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Halluzinationen mit Frau Holle

von

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Komplett durchgeknallt...

...oder Sherlock Holmes auf der Traumwiese
 
 

„Toll...einfach weg...WILL, wo immer du bist, komm raus oder es setzt was!“

Prinz Ludwig war mehr als ungehalten. Überall in der näheren Umgebung ihres Weges hatten sie nach Wilhelm gesucht, aber weder der Diener selbst noch eine Spur, die zu ihm führte, waren zu finden gewesen. Man sollte meinen, auch die zwei edlen Pferde aus den königlichen Stallungen hätten Spuren hinterlassen, aber Fehlanzeige. Hinter Bäumen und Büschen, im Unterholz...nirgends auch nur ein Hinweis auf den Verbleib des prinzlichen Eigentums tierischer und menschlicher Art. Doch trotz der bisherigen Erfolglosigkeit ihrer Suche war Lui noch nicht bereit aufzugeben.

„Prinz! Hört Ihr das? Da raschelt etwas im Gebüsch!“

Nach Dorothea hörte es jetzt auch Ludwig: „Tatsächlich! Will, bist du das? Komm schon raus da, sonst bist du fristlos gefeuert!“

Ein paar Sekunden voller Rascheln später kam ein kleines Kaninchen aus dem Busch gehoppelt. So langsam verlor der Prinz wirklich die Nerven. Wie konnte man es denn bewerkstelligen, einfach so zu verschwinden? Und vor allen Dingen ohne, dass es jemand anderes mitbekam...da war definitiv irgendetwas faul...

Seine Gedankengänge wurden jäh unterbrochen, als auf einmal ein Pferdewiehern aus einiger Entfernung zu vernehmen war.

„Das kam von da hinten!“ rief Lui und stürzte los, sodass Dorothea ihm nur noch verdutzt hinterher blicken konnte. Schließlich rannte sie ihm hinterher, sie wollte ja nicht auch noch verloren gehen.
 
 

Einen Zwei-Minuten-Sprint später hatten sie zumindest den ersten, und zwar den tierischen Teil des prinzlichen Besitzes wiedergefunden. Die Pferde standen auf einer kleineren Lichtung, waren offensichtlich unversehrt und fraßen munter Gras. Von Will war jedoch auch hier nichts zu sehen. Sie suchten die Umgebung ab, aber keine Spur...bis es wieder im Gebüsch raschelte.

„Also nochmal mache ich das nicht mit!“ murmelte der Prinz wütend vor sich hin und fand schließlich nach kurzem Umschauen hinter einem Baum das fragliche, Geräusche produzierende Gewächs.

Doch was er außerdem sah, ließ ihn erstarren...
 
 

Wilhelm war den Fußspuren schon seit geraumer Zeit gefolgt und noch immer wollte die Blumenwiese kein Ende nehmen. Nein, ein normaler Ort war das ganz sicher nicht. Wo war er hier nur gelandet? Er beschloss eine kleine Pause zu machen und setzte sich zwischen die bezaubernden gelben und roten Blüten. Jedenfalls war schon jemand vor ihm hier gewesen, auf dessen Spuren er ja im Moment wandelte. Als er sich die Frage stellte, wer das wohl sein mochte, kam ihm die Idee, die Fußabdrücke einfach mal genauer zu untersuchen. Nicht nur, dass man anhand der Länge der Füße in etwa sagen konnte, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte, nein, wenn er die Abstände der Spuren mit seiner eigenen Schrittlänge verglich, konnte er auch sagen, ob die Person eher größer oder eher kleiner war als er. Gedacht, getan. Da sollte noch einmal jemand sagen, die Lektüre von Detektiv-Romanen lohne sich nicht... Kurzum, die Fußspuren waren viel kleiner als seine eigenen, was bedeuten musste, dass es sich entweder um eine Frau oder ein Kind handelte, wobei die zweite Möglichkeit nach „Messen“ der Schrittlänge ausfiel. Eine Frau also...

Schließlich erklärte Will die Pause für beendet und ging weiter. Nach einigen hundert Metern roch es auf einmal ziemlich lecker. Nach, nach...ja nach was eigentlich? Er konnte es nicht genau zuordnen...sein Magen schien sich jedoch auf etwas Essbares eingestellt zu haben, denn er knurrte lautstark. Und wirklich, ein paar Meter weiter stand ein Ofen, in dem herrlich duftendes Brot vor sich hin buk. Das war es also gewesen, was auf seinen Magen so ansprechend gewirkt hatte. Aber mal im Ernst: ein Ofen mitten im Nirgendwo auf einer Blumenwiese? Da konnte doch irgendwas nicht stimmen. Dieser Gedanke bestätigte sich, als er auf einmal auch noch Stimmen aus dem Backofen zu hören schien. Ja, die kamen definitiv aus dem Ofen. Die Brote redeten mit ihm!

„Zieh uns raus, zieh uns raus, sonst verbrennen wir, wir sind schon längst ausgebacken!“

Sie gaben ihm auch noch Befehle!

'Naja,' dachte sich Wilhelm resignierend, 'ich mache ja sowieso den ganzen Tag nichts anderes, als Befehle zu befolgen, da kann ich das jetzt auch tun. Auch wenn es Befehle von Backwaren sind...'

Allein dieser Gedanke zeigte ihm schon, wie weit es mit ihm gekommen war. Nach einem kurzen Kopfschütteln, zuckte er nur mit den Schultern und machte sich an die Arbeit. Mit dem Schuber, der an dem Ofen gelehnt hatte, zog er ein Brot nach dem anderen aus der heißen Glut.
 
 

Nein, so etwas hatte Lui definitiv noch nie gesehen. Das war einfach unglaublich!

„Komplett durchgeknallt...“ waren die einzigen Worte, die ihm zu dem Bild einfielen, das sich ihm hier bot.

Da stand doch tatsächlich der verschwunden geglaubte Wilhelm, stocherte mit einem Stock in einem Busch herum und murmelte etwas von wegen 'Brot herausholen'.

'Mein Gott,' dachte sich Lui kopfschüttelnd, 'solche Momente sollte man eigentlich festhalten können.' Das war einfach zu komisch.

Auch Dorothea kam jetzt dazu, erfasste die Situation und fragte irritiert: „Was in drei Teufels Namen macht er da?“

„Ich habe keine Ahnung.“ kam als Antwort von einem grinsenden Prinzen.

Ein paar Minuten später war Will mit seiner „Arbeit“ fertig, sodass es angebracht schien, ihn aus dem seltsamen Zustand zu erwecken, in dem er sich zweifelsohne befand.

Dorothea machte den ersten Versuch und ging auf den Diener zu: „Will! Will, komm zu dir!“ sagte sie sanft und rüttelte leicht an seiner Schulter.

Keine Reaktion.

„Geh mal zur Seite, so wird das doch nichts!“ sprach Ludwig und stieß Dorothea unsanft weg. Er packte Wilhelm an den Schultern, schüttelte ihn und fuchtelte wie wild mit seiner Hand vor seinem Gesicht herum: „Will, jetzt wach auf oder es kostet dich was! Zuallererst mal deinen Job! Oder ich verschenke dich an Lisette, mal sehen, was die mit dir anstellt!“

Die etwas raue Behandlung des Prinzen zeigte allmählich Wirkung: Wilhelms Augen wurden klarer, er blinzelte und war einige Augenblicke später wieder völlig bei sich.

„Wo bin ich? Was ist passiert?“ wunderte sich der soeben in die Wirklichkeit Zurückgeholte.

„Du bist immernoch im Wald und was passiert ist, das sollten wir wohl eher dich fragen! Du warst auf einmal verschwunden!“ machte der Prinz seinem Ärger Luft. „Wir haben dich stundenlang gesucht! Und als wir dich endlich finden, fuhrwerkst du mit einem Stock in einem Busch herum und erzählst was von Broten!“

„Aber, aber...der Ofen und die...die Wiese...“ begann der leicht verwirrte Wilhelm.

„Was für ein verdammter Ofen und was für eine verdammte Wiese?“

„Auf einmal war ich nicht mehr in dem Wald hier, ich stand auf einer Blumenwiese. Und als ich ein Stück gelaufen war, stand da so ein Ofen und die Brote darin haben gesagt, ich soll sie rausholen, sonst verbrennen sie.“ In diesem Moment fiel Will auf, wie verboten lächerlich sich das anhören musste.

„Also, um das nochmal festzuhalten: Die Brote haben dir befohlen, sie aus dem Ofen zu holen. Aus dem Ofen, der mitten auf einer Blumenwiese stand.“ Während er Wilhelms Aussage noch einmal zusammenfasste, konnte er ein Lachen kaum unterdrücken.

„Ja, mach dich nur drüber lustig.“ erwiderte Wilhelm eingeschnappt.
 
 

Etwa eine halbe Stunde später waren alle vollzählig bei der Herberge angekommen. Dem Prinzen verging das Grinsen auf dem ganzen Rückweg nicht und Will hatte beschlossen, den Vorfall tot zu schweigen; auch als Dorothea ihn noch einmal nach bestimmten Einzelheiten fragte (rein aus beruflichem Interesse, denn als Hexe war sie natürlich daran interessiert, wie Halluzinationen hervorzurufen waren).

Da es nach den vielen Stunden der Suche nach Wilhelm und den Pferden doch schon etwas spät geworden war, beschloss Lui, dass sie noch eine Nacht länger in der Herberge bleiben würden. Es wurde gegessen und sehr zu Wills Freude der Vorfall vom Nachmittag nicht noch einmal angesprochen. Stattdessen beschwerte sich der Prinz über Prinzessin Nathalie im Detail und über die heutigen Prinzessinnen im Allgemeinen. Es könne ja wohl nicht sein, dass es keine gäbe, die hübsch wäre und eine für ihn adäquate Körbchengröße habe.

„Und vergiss ja nicht, nach dem genauen Aussehen der nächsten Prinzessin zu fragen. Oder lass dir am besten ein Bild zeigen, wenn du in der Gegend herumfragst. Damit mir sowas wie heute Morgen nicht noch einmal vorkommt!“ ermahnte Ludwig nochmals den heute schon mehr als genug gebeutelten Wilhelm.

„Ja, Prinz, ich werde daran denken.“ Wilhelm klang nicht nur müde, als er das sagte, bei Gott, er war es auch. So war es kein Wunder, dass er, beinahe sofort nach dem Zubettgehen, einschlief. Lui im Bett daneben hörte nur noch Wills regelmäßiges, ruhiges Ein- und Ausatmen und war bald auch selbst weggedämmert.
 
 

Da war sie wieder! Da vor ihm rannte sie! Über die Blumenwiese!

Er rief nach ihr, glücklich sie unversehrt wieder zu sehen: „Marie! Marie, bleib stehen, ich bin es: Wilhelm! Marie, jetzt warte doch!“

Ein kleines Stück konnte er ihr noch folgen, doch sie war zu schnell und er zu geschafft. Er verlor sie aus dem Blickfeld. Das letzte, was er sah, bevor er aus seinem Traum gerüttelt wurde, waren die wunderschönen gelben und roten Blüten.
 
 

„Will! Will, wach auf!“

Als er die Augen öffnete, blickte er in das Gesicht des Prinzen, der, man mochte es kaum glauben, ziemlich besorgt dreinschaute.

„Was...was ist denn los?“ fragte der Geweckte verwirrt.

„Du hattest wahrscheinlich einen Albtraum. Hast immer wieder einen Namen gerufen. Maria oder so...“ Wilhelm erschrak, denn nun sah er Maries Gesicht wieder vor sich, wie er es im Traum hatte sehen können, als sie sich kurz zu ihm umgedreht hatte.

„Und du hast mich geweckt, weil...?“ fragte er den Prinzen.

„Natürlich weil ich unglaublich besorgt um dich war.“ Mit dieser Antwort hatte Will nicht gerechnet. Er musste den Prinzen angesehen haben wie ein Schaf, wenn es donnert, denn der erwiderte sofort: „Das hast du doch jetzt nicht etwa wirklich geglaubt?! Ich habe dich geweckt, weil dein Hin- und Hergewälze und dein Namen murmeln mich bei meinem wohlverdienten Schlaf gestört haben! Tze...und jetzt schlaf gefälligst weiter und zwar möglichst geräuschlos!“

Mit diesen Worten drehte sich der Prinz um und legte sich wieder in sein Bett. Will tat wie ihm geheißen. Er schloss seine Augen, unterdrückte den Wunsch sich noch einmal umzudrehen und machte keinen Mucks. Und ehe er sich versah, war er wieder in einen diesmal traumlosen Schlaf versunken.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Ririm
2009-08-01T11:11:04+00:00 01.08.2009 13:11
Wow!
Echt geile Geschichte! Der arme Will, bekommt jetzt schon von Bachware befehle. Aber lustig ist es schon ^_^
Auch als Lui fluchtartig den Palast verlies, zum tod lachen!!!!
Hoffe das du bald weiter schreibst!
Von: abgemeldet
2009-05-08T16:19:51+00:00 08.05.2009 18:19
geil ^____^
besonders die Stelle, als Will völlig geistesabwesend in dem Busch rumstochert und was vopn Broten faselt... ich kanns mir richtig bildlich vorstellen *weglach* XDD
das ist doch bestimmt jene besagte Stelle, die du meintest?
also schnell weiterschreiben ^.^
mhm was könnt ich dir dalassen? *rumsuch*
ahja: *ferrero Schokokugeln dalass*
Von:  Ikuto_Kuro_Neko
2009-05-08T05:38:17+00:00 08.05.2009 07:38
hu hu mein Tag fangt dank dir supi an ^^
Will´s gesicht muss total komisch ausgesehen hanen
*grinst*
vor allem Lui konnt ich mir gut vorstellen als er Will gesehen hat wie er im Busch rumstochert
*Lacht*

*Schoky dalass*
schön weiterschreiben
=^.^=
Von:  Koribian
2009-05-05T19:49:31+00:00 05.05.2009 21:49
Hui, du hast mir meinen Tag gerettet. Also, danke für die Benachrichtigung, ich hab mich echt gefreut. :]
Ich finde, das ist wieder ein klasse Kapitel geworden. *nick* Am besten hat mir die Stelle gegen Ende (mit Lui & Will) gefallen. Und die Brote, die Wilhelm jetzt auch schon Befehle erteilen. XD Find ich echt gelungen.
Ich freue mich schon aufs nächste Kapitel ^^
Bis dahin: immer fleißig bleiben ;D *kekse dalass*
Koribian


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