsvoll musterte. »Ich hab mich nur gefragt, ob… ob du mich noch magst, oder ob du mich überhaupt willst… weil, na ja… bisher ist ja gar nichts passiert... zwischen uns, mein ich…«, fügte er die letzten Worte noch an, weil er sich doch recht undeutlich ausgedrückt hatte. Verlegen spielten seine Finger mit einem Zipfel der Bettdecke und er war total nervös. Aufmerksam hörte Heron zu, was der Kleine von sich gab und war gleichzeitig entrüstet und ein wenig belustigt darüber. Als Lano geendet hatte, zog er den Jungen wieder an seine Brust und knuddelte ihn, bevor er ihn an den Schultern fasste und eine Armeslänge von sich weg hielt. »Lano… ich hab noch nicht mit dir geschlafen, weil ich dachte wir lernen uns erst mal richtig kennen, hm? In einer Beziehung kommt es doch nicht nur auf den Sex an. Eine Beziehung macht viel mehr aus, meinst du nicht?«, erklärte er und schmunzelte, als der Kleine ganz rot um die Nase wurde und verlegen zur Seite blickte. »Du bist mir Einer… hast du wirklich gedacht ich mag dich nicht, weil ich dich noch nicht genommen habe?«, fragte er und schüttelte lächelnd den Kopf, als der Junge zur Bestätigung noch röter im Gesicht wurde. Sanft zog er ihn wieder an sich und kraulte den Kleinen im Nacken. Er hatte herausgefunden, dass Lano dies über alles liebte und sogleich fing der junge Dämon an zu Schnurren, so sehr gefiel es ihm. Heron konnte noch immer nicht glauben, dass Lano aus diesem Grund derartig verzweifelt gewesen war. Aber übel nehmen konnte er es dem Jungen wohl nicht, denn anscheinend hatte er bisher keine anderen Erfahrungen gesammelt. Aber genau deswegen wollte er anders mit ihm umgehen, ihm zeigen, dass er ihn nicht nur wegen seinem Körper begehrte, sondern auch wegen seiner Sanftmütigkeit, dem scheuen Lächeln, wegen seiner lebhaften Art zu erzählen und gerade hatte er wieder eine neue Seite an dem Kleinen entdecken dürfen, die er ebenfalls äußerst niedlich fand, nämlich Lanos Verlegenheit. Und all das zählte er dem anderen auch auf, damit dieser mitbekam, wie Heron über ihn dachte. Nach Herons tiefgründiger Erklärung, warum er ihn bisher nicht angerührt hatte, schlug dem Kleinen das Herz bis zum Hals und er war total verlegen. Ein dicker Kloß hatte sich in seiner Kehle gebildet und er war richtig gerührt, denn so nette Worte hatte ihm bisher noch niemand gesagt. Andererseits kam Lano sich irgendwie oberflächlich vor. Was musste der andere denn nun von ihm halten? Der kleine Dämon grämte sich deswegen ein bisschen und war hin und hergerissen, ob er sich Heron nun in die Arme werfen oder lieber ein wenig auf Abstand gehen sollte. Er war so leicht zu verunsichern, weil er noch nie solche Gefühle gehabt hatte und deswegen alles richtig machen wollte. Aber leider schien es jedes Mal nach hinten loszugehen. Heron merkte natürlich, wie gedankenverloren der Kleine war und gab ihm Zeit seine Gedanken zu sammeln. »Lassen wir es doch einfach auf uns zukommen, hm? Wir müssen ja nichts überstürzen und ich glaube es wäre nicht gut in deinem jetzigen Zustand, wo dich so viele Sachen belasten etwas zu übereilen«, gab Heron zu bedenken, strich dem Kleinen noch einmal sanft über die Wange, bevor er vom Bett aufstand und ins angrenzende Badezimmer ging. Den ganzen Tag hatte er auf einem Pferd verbracht und danach roch er auch. Das Lano sich darüber nicht beschwert hatte, zeigte deutlich, wie sehr er mit seinem Kopf woanders war. Heron seufzte. Wenn es jetzt mit Davon und seinem Jungen schon soweit war, dass Lano sich psychisch nicht mehr entspannen konnte, dann musste etwas passieren. Morgen würde er mit Davon reden, denn er wollte auf keinen Fall, dass sein Kleiner noch mehr unter dieser Situation litt, wie er es jetzt offensichtlich bereits tat. Damit war für ihn dieses Thema erst einmal abgehakt. Heron duschte ausgiebig, seifte sich ordentlich ab und schlang sich danach einfach ein Handtuch um die Hüften, bevor er das Badezimmer wieder verließ. Automatisch wanderte sein Blick zuerst zum Bett. Er hatte schon befürchtet Lano würde immer noch deprimiert dort sitzen, doch dem war zum Glück nicht so. Anscheinend hatte sein Kleiner sich gefangen und wie es aussah war Lano in der Zeit, wo er duschen gewesen war, runter in die Küche gegangen, um Abendbrotessen zu holen. Gerade war der Junge damit beschäftigt den schmalen Tisch zu decken, den er am zweiten Tag seines Einzugs zum Esstisch auserkoren hatte. Bis dato hatte Heron diesen immer als Ablage für seine noch einigermaßen sauberen Sachen genutzt. Er wusste auch nicht, wie Lano es schaffte, aber seit der Kleine bei ihm lebte, war dieses sonst dauerhaft herrschende Chaos allmählich verschwunden. Zum Aufräumen hatte Heron einfach nicht die Zeit und auch keine Nerven. Andererseits hasste er es, wenn irgendjemand fremdes in seinen Sachen herum wühlte. Deshalb, und weil er klar gemacht hatte, dass niemand bei ihm aufzuräumen brauchte, putzte auch keiner bei ihm und da er es selbst auch nicht tat – höchstens in der aller größten Not – sah es auch dementsprechend aus. Auf Lano war er deswegen am Anfang auch nicht sonderlich gut zu sprechen gewesen, hatte aber eingesehen, dass es kein Zustand war und der Kleine, der anscheinend sehr ordnungsliebend war, sich in seinen selbstgebastelten Chaos nicht wohl fühlte. Und Heron musste sich eingestehen, dass ihn ein gewisses Maß an Ordnung – und zwar so, wie es jetzt war – sogar sehr gefiel. Und Lano war schließlich auch kein Fremder. Der leckere Duft, der vom Tisch herüber wehte, ließ seinen Magen erwartungsvoll knurren und das riss Heron aus seinen Gedanken. Lano sah ihn auch schon fragend an, sodass er sich verlegen am Kopf kratzend und mit einem etwas schiefen, entschuldigendem Lächeln umdrehte und zum Schrank ging, um sich schnell anzuziehen. Eine lockere Hose und ein Hemd mussten reichen. Barfuß ging er zum Tisch und setzte sich Lano gegenüber. »Na dann… guten Hunger«, wünschte er, lächelte den Kleinen an, während er schon nach dem Besteck griff und begann schließlich heißhungrig zu essen. Auch Lano nahm sein Besteck, allerdings war er so in Herons Anblick vertieft, dass er das Essen fast vergaß. Die feucht glänzenden schwarzen Haare fielen dem anderen leicht gewellt in die Stirn und Lano hätte am liebsten eine Hand ausgestreckt und sie Heron zurück gestrichen, doch er tat es nicht, weil er den anderen nicht beim Essen stören wollte. Der große Dämon war abends immer besonders hungrig und Lano wusste, weil Heron es ihm erzählt hatte, dass er meist keine Zeit zum Mittagessen hatte. Im Gegensatz dazu verspürte Lano noch nicht einmal richtig Appetit. Doch seit sie zusammen waren, hatte Heron bisher immer darauf geachtet, dass er ordentlich aß. Innerlich seufzend zerdrückte Lano eine Kartoffel in der dunklen Soße und schob sich Gabel um Gabel davon in den Mund. Es schmeckte sehr gut, was seinen Appetit aber trotzdem nicht zu wecken vermochte. »Du isst ja schon wieder wie ein Spatz…«, erklang Herons Stimme leicht tadelnd und Lano senkte beschämt den Blick. »Ich weiß… Aber ich kann am Abend einfach nicht so viel essen«, verteidigte er sich und legte seine Gabel neben den fast noch vollen Teller. Daran konnte auch Heron nichts ändern. Das hatte der andere aber schon mitbekommen, stieß ein Seufzen aus und bedeutete Lano mit einer Geste, den Teller zu ihm rüber zu schieben, denn im Gegensatz zu Lano war er Abends immer besonders hungrig. Und so verdrückte er auch noch Lanos Portion, wobei der Kleine sich jedes Mal wunderte, wo Heron das alles hinaß. *** Langsam legte sich die Dunkelheit wie eine schützende Decke über das Land und die Sterne begannen am wolkenlosen Himmel zu funkeln. Ein leichter Wind wehte um die Türme der Festung und ließ ein leises Surren erklingen, das sich mit den Lauten der nachtaktiven Insekten und Vögel zu einem einzigartigen Lied vermischte. Sitzend an einen der Türme gelehnt, starrte Davon in den Himmel und versuchte für einen Moment all seine Sorgen zu vergessen, all die Selbstvorwürfe, den Schmerz und die Hoffnungslosigkeit, die in seinem Inneren wogten. Die Sache von vorhin, als er Yume das Kästchen geschenkt hatte, wollte ihm jedoch einfach nicht aus dem Kopf gehen. Noch immer fühlte er sich elend und begriff einfach nicht, was er falsch gemacht hatte. Sicher… er hätte nicht ausrasten und dem Kleinen Angst einjagen dürfen. Aber warum hatte der Kleine nur so reagiert? Was war schief gelaufen? Ein schweres Seufzen stahl sich über seine Lippen und Davon schüttelte den Kopf, bevor er das Gesicht für einen Moment in den Händen vergrub. Diese Verzweiflung, die Unwissenheit, was er als nächstes tun konnte, um Yume wenigstens ein bisschen näher zu kommen, treib ihn allmählich in den Wahnsinn. Dabei wünschte er sich doch so sehr, den Kleinen wieder in seine Arme schließen zu dürfen… Kraftlos ließ er die Hände sinken und starrte blicklos in die Dunkelheit. Wie lange er noch so dasaß, wusste Davon nicht, aber irgendwann als es ziemlich kühl wurde, rappelte er sich auf und machte sich auf den Weg zu seinen Gemächern. Er hatte beschlossen noch einmal mit Yume zu reden. Er wusste zwar nicht wofür, aber er wollte sich entschuldigen für das was er falsch gemacht hatte und vielleicht – so viel Hoffnung besaß er noch – vielleicht hörte Yume ihm ja diesmal zu. Er hatte gerade die Treppe zur Festungsmauer hinter sich gelassen, als eine Wache direkt und ziemlich hektisch auf ihn zukam und ihn damit aus seinen trüben Gedanken riss. »Herr… wir.. es gibt ein Problem!«, berichtete der Mann stockend und sofort stellten sich Davons Nackenhaare warnend auf. Ein ungutes Gefühl breitete sich in ihm aus und er knirschte mit den Zähnen. Verdammt noch mal… gab es nicht einen Tag an dem mal nichts schlimmes passierte? »Erzähl schon, was ist los?«, knurrte er den Wachmann an und seine Laune wurde gleich um einige Nuancen schlechter. Sicher konnte sein Gegenüber nichts dafür, doch seine Nerven waren heute schon genug strapaziert, da brachte er es nicht mehr fertig nett und verständnisvoll zu sein. »Wir wissen nicht, wie das passieren konnte, aber Vince, euer ehemaliger Drachenmeister…« »Was ist mit ihm?«, fuhr Davon ungeduldig dazwischen und er ahnte Böses. »Er ist… verschwunden…« Der Schock stand ihm ins Gesicht geschrieben und Davon war für einen Augenblick erstarrt, bevor grenzenlose Wut in ihm aufkochte und er ohne weiter zu zögern hinunter in die Kerker stürmte. Tbc… Soo.. wieder ein gemeines spannendes Ende.. aber es wird langsam mit der Handlung ^^ Kapitel 13: ------------ So, zum Herrentag gibts endlich was neues, sodass nicht nur die Herren der Schöpfung sich einen schönen Tag machen können ^^ Mein Dank gilt wie immer den fleißigen Kommitippslern *lächel* *Schälchen mit Bonbons hinstell* Und natürlich nicht zu vergessen.. *taddaaaa* Meiner lieben Beta-Leserin histoi *wuschel* Bin auch diesmal wieder echt mehr als zufrieden ^^ Nu aber viel Spaß mit dem Pitelchen! ***Tempted to touch XIII*** Nachdem Vince` Verschwinden bekannt geworden war, herrschte in der gesamten Festung ein unglaublicher Aufruhr. Niemand, und am wenigsten Davon konnte sich erklären, wie es dazu gekommen war. Selbst wenn es dem Gefangenen gelungen wäre, sich von den massiven Eisenfesseln zu befreien, mit denen er an die Wand gekettet wurde, hätte es ihm niemals möglich sein dürfen, aus den Kerkern zu entkommen. Zumal die Zelle, als auch der Eingang zu den Kellergewölben, noch einmal separat mit Wachposten besetzt gewesen waren. Und es gab nun mal nur einen Ausgang! Zähneknirschend und voller Wut starrte Davon auf die Eisenketten, die noch vor kurzem seinen Gefangenen festgehalten hatten. Ein paar Soldaten und zwei Wachleute standen außerhalb der Zelle, doch es herrschte Totenstille, die nur von dem stetigen Tropfen von den feuchten Wänden in regelmäßigen Abständen durchbrochen wurde. Davon hatte bis jetzt alles ganz genau inspiziert. Angefangen von den Wänden der Zelle, bis zu den Eisenfesseln, vor denen er jetzt hockte. Er hoffte einen Anhaltspunkt zu finden, wie es Vince möglich gewesen war zu entkommen. Die Ketten gaben ein dumpfes Klirren von sich, als er sie anhob, um sie genauer zu untersuchen. Schwer lagen sie in seiner Hand. Der Verschlussmechanismus wirkte leicht verzogen, aber ansonsten unbeschädigt. Versuchsweise legte Davon sich die Handfessel selbst um und stellte fest, dass er sie zwar schließen konnte, aber dadurch, dass beide Seiten gleichmäßig ausgezogen worden waren, war es möglich, seine Hand mit ein bisschen Anstrengung herauszuziehen, ohne die Fessel öffnen zu müssen. Das war schon erstaunlich, wenn man bedachte, dass man eine Menge Energie brauchte, um so massives Eisen derartig zu verformen. Außerdem warf dieser Befund seine Theorie, dass jemand anderes nachgeholfen hatte, erst mal über den Haufen. Zumindest konnte es niemand von seinen Untergebenen gewesen sein, denn die Schlösser waren alle noch ungeöffnet gewesen und die einzigen beiden Schlüssel besaßen der verantwortliche Wachmann und er selbst. Selbigen hatte er bereits vorher schon verhört und dank der Gabe, die ihm sein Drache gegeben hatte, war ihm klar gewesen, dass dieser Mann absolut ehrlich gewesen war, was sich nun noch einmal bestätigte. Dennoch blieb der tatsächliche Fluchtvorgang nach wie vor ein Rätsel, zu dem er so schnell wohl keine Lösung finden würde. Mit einem finsteren Blick warf Davon die Ketten zurück auf den Boden, sodass ein schweres Rasseln ertönte. Dann erhob er sich aus seiner hockenden Position und drehte sich zu seinen Untergebenen um. »Du kannst beruhigt sein, Larras. Deine Aussage hat sich bestätigt. Du hast nichts mit der Flucht des Gefangenen zu tun«, entlastete er den Wachmann vor allen anderen und die Anspannung der kleinen Truppe lockerte sich ein wenig, alle atmeten erst mal auf. »Aber nichts desto trotz gab es offensichtlich jemanden, der Vince` Verschwinden unterstützt hat.« Nun herrschte wieder angespanntes Schweigen, obwohl jeder einzelne der Männer sich darüber im Klaren war, dass Vince es niemals aus eigener Kraft geschafft hätte aus dem Kerker zu verschwinden, so geschwächt wie dieser von den täglichen Behandlungen ihres Herrn gewesen war. »Untersucht den gesamten Kerker auf geheime Ein- bzw. Ausgänge«, befahl er den Soldaten und Wachleuten. Die Festung lag bereits Jahrhunderte lang in den Händen seiner Familie und vielleicht gab es entgegen dem Wissen, das ihm sein Vater übergeben hatte, doch irgendwelche unterirdischen Tunnel oder Gänge, die mit dem Kerker in Verbindung standen. »Und wenn ihr jeden Stein einzeln abtasten und untersuchen müsst.. es muss etwas zu finden sein!« Die letzten Worte hatte er mehr zu sich selbst gesagt, als zu den Männern. Hart ballte Davon die Hände zu Fäusten und sein Blick wirkte im flackernden Schein der Fackeln so finster, dass die anderen Dämonen ehrfürchtig zurücktraten und ihrem Herrn unverzüglich den Weg frei machten, als dieser sich gen Ausgang aufmachte. In der großen Halle, als auch auf dem Plateau, sowie auf den Festungsmauern und Wachgängen bewegten sich unzählige Soldaten. Überall wurde nach Vince gesucht. Fest presste Davon die Lippen aufeinander, während seine zu schmalen Schlitzen verengten Augen die Umgebung durchmusterten. So sehr sie auch suchten… tief in seinem Inneren ahnte Davon bereits, dass es aussichtslos war Vince zu finden. Dieser Mistkerl – wie auch immer er es geschafft hatte sich zu befreien – wäre nicht so dumm länger als nötig in der Festung zu bleiben. Suchtrupps waren ebenfalls aufgebrochen und kämmten die nähere Umgebung nach diesem Verbrecher ab, aber im Endeffekt war es sinnlos, weil niemand sagen konnte, wann Vince ungefähr verschwunden war. Genauso gut konnte es sein, dass dieser Hurensohn schon eine ganze Weile weg war und auch wenn es sich nur um ein paar Stunden handelte… bei so einer Flucht waren Augenblicke essentiell!! Bis in die Morgenstunden wurde die Suche fortgesetzt, die sich zunehmend auf die Drachenreiter konzentrierte, weil sie so größere Distanzen abdecken konnten. In der Festung selbst war kein Erfolg erzielt worden, was Davon von Anfang an als unwahrscheinlich eingestuft hatte. Zuerst kamen die Reiter zurück und ein paar Stunden später die Drachenreiter. Leider ohne Erfolg. Letztendlich brach Davon die Suche ab. Es war zu spät. Dessen war er sich schon vorher bewusst gewesen, aber er hatte es nicht wahr haben wollen. Sein Zorn war inzwischen verraucht und er fühlte sich nur noch niedergeschlagen, während er einen bitteren Nachgeschmack auf der Zunge spürte. Und nicht nur das! Die durch die Anspannung verdrängten Kopfschmerzen wurden ihm nun richtig bewusst, genau wie die bleierne Müdigkeit, die ihm in den Augen brannte, als hätte man ihm Säure hinein gekippt. Zusätzlich ergriff ihn ein unbestimmtes Unwohlsein, das er momentan noch nicht richtig einordnen konnte. Nachdem er hinter vorgehaltener Hand gegähnt hatte, rieb er sich die brennenden Augen, gab einigen Soldaten noch Anweisungen, da noch längst nicht alle Drachenreiter zurückgekehrt waren und zog sich schließlich in sein Schlafgemach zurück. Er war so müde, dass er gar nicht mehr an Yume dachte und ganz automatisch in das falsche Zimmer ging und nicht in jenes, welches er seit letzter Woche allein bewohnte. Erst als er den silberhaarigen zierlichen Jungen zusammengerollt zwischen den Decken erblickte, wurde es ihm bewusst. Allerdings brachte Davon in diesem Moment nicht mehr den Willen auf, noch einmal das Zimmer zu wechseln. Es musste einfach reichen, wenn er sich ganz an den Rand legte. Gähnend und ohne noch einen Gedanken ans Waschen zu verschwenden, sank er auf das Bett und kaum, dass sein Kopf das Kissen berührte, war er auch schon eingeschlafen. *** Die ganze Nacht hindurch wälzte Yume sich unruhig hin und her. Immer wieder tauchten Erinnerungsfetzen von der abendlichen Szene mit Davon in seinen Träumen auf, sodass der Kleine in den frühen Morgenstunden schließlich verschwitzt und mit einem ganz schlechten Gewissen erwachte. Gähnend richtete sich der Junge in den Decken auf und strich sich träge, die langen silbrigen Strähnen aus dem Gesicht, bevor er sich ein wenig desorientiert umsah. Sein kleiner Drache hatte es sich am Kopfende auf einem der dicken Kissen bequem gemacht. Zusammengerollt, machte er keine Anstalten seinem »Herrchen« zu folgen und sich aufzurichten, sondern sah nur aus grün-goldenen Augen zu ihm auf. Yume seufzte, akzeptierte das aber. Immerhin war es noch ziemlich früh und in den letzten Tagen hatte er herausgefunden, dass der kleine Drache ein ziemlicher Langschläfer war. Bis Lano kam, würde es also noch dauern, aber das war Yume ganz recht, auch wenn er den anderen sehr mochte. Er wollte gerade aus dem Bett krabbeln, um ins Badezimmer zu gehen, als er plötzlich den Mann bemerkte, der am äußersten Rand des Bettes lag. Sofort zuckte Yume alarmiert zurück, wurde aber wieder ein bisschen lockerer, als er sah, dass es sich bei dem anderen um Davon handelte. Eigentlich kam ja auch nur er in Frage, schließlich durfte niemand anderes außer Lano diesen Raum betreten, schalt sich der Kleine. Unsicher fasste Yume sich an die Brust und obwohl er auf Abstand gehen wollte, zog ihn doch irgendetwas zu Davon hin. Nervös leckte er sich über die Lippen, während er langsam näher krabbelte. Er war ganz vorsichtig, um den anderen auch ja nicht zu wecken. Als er nah genug war, musterte er Davons Gesicht. Dessen Wangen wirkten ein wenig eingefallen und selbst im Schlaf schien der Dunkelhaarige angespannt zu sein. Yume schluckte und begann unsicher auf seiner Unterlippe herum zu kauen. Warum nur war Davon heute Nacht hierher gekommen? Sonst hatte er sich doch auch immer von ihm fern gehalten? Und was sollte er denn jetzt tun? Den anderen wieder ignorieren? All diese Fragen schwirrten dem Kleinen durch den Kopf, aber er wusste darauf keine Antwort. Aber je länger er Davon betrachtete, desto schlechter fühlte er sich wegen der Sache gestern Abend. Erschrocken zuckte er zusammen, als ihn aus dem Nichts etwas am Unterarm anstupste. Sein Herz setzte einen Schlag aus, bevor es mit doppelter Geschwindigkeit weiter schlug und Yume drehte sich ruchartig um, beruhigte sich aber sofort wieder, als er nur den kleinen Drachen sah, der nun mit seinem Köpfchen gegen sein Knie drückte und ihn anscheinend auffordern wollte sich Davon noch weiter zu nähern. Doch Yume ließ sich nicht drängen. Er vertraute dem Mann immer noch nicht und verspürte nach wie vor Angst. Allerdings erinnerte er sich an das wundervolle Geschenk, das ihm Davon gemacht hatte. Im Schlaf hatte er sich schon sehr damit auseinander gesetzt und im Nachhinein tat ihm seine Reaktion immer mehr leid. In dem Moment, wo er die Perlen über das Geländer gekippt hatte, hatte er so viel Schmerz und Enttäuschung in den dunklen Augen des Mannes gesehen, dass es ihm schon selbst weh getan hatte. Aber durch dieses komische Gefühl war es ihm irgendwie nicht möglich gewesen anders zu reagieren. Dass Davon kurz darauf auf ihn losgegangen war, fand Yume jetzt sogar verständlich, auch wenn er in diesem Augenblick fast gestorben wäre vor Angst. Und das Gefühl danach… das war ebenfalls furchtbar gewesen, obwohl Lano noch da gewesen war und versucht hatte ihn zu trösten, weil er gar nicht mehr aufhören konnte zu weinen. Letztendlich hatte der andere Junge ihn ins Bett gebracht und Yume hatte sich schluchzend in den Decken vergraben. Er wusste gar nicht, wie lange er noch Tränen vergossen hatte, bis er endlich eingeschlafen war. Aber der Schlaf war dann ja auch nicht von langer Dauer gewesen. Yume seufzte und strich sich erneut die langen Haare zurück. Sein Magen knurrte empört und der Kleine erinnerte sich daran, dass er von dem Essen, was Lano noch geholte hatte, nichts angerührt hatte. Umso mehr Hunger verspürte er jetzt. Zweifelnd und immer noch mehr als unsicher, warf er einen Blick auf den schlafenden Dämon und fasste einen Entschluss. Verzeihen… das konnte er noch nicht, aber er wollte versuchen seine Angst vor Davon zu bekämpfen und sich dem anderen wieder vorsichtig nähern. Innerlich wusste Yume, dass ihm der andere trotz allem, was vorgefallen war noch sehr viel bedeutete. Zwar fürchtete er sich davor wieder enttäuscht zu werden – weswegen er die zarten Gefühle auch immer wieder hartnäckig zurückgedrängt hatte – aber er dachte an Lanos Worte. Es konnte nicht ewig so weiter gehen und obwohl er vor ein paar Tagen noch ganz anders gedacht hatte, war er nun bereit wieder einen kleinen Schritt auf Davon zuzumachen, da dieser anscheinend auch sehr unter der Situation litt. Und das sah er dem anderen selbst im Schlaf an. Ein Fiepen erklang hinter ihm und Yume wand sich dem kleinen Drache zu, der mit schief gelegten Kopf und großen Augen zu ihm aufschaute, als würde er wissen wollen, was sein »Herrchen« gerade gedacht hatte. Ein unmerkliches Lächeln erhellte Yumes Züge, während er geheimnisvoll den Kopf schüttelte und vorsichtig, aus Rücksicht auf Davon, aus dem Bett krabbelte. Denn der Mann sah sehr müde und geschafft aus. Das bezog Yume irgendwie auf sich, weil er auf Grund seiner eigenen Probleme nichts von dem nächtlichen Vorfall mitbekommen hatte. Fertig angezogen verließ Yume auf Samtschuhen das große Zimmer und besuchte seit langem wieder einmal die Küche. Bisher hatte sich Lano immer um die Mahlzeiten gekümmert, aber der andere Junge hatte ja jetzt einen Partner von höherer Stellung. Bestimmt war er gar kein richtiger Sklave mehr, überlegte Yume. Inzwischen ging es ihm selber ja auch wieder gut genug, dass er sich um diese Sachen selbst kümmern konnte. Die Treppe hatte er hinter sich gelassen und stand nun etwas unsicher vor der Schwenktür zur Küche. Yume zögerte ein wenig bevor er sie mit einer Hand langsam aufdrückte und erst einmal nur in den Raum spähte, in dem bereits geschäftiges Treiben herrschte. Dann trat er zurückhaltend ein und ihm wurde sofort die gespannte Atmosphäre bewusst. Irgendetwas schien nicht zu stimmen, das spürte der Kleine sofort. Aber seinen Zettel und Stift hatte er nicht dabei, um zu fragen. »Oh, du meine Güte, Yume!« Aneésa war die erste die ihn bemerkte und schlug sich nach ihrem überraschten Ausruf eine Hand vor den Mund. »Was suchst du denn in der Küche?«, erkundigte sie sich erstaunt, nachdem sie ganz dicht zu ihm heran getreten war. Yume seufzte nur, schlug die Lider nieder und leckte sich unsicher über seine plötzlich trockenen Lippen. Er war ganz nervös, obwohl er das Dienstmädchen kannte. Aber der fragende Blick wühlte sich ziemlich auf. Innerlich rief der Kleine sich dann zur Raison. Er war den Umgang mit den anderen zwar nicht mehr gewohnt, aber sie waren bisher immer nett zu ihm gewesen. Deswegen blickte er wieder auf und ging zu dem Tisch, der der Vorbereitung diente. Nacheinander deutete er zaghaft auf die warmen, noch dampfenden Brötchen, die offensichtlich gerade aus dem Ofen gekommen waren, auf Wurst, Käse und die Schüssel mit der Süßspeise. Danach zeigte er Aneésa zwei Finger und hoffte sie verstand, was er meinte. »Frühstück für zwei Personen?«, hakte sie die Augenbrauen zusammenziehend nach und Yume nickte bestätigend und mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen. »Jetzt lässt sich der kleine Lano wohl auch mal bedienen, was?«, zwinkerte sie, bevor sie sich geschäftig umwandte und alle Dinge auf ein Tablett sortierte, die Yume ihn gezeigt hatte. Als sie sich wieder umdrehte schüttelte Yume den Kopf, als Antwort auf ihre Frage, senkte aber gleich darauf den Blick als er Aneésas prüfende und ungläubig geweitete Augen auf sich spürte. Leicht nervös schlang er die Finger ineinander und hoffte sie würde nicht weiter nachhaken. Und das tat Aneésa auch nicht. Sie war mehr als erstaunt, aber auch schlau genug ihren Mund zu halten. Nach etwas längerem Schweigen, indem nur das Klappern und Klirren der Küchengeräte durch den Raum hallte, reichte die junge Dämonin Yume das Tablett, der ihr noch einen kurzen dankbaren Blick schenkte und dann auch schon mit dem Frühstück zurück auf’s Zimmer ging. Als er es betrat, schaute der Kleine gleich zum Bett und war beruhigt, dass Davon nicht schon wieder weg war. Ein angenehmer Duft lockte ihn aus seinem traumlosen Schlaf und Davon streckte sich mit einem leisen Stöhnen, vergrub das Gesicht im Kissen und verspürte überhaupt noch keine Lust aufzustehen. Er fühlte sich einfach nur matt und ausgelaugt. Bestimmt hatte er nur eine Stunde oder weniger geschlafen. Murrend drehte er sich in den Decken ohne die Augen zu öffnen, sodass ihm erneut der frische Duft warmer Brötchen in die Nase stieg. Sofort knurrte sein Magen freudig auf, denn seit gestern Mittag hatte er nichts mehr zu sich genommen. Davon stöhnte erneut unwillig, bevor sein Hungergefühl siegte und er sich langsam aufrichtete. Bestimmt hatte Lano das Frühstück für Yume gebracht. Es konnte ja nur so sein, also beschloss Davon gleich sich selbst etwas aus der Küche zu holen. Schließlich wollte er die beiden Jungen nicht beim Essen stören. Nach dem gestrigen Abend wollte Yume bestimmt überhaupt nichts mehr mit ihm zu tun haben. Diese Tatsache machte ihm sehr zu schaffen, obwohl er noch nicht einmal richtig wach war. Müde rieb er sich die Augen und stand auf. Angezogen war er noch, weil er gestern einfach nicht mehr die Muße besessen hatte sich auszuziehen. Er strich seine Hose ein wenig glatt, bevor er kurz das Bett musterte. Yume lag nicht mehr darin, weswegen er seinen Blick schweifen ließ. Er entdeckte Yume fast sofort, denn der Kleine stand mit gesenktem Kopf ein paar Schritte vor dem Balkon. Unsicherheit sprach aus seiner Körperhaltung und Davon kniff die Augen zusammen. »Keine Angst… ich bin gleich weg…«, versuchte er Yume zu beruhigen, dem es beim Aufwachen wahrscheinlich reichlich seltsam vorgekommen war ihn im gleichen Bett zu entdecken. Davon packte noch seine Sachen vom Nachttisch, drehte sich um und war schon fast an der Tür, als er plötzlich ein leichtes Ziehen an seiner Kleidung spürte. Überrascht blieb er stehen und schluckte, war auf einmal ganz aufgeregt. Sein Herz schlug sofort ein paar Takte schneller und schließlich drehte er sich langsam um. Es war tatsächlich Yume, der hinter ihm stand und ihn offensichtlich zurückgehalten hatte. Aber warum? Sonst war der Kleine doch immer froh gewesen, wenn er sich so weit wie möglich von ihm ferngehalten hatte. Und nachdem er den Silberschopf gestern Abend so angegangen war, hatte er gedacht nun endgültig alles zerstört zu haben, so aufgelöst, wie Yume gewesen war. Eine ganze Weile herrschte angespannte Stille zwischen ihnen. Yume sah ihn immer noch nicht an, sondern blickte zur Seite, aber Davon glaubte doch so etwas wie Verlegenheit in der Haltung des Jungen zu erkennen. Er seufzte hörbar, bevor er das Schweigen schließlich mit sanfter Stimme durchbrach und die Frage stellte, die ihm schon auf der Zunge brannte. »Yume? Warum hälst du mich zurück? ?« Es war direkt und ohne viel drum rum, aber Davon wollte es wissen. Einerseits freute er sich über die Initiative des Kleinen, auf der anderen Seite konnte er sich das nicht erklären, warum Yume gerade nach dem gestrigen Abend wieder auf ihn zukam. Mit angehaltenem Atem und furchtbar angespannt wartete er einen Moment ab. Ganz langsam hob der Kleine den Kopf und sah ihn scheu an, während er dabei auf seiner Unterlippe herum kaute, was wohl von der Nervosität des Silberschopfs herrührte. Langsam stieß Davon die angehaltene Luft wieder aus und legte den Kopf schief. Zögerlich hob Yume eine Hand und deutete auf den Balkon. Davon zog die Augenbrauen zusammen. »Ich soll mit dir dort hinkommen?«, fragte er und der Kleine bestätigte es mit einem schnellen Nicken. Davon war noch verwunderter und immer noch sehr angespannt, doch als Yume sich umdrehte und vorging lief er ihm langsam nach. Erst kurz vor dem Balkon bemerkte er den liebevoll gedeckten Tisch und blieb prompt stehen. Sollte das etwa…? Mit großen unsicheren Augen sah der Kleine ihn an und Davon war einfach nur sprachlos. »Ist das… hast du das für mich gemacht?« Wieder traf ihn ein scheuer Blick, bevor der Kleine erneut bestätigend nickte. Davon traute seinen Augen kaum. Sollte Yume wirklich für sie beide Frühstück gemacht haben? Er stand da wie bestellt und nicht abgeholt und konnte sich erst einmal nicht rühren, weil er mit so etwas nie im Leben gerechnet hatte. Schließlich setzte sich Yume und Davon tat es ihm nach einer Weile zögerlich gleich, war noch immer mitgenommen von dem, was gerade geschah und was er sich nicht erklären konnte. Entgegen seiner Erwartungen, dass der Kleine gleich mit dem Essen beginnen würde, nahm Yume einen bereitgelegten Zettel und Stift und schrieb etwas auf. Aufmerksam beobachtete Davon den Kleinen und hatte seinen Hunger und seine Müdigkeit vollkommen vergessen. Er konnte es immer noch nicht fassen, dass der Junge auf ihn zugekommen war. Vielleicht ging ja sein Wunsch einer zweiten Chance gerade doch in Erfüllung? Oder er träumte noch. Aber wenn er träumte, wollte er erst einmal ganz lange nicht aufwachen! Mit einem scheuen Blick schob Yume den Zettel bis zur Hälfte des Tisches und sowie Davon die Hand danach ausstreckte, zog er seine schnell zurück. In Davons Augen sagte diese kleine Geste sehr viel über ihre bisherige Situation aus. Yume war also bereit sich ihm zu nähern, wollte sich aber noch nicht von ihm berühren lassen. „Verständlich“, dachte der Dunkelhaarige und vielmehr als es zu akzeptieren und sich in Geduld zu üben blieb ihm nicht übrig. Doch Davon war bereit zu warten, egal wie lange es dauerte. Yumes Annäherung hatte ihm schon eine Menge Zuversicht gegeben. Davon nahm den Zettel an sich, drehte ihn zwischen den Fingern und las die wenigen Worte, mit denen der Kleine sich bei ihm entschuldigte. Er sah auf und begegnete Yumes unsicheren, abwartenden Blick. In den goldenen Augen erkannte er sofort ein nervöses Flackern, als ob er fürchtete er würde ihm nicht verzeihen. Davons Blick wurde sanft und er schüttelte den Kopf. »Es gibt nichts zu verzeihen… Ich habe dich mit dem Geschenk offensichtlich verletzt. Das tut mir leid. Wenn dann, bin ich derjenige, der sich entschuldigen muss…«, erklärte er und schob den Zettel zurück, während er Yume dabei weiterhin ansah. Nun schaute der Kleine ungläubig und schüttelte den Kopf. Die zartrosa Lippen bewegten sich, als wollte Yume protestieren, doch kein Laut kam heraus und der Kleine sank niedergeschlagen auf seinen Stuhl zurück. Davon seufzte. »Also gut… wenn es dir so wichtig ist, dann… gebe ich dir die Schuld und nehme deine Entschuldigung an, okay?«, fragte er auf den Kleinen eingehend, weil er spürte, wie sehr es ihn belastete. Als Yume diesmal zu ihm aufschaute, schien er immer noch unsicher zu sein, doch er nickte und Davon glaubte sogar ein kleines Lächeln auf den zarten Lippen erkennen zu können. »Wollen wir dann mit dem Essen beginnen?«, fragte er, um die doch ein wenig angespannte Atmosphäre zu lockern. Nach einem flüchtigen Blick zu ihm nickte der Kleine zustimmend. Davon griff nach dem Brötchenkörbchen und hielt es Yume hin, woraufhin dieser ihn überrumpelt anblickte, weil er damit anscheinend nicht gerechnet hatte. Unbewusst leckte die kleine rosa Zunge über die halb geöffneten Lippen, bevor der Kleine nach einem Brötchen griff. Davon schluckte und musste für ein paar Sekunden den Blick abwenden, da diese Geste in ihm eine stark unterdrückte Sehnsucht auslöste und es dauerte etwas, bis er sie wieder unter Kontrolle hatte. Das restliche Frühstück über herrschte Schweigen, aber es war kein unangenehmes. Davon spürte immer wieder scheue Blicke auf sich und wertete das als gutes Zeichen. Er hoffte so sehr, dass der Kleine noch etwas für ihn empfand, wollte ihn aber auch nicht bedrängen. Als Yume fertig war mit seinem Brötchen, schaute er wieder so unauffällig wie möglich zu Davon, der gerade hungrig in seine Brötchenhälfte biss. Beim Kauen konnte er deutlich das Spiel der kräftigen Muskeln beobachten und der Kleine seufzte innerlich. Yume merkte gar nicht, wie er starrte, wurde sich dessen erst bewusst, als Davon zu ihm rüber sah und schaute peinlich berührt zur Seite. Er schämte sich so, dass der andere seine Blicke mitbekommen hatte. Aber dafür konnte er gar nichts! Davon zog ihn irgendwie an, je näher er ihm kam. Das war auch der Grund, warum er sich vorher so lange von dem anderen fern gehalten hatte. Verlegen strich er sich die Haare zurück, knetete seine Finger im Schoß und wusste nicht, was er tun sollte. Seine Unsicherheit verstärkte sich wieder. Als hätte eine höhere Macht das bemerkt, öffnete sich plötzlich die Zimmertür und Lano trat ein. Sofort wanderten Davons und Yumes Blick zu dem kleinen Dämon. »Yume… warum hast du denn Frühstück geholt? Ich hätte doch…« Mitten im Satz brach Lano ab, als er seinen Herrn und Yume an einem Tisch sitzend erkannte. Perplex starrte er zu den beiden rüber und traute seinen Augen kaum. Sein Erstaunen stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben und er brauchte einige Momente um zu verarbeiten, was sich ihm da für ein Anblick bot. Nie im Leben hatte er mit so einem Bild gerechnet… Zumindest nicht in nächster Zeit, wo doch gestern alles noch ganz anders gewesen war. Ein paar Mal klappte Lanos Mund auf und schloss sich wieder, bevor er seine Stimme wiederfand. »Also… ich glaub… ich geh dann wieder…«, meinte er abgehakt, weil er das alles immer noch nicht fassen konnte und ging langsam ein paar Schritte zurück. Davon sah kurz zu Yume, bevor er sich mit einem freundlichen Lächeln erhob. »Nein, bleib ruhig. Ich war sowieso gerade fertig und muss jetzt arbeiten. Macht euch einen schönen Tag«, wünschte er den beiden und ging zur Tür. Als er an Lano vorbei ging, teilte er ihm leise, sodass Yume es nicht verstehen konnte, mit, dass sie möglichst im Zimmer bleiben sollten, oder falls sie in den Garten gingen, die Wachen mitnehmen sollten. Lano nickte, war aber immer noch ziemlich verwirrt. Dann verließ Davon den Raum. Eigentlich wäre er gerne noch länger bei Yume geblieben, aber er wollte den Kleinen nicht noch mehr verunsichern. Der silberhaarige Junge war schon nervös genug gewesen, nur weil Davon ihn beim Starren erwischt hatte. Ein unmerkliches Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er daran dachte. Der Kleine war einfach nur niedlich und er wollte ihn am liebsten in seine Arme schließen. Allerdings würde es bis dahin sicherlich noch eine ganze Weile dauern. Davon seufzte. Aber wenigstens hatte er nun ein bisschen Hoffnung darauf und die Situation erschien ihm nicht mehr ganz so aussichtslos, wie noch am gestrigen Abend. Den Wachen vor der Tür hatte er ebenfalls Anweisung gegeben auf die beiden Jungen aufzupassen, bevor er sich auf den Weg zu den Ställen machte, um eventuelle Neuigkeiten in Erfahrung zu bringen. Lano hingegen stand noch eine ganze Weile mitten im Raum und starrte vor sich hin, bevor er endlich zu Yume an den Tisch ging und sich auf den Platz von Davon niederließ. Fragend schaute er zu dem anderen rüber und hoffte in irgendeiner Weise auf eine Erklärung. Yume erschien ihm völlig unsicher und nervös und schaute ihn noch nicht mal richtig an. Hatte Davon ihn etwa gezwungen Frühstück zu holen und sich mit ihm zu unterhalten? Innerlich schüttelte Lano den Kopf, denn Aneésa hatte nichts dergleichen verlauten lassen, dass Yume sich beim Frühstück holen gefürchtet oder einen ängstlichen Ausdruck gehabt hätte. »Yume? Was ist denn hier los? Warum war Davon hier? Er schläft doch sonst woanders?«, brachte der dunkelhaarige Dämonenjunge seine Fragen endlich über die Lippen, erntete dafür jedoch nur einen flüchtigen Blick, bevor Yume auf seine im Schoß gefalteten Hände starrte. Lano seufzte. Er war ja sehr geduldig, aber manchmal regte Yume ihn einfach auf mit seiner zurückhaltenden Art und Weise. Doch er ließ es sich nicht anmerken, stand nur auf, ging um den Tisch herum und drückte dem anderen auffordernd den Zettel und Stift in die Hand. »Bitte… ich möchte wissen, was passiert ist!«, sagte er in einem genauso fordernden Ton, weil er glaubte, sonst nichts aus Yume heraus zu bekommen. Mit großen Augen sah der Silberhaarige zu ihm auf, bevor er nach dem Schreibzeug griff und in schön geschwungenen Lettern der befehlsähnlichen Aufforderung nachkam. Zufrieden sah Lano zu und konnte sich am Ende ein Bild von der ganzen Sache machen. Er freute sich richtig, dass Yume den ersten Schritt gemacht hatte und konnte sich nicht verkneifen den Kleinen einmal enthusiastisch zu umarmen. »Hey.. das hast du toll gemacht!«, freute er sich laut und all die Bedenken, mit denen Lano sich die letzte Nacht gequält hatte, lösten sich auf einmal in Luft auf… nun ja… zumindest die meisten. Gemeinsam räumten sie den Tisch ab und Lano brachte das Tablett hinunter in die Küche. Danach blieben sie fast den gesamten Vormittag im Zimmer, weil Lano möglichst Davons Sicherheitsvorstellungen nachkommen wollte. Im Gegensatz zu Yume hatte er von Vince` Verschwinden mitbekommen, weil Heron als Truppenführer die ganze Nacht weg gewesen war und ihm heute morgen darüber in Kenntnis gesetzt hatte, als er kurz ins Zimmer gekommen war, um ihn wenigstens liebevoll zu wecken. Über die Tatsache war der junge Dämon immer noch schockiert. Da Vince es vor einiger Zeit auf Yume abgesehen hatte, hatte er sich geschworen noch viel besser auf den anderen Jungen aufzupassen. Allerdings hatte Heron ihm geraten Yume erst einmal nichts von der Sache zu erzählen. Das war Davons Aufgabe und jetzt beim Frühstück mit dem Kleinen hätte er wohl die Chance gehabt. Obwohl Lano glaubte, dass dessen Augenmerk da noch auf etwas ganz anderem gelegen hatte. Am Nachmittag wurde es für Lano immer schwieriger Yume mit irgendwelchen Ausreden im Zimmer zu halten und schließlich gab er auf, weil Yume sich einfach erhob und zur Tür schritt, ohne sich von ihm davon abhalten zu lassen. Verübeln konnte er es dem anderen nicht, weil er wusste, wie dieser es liebte im Halbschatten an einen Baum gelehnt zu sitzen und die Blumen und den Himmel zu beobachten, während eine warme Sommerbriese die Blätter rascheln ließ und einem sanft über die Haut und durch die Haare glitt. Schnell schnappte er sich noch eine Decke, bevor er Yume hinterher lief. Die Wachen, die bereits die Tür bewacht hatten, folgten ihnen unauffällig bis in den Garten und postierten sich in einiger Entfernung, wie Lano mit einem erleichterten Blick über die Schulter feststellte. Yume bekam davon anscheinend nichts mit, aber das war auch gut so. *** Ein paar Tage später saß Davon recht gut gelaunt an seinem Schreibtisch und ging am späten Nachmittag noch die Post durch. Seit Yume an dem einen Morgen auf ihn zugekommen war, schlief er nicht mehr in einem extra Zimmer und der Silberschopf hatte das mehr als gut aufgenommen. Sie frühstückten nun jeden Morgen gemeinsam, auch wenn dabei größtenteils Schweigen zwischen ihnen herrschte. Aber Davon empfand es als Wohltat wenigstens etwas Zeit mit dem Jungen verbringen zu können, bevor Lano kam und die beiden in den Garten gingen. Anfassen ließ Yume sich immer noch nicht, was Davon verständlich fand. Von heute auf morgen würde sich das sicher nicht ändern, egal wie sehr er sich das wünschte. Aber ein Fortschritt, über den er sich bisher am meisten gefreut hatte, war das scheue Lächeln, das ihm Yume gestern Morgen geschenkt hatte. Versonnen lächelte er vor sich hin, bevor seine Gedanken sich wieder auf die aktuellen Ereignisse richteten. Über die Angelegenheit mit Vince hatte er auch noch nicht mit Yume gesprochen. Allerdings musste er das wohl heute Abend nachholen, überlegte der Dämon, während er einen schweren Brief zwischen den Fingern drehte und seufzte, als er den Absender betrachtete. Er konnte sich schon denken, was darin geschrieben stand und eigentlich kam ihm das gerade recht. Allerdings wusste er nicht, wie Yume auf diese Nachricht reagieren würde. Vielleicht gut, vielleicht schlecht… Davon konnte die Reaktionen des Kleinen manchmal einfach nicht einschätzen. Erstere wäre ihm natürlich lieber. Dann müsste er Yume nicht dazu zwingen mit ihm mitzureisen. Fakt war aber, dass, selbst wenn der Junge nicht wollte, er mitkommen musste, weil Davon ihn ganz sicher nicht allein in seiner Festung lassen würde. Das wäre ihm viel zu unsicher, vor allem, weil er nicht sicher sein konnte, dass Vince` diese Chance nicht ausnutzen würde. Immerhin konnte dieser Mistkerl sich überall herumtreiben und da er es bereits einmal auf Yume abgesehen hatte – die Gründe waren Davon immer noch ein Rätsel – wollte er kein unnötiges Risiko eingehen, indem er den Jungen hier ließ. Außerdem… ein bisschen Abwechslung würde dem Kleinen bestimmt gut tun. Nachdem er ungefähr eine Stunde über dem ganzen Papierkram gebrütet hatte, öffnete sich die Tür und die beiden Jungs kamen herein. Yume war erster und stolperte lachend vorwärts, weil Lano anscheinend gerade dabei war ihn abzukitzeln. Ein bisschen atemlos kamen beide fast mitten im Raum zu stehen, bevor sie bemerkten, dass Davon hinter seinem Schreibtisch saß und sie beobachtete. Lano grinste übers ganze Gesicht, grüßte seinen Herrn jedoch freundlich, während Yume ein wenig beschämt zu Boden schaute, Davon aber nach kurzem Zögern ebenfalls zum Gruß zunickte. »Hey… nun mach nicht so ein Gesicht«, stieß Lano den Silberschopf an der Schulter an und versuchte die Situation locker zu halten. Bisher war Davon immer erst später gekommen, deswegen drohte nun eine angespannte Stimmung aufzukommen, was der kleine Dämon unbedingt verhindern wollte. Schließlich lief es gerade so gut zwischen Davon und Yume… naja… im Vergleich zu vorher jedenfalls. Aber auch Lano war klar, dass man nicht erwarten konnte, dass die beiden sich in die Arme fielen, als wäre nichts gewesen. »Also.. ich würde dann gehen, wenn Euch das recht ist?«, fragte Lano schließlich, weil er sich irgendwie blöd vorkam tatenlos mitten im Raum zu stehen. Sein Herr wirkte zwar unmerklich angespannt, aber das war für Lano eigentlich schon zum Normalzustand geworden seit es mit der Beziehung zu Yume wieder einigermaßen Bergauf ging. Eine Weile beobachtete Davon die beiden Jungs einfach nur. Lano war unter Herons Zuwendung total aufgeblüht. Der Kleine strahlte einfach Lebensfreude aus und man konnte ihm sein Glück deutlich ansehen. Und Yume tat das Zusammensein mit dem jungen Dämon zudem auch sehr gut. Lano schaffte es immer wieder den Silberschopf mit seinem Lachen anzustecken. Das Herumspaßen eben war der beste Beweis gewesen und Davon freute sich sehr darüber, auch wenn Yume in seiner Gegenwart nur selten lächelte. Er wünschte sich, dass es mehr wurde, übte sich jedoch in Geduld. Irgendwann kam das sicherlich, da war er auf Grund der Veränderungen der letzten Tage positiv gestimmt. Als er Lanos Frage hörte, schüttelte er kurz den Kopf. »Nein, bleib bitte noch. Ich möchte noch etwas mit euch beiden besprechen.« Nun sah ihn nicht nur der kleine Dämon an, sondern Yume hatte ebenfalls den Kopf gehoben. »Kommt doch her und setzt euch.« Mit einer freundlichen Geste deutete Davon auf die beiden Stühle vor dem Schreibtisch und die beiden Jungs kamen zum Tisch und setzten sich. »Ist etwas passiert?«, fragte Lano, während er ein wenig nervös den Hosenstoff auf seinen Oberschenkeln glatt strich. Yume konnte zwar nichts sagen, aber der fragende Blick sagte so ziemlich alles. »Nein, es ist nichts passiert«, beruhigte Davon die Beiden. »Es geht um eine Einladung zur Konferenz des Großfürsten…«, gab er dann langsam preis, doch weder Lano noch Yume schienen damit etwas anfangen zu können. Also fuhr Davon fort. »Ich habe soeben einen Brief erhalten.« Er hielt ihn hoch, bevor er ihn nach einer Weile des Schweigens öffnete. Das reißende Geräusch, das der Brieföffner hinterließ war das einzige, was den Raum erfüllte und es wirkte durch die Stille irgendwie unheimlich. Die Spannung im Zimmer stieg und war beinahe greifbar, als Davon die edel aussehende Einladung endlich aus dem Umschlag zog. Kurz überflog er den Text. »In zwei Wochen findet die Konferenz statt und zwar im Mittelreich.« Davon legte den Brief beiseite und seufzte. »Leider dauert das mehrere Tage, wenn nicht sogar eine ganze Woche und das ist auch der Grund, warum ich euch fragen möchte, ob ihr mich begleitet.« Erneut herrschte Schweigen. Lano räusperte sich und sah unsicher zur Tür. Es war ihm irgendwie unangenehm so eine – ja, für ihn war es eine- Einladung zu bekommen. Da kamen unendlich viele Bedenken in ihm hoch, denn auf solchen Veranstaltungen bewegten sich nur ranghohe Dämonen, soweit er das wusste. Allerdings war er über die Ereignisse der letzten Tage durchaus im Bilde und konnte sich denken, dass Davon mit dieser Frage sehr viel mehr bezweckte. Nicht umsonst hatte er diesen seltsamen Unterton vernommen, als es um die Dauer der Konferenz ging. »Also… ich weiß nicht. Ich war noch nie auf einer Konferenz«, gab er zu bedenken, obwohl sein Entschluss schon feststand. Lano wusste, dass Davon Yume auf jeden Fall mitnehmen würde und es nur zuerst auf dem diplomatischen Weg versuchte. Flüchtig warf er einen Blick auf den silberhaarigen Jungen, leckte sich kurz über die Lippen und meinte: »Aber ich habe nichts dagegen mitzukommen. Heron wird uns doch auch begleiten?« Das konnte er sich nicht verkneifen zu fragen. Immerhin war der andere sein Partner und obwohl sie immer noch nicht intim geworden waren, wollte er die Nähe des größeren Dämons nicht für so lange Zeit missen. Und die Reise zum Mittelreich würde auch ein paar Tage dauern. Davon lächelte, als er die hoffnungsvolle Frage hörte. »Natürlich wird er uns begleiten. Als Truppenführer hat er zwar noch andere Pflichten, aber unsere Eskorte wird aus vielen Soldaten bestehen, über die ich ihm den Befehl zu geben gedenke«, verriet er dem kleinen Dämon, der daraufhin entspannt in seinem Stuhl zurück sank und beruhigt lächelte. Dann fiel sein Blick auf Yume, der bisher noch keine Reaktion gezeigt hatte. Aus diesem Grund war Davon auch noch reichlich angespannt. Er hoffte so sehr, dass der Junge nichts gegen diese Reise hatte, denn zwingen würde er ihn nur äußerst ungern. »Und, Yume? Kannst du dich mit dem Gedanken anfreunden diese Reise mit uns zu machen?« Vorsichtshalber hatte Davon ihm Papier und Stift herüber geschoben und wartete zwar äußerlich geduldig, aber innerlich völlig aufgewühlt, was der Kleine ihm mitteilen würde. Eine Reise… Yume wusste nicht, was er davon halten sollte. Er war wieder völlig unsicher. Selbst Lanos Zustimmung, die er in Gedanken versunken nur so halb mitbekommen hatte, trug nicht unbedingt dazu bei, ihn in seiner Entscheidung zu unterstützen. Sicher… wenn Lano weg war, dann wäre er ganz alleine… das wollte er auch nicht. Dann hatte er niemanden mehr, der sich ein bisschen mit ihm beschäftigte, außer den kleinen Drachen, mit dem er Abends immer schmuste. Aber sonst? Hier war ihm die Umgebung vertraut, hier kannte er wenigstens ein paar Leute, wenn nicht vom Namen her, dann wenigstens vom Gesicht. Wenn er mitging, dann waren da bestimmt ganz viele Dämonen, die ihn neugierig anstarren würden, dann bekamen sie ein neues Zimmer und alles würde fremd sein. Unmerklich schüttelte Yume den Kopf und kniff die Augen zusammen, während seine Hände sich in den Stoff seiner Hose gruben. Er wollte hier nicht weg, wollte in seiner gewohnten Umgebung bleiben. Andererseits, ohne die vertrauten Menschen war es auch nicht mehr als ein Raum. Nur… so stark war sein Vertrauen zu Davon nun auch noch nicht, dass er ihm seine Ängste vorbehaltlos anvertraute. Als er die dunkle Stimme Davons wahrnahm, schreckte er aus seinen Gedanken und sah den anderen hin- und hergerissen an. »Brauchst du noch Zeit, um darüber nachzudenken?«, erkundigte sich Davon einfühlsam, weil er merkte, dass der Kleine sich durch seine direkte Frage bedrängt fühlte und irgendwie überrumpelt war. »Kein Problem… wir müssen ja nichts übers Knie brechen. Es sind ja noch ein paar Tage bis zur Abreise Zeit«, erklärte Davon mit einem verständnisvollen Lächeln und hätte dem Jungen am liebsten sanft über den Kopf gestrichen. Stattdessen seufzte er leise und gab Lano, der bereits hibbelig auf seinem Stuhl hin und her rutschte mit einem Nicken zu verstehen, dass er gehen konnte. Dankbar sah der kleine Dämon ihn an, bevor er sich erhob, Yume noch einmal über die Schulter streichelte und schließlich den Raum verließ. Nun waren sie allein und bevor eine unangenehme Atmosphäre entstehen konnte, stand auch Davon auf und ging um den Schreibtisch herum. Neben Yume kniete er sich hin und griff nach der zierlichen Hand, um sie mit seiner zu umschließen. Es beruhigte ihn ungemein, dass der Kleine die Berührung zuließ, auch wenn er gespürt hatte, das Yume ein wenig zusammengezuckt war. »Yume… ich muss dir noch etwas sagen…«, gestand er. Zögerlich betrachtete er die helle, zierliche Hand und strich mit dem Zeigefinger sanft über die Innenfläche. Dann sprach er weiter. »An dem Morgen, wo du mich in diesem Zimmer im Bett gesehen hast, da ist in der Nacht etwas passiert…« Es fiel ihm schwer dem Kleinen zu gestehen, was geschehen war, weswegen er es bis jetzt hinaus gezögert hatte. Immerhin hatte Vince dem Jungen grausame Dinge angetan. Er befürchtete, dass Yume Panik bekam, oder Angstzustände. Aber noch länger wollte er es ihm nicht vorenthalten. Eigentlich erhoffte er sich, Yume mit dieser Information dazu zu bringen, sich doch für die Reise und damit indirekt für ihn zu entscheiden. Aber sicher war er sich da noch lange nicht. Es konnte auch schief gehen, dessen war Davon sich genauso bewusst. »Nachdem ich heraus bekommen habe, dass Vince` für dein Verschwinden damals verantwortlich war, habe ich ihn in den Kerker gesperrt. Ich wollte heraus bekommen, warum er es gerade auf dich abgesehen hat…« Davon seufzte schwer und sah schließlich mit grenzenlosem Bedauern in den Augen zu Yume auf. »Wir wissen noch nicht wie… aber Vince ist in der Nacht entkommen…« Nun war es raus und Davon hielt den Atem an. Sein Herz schlug unglaublich schnell gegen seine Brust und hätte er nicht Yumes Hand gehalten, hätte er seine Finger vor Anspannung ineinander gekrampft. Yume sah auf den Dämon hinunter, der vor ihm kniete und hörte aufmerksam zu, auch wenn ihn die plötzliche Nähe ganz schön unsicher machte und er sich zuerst erschrocken hatte, als Davon seine Hand genommen hatte. Erschrocken riss er der Kleine dann die Augen auf, als er realisierte, was geschehen war. Er begann leicht zu zittern und biss sich auf die Unterlippe, weil er sich sofort unwohl und ängstlich fühlte, als Vince` Name fiel. Instinktiv umklammerte er Davons Hand, der seine bis eben noch gehalten hatte und sah ihn aufgewühlt und unsicher an. Obwohl er dem anderen immer noch nicht wieder vertraute, musste Yume sich doch eingestehen, dass er sich bei Davon sicher fühlte. Es waren widersprüchliche Gefühle, darüber war sich der Kleine bewusst, aber es war so und das brachte ihn immer wieder durcheinander, weil er nicht wusste, wie er sich verhalten sollte. Yume verstand nicht, warum der andere ihm das alles gerade jetzt erzählte. Wenn er nur an Vince dachte, lief es ihm kalt den Rücken hinunter und ihm wurde ganz mulmig. Die Erinnerung, wie dieser grausame Dämon ihn ausgepeitscht und sich daran ergötzt hatte, dass er nicht schreien konnte, die vernichtenden Worte und das hämische Grinsen… davon bekam er regelmäßig Alpträume, auch wenn er versuchte das Geschehene in den hintersten Winkel seines Kopfes zu verdrängen. »Hey… Kleiner…« Die samtige Stimme Davons holte ihn aus seinen Gedanken und er spürte eine sanfte Berührung an der Wange. »Nicht weinen…« Erst als der andere es erwähnte, merkte Yume, wie ihm Tränen über die Wangen perlten. Er wollte sie sich gerade wegwischen, als er auf einmal in eine warme Umarmung gezogen wurde. Völlig überrumpelt war Yume im ersten Augenblick nicht fähig sich zu rühren. Es fühlte sich wunderschön an und der Kleine wurde ganz weich und lehnte sich für einen Moment der Wärme entgegen, die ihn wie ein zarter Schleier umfing. Dann wurde er sich seiner Reaktion jedoch bewusst, drückte mit beiden Händen bestimmt gegen Davons Brust und schob ihn von sich weg. Innerlich seufzte er tief, als ihn die Wärme wieder verließ. Es hatte sich schön angefühlt, aber für mehr war er einfach noch nicht bereit. Es grenzte sowieso schon an ein Wunder, dass er nicht einmal zurückgezuckt war, als Davon ihn an sich gezogen hatte. Darüber wunderte sich Yume am meisten. Doch lange beschäftigte er sich nicht damit, denn ihm kamen wieder die Worte des anderen über Vince in den Sinn. Yume wusste auch nicht, was der grausame Dämon von ihm gewollt hatte. Bis heute konnte er sich das nicht erklären und jetzt… wo er wusste, dass dieser Kerl wieder auf freiem Fuß war… Der Kleine schüttelte unmerklich den Kopf. Nein, er wollte sich das gar nicht vorstellen! Tbc… Diesmal war ich gütig… kein Cliffhanger ^^ Aber ich bin irgendwie nicht so richtig vorangekommen, was die Handlung angeht *seufz* Ich hoffe aber, dass es mir gelungen ist wenigstens das zarte Band, was sich langsam wieder zwischen Davon und Yume bildet ausreichend zu beschreiben. Im nächsten Kapitel wird’s dann wieder ein bisschen abenteuerlicher. © by desertdevil Kapitel 14: ------------ Soo... es hat ja lang genug gedauert, aber jetzt isses endlich so weit. Mit dem nächsten Kappi versuch ich mich mehr zu beeilen ^^ Herzlichen Dank noch einmal an all meine fleißigen Leser und Kommischreiber und ein ganz dicker *knuddel* auch an histoi, meine super Betaleserin ^^ Viel Spaß euch allen! ***Tempted to touch XIV*** »Wir sollten uns langsam einen Platz für die Nacht suchen…«, ertönte die Stimme des Truppenführers, der sein Pferd geschickt neben ihn gelenkt hatte. Davon nickte zustimmend, während sein Blick bereits die Umgebung absuchte. Seit heute morgen waren sie unterwegs zum Mittelreich und nun brach allmählich die Dämmerung herein. Es wurde wirklich Zeit! Zumal es auch eine Weile dauern würde, bis das Lager aufgeschlagen war. Neben Heron begleiteten sie noch ungefähr fünfzig weitere Soldaten. Damit hoffte Davon für ausreichend Schutz gesorgt zu haben. Normalerweise hätte er für sich selbst nie so ein Aufgebot an Soldaten mitgenommen, aber Yume hatte sich letztendlich doch dazu durchgerungen ihn zu begleiten, wenn auch auf die letzte Sekunde. Davon war darüber mehr als nur erleichtert und wollte deswegen für so große Sicherheit wie möglich sorgen. »Wäre es nicht besser gewesen, die Drachen zu nehmen?«, erkundigte sich Heron noch einigem Schweigen, das nur von dem stetigen Stampfen der Pferdehufe unterbrochen wurde. Davon seufzte bei der Frage. »Ja, wäre es…«, gestand er. »Aber im Mittelreich wird es nicht gerne gesehen, wenn man auf diese Weise anreist. Es ist nicht gewollt und aus diesem Grund gibt es auch keine Möglichkeiten die Drachen dort zu versorgen.« Erneut breitete sich Schweigen zwischen ihnen aus, doch Davon spürte instinktiv, dass Heron sich noch mit der Angelegenheit beschäftigte. Ein flüchtiger Blick zu seinem Truppenführer bestätigte es ihm, denn es war deutlich an dessen verkniffenen Gesicht zu erkennen. Offensichtlich wusste Heron nichts von den Ereignissen, die sich schon vor recht langer Zeit im Mittelreich ereignet hatten. Der kräftige Dämon diente erst ein paar Jahre unter ihm und wo er herkam – das hatte Davon bisher nicht in Erfahrung bringen können. Damals war Heron mit einer Kopfwunde vor den Festungsmauern gefunden worden und konnte sich selbst nach etlichen Gesprächen mit ihm an nichts erinnern. Anscheinend schien er nicht nur seine Vergangenheit vergessen zu haben, aber Davon war taktvoll genug es nicht zu erwähnen. »Vor einigen Jahrzehnten gab es das Drachenvolk. Diese Wesen zeichneten sich durch ihre strahlende Schönheit und ihre Reinheit aus, aber vor allem durch ihre Fähigkeit mit Drachen kommunizieren zu können. Aber nicht nur das, es gab auch Magier unter ihnen«, begann Davon die Geschichte zu erzählen. »Eine Zeit lang waren sie sehr geachtet, doch als die Dämonen sich bewusst wurden, welch eine Bedrohung dieses Volk eigentlich für sie darstellte, begannen sie zuerst Gesetze zu erlassen, die sich vollkommen gegen dieses Volk richteten. Die Haltung von Drachen wurde ihnen verboten, sie mussten für Kleidung und Verbrauchsgüter verhältnismäßig mehr bezahlen, ihnen wurden nur kleine Wohnräume zugestanden und was Kinder anging… pro Familie durfte nur noch ein Kind gezeugt werden. Selbst wenn Zwillinge geboren wurden und der Senat bekam davon etwas mit, wurde eins der beiden vor den Augen der Eltern getötet«, berichtete er und schloss für einen Moment die Augen. Allein die Vorstellung war einfach nur grausam. Glücklicherweise hatte er so etwas nie miterleben müssen. Er war zwar ein Dämon und hatte schon einige Grausamkeiten begangen, aber Kinder zu töten… das hatte er selbst im Krieg nicht getan. »Jedenfalls… bis dahin hatten die Drachenmenschen sich alles gefallen lassen, aber die Tötung eines Kindes ging zu weit. Diejenigen, die noch im Mittelreich lebten, schlossen sich zusammen, riefen ihre Drachen und griffen eines Nachts den Palast des Großfürsten an. Von da an herrschte Krieg, aber auf Grund ihrer Minderheit konnte das Drachenvolk dem Rachefeldzug der Dämonen keinen wirklichen Widerstand leisten. Auch nicht durch die Kraft, die sie durch die Drachen besaßen.« Davon verstummte und warf erneut einen Blick auf Heron, der sehr betroffen wirkte. »Du solltest dir das nicht so zu Herzen nehmen. Es ist Vergangenheit…«, riet er dem anderen, bevor er sich wieder nach einem geeigneten Platz für die Nacht umsah. »Ich glaube da hinten sollten wir unser Lager aufschlagen.« Davon deutete auf eine recht üppige Ansammlung von Bäumen. Bisher hatten sie eine ungleichmäßig bewachsene Hügellandschaft durchquert, ein kleines Waldstück und im Moment bewegten sie sich eher in steppenähnlicher Umgebung. Ab und zu befanden sich Sträucher hier und da, die sich leicht in dem warmen Abendwind wiegten. Die Baumgruppe war der einzig höhere Bewuchs und würde ihnen für dich Nacht guten Schutz bieten. Auf seinen Befehl bewegte sich ihr Tross darauf zu. Davon ließ sich mit seinem Pferd zurückfallen, nachdem er Heron noch einige Anweisungen gegeben hatte, der die Aufsicht über den größeren Teil der Soldaten übernahm und schon einmal voraus ritt, um das Lager aufzuschlagen. Lano und Yume waren von einer Gruppe Soldaten umringt und die ganze Zeit über in der Mitte der Schlange geritten, sodass sie gut geschützt waren. Denn die Zwei waren die einzigen, die sich nicht verteidigen konnten, sollte es zu einem Angriff kommen. Allerdings erkannte Davon deutlich an Yumes Gesicht, wie unwohl der Kleine sich auf dem Pferderücken fühlte. Es hatte ihn bereits zu Anfang ihrer Reise ganz schön viel Überzeugungsarbeit gekostet, den Jungen überhaupt auf ein Pferd zu bekommen. Er war sich zwar schon vorher über die Abneigung, beziehungsweise die Furcht des Kleinen gegenüber diesen Tieren bewusst gewesen, aber es gab nun einmal keine andere Möglichkeit. Das Angebot mit ihm auf einem Pferd zu reiten, hatte Yume – wie Davon es erwartet hatte – sofort abgelehnt. Aus Rücksicht auf den Kleinen und weil er sich denken konnte, dass Yume nicht einmal nach der Hälfte des Rittes der Hintern weh tun würde, hatte er mehrere kleine Pausen eingelegt und das sonst durchweg schnelle Tempo ziemlich gedrosselt, um den Jungen nicht ganz so sehr zu stressen und ihm zwischendurch ein bisschen Entspannung zu gönnen. Wenn er sich Yume aber jetzt so betrachtete, hatten die vielen Pausen auch nicht viel geholfen. Der Kleine verzog immer wieder das Gesicht, bei jedem Schritt, den das Pferd machte. Lano schien dagegen sehr wenig Probleme zu haben. Der Kleine Dämon saß ziemlich entspannt im Sattel und schien sich sogar über das leichte Schaukeln auf dem Pferderücken zu freuen, obwohl er nach Davons Kenntnisstand bisher auch eher selten auf einem Pferd gesessen hatte – und dann schon gar nicht für so einen langen Zeitraum. Aber Lano schien dadurch einen guten Einfluss auf Yume auszuüben, jedoch eher unbewusst. Yume wollte sich keine Schwäche eingestehen und herumjammern, sondern kämpfte dadurch wahrscheinlich verbissen ums Durchhalten. »Geht es euch gut?«, fragte Davon, nachdem er mit den Beiden eine Weile schweigend auf gleicher Höhe geritten war. Lano nickte, während Yume ihm einen verkniffenen Blick zuwarf und mit verzogenem Gesicht voller Unwohlsein im Sattel hin- und herrutschte. »Wir schlagen jetzt unser Lager auf«, teilte er den Jungen mit und deutete mit einer Geste zu der Baumgruppe, die von dem von Heron angeführten Teil der Soldaten bereits erreicht worden war. »Die Männer bauen das Lager auf, und dann könnt ihr euch erst einmal ausruhen…«, versprach Davon und begleitete die Beiden im Schritt bis zum Lager. Die Packpferde waren bereits abgeladen und ein recht großes Feuer prasselte ebenfalls schon im Mittelpunkt der Baumgruppe, während die Soldaten gerade dabei waren einige Zelte aufzuschlagen. Es herrschte reges Treiben, aber jeder der Männer kannte seine Aufgaben, sodass jeder Handgriff saß. Sicherheitshalber griff Davon nach den Zügeln von Yumes Pferd und führte sie hinter den Bäumen entlang, um die Männer bei den Aufbauarbeiten nicht zu stören. Nachdem er abgestiegen war, band er die Zügel geschickt an ein paar dicke Äste und wandte sich schließlich Yume zu. Er streckte dem Kleinen seine Hände entgegen, um ihm aus dem Sattel zu helfen, denn so wie der Silberhaarige das Gesicht verzog, würde er bestimmt nicht mehr allein von dem Tier herunter kommen. Natürlich entging ihm Yumes Zögern nicht, doch er wartete geduldig ab, bis der Junge sich ein Stück in seine Richtung beugte und die Hände auf seine Oberarme legte. Gleichzeitig umfasste er die schmale Hüfte und hob Yume vorsichtig aus dem Sattel. Ein leises Wimmern erklang und Davon bekam ein schlechtes Gewissen, weil er seinem Kleinen solche Strapazen zugemutet hatte. Aber das ließ sich jetzt nicht mehr ändern. Sie würden noch ein paar Tage unterwegs sein und er war sich sicher, dass Yume sich bald an das Sitzen auf einem Pferd gewöhnt hatte. Am Anfang war es immer sehr schwierig. Beim Herunterheben hatte Yume sich richtig in seinen Schultern verkrallt und ließ auch jetzt, wo er festen Boden unter den Füßen hatte, nicht los. »So schlimm?«, fragte Davon einfühlsam. Sanft zog er den Kleinen ein wenig an sich und strich ihm tröstend über den Rücken. Entgegen dem sonstigen Verhalten des Jungen, hörte er Yume nur seufzen, bevor dieser sich schwer an ihn lehnte. Darüber war Davon sehr überrascht, aber diese Reaktion resultierte wahrscheinlich nur aus der Erschöpfung des Kleinen, dachte er sich und hob Yume umsichtig auf die Arme, um ihn zum Zelt zu tragen, das bereits für sie errichtet worden war… Lano hingegen war schon längst zwischen den Soldaten verschwunden und schien entweder irgendwo zu helfen, oder Heron hatte ihn in dessen Zelt beordert. Das war Davon nur recht, denn so konnte er sich in Ruhe um Yume kümmern. Er betrat das Zelt. Im Inneren war es stockdunkel und auch wenn er trotz dessen gut sehen konnte, setzte er das leichte Bündel in seinen Armen langsam ab. »Bleib kurz hier stehen, hm? Ich richte schnell das Schlaflager für dich her…«, erklärte er Yume sanft, bevor er die Pakete am Rande des Zeltes schnell durchsah und dann eine geeignete Stelle auf dem unebenen Boden suchte, um die gefundenen Felle auszulegen. Der beste Platz war so ziemlich in der Mitte. Mit ein paar geübten Handgriffen war ihr Schlaflager hergerichtet und er trat wieder vor Yume, der der einzige hellere Fleck im Raum war durch seine schimmernden silbrigen Haare. Von draußen drangen gedämpft die Stimmen der Männer zu ihnen herein, doch Davon nahm sie gar nicht wahr. Seine dunklen Augen waren nur auf Yume fixiert, der wie ein Häufchen Elend aussah, wie er mit hängenden Schultern und in sich zusammen gesunken dastand. Die feinen Haare waren zerzaust und die beigefarbenen Sachen verknittert und leicht verschmutzt. Der Kleine war völlig erschöpft und Davon fühlte sich wieder einmal schlecht, weil er Yume praktisch zu dieser anstrengenden Reise überredet hatte. Er seufzte und dirigierte den Kleinen, der fast schon im Stehen einzuschlafen schien sanft zu dem hergerichteten Lager. Kurz davor sträubte der Kleine sich aber weiter zu gehen und sich zu setzen. Verständnisvoll ließ Davon ihm Zeit. Yume zögerte, so als würde er überlegen, wie er sich am besten bewegen konnte, ohne Schmerzen zu haben. Kurz sah Davon das mit an und seufzte. »Ich.. werde erstmal eine Laterne holen…« Und eine Salbe, fügte er noch in Gedanken an. Vielleicht hatte Lano ja in weiser Vorrausicht so etwas eingepackt. Nach einem weiteren kurzen Blick auf Yume verließ er das Zelt. Draußen war das Lager fast vollständig aufgebaut. Die Pferde waren versorgt und die Soldaten standen bereits Wache. Davon nahm das zufrieden auf seinem Weg durchs Lager wahr und war froh Heron mitgenommen zu haben. Sein Heerführer leistete wirklich ganze Arbeit. Die Temperaturen waren auch noch sehr angenehm, sodass es für die Soldaten kein Problem war nur auf Fellen in der Nähe des Feuers zu schlafen. Davon wusste zwar nicht, wie Heron das mit der Wache geregelt hatte, aber da sie genug Soldaten hatten, würde es bestimmt alle zwei Stunden einen Wechsel geben, sodass am nächsten Morgen alle einigermaßen ausgeruht sein würden. Für Heron und Lano gab es ebenfalls ein Zelt, das Davon nun betrat, nachdem er sich kurz vorher bemerkbar gemacht hatte. Und er staunte nicht schlecht bei dem Anblick, der sich ihm bot. Lano musste bis zu seinem Eintreten herumgewirbelt haben, denn es brannten mehrere Laternen und deren warmes Licht beleuchtete die liebevoll drapierten Felle. Etwas zu Essen stand auch schon auf einem notdürftig aus einem Paket gebastelten Tischchen, genauso wie etwas zu trinken. Ein leises Räuspern riss Davon aus seinen Betrachtungen und sein Blick fiel erneut auf Lano, der verlegen von einem Bein aufs andere trat, die Hände vor seinem Körper ineinander gefaltet hatte und den Kopf gesenkt hielt. »Wolltet Ihr Heron sprechen? Er kümmert sich gerade noch um die Wacheinteilung…«, informierte ihn der Kleine und Davon seufzte. »Hm.. nein, ich bin eigentlich nur gekommen, weil ich ein zwei Laternen brauche und…« Er zögerte, was bewirkte, dass Lano ihn ansah. »Hast du zufällig eine schmerzlindernde Salbe eingepackt?« Seine Stimme besaß einen hoffnungsvollen Klang und er fühlte sich unsagbar erleichtert, als Lano nach kurzem Zögern nickte. »Ja, hab ich… hab mir schon gedacht, dass Yume Probleme bekommt…«, meinte der junge Dämon und machte sich gleich auf die Suche nach dem Salbentöpfchen. Flink ging er zu seiner Tasche und hockte sich hin, um darin herumzukramen. Lano hatte nur wenige Sachen für sich eingepackt, einmal, weil er sowieso nicht so viele besaß und Heron hatte ihn zudem auch noch davon abgehalten zu viel einzupacken. Den Grund dafür hatte er der andere ihm nicht verraten, aber wahrscheinlich hatten sich schon genug Gepäck zu schleppen. Nur so konnte der Kleine sich das erklären. Es dauerte nicht lange, da hatte er das Töpfchen gefunden, stand auf und reichte es seinem Herrn. »Die Salbe fördert die Durchblutung und nimmt etwas die Schmerzen«, erklärte er Davon noch, der sich lächelnd bedankte und dann schon wieder verschwunden war. Leicht schüttelte Lano den Kopf. Yume war wirklich total empfindlich. Aber er war froh, dass der andere mitgekommen war, nicht auszudenken, wie sehr Davon sich sonst gesorgt hätte. Obwohl er ja immer noch bezweifelte, dass sein Herr Yume in der Festung gelassen hätte. Aber ehe er weiter darüber nachdenken konnte, trat Heron ein und umarmte ihn sofort. Nur wenige Augenblicke später, fühlte Lano sich in einen stürmischen Kuss gezogen, den er sofort erwiderte, während er sich dabei sehnsüchtig an den Größeren schmiegte. So leidenschaftlich kannte er Heron gar nicht. Es musste wohl daran liegen, dass sie sich den ganzen Tag weder richtig gesehen, noch irgendwie flüchtig berührt hatten, dachte der Kleine. Doch seine Gedanken schalteten sich bei dem wilden Kuss allmählich ab und er stöhnte gegen das fordernde Lippenpaar, als Herons große kräftige Hände sich auf seinen Po legten und ihre Unterleiber aneinander presste. Auf dem Rückweg hatte Davon Heron getroffen und war auch noch zu den Laternen gekommen. Sie waren bereits angezündet und erhellten das Innere des Zeltes, als er es betrat. Sofort entdeckte er Yume, der sich schon auf einem der Felle zusammengerollt hatte. Er hängte noch schnell die Laternen auf, bevor er mit dem Salbentöpfchen zu dem Kleinen ging und sich neben ihn sinken ließ. »Schau mal, ich hab etwas von Lano mitgebracht.« Davon hielt das Töpfchen hoch. »Das ist eine schmerzlindernde Salbe. Sie wird dir helfen, sodass du wenigstens angenehm schlafen kannst, hm?« Ein Stück richtete sich Yume auf und besah sich das Töpfchen, bevor sein Blick misstrauisch auf Davon zu ruhen kam. Der Dunkelhaarige seufzte. »Keine Angst… du kannst es selber auf die schmerzenden Stellen auftragen«, beruhigte er den Kleinen. »Ich fasse dich nicht an, wenn du das nicht möchtest.« Es fiel Davon zwar schwer das zu sagen, weil er sich nach jeder winzigen Berührung verzehrte, aber letztendlich konnte und wollte er nichts erzwingen. Ein weiterer Blick des Kleinen traf ihn, jedoch sah Yume nun eher unsicher aus. Ihm wurde das Töpfchen abgenommen und Davon seufzte leise, denn er hatte gehofft, der Junge würde ihn doch machen lassen. »Soll ich solange raus gehen?«, fragte er trotz seiner Enttäuschung rücksichtsvoll und erhob sich schon einmal, ohne die Entscheidung abzuwarten. Yume wirkte betreten als er nickte und das fand Davon einfach nur niedlich. »Ist schon okay..«, beruhigte er den Kleinen, strich ihm einmal sanft über den Kopf und zeigte ihm damit, dass er deswegen nicht böse war. Draußen atmete Davon ein paar Mal tief ein und seufzte abermals, während er sich mit einer Hand durch die Haare fuhr. Dunkelheit hatte sich bereits wie ein schützender Mantel über das Lager gesenkt. Nur der helle Schein des großen Feuers drang zu ihm herüber. Irgendwie kam Davon sich blöd vor, so vor dem eigenen Zelt zu stehen, bevor ihm einfiel, dass sie noch nichts zu Essen im Zelt hatten. Also ging er zum Feuer, wo einer der Soldaten gerade damit beschäftigt war, gegrilltes Fleisch zu verteilen. Er ließ sich zwei Stücke geben, holte anschließend noch ein paar Früchte aus der Provianttasche und ging mit den Sachen zurück zum Zelt. Vor dem Eintreten zögerte er kurz. Ob Yume schon fertig war? Eigentlich müsste es genug Zeit gewesen sein. Also trat er langsam ein und entdeckte den Kleinen, wie er wieder eingerollt zu einer kleinen Kugel auf den Fellen lag. Er trug nicht mehr die lange Hose von vorhin, sondern eine sehr Kurze, die die Oberschenkel – und aus dieser zusammengerollten Position – auch ein Teil des wohlgeformtes Pos freiließ. Bewundernd lag Davons Blick auf der hellen Haut und er war regelrecht gefesselt. Und obwohl es überhaupt nicht angebracht war, spielten die Hormone in seinem Körper sofort verrückt und er begann auf den verführerischen Anblick augenblicklich zu reagieren. Schnell wandte der Dunkelhaarige den Blick wieder ab und biss sich auf die Lippe, versuchte seine Gedanken krampfhaft in eine andere Richtung zu leiten. Das fiel ihm mehr als schwer, denn seit einer halben Ewigkeit wie es ihm schien, hatte er keinen körperlichen Kontakt mehr gehabt, weder zu Yume, noch zu einer anderen Person. Bisher war ihm das gar nicht so bewusst gewesen, geschweige denn aufgefallen, obwohl er ständig diese Sehnsucht in sich verspürte, Yume nahe zu sein und ihn zu berühren. Aber solche Momente wie jetzt, führten ihm klar vor Augen, wie sehr er nach dem Kleinen verlangte, wie sehr er ihn berühren und spüren wollte. Leicht presste er die Lippen aufeinander, bevor er versuchte sich zu entspannen. Leise ging er zu Yume und stellte das Essen neben dessen Lager ab. Der Kleine hob den Kopf, als er ihn bemerkte. Yume sah aus, als hätte er schon geschlafen, so klein, wie die goldenen Augen wirkten. Aber das konnte nicht sein, oder doch? So lange war er doch gar nicht weg gewesen… Davon schluckte, als der Silberschopf sich über die Lippen leckte. Die hellen Lider waren scheu gesenkt und dadurch wurde Davon wieder einmal bewusst, was für wundervoll lange und dichte Wimpern der Junge besaß. So unschuldig wie Yume halb vor ihm lag, konnte der Dämon gar nicht anders, als auf unkeusche Gedanken kommen. »Hier… ich.. hab dir was zu Essen mitgebracht…«, wies Davon auf das Offensichtliche hin. Dabei klang seine Stimme unheimlich rau und er verfluchte sich dafür, denn eigentlich wollte er den Kleinen nicht merken lassen, wie es um ihn stand. Nicht, dass dieser wieder Angst vor ihm bekam. Yume fühlte sich grauenvoll matt und erschöpft. Ihm tat alles weh und die Salbe war zwar schön kühl, linderte die Schmerzen jedoch kaum, jedenfalls kam es ihm so vor. Der Kleine bezweifelte, dass es ihm morgen früh besser ging, doch er hatte sich vorgenommen durchzuhalten. Lano tat es schließlich auch, obwohl Yume schon sehr früh bemerkt hatte, dass der andere lange nicht so große Probleme hatte, wie er selbst. Lautlos seufzend schloss er die Augen. Kurz darauf hörte er Davon zurückkehren und drückte sich noch einmal mühevoll mit den Hände hoch in eine halbwegs sitzende Position, bei der ihm sein Po und seine Oberschenkel nicht ganz so sehr zu schaffen machten. Dann schaute er zu Davon auf, nachdem dieser das Essen neben ihn gestellt hatte. Hunger verspürte er nicht wirklich, aber er hatte den ganzen Tag schon so wenig zu sich genommen, dass Davon sicher darauf bestehen würde, dass er etwas aß. Mit einer Hand rieb sich Yume über die müden Augen, bevor er vorsichtig das Essen zu sich zog und sich etwas nahm. Nach ein paar Bissen konnte er jedoch nicht mehr und obwohl er sich darüber im Klaren war, dass Davon ihn beobachtete und genau verfolgte, wie viel er zu sich nahm, schob er das Essen schließlich mit einem entschuldigenden Blick von sich weg. Er hoffte, Davon würde ihm deswegen nicht böse sein. »Schon in Ordnung«, meinte der Dunkelhaarige, als er den unsicheren Blick des Kleinen auffing. »Leg dich hin und ruh dich aus…«, fügte er noch mit sanfter Stimme an, denn er hatte bemerkt, dass ihm der Silberschopf schon fast im Sitzen einschlief. Außerdem war er froh, dass Yume überhaupt ein bisschen gegessen hatte. Nach dem ganzen Stress brauchte der Junge einfach Ruhe. Ein weiterer unsicherer Blick traf ihn, bevor der Kleine sich erneut in die Felle kuschelte, dabei ein leises Seufzen auf den Lippen, das Davon trotz allem vernahm. Nachdem er Yume noch für einen Moment beobachtet hatte, aß er die Reste noch auf. Dann zog er sich die staubigen Sachen aus, schlüpfte in ein lockeres Hemd und eine frische Hose und holte eine Decke aus dem Gepäck, die er dem silberhaarigen Jungen liebevoll über die Schultern legte. Nachts würde es ziemlich kalt werden und er wollte nicht, dass Yume fror. Anschließend rollte er sich selbst ein Fell aus, in genügendem Abstand von Yumes Lager entfernt, damit der Kleine sich nicht bedrängt fühlte, und deckte sich selbst zu. Eine Weile lauschte er noch dem ruhigen Atem des Jungen, bevor der anstrengende Tag seinen Tribut forderte und er ebenfalls in einem oberflächlichen Schlaf fiel. *** Die folgenden Tage der Reise verliefen allesamt problemlos. Nur Yume bekam wie erwartet noch mehr Schwierigkeiten mit dem Reiten. Vor allem schnelle Geschwindigkeiten hielt er überhaupt nicht durch, sodass Davon ihn die letzte Tagesstrecke doch vor sich aufs Pferd setzte. Das gefiel dem Jungen überhaupt nicht, denn auf diese Weise verdeutlichte Davon seine Schwäche. Es hatten zwar alle mitbekommen, wie schwer ihm das Reiten fiel, aber nun machte der andere sein Vorhaben durchzuhalten einfach zunichte und Yume konnte noch nicht einmal protestieren. Sein Ärger darüber ließ ihn für eine Weile die Schmerzen vergessen. Er rückte so weit wie es ging von dem anderen weg. Das gestaltete sich zwar auf dem Pferd nicht so einfach, aber er wollte, dass Davon merkte, wie gemein er es fand, dass dieser ihn einfach wie ein Kind bevormundete. Wären sie allein, hätte er nichts dagegen gehabt, aber das hier war etwas anderes! Von dieser angespannten Atmosphäre umhüllt, durchquerte ihr Trupp am späten Nachmittag die gewaltigen Stadtmauern des Mittelreiches und der Anblick des geschäftigen Treibens, der bunten Geschäfte und der hohen, beeindruckenden Türme in nicht allzu weiter Ferne ließen Yume für eine Weile seinen Ärger vergessen. Staunend sah er sich um. Seine goldenen Augen wanderten beeindruckt über die vielen, in fröhlichen Farben gekleideten Leute, die ihrer Gruppe voller Ehrerbietung Platz machten. Langsam durchquerten sie die Straßen und so hatte Yume genug Zeit die ganzen fremden Eindrücke in sich aufzunehmen. Kinder spielten am Straßenrand mit Dingen, die der Kleine überhaupt nicht kannte und am liebsten wäre er vom Pferd gestiegen und zu den Kindern gegangen, um sich das alles genauer anzuschauen. Aber ein Blick über die Schulter in Davons Gesicht, sagte ihm, dass er das lieber nicht tun sollte. Der andere schien angespannt und ihn interessierten die Leute um sie herum offensichtlich überhaupt nicht. Yume verstand das nicht. Es machte ihn traurig, denn er hatte sich so sehr auf die Stadt gefreut. Er fragte sich immer wieder, warum Davon gerade jetzt so komisch sein musste. Die ganze Zeit hatte sich der Mann liebevoll um ihn gekümmert, wieso ging er nun nicht auf ihn ein? Seufzend senkte der Kleine den Blick und starrte gedankenverloren auf den Sattelknauf vor sich, während er versuchte Davon irgendwie zu verstehen. Vielleicht war es ja auch gefährlich in den Straßen? Aber die Leute wirkten alle fröhlich und nett. Neugierig hob der Silberschopf wieder den Kopf und guckte sich weiter die Umgebung an, wenn er schon auf dem Pferd bleiben musste. Es dauerte noch eine ganze Weile bis sie den Palast erreichten. Die Straßen waren breiter und ebener geworden. Türme und verzierte Kuppeln wurden häufiger und die Gegend veränderte sich ebenfalls drastisch, genauso wie die Leute, die sich hier bewegten. Die meisten waren ebenfalls zu Pferde unterwegs und trugen edler anmutende Kleidung. Es herrschte einfach eine ganz andere Stimmung. Vor allem fehlten Yume aber die herumtollenden Kinder und die bunten Händler, die den Straßen unglaubliche Lebendigkeit verliehen hatten. Im Gegensatz zu dem lockeren Umgang der Kaufleute, wirkten die Leute hier eher reserviert und kühl und Yume fröstelte leicht, trotz der Hitze, die einem förmlich den Schweiß auf die Stirn trieb. Flimmernd durch die aufsteigende Hitze kam der Palast in Sicht und Yume war atemlos vor staunen, als er dieses prächtige Gebäude erblickte. Es stand leicht erhöht und durch die unglaubliche Wärme, die über den Straßen flirrte, schien es, als würde er ein Stück in der Luft schweben. So etwas Schönes hatte der Kleine noch nie gesehen und er war einfach nur überwältigt. Der Palast war noch einmal von einer extra Mauer aus ockerfarbenen dicken Steinen umgeben. Nacheinander ritten sie durch ein weiteres großes Tor und Yumes Augen wurden noch ein Stück größer. Er war im Paradies gelandet… jedenfalls glaubte er das. Denn entgegen der tristen Steppen- und Sandlandschaft, die er in den letzten Tagen ihrer Reise zu Gesicht bekommen hatte, strahlte ihm hier nun sattes Grün entgegen, soweit das Auge reichte. Neben dem Weg aus in der Sonne glänzenden ovalen Steinen, befanden sich weite Rasenflächen. Vereinzelt standen atemberaubend schön blühende Bäume darauf und Yume konnte nur vermuten wie wundervoll kühl es in deren Schatten sein musste. Dazwischen blühten geschmackvoll angelegte Rosenhecken und die dicke Mauer, die von außen abschreckend gewirkt hatte, war mit dichten Ranken bewachsen, die den sandigen Stein mit ihren großen sattgrünen Blättern fast vollständig verdeckten. Yume verspürte bei alldem sofort den Wunsch sich unter einem der Bäume zusammenzurollen und einfach nur zu schlafen. Er war völlig erschöpft und das wurde ihm erst jetzt wieder bewusst. Durch das Bestaunen der neuen Umgebung, hatte Yume gar nicht mitbekommen, wie ein kleiner Trupp von Männern auf sie zugekommen war. Förmlich wurden sie begrüßt, bevor sie von den Männern zu den Ställen geleitet wurden. Schließlich stieg Davon ab und hob ihn ebenfalls vom Pferd. Das Tier wurde genau wie einige andere, die nicht so schwer bepackt waren weggeführt, aber dem Kleinen war es viel zu anstrengend das alles zu verfolgen. Er ließ sich von Davon durch die vielen Soldaten schieben, bis er Lano vor sich erkannte, der ihn breit anlächelte und von dem Trubel anscheinend äußerst angetan war. »Hey.. ist das nicht toll hier? Ich frag mich, wie die das hinbekommen haben, dass hier alles so grün ist…«, quasselte der kleine Dämon drauf los, während er sich immer wieder begeistert umsah. Dann griff er ihn am Arm und wies auf ein paar Jungen in edlen Uniformen. »Und guck mal, die Lakaien haben sogar richtig tolle Livreen an.« Lanos Begeisterung fand gar kein Ende, aber Yume hatte überhaupt keine Augen mehr für all die neuen Sachen. Ihn interessierte sowieso eher die Natur, doch er war einfach zu geschafft, um noch großartig irgendwas zu bewundern. Sein Po und seine Oberschenkel pochten schmerzhaft und er wollte jetzt einfach nur noch seine Ruhe haben. Nach einer unendlich langen Zeit, wie Yume schien, war er gemeinsam mit Davon von einem der Diener auf ein Zimmer gebracht worden, das dem Äußeren des Palastes wirklich an nichts nachstand. Dafür hatte der Kleine nun aber erst recht keinen Blick mehr. Er schlurfte nur noch auf das große Bett zu und ließ sich erschöpft in die weichen Decken sinken. Wie die Tür sich schloss und die leisen Schritte hörte er gar nicht mehr, denn er war schon fast weggedämmert. Erst, als sich eine warme Hand auf seine Schulter legte, blinzelte der Kleine noch einmal zu Davon hoch. »Yume, Kleiner…«, vernahm er die sanfte Stimme und murrte, denn irgendwie ahnte er, dass der andere noch etwas von ihm wollte. »Vor dem Schlafen musst du dich noch waschen…« Widerwillig verzog der Junge das Gesicht und versuchte die warme Hand von seiner Schulter zu schütteln, um Davon so zu zeigen, wie viel er von der leisen Bevormundung hielt. Davon schmunzelte über die niedliche Reaktion, ließ jedoch nicht locker, denn auf ihrer Reise war schon nicht großartig die Möglichkeit zum Waschen gewesen und Nachlässigkeit wollte er jetzt nicht einreißen lassen. Die paar Minuten würde Yume sich nun auch noch zusammenreißen können. Aber der Kleine zeigte ihm deutlich, dass er seine Ruhe haben wollte. Davon seufzte. Er wusste am besten wie mitgenommen und fertig der Junge war, trotzdem ließ er noch nicht zu, dass er ganz tief einschlief. »Deinen Po musst du auch noch eincremen…«, erinnerte er Yume, der ihm jedoch ganz offensichtlich nicht zuhörte. Er seufzte erneut, bevor er den Kleinen auf den Rücken drehte und anfing ihn aus dem schmutzigen Oberteil zu pellen. Yume wehrte sich nicht, murrte nur ab und zu unwillig und wollte sich wieder wegdrehen, was Davon aber nicht zuließ. Er zog dem Kleinen noch geschickt Hose und Unterhose aus, streifte sich flink seine eigenen Kleider ab und hob den Silberschopf dann auf die Arme, um ihn unter die Dusche zu tragen. »Komm schon, Yume… lass dich nicht so hängen…«, mahnte er den Kleinen ein wenig genervt, als er ihn versuchte auf die Beine zu stellen, die jedoch immer wieder wegknickten. Davon wusste nicht, ob der Junge das mit Absicht machte, um ihn zu ärgern, oder ob er tatsächlich derartig erschöpft war. Schließlich blieb Yume doch stehen, lehnte nur schwer an seiner Brust. Davon traute dem ganzen aber noch nicht und hielt deswegen vorsichtshalber einen Arm um die schmale Taille des Jungen geschlossen. Dann stellte er das Wasser an. Warm prasselte es auf sie hinunter und Davon konnte richtig beobachten, wie der Staub von Yumes heller Haut gespült wurde. Großzügig wusch er den Kleinen so gut es ging. Die silbrige Haarpracht ließ er aber aus, denn das war ihm doch zu kompliziert mit einer Hand. Sich selbst rieb er auch schnell ab, stellte die Dusche wieder aus und hüllte den Kleinen in ein riesiges ockerfarbenes Flauschhandtuch, bevor er ihn noch vor das Waschbecken schob. Missmutig blinzelte Yume ihn aus kleinen Augen durch den Spiegel an, doch Davon drückte ihm nur eine Zahnbürste in die Hand. »Zähneputzen noch und dann bist du erlöst…«, meinte er mit einem liebevollen Lächeln. Da Yume sich am Waschbecken abstützte, griff er selbst nach einem Handtuch und trocknete sich ab. Im Moment verschwendete er keinen einzigen Gedanken daran, dass er Yume mit seiner Nacktheit womöglich erschreckte. Der Umgang mit dem Kleinen kam ihm völlig natürlich vor und das genoss er sehr. In den letzten paar Tagen waren sie sich wieder näher gekommen, was hauptsächlich von Yume ausgegangen war. In den Nächten war der Kleine immer wieder angekuschelt gekommen, obwohl Davon ihre Schlaflager extra etwas voneinander entfernt aufgeschlagen hatte. Und es hatte sich so natürlich, so vertraut angefühlt. Er wollte den Kleinen am liebsten jede Nacht so nah bei sich haben und ihn nie wieder missen. Schließlich war Yume fertig mit Zähne putzen und Davon nahm ihm die Bürste ab, spülte sie ab und trug seinen Liebling zurück ins Schlafzimmer, wo er ihn sanft in die Decken bettete. Dann wickelte er den Jungen noch aus dem Handtuch und dieser legte sich gleich auf die Seite und zog die Beine ein Stückchen an. Die Salbe hatte er vorhin bereits auf den Nachttisch gestellt und nun griff er nach dem Töpfchen. »Yume… Po noch eincremen…«, erinnerte er den Silberschopf, der schon wieder unterwegs ins Reich der Träume war. Das Eincremen war nämlich etwas, das Yume trotz seiner Erschöpfung jeden Abend selbst getan hatte. Und Davon war sich unschlüssig, ob der Kleine es dulden würde, wenn er ihn nun einfach so berührte. Obwohl… unter der Dusche hatte Yume sich auch nicht gegen ihn gewehrt. Also tat Davon sich etwas von der Salbe auf die Finger und verteilte sie vorsichtig auf der gereizten Haut von Yumes Po und Oberschenkel. Der Kleine schmatzte, was den Dunkelhaarigen ungemein beruhigte. Zumindest in diesem müden Zustand schien der Junge sich nicht an seinen Berührungen zu stören. Sanft massierte er die nach Kräutern duftende Masse ein, kostete es voll aus auf diese Weise Körperkontakt zu ihm zu haben und konnte es nicht lassen, sanft über die zarten Innenschenkel zu streicheln. Ein Seufzen war zu vernehmen und Yume winkelte das obere Bein ein Stück weiter an, streckte seinen Po ein bisschen raus, weil er die Berührung offensichtlich sehr angenehm fand. Doch Davon schluckte schwer, als er plötzlich freien Blick auf den kleinen, vom Duschen noch feucht schimmernden Muskelring hatte. Einen Moment saß er wie erstarrt da und ein ganzer Schwall von Hormonen jagte durch seinen Körper. Sofort spürte er wie seine Männlichkeit pochend zum Leben erwachte und ein unterdrücktes Stöhnen kam über seine Lippen. Er ballte die Hände zu Fäusten und rang um Beherrschung, denn dieser Anblick, wenn auch völlig unbeabsichtigt von Yume, kam einer Einladung gleich. Und obwohl Davon sich bewusst war, dass er sich nicht gehen lassen durfte, fiel es ihm wahnsinnig schwer nicht doch einfach die Hände auszustrecken. Seine Vernunft gewann jedoch wieder einmal die Oberhand über sein Handeln und so warf er dem Kleinen schnell eine Decke über, um sich nicht noch weiter mit dem Anblick zu quälen, der ihm deutlich zeigte, was er schon längst hätte haben können, wenn einige Dinge niemals passiert wären. Darüber zu philosophieren war allerdings müßig und müde war er von der Reise ebenfalls, auch wenn man ihm das nicht so sehr anmerkte. Mit einiger Mühe zwang er sich, das eben gesehene Bild vor seinem inneren Auge zu verdrängen, dass sich ihm eingebrannt zu haben schien. Doch es gelang ihm nur unzureichend, weshalb Davon es schließlich aufgab. Nackt und erregt wie er war, legte er sich auf die andere Seite des Bettes. Unter die Dusche wollte er nicht noch einmal, schon gar nicht unter eine Kalte. Irgendwann würde seine Erregung sich schon verflüchtigen. Dachte er zumindest… Wärmende Sonnenstrahlen fielen durch die hohen Fenster und Davon gähnte herzhaft, bevor er blinzelnd die Augen aufschlug. Er fühlte sich richtig erholt. Sein Schlaf war ruhig und tief gewesen. Dann wurde er sich des warmen Körpers bewusst, der halb an ihn geschmiegt und halb auf ihm lag. Eigentlich war es für Davon nichts Neues mehr, dass Yume im Schlaf ganz dicht an ihn heran rückte, aber er war jedes Mal wieder erstaunt darüber. Der Kleine blieb tagsüber immer noch auf Abstand, auch wenn sich das in den letzten Tagen ein wenig gelegt hatte. Aber das Anschmiegen Nachts… es zeigte Davon, dass der Junge ihm insgeheim mehr vertraute, als er vielleicht offen zugeben würde. Jedenfalls wollte er das glauben… Zu Ende bringen konnte er seine Gedanken nicht, denn Yume seufzte leise im Schlaf, rutschte ein wenig weiter auf seine Brust und das eine Bein des Kleinen, das eben noch auf seinem Oberschenkel geruht hatte, rutschte zwischen Davons Beine und drückte leicht in seinen unbekleideten Schritt. Unterdrückt keuchte Davon bei der Berührung auf und wie schon die letzten Male begann sein Körper sofort zu reagieren. Diesmal jedoch stärker, als letzte Nacht. Zudem war ihm bewusst, dass Yume ebenfalls nichts anhatte. Seine Haut fing an den Stellen an zu brennen, wo er die des Kleinen berührte und sein Kopfkino leistete ganze Arbeit. Für einen kurzen Moment gestattete er sich, diese süße Folter zu genießen, bevor er Yume mit einem Mal recht unsanft von sich herunter schob und ins Badezimmer flüchtete, bevor er eine große Dummheit begehen konnte. Durch das recht grobe Wegschieben, erwachte Yume aus seinem erholsamen Schlaf und gähnte, während er sich wie eine Katze der Länge nach streckte. Gleich darauf rollte er sich jedoch wieder zusammen, denn das Laken war kalt, da wo es nicht von seiner angenehmen „Unterlage“ angewärmt worden war. Der Kleine gähnte erneut, bevor er sich aufsetzte und sich verschlafen mit dem Handrücken über die Augen rieb, um den Schlafsand loszuwerden. Suchend blickte er sich dann um, aber von Davon war nichts zu sehen. Ob der andere schon zu so einem Treffen mit den anderen Dämonen gegangen war? Davon hatte ihm Abends immer ein bisschen darüber erzählt, wie so eine Konferenz ungefähr ablief. Jeden Tag unendlich lange Vorträge und Gespräche über die aktuelle Lage in den einzelnen Herrschaftsgebieten, Diskussionen darüber, was verbessert werden konnte und Abends gab es regelmäßig Veranstaltungen wo man sich zum Essen und zum Tanz traf. Auch davon hatte der andere ihm viel erzählt, aber Yume wurde durch das Geräusch von plätscherndem Wasser abgelenkt. Außerdem wurde er sich dadurch bewusst darüber, dass er Durst hatte. Ohne weiter zu überlegen, stand der Kleine auf und bemerkte erst das er nackt war, als er neben dem Bett stand. Sofort wurden seine Wangen ganz heiß und Yume griff sich rasch eins der Laken, das sie als Zudecke benutzt hatten und wickelte sich darin ein. Es war ihm total peinlich, vor allem, weil er wusste, dass er sich genauso nackt an Davon geschmiegt hatte. Allein bei dem Gedanken wurde ihm noch heißer und Yume haderte mit sich, ob er überhaupt ins Bad gehen sollte. Denn Davon war zweifelsohne dort und.. und er wusste überhaupt nicht, wie er sich ihm gegenüber nun verhalten sollte… Unsicher trat der Kleine von einem Bein aufs andere und war sich noch eine ganze Weile unschlüssig. Letztendlich siegte aber sein Durst und er konnte ja so tun, als hätte er von alldem nichts mitbekommen, überlegte Yume, während er langsam in Richtung Badezimmer tapste. Er hatte die Tür fast erreicht, als er ein tiefes Stöhnen vernahm. Verunsichert blieb er stehen. Ging es Davon vielleicht nicht gut? Nicht, dass der Mann krank wurde oder so… Von Sorge angetrieben, tapste Yume weiter und schob mit einer Hand die Tür auf, die nur angelehnt gewesen war. Langsam glitt sie auf und dem Kleinen offenbarte sich ein großer heller Raum. Yume konnte sich zwar erinnern, dass er gestern schon mal hier drin gewesen war, aber bewusst wahrgenommen hatte er da nichts. Kurz ließ er seinen Blick schweifen, bevor er Davon hinter einer Glasscheibe – von der ununterbrochen Wassertropfen herunterperlten – erblickte. Yume war irgendwie erleichtert Davon zu sehen. Der Mann hatte sich mit einer Hand an dem Glas abgestützt und seine Gesichtszüge wirkten angespannt. Als Yume dann erneut ein Stöhnen vernahm, wollte er schon auf Davon zugehen und ihn fragen, ob er sich nicht gut fühlte, doch dann wanderte sein Blick tiefer und der Kleine blieb wie zur Salzsäule erstarrt stehen. Durch die Glasscheibe konnte er deutlich mit ansehen, wie der andere sich zwischen den Beinen berührte!!! Bei aller Unerfahrenheit zog Yume doch die richtigen Schlüsse und schluckte trocken. Er hatte Davon bisher noch nicht allzu oft nackt gesehen und dann schon gar nicht SO! Erneut musste der Kleine schlucken und fühlte sich völlig überrumpelt. Aber er verspürte keine Angst… Allerdings wusste er auch nicht, wie er mit der Situation umgehen sollte und war total überfordert. Eine ganze Weile stand er einfach da und war.. ja… er war irgendwie fasziniert. Es war ihm schier unmöglich seine goldenen Augen von Davons Tun zu lösen. Das Ding zwischen Davons Beinen konnte er sogar zucken sehen und er war überrascht wie groß es war… eigentlich hatte Yume es viel kleiner in Erinnerung… aber das war ja auch schon ein bisschen her. Eine sanfte Röte legte sich auf seine Wangen, während er so darüber nachdachte und ganz aufmerksam beobachtete, wie Davons Hand sich immer schneller zwischen seinen Beinen bewegte. Erneut erklang ein tiefes, raues Stöhnen und ließ sogar Yume wohlig erschaudern. Solche Laute hatte er noch nie von Davon gehört und er stellte fest, dass sie ihm gefielen. Und das Gesicht des anderen… Es wirkte zwar nicht wirklich entspannt, aber dennoch konnte der Kleine deutlich sehen, wie viel Lust der andere bei seinem Tun empfand. Unbewusst leckte er sich über die Lippen und verspürte eine ganz komische Wärme in sich, die immer weiter anwuchs. Sein Atem hatte sich ebenfalls leicht beschleunigt und Yume spürte sein Herz ganz schnell klopfen. Verwirrt strich sich der Kleine eine helle Strähne aus dem Gesicht. Was war nur mit ihm los? Er verstand überhaupt nicht warum sein Körper einfach so reagierte. Er hatte doch gar nichts getan! Unsicher schaute er an sich hinunter und fiepte vor lauter Überraschung leise, als er die leichte Beule in seinem Schritt zu Gesicht bekam, die sich deutlich unter dem Laken abzeichnete, in das er sich eingewickelt hatte. Sofort kniff Yume die Beine fest zusammen und sein Herz setzte einen Schlag aus, als ein leises Fluchen aus der Dusche zu hören war. Oh nein!! Jetzt hatte er Davon gestört! Erschrocken starrte er in Richtung Dusche, von wo der andere genauso erschrocken zurückschaute. Yume konnte sich jedoch keinen Millimeter rühren. Er schluckte und leckte sich nervös über seine plötzlich trockenen Lippen. Am liebsten wäre er auf der Stelle geflüchtet, doch irgendwas hielt ihn zurück. Yume merkte erst wenig später, dass es Davons Blick war, der ihn so fesselte. Fast schon verzweifelt schaute der andere ihn durch die Glasscheibe hindurch an und in seinem Inneren spürte der Kleine, dass er ihn sehr verletzen würde, wenn er jetzt wegrannte. Tief holte der Junge Luft und blieb stehen wo er war, auch wenn er sich alles andere als sicher fühlte. In Davon zog sich alles zusammen, als er Yume auf einmal im Bad stehen sah. Er hatte das Gefühl mit seiner Aktion alles zerstört zu haben, wenn der Kleine auch nur einen Bruchteil dessen mitbekommen hatte. Aufgewühlt und mindestens genauso unsicher wie Yume stand Davon in der Dusche und brauchte erst einmal eine Weile um sich zu fassen und ein bisschen Mut zu sammeln, damit er dem Kleinen entgegen treten konnte. Ohne hinzuschauen stellte er die Dusche aus und griff sich ein Handtuch, das er sich fest um die Hüften schlang. Er war immer noch erregt und das konnte auch das Handtuch nicht verbergen. Erst dann trat er hinter der Scheibe hervor und ging ein kleines Stück auf Yume zu. Ihm fehlen immer noch die Worte, obwohl es den Gesichtsausdruck des Kleinen betreffend anscheinend keiner bedurfte. Trotzdem wollte Davon sich irgendwie erklären. Ihm war noch nie im Leben irgendwas peinlich gewesen, aber das jetzt schon. Doch er wusste einfach nicht, was er sagen sollte… sich entschuldigen? Nein… schuldig hatte er sich ja nicht gemacht. Es war einfach eine blöde Situation! Das Schweigen lag wie eine Bleidecke über ihnen und da half Davon auch die Entdeckung nicht, dass sein Tun den Kleinen nicht ganz kalt gelassen hatte, denn ihm war die leichte Beule unter dem Laken natürlich aufgefallen. »Yume, ich... Bitte vergiss einfach, was du gesehen hast. Ich wollte nicht, dass du es merkst, aber… Verdammt!! Ich bin auch nur ein Mann!!« Yume zuckte ein wenig zusammen, als Davon plötzlich am Ende seiner Worte die Hände in die Luft warf und sich umdrehte. Der Mann hörte sich so verzweifelt an und Yume glaubte ja auch nicht, dass es etwas schlechtes war, was der andere da gemacht hatte. Davon hatte so unglaublich erotisch gewirkt, sodass der Kleine seinen Blick nun erst recht nicht von ihm lassen konnte. Fasziniert betrachteten seine goldenen Augen den breiten Rücken und Yume musste sich eingestehen, dass er den anderen noch nie wirklich mit solchem Interesse beobachtet hatte. Sicherlich hatte er Davon schon immer irgendwie attraktiv gefunden, aber nach dem Erlebnis gerade eben… das hatte ihm die Augen geöffnet. Und obwohl ihm eine kleine Stimme in seinem Kopf riet, sich lieber zurückzuziehen, blieb er einfach wo er war und schaute den anderen unverholden an, genoss das Spiel der Muskeln auf dessen Rücken und wartete ab, was Davon nun machen würde. Dieser hingegen fragte sich, weshalb der Junge noch nicht das Weite gesucht hatte, jetzt, wo er ihn so angefahren hatte. Es war nicht beabsichtigt gewesen, aber bei ihm hatte sich einfach vieles angestaut. Und irgendwie war er nun an einem Punkt angekommen, wo er es nicht mehr aushielt, wo es ihm nicht mehr reichte Yume nur anzusehen und es ihm nicht gelang seine Berührungen ausschließlich auf ein sanftes Kopftätscheln oder Streicheln zu beschränken. Es konnte so einfach nicht weiter gehen. Schon gar nicht, wenn Yume sich jede Nacht so vertrauensvoll an ihn kuschelte und ihn damit ganz verrückt machte. Davon war sich darüber im Klaren, dass er nicht so plötzlich mehr von dem Jungen verlangen konnte, schon gar nicht nach allem was zwischen ihnen vorgefallen war.. die ganzen Missverständnisse, das Misstrauen, was er dem Kleinen entgegen gebracht und ihn damit fast umgebracht hätte… Die alten Zweifel und das Schuldbewusstsein kehrten zurück und Davon presste bitter die Lippen aufeinander. »Am besten du gehst jetzt…«, meinte er schließlich, hatte dem Kleinen immer noch den Rücken zugewandt. »Ich… ich werde veranlassen, dass du ein eigenes Zimmer bekommst«, fügte er noch an. Hätte er Yume in diesem Moment ins Gesicht gesehen, hätte er diese Worte sicherlich sofort wieder zurückgenommen. Aber er tat es nicht und so entging ihm auch der traurige Ausdruck, der sich wie ein Schatten über Yumes Gesicht gelegt hatte. Tbc… © by desertdevil Kapitel 15: ------------ Anmerkung des Autors: Tut mir wirklich leid, dass es so lange mit diesem Kapitel gedauert hat. Eigentlich sollte es ja schon ein Weihnachtsgeschenk an euch werden, aber da hatte ich so viel Stress und bin echt zu nix gekommen. Deswegen jetzt also als verspätetes Neujahrspräsent ^^ Hoffe es gefällt. Hab mir wirklich Mühe gegeben und es sogar etwas länger als geplant geschrieben. Viel Spaß jedenfalls beim Lesen. ***Tempted to touch XV*** Die Konferenz war in vollem Gange und Davon schaute bestimmt schon zum zwanzigsten Mal auf die riesige Wanduhr, die noch ein Überbleibsel aus Zeiten des Drachenvolkes war. Denn um das ovale Ziffernblatt wanden sich zwei schlangenähnliche Drachen. Sie stellten gemeinsam mit den gezackten Zeigern das Herz eines anderes großen Drachens dar, der auf den Hinterbeinen stand und mit den Vorderklauen sein »Herz« umrahmt hielt, während er den Kopf zur Seite gelegt hatte und mit seinem linken Auge den Betrachter aufmerksam anfunkelte, fast so, als wäre er lebendig. Davon war schon immer von dieser Uhr fasziniert gewesen, doch heute schien dieser Drache ihn zu verhöhnen, indem er die Zeit extra langsam vergehen ließ. Rein gefühlsmäßig kam es ihm nämlich vor, als säße er schon zwölf Stunden in dieser großen Konferenzhalle, dabei waren es erst drei! Konzentrieren konnte er sich auch kaum, was hauptsächlich daran lag, dass seine Gedanken sich ausschließlich mit Yume beschäftigten und mit der Situation von heute morgen. Kurzfristig hatte er ein zweites Zimmer organisiert, dass gar nicht weit von dem anderen weg lag und war mit seinen Sachen umgezogen. Dabei hatte Yume ziemlich traurig ausgesehen, aber es hatte ihn nicht zurück gehalten, obwohl seine innere Stimme lautstark protestiert hatte. Bisher war ihm nicht einmal in den Sinn gekommen, dass der Kleine ihn wegen der Sache im Bad nicht abstoßend finden könnte. Aber wenn er sich jetzt zurück erinnerte, hatte er keine Abscheu in den bernsteinfarbenen Augen erkennen können, was das betraf. Eher war Interesse und Neugier in Yumes Gesicht zu lesen gewesen, was Davon bis zum jetzigen Zeitpunkt erfolgreich ignoriert hatte. Ob er nicht vielleicht doch überreagiert hatte? Diese Frage drängte sich ihm plötzlich auf, doch er schüttelte unmerklich den Kopf, ohne es so recht zu merken. Nein, bestimmt nicht! Es war alles in Ordnung so wie es war, sagte er sich selbst, zwar wenig überzeugt, aber er hatte nun auch keine Zeit mehr weiter darüber nachzusinnen, denn der Großfürst von Achar begann in diesem Moment seine Ausführungen. Zu Beginn waren sie sich alle vorgestellt worden. So lief es immer, obwohl der Großteil der Fürsten schon über Jahre derselbe war und sie sich alle kannten, so stellte die Begrüßung so etwas wie eine Zeremonie dar. Es saßen knapp dreißig Leute um den riesigen ovalen Tisch, der mitten in einem Saal stand, der sonst auch für feierliche Anlässe genutzt wurde. Jeder der dreißig Anwesenden hatte eine kurze Zusammenfassung über die derzeitige wirtschaftliche Entwicklung seines Herrschaftsbereiches zu geben. Bei den meisten handelte es sich um ältere Herren und dementsprechend waren auch die Berichte. Großfürst von Achar war der vorletzte Sprecher und Davon war zum Glück schon dran gewesen. Bei der Aussicht auf die letzten Berichte, war er überhaupt nicht mehr motiviert. Erneut glitt sein Blick zur Uhr. Wieder erst zwei Minuten vorbei. Innerlich seufzte er schwer, stützte den Kopf auf einer Hand ab und versuchte wenigstens interessiert auszusehen. Währenddessen hockte Yume einsam auf dem Bett, in dem Zimmer, in dem Davon ihn zurückgelassen hatte. Traurig starrte er auf das Frühstück, das ihm gebracht worden war, aber Appetit, geschweige denn richtigen Hunger verspürte er keinen. Er vermisste Davons Gegenwart jetzt schon und das schlug ihm schwer auf den Magen. Noch immer verstand der Kleine nicht, wieso der Mann ihn allein gelassen hatte. Nur wegen der Sache im Badezimmer? Dabei war sich Yume noch nicht einmal bewusst, was er überhaupt falsch gemacht hatte und das betrübte ihn am meisten. Schwer seufzend schaute er zur Tür und hoffte immer noch, dass der andere zurückkam. Aber als er über eine halbe Stunde trübselig die Tür angestarrt hatte, raffte er sich auf. Bestimmt war Davon schon längst Arbeiten, oder auf so einer Konferenz, wie er ihm während der Reise erzählt hatte. Die meiste Zeit würde der andere auf solchen Sitzungen sein, hatte er ihm erklärt und nun konnte Yume sich nicht mal darauf freuen, wenn die zu Ende waren, weil der Mann ja dann nicht zu ihm kam, sondern in sein Zimmer ging. Er fragte sich warum er dann überhaupt mitkommen musste, wenn sie sich sowieso kaum zu Gesicht bekommen würden. Nachdenklich strebte Yume zu seinem Gepäck und suchte sich etwas Vernünftiges zum Anziehen heraus. Es waren alles Sachen, die Davon vor einiger Zeit für ihn hatte anfertigen lassen. Abermals seufzte der Kleine schwer. Ob er wollte oder nicht, er wurde immer wieder durch Kleinigkeiten an den anderen erinnert, obwohl er gar nicht an ihn denken wollte. Das machte ihm alles zusätzlich schwer. Fertig angezogen, wartete er ungeduldig hin und her gehend, dass Lano kam und ihn zum Rausgehen abholte. Aber nach einer halben Ewigkeit, in der der andere Junge sich nicht hatte blicken lassen, verließ Yume schließlich auf eigene Faust das riesige Zimmer. Ihm war unglaublich langweilig. Lano war bestimmt mit Heron unterwegs und hatte ihn dabei sicherlich ganz vergessen. Aber die ganze Zeit nur warten, dass mal jemand an ihn dachte, wollte der Silberschopf auch nicht. Ihm war zwar nicht ganz wohl dabei einfach allein durch diesen großen Palast zu spazieren - vor allem nicht, weil Davon ihm das eigentlich untersagt hatte - aber nur auf dem Zimmer hocken, darauf hatte er auch keine Lust. Gewissenhaft schloss der Kleine hinter sich die hohe Tür ab und steckte den Schlüssel in seine Hosentasche, bevor er erst einmal den langen Gang hinunter starrte. Yume war sich nicht sicher, aus welcher Richtung sie gestern gekommen waren, weil er da so müde und erschöpft gewesen war, dass er gar nichts mehr richtig wahrgenommen hatte. Unschlüssig sah er von einer Richtung in die andere und seufzte leise. Dann wählte er einfach den Gang rechts von sich. Er würde schon irgendwo ankommen. Und wenn nicht, dann ging er eben zurück. Eigentlich wollte er bloß in den Garten unter einen der hohen Bäume. In der Natur fühlte er sich nämlich wohl und konnte sich besser entspannen, als in einem dunklen Raum. Allerdings stellte sich das Unterfangen den Garten zu finden, als schwieriger heraus, als Yume gedacht hatte. Die Gänge waren wie ein Labyrinth. Außerdem sahen viele gleich aus, oder zumindest ziemlich ähnlich, sodass der Kleine bald überhaupt nicht mehr wusste, wo er sich befand. Nicht mal an den Rückweg konnte er sich erinnern. Verzweifelt drehte er sich im Kreis und versuchte sich zu entsinnen, wo er hergekommen war. Unsicher ging er zurück zu dem Gang, aus dem er gekommen war, konnte sich aber bei der nächsten Abbiegung beim besten Willen nicht mehr erinnern, wo es lang ging. Verzagt knetete der Kleine seine Finger, kaute auf seiner Unterlippe herum und schaute sich immer wieder um, um vielleicht einen Hinweis zu finden, wo er lang musste. Wäre er doch bloß im Zimmer geblieben! Yume bereute es jetzt zutiefst, Davons Worte missachtet zu haben. Er war nun einmal ziemlich orientierungslos, aber hier sah alles so gleich aus. Er fürchtete sich sogar ein bisschen, denn die Gänge waren nicht besonders hell und Fenster gab es auch keine. Das fiel ihm jetzt erst so richtig auf, vorhin war er noch voller Enthusiasmus gewesen und hatte darauf nicht geachtet. Außerdem… ihm war in der ganzen Zeit nur wenige Personen begegnet. Es waren Leute in sehr edler Kleidung gewesen, deswegen hatte er sich auch nicht getraut an sie heran zu treten. Und selbst wenn… es wäre ihm ja schlecht möglich gewesen zu fragen… Mit gesenktem Kopf stand Yume an einer Abbiegung und überlegte unsicher, welchen Gang er denn nun nehmen sollte, als er plötzlich Schritte vernahm. Sofort schaute er auf. Eine Gestalt in hellen Gewändern kam auf ihn zu. Als sie nah genug war, erkannte Yume eine schlanke hoch gewachsene Frau mit langen blonden Haaren. Obwohl er noch nicht viele Frauen zu Gesicht bekommen hatte, fand der Kleine sie atemberaubend schön und Yume schluckte, als sie vor ihm stehen blieb und ihn eingehend musterte. Es war kein herablassender oder verächtlicher Blick. Dennoch fühlte der Silberschopf sich sofort unwohl. Unsicher kaute er auf seiner Unterlippe herum, senkte den Kopf und wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Bestimmt hielt die Frau ihn für unhöflich, weil er sie nicht grüßte… »Schon gut… ich weiß, dass du nicht sprechen kannst.« Ruckartig schnellte Yumes Kopf in die Höhe und er starrte die Frau ungläubig an. Er öffnete reflexartig den Mund, um etwas zu sagen, doch kein Ton kam über seine Lippen. Ein leicht trauriges Lächeln lag auf den Gesichtszügen der Frau. »Es ist nicht gut, dass du hier bist.« Sie wandte sich um und schaute den Gang hinunter, aus dem sie gekommen war. »Du solltest nicht allein durch den Palast laufen. Das ist gefährlich. Davon ist ein Narr, wenn er glaubt, das Achitos nicht erkennt, was du bist…« Der letzte Satz war so leise gezischt worden, dass Yume ihn nicht richtig verstanden hatte. Doch ehe er sich irgendwie verständlich machen konnte, packte ihn die blonde Frau am Arm und zog ihn bestimmt mit sich durch die Gänge. Der Kleine war so perplex, dass er überhaupt nicht daran dachte sich zur Wehr zu setzen. Erst als er in ein Zimmer geschoben wurde, stieg Panik in ihm auf und er wollte sofort wieder zur Tür raus. »Beruhige dich, Junge. Ich werde dir nichts tun…«, redete die Frau gleich auf ihn ein, als sie Widerstand spürte. »Ich schließe die Tür nicht ab. Du bist kein Gefangener. Ich würde nur gern ein bisschen mit dir reden.« Freundlich lächelnd schob sie ihn weiter zu einer bequemen Sitzgruppe und bot ihm mit einer einladenden Handgeste einen Platz an. Yume fühlte sich völlig überrumpelt. Sollte er überhaupt hier sein? Und warum wollte diese Frau etwas von ihm? Vertrauen tat er ihr nicht, aber sie hatte Davon erwähnt und die Art wie sie es getan hatte, hatte auf den Kleinen leicht empört gewirkt, fast so, als wären sie alte Freunde… Aber wenn der Mann so eine Frau kannte, warum wollte er dann ihn an seiner Seite haben? Der Junge verstand das nicht und seine Verwirrung sah man ihm auch deutlich an. Zögerlich setzte er sich auf den angebotenen Platz, faltete die Hände im Schoß und starrte auf seine Finger. Sie wollte also mit ihm reden? Aber er konnte doch nichts sagen, wegen seiner Stimme! »Keine Angst, mein Kleiner. Ich kann dich auch verstehen, ohne dass du etwas laut sagst«, erklärte sie und tippte sich mit einem Finger an die Schläfe. »Du musst nur denken, was du mir sagen willst, dann verstehe ich dich. Übrigens… ich bin Nahi…« Leicht beugte sie sich vor und reichte Yume die Hand, bevor sie sich mit raschelnden Kleidern ihm gegenüber in einen Sessel setzte und elegant die Beine übereinander schlug. Nachdenklich ruhte ihr Blick dann auf ihm und Yume leckte sich nervös über die Lippen. Hatte er das richtig verstanden? Sie konnte Gedanken lesen? »Nicht lesen… ich kann hören was du denkst. Das ist ein Unterschied«, folgte prompt die Belehrung und Yume bekam sofort rote Wangen. Es war neu für ihn, dass ihn jemand ohne Probleme verstand. Eine ganze Weile herrschte Schweigen und Yume fühlte sich immer noch völlig unsicher. Aber anscheinend wollte diese Frau, Nahi hieß sie ja, erinnerte sich der Kleine, das er mit dem »Gespräch« begann. Langsam hob er den Blick wieder und musterte die Frau. Sie schaute ihn ebenfalls an, doch diesmal war es ihm unerklärlicherweise nicht unangenehm. Er überlegte, was er sagen beziehungsweise fragen konnte. Vorhin auf dem Gang hatte Nahi so ein paar Bemerkungen gemacht, die ihm nun durch den Kopf gingen. /Woher kennen Sie Davon?/ Das war es, was ihn schon die ganze Zeit beschäftigte. Obwohl er im Moment nicht schlau aus dem anderen wurde, fühlte er sich Davon doch sehr nahe und da bereits so viele Missverständnisse zwischen ihnen passiert waren, flammte eine kleine Flamme der Angst auf, dass der Mann ihn vielleicht doch nicht mehr wollte, wenn er die Wahl zwischen einer Frau und Yume hatte. Ein Lächeln erschien auf Nahis feinen Zügen und sie lehnte sich ein Stück zu ihm vor. »Wir kennen uns aus unserer Jugendzeit. Als Davon das erste Mal das Mittelreich besuchte, wollten unsere Väter uns sofort miteinander verkuppeln und wollten, dass wir heiraten.« Ihr Lächeln wurde breiter. »Der liebe Davon war gar nicht so abgeneigt. Aber neben meiner Fähigkeit zu hören was Andere denken, kann ich auch ab und zu einen Blick in die Zukunft werfen. Und da habe ich gesehen, dass das Schicksal etwas ganz anderes für ihn bereithält.« Nun lehnte sie sich wieder zurück und lachte glockenhell, sodass Yume sich entspannte und die lockere Atmosphäre zu genießen begann. »Ich habe seinen Antrag abgelehnt und du kannst dir gar nicht vorstellen, was für ein Gesicht er da gemacht hat.« Jetzt schlich sich auch ein Lächeln auf Yumes Züge und er versuchte sich vorzustellen, wie geschockt Davon bei dieser Nachricht gewesen war. /Wie war Davon, als er jünger war?/ Yume konnte sich den Mann gar nicht anders vorstellen, als er jetzt war. Außerdem wusste er so gut wie gar nichts über ihn, nicht zuletzt aus dem Grunde, dass er ihn ja nicht fragen konnte. Und bisher hatte sich einfach noch nicht die richtige Möglichkeit ergeben. Nahi verstummte und musterte ihn nachdenklich, sodass Yumes Anspannung ein wenig zurückkehrte. »Hm… Wie lange kennt ihr euch denn schon?« Mit der Gegenfrage hatte der Kleine nicht gerechnet, aber selbst wenn… er hätte es auch so nicht genau sagen können. Gedankenverloren sah er auf seine Knie, aber da er noch nie ein richtiges Gefühl für Zeit besessen hatte und es auch eine Zeit gab an die er sich nicht erinnern konnte, zuckte er nur mit den Schultern. /Es ist viel passiert… ich weiß nicht genau…/, dachte er dann ziemlich spät und sah wieder auf, hoffend, dass es für Nahi nicht so wichtig war. »Hm…« /Ich weiß es wirklich nicht genau… aber am Anfang war er ziemlich grob zu mir. Nach einigen Wochen hat sich das geändert/, begann Yume dann einfach zu erzählen. Vielleicht konnte Nahi sich ja dann eine ungefähre Vorstellung darüber machen, wie lange er schon an Davons Seite war. Es war nicht so, dass er ihr haltlos vertraute, aber er spürte nichts Schlechtes oder Gefährliches an ihr und sie war ihm nach dem ersten Schreck sogar sympathisch. /Ein Drachen hat ihn damals verletzt und er hat mir erlaubt, dass ich ihn pflegen durfte… danach hat er mit mir einen Ausflug gemacht und mir sogar einen kleinen Drachen geschenkt…/ Bei der Erinnerung daran wurde Yume ganz warm und die Wärme, die er empfand spiegelte sich auch auf seinen zarten Zügen wieder. /Aber dann ist etwas Schlimmes passiert…/ Der Kleine wollte gar nicht daran denken. Er fröstelte und das schöne warme Gefühl, was er eben noch empfunden hatte, verschwand ganz schnell wieder. /Ein Drachen war verletzt… ich wollte ihm bloß helfen… aber da hat mich Davons Drachenmeister überwältigt. Erst hat er mir wehgetan und mich dann auf ein Pferd gebunden…/ Yume wusste nicht, warum er das Nahi alles erzählte. Es war eigentlich überhaupt nicht so wichtig und sie war ihm ja auch noch ziemlich fremd. Aber sie war die einzige mit der er sich, seit er denken konnte, einigermaßen normal unterhalten konnte. /Ich hab nur gebetet dass Davon mich findet… weil ich ihn in der Zwischenzeit sehr gemocht habe… er war immer nett zu mir und ich durfte sogar mit im Bett schlafen../ Ein trauriges Lächeln legte sich um seine Mundwinkel. /Doch als er mich dann gefunden hatte… war er noch gemeiner als am Anfang. Ich.. er wollte mich sogar töten. Aber das hat irgendwie nicht geklappt und deswegen hat er mich jeden Tag gequält. Dann kann ich mich lange an nichts erinnern, aber danach… Davon war wieder wie ausgewechselt, aber seitdem hatte ich eine ganze Weile Angst vor ihm. Jetzt nicht mehr… aber seit wir hier sind, verhält er sich ganz komisch. Er hat sogar ein eigenes Zimmer genommen, obwohl wir zuerst in einem waren…/ Ein fragender Ausdruck lag in Yumes Augen, so als hoffte er, dass Nahi ihm dabei weiter helfen konnte. Sie hatte ihm aufmerksam zugehört und schüttelte nur leicht den Kopf. »Da habt ihr beide ja schon ziemlich viel durchgemacht…«, seufzte sie und strich sich mit einer Hand eine blonde Strähne aus der Stirn. »Es scheint mir, dass Davon sich von Grund auf geändert hat. Seit wir uns das letzte Mal gesehen haben, ist ziemlich viel Zeit vergangen. Früher war er ein richtiger Draufgänger und ist sogar durchs Fenster in mein Zimmer eingestiegen, nachdem ich seinen Antrag abgelehnt habe, um mich zur Rede zu stellen um nach den Gründen zu fragen.« Nahi schmunzelte bei dieser Erinnerung. »Beim letzten Treffen vor fünf Jahren haben wir uns nicht direkt unterhalten, aber da erschien er mir sehr verdrossen und ist auch ziemlich unfreundlich mit seinen Leuten umgegangen. Außerdem war er da allein. Bei unserem ersten Treffen war er mit seinem Vater und seinem älteren Bruder Karon hier.« /Davon hatte einen Bruder?/ Überrascht weiteten sich Yumes Augen, bevor er leise seufzte. Je länger er sich mit Nahi unterhielt, desto mehr stellte er fest, wie wenig er Davon eigentlich kannte. Er wusste praktisch nichts über ihn. Bisher hatte es aber auch nie so richtig die Möglichkeit gegeben sich besser kennen zu lernen. Jedenfalls nicht von Davons Seite aus. Der andere hatte so viel zu tun und in der Zeit vor der Reise war Yume mit sich und seinen Empfindungen noch nicht klar gekommen. Nahi merkte natürlich sofort, wie es Yume ging und bot ihm etwas zu trinken an, um den Kleinen etwas abzulenken. »Davon ist manchmal ein bisschen stumpfsinnig, was zwischenmenschliche Beziehungen angeht. Früher war das wohl anders, aber seit er allein ist, hat sein Verdruss über viele Dinge sicherlich noch dazu beigetragen. Du solltest dir das nicht so zu Herzen nehmen…« Aufmunternd lächelte sie Yume an. Dankbar nahm der Kleine das Wasserglas und trank einen Schluck, hielt es dann fest in seinem Schoß und starrte nachdenklich vor sich hin. /Warum ist er denn jetzt alleine?/ »Das weiß ich auch nicht.« Nahi stand auf und warf ihr Haar zurück über die Schulter. »Es gibt nur Gerüchte darüber. Am besten du fragst ihn irgendwann mal selbst danach.« Während sie sprach, ging sie zu einem kleinen Schrank und holte eine Dose Kekse heraus, die sie dem Jungen dann anbot. Mit einem scheuen Lächeln nahm Yume sich einen und biss hinein. Die Süßigkeit schmeckte einfach nur köstlich, sodass er den zweiten Bissen auch gleich noch verschlang. Da das Frühstück eher dürftig ausgefallen war, bekam der Kleine jetzt richtig Hunger und nahm auf Nahis Angebot gleich noch zwei Kekse an denen er genüsslich herum knabberte. Dabei vergaß er sogar ein wenig seine trüben Gedanken. »Schön… wenigstens schaust du jetzt nicht mehr so traurig…« Sanft wuschelte sie ihm durch die Haare, bevor Nahi sich wieder in den Sessel setzte. Die Keksdose hatte sie auf das Tischchen zwischen ihnen gestellt, sodass Yume bequem heran kam. Eine ganze Weile herrschte ein angenehmes Schweigen, bis Yume den Blick von Nahi bemerkte, der ihn etwas verunsicherte. Sie schien noch irgendetwas wissen zu wollen und überlegte anscheinend, ob sie ihn fragen sollte… /Was ist?/ Hätte er sprechen können, hätte sich die Frage ziemlich kläglich angehört. Doch sein Gesichtsausdruck musste wohl Bände sprechen, denn sein Gegenüber lächelte nun wieder. »Du bist ja so süß… kein Wunder, dass Davon sich in dich verguckt hat.« Sofort röteten sich Yumes Wangen vor Verlegenheit und er senkte den Kopf, damit man es nicht so sah. »Yume…? Darf ich dich etwas fragen?« Nahi war wieder ernst geworden. »Wenn es dir vielleicht unangenehm ist, brauchst du mir auch nicht zu antworten, in Ordnung?« Yume wusste zwar nicht, was sie von ihm wollte, fühlte sich auch immer noch unsicher, aber er nickte zustimmend. »Also gut… Du… weißt du woher du kommst? Ich meine, wo du gelebt hast, wer deine Eltern sind?« Mit den Fragen, die Nahi aussprach, hatte er sich selbst schon des Öfteren beschäftigt, doch er hatte keine Ahnung und das erfüllte ihn mir großer Traurigkeit. Ohne ein Wort zu sagen, schüttelte der Kleine den Kopf und sah Nahi auch nicht an. Dieses Nichtwissen belastete ihn, aber wie sehr, das wollte er eigentlich nicht so zeigen. Gerade jetzt, wo ihn jemand direkt darauf ansprach, bedrückte ihn das alles noch mehr. /Ich.. ich kann mich nur erinnern, dass ich lange Zeit ein Sklave war und irgendwann hat mich Davon gekauft…/ »Ein Sklave…«, wiederholte Nahi und war erstaunt. Sie wusste zwar aus ihren Einblicken in die Zukunft, dass Davon dem männlichen Geschlecht nicht abgeneigt war, aber da taten sich ja ganz andere Erkenntnisse auf. Und wenn Davon sich diesen süßen Kleinen auf einem Sklavenmarkt gekauft hatte, war das bestimmt nicht sein erster Junge gewesen, aber das behielt sie wohlweißlich für sich. Was sie jedoch am meisten beschäftigte, war die Tatsache, dass Yume überhaupt nichts über sich und seine Vergangenheit wusste. Sprechen konnte er auch nicht und die typische Aura eines Drachenkindes haftete ihm ebenfalls nicht an. Das konnte nur bedeuten, dass sich jemand wirklich Mühe gegeben hatte den Kleinen zu schützen. Wahrscheinlich lag ein Zauber auf ihm, aber damit kannte Nahi sich nicht im Geringsten aus. »Du bist etwas ganz Besonderes, Yume…«, sprach sie ihn dann wieder direkt an und Yume schreckte ein wenig aus seinen Gedanken. Verständnislos und gleichzeitig fragend sah er sie an, weil er nicht wusste, was sie damit meinte. »Meine Güte, Davon dieser Esel hat dir ja gar nichts erklärt…«, seufzte Nahi theatralisch und hätte ihn dafür am liebsten erwürgt. Obwohl natürlich die Möglichkeit bestand, dass Davon noch nichts von Yumes wirklichen Wesen wusste, was natürlich erklären würde, warum er den Kleinen mit ins Mittelreich geschleppt hatte, an den ungünstigsten und gefährlichsten Ort, den es für den Jungen überhaupt gab. Aber daran glaubte sie nicht. Davon war clever und wusste bestimmt längst Bescheid. Allerdings erklärte das nicht Yumes Hiersein. Dann konzentrierte sie sich jedoch wieder auf den Kleinen. »Also… du stammst von einem sehr, sehr alten Volk, dem Drachenvolk ab«, begann sie langsam und es fiel ihr schwer, die richtigen Worte zu finden. Schließlich wollte sie den Jungen nicht mit der Wahrheit überrennen, sondern es ihm schonend beibringen. »Dieses Volk lebte einst friedlich zusammen mit uns Dämonen, bis der Herrscher des Mittelreiches die Drachenmenschen als gefährlich einstufte. Der Unterdrückung folgte ein erbarmungsloser Krieg… den die Dämonen leider sehr überlegen gewannen…« Es ging nicht… man konnte solche Dinge nicht schonend beibringen. Egal, wie man es formulierte. In den Ohren des Betroffenen würde es immer grausam klingen. Mitfühlend sah sie Yume an, der die Information noch gar nicht richtig zu begreifen schien. »Du bist der Letzte von deinem Volk… So sieht es jedenfalls aus. Es ist schon ziemlich lange her, aber der Hass der Dämonen auf das Drachenvolk hat sich immer noch nicht gelegt, erst recht nicht im Mittelreich. Der jetzige Herrscher ist nicht besser als seine Vorgänger und auch wenn du nicht die typische Aura eines Drachenmenschen besitzt, so reicht allein schon dein Aussehen und die Farbe deiner Augen aus, um jedem klar zu machen, was du bist.« Nahis Worte waren immer eindringlicher geworden. Es war eindeutig eine Warnung, doch Yumes Kopf war wie in Watte gepackt. Er war der Letzte…? Es hatte Krieg gegeben und alle… seine Eltern und vielleicht seine Geschwister… alle sollten tot sein? Tränen traten ihm in die Augen und sein Herz schmerzte furchtbar, sodass er sich an die Brust fasste und seine Hand dort in den Stoff verkrallte. Er hatte ja nicht erwartet, dass seine Vergangenheit wie aus dem Bilderbuch war, aber das neue Wissen tat ihm mehr weh, als die Ungewissheit, die ihn des Öfteren gequält hatte. »Oh Yume, Kleiner… es tut mir so leid…«, rief Nahi aus und eilte an seine Seite, kniete sich vor ihn hin und zog ihn in ihre Arme. Sanft streichelte sie über seinen Kopf und versuchte ihn wenigstens ein bisschen zu trösten. Sie konnte sich gut vorstellen, wie der Kleine sich fühlte. Wusste man nicht, wer man war und zu wem man gehörte, hatte man wenigstens noch die Hoffnung auf eine gute Nachricht. Aber diese Hoffnung hatte sie dem Jungen nun auch noch genommen und deswegen fühlte sie sich nun schuldig. Fest klammerte sich Yume an die Frau und weinte hemmungslos. Die Tränen perlten ihm nur so über die Wangen, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. Jetzt hatte er gar nichts mehr. Die einzige Person in seinem Leben, bei der er sich wohl fühlte war Davon. Doch der Mann hielt ihn nun auch wieder auf Abstand. Der Kleine fühlte sich leer und erschöpft. Wer wollte ihn denn? Wo gehörte er hin? Gab es für ihn überhaupt einen Platz in dieser Welt? Wenn die Dämonen ihn jagten, weil er zu einem besonderen Volk gehörte, warum wollte ihn Davon dann unbedingt bei sich haben? All diese Fragen und noch einige mehr gingen Yume im Kopf herum, aber er vermochte keine einzige zu beantworten. Noch immer rannen ihm Tränen über die Wangen, doch er drückte sich von Nahi ab und bedeutete ihr, dass er auf sein Zimmer wollte. Sie konnte ja nichts dafür, dass die Dinge eben so waren wie sie waren, aber Yume wusste noch nicht, ob er ihr für die Aufklärung über einen Teil seiner Vergangenheit dankbar sein sollte, oder nicht. Bedrückt erhob sich die Blondhaarige und bedauerte, dass sie dem Kleinen gleich die ganze Wahrheit gesagt hatte. Es war hart solche Dinge zu erfahren und vielleicht hätte Davon das besser übernehmen sollen. Aber sie fürchtete, dass dieser es nicht rechtzeitig tun würde bzw. hatte er es nicht rechtzeitig getan, sonst wäre Yume sicherlich nicht allein durch den Palast gelaufen. Wäre er nur der falschen Person in die Arme gelaufen, hätte das böse Folgen haben können. Deswegen hatte sie es für richtig gehalten dem Jungen wenigstens die Situation zu schildern. Leider war es ihr dadurch auch nicht erspart geblieben dem Jungen einen Teil seiner Vergangenheit zu offenbaren. Sie seufzte schwer, strich Yume noch einmal sanft durch die seidigen Haare und brachte ihn dann zurück in sein Zimmer. Der Raum war leer. Das war nicht gerade tröstlich. Schön wäre es gewesen, wenn Davon da wäre, doch dieser saß bestimmt noch in der Begrüßungsveranstaltung. »Yume? Möchtest du vielleicht, dass ich noch bei dir bleibe? Dann bist du nicht so allein…«, fragte sie deswegen, doch der Kleine schüttelte unmerklich den Kopf. Er antwortete auch nicht auf die Abschiedsworte, sondern schloss bloß die Tür, sowie Nahi aus dem Raum getreten war. Ohne die Füße zu heben, mit zusammengesunkenen Schultern und hängendem Kopf ging Yume zum Bett und krabbelte unter die große Decke. Er fröstelte, rollte sich zu einer Kugel zusammen und wollte nichts mehr hören und sehen. *** Endlich. Endlich war diese langweilige erste Konferenz vorbei und Davon war bereits am Überlegen, wie er dem ganzen das nächste Mal aus dem Weg gehen konnte. Vielleicht schickte er einen Stellvertreter, oder ließ sich gleich ganz entschuldigen, denn es war einfach nicht zum Aushalten. Die Zeit verging nicht und jeder einzelne dieser Fürsten – die schon fast Schimmel angesetzt hatten so alt waren sie zum großen Teil – hielt sich und seine Ländereien für das Wichtigste. Entsprechend waren auch die Ausführungen – wie eingeschlafene Füße! Davon fühlte sich so richtig ausgelaugt, dabei war es erst Nachmittag. Von dem allgemeinen Gemurmel begleitet trat Davon durch die große Flügeltür aus dem Saal. Er brauchte erst einmal ein bisschen frische Luft. Vorher wollte er jedoch nach Yume sehen. Vielleicht war der Junge ja noch auf seinem Zimmer, obwohl… wenn sich Lano um ihn kümmerte, saßen die beiden bestimmt auch irgendwo draußen. Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gebracht, kam ein verzweifelt aussehender Lano um die Ecke. Davon runzelte die Stirn, versuchte aber sich nicht gleich Sorgen zu machen, sondern sich zuerst anzuhören, was der kleine Dämon ihm mitteilen wollte. Bevor Lano jedoch losredete, packte er ihn am Arm und zog ihn durch eine der vielen Seitentüren, hinaus auf den nächsten Balkon. Die Fürsten verließen nämlich allmählich nach einander den großen Saal und die mussten ja nicht unbedingt mitbekommen, was für Probleme er gerade hatte. »Was ist denn nun los?«, fragte Davon unfreundlich, nachdem er sich noch einmal versichert hatte, dass sie nicht durch irgendwen belauscht wurden. Inzwischen traute sich Lano gar nicht mehr zu ihm hoch zu schauen und da Davons Geduld heute nicht mehr die Beste war, schnauzte er den Jungen an. »Verdammt jetzt rede endlich!« Heftig zuckte der Kleine zusammen, aber das machte Davon auch nicht geduldiger. »Ich.. ich wollte mit Yume rausgehen… aber er war nicht da… «, stammelte Lano eingeschüchtert. »… ich war vielleicht ein bisschen spät… aber dann hab ich nach Yume gesucht und versucht ihn draußen zu finden, weil er ja immer gerne draußen ist... doch ich konnte ihn nicht finden… niemand hat ihn gesehen…« Vor Verzweiflung hatten sich schon Tränen in Lanos Augen gesammelt, doch das konnte Davon auch nicht beruhigen. Es war die Hiobsbotschaft schlechthin!!! Und jede einzelne Zelle seines Körpers war nun in absoluter Alarmbereitschaft. Er musste Yume so schnell wie möglich finden! Dass ihn jemand entführt hatte, glaubte er nicht, denn im Mittelreich gab es keinen sichereren Ort als den Palast. Trotzdem schlug Davon das Herz bis zum Hals und er konnte kaum noch einen klaren Gedanken fassen. Seine Lippen waren zu einem schmalen Strich zusammengepresst und die Hände hatte er zu Fäusten geballt. »Verflucht! Ich hab dir gesagt, du sollst dich um Yume kümmern! Wozu bist du überhaupt mitgekommen???«, fuhr er Lano dann an und wenn er sich nicht so eisern beherrscht hätte, wäre ihm vor Wut beinahe die Hand ausgerutscht. Verdammt, verdammt, verdammt! Wie sollte er den Jungen nur wieder finden, ohne groß die Aufmerksamkeit der Palastwachen, oder schlimmer noch, Achitos Augenmerk auf sich zu lenken? Noch während Davons Gedanken sich überschlugen und er überlegte, wo er denn am besten mit der Suche anfing, trat eine weitere Person auf den Balkon. Auf den ersten Blick erkannte er die blonde Frau und knurrte unwirsch. »Was willst du denn hier, Nahi? Ich habe jetzt keine Zeit!«, sagte Davon schlecht gelaunt, wofür eigentlich nur die Sorge um Yume ursächlich war. »Lano… du suchst noch mal draußen alles ab. Ich kümmere mich um den Palast«, wies er den Jungen an, ohne Nahi noch Aufmerksamkeit zu schenken, und wollte sich gerade an ihr vorbei drücken, als sie ihn am Arm festhielt. »Du brauchst deinen Kleinen nicht mehr zu suchen. Ich habe ihn zu seinem Zimmer gebracht«, erklärte sie mit einem ernsten Seitenblick auf Davon. Dabei musste sie ihren Kopf leicht in den Nacken legen, denn der andere war viel größer als sie selbst. Vor Überraschung weiteten sich Davons Augen und er glaubte sich verhört zu haben. Ohne Nahi aus den Augen zu lassen, drehte er sich vollständig ihr zu und musterte sie abschätzend. »Er ist im Palast herumgeirrt«, fuhr Nahi dann erklärend fort. »Ich kannte ihn aus einer Vision, deswegen wusste ich, dass er zu dir gehört. Allerdings hätte ich dich nicht für so unglaublich leichtsinnig gehalten ihn mit hierher zu bringen…« Ihre Stimme war zum Ende hin immer leiser geworden und zum Schluss war sie nur noch ein leises Zischen. Seine innere Anspannung und der Aufruhr, sowie die Sorgen, die er sich um Yume gemacht hatte, fielen mit einem Mal von ihm ab und wurden durch Erleichterung ersetzt. Als Nahi jedoch weiter sprach, kehrte zumindest ein Teil der Spannung wieder zurück. »Hör zu… ich bin dir dankbar, dass du ihn gefunden und zurückgebracht hast, aber der Rest geht dich herzlich wenig an!«, konterte Davon und hatte vor, Nahi möglichst schnell los zu werden. Die Ereignisse der Vergangenheit waren für ihn Grund genug. Auch wenn er es sich nicht eingestand, hatte ihn Nahis Ablehnung seines Antrags damals ganz schön gekränkt und da war er mehr als nachtragend, obwohl er es im Moment gar nicht mehr so schwer nahm. Hauptsächlich wegen Yume. Aber es gefiel ihm nicht, dass sie mit seinem Kleinen zusammengetroffen war. Er kannte Nahi. Sie war sehr redselig und an ihrem Blick konnte er erkennen, dass sie ihm gleich nichts Gutes mitteilen würde. »Es geht mich schon etwas an, wenn du so jemanden wie den Jungen einfach durch den Palast spazieren lässt. Das ist nicht nur leichtsinnig, sondern auch mehr als dumm. Wenn du dem Kleinen wenigstens ein bisschen was von seiner Vergangenheit erzählt hättest, dann wäre er sicherlich nicht mal auf die Idee gekommen überhaupt sein Zimmer zu verlassen!«, warf sie ihm vor und Davon knirschte mit den Zähnen. »Du hast ihm doch wohl nicht alles erzählt?«, fragte er und seine schlechte Vorahnung bewahrheitete sich, als Nahi nickte. »Natürlich hab ich das. Er hat ein Recht die Wahrheit zu erfahren!« »Aber doch nicht so!« Davon war auf einmal furchtbar wütend auf die blonde Frau, die nicht mal einen Meter von ihm weg stand und am liebsten hätte er sie im Moment erwürgt. »Wie konntest du ihm das erzählen? Es gab einen Grund, warum ich ihm das alles noch nicht offenbart habe«, zischte Davon zwischen zusammengebissenen Zähne. Seine Augen waren zu schmalen Schlitzen zusammen gezogen und er erdolchte sein Gegenüber schier mit Blicken. Während Davons und Nahis Gespräch allmählich in einen Streit ausartete, wälzte Yume sich in dem großen Bett hin und her und bekam einfach nicht die Bilder aus dem Kopf, die sich durch Nahis Erzählungen in seine Gedanken geschlichen hatten. Immer wieder drängte sich ihm auf, wie seine Eltern vielleicht gestorben waren, seine Geschwister und viele andere, die wie er waren. Tränen kullerten über seine blassen Wangen und Yume fasste sich mit einer Hand an die Brust, in der Nähe seines Herzens, weil es einfach nur schmerzte. Es schmerzte so sehr, dass er anfing leise zu schluchzen. Die Tränen wollten gar nicht mehr aufhören zu fließen, aber als sie nach einer halben Ewigkeit doch einigermaßen versiegten – wahrscheinlich weil er sie alle ausgeweint hatte, dachte der Kleine – rappelte er sich auf und tapste niedergeschlagen ins Badezimmer. Seine Augen und auch seine Wangen brannten und waren ganz gerötet von den vielen salzigen Tränen. Mit kaltem Wasser wusch Yume sich das Gesicht, seufzte schwer und ging zurück ins Zimmer. Er wollte sich gerade wieder aufs Bett setzen, als er aus dem Augenwinkel etwas auf sich zufliegen sah. Für ein Ausweichen war es jedoch zu spät und so plumpste kurz darauf eine kleine schwarze Kugel in seinen Schoß, die er erst erschrocken von sich stoßen wollte. Doch dann stellte der Kleine überrascht fest, dass es sein kleiner Drache war, der nun seine Farbe in einen hellen ockerfarbenen Ton geändert hatte und mit großen funkelnden grünen Augen zu ihm aufsah. Überrascht starrte Yume einfach nur zurück und war im ersten Moment so überfordert, dass er ganz still sitzen blieb und gar nichts tat. Dann legte sich seine Verblüffung jedoch ganz schnell. Freudig schloss er seinen Drachen in die Arme, knuddelte ihn und vergaß dadurch womit er sich bis eben noch gedanklich fertig gemacht hatte. Der Kleine wollte auch gar nicht wissen, wie sein kleiner Freund hierher gekommen war. Er war so glücklich, nicht mehr allein zu sein, dass ihn das überhaupt nicht interessierte. Umsichtig setzte er das Tier auf der Bettdecke ab, ging erneut ins Badezimmer und kehrte mit einer handtellergroßen wassergefüllten Schüssel zurück, die er dem Drachen hinhielt, denn die Haut des Kleinen hatte sich ganz heiß angefühlt. Ein freudiges Quieken war zu hören, als das Tier sich regelrecht auf das Wasser stürzte. Das ließ Yume lächeln und er beobachtete den Kleinen und brachte das Wasser wieder weg, als der Drache fertig war. Dann setzte er sich wieder auf das Bett und betrachtete seinen kleinen Freund. Jetzt war er doch ein bisschen neugierig, wie das Tier hierher gekommen war, immerhin war es ein weiter Weg von Davons Festung bis ins Mittelreich. Große grünlich schimmernde Augen beobachteten ihn und Yume war sich unsicher, was das Tier nun von ihm erwartete. Zögerlich streckte er eine Hand aus, weil er den Kleinen streicheln wollte, doch der Drache machte überraschenderweise einen Satz zurück und Yume zuckte ebenfalls erschrocken zurück. Verwundert musterte er das Tier und seufzte leise, war sich nicht sicher, wie er sich dem Tier nähern sollte. Eigentlich fürchtete er sich nicht, spürte instinktiv eine tiefe Verbundenheit, doch das Verhalten des kleinen Drachens verunsicherte ihn. Yume wollte, dass das Tier ihm vertraute. Vielleicht hatte der Drache noch Hunger und wollte deswegen keine Streicheleinheiten? Yume legte den Kopf schief und zupfte nachdenklich an einem Zipfel der Bettdecke. Dann schaute er sich um, aber das Tablett mit dem Frühstück war in seiner Abwesenheit bereits weggebracht worden. Schade eigentlich. Er hatte kaum etwas davon angerührt, sodass der kleine Drache bestimmt satt geworden wäre. Der Junge spielte schon mit dem Gedanken nach der Küche zu suchen, erinnerte sich im gleichen Moment wieder an sein Herumirren in dem großen Palast und verwarf die Idee ganz schnell wieder. ~Tut mir leid. Musst du noch ein bisschen warten~, dachte Yume und sah mit einem bedauernden Blick zu dem Tier. Abermals seufzte er, wollte sich gerade hinlegen, um mit dem Drachen auf Augenhöhe zu sein und ihn besser beobachten zu können, als dieser sich auf die Hinterläufe stellte und das Maul aufriss. Zuerst fragte sich Yume, was das sollte. Dann flog plötzlich ein kleiner Feuerball in seine Richtung. Entsetzt riss der Junge die Arme hoch, um wenigstens sein Gesicht zu schützen und war erstaunt, als er gar nichts spürte. Langsam und ängstlich ließ er die Arme sinken und traute sich schließlich auch die Augen zu öffnen, die er panisch zusammengekniffen hatte. Vorsichtig schaute er zu dem Drachen, der ihn seinerseits interessiert mit großen Augen musterte. Irgendwie schien das Tier sehr aufgeregt zu sein, denn es krabbelte flink von einer Seite zur anderen und wieder zurück, während es ihn nicht aus den Augen ließ. Yume hatte keine Ahnung, was das nun schon wieder sollte. Er wurde aus dem Drachen nicht schlau, blieb jedoch ruhig sitzen, um nicht noch eine Attacke auf sich zu riskieren. Aufbringen wollte er den Kleinen nämlich ganz und gar nicht. Dazu hatte er viel zu großen Respekt, auch wenn es nur ein kleiner Drache war. Als das Tier dann ein Stück auf ihn zukrabbelte und mit dem Kopf wippte, weil es ihm anscheinend irgendetwas zeigen wollte, traute Yume sich einen Blick auf seine Hände zu riskieren. Einen Moment war er einfach nur geschockt, als er blaue Flammen um seine Finger schlängeln sah und sprang auf. In einer Abwehrreaktion wedelte er panisch mit den Händen und versuchte die Flammen loszuwerden, doch der darauf folgende Knall und das leichte Zittern des Bodens unter seinen Füßen ließen den Kleinen erschrocken zusammenzucken und inne halten. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er auf den großen schwarzen Fleck an der Wand, die sich auf der anderen Seite des Bettes befand und von dem noch kleine Rauchschwaden aufstiegen und einen unangenehmen Geruch im ganzen Raum verbreiteten. Unweigerlich begann Yume am ganzen Körper zu zittern. Was hatte er nur getan? Abwechselnd schaute er zu dem Fleck und auf seine immer noch in blaue Flammen gehüllten Hände. Das war doch unmöglich… das konnte doch nicht er gewesen sein… oder doch? Aber wie war so was nur möglich? Ungläubig starrte er auf seine Finger und fiel auf die Knie. Die Flammen fühlten sich kühl auf seiner Haut an, fast wie Balsam. Es war dem Jungen unbegreiflich, wie so etwas sein konnte. Nachdem er die Flammen eine ganze Weile gemustert und sein Kopf allmählich auch begriffen hatte, dass er nicht verbrennen würde, wurde der Kleine ein wenig neugierig. Vorsicht stand bei ihm aber immer noch an erster Stelle, doch nun keimte Faszination in Yume auf. Langsam streckte er seine Arme vor sich und hielt die Handflächen Richtung Fenster. Eine ganze Weile stand er so da, doch es passierte nichts. Ratlos starrte der Kleine auf seine in bläuliche Flammen gehüllten Finger, bewegte sie ein bisschen und kaute auf seiner Unterlippe herum, unsicher, was er als nächstes tun sollte. Irgendwie musste das doch auch wieder ausgehen… Einer plötzlichen Idee folgend, tapste der Kleine ins Badezimmer, drehte den Wasserhahn auf und hielt seine Hände unter den Strahl. Doch die blauen Flammen züngelten nach wie vor leicht weiter, flackerten kurz, bevor sie etwas größer wurden, als wollten sie ihn verhöhnen. Nun war der Kleine noch ratloser als vorher schon. Das war definitiv kein normales Feuer! Soviel war sicher. Aber was sollte es sonst sein? Seufzend setzte er sich auf den breiten Rand der Badewanne und überlegte, während er die Hände weiterhin hochhielt, weil er nicht aus Versehen etwas anbrennen wollte. Aber Moment! Wenn er die Flammen mit Wasser nicht löschen konnte, dann brannte vielleicht auch nichts anderes an, wenn er es berührte? Yume stand auf und ging zum Handtuchhalter. Vorsichtig berührte er eines der hellen Tücher mit einem ausgestreckten Finger, um ihn, falls es Feuer fangen sollte, gleich zurückziehen zu können. Doch nichts dergleichen geschah. Die Flammen blieben weiterhin auf seine Hände beschränkt. Das fand Yume total seltsam und nach einigem Zögern strich er sich mit einer Hand die Hose glatt. Auch dort passierte nichts und das ließ ihn erleichtert aufatmen. Gut… er wusste nun, dass nichts anbrennen würden, wenn er es berührte. Nachdenklich ging er zurück in das große Zimmer, wo der kleine Drache aufgeregt auf dem Bett herum wuselte. Das Tier schien sich sehr zu freuen und Yume bedachte seinen Freund mit einem ratlosen Lächeln. Vielleicht konnte der Drache ihm ja weiter helfen. Schließlich hatte er ihm das Feuer ja auch gezeigt. Unsicher stand er vor dem Bett und tat etwas, was er bisher noch nie gemacht hatte. Er richtete eine Frage an das kleine Energiebündel. /Wie geht das wieder aus?/ Hilfesuchend hielt Yume seine Hände vor sich. Der Drache legte den Kopf schief, schüttelte ihn kurz, bevor er sich mit einem Vorderbein über denselbigen rieb. Zuerst verstand der Kleine nicht, was sein Freund meinte, doch dann erinnerte er sich an Nahi, und was sie ihm erzählt hatte. Hm… konnte es sein, dass seine Gedanken viel mehr Kraft besaßen, als Worte? Skeptisch betrachtete er die bläulichen Flammen, die immer noch seine Hände einhüllten. Dann formulierte Yume gedanklich das Wort /aus/. Kaum hatte er es zu Ende gedacht, erloschen die Flammen. Beeindruckt starrte der Kleine auf seine Hände, die nun wieder ganz normal waren, bis plötzlich die Zimmertür schwungvoll aufgerissen wurde und ihn erschrocken zusammenzucken ließ. Der Drache war ebenfalls zurückgezuckt, hatte sich fluchs unter der Bettdecke versteckt und schaute nur vorsichtig mit einem Auge darunter hervor. Tbc… 05/01/2011 © by desertdevil Kapitel 16: ------------ Hallo und allen noch ein gesundes neues Jahr. Es geht endlich weiter. Meine letzte von acht Prüfungen im Staatsexamen für Veterinärmedizin liegt morgen (Montag) an und da ich nun seit fünf Monaten (gefühlt, seit einer halben Ewigkeit) nur pauken musste, hab ich mir kurz vorher die Freiheit genommen, noch ein wenig was nieder zu schreiben. Ich hoffe das wirkt sich nicht negativ auf meine geistige Kondition am morgigen Tag aus. Nun ja... ich wünsch jedenfalls viel Spaß beim Lesen und verspreche, dass es bis zum nächsten Kapitelupdate nicht allzu lange dauern wird ^^ ***Tempted to touch XVI*** Mit großen Augen starrte Yume zur Tür und ihm wurde ganz mulmig im Bauch, als er Davons grimmiges Gesicht erblickte. Unbewusst trat der Kleine einen Schritt zurück, weil es ihm Angst machte, wie der Mann mit stampfenden Schritten auf ihn zukam. Irgendwie verspürte er Schuldgefühle. Woher diese kamen, wusste er selber nicht, doch Davon sah nicht so aus, als ob er hergekommen wäre, um sich nett mit ihm zu unterhalten. Ängstlich zog er die Schultern hoch und presste die Lider aufeinander, als der Mann schließlich vor ihn trat, doch statt harschen Worten, fühlte er nur warme Arme um sich und wie er fest an Davons breite Brust gezogen wurde. Yume verstand zwar nicht, was hier gerade passierte, doch er entspannte sich sofort und lehnte sich mit einem leisen Seufzer an den anderen. Er hatte Davon so vermisst, den ganzen Tag schon und nun war er einfach glücklich, dass der Mann zu ihm gekommen war. Dann löste der Dämon jedoch seine Umarmung, die dem Kleinen viel zu kurz vorgekommen war, umfasste Yumes Oberarme und drückte ihn ein Stück von sich. Irritiert schaute der Junge zu ihm auf und es spiegelte sich sofort wieder Unsicherheit in den goldenen Augen. Davon sah immer noch ziemlich grimmig aus und er war es auch. Dennoch konnte er Yume irgendwie nicht böse sein, obwohl er es eigentlich wollte. »Verdammt noch mal, Yume… Warum bist du allein rausgegangen?«, stieß er dann durch zusammengebissene Zähne hervor. Wenn man ihn gut genug kannte, wusste man, dass sein Ärger nur aus seiner Sorge um den Jungen herrührte. Die Frage überraschte den Kleinen, das konnte er deutlich an dessen Gesicht ablesen. Verständnislos sah Yume zu ihm auf, bis er plötzlich Nahi und Lano erblickte, die ihm anscheinend hinterhergelaufen waren. Davon verdrehte die Augen und hätte die beiden am liebsten sofort wieder rausgeworfen, aber Yume wirkte plötzlich so niedergeschlagen, dass er seine Aufmerksamkeit erst mal auf dem Jungen ruhen ließ. Davon atmete einmal tief ein und aus und versuchte sich zu beruhigen. Er wollte Yume gegenüber nicht laut werden, schon gar nicht, nachdem Nahi ihm vor ein paar Stunden erst die Wahrheit über sein Volk offenbart hatte. »Mist…«, murmelte er, zog den Kleinen dann wieder an sich und strich ihm behutsam über den Kopf. »Mach das bitte nicht noch mal…«, bat er nach einer Weile des Schweigens mit ruhiger Stimme. »Ich hab mir wirklich Sorgen gemacht, als ich gehört hab, du wärst weg«, gestand Davon leise, sodass nur Yume es hören konnte. Es störte ihn ungemein, dass Nahi praktisch hinter ihm stand und ihn beobachtete. Diese Frau raubte ihm durch ihre bloße Anwesenheit den letzten Nerv. Deswegen dehnte er die Umarmung auch nicht weiter aus, sondern löste sich schließlich von dem Kleinen, auch wenn er spürte, dass dieser darüber sehr enttäuscht war. Trotzdem drehte er sich zu den beiden anderen um und sah die blonde Frau abschätzend an. »Du kannst dann gehen… wir kommen auch ohne dich klar…«, sagte er kühl und wartete, dass sie wirklich ging. Doch Nahi wäre nicht Nahi, wenn sie sich von so etwas beeindrucken ließ. Sie hatte ihn früher immer schon gern geärgert und ließ sich weder von Davons Größe, noch von seiner gefährlichen Ausstrahlung einschüchtern. Lächelnd erwiderte sie den grimmigen Blick und schüttelte langsam den Kopf, sodass ihre hellen Locken leicht wippten. »Hm… Ich weiß nicht. Mir hat diese nette Seite, die du gezeigt hast sehr gefallen. Davon würde ich gern mehr sehen.« Herausfordernd sah sie ihn an, bevor ihr Blick plötzlich durch ihn hindurch zu gehen schien. Lano, der neben ihr stand, hatte den Blick ebenfalls auf einen Punkt hinter ihm gerichtet, sodass Davon sich schließlich auch umdrehte und vergaß, was er hatte erwidern wollen. Es verschlug ihm regelrecht die Sprache. Da prangte ein riesiger schwarzer Fleck an der Wand! Für einen Moment starrte er die verkohlte Wand nur an, bevor um das Bett herumging, darauf zutrat und mit den Fingern über den unteren Teil strich. Und tatsächlich, es handelte sich um einen Feuerschaden. Seine Finger waren schwarz vom Ruß. Unwirsch wischte er sie an seiner dunklen Hose ab. Wie war das nur passiert? Diese Frage geisterte in seinem Kopf herum, seitdem er den Fleck entdeckt hatte. Musternd glitt sein Blick über Yume. Der Kleine stand mit gesenktem Blick da und kaute auf seiner Unterlippe herum. Davon wollte ihn gerade ansprechen, als er eine Bewegung unter der Bettdecke bemerkte. Kurz darauf krabbelte der kleine Drache, den er dem Jungen damals geschenkt hatte darunter hervor. Verwirrt sah Davon das Tier an. Das konnte doch nicht wahr sein! Diesen Störenfried hatten sie doch in seiner Festung gelassen. Wie kam der denn hierher? Erneut richtete er seinen Blick auf Yume, doch diesmal war er richtig wütend. »Hast du den Drachen mit hierher gebracht?«, fragte er gefährlich ruhig, zeigte auf den Drachen und versuchte sich zu beherrschen. Für ihn stand fest, dass der Drache etwas mit dem Brandfleck zu tun hatte. Wie sollte es auch anders sein? Er konnte sich nicht vorstellen, dass der Silberschopf mit Feuer spielen würde, zudem er dazu gar nicht die Möglichkeit gehabt hatte. Yume sah ihn mit großen Augen an und schüttelte dann langsam den Kopf. Ungehalten knurrte Davon und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Er wollte dem Kleinen gerne glauben, tat es aber nicht, konnte es nicht. Denn wie sonst sollte das Tier hierher gekommen sein? Allein bestimmt nicht. Jedenfalls schloss er das aus. Wieso war Yume also nicht ehrlich zu ihm? Ungehalten trat er auf den Jungen zu, packte ihn am Arm und zog ihn unsanft zu einem kleinen Tischchen, wo er ihm Papier hinlegte und einen Stift in die Hand drückte. »Schreib auf, was passiert ist!«, befahl er mit autoritärer Stimme, ließ den Kleinen jedoch los, als er merkte, wie fest sein Griff eigentlich gewesen war und es tat ihm sofort leid, dass er Yume schon wieder grob behandelt hatte. Das war nicht seine Absicht gewesen, aber wenn er aufgebracht war, passierte es einfach, dass er zu fest zupackte. Ungeduldig wartete er ab, was der Kleine aufschreiben würde, doch Yume schrieb nicht, sondern legte den Stift wieder auf den Tisch und schüttelte den Kopf. Er wusste nicht, was er aufschreiben sollte… immerhin hatte er den Mann nicht angelogen. Unsicher schaute er zu Davon auf und versuchte ihm mit Blicken klar zu machen, dass er auch nicht wusste, wie der Drache hergekommen war. Dabei rieb er sich unbewusst die Stelle, die der andere so fest gepackt hatte. Lano und Nahi, die immer noch mit im Zimmer standen, hatten alles still beobachtet. Als die blonde Frau jedoch sah, wie grob Davon auf einmal wieder wurde, platzte ihr der Kragen. »Du siehst doch, dass du ihn einschüchterst. Wieso bist du jetzt wieder so grob zu ihm? Das hat er ja wohl nicht verdient!«, wies sie ihn schneidend zurecht, nachdem sie auf Davon zugetreten war. Dieser verdrehte die Augen und verfluchte sich dafür, dass er Nahi noch nicht rausgeschmissen hatte. Es ärgerte ihn ungemein, dass sie ihn auf etwas hinwies, was er selbst schon gemerkt hatte, und was ihm ja auch Leid tat. »Was geht es dich an? Verschwinde lieber und such dir jemand anderen mit dem du meckern kannst«, knurrte er sie über die Schulter hinweg ab, aber davon ließ sich Nahi nicht von ihrem Vorhaben Yume zu verteidigen abbringen. »Er weiß auch nicht, wie der Drache hierher gekommen ist…«, erklärte sie anstelle von Yume und versuchte nicht ganz so anklagend zu klingen wie eben, denn Davon wirkte ziemlich aufgebracht. Allerdings stand dahinter wieder mehr die Sorge, dass dem Jungen etwas passierte und Nahi seufzte. »Ach ja? Und wie soll das Tier sonst hergekommen sein?«, fragte Davon zähneknirschend. »Große Drachen schaffen die Strecke vielleicht in zwei Tagen, aber so ein Kleiner…« Ärgerlich musterte er das Tier, das mit eingezogenem Kopf immer noch am Fußende des Bettes hockte. Prinzipiell hatte er nichts gegen die Tatsache, dass der Drache hier war und Yume Gesellschaft leistete. Aber es gab eine Menge Gründe die nach den frisch zurückliegenden Geschehnissen dagegen sprachen Yume mit dem Tier allein zu lassen. Er musste einfach davon ausgehen, dass der Drache eine Bedrohung für den Jungen war, so komisch sich das auch anhörte. Auf der anderen Seite befanden sie sich im Mittelreich, wo Drachen nicht erwünscht waren. Das verkomplizierte die Angelegenheit, denn es gab kaum die Möglichkeit das Tier irgendwo anders unterzubringen. Da Nahi schwieg, weil sie auf die Frage auch keine Antwort wusste, sah sie ihn nur böse an. Aber das störte Davon weniger. Er überlegte kurz, dann wandte er sich wieder Yume zu und sah ihn ernst an, denn er hatte eine Entscheidung getroffen. »Der Drache wird nicht bei dir bleiben. Ich weiß zwar noch nicht wo wir ihn unterbringen, aber er kommt woanders hin.« Yumes Augen weiteten sich, als er die bestimmenden Worte vernahm und er blickte verständnislos zu dem Mann auf. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch kein Laut kam heraus. Als Davon sich umdrehen wollte, griff er nach dessen Arm und sah ihn flehendlich an. Er wollte nicht, dass sein Freund woanders hinkam. Der andere hatte ihm das Tier doch geschenkt, da konnte er es ihm doch jetzt nicht wieder wegnehmen… Der Kleine hatte noch nie irgendwelche Ansprüche gehabt, geschweige denn sich etwas gewünscht, aber nun tat er es und legte alle seine Emotionen in seinen Blick. Das war die einzige Möglichkeit mit Davon zu kommunizieren und in den meisten Situationen verstand der andere ihn auch auf diese Weise. Diesmal schien Davon es jedoch nicht zu wollen. Dessen Gesichtsausdruck blieb unnachgiebig. Der Mann wandte ihm den Rücken zu und ging entschlossen zur Tür. Traurig schaute der Kleine ihm hinterher. Warum war der andere nur auf einmal so herzlos? Yume verstand das nicht, senkte enttäuscht den Kopf und tapste mit eingesunkenen Schultern zum Bett, während er versuchte seine Tränen zurück zu halten. Lano hatte den kleinen Drachen inzwischen gefangen und verließ ebenfalls den Raum, nicht jedoch ohne vorher einen mitleidvollen Blick zurück zu werfen. Yume wollte sich gerade aufs Bett fallen lassen und sein Gesicht in eines der großes Kissen drücken, als er eine sanfte Berührung auf seinem Kopf spürte. Mit Tränengefüllten Augen blickte er auf und erkannte Nahi, die ihn mitfühlend anschaute. Sofort schämte er sich für seine Tränen und wollte sie wegwischen, doch die Frau schüttelte leicht den Kopf. »Du brauchst deine Tränen nicht zu verstecken, Yume. Wenn man traurig ist, dann weint man…«, erklärte sie sanft und seufzte schwer. »Verurteile Davon nicht allzu sehr dafür, ja? Er meint es nur gut, macht sich Sorgen um dich, aber leider ist er nicht sehr geschickt darin, wenn es um die Durchführung seiner Vorhaben geht…«, sprach sie leise weiter und zog den Jungen kurz in eine tröstlich gemeinte Umarmung. Ein wenig tröstlich war es schon in den Arm genommen zu werden, doch Yume hätte es lieber gehabt, wenn es Davon gewesen wäre. Trotz allem mochte er den Mann nämlich sehr und die Tatsache, dass der andere ihn nicht an sich heran ließ machte ihn noch betrübter. Er war ganz froh, als die blonde Frau ebenfalls ging und er schließlich wieder allein war. Die Stille in dem riesigen Raum wirkte nahezu erdrückend, weswegen der Kleine zum Fenster ging und es weit öffnete. Es war erst Nachmittag. Und schon wieder war er allein. Schwer seufzend lehnte Yume die Arme auf die Balustrade und stützte seinen Kopf in eine Hand, während seine Augen am Horizont hingen. Warum hatte Davon ihn überhaupt mitgenommen? Yume wusste nicht, wie oft er sich diese Frage schon gestellt hatte. Aber eine Antwort darauf hatte er auch noch nicht. Ratlos betrachtete er weiter den Himmel. Überall war dieser von einem strahlenden Blau. Nur ganz weit weg, wo sich wahrscheinlich Berge befanden, da gab es dicke Wolken. Ein paar Tage vergingen, doch der Ablauf änderte sich kein bisschen. Davon hatte nach wie vor wenig Zeit für Yume. Lano hingegen versuchte sein Möglichstes um den Silberschopf aufzumuntern, doch die Stimmung wurde immer gedrückter. Der kleine Dämon konnte Yume gut verstehen, aber es stand ihm einfach nicht zu, sich in die Angelegenheiten seines Vorgesetzten einzumischen. Ihm war bereits vor der Reise klar gewesen, dass Davon sehr eingespannt sein würde. Nur, dass es Yume derartig bedrücken würde… das hatte er nicht gedacht. Aber vielleicht sah er selbst die Dinge ein wenig entspannter, weil Heron bisher jeden Abend zu ihm gekommen war. Davon hatte er Yume natürlich nichts erzählt, denn er glaubte nicht, dass es den Kleinen aufmuntern würde. Eher das Gegenteil wäre wohl der Fall. »Hey.. nicht träumen!«, beschwerte er sich, denn Yume und er spielten Karten und der andere starrte schon eine ganze Weile nur nichtssagend auf sein Blatt. Sie befanden sich in den Räumlichkeiten des Kleinen, weil Yume nicht rauswollte. Lano hatte zwar die Fenster alle geöffnet, doch das war kein Vergleich als wenn sie im Garten unten saßen. Dann legte Yume eine Karte, doch Lano schüttelte resigniert den Kopf. »Yume, du musst schon aufpassen. Das ist die falsche Karte…«, wies er ihn freundlich darauf hin und erklärte noch einmal kurz die Regeln. Aber der andere schien ihm gar nicht zuzuhören. In der nächsten Runde passte Yume wieder nicht auf und legte erneut falsch, sodass Lano seine Karten seufzend sinken ließ. »Lass uns aufhören… das hat echt keinen Sinn…«, meinte er mit enttäuschter Stimme. Mehr als Mühe geben konnte er sich auch nicht. Yume wollte anscheinend nicht und deswegen machte es auch keinen Sinn, wenn er sich ein Bein mit Beschäftigungstherapie ausriss. Er sah ja ein, wie deprimierend das alles für den anderen war. In diesem Zimmer zu hocken, nur raus zu dürfen, wenn Davon oder Lano da waren. Und wenn er raus durfte, war es Lanos Aufgabe darauf zu achten, dass auch seine hellen Haare gut versteckt waren. Kein Wunder warum Yume darauf auch keine Lust mehr hatte. Es war dem Kleinen deutlich anzusehen, wie sehr er Davon vermisste. Alle schienen das zu merken, nur Davon selbst nicht. Und weil der Mann eh schon so selten da war, durfte Yume auch den Drachen nicht sehen. Das durfte er nur unter Davons Aufsicht… also fast nie! Lano wusste… Es musste sich an der ganzen Situation etwas ändern, sonst verging der Kleine noch vor Kummer. Ihm kamen schon fast selbst die Tränen, als er sah, wie der Silberschopf sich wieder unter den Decken vergrub. Jeden Morgen wurde es schwerer Yume aus dem Bett zu bekommen. Anfangs hatte er ja wenigstens noch geschaut, wer das Zimmer betrat, aber weil Davon sich eh kaum sehen ließ, tat er das auch nicht mehr. Der kleine Dämon verstand eigentlich überhaupt nicht, wieso Davon sich derartig rar machte. Heron kam jeden Abend zu ihm und blieb für ein paar Stunden, wenn es ging auch die ganze Nacht hindurch. Eigentlich müsste Davon sich um jede freie Minute mit Yume reißen… aber leider war das nicht so… Eine Weile stand Lano nachdenklich rum, räumte dann die Karten weg und machte ein bisschen Ordnung. Dann ging er zum Bett. »Hey.. Yume. Nahi hat uns doch gestern zu Tee und Keksen eingeladen. Hast du das vergessen?« Schwungvoll zog er die schweren Decken zurück und grub den Silberschopf somit aus. Der zierliche Körper war zu einer Kugel zusammengerollt und Yume murrte nur leise und blieb als Antwort auf seine Bemerkung einfach liegen. »Du weißt, dass sie sehr enttäuscht ist, wenn wir nicht kommen. Also hopp hopp. Schwing deinen Hintern aus den Laken und mach dich frisch«, befahl der kleine Dämon, denn anders war dieser trübseligen Stimmung einfach nicht beizukommen. Dafür erntete er einen genervten Blick, doch zumindest erhob sich der Junge und tapste lustlos ins angrenzende Badezimmer. Kaum war Yume verschwunden, klopfte es an der Tür. Verwirrt öffnete Lano und ließ die strahlende blonde Frau herein. »Ach, ihr beiden Süßen. Ich konnte es einfach nicht abwarten. Hier..« Sie drückte Lano die Schachtel mit den Keksen in die Hand und schwebte regelrecht zur Sitzecke, die sie etwas in Ordnung brachte, bevor sie sich in einen der Sessel fallen ließ. »Hach… und? Was habt ihr so den ganzen Vormittag angestellt, hm?« Neugierig musterte sie Lano, der kurz den Kopf über Nahi schüttelte und dann die Süßigkeiten in eine Schale sortierte, die er auf den Tisch stellte. »Naja.. wir haben versucht Karten zu spielen«, gab er niedergeschlagen zu. »Aber das wird auch immer anstrengender…« Sie tauschten ein paar vielsagende Blicke, mehr brauchte es nicht, um die Lage bei Nahi auf den aktuellen Stand zu bringen. Sie seufzte ebenfalls schwer, doch als Yume aus dem Bad trat, war ihr Gesicht wieder von einem strahlenden Lächeln eingenommen und sie stand auf und umarmte den Kleinen herzlich. Das war ihr schon zur Gewohnheit geworden die letzten paar Tage und damit hatte sie es bisher auch immer geschafft wenigstens ein kleines Lächeln auf Yumes traurige Züge zu zaubern. So auch diesmal, nur hielt dieses Lächeln leider nicht lange an. Gemeinsam setzten sie sich an den Tisch. Lano reichte die Kekse herum und Yume nahm sich notgedrungen einen. Hunger, geschweige denn Appetit verspürte er überhaupt nicht, aber er wusste wie enttäuscht die blonde Frau war, wenn er nicht wenigstens einen Keks kostete. Gedankenverloren nagte er daran herum, während Lano und Nahi sich irgendwas erzählten. Yume hätte sich ebenfalls daran beteiligen können, doch er hatte keine Lust. Es machte ihm überhaupt nichts mehr Spaß. Er fühlte sich nur noch wie ein Gefangener in einem goldenen Käfig. Was ja an und für sich nicht ganz so schlimm gewesen wäre, nur ließ Davon sich auch kaum sehen. Dabei vermisste er den Mann doch so sehr… Lautlos seufzte der Kleine, wurde aber dann doch ein wenig aufmerksamer, als er Davons Namen im Gespräch aufschnappte. »Morgen Abend ist doch das Bankett, nicht wahr?« Nahi nickte. Dabei wippten ihre blonden Locken im Takt und sie schob sich den Rest des Kekses in den Mund. »Ja, da hast du Recht.« Sie merkte, dass Yume wieder zuhörte und wählte ihre Worte mit Bedacht. »Es wird ein langer Abend werden, bei dem die Anwesenheit von allen Namensträgern vorausgesetzt wird. Außerdem wird Achitos persönlich das Bankett eröffnen.« Das es ebenfalls Voraussetzung war, dass alle Namensträger in Begleitung erscheinen sollten, ließ sie lieber außen vor. Yume tat ihr so schon leid genug. Nicht, dass sich der Kleine nachher noch Hoffnung machte und dann wieder enttäuscht wurde. Denn so, wie sie Davon kannte, würde er den Kleinen garantiert nicht vor aller Nase lang rumzeigen, schon gar nicht, wenn Achitos persönlich anwesend war. Yume hatte bald wieder das Interesse an dem Kaffeeklatsch verloren und zupfte an den Ärmeln seines Oberteils herum. Aber auch das wurde ihm bald zu langweilig, sodass er aufstand und auf den Balkon ging, um ein wenig die Natur zu beobachten und vor sich hinzuträumen. Er bekam auch nicht mit, wie Nahi schließlich ging. Erst als Lano an ihn heran trat und meinte er würde auch kurz weggehen nickte der Kleine. Er konnte von dem anderen Jungen ja auch schlecht erwarten hier die ganze Zeit bei ihm zu hocken. Immerhin war es schon mehr als genug, dass Lano sich immer solche Mühe mit ihm gab. Davon hingegen hatte keine Zeit zu träumen. Entgegen seiner Hoffnungen, heute vielleicht etwas mehr Zeit zu haben, damit er sich wieder einmal etwas um Yume kümmern konnte, hatte Achitos ein zusätzliches Treffen anberaumt. Mürrisch stapfte er zu seinen Räumlichkeiten und nahm sich vor, wenigstens einmal kurz bei Yume reinzuschauen. Viel mehr Zeit blieb ihm schon gar nicht mehr, wenn er sich noch umziehen wollte. Gehetzt stürmte er in sein Zimmer, schälte sich aus den vornehmen Sachen, die er für die Sitzung getragen hatte und schlüpfte in ein paar lockere dunkle Reithosen und ein legeres Hemd mit dazu passender Weste. Die neuen Stiefel tauschte er ebenfalls gegen seine Alten, Bequemen. Ein altes Cape stopfte Davon sich sicherheitshalber noch unter den Arm. Aus zuverlässiger Quelle wusste er, dass es in die Berge ging, wo Achitos anscheinend etwas entdeckt hatte. Obwohl hier noch strahlend blauer Himmel war, konnte es in der Bergen schon wieder ganz anders aussehen. Im Eilschritt verließ er seine Räumlichkeiten wieder, schloss ab und stand schließlich unschlüssig vor Yumes Tür. Sollte er wirklich noch reingehen? Nach einem kurzen Seufzen drückte er jedoch bestimmt die Klinke herunter und trat ein. Sie hatten sich schon so lange nicht gesehen… jedenfalls empfand er es als lange. Er vermisste den Kleinen richtig und sein schlechtes Gewissen war auch schon riesengroß. Da wäre es wirklich gemein gewesen, einfach vorbei zu gehen und den Jungen nicht zu besuchen. Suchend schaute Davon sich um. Die Vorhänge waren teilweise geschlossen, wodurch es in dem Raum recht dunkel wirkte. Nur die Tür zum Balkon stand offen. Der Wind spielte leicht mit den halb durchsichtigen hellen Überhängen, die den Durchgang zum Balkon umwehten. Durch diese sanfte Bewegung entdeckte Davon den schlanken Körper, der an dem Geländer lehnte. Yume hatte niemanden herein kommen gehört, doch er spürte einen Blick auf sich und wandte sich seufzend um, weil er Lano erwartete, der bestimmt wieder darauf aus war ihn zu beschäftigen. Doch zu seiner großen Überraschung war es nicht der kleine Dämon, sondern Davon. Sofort wallte Freude in ihm auf und seine Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln, als er langsam auf den Mann zutrat. Er fürchtete, dass er halluzinierte, und dass Davons Gestalt sich jeden Moment auflösen würde, doch sie tat es nicht. Stattdessen kam Davon ihm nun entgegen und dicht vor einander blieben sie stehen. Der liebevolle Ausdruck in Davons Augen ließ sein Herz höher schlagen und ohne länger zu zögern überwandt Yume den letzten Abstand und schmiegte sich an den anderen. Er konnte nicht sprechen, aber auf diese Weise teilte er Davon mit, wie sehr er ihn vermisst hatte. Und Davon verstand die Geste richtig. Sanft schlangen sich seine Arme um den zierlichen Körper des Jungen und er drückte ihn fest an sich, sodass er ihn mit jeder Faser seines Körpers spüren konnte. Genießerisch vergrub er sein Gesicht in den hellen Haaren und sog Yumes unbeschreiblichen Duft ein. Auch er sehnte sich nach dem Kleinen und am liebsten wäre er geblieben und hätte Zeit mit ihm verbracht. Doch leider war das nicht möglich. Achitos versetzte man nicht. Es war seine Pflicht mit ihm zu reiten. Der Fürst mochte es zwar als Einladung ausgesprochen haben, allerdings verbarg sich dahinter ein Befehl, den er nicht verweigern konnte. »Yume, Liebling…«, begann er leise zu sprechen. »So gerne ich auch bei dir bleiben würde, aber ich kann nicht. Ich werde für ein paar Tage weg sein…« Er spürte, wie Yume in seinen Armen leicht zusammen sackte und die Schultern hängen ließ. »Ich weiß, es ist nicht leicht für dich, so lange allein zu sein«, meinte er verständnisvoll, bevor er mit einem Finger sanft Yumes Kinn anhob, sodass der Junge ihn ansehen musste. »Es dauert nicht mehr lange, und dann können wir wieder zurück in mein Schloss, hm? Dort werde ich wieder mehr Zeit haben«, versprach er ruhig, während es in Yumes Augen hoffnungsvoll flackerte. Kurz schilderte er ihm, wohin er gehen musste, und wieso das so wichtig war. »Versuch die letzten Tage noch durchzuhalten, ja?« Schwer seufzte Yume auf. Er hatte es ja gewusst. Davon kam nur, um sich schon wieder zu verabschieden. Allmählich kam er sich wirklich völlig überflüssig vor. Doch die sanften Worte gaben ihm trotz all seiner Mutlosigkeit wieder ein bisschen Zuversicht. Die sanfte Berührung an seinem Kinn fühlte sich wundervoll an und der Kleine schmiegte seine Wange in Davons große Hand. War es denn wirklich zu viel verlangt, wenn er ein wenig mehr Nähe und Aufmerksamkeit wollte? Es musste ja nicht viel sein. Aber wenigstens so wie jetzt ein paar Minuten, in denen er spürte, dass er dem anderen etwas bedeutete. Nachdenklich schaute er hoch in Davons Augen. Einen kurzen Moment zögerte er noch, bevor er sich auf die Zehenspitzen stellte und einen flüchtigen Kuss auf dessen Lippen hauchte. Für eine Sekunde geschah gar nichts, doch dann umschlangen ihn die starken Arme des anderen plötzlich wieder fester. Fast schon brutal wurde er an Davons kraftvollen Körper gepresst. Die Zunge des Mannes bewegte sich leidenschaftlich gegen seine Lippen und Yume war so überrascht über den plötzlichen Gegenangriff, dass er sie atemlos in sein Reich eindringen ließ. Davon küsste ihn wild und ungezügelt, als wäre er am verhungern. Stöhnend klammerte sich Yume an den starken Schultern fest und genoss, was der andere mit ihm anstellte. Diese Küsse lösten ein Feuerwerk der Gefühle in ihm aus. Er war weit davon entfernt Angst zu haben, sondern kostete es voll aus. Dann spürte er eine Hand fordernd über seinen Po streichen und presste seine Hüfte näher an Davon heran. Dort spürte er etwas Hartes, das gegen seinen Bauch drückte. Im gleichen Moment löste der Mann stöhnend den leidenschaftlichen Kuss und drückte ihn ruckartig auf Armeslänge von sich weg. Oh verdammt! Wieso ließ er sich schon wieder so gehen? Das hätte nicht passieren dürfen! Doch dieser süße, unschuldige Kuss des Kleinen war einfach zu viel gewesen und hatte die letzten Barrikaden seiner sowieso schon bröckelnden Selbstbeherrschung eingerissen. Scheiße! Er wollte Yume… Gott, wie sehr er ihn wollte!!! Leider gab es keinen denkbar ungünstigeren Zeitpunkt, als diesen Moment, um zu dieser verdammten Einsicht zu gelangen. Er begehrte den Kleinen schon viel zu lange, ohne sich je genommen zu haben, was ihm eh zustand… und was Yume ihm nun so freiwillig anbot. Als ihm bewusst wurde, dass seine Hände immer noch auf dessen Schultern lagen, zog er sie jäh zurück und versuchte sich einigermaßen zu beruhigen. Wenigstens äußerlich. Doch sein Körper zeigte deutlich, was er von diesem Vorhaben hielt. Nämlich gar nichts! »Lass uns das alles verschieben, bis wir wieder zu Hause sind…«, meinte Davon mit rauer Stimme. Er konnte sich gerade noch dazu durchringen Yume sanft durch die Haare zu streichen und ihm einen liebevollen Kuss auf die Stirn zu geben, bevor er fluchtartig das Zimmer verließ. Verdattert und enttäuscht zugleich starrte Yume dem anderen hinterher, wie er wieder verschwand. Davons Verhalten war ihm wirklich langsam ein Rätsel. Dieser Gefühlsausbruch eben… begehrte ihn der Mann wirklich so sehr? Aber wieso durfte er dann nicht mit ihm in einem Raum schlafen? Dann hätten sie das doch schon öfter machen können und Davon hätte sich nicht so sehr zurückhalten brauchen… Kopfschüttelnd kehrte er auf den Balkon zurück und versuchte sich nicht allzu viele Gedanken über dieses Erlebnis gerade zu machen. Doch er bekam es einfach nicht aus dem Kopf. Bedächtig berührte er mit einem Finger seine Lippen, die immer noch von der Leidenschaftlichkeit des anderen kribbelten. Die Heftigkeit, mit der Davon auf seine zarte Berührung reagiert hatte, war unglaublich. Für einen Moment schloss Yume die Augen und fühlte das Erlebnis gedanklich noch einmal nach. Durch Davons unverhofften Besucht, hatte Yume wieder ein bisschen Mut geschöpft. Es zeigte ihm, dass er dem Mann doch nicht ganz gleichgültig war. Außerdem hatte er das Gefühl gehabt, der andere würde viel lieber bei ihm bleiben, aber da konnte er sich auch täuschen. Auf ihrer Reise ins Mittelreich war Yume sich noch Davons Gefühlen sicher gewesen, doch jetzt verschwamm das alles irgendwie. Manchmal glaubte er sogar für den anderen nur eine zusätzliche Belastung zu sein… Yume seufzte und richtete seinen Blick wieder auf den Horizont. Vielleicht hätte er dieser Reise nie zustimmen sollen. Nach allem was er bisher erfahren hatte, war er auf Grund seiner Herkunft nicht mal erwünscht und dieses ständige verkleiden und vorsichtig sein, wenn er aus diesem Zimmer, das ihm mit jedem Tag kleiner vorkam nur kurz raus wollte. Yume fühlte sich beengt und eingesperrt und auch wenn er Lano sehr mochte, so mochte er es mit jedem Tag weniger bei jedem kleinen Ausflug nach draußen ununterbrochen beobachtet zu werden. Nirgendwo, außer in seinem Zimmer, war er ungestört oder hatte seine Ruhe. Er sehnte sich wirklich zurück in Davons Festung, sehnte sich nach Davon selbst, nach dessen Nähe und Zärtlichkeiten. Von kleinen Dingen, wie liebevollen Gesten, einem sanften Streicheln oder einfach nur einem zärtlichen Blick hatte er seit ihrer Ankunft in diesem Reich kaum etwas bekommen. Gleich am ersten Tag war er ausgesperrt worden, ohne Erklärung und aus seiner Sicht auch ohne Grund. Das hatte eine Menge Zweifel in ihm wachgerufen, die immer weiter wuchsen, je weniger sich der andere um ihn kümmerte. Diese Gleichgültigkeit tat ihm weh, denn er sah ja, dass es auch anders ging. Bei Lano und Heron war die Situation mit der wenigen Zeit ähnlich, aber er hatte mitbekommen, dass Heron trotz all seiner Pflichten jeden Abend für wenigstens ein paar Minuten zu Lano aufs Zimmer kam, wenn nicht sogar die ganze Nacht blieb. Davon tat das nie, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte. Und gerade das machte ihn unendlich traurig. Abermals seufzte er schwer, drehte sich jedoch um, als er hörte, wie erneut jemand den Raum betrat. Diesmal war es Lano, der sich ein wenig verlegen für sein langes Wegbleiben entschuldigte. Nach der Röte auf dessen Wangen zu urteilen, war er Heron wohl über den Weg gelaufen. Naja… dann war ja wenigstens einer von ihnen glücklich. Yume gönnte es dem anderen, obwohl er zugeben musste, dass er schon ein bisschen neidisch war. Dennoch setzte Yume ein schmales Lächeln auf, denn er wollte dem anderen Jungen nicht die Laune verderben. Lano trat neben ihn und begann dann auch gleich zu erzählen, was er in Erfahrung gebracht hatte. »Achitos hat wohl in den Bergen irgendwas entdeckt. Deswegen müssen jetzt alle mit ihm dorthin reiten und das kann dauern. Heron und Davon sind auch dabei. Aber Heron hat gemeint, dass sie wohl in drei vier Tagen wieder zurück sein würden.« Verstehend nickte Yume, als Lano geendet hatte und versuchte wenigstens überrascht auszusehen. Doch es gelang ihm nicht. »Hey.. sei nicht so desinteressiert!«, beschwerte sich Lano und zog eine Schnute. Das entlockte Yume dann doch noch ein echtes kleines Lächeln und er musterte den anderen mit schief gelegtem Kopf. /Ich bin nicht desinteressiert… ich weiß es nur schon…/, gab er gedanklich zurück und kicherte, weil Lano nun überrascht aus der Wäsche guckte. »Woher…? Ahhh.. lass mich raten! Davon hat dich mal besucht?« Yume nickte zustimmend. /Hm.. aber nur ganz kurz…/ Die Traurigkeit darüber war ihm deutlich anzuhören und Lano streichelte ihm tröstend über die Schulter. »Aber hey… er hat zumindest mal wieder an dich gedacht…« Mal wieder, wiederholte Yume im Geiste und konnte dem nicht gerade etwas Positives abgewinnen. Bestimmt entwand er sich dem trostspendenden Streicheln und verließ den Balkon. /Können wir noch ein bisschen raus gehen? Achitos ist doch jetzt nicht da, oder?/, fragte Yume und hoffte inständig, dass er deswegen heute keine Verkleidung brauchte. Doch da hatte er sich leider in Lano verschätzt. *** Die nächsten beiden Tage waren trotz Davons Abwesenheit ganz lustig. Für Yume war es auch nicht sehr anders, als wenn der andere da gewesen wäre, so wenig, wie er sich sonst bei ihm blicken ließ. Da Achitos „außer Haus“ war, fiel sogar eine Führung durch den Palast ab und Yume konnte sich alles ganz in Ruhe anschauen. Um seine Verkleidung war er zwar nicht drum rum gekommen, doch es war weitaus angenehmer mit dem Wissen durch den Palast zu laufen, dass der Hausherr mit Abwesenheit glänzte. Nahi, die sich hier viel besser auskannte, hatte sich selbst zur Führerin gekürt und erzählte alles was sie wusste. Die Ahnengalerie und die Ausstellungsräume für altzeitliche Kunst hatten sie schon hinter sich. Gerade führte die blonde Frau sie einen weiteren breiten, mit dicken Teppichen ausgelegten Gang entlang, der an einer hohen, mit Holzschnitzereien verzierten Tür endete. Die Größe der Tür wurde einem erst richtig bewusst, wenn man davor stand und Yume staunte nicht schlecht, weil er den Kopf fast in den Nacken legen musste, um auch den oberen Bogen betrachten zu können. Mit einem kurzen Seitenblick bemerkte Yume, dass es Lano auch nicht anders ging als ihm und er musste leicht lächeln, denn die pure Begeisterung sprach aus dem Gesicht des anderen. »Et voila… das ist die Bibliothek…«, flötete Nahi vergnügt und ließ einen Flügel der Tür aufgleiten. Ein dunkles Knarren war zu vernehmen und als Yume neugierig näher trat, wehte ihm ein altertümlicher Geruch entgegen. Langsam betraten sie den Raum, der noch riesiger war, als Yume sich je erträumt hatte. Beeindruckt glitten seine Augen über die unendlich erscheinenden Bücherreihen, die bis an die Decke reichten und der Anblick raubte ihm schlichtweg den Atem. So etwas hatte er noch nie gesehen. So viele Bücher in einem Raum. Das waren bestimmt Tausende! Einfach unglaublich. »Ihr seht so beeindruckt aus… aber das hier ist noch längst nicht alles!« Nahi lächelte und war ganz in ihrem Element. »Das ist nur der Vorraum, wo man etwas nachschlagen oder ausarbeiten kann«, erklärte sie und zeigte dann auf zwei Gänge, die von dem Raum in zwei verschiedene Richtungen abgingen. Der Raum in dem sie standen war rund, das fiel Yume erst jetzt auf. Er folgte Nahis Fingerzeig und ging neugierig in den einen Gang. Sowie er den Eingang passiert hatte, gingen auch hier die Lichter von allein an und der Junge bemerkte, dass sogar die Wände in diesem Durchgang mit Büchern zugestellt waren. Ehrfürchtig fuhr er mit den Fingern über ein paar Buchrücken, die sich kühl und kratzig unter seiner zarten Haut anfühlten. Wahrscheinlich hatten diese Werke schon eine lange Zeit hinter sich und demzufolge eine Menge durchlebt. Voller Staunen ging Yume weiter. Seine Füße führten ihn automatisch in den anderen Raum, der noch größer und weitläufiger war, als der Erste. Nahi hatte wirklich nicht zu viel versprochen. Für einen Moment schloss der Kleine die Augen und ließ die ruhige Atmosphäre auf sich einwirken. Es kam Yume irgendwie magisch vor, denn es war ruhig, aber dennoch lag eine gewisse Spannung in der Luft. Stammte es vom Geruch des alten Leders mit dem die Bücher größtenteils gebunden waren? Oder von der alten Tinte? Dem Papier? Yume wusste es nicht, doch seine Sinne vibrierten vor Erwartung. Dieser Moment war.. kaum zu beschreiben, fast so, als würde er sich in einer anderen Welt befinden. Dann öffnete er die Lider wieder, ließ seine Augen durch den Raum gleiten, doch es hatte sich nichts verändert. Alles war noch beim Alten, doch die Spannung war immer noch deutlich spürbar, fast greifbar. Angezogen von einer Bücherreihe, ging er langsam darauf zu und streckte den Arm, wie von Zauberhand geführt nach einem bestimmten Buch aus, zog es auf der Reihe und berührte voller Ehrfurcht den Drachenkopf, der in das dicke, schwere Leder gebrannt worden war. Die Augen des Drachen waren durch rote Edelsteine dargestellt und obwohl es nur ein Bild war, hatte Yume das Gefühl angesehen zu werden. Die Steine funkelten in dem gedämpften Licht und der Kleine hielt vor Anspannung kurz den Atem an. Seine Finger kribbelten plötzlich ganz komisch und die feinen Härchen in seinem Nacken stellten sich auf. Sich von dem Anblick losreißend, schlug er die erste Seite auf und zog verwirrt die Stirn kraus. Da stand nichts… Also blätterte er weiter. Doch auch die folgenden Seiten waren leer. Nur das vergilbte Papier strahlte ihm entgegen, sodass er das Buch mit einem dumpfen Geräusch wieder zuklappen ließ. Er wollte es schon zurück stellen, doch irgendwas hielt ihn zurück. Nachdenklich betrachtete er das Werk, das er in den Händen hielt und nach einem weiteren Augenblick des Zögerns, ließ er es unter seinen langen Sachen verschwinden. Der Kleine hatte zwar kein gutes Gefühl dabei, aber er wollte unbedingt heraus finden, was es mit diesem Buch auf sich hatte, und wieso er sich davon so angezogen fühlte. Auch jetzt war das erwartungsvolle Kribbeln noch nicht aus seinen Fingerspitzen verschwunden und am liebsten hätte er sich gleich noch einmal eingehender mit dem Werk beschäftigt. Aber dazu brauchte er wirklich Ruhe, die er hier nicht bekommen würde, weil Nahi und Lano ihre Neugier sicher nicht würden Zügeln können, wenn sie herausfanden, dass er etwas gefunden hatte, was ihn interessierte. Kaum hatte Yume diesen Gedanken zu Ende geführt, als er auch schon Lanos Stimme vernahm, der von dem Ort gar nicht mehr aufhörte zu schwärmen. »Meine Güte… hast du schon mal SOOOOO VIELE Bücher auf einem Haufen gesehen? Ich glaub dafür bräuchte ich mehr als ein Leben, wenn ich die alle lesen wollte..«, sinnierte der kleine Dämon und Yume nickte zustimmend. /Dafür müsstest du wahrscheinlich auch ganz viele verschiedene Sprachen können…/, führte er Lanos Gedanken einfach weiter aus. Er konnte sich nicht vorstellen, das dies hier alles Bücher aus und über die Dämonenwelt sein sollten. Ein Beweis dafür befand sich ja unter seinen Sachen. Und auch wenn er noch nichts Konkretes darüber wusste… ein Dämonenbuch war es ganz sicher nicht, sonst hätte es ihn sicherlich nicht so stark angezogen. »Ja, glaube ich auch…«, stimmte der kleine Dämon zu und tappte zum gegenüberliegenden Regal, um sich dort die Buchrücken genauer zu betrachten. »Du solltest lieber deine Finger bei dir lassen«, erklang dann plötzlich eine warnende Stimme hinter ihnen. Es war Nahi, die nun auch den zweiten Raum betreten hatte. Warnend schaute sie Lano an. »Dieser Raum wird als magischer Raum bezeichnet. Hier sind Bücher aus der ganzen Welt verstaut, die irgendetwas mit Zaubern, Zauberformeln, Bannsprüchen und so weiter zu tun haben.« Während ihrer Erklärung war sie mit eleganten Schritten zu dem Regal gegangen, vor dem Lano noch stand. »An jedem Ausgang und an der Innenseite der Kuppel…« Sie zeigte mit ausgestrecktem Arm auf die betreffenden Stellen. ».. sind Schutzzauber angebracht. Die Bücher dürfen nur in diesem Raum geöffnet und gelesen werden. Falls nämlich ein Zauberspruch etwas Böses bewirkt, kann er nicht außerhalb dieser Mauern wirken. Die Schutzzauber versiegeln den Raum sozusagen und halten alles hier drin fest.« Lächelnd stemmte Nahi die Hände in die Hüften und wandte sich dann an Lano. »Ach ja.. zu meiner Warnung von vorhin… Manche Bücher mögen es nicht angefasst zu werden…«, gab sie dem Jungen einen Hinweis. Lano guckte nur verwirrt und entlockte Nahi damit ein leicht genervtes Seufzen. »Du glaubst mir nicht?« Lano überlegte kurz, was er antworten sollte, doch da schnaubte die blonde Frau enttäuscht und machte eine unwirsche Handbewegung. »Na gut.. dann werde ich dir das eben beweisen. Aber sag nachher nicht, dass ich dich nicht gewarnt hätte!« Während sie sprach, piekte sie Lano dabei mit einem Finger auf die Brust, drehte sich dann um und suchte anscheinend ein bestimmtes Buch. Yume verfolgte die Szene nur still und außer Reichweite der beiden. Ihn beschlichen Zweifel, ob es so klug war, das Buch, welches er eingesteckt hatte aus diesem Raum zu entfernen. Wenn dort nun böse Zaubersprüche drin standen? Oder wenn er gar nicht damit umgehen konnte und das Buch ihm nachher noch Schaden zufügte? Für einen Moment schloss Yume die Augen und rief sich zur Ordnung. Das würde schon nicht passieren und da die beiden anderen jetzt auch hier waren, konnte er das Buch ja schlecht zurückstellen ohne erwischt zu werden. Ein erschrockener Schrei ließ ihn wieder die Augen aufreißen, doch da lachte Nahi schon laut los. »Spinnst du? Mir hätte sonst was passieren können!«, schimpfte Lano total entrüstet und nicht gerade sehr respektvoll. Doch Respekt schien im Moment das wenigste zu sein, woran er dachte. Dann kam der kleine Dämon auf ihn zu und packte seinen Arm. »Komm Yume, hier ist es viel zu gefährlich!« Bestimmend zog er ihn aus dem Raum. »Hey.. nun warte doch mal. Du hast es schließlich so gewollt und mir nicht geglaubt«, rief Nahi ihnen hinterher, doch Lano zerrte ihn einfach weiter, während er leise vor sich hin grummelte. »So eine dumme Gans… muss immer alles besser wissen…« Das Gegrummel ging den ganzen Rückweg so und Lano steigerte sich richtig in die Sache rein. Zuerst fand Yume es ziemlich lustig, wie der andere sich über diese Kleinigkeit aufregte, doch dann legte er ihm eine Hand auf den Arm. /Beruhig dich wieder…/, redete er gedanklich auf seinen Freund ein. /Nahi hat das doch nicht böse gemeint. Und egal ob du dich darüber aufregst oder nicht, das ändert nichts an der Situation…/ Ruhig schaute Yume den anderen an, der seinen Blick kurz erwiderte und dann ergeben seufzte. »Naa… du hast ja Recht…« Erneut linste Lano in seine Richtung, bevor ein spitzbübisches Grinsen seine Züge einnahm und er Yume mit einer flinken Bewegung durch die Haare wuschelte. »Alter Besserwisser du!« Yume versuchte den unerwarteten Angriff auf seine Haare abzuwehren, aber mit einer Hand war es schwierig. Doch er wollte das Buch nicht loslassen, was sich noch unter seinen Sachen befand und so guckte er Lano, der nun wieder breit grinste, nur verstimmt an. Das Buch wurde langsam schwer, deswegen sah der Hellhaarige davon ab, sich auf eine Kabbelei mit dem anderen einzulassen. /Wenn du nichts dagegen hast, würde ich mich gern ein bisschen ausruhen…/ Tatsächlich war es schon später Nachmittag. Durch Nahis Führung war die Zeit wie im Flug vergangen und Yume fühlte sich geschafft, was er nun als Vorwand nahm, um allein zu sein. »Hm.. gut, dann lass ich dich jetzt allein…«, erwiderte Lano arglos. »Ich bring dir nachher noch was zu Essen vorbei«, sagte er noch, während Yume sich schon umdrehte und in sein Zimmer ging. Über die Schulter nickte er dem kleinen Dämon noch zu, als Zeichen, dass er verstanden hatte und schloss die Tür hinter sich. Sowie Yume allein war, war seine Erschöpfung wie weggeblasen. Mit schnellen Schritten ging er zum Bett, holte das Buch umständlich unter seinen vielen Sachen hervor und legte es auf die Decken. Bevor er sich hinsetzte, zog er noch flink seine Verkleidung aus, ließ alles liegen, wo es ihm aus den Händen fiel und beugte sich dann neugierig über seine Errungenschaft. Ein bisschen hatte er immer noch ein schlechtes Gewissen, denn er hatte noch nie etwas gestohlen. Andererseits konnte er sich bei allem was er bereits über den Herrscher des Mittelreichs gehört hatte nicht vorstellen, dass dieser auf ehrliche Weise an diese ganzen Bücher heran gekommen war. Ehrfürchtig schlug er das Buch auf, doch es hatte sich zu vorhin nichts verändert. Die Seiten waren immer noch leer, was den Kleinen enttäuscht aufseufzen ließ. Er hatte sich zumindest erhofft, dass wenigstens etwas dort stehen würde, wenn er es mitnahm, doch dem war nicht so. Allerdings war es schon recht komisch. Wer stellte sich ein Buch mit leeren Seiten ins Regal? Ratlos starrte Yume die aufgeschlagenen Seiten an, bis es ihm zu blöd wurde und er das Buch zuschlug. Kaum war der Deckel zu, funkelten ihn die rubinroten Augen des eingebrannten Drachens an, was ihn die Stirn runzeln ließ. Die Edelsteine ragten relativ weit über die lederne Oberfläche hinaus. Nachdenklich zog Yume die Beine in den Schneidersitz und stützte einen Ellenbogen auf dem Knie ab, während er den Ledereinband mit schief gelegtem Kopf betrachtete. Leise seufzte er auf, weil auch durchs Angucken sich nichts an dem Bild änderte. Gelangweilt berührte er das Leder mit einer Fingerspitze und fuhr die Umrisse des eingebrannten Drachenkopfes bedächtig nach, während ihm die Frage durch den Kopf ging, wieso der Herrscher überhaupt so ein Buch aufhob in dem nicht mal was stand. Zumal es sich noch nicht mal um ein Dämonenbuch handelte, wie sich unschwer erkennen ließ. Abermals seufzte Yume und zog seine Finger zurück, nachdem er das Muster einmal nachgezeichnet hatte. Er beschloss gerade aufzustehen, um sich etwas zu Trinken zu holen, da leuchtete der Umriss des Drachenkopfes golden auf. Geblendet von dem hellen Licht, kniff der Kleine die Augen zu und hob zusätzlich einen Arm, um sich davor zu schützen. Kurz darauf überwog jedoch seine Neugier und er blinzelte in die Richtung des Buches. Erstaunt starrte er darauf und war beinahe fassungslos. Wo Zuvor nur die Rubine hervorgestanden hatte, ragte nun auch der Kopf des Drachen, der vorher nur als Umriss zu sehen gewesen war ein Stück über die Oberfläche des Buches hinaus und glänzte in verschiedenen Silbertönen. Auch der Einband bestand nicht mehr aus Leder, sondern hob sich Anthrazitfarben von dem helleren Drachenkopf ab. Fein geschwungene Zeichen zierten den Hintergrund zusätzlich, und obwohl der Kleine so etwas noch nie gesehen hatte, kamen sie ihm irgendwie bekannt vor. Unsicher leckte sich Yume über die Lippen und beugte sich dicht über das Buch. Inzwischen hätte es ihn nicht mehr wirklich überrascht, würde der Drache plötzlich anfangen zu reden. Aber das tat er nicht und nach kurzem Zögern hob der Junge erneut den Buchdeckel an. Diesmal wurde er nicht enttäuscht, sondern sein Erstaunen steigerte sich noch, als er beobachtete, wie vor seinen immer größer werdenden Augen fein geschwungene Buchstaben entstanden, so als würde jemand gerade erst das Buch schreiben. Fasziniert blätterte er auf die nächste Seite, wo dasselbe passierte. Allerdings erschien nur auf einer Seite die Schrift, auf der anderen dagegen entstand ein Bild. Gefesselt blätterte er das gesamte Buch durch und erlebte immer wieder das gleiche Phänomen. Irgendwann zwischendurch bekam Yume mit, dass auf den Seiten, die er umschlug, die Schrift wieder verschwand. Es war absolut unglaublich! Das musste wirklich ein Zauberbuch sein und er konnte sich gar nicht mehr davon losreißen. Beim zweiten Mal durchblättern schaute Yume sich die Bilder intensiver an und bei einem blieb er schließlich hängen. Sein Herz schlug plötzlich schneller und er schluckte Es waren zwei Personen zu sehen. Ein älterer Mann und ein Kind. Der Mann hatte eine Hand gehoben und hielt sie vor den Körper des Kindes. In dem schmalen Spalt zwischen der Hand und dem Kind war etwas Helles, Leuchtendes angedeutet. Nachdenklich betrachtete der Kleine die Szene. Der Hintergrund war sehr dunkel gehalten, also musste es wohl eine Bedrohung geben. Vielleicht wollte der Ältere das Kind beschützen? Leider konnte man die Gesichter der Personen nicht erkennen, aber Yume glaubte nicht, dass der Mann dem Kind etwas Böses antun wollte. Je länger er die Szene betrachtete, desto trauriger wurde er, konnte sich das jedoch nicht erklären. Er verstand das Ganze nicht… warum reagierte er nur bei diesem Bild? Es gab doch zig andere, aber bei keinem fühlte er sich so bekümmert und bedrückt wie bei diesem. Yume starrte noch eine ganze Weile nachdenklich die Seite an, konnte sich einfach nicht davon losreißen. Als er jedoch Geräusche an der Tür wahrnahm, ruckte sein Kopf erschrocken in die Höhe. Hektisch schlug er das Buch zu und zerrte die Decken zu sich heran, um es darunter zu verstecken. Anschließend platzierte er sich auf den kleinen Berg und setzte einen unschuldigen Blick auf, als Lano in den Raum trat. Zum Glück hatte der andere ein Tablett mit Essen in der Hand, sonst wäre er vermutlich schneller gewesen und hätte sein Geheimnis entdeckt. Über diese vorteilhafte Fügung des Schicksals war Yume mehr als dankbar und entspannte sich ein wenig, atmete erleichtert auf. »Und? Konntest du ein bisschen schlafen?«, fragte Lano gleich, als er Yume im Bett sitzend erblickte. Die Stirn runzelnd stellte er das Tablett auf dem flachen Tischchen ab, bevor er sich erneut zu dem Hellhaarigen umwandte und ihn missbilligend ansah. »Hättest ja wenigstens deine guten Sachen ausziehen können… jetzt ist alles zerknittert«, beschwerte sich der Jüngere auch gleich, was Yume dazu veranlasste schuldbewusst an sich herunter zu blicken. /Tut mir leid…/, entschuldigte er sich. Im Eifer das Buch zu erkunden hatte er überhaupt keinen Gedanken an seine Sachen verschwendet. Allerdings fand er, dass Lano ganz schön übertrieb. Die meiste Zeit hockte er doch sowieso drinnen, wo ihn niemand sah und für die „ab und zu-Besuche“ von Nahi brauchte er doch nicht extra herausputzen. Doch er blieb ruhig und reckte neugierig den Kopf nach dem Essen. Es duftete lecker und seit langem verspürte er mal wieder richtig Hunger. »Okay.. Entschuldigung angenommen«, meinte Lano beschwichtigt und legte erneut die Stirn in Falten, weil ihm irgendwas komisch vorkam. Er konnte nur noch nicht sagen was. Akribisch beobachtete er Yume, der langsam aus dem Bett kletterte, kurz seine Sachen richtete und zum Tisch tapste. Der Hellhaarige schien recht gut gelaunt zu sein, aber das war es nicht, was Lano seltsam vorkam. Er setzte sich mit an den Tisch und deckte schnell alles ein, während er den anderen Jungen weiter im Auge behielt. Dann war er jedoch total perplex, weil Yume ihn leicht anlächelte, als er ihm das Brot reichte. Hey… bitte wann hatte der Kleine das letzte Mal gelächelt? Da war doch irgendwas im Busch! Misstrauisch zog Lano die Augenbrauen zusammen und schaute nun noch genauer hin, was Yume machte. Außer der veränderten Stimmung, in der der andere war, fiel ihm jedoch nichts auf. Fragen wollte er aber auch nicht, das wäre zu auffällig gewesen und eigentlich sollte er wohl froh sein, dass Yume sich mal nicht im Bett vergrub und Trübsal blies. Das Essen verlief ruhig und Lano staunte, wie gut der andere aß. Allein schon aus diesem Grund versuchte er sein Misstrauen zu zügeln. Alles schien in Ordnung zu sein, also beschloss er, es dabei zu belassen, obwohl ihn schon beschäftigte, welchem Ereignis er diese Umwandlung zu verdanken hatte. Nachdem Yume seinen Saft ausgetrunken hatte, sah der Kleine richtig zufrieden aus. Ein seltener Anblick, aber gut. Lano seufzte. Er hoffte wirklich, dass diese neue Stimmung wenigstens ein Weilchen anhielt. Einen kurzen Moment der Ruhe gönnte er sich noch, bevor er wieder alles aufs Tablett zusammen räumte. Den Teller mit dem Süßkram ließ er jedoch stehen, weil er wusste, dass Yume eine kleine Naschkatze war. »Okay… also ich wünsch dir dann eine gute Nacht…«, sagte Lano und nahm das Tablett. »Falls du noch was brauchst, komm einfach rüber zu mir, ja?« Yume nickte und Lano verließ schließlich das Zimmer. Kaum war die Tür hinter dem anderen ins Schloss gefallen, sprang Yume auf und glitt wieder aufs Bett. Er hatte es nur schwer geschafft ruhig zu bleiben und abzuwarten bis Lano wieder weg war. Trotzdem schien der andere Junge Verdacht geschöpft zu haben, bei den prüfenden Blicken, die er ihm immer wieder unbemerkt zugeworfen hatte. Allerdings schien er keine Ahnung zu haben, was los war und darüber war Yume heilfroh. Er wollte sein Geheimnis für sich behalten, obwohl es ziemlich egoistisch war. Aber Lano würde ihn eh nicht verstehen, und helfen konnte er ihm gleich gar nicht. Bis spät in die Nacht beschäftigte sich Yume mit dem Buch, blätterte darin herum und schaute sich die Bilder alle noch einmal genauer an, bis ihm immer wieder die Augen zufielen und er schließlich darüber einschlief. Doch sein Schlaf war nicht besonders erholsam. Unruhig wälzte der Kleine sich hin und her, rollte sich zusammen, weil ihm plötzlich kalt war und leises Wimmern kam über seine Lippen. Sein Alptraum quälte ihn noch ziemlich lange, bis Yume schließlich schweißgebadet aufschreckte. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er in die Dunkelheit, denn die Kerzen, die das Zimmer vorhin noch erhellt hatten waren herunter gebrannt. Schützend schlang er die Arme um seinen schmalen Körper und kniff die Lider zusammen. Die schrecklichen Bilder seines Traumes peinigten ihn immer noch und es gelang dem Kleinen nicht sie aus seinem Kopf zu verbannen. Er fühlte sich so schrecklich alleine, schutzlos und Yume wünschte sich nichts sehnlicher als sich in Davons Arme zu flüchten. Doch der Mann war nicht da und selbst wenn… er wusste nicht, ob er den Mut aufgebracht hätte zu ihm rüber zu gehen. Deswegen versuchte der Junge schöne Erinnerungen hervorzuholen und sich daran zu klammern. Bis in die frühen Morgenstunden saß er einfach nur da, die Arme um seine Beine geschlungen und den Kopf auf die Knie gelegt. Erst als die ersten Vögel anfingen zu trällern, löste er seine verkrampfte Haltung und wimmerte leise vor sich hin, weil ihm alles wehtat. Sein Rücken schmerzte und in seinem Kopf pochte es dumpf. Yume fühlte sich total elend und wäre am liebsten unter seine Decke gekrochen. Doch er tat es nicht, denn er hatte Angst wieder von diesem Alptraum heimgesucht zu werden. Ungelenk stand er nach langem überlegen auf und schlurfte ins Bad. Vielleicht konnte ihm eine heiße Dusche helfen, das ganze zu vergessen. Aber das Geschehen, was sich da abgespielt hatte… es war ihm so real vorgekommen, gar nicht wie ein Traum… Unbeachtet ließ er seine Sachen zu Boden gleiten und stellte sich unter den heißen Wasserstrahl. Die Hitze belebte ihn wieder ein bisschen und schaffte es zumindest die Kälte zu vertreiben, die von ihm Besitz ergriffen hatte. Doch die Bilder verschwanden dadurch leider nicht. Trotzdem blieb er fast eine halbe Stunde unter der Dusche, seifte sich langsam ein und stellte das Wasser seufzend ab, als er fertig war. In ein dickes, großes Handtuch gewickelt kehrte er ins Schlafzimmer zurück, wo ihm auffiel, dass er das Buch offensichtlich für jeden, der den Raum betreten würde, liegen gelassen hatte. Schnell ging er zum Bett und wollte es unter die Decke schieben, hielt jedoch in der Bewegung inne. Das Buch war zugeklappt und hatte wieder seine unscheinbare Form angenommen. Der Einband bestand wieder aus Leder und nur die Rubine ragten darüber hinaus. Zweifelnd biss Yume sich auf die Unterlippe, während seine Augen unsicher auf dem Buch ruhten. Es war ihm auf einmal unheimlich. Gestern hatte es sich durch sein Zutun verändert, aber jetzt hatte er doch gar nichts gemacht… Er verstand das alles nicht und das machte ihm ein bisschen Angst. Dennoch griff er nach dem Buch und versteckte es unter der Matratze. Im Moment fühlte er sich nicht danach sich weiter damit zu beschäftigen. Stattdessen ging er zum Schrank und suchte sich ein paar leichte Hosen und ein Oberteil raus, zog beides an und tapste anschließend mit nackten Füßen und noch feuchten Haaren auf den Balkon. Die Sonne war bereits aufgegangen und in den satten Baumkronen tummelte sich fröhlich eine ganze Masse an vielen bunten Vögeln. Bei dem Anblick entspannte Yume sich allmählich. Es war ein friedlicher Augenblick und das genoss er zutiefst nach seinem schrecklichen Alptraum. Die Bilder dessen waren ein wenig verblasst, doch während er die Natur betrachtete, begann er über den Sinn dieses Traumes nachzudenken. Bisher hatte er noch nie geträumt… es war das erste Mal gewesen. Yume hatte immer gedacht, dass er gar nicht träumen könnte, doch nun wurde er eines besseren belehrt. Es war um den Krieg zwischen Dämonen und Drachenvolk gegangen. Soweit war er sich sicher. Aber warum träumte er davon? Es war doch alles vorbei… Seufzend beobachtete er zwei Vögel, die sich gegenseitig jagten und in die Haare bekamen. Anscheinend stritten sie sich um ein Futterkorn. Es sah ganz lustig aus, aber eigentlich fand er es traurig, denn einer der beiden ging schließlich leer aus und sah dem anderen, auf einem Ast sitzend, betrübt hinterher. Nachdenklich legte er den Kopf schief und er musste wieder an Davon denken. Was dieser wohl gerade machte? Ob er auch an ihn dachte? Zwei Tage war er nun schon weg, doch es kam dem Kleinen viel länger vor, obwohl der Mann ihn ja sonst auch nicht gerade oft besuchte. Yume seufzte erneut. Er stand noch eine ganze Weile auf dem Balkon bis Lano mit dem Frühstück kam. Das Essen verlief schweigend. Lano bot ihm zwar an ein bisschen Karten zu spielen, aber darauf hatte der Kleine keine Lust. Er bedeutete dem anderen, dass er lieber allein sein wollte und Lano akzeptierte es glücklicherweise ohne weiter zu fragen. Da er sowieso nichts anderes zu tun hatte, holte Yume das Buch wieder vor, setzte sich damit im Schneidersitz auf das Bett,»entsperrte« es und schlug die erste Seite auf. Inzwischen kannte er die Bilder fast alle auswendig und konzentrierte sich mehr auf die Schrift, die allmählich erschien. Eine halbe Ewigkeit starrte er auf die geschwungenen Linien, die ihm seltsamerweise bekannt vorkamen. Doch er sah keinen Sinn darin. Es war komisch, aber irgendwie hatte er den Eindruck, als würden die Buchstaben ganz durcheinander sein. Vielleicht war das auch so ein Schutzmechanismus des Buches, damit nur bestimmte Leute fähig waren es zu lesen… genau wie die leeren Seiten am Anfang… Ob dieser Überlegungen erfasste den Kleinen wieder ein bisschen die Zuversicht und er probierte einfach die Buchstaben mit einem Finger nachzuziehen, so wie auf dem Einband. Allerdings passierte nichts. Aber noch wollte er nicht aufgeben, versuchte weiter die verschiedensten Dinge, bis ihm nichts mehr einfiel. Der Erfolg blieb jedoch weiterhin aus, was Yume mit einem unzufriedenen Murren quittierte. Ungehalten schubste er das Buch von seinem Schoß, zuckte in der nächsten Sekunde zurück und fluchte innerlich, denn er hatte sich an einer der Seiten geschnitten. Es brannte furchtbar und Yume hielt seinen Finger hoch, um die Wunde genauer zu betrachten. Dabei löste sich ein Tropfen der roten Flüssigkeit und fiel auf die aufgeschlagene Buchseite. /Oh nein…/, ging es dem Kleinen sofort durch den Kopf und er leckte schnell das Blut von seinem Finger, bevor er hektisch versuchte mit dem Ärmel den Tropfen vom Papier zu wischen. Dabei fiel ihm auf, dass die Buchstaben sich plötzlich bewegten, hielt sofort inne und beobachtete das ganze mit geweiteten Augen und voller Unglauben. Hatte sein Eindruck ihn also doch nicht getrogen. Die Buchstaben waren wirklich total falsch zusammen gewürfelt gewesen. Doch jetzt ergaben sie Wörter, die er lesen konnte. Yume war völlig überwältigt. Atemlos leckte er sich über die Lippen und ohne auf seinen verletzten Finger zu achten, zog er das Buch wieder auf seinen Schoß. /Tarnzauber…/, murmelte er gedanklich das erste Wort und sah sich gleich den Spruch darunter an. Ob das wirklich funktionierte? Flink schaute er sich in seinem Zimmer um. Der Brandfleck an der Wand war noch nicht entfernt worden. Vielleicht konnte er diesen mit dem Tarnzauber belegen… Nach kurzem Zögern stand er mit dem Buch auf dem Arm aus dem Bett auf und trat vor die Wand. In Gedanken sprach er die Worte, die auf dem Papier standen, bevor er sich in die Höhe reckte und den schwarzen Fleck mit einem Finger berührte. Die Stelle flimmerte auf, wie die Luft über einer Kerze, bevor das Schwarz allmählich verschwamm und nur die Farbe des intakten Wandbehangs hinterließ. Unglaublich! Yume ließ die Hand sinken, starrte jedoch weiterhin auf sein Werk. Als er sich endlich losreißen konnte, schaute er sofort wieder ins Buch. Unter dem Tarnzauber war zu lesen, wie dieser aufgehoben wurde. Es war nur ein Wort: »obiecturum« Yume las es gedanklich laut vor. Dann schaute er hoch und erblickte den Brandfleck, der genauso wie vor dem Zauber schwarz und hässlich an der Wand prangte. Es klappte tatsächlich! Nach dieser Erkenntnis musste er sich erst einmal hinsetzen und durchatmen. Erstaunlich, dass er diese Sprache überhaupt lesen konnte. Es machte ihm keine Probleme und er verstand sogar, was dort stand. Obiecturum hieß soviel wie enttarnen. Was Davon wohl zu seinen Fähigkeiten sagen würde? Schwer seufzte der Kleine. Es war wohl besser, wenn er niemandem davon erzählte. Davons Begeisterung hielt sich wahrscheinlich sowieso in Grenzen, wenn der andere nicht sogar völlig ausflippte. Und Lano? Der andere Junge war zwar sein Freund und kümmerte sich ganz lieb um ihn, aber irgendwie vertraute er ihm in dieser Hinsicht nicht wirklich. Bei dem Gedanken fühlte er sich schäbig, aber in erster Linie war Lano Davon verpflichtet. Nahi kannte er nicht lange genug. Er fand sie zwar einigermaßen sympathisch, aber mehr auch nicht. Mit Frauen konnte er an sich wenig anfangen. Ansonsten hatte er niemanden, mit dem er über seine Begabung sprechen konnte… Zum ersten Mal wurde Yume bewusst, dass er keinen einzigen Freund besaß, keinen richtigen Freund, mit dem man alle seine Geheimnisse teilen konnte. Und das bedrückte ihn gewaltig. Schwer seufzend sah er wieder auf das Buch. Er hatte so viele Fragen, aber keiner würde sie ihm beantworten können, weil niemand da war. Er war ganz auf sich allein gestellt. Abermals seufzte Yume, bevor er einen Entschluss fasste. Es brachte ja nichts, sich hängen zu lassen. Damit war ihm auch nicht geholfen. Er nahm sich vor, alle Zauber auszuprobieren, die ihm halbwegs nützlich erschienen. Mit neuem Enthusiasmus blätterte er das Buch durch, machte sich gedanklich Notizen, was er für brauchbar hielt, bis er die Hälfte durch hatte. Bei der nächsten Seite stutzte er. Kurz blätterte er eine Seite vor. Da stand in großen verschnörkelten Lettern: Bannzeichen. Die darauffolgenden Seiten waren jedoch nur mit jeweils zwei Punkten versehen. Was sollte das denn sein? Konnten diese ganzen undurchsichtigen Sachen nicht endlich mal vorbei sein? Grimmig starrte er die Punkte an und hatte keine Ahnung, was damit anzufangen war. Tbc… © by desertdevil 2012-01-29 Kapitel 17: ------------ ***Tempted to touch XVII*** Yume lag im Bett und wusste nichts mit sich anzufangen. Er fühlte sich zwischen den riesigen Decken ganz verloren. Seine Lust zu Lesen hatte sich ebenfalls verflüchtigt und er schaute gelangweilt und gleichzeitig sorgenvoll durch das große Balkonfenster hinaus. Es war früher Abend. Normalerweise stand die Sonne um diese Zeit tief am Horizont und tauchte alles in einen wunderschönen warm orangenen Schein. Aber heute belagerten dunkle Wolken den Himmel, türmten sich bedrohlich auf und der Kleine zog das Kissen auf dem er halb lag fester an sich, als ein tiefes Donnergrollen durch die gespannte Luft rollte. Es klang noch weit entfernt, aber er fürchtete sich trotzdem. Mit Gewittern verband er nichts Gutes. Wieso, wusste Yume nicht, doch er wusste ganz genau, dass er bei dem herannahenden Unwetter nicht allein sein wollte. Furchtsam beobachtete er durch das geschlossene Fenster, wie die finstere Wolkenfront grollend näher rückte, teilweise von Blitzen durchzuckt. Es sah aus, wie ein riesiges Herr auf schwarzen Schlachtrössern, das mit gezogenen, blitzenden Klingen und donnernden Hufen auf ihn zugerast kam. Dann lenkten ihn jedoch andere Geräusche ab und er wandte den Blick zur Tür. Im Gang waren Stimmen zu vernehmen. Eine davon erkannte er sofort. Davon war wieder da! Sofort schwang er die Beine über die Bettkante und lief freudestrahlend zur Tür, öffnete sie und trat hinaus auf den Gang. Im selben Augenblick fiel die Tür zu Davons Zimmer ins Schloss. Doch das konnte den Kleinen nicht davon abhalten hinzugehen und erwartungsvoll zu klopfen. Einfach hereinzuplatzen traute er sich dann doch nicht. »Ja?«, erklang die tiefe Stimme des Mannes gedämpft durch das massive Holz und Yume trat daraufhin mit einem Lächeln ein. Die Freude darüber, den anderen wieder zu sehen, stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. »Hallo, Yume…«, lächelte Davon zurück und da konnte der Kleine nicht mehr an sich halten, rannte zu ihm und warf sich in die starken Arme, die ihn sofort sanft umfingen, was er mit einem wohligen Seufzen quittierte. »Hey… nicht so stürmisch…«, tadelte Davon liebevoll und genoss es den Kleinen nach einer gefühlten Ewigkeit wieder zu spüren. Die letzten vier Tage waren ihm unendlich lang vorgekommen. Er war froh, dass dieser Ausflug endlich vorbei war. Wäre es nicht seine Pflicht gewesen als Fürst, hätte er nie an diesem elenden Streifzug teilgenommen. Genießerisch sog er Yumes einzigartigen Duft ein, vergrub für einen Moment das Gesicht in den hellen Haaren und schloss die Augen, während seine Hände wie von selbst über den schmalen Rücken streichelten. Plötzlich verspannte sich der Kleine und brachte unerwartet ein wenig Abstand zwischen sie. Verwirrt schaute Davon auf ihn hinunter. Das tat der Junge sonst nie. Irritiert beobachtete er Yumes Gesicht, wie er an ihm schnupperte, leicht zu zittern begann und sich schließlich gänzlich von ihm abdrückte. Die bernsteinfarbenen Augen starrten ihn weit aufgerissen an und der Vorwurf darin hätte nicht deutlicher sein können. Davon wusste wieso und seine Laune sank auf den absoluten Nullpunkt. »Sieh mich nicht so an!«, knurrte er, denn er ertrug diesen entsetzten Blick einfach nicht. Nicht von Yume! Er hatte schon geahnt, dass der Kleine das Drachenblut bemerken würde, das an seinen Händen, an seiner Kleidung klebte. Aus diesem Grund war er nicht sofort zu ihm gegangen, sondern hatte sich erst waschen wollen. Obwohl Yume es dann wahrscheinlich trotzdem wahrgenommen hätte, vielleicht nur nicht ganz so deutlich. »Verdammte Scheiße«, fluchte er laut und drehte Yume den Rücken zu. Es war nicht seine Idee gewesen in die Berge zu reiten. Achitos hatte das alles eingefädelt mit diesem ominösen Ausflug. Als er erfahren hatte, worum es ging war es für einen Rückzieher schon zu spät gewesen. Hätte er sich nicht an der Jagd beteiligt, wäre er womöglich selbst zur Zielscheibe geworden. »Hör zu. Es lag leider nicht in meiner Macht irgendetwas dagegen zu tun. Ich kann mich nicht gegen Achitos' Befehle stellen, ohne die Konsequenzen zu tragen. Und die wären in dem Fall - so leid es mir tut - nicht tragbar gewesen«, war Davon um eine Erklärung bemüht, nachdem er sich wieder dem Kleinen zugewandt hatte. Er wusste, dass eine Entschuldigung das Leid, das Yume empfand nicht schmälern konnte. Der Kleine war furchtbar blass geworden und sah leicht grünlich um die Nase aus. Davon befürchtete schon, dass er sich gleich übergab, oder zusammen brach. Doch nicht dergleichen geschah. Stattdessen liefen dicke Tränen über das bleiche Gesicht. »Yume... bitte, wein doch nicht. Ich wollte nie, dass du das erfährst, weil...« Doch bevor er den Satz beenden konnte, drehte der Kleine sich auf dem Absatz um und flüchtete aus dem Raum. Mit starrem Blick sah er ihm hinterher. Hart malmten seine Kiefer aufeinander und Davon ballte die Hände zu Fäusten. Verfluchter Mist! Mit ein paar langen Schritten war er an der Tür und warf sie so wütend ins Schloss, dass die Wände des Zimmers erzitterten. Ein Blitz erhellte den Raum und kurz darauf durchbrach lautes Donnergrollen die unangenehm gespannte Luft. Genauso düster wie das Wetter draußen, war nun auch Davons Stimmung, obwohl er sich so auf das Wiedersehen mit dem Kleinen gefreut hatte. Was konnte er denn für diese ganze Miesere? Jede einzelne Sekunde dieser völlig sinnlosen Hetzjagd hatte er an Yume denken müssen. Es hatte ihm im Herzen wehgetan den Drachen zu töten. Ja, das Tier war durch seine Hand gestorben. Aber nur, weil er verhindern wollte, dass Achitos den Drachen hasserfüllt zu Tode folterte. Er hatte diesem armen Geschöpf eine Menge Leid erspart. Das war das einzige, worauf er stolz war. Seine Abscheu, die er für den Großfürsten empfand war größer denn je. Und das hatte er Yume auch erklären wollen. Aber in seinem Entsetzen war der Junge ja geflüchtet. Davon seufzte tonnenschwer. Dann stieß er sich von der Tür ab und ging erst einmal duschen und sich frisch zu machen. Solange gab er dem Kleinen Zeit sich wieder zu beruhigen und seine Gedanken etwas zu ordnen, bevor er noch mal versuchen würde mit ihm zu reden, sodass Yume seinen Standpunkt zumindest ein wenig verstehen konnte. Heiß prasselte das Wasser auf seinen Körper und ließ Davon für einen Moment seine Sorgen vergessen. Die gesamte Anspannung der letzten Tage fiel von ihm ab und er genoss die Hitze richtig. In den Bergen war es durchweg kühl gewesen bei hoher Luftfeuchtigkeit. Die Nässe war einem sofort in die Kleidung gezogen und hatte ein unangenehmes Gefühl hinterlassen. Eine ganze Weile gab er sich dem Luxus des Duschens hin, bevor er sich einseifte, abspülte und schließlich das Wasser abstellte. Mit einem Handtuch um die Hüften trat er aus dem Badezimmer, während er sich mit einem zweiten die Haare trocken rubbelte. Im Hauptraum war es richtig düster durch das herannahende Gewitter. Davon war froh dem Sturm entkommen zu sein. Wütend fuhr scharfer Wind durch die Baumkronen und dicke Regentropfen knallten wie Geschosse gegen die Fensterscheiben. Er fröstelte leicht, wandte den Blick schließlich vom Fenster ab und entzündete die Kerzen auf dem Schreibtisch, bevor er zum Schrank ging sich frische Sachen heraus suchen. In eine lockere Hose und ein frisches Hemd gekleidet, wollte er sich auf den Weg zu Yume machen, als es plötzlich klopfte. »Ja?« Verwundert zog er die Augenbrauen zusammen. Bei dem Gedanken, dass es Yume sein könnte, der sich für seine Überreaktion entschuldigen oder einfach nur mit ihm reden wollte, machte sein Herz einen Hüpfer. Doch stattdessen steckte Nahi unversehens den Kopf durch die Tür und Davons Stimmung sank wieder gen Null. Ein breites Lächeln thronte auf Nahis Lippen, als sie den Raum betrat und Davon stöhnte innerlich gequält auf. Er hatte gerade so überhaupt keine Lust sich mit der Frau auseinander zu setzen. Das war das letzte was ihn an diesem missratenen Abend noch gefehlt hatte. *** Weinend lag Yume in seinem zerwühlten Bett und sein kleiner Körper erbebte heftig unter Schluchzern. Wieso..? Wieso hatte Davon so etwas Schreckliches getan? Er konnte das nicht verstehen. Zu Hause hatte er doch auch Drachen, die er sogar sehr mochte. Und hier… an diesem furchtbaren Ort, war er auf einmal jemand ganz anderes, so abweisend und brutal. Es tat dem Kleinen im Herzen weh, weil Davon auch kaum für ihn da war, ihm nicht zeigte, dass er ihm wichtig war. Der Junge vermisste die Wärme und Zuneigung, die der Mann ihm auf der Reise geschenkt hatte. Doch kaum waren sie angekommen, war das alles verflogen… Und dann tötete Davon auch noch einen Drachen, nur weil er den Befehl dazu bekommen hatte, obwohl er wusste, wie sehr es Yume verletzen würde? Schluchzend vergrub er sein Gesicht tiefer im Kissen, das bereits ganz nassgeweint war. Es kamen einfach so viele Dinge der letzten Wochen zusammen, die schon die ganze Zeit an seiner zerbrechlichen Seele gefressen hatten. Seine Vergangenheit war ans Licht gekommen, aber Davon war einfach nicht da, um ihn zu trösten. Die Arme, von denen er sich Schutz und Geborgenheit ersehnte, fehlten ihm so sehr. War es denn zu viel verlangt Aufmerksamkeit zu bekommen… geliebt zu werden..? Er hatte Davon alles verziehen… alles! Und den Mut aufgebracht sich dem anderen erneut zu öffnen. Es war ihm schwer gefallen, neu Vertrauen zu fassen… aber anscheinend interessierte es den Mann gar nicht mehr, seit sie hier waren. Verletzt zog Yume die Beine an seine Brust und umschlang sie mit den Armen. Er zuckte heftig zusammen, als lauter Donner die Mauern erschütterte. Erst jetzt bemerkte er, dass er völlig im Dunkeln lag und rollte sich noch fester zu einer Kugel zusammen. Angst übermannte ihn und ließ ihn unkontrolliert zittern. Wäre Davon doch nur bei ihm. Sein Herz schrie nach dem anderen… er war so erfüllt von Sehnsucht und gleichzeitig Furcht, wollte nicht alleine sein. Das Gewitter schien sich über dieser Festung festgesetzt zu haben. Immer wieder ertönte lautes Grollen, gefolgt von grellen Blitzen. Regen peitschte unaufhörlich gegen die Scheiben und der Wind heulte ein grausames Klagelied. Wimmernd presste sich der Kleine die Hände auf die Ohren, doch es half nichts. Er fühlte sich furchtbar verloren und einsam… Am ganzen Leibe zitternd drückte er sich in eine sitzende Position, presste ein Kissen an seine Brust und schaute zweifelnd zur Tür, sich die Tränen aus den Augen wischend. Vielleicht… vielleicht konnte er ja noch einmal auf Davon zugehen… ein letztes Mal? Unsicher kaute er auf seiner Unterlippe herum. Das nächste Donnergrollen ließ ihn heftig zusammen zucken und nahm ihm die Entscheidung ab. Zitternd schwang er die nackten Füße über den Bettrand und tapste im Laufschritt zur Tür, das Kissen weiterhin an sich gepresst, als würde es ihm Halt bieten. Vorsichtig trat er auf den Gang, zuckte erneut zusammen, als der Himmel abermals einen lauten Knall freigab, doch Yume ging unbeirrt das kurze Stück zum nächsten Raum. Ohne vorher anzuklopfen öffnete er vorsichtig die Tür und trat hindurch. Sofort glitten seine hellen Bernsteinaugen suchend durch das Zimmer, bis sie überrascht auf zwei Personen zu ruhen kamen, die durch das spärliche Kerzenlicht auf dem Tisch nur schemenhaft zu erkennen waren. Doch er wusste sofort wer da dicht beieinander stand. Bei dem Anblick schossen ihm augenblicklich neue Tränen in die Augen und er fühlte sich völlig fehl am Platze. Trotz des lauten Regens konnte er einen Teil des Gespräches mitverfolgen. Es ging um das Bankett am morgigen Abend… Yume unterdrückte ein Schluchzen, presste das Kissen – seinen einzigen Halt – fest an sich und verließ niedergeschlagen und mit hängenden Schultern das Zimmer. Auf dem dunklen Flur stand er eine halbe Ewigkeit einfach nur da. Dicke Tränen kullerten über seine blassen Wangen, doch er wischte sie trotzig weg, ballte die Hände zu Fäusten. Nahi war so eine Schlange. Sie tat immer so nett, schmeichelte sich bei ihm ein und gab vor sich besorgt um ihn zu kümmern. Dabei wollte sie sich doch nur wieder an Davon ranmachen! Und der Mann schien das noch nicht mal zu merken… oder es gefiel ihm. Yume wusste es nicht, doch es tat ihm tief im Inneren weh. Er warf einen letzten enttäuschten Blick auf die hohe Zimmertür, bevor er mit dem Kissen im Arm den Gang runter lief. Nur ein paar Öllampen erhellten den dunklen Flur. Vor dem Zimmer von Lano blieb er stehen. Der kleine Dämonenjunge hatte ihm angeboten immer zu ihm kommen zu können, wenn er etwas auf dem Herzen hatte. Sonst blieb Yume lieber für sich allein, aber heute brauchte er einfach jemanden… wenn auch nicht zum Reden, sondern nur zum ankuscheln und Trost spenden. Sachte drückte er die breite Metallklinke hinunter und schob die Tür ein Stück auf. Bei dem Donnergrollen, das ständig über die hinweg rollte, hätte Lano ein Klopfen sowieso nicht gehört, dachte er sich. Zurückhaltend lugte er in das große Zimmer. Auch hier war es recht dunkel. Nur um das breite Bett herum, standen unzählige Kerzen, die sofort seinen Blick auf sich lenkten. Als er erkannte, dass Lano nicht allein war und die eindeutigen stöhn Laute ihn erreichten, wurden Yumes Augen kugelrund und er errötete heftig. Er konnte seinen Blick jedoch nicht von dem leidenschaftlichen Schauspiel abwenden. Lano saß nackt auf den Hüften des Herrführers und bewegte sich voller Ekstase auf diesem, während Herons große Hände zärtlich über dessen Körper glitten. Durch das milde Kerzenlicht schimmerten die beiden Körper regelrecht und die Erotik knisterte nur so zwischen den beiden. Yume erinnerte sich, was Lano ihm vor einiger Zeit über den Sex bei Männern erzählt hatte und ihm stieg noch mehr Hitze in die Wangen. Ob Heron und Lano wirklich so innig verbunden waren…? So viel Lust wie im Gesicht des kleinen Dämons zu lesen war, konnte es nur so sein. Lanos Verzückung war regelrecht spürbar für Yume und jagte ein heißes Beben durch seinen Körper. Gleichzeitig fühlte er eine tiefe Sehnsucht in sich aufsteigen, seufzte mit gesenkten Lidern und wünschte sich nichts sehnlicher, als Davons Hände genauso auf seinem Körper zu spüren, die gleiche Zärtlichkeit zu erfahren. Gebannt starrte er wieder zum Bett. Heron hatte sich etwas aufgerichtet, eine Hand in Lanos Nacken vergraben und zog den Kleineren in einen feurigen Kuss, während ihre Unterkörper sich weiter in schneller werdendem Rhythmus gegeneinander pressten. Instinktiv leckte Yume sich über die Lippen. Eine Gänsehaut zog sich über seine Arme und Beine und je länger er zuschaute, desto schneller schlug sein Herz und ihm wurde mit jeder Sekunde wärmer. Sein Atem beschleunigte sich und als er merkte, wie er ein leises, unterdrücktes Keuchen von sich gab, schlug er eine Hand vor den Mund und erschrak. Was tat er hier eigentlich? Sofort wurden seine Wangen feuerrot und er flüchtete aus dem Zimmer, rannte in sein eigenes, wo er schwer atmend gegen die hohe Tür lehnte. Das Herz schlug ihm bis zum Hals und er konnte das Blut in seinen Ohren rauschen hören. Ihm war immer noch furchtbar heiß. Das Kissen, an das er sich bis jetzt geklammert hatte, ließ er fallen und fasste sich keuchend an die Brust. Wie sehr wünschte er sich, dass Davon jetzt hier wäre und ihn in den Arm nahm... Die Gefühle, die allein der Anblick von Lanos und Herons leidenschaftlichem Tun in ihm ausgelöst hatte, mischten sich bei dem Gedanken an Davon allmählich mit Enttäuschung und Schmerz, als er an dessen Kuss mit Nahi dachte. Erneut stiegen ihm Tränen in die Augen und er sank bitterlich weinend an der Tür hinab, umschlang seine Beine mit den Armen und vergrub den Kopf in dem weichen Stoff seiner Hose. Er wollte doch nur mit dem Mann zusammen sein. Warum küsste er denn diese Frau und nicht ihn? Er hatte Davon doch gezeigt, dass er bereit war und es wollte... aber der andere ergriff jedes Mal die Flucht, wenn er ihm näher kam. Was machte er nur falsch? War ein bisschen Zuneigung und Aufmerksamkeit zu viel verlangt? Er brauchte doch gar nicht viel... nur ein wenig, ein paar Minuten am Tag Davons Nähe spüren, ein paar nette Gesten, einen flüchtigen Kuss. Aber selbst das schien zu viel! Von Selbstzweifeln geplagt weinte der Kleine sich die Seele aus dem Leib, bis er einfach nicht mehr konnte. Yume fühlte sich elend, als er irgendwann den Kopf hob und blicklos ins dunkle Zimmer starrte. Das Gewitter hatte sich weitgehend verzogen. Nur ab und zu war noch ein leises Grummeln zu hören. Mühsam kam der Kleine auf die Beine und schleppte sich niedergeschlagen zum Bett, dass viel zu riesig für ihn alleine war. Die hellen Decken wirkten kalt und kein bisschen einladend. Seine Knie und sein Rücken taten weh, doch das nahm er kaum wahr, denn der Schmerz in seiner Brust war um ein Vielfaches stärker. Sogar das Atmen fiel ihm schwer. Erschöpft wischte sich Yume mit einem Ärmel über die brennenden Augen, kroch schließlich doch ans Kopfende des Bettes und rollte sich zwischen den Kissen zu einem kleinen Ball zusammen. Er lag noch lange wach, bis sein Körper der Erschöpfung schließlich nachgab und ihn in einen unruhigen Schlaf fallen ließ. *** »Yume, versteh doch… das geht nicht… ich kann dich nicht zum Bankett bringen«, erklärte Lano zum wiederholten Male und schaute den Silberschopf dabei entschuldigend an. Bei Yumes traurigem Blick seufzte er leise auf und brachte auf diese Weise seine eigene Zerrissenheit zum Ausdruck. Einerseits würde er den Kleinen ja gerne hinbringen, aber Davon hatte ihm strikte Anweisungen gegeben. Doch nicht nur wegen dem Befehl fiel es dem jungen Dämon schwer dem Drängen Yumes nicht nachzugeben. Er wusste wie gefährlich die Umstände waren in denen sie steckten und er hatte einfach Angst, dass jemand auf Yume aufmerksam wurde. Was in diesem Falle passieren würde, das wollte er sich gar nicht ausmalen… Außerdem hatten sie das Versteckspiel bisher ganz gut durchgehalten und das sollte auch weiterhin so glatt laufen. Hätten sie nur nicht in Yumes Gegenwart von diesem blöden Bankett gesprochen. Davon hatte auch nichts erzählt und ob der andere diesen Abend ebenfalls weggeblieben wäre, wie all die anderen davor, wäre nicht im Mindesten aufgefallen. Es lag nur an Nahi, dieser Klatschtante! Abwertend schnaubte Lano und schüttelte den Kopf als Yume ihn daraufhin fragend, fast hoffnungsvoll anschaute. Aus welchem Grund der Kleine da unbedingt hinwollte, konnte Lano sich beim besten Willen nicht erklären. Gut.. vielleicht ein bisschen. Immerhin war Davon dort und wie sehr Yume ihn vermisste, wusste Lano von allen am besten. Erneut seufzte er auf und verdrehte die Augen, als Yume ihn schon wieder gedanklich anbettelte. /Bitte, Lano… ich mag nur mal gucken, versprochen… Ich muss auch gar nicht in den Saal gehen. Nur von weitem gucken…/ Der flehendliche Blick, der ihm zugeworfen wurde, machte es Lano nicht gerade leicht. Bisher hatte Yume noch nie so sehr um etwas gebettelt, sodass der kleine Dämon überhaupt nicht darauf vorbereitet , geschweige denn gefeit gegen diese Attacke war, die an sein Mitgefühl appellierte. Als Yume dann auch noch nach seinen Händen griff, seufzte Lano abermals auf, doch diesmal frustriert, während er seinem Freund einen ärgerlichen Blick zuwarf. »Man ey.. du kannst einen echt schaffen!«, schnaubte er und schüttelte den Kopf, jedoch mehr über sich selbst. »Also gut… wir gehen hin«, gab Lano sich schließlich geschlagen. Dann sah er Yume fest in die Augen und meinte ernst: »Aber wirklich nur kurz! Und du tust nicht Unüberlegtes, klar?!« So glücklich wie der andere ihn anstarrte, hatte er Yume noch nie erlebt, seit er ihn kannte und das sollte schon was heißen. Lano hoffte nur, dass er sich damit nicht selbst in irgendeinen Mist reinritt. Aber diese Gedanken schob er erst mal bei Seite, denn Yumes Freude steckte ihn an und er lächelte nun sogar selber. Außerdem hatte er das Gefühl mit einem guten Kumpel einen Streich auszuhecken und das konnte doch nur Spaß machen. Nach einigem Hin- und Her hatte er den Silberschopf in dunkle Sachen verfrachtet und dessen Haarmassen unter einer Perücke versteckt. Das sah total lustig aus und Lano brach mehrere Male in schallendes Gelächter aus, weil es einfach nur komisch war. Von Yume erntete er dafür einen gespielt bösen Blick, bis der Kleine letztendlich mitlachte. Es machte richtig Spaß und die Atmosphäre war so locker wie lange nicht mehr, sodass Lano für sich festlegte, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Nachdem er selbst sich ebenfalls etwas Unscheinbares angezogen hatte, gingen sie beide die langen Gänge entlang. Es herrschte Schweigen zwischen ihnen, doch es war nicht unangenehm. Außerdem lauschte Lano auf Schritte von anderen Leuten, während Yume ihm mit gespanntem Gesichtsausdruck folgte. Nach einer Weile konnte man schon leise Musik hören, die immer lauter wurde, je näher sie dem Festsaal kamen. Ab und zu gingen ein paar Dämonen an ihnen vorbei und Lano sah unsicher zu seinem Freund, doch dieser verhielt sich ganz normal, als hätte er in seinem Leben nichts anderes getan, als in aufrechter Haltung irgendwelche Veranstaltungen zu besuchen. Das ließ Lano lächeln und er winkte ihn zu sich heran. Sofort eilte Yume an seine Seite und hörte aufmerksam zu, was er zu sagen hatte. Mit gedämpfter Stimme fing er an zu erklären und zeigte dabei unauffällig auf die Stelle die er meinte. »Also da vorne an der Tür stehen viele Leute. Da gehen wir am besten hin und du kannst dir von dort aus alles angucken, in Ordnung?« Yume nickte verstehend und erwiderte Lanos ernsten Blick. »Gut.. dann los…« In angemessenem Tempo gingen sie zu der prunkvollen Tür und mischten sich ein bisschen unter die Leute. Dabei entfernte sich Lano ein kleines Stückchen von Yume, denn es wäre sonst zu auffällig, wenn sie die ganze Zeit aneinander klebten. Allerdings hielt er sich auch so nahe bei dem anderen auf, dass dieser nicht einfach verschwinden konnte. Yume indessen interessierte sich nur für eines. Er wollte unbedingt Davon sehen. Die Szene, die sich ihm geboten hatte, als er gestern ins Zimmer des Mannes gehen wollte, konnte er einfach nicht vergessen und es schmerzte ihn erneut wie tausend Messerstiche in die Brust, dass Davon ihm nicht mal erzählt hatte, dass er mit Nahi zu dem Ball ging… Eine ganze Weile glitt sein Blick suchend durch den vollen Saal. Es war schwer die Personen überhaupt auseinander zu halten und nachdem er nach einigen Minuten nichts entdeckt hatte, wollte er schon aufgeben und mit Lano zurück aufs Zimmer gehen. Doch plötzlich entdeckte er ihn! Er bewegte sich auf der Tanzfläche und ein fröhliches Lachen lag auf seinem Gesicht. Aber all das wäre noch erträglich gewesen, wenn dieses Lachen nicht Nahi gegolten hätte. Erneut spürte Yume diesen Stich in seiner Brust, der sich zu einem brennenden Schmerz ausweitete, als die blonde Frau, der er eigentlich vertraut hatte, sich zu Davon hochreckte und ihn auf den Mund küsste. Und Davon… dem schien das nicht mal etwas auszumachen! Zutiefst verletzt wandte der Kleine den Blick von dieser vernichtenden Szene ab und drehte sich zum Gehen um, während er mühsam versuchte die Tränen zu unterdrücken, die ihm in die Augen schossen. Mit allergrößter Mühe gelang es ihm und als Lano sich kurz darauf wieder an seine Seite gesellte, lächelte er ihn dankbar an, alle Gefühle hinter einer Maske verbergend. Der kleine Dämon sollte sich keine Sorgen um ihn machen. Dass tat er schon mehr als genug, deswegen wollte Yume ihn nicht auch noch mit weiteren Problemen belasten. Lautlos seufzte der Kleine und hörte dem anderen zu, wie er von dem Ball schwärmte, wie prunkvoll alles aussah und wie vornehm die Leute waren. Doch für all das hatte Yume keinen Blick gehabt. Sein Herz hing an Davon, auch wenn dieser es ständig mit Füßen trat… und jetzt? Jetzt hatte er es sogar zerquetscht und weggeworfen… Er fühlte sich so elend, so gedemütigt… es war fast schlimmer, als damals, wo Vince ihn fast zu Tode geprügelt hatte. Dann erreichten sie seine Zimmertür und Yume bedankte sich noch einmal mit aufgesetzter Heiterkeit bei Lano, bevor er den Jungen auf sein Zimmer schickte unter dem Vorwand, dass er nun ins Bett wollte. Lano hatte die Szene zwischen Davon und Nahi nicht gesehen, weil ihm gerade in diesem Moment ein Tanzpärchen die Sicht genommen hatte. Dass Yume so ruhig war und auch ein bisschen traurig aussah schob er darauf, dass der Kleine auch gerne an dem Bankett teilgenommen hätte und nun wieder allein auf dem Zimmer saß. Er ahnte nicht, was in Wirklichkeit in dem Jungen vorging. Hätte er das, hätte er Yume niemals allein gelassen. Aber so ging er in seine eigenen Räumlichkeiten und wartete auf Heron. Yume indessen lehnte mit dem Rücken an seiner Zimmertür und lauschte auf Lanos sich entfernende Schritte. Tränen kullerten ihm über die Wangen und er wischte sie unwirsch mit dem Handrücken fort. Er wollte nicht mehr weinen! Sein Herz tat unendlich weh, aber er sah ein, dass Davon ihn wohl nicht länger bei sich haben wollte. Nahi stand ihm sowieso viel näher. Außerdem konnte er sich mit dieser Frau ohne Probleme in der Öffentlichkeit zeigen, während er selbst nur in dunklen Räumen versteckt wurde. Wäre er nur niemals mit auf die Reise hierher gegangen. Das hätte ihm viel Leid erspart. Aber nun konnte er es auch nicht mehr ändern. Yume schniefte, versuchte aber sich zusammen zu reißen. Weinen brachte gar nichts. Die Tränen, die er vergoss sah sowieso niemand und wahrscheinlich würde der Mann sie auch gar nicht verstehen. Niemand verstand ihn! Nicht mal Lano… Niedergeschlagen tappte er zum Bett und ließ sich darauf fallen. Bestimmt wäre es am besten, wenn er gar nicht da wäre. Dieser Dämonenfürst machte Jagd auf seinesgleichen… Familie hatte er nicht… und die einzige Person, von der er angenommen hatte, dass er ihr wichtig war, hatte ihm in den letzten Wochen – aber am deutlichsten an diesem Abend – gezeigt, dass es nicht so war. Wozu war er also überhaupt noch hier? Der Kleine hatte das ganze Versteckspiel außerdem so satt! Nicht mal seinen kleinen Drachen durfte er um sich haben. Sein Dasein bestand nur aus Verboten, Regeln und Beaufsichtigung. Und die paar Bröckchen Zuwendung die er ab und zu bekam reichten ihm einfach nicht aus. Er konnte nicht mehr an Davons Worte glauben, dass er ihm wichtig war. Nicht nach dem Gewitterabend, wo er unerwartet mit hatte ansehen müssen, wie Nahi und Davon sich nahe gekommen waren. Und schon gar nicht nach diesem Abend!! Schluchzend vergrub Yume das Gesicht im Kissen und versuchte nicht mehr an diesen Anblick zu denken, der sein Herz so sehr schmerzen ließ. Er fühlte sich zerrissen… es war schlimmer als damals, wo Vince ihn fast zu Tode geprügelt hatte, tat so weh, dass er am liebsten gar nichts mehr gefühlt hätte. Yume weinte sich die Seele aus dem Leib, bis das Kissen völlig durchnässt war und er irgendwann keine Tränen mehr übrig hatte. Er fühlte sich schwach, lag erschöpft da und wollte am liebsten weg von diesem Ort. Irgendwohin, wo ihn niemand fand und wo er in Frieden sein Leben führen konnte. Hier brauchte ihn eh niemand. Blicklos starrte er zur Tür. Sein Kopf war leer. Ab und zu schniefte er noch leise und irgendwann richtete er sich auf, um im Badezimmer einen Schluck zu trinken. Müde wischte sich Yume mit einem Ärmel über die verweinten und brennenden Augen. Einen Blick in den Spiegel riskierte er gar nicht erst. Ihm war auch so klar, wie schrecklich er aussah. Schlurfend und zusammengesunken verließ er das Bad wieder und sah sich todtraurig in dem großen Zimmer um. Die hohen Wände, reich geschmückt mit teuren Bildern und Malereien… er gehörte hier nicht her. Es war ein goldener Käfig, dem Yume entrinnen wollte. Wohin genau er wirklich gehörte, wusste er nicht. Aber das hier… das hielt er nicht mehr aus. In diesem Raum gab es nichts persönliches, keine schöne Erinnerung, rein gar nichts, was ihn halten konnte. Erneut rannen ihm stumme Tränen über die Wangen, doch sein Entschluss stand fest. Er würde gehen. Nicht länger eine Last für Davon sein und den Weg frei machen für dessen Glück, das er anscheinend mit Nahi gefunden hatte. Bei der Erinnerung daran, wie die beiden sich küssten, verspürte Yume erneut ein scharfes Stechen in seiner Brust und er keuchte, begann erneut zu schluchzen und sank auf die Knie, während er das Gesicht in den Händen vergrub. Warum..? Warum nur musste es so furchtbar wehtun? Es sollte aufhören! AUFHÖREN! Doch das tat es nicht… Yume biss sich so fest auf die Unterlippe, bis er Blut schmeckte. Aber dieser Schmerz konnte den in seinem Herzen nicht übertünchen. Allmählich stieg Wut in ihm auf. Wut darüber, wie dumm er sich verhalten hatte. Wie hatte er nur denken können, dass ein so ranghoher Dämon ihn mögen könnte? Er war ein Sklave. Nicht mehr und nicht weniger. Davon hatte ihn sogar einmal töten wollen. Vielleicht wäre er damals besser gestorben. Es wäre ein kurzer Schmerz gewesen, ohne langes Leiden. Aber womöglich war dieses Leid seine Strafe, weil er nach mehr gestrebt hatte, nach Liebe und Zuneigung und Geborgenheit… Schwankend kam der Kleine wieder auf die Beine, schniefte und taumelte mit unsicheren Schritten zum Schrank. Er musste weg hier. Jetzt! Wahllos warf Yume ein paar Sachen aufs Bett, zog eine kleine Umhängetasche hervor und stopfte die Kleidung hinein. Dann zog er sich mehrere Schichten an, denn er wusste, wie kalt die Nächte inzwischen wurden. Dabei liefen ungehindert weiter Tränen über seine Wangen und hinterließen brennende Spuren. Aber Yume wischte sie immer wieder unbeirrt weg, schniefte ab und zu und konzentrierte sich nur noch auf sein Vorhaben. Das linderte zwar auch nicht den Schmerz, aber es half ihm dabei nicht ständig an Davon zu denken. Zuletzt griff er nach dem Drachenbuch, schlug es auf und blätterte unschlüssig darin herum. So wie er jetzt aussah, konnte er nicht raus gehen. Überall standen Wachen, die sofort auf ihn aufmerksam werden würden. Erkannten sie ihn, würde er garantiert nicht dazu kommen einen Schritt vor die Festungsmauern zu setzen. Es dauerte einen Moment, bis er den gesuchten Zauber gefunden hatte. In Gedanken sprach er die Phrase deutlich aus und kaum hatte er das letzte Wort beendet, zog sich ein silberner Schimmer über seine Gestalt, ließ sie verschwimmen und schließlich verschwand er vollständig zusammen mit all den Sachen, die er am Leibe trug und der Tasche. Fasziniert stand Yume einen kurzen Moment einfach nur da. Probehalber bewegte er seine Hand, doch er blieb weiterhin unsichtbar. Das war fantastisch! Er hatte zwar so seine Zweifel gehabt, ob der Tarnzauber auch bei Lebewesen funktionierte, doch der Versuch hatte sich gelohnt. Ohne Zeit zu vergeuden, wandte er sich zur Tür, öffnete sie langsam und lugte vorsichtig heraus. Der Gang war leer und in Dunkelheit gehüllt. Nur leise hörte man die Musik aus dem Festsaal, also schlüpfte er aus dem Zimmer, schloss die Tür leise hinter sich und begab sich zum Raum nebenan, wo Davon mehr oder weniger wohnte, wenn er nicht gerade anderweitig beschäftigt war. Es war nicht abgeschlossen, also trat er schnell ein und ging in den hinteren Teil des Raumes, wo der Käfig mit seinem kleinen Drachen versteckt stand. Eine große Decke war darüber gehängt. Er hob sie an und schaute suchend ins Innere, bevor er den Käfig öffnete. /Komm, Kleiner… komm raus, wir verschwinden von hier…/, rief er dem Tier gedanklich zu und hoffte, dass es ihn irgendwie hören oder verstehen konnte. Ein leises Gnuckern erklang, gefolgt von einem freudigen Fiepen und dann konnte Yume gar nicht so schnell reagieren, wie sein kleiner Freund in seinen Armen landete. /Ist ja gut../ Sanft streichelte er dem Kleinen über den schuppigen Kopf und der Drache gab sofort ein wohliges Geräusch von sich. /Ab jetzt müssen wir ganz leise sein, okay?/ Mit großen Augen sah das Tier ihn an und Yume vermutete, dass der Drache ihn trotz Tarnzauber sehen konnte. Sonst wäre er ihn ja auch nicht so direkt angesprungen. Wie um das zu bestätigen, rupfte der Zwergdrache mit seinen Krallen am Jackenverschluss und Yume öffnete ihn verwirrt ein Stück, woraufhin das Tier sich sogleich unter dem Stoff versteckte und es sich an seiner Brust mit einem leisen Laut, der wie ein Schnurren klang, gemütlich machte. Obwohl er so traurig war, musste Yume nun doch ein wenig über das niedliche Verhalten lächeln. Wenigstens einen Freund hatte er noch übrig. Dann schloss er die Knöpfe wieder, sodass der Drache gut verborgen war, schloss die Käfigtür wieder und zog die Decke an ihren Platz zurück. Mit lautlosen Schritten und einem letzten wehmütigen Blick über die Schulter verließ er schließlich den Raum. Durch seine Spaziergänge mit Lano und teilweise auch Nahi kannte er sich inzwischen gut im Palast aus und fand den Weg aus dem Labyrinth von Gängen ohne sich zu verlaufen. Erleichtert atmete Yume auf, als er auf den weitläufigen Innenhof trat. Kühle Nachtluft schlug ihm entgegen und er fröstelte. Immerhin war es nicht so kalt, dass sein Atem kondensierte, sonst hätte er wirklich ein Problem gehabt. Kurz blieb er stehen und ließ seinen Blick über die gepflasterte Ebene huschen. Er war angespannt und trotz des Zaubers ein wenig ängstlich, dass man ihn doch entdeckte. Mit angehaltenem Atem lief er zum Haupttor. Es waren etwa einhundert Meter. Das war zu schaffen. Alles war ruhig und da zum Bankett Gäste aus der Stadt geladen waren, stand das große Flügeltor sogar offen. So leise wie möglich trat er darauf zu. Yume war so verspannt, dass jedes noch so leise Geräusch ihn zusammen zucken ließ. Er hörte sein Herz vor Nervosität laut pochen und hatte furchtbare Angst, dass es jemand hörte. Wie immer hatten zwei Wachen vor dem Tor Posten bezogen. Yume warf ihnen abwechselnd ängstliche Blicke zu, während er Schritt für Schritt und darauf bedacht keinen Laut zu verursachen durch den Torbogen schlich. »Ey Nyrel… haste mal Feuer?« Yume zuckte bei den plötzlichen und unerwarteten Worten heftig zusammen und konnte gerade noch verhindern einen erschreckten Schrei von sich zu geben. Sofort schnellten seine Hände zu seinem Mund. Unkontrolliert begann er zu zittern, zwang sich jedoch weiter zu gehen. Gleich hatte er es geschafft. »Nee, bist du verrückt? Rauchen im Dienst ist verboten!« »Man, du bist so eine Spaßbremse! Die Feiern doch da drin… da dürfen wir uns ja wohl auch mal ein bisschen was gönnen.« »Wenn wir erwischt werden, hat es sich ausgegönnt…« Die Stimmen wurden leiser, je weiter Yume sich vom Tor entfernte. Sowie er sich sicher war, dass die Wachen seine Schritte nicht mehr hörten, begann er zu rennen. Ein Teil der Spannung fiel von ihm ab, aber nur ein Kleiner. Noch war er nicht in Sicherheit. Er rannte bis er nicht mehr konnte, bis seine Lunge wie Feuer brannte und schmerzhafte Seitenstiche ihn plagten. Atemlos blieb er auf einer kleinen Anhöhe stehen. Die Festung ragte immer noch bedrohlich hinter ihm auf. Er fühlte sich ein Stück weit befreit. Dennoch bildete sich wieder ein dicker Kloß in seinem Hals, als er an Davon dachte. Ob der Mann ihn suchen würde? Ob er ihn überhaupt vermisste? Seufzend schüttelte Yume den Kopf. Er sollte und wollte nicht mehr an ihn denken, verbannte Davon aus seinem Kopf, bevor er sich vom Anblick der Festung losriss und schnellen Schrittes von Dunkelheit umhüllt weiter ging. *** Melodische Musik erfüllte den großen Saal und die Gäste tanzten überschwänglich und ausgelassen. Die komplette rechte Seite der festlich geschmückten Halle wurde von einem prächtigen Buffet mit vielen auserlesenen Speisen flankiert. Eine ganze Armada von Bediensteten – ebenso festlich in ihren Uniformen – sorgten dafür, dass keiner der Gäste je ein leeres Glas hatte. Die kristallenen Kronleuchter reflektierten das warme Licht und ließen bunte Lichter an den Wänden tanzen. Die Glastüren zu zwei großen Balkonen auf der linken Seite standen offen und ließen frische Luft hinein. Davon lehnte an einem breiten mit rotem Samt verkleideten Pfeiler, nippte angespannt an seinem Wein, während er die tanzende Masse beobachtete und ab und zu einen Blick auf Achitos riskierte, dessen Thron am kurzen Ende des Saales auf einem Podest aufgebaut worden war, sodass der Großfürst einen guten Überblick über den gesamten Raum besaß. Bis vor ein paar Minuten hatte er noch mit Nahi getanzt. Doch sie war ihm inzwischen zu anhänglich geworden. Gleich beim zweiten Tanz hatte sie ihn sogar überschwänglich geküsst. Um den erst angebrochenen Abend nicht zu verderben, hatte er es über sich ergehen lassen. Davon wollte so wenig Aufsehen wie möglich erregen. Zu seiner Frustration hatte dieser Kuss ihn nicht einmal annähernd berührt. Die Berührung von Nahis Lippen hatte eher Abscheu in ihm hervorgerufen. Er hatte nur den Drang gehabt sich zurück zu ziehen, ganz anders als bei Yume. Von dem Kleinen konnte er nie genug bekommen. Bei dem Gedanken zuckte ein unmerkliches Lächeln über seine Züge. Innerlich seufzte Davon schwer. Er konnte sich grade besseres vorstellen, als an diesen Feierlichkeiten teilzunehmen. Leider hatte er es wegen Nahi nicht geschafft vorher noch einmal bei Yume herein zu schauen. Sie hatte ihn praktisch vor seinem Zimmer abgefangen, sich ihm förmlich aufgezwungen und darauf gedrängt sofort zum Empfang zu gehen. Allmählich ahnte Davon worauf das hinaus laufen würde und er hatte ein ungutes Gefühl dabei. Nahi war gerissen, das war ihm bewusst. Vor ein paar Jahren hatte sie seinen Antrag zwar abgelehnt, aber wie er hatte in Erfahrung bringen können, hatte sie noch niemand passendes für sich gefunden. Möglicherweise war ihre Wahl nun doch auf ihn gefallen, so wie sie sich an ihn heran warf. Im Gegensatz zu damals, wollte er aber nichts mehr von ihr. Angespannt nahm er noch einen Schluck Wein, um seine Gefühlsregungen weitest gehend zu verbergen. Die Musik wechselte zu einem schnelleren Takt. Freudiges Gemurmel wurde laut und noch mehr Gäste drängten auf die Tanzfläche. Nahi warf ihm auffordernde Blicke zu, doch er ignorierte sie geflissentlich. Er hatte keine Lust mehr aufs Tanzen, schon gar nicht mit Nahi, die es sich anscheinend zum Ziel gemacht hatte ihn heute noch auf ihr Zimmer zu zerren. Aber keine Chance! Aus den Augenwinkeln nahm er Bewegungen auf Achitos` Podest wahr und wandte seine Aufmerksamkeit erneut dorthin. Ein Diener teilte dem Herrscher irgendetwas mit, woraufhin dessen Miene sich augenblicklich versteinerte. Automatisch versteifte sich Davon und umfasste das Weinglas fester. Er hatte plötzlich ein ganz mieses Gefühl in der Magengegend. Dann sprang Achitos ganz plötzlich von seinem Thron auf, zischte dem Diener etwas zu, sodass dieser hektisch vom Podest stolperte und sich mit ängstlichem Gesichtsausdruck vor dem Herrscher in Sicherheit brachte. Kurz darauf erhob der Großfürst die Stimme. Augenblicklich verstummte die Kapelle und die Anwesenden hielten in ihren Bewegungen inne. Das leise Gemurmel erstarb und es herrschte beängstigende Stille in dem festlich erleuchteten Saal. Kapitel 18: ------------ ***Tempted to touch XVIII*** »Die Feierlichkeiten sind beendet! Ihr dürft euch entfernen«, erklärte Achitos zischend und verdeutlichte mit einer überheblichen Handbewegung, dass gefälligst sofort alle aus dem Saal verschwinden sollten. Gespenstische Stille lag wie ein Schleier über der Menge, bis sich Wachen an den Ausgängen postierten. Misstrauisch zog Davon die Augenbrauen zusammen. Irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht. Seine Anspannung wuchs, während er fieberhaft überlegte, was so wichtig sein konnte, damit Achitos eine derartige Feierlichkeit einfach abbrach. Selbst an die Drachenjagd war er relativ ruhig heran gegangen… aber was war, wenn… Nein! Das war absolut unmöglich! Plötzlich fiel es Davon wie Schuppen von den Augen. »Yume«, flüsterte er und es lief ihm eiskalt den Rücken hinunter. Sofort suchte er in der Menge nach Heron. Sein Truppenführer schien alarmiert und als sich ihre Blicke trafen, nickte er unmerklich, bevor er wieder in der Menge verschwand. Achitos musste von dem Kleinen erfahren haben. Etwas anderes war undenkbar. Sonst würde er dieses Bankett nicht einfach von einer auf die andere Sekunde beenden. Ein Ruck ging durch Davons Körper und er drängte sich energisch durch die Menge zum Ausgang. Jetzt hieß es einen klaren Kopf zu behalten, obwohl es ihm schwer fiel klar zu denken. Wenn wirklich Yume der Grund für diesen Aufruhr war, musste er sich arg zusammenreißen und Ruhe bewahren. Für so einen Fall hatte er Vorkehrungen getroffen. Aber die Angst um den Silberschopf saß tief in seinem Herzen. Davon wusste nur zu gut, dass der Erfolg seines Planes stand und fiel mit der Fähigkeit seiner Vertrauten. Aber wenn Achitos Yume in die Finger bekam… Nein! Daran wollte er im Augenblick nicht denken. Ein kleiner Teil in ihm hoffte, dass vielleicht doch etwas anderes den Großfürsten erzürnt hatte. Aber dieser Funken erlosch jäh, als er grob von den Wachen ergriffen und weggezerrt wurde, sowie er den Ausgang passierte. »Was soll das, verdammt?«, fauchte er die Wachen gereizt an. »Der Großfürst will Euch sprechen«, erwiderte der Dämon zu seiner rechten unbeeindruckt. Die festen Griffe um seine Oberarme wurden lockerer und schließlich ließen sie ihn gänzlich los, schubsten ihn nur respektlos vor sich her den Gang entlang. Kurz überlegte er einen Fluchtversuch zu starten, ließ es jedoch bleiben. Das würde ihn nur verdächtiger machen. Außerdem wusste er noch nicht genau, worum es eigentlich ging, obwohl die Alarmglocken in seinem Kopf ununterbrochen auf schrillten. Er fühlte sich wie auf dem Weg zum Henker, der mit gewetztem Beil darauf wartete ihm den Kopf abzuschlagen. Wahrscheinlich traf diese Vorstellung auch genau zu. Dennoch straffte er die Schultern, als sie vor einer hohen mit Silberbeschlägen verzierten Tür Halt machten. Er musste unbedingt die Fassung wahren. Wie genau er aus dieser verteufelten Lage wieder heraus kommen sollte, war ihm auch noch nicht klar. Aber Davon wusste, dass er es irgendwie schaffen musste. Er MUSSTE Yume beschützen, schließlich war es seine Schuld, dass der Kleine überhaupt hier war. Davon holte noch einmal tief Luft, straffte die Schultern und ließ sich in den hell ausgeleuchteten Raum führen. Geblendet kniff er die Lider zusammen, denn auf dem Gang war es eher dunkel gewesen. Es dauerte einen Moment, bis sich seine Augen an das Licht gewöhnt hatten. Kurz sah er sich um. Er befand sich in einem kleineren Sitzungssaal. Allerdings waren Tische und Stühle entfernt worden und eine Kopie des Thrones stand am hinteren Ende auf einer dreistufigen Erhöhung. Fenster gab es keine. Die Wanddekoration war entfernt worden. Durch die kahlen Steinwände entstand eine unangenehme Atmosphäre. Davon biss die Zähne zusammen und trat auf Achitos zu, der grimmig auf seinem Thron hockte und ihn mit ärgerlich funkelnden Augen beim Näherkommen beobachtete. Ehrerbietend kniete er ein paar Meter vor dem Großfürsten nieder und senkte kurz den Kopf, als Geste seiner Unterwürfigkeit. »Darf ich fragen, weshalb ich hierher geführt wurde?« Davons Stimme klang gefasst. »Weshalb du hierher geführt wurdest?«, zischte Achitos bissig und Davon zuckte innerlich heftig zusammen. »Nun…«, meinte der Dämon gedehnt und lehnte sich äußerlich ruhig wieder in seinem Thron zurück. »Vielleicht kann dir ja jemand anderes auf die Sprünge helfen.« Der Schein trog gewaltig. Achitos war noch genauso wütend, wenn nicht sogar noch aufgebrachter. Davon konnte sich nicht des Eindrucks erwehren, dass er irgendwie in die Falle gelockt worden war. Doch er hatte keine Ahnung, wer ihm etwas Böses wollen könnte. Sicherlich gab es die üblichen Neider. Nahi schätzte er zwar gerissen ein, aber er glaubte nicht daran, dass sie ihn verraten würde, nur um ihm eins auszuwischen. Spontan fiel ihm jedoch niemand weiter ein… Auf die gedehnten Worte des Herrschers hob Davon den Kopf. Sofort fiel sein Blick auf die zweite Person, die sich mit einem gehässigen Grinsen neben dem Thron des Großfürsten platziert hatte. Seine Augen weiteten sich vor grenzenlosem Erstaunen. Augenblicklich zogen sich seine Eingeweide schmerzlich zusammen und vor lauter Betroffenheit kam nur ein Wort über seine Lippen: »Karon?« Karon war sein älterer Bruder. Aber es konnte nicht sein, dass er hier war… unmöglich! Es lag schon über zwei Jahrzehnte zurück, dass er verunglückt war. Davon konnte sich noch so genau daran erinnern, als wäre es erst gestern gewesen. Sie waren als Jugendliche zum Jagen in die Berge geritten. Unvernünftiger weise hatten sie keine Soldaten zu ihrem Schutz mitgenommen, entgegen den Befehlen ihres Vaters. Zu der Zeit herrschten in den Grenzgebieten viele Unruhen. Auf dem Rückweg waren sie in einen Hinterhalt geraten. Wilderer hatten auf sie geschossen und Karon war schwer verwundet worden. Die Pferde waren durchgegangen, aber um seinem Bruder zu helfen, war Davon abgesprungen und zu ihm zurückgerannt. Damals war er noch nicht so kräftig gewesen, sondern eher schlaksig und ein bisschen unbeholfen in seinen Bewegungen. Karon dagegen war sechs Jahre älter und schon ein richtiger Brocken. Mit all seinen Kräften hatte er versucht seinen Bruder durch das Unterholz zu schleppen, weg von den Wilderern. Aber die Männer waren viel schneller, kannten sich in der Gegend besser aus und hatten sie bald eingeholt und umzingelt. Davon hatte sich damals vor Karon gestellt, bis zum Äußersten gekämpft, um ihn zu beschützen, aber die Wilderer waren in der Überzahl gewesen, verspotteten ihn nur und hatten ihn bald überwältigt. Ihn selbst hatten sie mit in ihr Versteck genommen als Gefangenen und Lösegeld von seinem Vater erpresst, nachdem Davon hatte mit ansehen müssen, wie sie Karon den Gnadenstoß verpasst und ihn in den naheliegenden Fluss geworfen hatten. Gequält schloss er die Augen, um diese grausamen Bilder wieder loszuwerden, die ihn noch Jahre danach heimgesucht hatten. Die erste Zeit war er in tiefen Selbstvorwürfen versunken, hatte sich die Schuld für das Geschehen gegeben. Er hätte damals alles dafür getan seinen Bruder zurück zu bekommen, denn Karon war für ihn nie ein Konkurrent um die Führungsposition gewesen. Er hatte ihn als großen Bruder geliebt, zu ihm aufgesehen und ihn mehr als jeder andere verehrt. »Ich sehe du scheinst dich zu erinnern, Davon«, ertönte höhnisch die Stimme seines Bruders. Sie klang so fremd in seinen Ohren, dass er die Augen aufschlug und Karon immer noch voller Betroffenheit anblickte. »Aber hier geht´s heute nicht um diese alten Geschichten, nicht wahr?« Die Frage war rein rhetorisch. Davons Blick wechselte zwischen Achitos und Karon hin und her. Sein Verstand konnte einfach nicht begreifen, was hier vor sich ging. Mit allem hatte er gerechnet… sogar, dass Vince auftauchen könnte, hatte er in Erwägung gezogen. Aber sein so lange tot geglaubter Bruder…? Es dauerte eine Weile bis er sich von diesem Schock ein bisschen erholt hatte. Eingehend musterte er die hoch gewachsene Gestalt seines Bruders. Karon hatte sich nur wenig verändert. Deshalb hatte er ihn auch sofort erkannt. Er besaß breite Schultern, muskulöse Oberarme und lange kräftige Beine. Die Gesichtszüge waren wettergegerbt und verhärtet. Mit zusammengekniffenen kalten grauen Augen starrte Karon ihn feindselig an. Ein paar Strähnen seiner langen im Nacken zusammengebundenen schwarzen Haare fielen ihm in die Stirn und betonten zusätzlich die Härte in dessen Zügen. Die kräftigen Kiefermuskeln wirkten angespannt. Fehlte nur noch das Zähne fletschen, dann wäre das Bild eines beißwütigen Untiers perfekt. Davon fühlte sich immer unbehaglicher. »Um was geht es dann?«, fragte Davon um Fassung bemüht. In seinem Inneren herrschte ein Chaos sondergleichen. Er war zwar überrumpelt von Karons plötzlichem auftauchen, freute sich auf der einen Seite aber darüber. Sein Gespür für gefährliche Situationen warnte ihn jedoch aufs eindringlichste. »Das solltest du wohl am besten wissen«, schoss Karon ohne Umschweife zurück. »Ich weiß nicht, wovon die Rede ist«, gab Davon sich unwissend. Er sah wie Karons Kiefer gefährlich aufeinander malmten und wie sein Bruder angespannt die Hände zu Fäusten ballte. Achitos hingegen sah etwas entspannter aus und beobachtete alles nur mit großem Interesse. »Du hast etwas in deinem Besitz, von dem unser Großfürst gerne Kenntnis hätte.« Spätestens in diesem Augenblick war klar, worum es hier wirklich ging. Davon wusste zwar nicht, wie sein Bruder an Informationen dahingehend gelangt war, aber das war vorerst nebensächlich. »Nun.. es gibt viele Dinge in meinem Besitz, die nicht jedem bekannt sind«, wich er weiter aus und schürte damit sichtlich Karons Wut. »Genug mit den Spielchen«, schaltete sich der Großfürst ungehalten ein. Eine bedeutungsschwangere Pause entstand und Davon kassierte einen warnenden Blick. »Es geht um deinen Sklaven. Laut meinen Informationen soll es sich um ein Drachenkind handeln...?« Angespannt knirschte Davon mit den Zähnen. Wie zum Henker hatte er davon erfahren. Es gab nur wenige die von dieser Angelegenheit Kenntnis besaßen. Er konnte sie praktisch an einer Hand abzählen. Achitos bohrender Blick hielt ihn von weiteren tiefgehenden Überlegungen in diese Richtung ab. »Dann sind Eure Informationen nicht ganz richtig«, zweifelte er dreist an und bedachte seinen wutschnaubenden Bruder mit einem verächtlichen Blick. Davon pokerte hoch, aber was hatte er schon zu verlieren? Bekam der Großfürst Yume in die Finger, würde Davon alles tun, um ihn zu beschützen. Sogar einen Feldzug gegen das mächtige Mittelreich zog er in Betracht. Allerdings hoffte er inständig, dass es erst gar nicht so weit kam. Seine engsten Vertrauten hatten für so einen Fall wie jetzt Instruktionen von ihm erhalten. Es blieb also nur zu hoffen, dass Heron, Lano oder die zwei Soldaten, die er in alles eingeweiht hatte handeln konnten und auch entsprechend Zeit dazu hatten. »Inwiefern meinst du das?«, erkundigte sich Achitos verärgert und bedachte Karon flüchtig mit einem unheilverheißenden Blick. »Ich habe zwar einen Sklaven. Aber es wäre vermessen ihn als Drachenkind zu bezeichnen«, erklärte Davon ruhig. »Er lügt!«, spie sein Bruder aus. »Nein, ich täusche Euch nicht. Ich würde es nie wagen Euch derart dreist ins Gesicht zu lügen«, stellte er klar und begegnete Achitos` grimmigen Blick fest und ohne mit der Wimper zu zucken. »Ich weiß ganz genau, dass er lügt. Ich habe den Jungen gesehen. Er befindet sich sogar hier im Palast!« »Wenn Karon so überzeugt davon ist, sollten wir vielleicht Klarheit schaffen indem wir meinen Gemächern einen Besuch abstatten«, schlug Davon äußerlich ungerührt vor. Er betete inständig dafür, dass sein Plan aufging. »Ja, das sollten wir…«, bestätigte Karon. »Um das wohl vorliegende Missverständnis aus der Welt zu schaffen wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben.« Säuerlich erhob sich der Großfürst von seinem Thron. »Geht voran«, befahl er den Wachmännern, die auf beiden Seiten der Tür Stellung bezogen hatten. Davon wandte sich auf den Wink ebenfalls um. Das kleine Grüppchen verließ den Raum. Zuletzt traten Karon und Achitos auf den dunklen Gang. Die Ungehaltenheit des Großfürsten spürte Davon beinahe körperlich und sie verursachte ihm eine Gänsehaut. Sogar mehr als das. Ihm war richtiggehend übel. Dennoch behielt er seine ruhige Fassade aufrecht, schritt erhobenen Kopfes voran und hoffte, dass alles überzeugend genug wirkte. »Wir sind da«, informierte einer der Wachmänner und hielt vor Yumes Zimmer. »Möchtet Ihr den Vortritt, Großfürst?«, wandte sich Davon um. »Nein, geh schon voran«, winkte Achitos ab, was Davon dazu veranlasste angespannt die Tür zu öffnen. Das Herz schlug ihm bis zum Hals und er hielt den Atem an. Dann trat er jedoch mit ein paar energischen Schritten ein und atmete auf, als er den Raum leer vorfand. Achitos mit Karon im Schlepptau folgten ihm. Sein Bruder schaute sich mit finsterer Miene um, bevor er anfing wie ein Verrückter das Zimmer abzusuchen. »Er MUSS hier sein. Ich weiß es…« Die Schränke wurden ruppig aufgerissen. Sogar das Bett hob Karon an, weil er Yume darunter glaubte. Sein Bruder gebärdete sich wie ein Wilder. »Genug! Es reicht jetzt«, gebot der Großfürst ihm schließlich mit scharfer Stimme Einhalt, nachdem Karon das halbe Inventar zerlegt hatte. Achitos brodelte vor Ärger. Das konnte Davon, der direkt neben dem Großfürsten stand, sehr deutlich wahrnehmen. Dessen Gesichtszüge wirkten verkniffen und hart und die dunklen Augen funkelten Karon aus schmalen Schlitzen gefährlich an. »Ich habe diesen ganzen Zirkus satt«, knurrte er finster. »Wegen so einer Lappalie habe ich das Bankett abgeblasen. Was also wird hier gespielt?« Abwechselnd musterte der Großfürst Karon und ihn. »Ich bin selbst noch nicht ganz sicher«, gab Davon nachdenklich zu. »Bis vor unserem Zusammentreffen diesen Abend, wusste ich noch nicht einmal, dass Karon – mein Bruder – noch unter den Lebenden weilt. Nach meinem Wissen ist er vor über zwanzig Jahren gestorben.« »Ich bin nicht gestorben«, wehrte sein Bruder ab, der sich etwas beruhigt hatte und zu ihnen heran trat. »Du hast mich einfach zurück gelassen.« Er schnaubte abwertend. »Ein Wandläufer hat mich aus dem Fluss gezogen und über eine lange Zeit gepflegt. Als es mir wieder besser ging, hattest du das Erbe schon an dich gerissen.« Der Vorwurf in den bissig hervorgebrachten Worten war nicht zu überhören. »Ich habe dich weder zurückgelassen, noch hatte ich es auf das Erbe abgesehen«, verteidigte sich Davon ruhig. »Vielleicht sollten wir diese Diskussion auf einen anderen Zeitpunkt verschieben«, schlug er vor, denn die Laune des Großfürsten sank immer weiter unter den Nullpunkt, wie er mit einem flüchtigen Seitenblick feststellte. Familienangelegenheiten waren nicht sein Problem. »Ja, regelt das später. Ich will deinen Sklaven sehen«, wechselte Achitos sprunghaft das Thema. Sofort stellten sich Davons Nackenhaare alarmierend auf. Aber auch damit hatte er gerechnet. »Nun… da er nicht hier war, wird er sicherlich zwei Zimmer weiter bei dem Gefährten meines Truppenführers sein«, erklärte Davon ungerührt. Eine kurze Handgeste des Großfürsten und sie verließen ohne ein weiteres Wort den Raum. Vor Herons Unterkunft wurde Halt gemacht. Davon klopfte. Kurze Zeit später öffnete Lano und schaute zuerst fragend, also er jedoch Achitos grimmig dreinschauende Gestalt erblickte, öffnete er die Tür sofort weit und verbeugte sich voller Ehrfurcht. Dann trat er zur Seite, um ihnen Einlass zu gewähren. Diesmal trat der Großfürst als erstes in den Raum und schaute sich aufmerksam um. Sein Blick blieb an dem Jungen hängen, der gerade vom Bett aufstand. Davon blieb einen Augenblick das Herz stehen vor Schreck, weil er tatsächlich Yume vor sich geglaubt hatte. Bis der Hellhaarige den Kopf hob und ängstlich zu dem kleinen Trupp schaute, der in der Zimmertüre stand. In dem Moment, wo er in die Augen des Jungen sah, entspannte er sich merklich. Heron hatte wirklich ganze Arbeit geleistet! Dieser Junge sah Yume zum Verwechseln ähnlich. Davon hatte keine Ahnung, wo sein Truppenführer den Kleinen aufgegabelt hatte, aber er war ungemein beruhigt. Lange Strähnen fielen dem Jungen silbrig glänzend über die Schultern. Die Haut schimmerte in einem hellen Ton, nur ein paar Nuancen dunkler als bei Yume. Er besaß ein feingeschnittenes ebenmäßiges Gesicht und war schlank und zierlich. Doch die Augen des Kleinen hatten nicht die Farbe von Bernstein, sondern leuchteten in einem tiefen Blau. Als der Junge sich nervös ein paar Strähnen hinters Ohr strich, erkannte Davon sofort die spitz zulaufenden Ohren. Also stammte der Kleine von den Elfen ab, oder besaß zumindest einen Anteil Elfenblut in sich. Davons Betrachtungen fanden ein jähes Ende, als Lano zu dem Jungen eilte und ihm hektisch bedeutete sich vor dem Großfürsten zu verbeugen. Offensichtlich war Achitos dem Hellhaarigen unbekannt, was Davon ziemlich nachdenklich stimmte. »Und Karon? Ist er das?«, fragte der Großfürst nach einer Weile des Schweigens süffisant grinsend. »Das… «, stammelte sein Bruder. »Ich muss ihn mir erst genauer anschauen…« Es war deutlich, dass Karon völlig verwirrt war. Nun trat er auf den Kleinen zu, umrundete ihn einmal und musterte ihn mit stechendem Blick von oben bis unten. Als er dem Jungen allerdings grob in den Nacken griff und dessen Kopf zu sich hochzwang, ging Davon entschieden dazwischen. »Lass das, Karon!«, zischte er gefährlich und war mir wenigen Schritten hinter dem Kleinen. Besitzergreifend zog er ihn aus Karons Reichweite an sich und schlug die Pranke seines Bruders bei Seite. »Er ist mein Besitz und du hast keine Erlaubnis ihn anzurühren, geschweige denn ihn zu verletzen!« »Er wird nicht mehr lange dein Besitz sein!«, grinste sein Bruder. »Das ist der Junge… das Drachenkind, Großfürst«, informierte er mit lauter Stimme und sichtlich schadenfroh. Leise fügte er noch an: »Ich hätte dich cleverer eingeschätzt. Aber die Intelligenz unserer Eltern ist wohl vollständig auf mich übergegangen…« Wäre die Situation nicht so angespannt gewesen, hätte Davon über diese Beleidigung gelacht. Von wegen. Karon war vielleicht gerissen, aber er besaß eine sehr schlechte Beobachtungsgabe, wenn er Yume und diesen Jungen wirklich verwechselte. Ihm sollte es nur recht sein. Obwohl Davon auch ein gewisses Maß an Mitgefühl mit dem Kleinen empfand, der in seinen Armen zitterte und sich ängstlich an seine Brust klammerte. Sanft strich er ihm über den hellen Schopf und verdeutlichte auf diese Weise, dass der Junge zu ihm gehörte. Eine bessere Show konnten sie gar nicht liefern. Wenn Achitos ihnen das nicht abkaufte, dann wusste er auch nicht. »Bring ihn zu mir. Ich möchte ihn näher betrachten«, befahl der Großfürst schließlich und Davon schob den Kleinen auf Achitos zu, ohne etwas zu sagen. Als er vor ihm stand, beugte der schlanke Dämon sich ein Stück hinunter, umfing das Kinn des Jungen und drehte dessen Kopf zu sich, sodass er ihn ansehen musste. Der Kleine wimmerte ängstlich und krallte sich noch fester in Davons Hemdbrust, was diesen dazu veranlasste ein paar beruhigende Worte zu murmeln. Achitos musterte den Jungen eingehend, drehte dessen Gesicht hin und her, starrte eindringlich in die blauen Tiefen, sodass der Kleine begann noch heftiger zu zittern. Schließlich ließ der Großfürst ihn los und richtete sich enttäuscht seufzend auf. »Der Junge ist kein Drachenkind. Er ist ein Mischling zwischen Waldläufer und Fee.« »Aber… das kann nicht sein! Er hat…« »SCHWEIG!«, unterbrach der Großfürst Karons Einwand mit scharfer Stimme. »Ich habe diese Spielchen satt. Es gibt seit einigen Jahren kein Drachenvolk mehr…« Er schüttelte den Kopf. »Ich hätte mich gar nicht erst von dir überzeugen lassen dürfen. Also halt mich ja nicht weiter zum Narren, sonst rollen heute Nacht noch Köpfe!« Die Drohung fruchtete, denn Karon schluckte seinen Protest hinunter und schloss den Mund wieder. Vor sich hin fluchend verließ der Großfürst den Raum. Auf seinen Wink folgten ihm die Wachen. »Das kann doch alles nicht wahr sein!« Wütend stampfte Karon mit dem Fuß auf. Mit vor Ärger verzerrter Miene sah er zur Tür, durch die der Großfürst eben verschwunden war, bevor seine zornesfunkelnden Augen auf Davon zu ruhen kamen. »Das ist alles nur deine Schuld, verflucht noch mal. Ich weiß, dass dein Junge ein Drachenkind ist. Ich hab es selbst gesehen!« Mit zusammengekniffenen Lippen trat Karon ganz dicht an ihn heran und da sein Bruder noch ein wenig größer war als er, musste Davon tatsächlich den Kopf leicht in den Nacken legen. »Ich werde es beweisen, darauf kannst du dich verlassen«, versprach er mit zu Schlitzen verzogenen Augen. »Und wenn es soweit ist, dann gehört alles wieder mir!« Stampfend verließ auch Karon das Zimmer. Sowie die Tür ins Schloss fiel, löste sich Davons Anspannung fast ins Nichts auf und er atmete erleichtert durch, fuhr sich seufzend durch die Haare und ließ sich erst einmal aufs Bett fallen. Die Ellenbogen auf die Knie gestützt, glitt sein Blick musternd über den hellhaarigen Jungen, der immer noch verstört mitten im Raum stand. Lano war zu ihm gegangen und redete beruhigend auf ihn ein. Der Kleine sah Yume wirklich zum Verwechseln ähnlich. Aber das Gefühl, was er in Yumes Nähe hatte, war überhaupt mit nichts zu vergleichen. Für Davon hatte ein Blick, eine kleine Berührung ausgereicht um zu wissen, dass es nicht sein Kleiner war. »Lano?« »Ja, Herr?«, hob der kleine Dämon sofort pflichtbewusst den Kopf. »Kümmere dich ein bisschen um unseren Gast, ja? Er wird erst einmal auf unbestimmte Zeit bei uns bleiben. Weißt du wo Heron steckt?«, fragte er, während er sich aufrichtete. »Nein, tut mir leid. Ich habe ihn nicht gesehen seit vorhin…« Davon nickte und verließ zielbewusst den Raum. Er musste unbedingt Heron finden. Sein Truppenführer hatte diesen Jungen gefunden, also musste er auch wissen, wo Yume versteckt war. Er wollte den Silberschopf unbedingt sehen, sich vergewissern, dass es ihm gut ging, auch wenn er wusste, dass es nicht klug war, sich gerade jetzt in Yumes Nähe zu begeben. Zuerst schaute er in Herons Unterkunft nach. Dort war niemand. Sein nächster Anlaufpunkt waren die Stallungen, aber auch da war von seinem Truppenführer keine Spur. Allmählich wurde Davon nervös. Sein siebenter Sinn sagte ihm, dass irgendetwas nicht stimmte. Er verspürte ein seltsames Ziehen in der Magengegend, welches eindeutig nichts Gutes zu bedeuten hatte. Nach einem kurzen Marsch erreichte er die Soldatenunterkünfte, stieß die Tür auf und trat in einen schmalen Flur. Stimmen waren vom Ende her zu hören, was Davon dazu veranlasste weiter zu gehen. Sein Weg führte ihn an mehreren kleinen Zimmern die rechts und links des Ganges mündeten vorbei. Am Ende teilte sich der Flur. Davon wandte sich nach rechts und trat in einen recht großen Raum mit Tischen und Bänken – wohl der Essensraum. Zwei Männer saßen an einem Tisch, Heron stand mit verschränkten Armen davor. Seine Miene wirkte finster. Das mulmige Gefühl in Davons Magengegend wurde stärker. Dann bemerkte sein Truppenführer ihn, nickte ihm ernst zu und gab den beiden Männern noch einige Anweisungen, bevor er auf Davon zukam. »Können wir irgendwo ungestört reden?« Abermals nickte Heron nur. »Kommt mit.« Davon folgte ihm in eines der kleinen Zimmer, schloss die Tür hinter ihnen und sah sich kurz um. Der Raum war in erdigen Tönen gehalten, klein und erfüllte seinen Zweck. Es gab ein schmales Feldbett mit Nachtschrank, zwei Stühle und einen winzigen runden Tisch. Sie setzten sich. Da Heron immer noch schwieg, wollte Davon ihn gerade ungeduldig anfahren, aber nach einem angespannten Seufzen begann sein Truppenführer bereits zu sprechen. »Die Lage ist ernster geworden, als vermutet. Ich habe zwar diesen Jungen aufspüren können, der Yume zum Verwechseln ähnlich sieht. Doch ich weiß nicht, wie lange Achitos sich täuschen lässt. Es wäre besser ihn schnellstens von hier fort zu schaffen.« Davon nickte zustimmend. »Mein Bruder ist wieder aufgetaucht«, eröffnete er das neueste Problem. Seinem Gegenüber entgleisten kurz die Gesichtszüge in Ungläubigkeit und wären seine Nerven nicht wie Drahtseile gespannt, hätte Davon darüber gelacht. Heron aus der Fassung zu bringen fiel nämlich in die Kategorie des fast Unmöglichen. »WAS? Das kann nicht sein… Seit dem Unfall damals sind es fast…« »19 Jahre. Ja, ich weiß«, seufzte Davon. »Aber es ist Karon. Warum er gerade jetzt und hier auftaucht, weiß der Geier. Fakt ist, dass er alles erdenkliche tun wird, um mir zu schaden. Er will die Ländereien und die Festung zurück und um dieses Ziel zu erreichen, ist ihm jedes Mittel recht.« Heron schnaubte abfällig. »Das könnte ihm so passen!« »Ich habe nicht vor die Führung über die Festung abzugeben«, bestätigte Davon überzeugt. »Dennoch ist oberste Vorsicht geboten. Neunzehn Jahre sind eine lange Zeit… Karon ist definitiv nicht mehr der große Bruder von früher.« Davon seufzte, rieb sich die brennenden Augen. Er hatte eine gefühlte Ewigkeit keinen Schlaf gefunden. Weder auf dem Ausflug mit Achitos noch die Nacht, die er wieder gekommen war. Yumes Reaktion hatte ihn dermaßen aufgewühlt, sodass er sich nur in den Decken hin und her gewälzt hatte. Von Nahis nächtlichem Besuch mal ganz abgesehen. »Wo hast du eigentlich Yume versteckt?«, fragte Davon schließlich leise und in seiner Stimme schwang große Sorge mit. Verwirrt sah Heron zu ihm. »Ich wollte den Jungen holen, aber er war nicht in seinem Zimmer. Deshalb dachte ich, ihr hättet ihn bereits weggebracht.« Davons Augen weiteten sich vor Entsetzen. »Wie bitte?«, zischte er und fühlte nackte Angst seinen Rücken hochkriechen. Er sprang auf. Scheppernd fiel der Stuhl um. Oh Gott… wenn Yume etwas passiert war… daran wollte er gar nicht denken. Sein Herz krampfte sich zusammen und das Gefühlschaos in seinem Inneren verdrängte das rationale, vernünftige Denken. »Ich muss ihn finden…«, kam flüsternd über seine Lippen. »Ich muss ihn finden!« Immer wieder sprach er die Worte, immer bestimmter. »Wir werden ihn finden«, versprach Heron eindringlich, nachdem er sich von dem Schock einigermaßen erholt hatte. Aber Davon sah nicht gut aus. Er war blass unter seiner Bräune und ein leichtes Zittern hatte von ihm Besitz ergriffen. So kannte Heron ihn überhaupt nicht. Ihm wäre es jedoch nicht anders gegangen, wenn Lano plötzlich verschwunden wäre. Bevor Davon noch eine Dummheit begehen konnte, legte er ihm eine Hand auf die Schulter und drückte fest zu. »Beruhigt Euch. Es bringt nichts, kopflos durch die Gänge dieser Dämonenfestung zu rennen und uns zu verraten. Wir müssen ganz genau überlegen, wie wir nach dem Jungen suchen. Vielleicht hat er sich auch nur verlaufen, wie am Anfang…«, gab Heron zu bedenken, obwohl er daran selbst nicht so ganz glaubte. Yume war zwar körperlich sehr zart, aber nach Lanos allabendlichen Erzählungen alles andere als dumm. Außerdem wusste er auch von den Führungen mit Nahi. Demnach kannte der Kleine sich inzwischen weitestgehend in der Festung aus. Hörbar atmete Davon tief ein und aus, warf Heron einen flüchtigen Blick zu, der besagte, dass er sich wieder unter Kontrolle hatte und schüttelte die Hand von seiner Schulter. Er hatte deutlich die Zweifel aus den Worten des anderen herausgehört. Verdammter Mist! Wieso musste alles so schief laufen? Er hätte Yume niemals mit hierher bringen dürfen. Das war alles seine Schuld. »Sag unseren Soldaten, dass sie hier draußen alles sorgfältig durchkämmen sollen. Es würde zu sehr auffallen, wenn unsere Männer plötzlich durch die Festung patrouillieren«, befahl er angespannt. »Ich gehe zurück und befrage Lano. Vielleicht weiß er mehr«, sagte er eher zu sich selbst, schon auf dem Weg zurück in die Festung. Insgeheim erhoffte sich Davon sehr viel von dem kleinen Dämon zu erfahren. Schließlich war Lano derjenige, der fast ununterbrochen mit Yume zu tun gehabt hatte. Er musste etwas wissen! Hastig durchschritt Davon die fackelbeleuchteten Gänge. Müde rieb er sich über die Augen. Es musste weit nach Mitternacht sein, doch an Schlaf war keine Sekunde zu denken. Ohne anzuklopfen betrat er Lanos Zimmer. Der kleine Dämon saß hinter dem neuen Jungen im Bett und bürstete ihm die Haare. Beide hatten bereits Schlafsachen an. Also Lano ihn erblickte, legte er überrascht die Bürste bei Seite, stand auf und verbeugte sich leicht. »Herr, wie kann ich Euch helfen?«, fragte er respektvoll, so wie es sich gehörte. Dafür hatte Davon allerdings keinen Blick. Er schaute sich kurz um, streifte den Kleinen, der Yume so verdammt ähnlich sah mit einem Blick und spürte ein schmerzhaftes Pochen in seiner Brust, als würde jemand langsam und genüsslich das Herz zerquetschen. Damals, als Yume verschwunden war, hatte er fälschlicherweise angenommen der Kleine wäre davongelaufen. Dabei war er entführt worden. Allein der Gedanke so etwas Schreckliches könnte wieder passiert sein, schnürte ihm die Kehle zu und er brachte eine Weile kein einziges Wort heraus. Besorgt kam Lano auf ihn zu und schaute fragend zu ihm hoch. »Kann… kann ich irgendetwas tun für Euch?« Die Stimme des Jüngeren klang sanft und beruhigend und Davon schluckte schwer. »Ich suche Yume«, flüsterte er, beugte sich zu dem jungen Dämon hinunter. Es war gefährlich über den Silberschopf zu sprechen. Im Moment konnte jede Wand Augen und Ohren haben und Davon wollte nichts riskieren. »Er ist verschwunden. Heron hat ihn vor Achitos` Auftritt nicht in seinem Zimmer gefunden und angenommen ich hätte ihn in weiser Voraussicht weggebracht. Habe ich aber nicht!«, fasste Davon kurz zusammen und konnte die Panik in seinem Tonfall nicht unterdrücken. »Du hast ihn zuletzt gesehen…« Lanos Augen weiteten sich, als er zu verstehen begann. »Aber ich… ich habe ihn doch wieder in sein Zimmer gebracht nachdem wir…« »Nachdem ihr was?«, herrschte Davon den Kleineren zischend an, packte ihn am Arm und zog Lano zu sich ran. Betreten und ein wenig ängstlich senkte der kleine Dämon den Kopf. »Ich… also…«, stotterte er kurz, bevor er tief Luft holte und gestand: »Yume war traurig, weil Ihr so wenig Zeit für ihn hattet und wollte wenigstens vom Rand aus einen Blick auf das Bankett werfen. Er hat mich angebettelt.. immer wieder und schließlich hab ich nachgegeben, um ihm wenigstens eine kleine Freude zu machen… « »Verdammt noch mal, er sollte das Zimmer nicht verlassen!«, brüllte Davon unbeherrscht und stieß Lano grob von sich. Der Jüngere landete auf dem Boden und Yumes Doppelgänger gab ein furchtsames Wimmern von sich. In dem Moment trat Heron ins Zimmer, erfasste die Lage mit einem Blick und war sofort bei Lano, um ihm wieder auf die Beine zu helfen. Beschützend drückte er den Kleinen an sich. »Davon!«, grollte er. »Reiß dich zusammen. Ich kann dich verstehen, aber das gibt dir nicht das Recht meinen Partner so zu behandeln.« »Er sollte auf Yume aufpassen. Das war seine AUFGABE!« Davon kochte vor Wut und Sorge. »Uns hat wirklich niemand gesehen. Wir waren nur zehn Minuten da. Yume hat sich vom Rand aus alles angeschaut und wollte dann von sich aus zurück«, ergriff Lano wieder das Wort, denn die Spannung knisterte förmlich zwischen Heron und Davon. Feindselig funkelten die beiden Dämonen sich an und Lano drückte sich ängstlich dichter an Herons breite Brust. Deutlich konnte er die angespannten Muskeln durch seine Kleidung spüren. Er machte sich Vorwürfe, denn wenn er besser aufgepasst hätte, wäre es gar nicht zu dieser Situation gekommen. Lano zuckte zusammen, als die beiden sich weiter anschrieen. »Du hättest ihn gar nicht erst mit hierher bringen sollen!« »Erzähl DU mir nicht, was ICH tun und lassen soll!« Zornesfunkelnd und mit geballten Fäusten stand Davon da, bereit sich jede Sekunde auf seinen Heerführer zu stürzen. Heron schob ihn bei Seite und ballte ebenfalls die Fäuste. Lano konnte das kaum mit ansehen. Verzweifelt dachte er nach. Es musste doch eine Lösung für dieses Problem geben! »Heron bitte…«, vorsichtig griff der kleine Dämon nach dem Arm seines Partners. Die Muskeln fühlten sich stahlhart unter seinen schmalen Fingern an und dennoch tat Heron ihm trotz seiner enormen Kraft nie weh. »Was ist?«, fragte Heron, ohne ihn anzuschauen. Nervös leckte Lano sich über die Lippen, bevor er sich Davon zuwandte. »Was ich jetzt sage, klingt vielleicht seltsam. Es ist nur eine Vermutung, aber…« »Sprich!«, unterbrach Davon ihn herrisch. »Nur, wenn Ihr versprecht mich dafür nicht zu bestrafen.« Schutzsuchend drückte er sich enger an seinen Partner. Davon und Heron wechselten einen Blick, dann nickte Davon. Heron gab seine kampfbereite Haltung auf und fasste Lano sanft bei den Schultern, um ihm Rückhalt zu geben, wofür der Kleine sehr dankbar war. »Yume war in letzter Zeit mit den Gedanken oft weit weg. In meiner Gegenwart hat er versucht es zu verstecken, aber ich habe es trotzdem bemerkt. Er war so einsam und na ja… Nahi hat sich uns so aufgedrängt und ich glaube er hat sie nicht nur einmal mit Davon zusammen gesehen. Vielleicht… ist er gegangen, weil er sich überflüssig gefühlt hat… weil er glaubte keine Chance gegen Nahi zu haben und Davon hat ihn ja auch ziemlich ignoriert…« »Das ist nicht w…«, wollte Davon abstreiten, doch er stockte mitten drin und ihm schwante Böses. Er hatte verflucht wenig Zeit für Yume gehabt, hatte ihn teilweise sogar absichtlich gemieden, weil er sich und seinem Verlangen kein Vertrauen zugestand. Sein Begehren war enorm groß und er wollte den Kleinen einfach nicht verschrecken. Deshalb die Distanz… was wohl ein riesiger Fehler gewesen war. Andererseits war ihm Nahis Aufdringlichkeit kaum bewusst gewesen. Aber je länger er darüber nachsann, wurde alles klar… »Oh mein Gott…« Stöhnend fuhr sich Davon mit einer Hand durchs Haar. Es konnte nur einen Grund geben, wieso Yume gerade heute Abend verschwunden war. Er hatte mit Nahi getanzt auf dem Bankett… sie hatte ihn danach frech geküsst. Und wenn Yume genau diesen Kuss mitbekommen hatte? Davon konnte sich nur ausmalen, wie der Kleine sich gefühlt haben musste. Er taumelte und sank auf den nächst besten Stuhl. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Er erinnerte sich noch deutlich daran, wie er Nahi hatte gewähren lassen… des lieben Friedens Willen, um kein Aufsehen zu erregen. Davon hätte heulen können. Ständig lief alles schief. Kummervoll vergrub er das Gesicht in den Händen. Lano sah verwirrt zu Heron hoch, als er seinen Herrn plötzlich so niedergeschlagen dasitzen sah. Er hätte von Davon eher ein Donnerwetter erwartet, aber das… Heron wollte ihn zurück halten, doch Lano löste sich bestimmt aus dem Griff, ging zu Davon und kniete sich vor ihn hin, legte eine Hand auf sein Knie. »Davon… was ist passiert?« Seine Stimme klang eindringlich. »Bitte… wir müssen es wissen. Vielleicht hilft es Yume schnell wieder zu finden?« Ein zutiefst gequälter Blick traf den kleinen Dämon, als Davon ihn ansah und er konnte den Schmerz fast körperlich spüren. Mitfühlend griff er die Hand seines Herrn. Ihm lag so viel daran, dass die Beiden endlich auch ihr Glück fanden. Er wusste, Yume liebte Davon und andersherum war es genauso. Sonst würde sein Herr nicht so leiden. »Auf dem Bankett habe ich mit Nahi getanzt. Sie hat mich geküsst«, gab er knapp bekannt und stand auf, Lanos Hand abschüttelnd. Er brauchte kein Mitleid. Es war ganz allein seine Schuld. Er hatte Yume vertrieben. Die Endgültigkeit dieser Gedanken ließ bittere Galle in ihm aufsteigen. »Du meinst er hat den Kuss zwischen euch gesehen?«, hakte Heron stirnrunzelnd nach und schloss damit den Kreis. »So kann es nur sein. Wäre er sonst weg?!«, giftete Davon und war wahnsinnig wütend. Hauptsächlich auf sich selbst. »Es war nicht das erste Mal, dass Nahi mich geküsst hat«, gab er weiterhin bekümmert zu. »Deswegen habe ich das nicht so ernst genommen.« Gott, wie er sich dafür hasste. Er hatte Yumes Gefühle mit Füßen getreten. Schlimmer noch… er hatte mit seiner Gedankenlosigkeit alles weggeworfen, was ihm wichtig war. Yume hatte ihm so viel verziehen… Ihm immer wieder Vertrauen geschenkt. Das war nicht selbstverständlich und doch hatte er es mit der Zeit so gesehen. »Vielleicht… vielleicht ist es besser so«, meinte Davon mit erstickter Stimme. Blicklos starrte er zur Tür. Yume war weg und würde nicht mehr wieder kommen, jedenfalls nicht freiwillig. Wenn er begann ihn zu suchen… würde er ihn finden? Und wenn ja, wollte der Silberschopf überhaupt zu ihm zurück? »So etwas darfst du nicht sagen, Davon.« Herons Zurechtweisung kam scharf und klang furchtbar wütend. Sein Heerführer trat vor ihn und packte ihn an den Schultern, dass es fast schmerzte. Eindringlich und voller Entschlossenheit sah er Davon in die Augen. »Wenn du den Kleinen wirklich liebst, gehen wir jetzt da raus und suchen ihn. Wir werden ihn finden und diese ganzen Missverständnisse aufklären, verstanden?« Herons Zuversicht hätte er gerne gehabt. Auf die Worte hin schüttelte er den Kopf. »Nein. Yume ist gegangen… Er ist gegangen, weil ich ihn wieder einmal tief verletzt habe.« Energisch schüttelte er Herons Griff ab. »Diesmal wird er mir nicht verzeihen. Und das habe ich auch verdient. Ich werde ihm nie geben können, was er sich wünscht, versteht ihr das? An meiner Seite wird er immer unglücklich sein…« Ein lautes Knacken, gefolgt von einem geräuschvollen Poltern erklang. Lano schrie erschrocken auf, schlug die Hände vor seinen Mund, während seine Gedanken sich überschlugen. Zwei Sekunden später hatte er sich soweit gefasst, dass er auf seinen Partner zurannte und sich an Herons Arm hängte. »Hör auf… nicht… das darfst du nicht…« Tränen flossen ihm über die Wangen. Wie konnte Heron nur so ausrasten? Er hatte Davon einen heftigen Schwinger verpasst, packte ihn nun am Kragen und zog ihn wieder auf die Beine. Lano ignorierte er, hielt ihn mit seinem freien Arm auf Abstand. »Hörst du dir überhaupt zu, was du da für einen Müll von dir gibst? Yume ist dein Partner! Du hast verdammt hart um ihn gekämpft. Um sein Leben und seine Zuneigung. Glaubst du die Liebe fällt einem einfach in den Schoß… glaubst du man muss nichts dafür tun?« Benommen, von dem Schlag und dem Gedankenchaos in seinem Kopf, starrte Davon zu seinem Heerführer hoch. Resignation und Kampfgeist rangen in seinem Inneren miteinander, Wut stieg in ihm auf. Ein paar Sekunden verstrichen, dann holte er aus und verpasste Heron einen ebenso kräftigen Hieb ins Gesicht, sodass dessen Griff sich lockerte und er zurück taumelte. »Genau Heron, das darfst du nicht!«, äffte er Lanos Worte nach, bevor er sich den schmerzenden Kiefer rieb. Mit Genugtuung sah er, wie Heron Blut spuckte. »Wenn du noch einmal die Hand gegen mich erhebst,« Sein Blick glitt zu Lano, der sich sorgenvoll und tränenüberströmt an Herons Arm klammerte. »Dann lasse ich deinen Partner auspeitschen.« Der Ausdruck seines Heerführers verfinsterte sich, doch er wusste die Lage einzuschätzen. Ergeben sank er auf ein Knie und beugte den Kopf. »Verzeiht Herr. Es wird nicht wieder vorkommen.« »Gut. Dann wäre ja hier alles geklärt.« Die Machtverhältnisse waren wieder deutlich verteilt. Die Freundschaft zwischen ihnen zählte nicht mehr. Heron spürte die Kälte, die von Davon ausging und seufzte schwer, als der andere ging. Mit einem nachdenklichen Blick schaute er ihm hinterher. Sollte es das gewesen sein? Nach allen Anstrengungen wollte Davon jetzt tatsächlich aufgeben? Sicherlich war es bisher alles andere als einfach gewesen. Aber Gefühle konnte man nicht einfach auslöschen. Man konnte sie nur verdrängen, unterdrücken. Heron wusste das und er hatte die böse Vorahnung, dass es Davon mehr mitnahm, als der andere zugeben würde. Ein leichter Schmerz holte ihn aus seinen Gedanken, als Lano ihm das Blut vom Kinn tupfte. Dem Kleinen flossen stille Tränen über die Wangen. Sanft fuhr er ihm mit der Hand durch die Haare. »Warum macht er das?« verständnislos und mit verweinten Augen sah der Kleine zu Heron auf, der ihn sanft umfing und tröstend an sich drückte. Schluchzend drückte sich Lano an die kräftige Brust und ließ sich von der liebevollen Hand, die über seinen Kopf streichelte ein wenig beruhigen. Heron seufzte schwer. »Er verdrängt den Schmerz des Verlustes und unterdrückt die Gefühle, die er für Yume hat.« Ein schweres Seufzen erklang und veranlasste Lano den Blick erneut zu heben. »Wir werden nicht nach Yume suchen, nicht wahr?« Die Erkenntnis traf ihn hart, gerade weil er doch wusste, dass der Silberschopf Davon liebte. »Nein, werden wir nicht.« Es klang so endgültig, dass Lano erneut begann zu Schluchzen. »Das ist… alles meine… Schuld…«, weinte er verzweifelt. Doch Heron schüttelte den Kopf, zog Lanos Kinn hoch, sodass der Kleine ihn ansehen musste und meinte bestimmt: »Solche Worte will ich nicht noch einmal von dir hören! Es ist nicht deine Schuld, verstanden?« Strenge lag in seinem Blick. »Du hast dich sehr gut um Yume gekümmert und warst ihm ein Freund. Das hat der Kleine gebraucht. Aber viel mehr hat er jemanden gebraucht, der ihm Zuneigung und Liebe schenkt. Das hat Davon verpasst und wenn ich nicht davon überzeugt wäre, dass die beiden zusammen gehören, würde ich sagen Yumes Verschwinden geschieht ihm recht.« »Vielleicht… vielleicht hast du recht«, seufzte Lano und lehnte die Stirn an Herons Schulter. »Aber ich habe Angst um Yume. Was, wenn ihm was passiert? Wenn er überfallen wird, oder noch schlimmeres? Können wir nicht doch nach ihm suchen? Heimlich… ohne, dass Davon etwas davon merkt.« Flehentlich sah er mit großen Augen zu Heron auf. Daran hatte er selbst schon gedacht und lächelte schief. »Komm. Setzen wir uns erst mal. Ich gehe vorher nur schnell ins Badezimmer.« Mit einem Nicken deutete er auf den hellhaarigen Jungen, der ängstlich auf dem Bett kauerte. »Kümmer dich ein wenig um unseren Gast. Der Kleine sieht auch aus, als bräuchte er ein wenig seelischen Beistand.« »Uhm.. okay…« Lano hatte den anderen fast vergessen. Ein wenig gefasster als noch zuvor, wischte er sich die Tränen aus den Augen und ging zum Bett, wo er den Jungen hatte sitzen lassen. »Tut mir leid«, entschuldigte er sich beschämt mit gesenktem Blick. »So ist es nicht immer bei uns, weißt du«, versuchte er den Hellhaarigen zu beruhigen. »Yoni war dein Name, richtig?« Mit einem kleinen Lächeln krabbelte er wieder zu Yoni aufs Bett, nahm die Bürste, die noch dalag, wo er sie losgelassen hatte und begann erneut, die wundervollen langen Haare zu kämmen. »Dämonen sind sehr temperamentvoll…«, kam es mit zarter Stimme von dem Jungen und Lanos Lächeln wurde breiter. »Das kann man wohl sagen. Und stur sind sie auch!«, fügte er nickend hinzu. »Und unsensibel, ignorant, selbstverliebt…« »Jetzt reicht es aber!«, knurrte Heron, der gerade aus dem Bad zurückkam und die letzten Worte aufgeschnappt hatte. »Was erzählst du ihm da für Unwahrheiten?!« Ein verschmitztes Lächeln breitete sich auf Lanos Zügen aus. »Das sind keine Unwahrheiten. Aber es gibt ein paar wenige Ausnahmen«, lenkte er kulant ein, und rückte ein Stück, damit Heron sich zu ihnen aufs Bett setzen konnte. »Das will ich auch stark hoffen!« Lano wusste, dass er im Gegensatz zu Yume richtig Glück gehabt hatte. Heron war das komplette Gegenteil, was die schlechten, nicht erstrebenswerten Seiten der Dämonen anging, Er war rücksichtsvoll, behandelte ihn gleichwertig, obwohl sie aus unterschiedlichen Verhältnissen stammten. Der andere hatte ihn noch nicht einmal grob behandelt. Lano wusste, dass er sich hundertprozentig auf Heron verlassen und ihm vertrauen konnte. »Was machen wir denn jetzt?«, fragte Lano nach einer Weile des Schweigens. Heron hatte sich inzwischen mit einer zusammengerollten Karte am Tisch nieder gelassen und breitete diese darauf aus. Sanft klopfte der kleine Dämon dem neuen Jungen auf die Schulter, bevor er neugierig zu Heron ging und sich gewohnheitsmäßig auf dessen Schoß kuschelte. »Das ist eine Karte vom Mittelreich«, lauschte er der Erklärung seines Partners. »Wir befinden uns hier…« Heron zeigte auf den mittleren Teil, der durch eine eingezeichnete Mauer von der Umgebung abgetrennt war. »Die Festung hat zwei große Tore, durch die Yume gegangen sein könnte. Der hintere Durchgang, oder Südtor und das Haupttor im Nordwesten…« Mit dem Zeigefinger fuhr er über die eingezeichneten Stellen. Nachdenklich kaute Lano auf seiner Unterlippe herum. »Ist das Südtor denn Nachts überhaupt offen?«, fragte er und sah Heron über die Schulter hinweg an. Er hatte nicht so ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen wie Yume, aber er erinnerte sich dieses Tor eines Abends bei einem Spaziergang gesehen zu haben und da war es geschlossen gewesen. »Hm… wenn das tatsächlich so ist, dann kann Yume also nur zum Haupttor raus sein«, meinte Heron genauso nachdenklich. »Ist das gut oder schlecht?« Lano war sich bei dem angespannten Tonfall seines Partners nicht so sicher. »Naja… Die Frage ist doch, wenn er diesen Weg genommen hat, müsste ihn eigentlich jemand gesehen haben. Das Haupttor ist nie unbewacht und die Wachleute sind alles andere als nachlässig. Die lassen niemanden einfach rein oder raus.« Das stimmte. Lano wusste selbst, wie misstrauisch er selbst von Achitos Soldaten beäugt worden war, wenn er nur in die Nähe des Tores gekommen war. »Okay… gehen wir davon aus, er ist durch das Nordwesttor raus – wie auch immer er das geschafft hat. Dann gibt es nur zwei mögliche Wege. Entweder er bleibt auf dem Hauptweg nach Estravor, oder er nimmt den weitaus längeren Pfad Richtung Norden in das Bergdorf Jelingford.« Auch diesmal fuhr Heron die Wege mit dem Finger nach, damit Lano eine Vorstellung bekam wovon er sprach. Gemeinsam versuchten sie nachzuvollziehen, welchen Weg Yume höchstwahrscheinlich genommen hatte und schmiedeten Pläne, wie sie ihn wieder finden konnten, ohne, dass Davon etwas bemerkte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)