Feeling Hope von Nachteule (Jasper x Alice) ================================================================================ Kapitel 2: Seelenpartner ------------------------ Ihr Name war Alice. Sie war noch nicht so lange Vampir wie ich, doch altersmäßig unterschieden wir uns kaum. Wir unterhielten uns noch den ganzen Abend in dem Lokal. Sie zog mich in eine hintere Ecke an einen im Schatten liegenden, unauffälligen Tisch. Das Stimmengewirr wurde nach einer langen Weile immer lauter, da es nun für die nächtlichen Trinker an der Zeit war auf Streife zu gehen. Leise, im Hintergrund, spielte schwungvolle Jazz Musik. Es roch nach Bier, Schweiß und Gebratenem aus der Küche, doch wir störten uns nicht daran. Mein Blick war auf ihre Augen geheftet und ihrer auf meine. Die Fröhlichkeit, Heiterkeit, Glücklichkeit umgaben Alice wie ein undurchsichtiger Schleier. Nur ich konnte ihn wahrnehmen. Als ich ihre Hand ergriffen hatte, umflügelte er auch mich. Und es fühlte sich gut an. Während sie sprach und dabei ihre Lippen bewegte, überlegte ich, ob ihre topasfarbenen Augen mir auch etwas mitteilen wollten. Manchmal stellte sie mir eine Frage und ich nuschelte knapp eine Antwort. Alice erzählte mir alles, angefangen mit ihrer Vision. Und ich lauschte gebannt. „Ich hatte einen Traum. Das war vor einigen Monaten. Ich war gerade zuhause, das heißt, unten in Jacksonville. Ich irrte schon seit einiger Zeit durch die Welt, ohne zu wissen, was mein Ziel sein würde.“ An einigen Stellen wirkte ihr Blick besonders ausdruckslos. Das bereitete mir ein wenig Sorgen. „Jedenfalls war ich auf der Jagd. Es bereitet mir Schmerzen, Menschen anzufallen, sie zu töten, weil ich immer daran dachte, dass ich selber einst einer war. Sie sterben zu sehen, während ich den Angriff überlebt hatte und nun ein unendliches Leben führte. Mein Opfer war eine junge Frau, vielleicht zwanzig. Ich überraschte sie auf einem Spaziergang mit ihrem Hund. Bevor ich ihr das Genick brechen wollte, flehte sie mich an, wissend was passieren würde, auf den Kleinen aufzupassen. Ich tat ihr den Gefallen und pflegte „Nappy“, wie ich ihn wegen seines weichen, wolligen Fells nannte. Er leistete mir angenehme Gesellschaft. Doch irgendwann wurde mein Hunger zu groß.“ Ihre Stimme war nur noch ein melancholisches Flüstern, aber ich nahm es als so ausdrucksstark auf. Sie strich mir gedankenversunken über die Hand. Es kribbelte angenehm. „Ich konnte mich einfach nicht beherrschen. Es tat mir so leid, dass ich die Bitte der jungen Frau nicht erfüllen konnte. Ein Monster wie ich war. Die ganze Nacht quälte ich mich mit Vorwürfen. Dieses Tier hatte mir Geborgenheit gegeben. Es hatte den Teil meines Herzens vervollständigt, indem noch ein Stück gefehlt hatte. Ich träumte. Anfangs dachte ich, es wäre ein Alptraum, als Strafe für das, was ich getan hatte. Doch dann war dort dieser Engel. Groß, blond, ein wenig muskulös. Seine Augen schimmerten geheimnisvoll. Er sprach mit mir, seine tiefe, beruhigende Stimme drang durch meinen ganzen Körper. ‚Es ist keine Sünde, was du getan hast. Du bist dazu geschaffen zu töten. Solange du Reue empfindest, besitzt du Menschlichkeit.’ Er lächelte mich an und ich verstand ihn. ‚Du kannst selbst über das entscheiden was du tust. Das kann dir keiner nehmen. Also lerne richtig zu entscheiden und bei dieser Entscheidung zu bleiben. Dann musst du sie nur noch umsetzen.’ Auch diese Worte verstand ich. Wenn man sich in den Kopf gesetzt hatte, etwas an den eigenen Verhalten zu ändern, dann brauchte man dieses Ziel nur zu verfolgen. ‚Dir fehlt ein Teil in deinem Leben’, seine Mundwinkel zogen sich zu einem perfekten Lächeln. ‚Genauso wie mir. Wenn wir es beide wollen, können wir uns finden. Seelenpartner gehören zusammen.’ Ich stutzte über das, was er als Letztes gesagt hatte. ‚Seelenpartner sind Wesen, die sich ergänzen. Deren Schicksal und Leben durch einen silbernen Faden verbunden ist.’ Doch wie sollte ich ihn finden? ‚Nutze deine Fähigkeit’, antwortete er mir leichthin. Ob mir meine Visionen dabei helfen konnte? Damals bezweifelte ich es. ‚Wir werden uns sehen. Bald, Alice. Ich werde dich finden. Habe nur Geduld und komme mir entgegen. Ich heiße übrigens Jasper.’ Und sein Bild verschwand aus meinem Bewusstsein. Ich wachte auf, unschlüssig ob ich geträumt hatte oder nicht und entschied mich dann für Letzteres. Ich begab mich auf die Suche. Mit der Zeit kamen mir wirklich Visionen. Ich ließ mich von ihnen leiten und landete hier. In Philadelphia. Wo ich dich endlich wieder traf.“ Sie strahlte nun über das ganze Gesicht. Jetzt verstand ich auch ihre stürmische Begrüßung und lächelte ebenfalls. „Das ist eine sehr schöne Geschichte.“, erwiderte ich. Geschmeidig stand sie auf und setzte zum Gehen an. Ihr fragender Blick traf meinen. Natürlich wollte ich mir ihr gehen. Ich beschloss an diesem Abend, sie nie wieder warten zu lassen oder verlassen. Schweigend stand ich ebenfalls auf, immer noch ihre Hand haltend und gemeinsam verließen wir das Lokal. Eng nebeneinander gingen wir, im Gleichschritt, die nassen Wege entlang. Unter dem Licht des Mondes. Ich hatte also endlich mein Puzzleteil gefunden. Nun wusste ich auch, was es bedeutete, einen Seelenpartner zu haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)