천국을 찾아라... (cheongukeul chajala...) von TayaTheStrange (Suche den Himmel...) ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Kapitel 1 „Kamsahamnida! Yolobun saranghaeyo! Bye Bye und gute Nacht!“ Während das Licht erlosch und die Jubelschreie, die mit jedem ihrer Schritte leiser wurden, verklangen, legte sich eine unglaubliche Schwere auf ihre Schultern. Das lang erwartete Konzert hatte sein schillerndes Ende genommen und nichts blieb zurück, außer Erschöpfung. Fünf Schuhpaare wurden gleichzeitig von den Füßen gekickt, als Big Bangs Member sich auf ein Sofa sinken ließen. „Das war klasse.“, ließ Dae-Sung mit leichtem Elan verlauten. Young-Bae, der neben ihm Platz genommen hatte, nickte zustimmend. Niemand erwiederte etwas. Ein Auftritt, ein Konzert, ein Fan-Meeting. Es war jedes Mal ein großes Erlebnis und doch verwandelte sich das Aufregende in das Gewöhnliche. Längst waren sie nicht mehr so aufgedreht wie früher. Seung-Hyun hatte schon Angst, dass er langsam zu alt dafür wurde, ein dämlicher Gedanke mit 21 Jahren. „Lasst uns noch was Trinken gehen.“ „Ich bin dafür, wer noch?“ Es war wieder Dae-Sung, der zuerst das Wort und seine Hand erhob. Auch wenn müde hoben sich die der restlichen drei in die Luft und so war es beschlossen. Ji-Yong stemmte sich wortlos hoch und begann sich umzuziehen. Die anderen taten es ihm gleich und niemand bemerkte in der Geschäftigkeit, wie Seung-Hyun sich langsam ihrem Anführer näherte. Er streckte die Hand aus, um ihn an der Schulter zu berühren, doch seine Unsicherheit hielt ihn zurück. Irgendetwas hatte sich an seinem Freund verändert und dies lag nicht nur an den Anstrengungen der letzten Tage. Während er noch mit sich rang, drehte Ji-Yong sich plötzlich um. Er schreckte etwas zurück, als er den Älteren direkt vor sich sah. „W-was ist?“ Durch diesen unschuldigen Gesichtsausdruck endgültig von seinem Vorhaben abgebracht, ließ Seung-Hyun seine Hand sinken. Den Kopf schüttelnd wandte er sich ab. „Nichts, mach weiter.“ Verwirrt sah der Juengere ihn wieder abziehen. Vor wenigen Minuten, auf der Bühne...sie waren völlig ungezwungen mit einander umgegangen. Doch hier konnte er es nicht mehr. Vor den Augen Tausender Fans fiel es ihm leichter, den Glücklichen zu spielen, als hier allein unter seinen Freunden. „Ach fuck.“, sprach er leise zu sich selbst, wobei er sich den Eyeliner aus dem Gesicht wischte. ------ Ein lautes Klirren war zu hören, als ihre Gläser bereits zum sechsten Mal aufeinander trafen und sie sich wie immer dem Alkohol hingaben, wenn ein hartes Stück Arbeit geschafft war. Eigentlich war es ihren beiden jüngeren Kollegen noch nicht erlaubt, irgendwo trinken zu gehen, doch sie schmuggelten sich trotz dieser Tatsache immer wieder zusammen in ihre Lieblingsbar. Um diese Zeit war nicht mehr viel los, so dass die Fünf es in aller Ruhe genossen. „Hey, Ji-Yong Hyung, häng nicht so rum. Lass uns ein bisschen tanzen.“ Der Angesprochene ließ beinahe sein Bier fallen, als vier Hände ihn griffen und von seinem Stuhl zerrten. Ohne auf die Proteste des Anführers zu reagieren, zerrten Dae-Sung und Seung-Ri diesen auf die kleine Tanzfläche in der Mitte des Raumes. Es war den beiden egal, ob ihr Freund es vorzog, verschlafen herumzusitzen, sie wollten Spaß haben. Und das jetzt! Ji-Yong wusste, dass er den Jüngeren nicht entkommen konnte. Mit aller Macht versuchte er, seine Lustlosigkeit und die schlechten Gedanken zu vergessen und ein weiteres Mal mitzuspielen. Die am Tisch Zurückgebliebenen beobachteten die Szene mit eher gemischten Gefühlen. Zwei Jahre bestanden sie nun schon in dieser Konstellation und sie alle wünschten sich, dass es so weiter gehen würde. Was sie leider erst jetzt bemerkten, war der Wandel zwischen ihnen, der sich schleichend vollzog. Young-Baes Blick fiel auf Seung-Hyun, dessen Augen an ihren Anführer getackert zu sein schienen. Er war somit nicht der Einzige, der es bemerkt hatte. Sie sorgten sich alle. Doch Seung-Hyun war Ji-Yongs bester Freund, dieser sollte somit am ehesten mit ihm reden können und trotzdem tat er es nicht. „Hyung, warum hälst du dich zurück? Warum redest du nicht mit ihm?“ „Mh? Was meinst du?“ Der Ältere blickte fragend zur anderen Seite des Tisches und nahm schnell einen Schluck aus seiner Flasche, um zu vertuschen, dass er zu ihrem Freund hinüber blickte. „Tse, du weißt, was ich meine. Ihm fehlt jeglicher Tatendrang. Jede Motivation. Es ist ein Wunder, dass er das Konzert so gut hinter sich gebracht. Wenn er auf der Bühne steht, ist es anders. Doch sobald alles vorbei ist, fällt er in sich zusammen. Das ist nicht der Anführer, mit dem wir debütiert haben.“ Nun war es Young-Baes Gesicht, das sich abwandte und Ji-Yong betrachtete. Ertappt biss sich der Angesprochene auf die Unterlippe und schob sein Bier auf dem Tisch vor sich her. Was sollte er darauf antworten? Dass er es versucht, doch jedes Mal versagt hatte? Lang genug hatte Seung-Hyun sich eingeredet, dass es nur eine Phase war, dass es vorbei gehen würde. Als dies nicht geschah, verbrachte er zahllose schlaflose Nächte damit sich die Frage zu stellen, ob Ji Yong krank war. Wochenlang hatte er den Jüngeren beobachtet, in der Hoffnung einen Hinweis zu finden. Doch bis auf einige Abende, an denen dieser wortlos verschwand, hatte er nichts feststellen können. Also warum... „Ji-Yong Hyung!“ Dieser Aufschrei Seung-Ris riss ihn wieder aus seinen Gedanken. Er sah, wie ihr Anführer seine Arme um den Hals ihres Jüngsten geschlungen hatte, nicht mehr im Stande allein aufrecht zu stehen. Seung-Hyun und Young-Bae liefen zu den Dreien hinüber, um ihnen zu helfen. Doch letztlich war es Dae-Sung, der begann Ji-Yong von seinem Opfer loszueisen. „Hey, Hyung, lass los.“ Ein Kichern war die Antwort. Plötzlich ging ein Beben durch dessen Körper. Seine Arme lösten sich endlich und er taumelte rückwärts gegen Dae-Sung. Dieser hielt ihn sofort fest, völlig ahnungslos, was er tun sollte. Leise lachend sah Ji-Yong sich um und betrachtete jeden Einzelnen seiner Freunde. Sie waren alle hier, um ihn herum. Das war doch gut so. Oder? „Hach, ich liebe euch. Ich liebe euch. Haha.“ Danach ließ er den Kopf sinken und lachte einfach weiter. Dae-Sung schüttelte grinsend den Kopf. „Ok, das wars dann wohl für heute. Er ist sternhagelvoll.“ „Ich bring ihn nach hause.“ Mit schnellen Schritten trat Seung-Hyun an seinen Freund heran und versuchte ihn aus Dae-Sungs Armen zu hieven, was sich als nicht so einfach herausstellte. Ji-Yong schien sich vor Lachen kaum bewegen zu können. Nach einigen Sekunden warf er allerdings dessen Arm über seinen Nacken und zog ihn Richtung Ausgang. Young-Bae kam ihm nach gelaufen, während der Rest etwas perplex zurück blieb. Ihr Ältester hatte ein zu ernstes Gesicht gemacht. Das hatte jeder von ihnen bemerkt. „Hyung, warte. Ich helfe dir.“ „Nein, ich mach das allein. Feiert noch etwas. Ihr habt es verdient.“ „Und was ist mit euch?“ „Ist schon OK. Ich werde mal...mit ihm reden.“ Als der Ältere dies aussprach, ließ Young-Bae von ihm ab und sah den Beiden noch nach, bis die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war. Entnervt kratze er sich am Kopf und kehrte zu den beiden anderen zurück, die wieder am Tisch Platz genommen hatten. „Ich versteh das nicht. Was ist los?“ „Hyung, du weißt irgendwas, oder?“ Young-Bae nahm sein Bier wieder in die Hand, während er den Kopf schüttelte. „Keine Ahnung.“ Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Kapitel 2 Die Rücklichter des Taxis, das sie genommen hatten, verschwanden rasch in der Dunkelheit, doch Seung-Hyun sah ihm nicht nach. Seine Augen richteten sich auf das Gebäude vor ihnen, das wie ein großer Klotz in den sternenlosen Himmel hinauf ragte. Es war das Wohnheim der so genannten 'YG Family', das den gesamten Kuenstlern, vor allem den noch nicht oder noch nicht all zu lang Debütierten des Entertainments als Wohnort diente. Doch obwohl es natürlich komfortabler war, dort zu leben, als ständig von einem anderen Ort aus zum Entertainment kommen zu müssen, empfand er es mit jedem Tag mehr als ein Mittel, sie unter Kontrolle zu halten. Er schüttelte den Gedanken fort und sah hinunter auf Ji-Yong, der Gott-sei-Dank endlich aufgehört hatte zu kichern. Während der Fahrt hatten sie kein Wort gesprochen und der Ältere war sich nicht sicher, ob in dieser Nacht überhaupt noch ein einziges fallen würde. Sein Freund schien zumindest nicht vor zu haben, ein Gespräch zu beginnen, so wie er an ihm hing und jeden Blickkontakt vermied. Seufzend schlang er den Arm wieder fester um die schmale Hüfte, bugsierte ihn durch die Tür und mehrere Treppen hinauf in das 3-Zimmer-Apartment, das ihre Gruppe bezog. Sie hatten nur zwei Schlafzimmer, daher bewohnten Young-Bae, Ji-Yong und er das Größere von beiden, während Dae-Sung und Seung-Ri bereitwillig in das Kleinere gezogen waren. Ohne zu zögern brachte Seung-Hyun den Jüngeren zu seinem Bett und ließ ihn sich darauf setzen. Sein eigenes stand an der gegenüberliegenden Wand und mehr als einmal hatte er von dort aus dem unruhigen Schlaf ihres Anführers gelauscht. Noch immer wunderte er sich, wie Young-Bae dies nur aushielt, obwohl er im Bett neben diesem schlief. Vorsichtig legte er eine Hand auf Ji-Yongs Schulter, den nur der Boden zu interessieren schien und versuchte ein weiteres Mal ihm in die Augen zu blicken. „Ji-Yonga, alles OK? ...brauchst du irgendwas?“ Nur ein Kopfschütteln als Antwort. Tief atmete der Ältere ein wobei er sich wieder aufrichtete und zwei Schritte durch das Zimmer lief. Dann wandte er sich, plötzlich fester entschlossen, wieder dem Bett zu und ließ sich neben seinem Freund nieder. Er versuchte sich auf ein paar gute Zeilen zu besinnen, doch sie schienen auf dem langen Weg zu seinem Mund verloren zu gehen, so wie eigentlich alles, was er diesem Menschen je zu sagen versucht hatte. War dies ein Fluch? „Ich weiß, du willst nicht darüber reden, aber...aber das ist mir egal. Du kannst nicht einfach so tun, als wäre nichts...es stimmt doch irgendwas nicht. Selbst...selbst Dae-Sung und Seung-Ri habens gemerkt, also rede endlich.“ Er machte eine Pause, in der Erwartung, dass sein Freund etwas erwidern würde. In der Hoffnung, dass er endlich etwas erklären würde. Doch scheinbar wurde sein Flehen nicht erhört. Ji-Yong hüllte sich weiterhin in tiefes Schweigen und Seung-Hyun hatte es satt. „Verdammt! Warum tust du mir das an?! Ich bin dein Freund und mache mir Sorgen! Warum vertraust du mir nicht?! Was mache ich falsch?! Sag es mir!“ In seiner Verzweiflung begann er fast zu schreien und packte sein Gegenüber an den Schultern, schüttelte ihn, versuchte ihn wachzurütteln. Und es funktionierte. Endlich hob Ji-Yong den Kopf und sah ihm in die Augen. Es war ein von Müdigkeit und Erschöpfung geprägter Blick, der Seung-Hyun schnell bereuen ließ, ihn angeschrien zu haben. Seine Händen zuckten an den zerbrechlichen Schulter, er konnte den Drang kaum unterdrücken, seine Arme um sie zu schlingen. Allerdings wurde er von diesem Gedanken abgebracht. Ji-Yongs Gesicht nahm eine aschgraue Farbe an. Ehe er auch nur im Ansatz etwas unternehmen konnte, war es bereits passiert. Der Jüngere wandte den Kopf zur Seite und übergab sich auf den Parkettboden. Die gesamte Situation, in der Seung-Hyun sich nun befand, wirkte plötzlich derart absurd und lächerlich, dass er resignierend den Kopf sinken ließ, um sein bitteres Lächeln zu verbergen. Hatte er wirklich geglaubt, etwas ausrichten zu können? Das war zu naiv gewesen. Wenn Ji-Yong nicht reden wollte, dann tat er es nicht und wenn er dafür sein Frühstück wieder hergeben musste. Seinen Plan endgültig aufgebend erhob er sich und verließ das Zimmer, um Wasser und einen Lappen zu holen. So ungern er dies auch einsah, er hatte versagt. Dieser Tag und seine Chance waren ein für allemal vorüber. ------ Kaum eine Stunde nachdem ihre beiden Freunde die Bar verlassen hatten, leerten auch die Zurückgebliebenen ihre letzte Flasche und machten sich auf den Heimweg. Natürlich war nach diesem Vorfall niemand von ihnen mehr in Feierlaune gewesen. Dass sie trotz dieses Umstandes noch so lang geblieben waren, lag einzig und allein an Young-Bae, der darauf beharrt hatte, erst später zum Wohnheim zurück zu fahren. Also hatten sie mit wohl weniger als mehr flüssigen Konversationen die Zeit totgeschlagen, bis der Ältere entschied, dass sie endlich gehen könnten. Young-Bae tat es Leid, sie so lang festgehalten zu haben, doch er hatte es tun müssen. Für Ji-Yong und Seung-Hyun. Während das Taxi sie durch nahezu leere Straßen fuhr, konnte er an nichts anderes denken, als das überdrehte Lachen ihres Anführers. Wieder keimte Besorgnis in ihm auf und der einzige Mensch, mit dem er diese teilen konnte, versuchte hoffentlich in diesem Moment das Problem zu lösen. Oder hatte es vielleicht schon getan. „Seung-Hyun, tu dein Bestes.“ Sprach er leise beschwörend aus, als wollte er diesen anfeuern. Daraufhin fiel sein Blick erst zu seiner rechten dann zu seiner linken Schulter. Beide waren belegt von zwei schlafenden Gestalten, denen es trotz all ihrem Ärger immer noch gut zu gehen schien. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf Young-Baes Lippen. Nach diesem Anblick war er in der Lage sich etwas entspannter zurückzulehnen. So lang wenigstens diese Beiden noch ruhig schlafen konnten, sollten sie die Hoffnung noch nicht aufgeben, dass sich alles wieder zum Besseren wenden würde. ------ „Hyung?“ Die Tür zu ihrem Schlafzimmer stand offen, sodass Young-Bae sie leise aufschieben konnte. Dessen ungeachtet machte er sich bemerkbar bevor er eintrat, um nicht in eine unangenehme Situation hineinzustolpern. Jedoch hatte er diese bereits verpasst. Ji-Yongs Nachttischtlampe war die einzige Lichtquelle im Raum. In ihrem dämmerigen Schein machte der jetzt ins Zimmer Tretende die Silhouette ihres Anführers unter dessen Bettdecke aus und an seinem Bett wachte ihr Ältester. Seung-Hyun sah ihn an, wobei er den Zeigefinger auf seine Lippen legte. Young-Bae nickte zum Verständnis und trat bedächtig näher. Ji-Yong atmete ruhig, weshalb er darauf schloss, dass dieser tief und fest schlief und er das Wort an sein Gegenüber richten konnte. „Und hast du mit ihm gesprochen?“ „...nein...“ „Was?“ „Psssst!“ Um nicht die Gefahr entstehen zu lassen, den Jüngeren zu wecken, erhob sich Seung-Hyun und verließ mit einem Wink in Young-Baes Richtung den Raum. Auf dem Flur angekommen wandte er diesem den Rücken zu und vergrub sein Gesicht in den Händen. Natürlich würde Young-Bae so reagieren, was hatte er erwartet? „Ihr habt also gar nichts besprochen, ja?“ „Ja. Nein. Also...ich meine...ich habs versucht, OK?“ „Nein, nicht OK. Was hast du gesagt? Und hör auf mir den Rücken zu zu drehen.“ Seine Hand packte Seung-Hyuns Arm und zog diesen herum. Jedoch, wie ihr Anführer es zuvor getan hatte, so wich auch dieser nun den Augen des anderen aus. Es war kein angenehmes Gefühl, zur Rede gestellt zu werden. „Hyung, fang bitte nicht genauso wie Ji-Yong an...“ Der Angesprochene nickte auf diese Worte hin und sammelte sich wieder. Seine Hand fuhr in seinen Nacken und strich nervös darüber. „Ich habe ihm gesagt, dass ich mir Sorgen mache und dass er endlich erzählen soll, was los ist. Aber...er hat sich geweigert.“ „Und dabei hast dus belassen?“ „Natürlich nicht. Ich hab ihn fast angeschrien. Ich weiß, dass das falsch war.“, setzte er sogleich hinterher, als er sah, wie Young-Bae der Mund aufklappte. Dann fuhr er fort. „Es hätte alles nichts genutzt. Er hat sich übergeben und da hab ich es...aufgegeben.“ „Oh...“ Nach dieser wenig aussagekräftigen Antwort lehnte der Jüngere sich mit dem Rücken und einem tiefen Atemzug gegen die kalte Wand. Sein Blick legte sich gedankenverloren auf die Tür, hinter der Ji-Yong allein mit seinem Geheimnis zu kämpfen hatte. Das war falsch. Frustriert landete seine Faust an der Wand, die ihm auch daraufhin keine Antwort zu vergeben mochte. Seung-Hyun blickte alarmiert zu dem Jüngeren hinüber, doch dieser holte kein weiteres Mal aus. „Es ist doch kaum zu fassen. Er...schottet sich einfach ab und...und glaubt, das wäre in Ordnung. Es ist, als ob er glaubt, er müsste...uns beschützen.“ „Er ist unser Anführer...er nimmt das sehr ernst. In seinem Glauben muss er das wohl...“ „Aber so sollte es nicht sein! WIR sind die Älteren! WIR sollten auf ihn achten, nicht umgekehrt! Er...er ist doch viel zu...“ „Jung? Unschuldig? Was meinst du?“ „Ach was weiß ich...nur eins, wir müssen uns was einfallen lassen.“ Dies war um einiges leichter gesagt als getan, ging es Seung-Hyun durch den Kopf, aber er wollte jetzt nicht mehr darüber diskutieren. Es war spät und sie waren alle angetrunken, er fühlte sich schrecklich. Beschwichtigend klopfte er dem Jüngeren zwei Mal auf die Schulter und musste dabei fast schon über sich selbst lachen. Hier, vor Young-Bae, spielte er den Ruhigen beinahe schon Verständnisvollen, dabei war er vor weniger als einer Stunde noch selbst durchgedreht. Wahrscheinlich war etwas Wahres daran: Für andere konnte man leichter stark sein als für sich allein. Young-Bae nickte nur noch und setzte sich in Bewegung. Richtung Badezimmer. „Ich geh duschen.“ Damit war er verschwunden und Seung-Hyun wieder sich selbst überlassen. Nicht mehr im Stande noch irgendetwas anderes zu tun, schaffte der Älteste es gerade so, sich umziehen, um danach kraftlos ins Bett zu fallen. Ein letztes Mal wanderte sein Blick zu der immer noch ruhigen Gestalt im Bett gegenüber. Gedanklich wünschte er ihm gute Träume für diese Nacht und schloss selbst die Augen. Ein Seufzen erhob sich auf der anderen Seite des Zimmer, als sich der Körper Ji-Yongs auf den Rücken drehte und seine Augen sich öffneten. Sie starrten die Decke an und doch taten sie es nicht. Vor sich sah er Seung-Hyun, wie dieser ihn verzweifelt ansah, wie dieser ihn fast dazu gebracht haette, sich zu verraten. Stumm fluchend schlug er sich die Hände vor seine Stirn und richtete sich auf. Er musste dem Brechreiz wohl dankbar sein, ging es ihm den Kopf. Allerdings verschwand dieser Gedanke schnell, als sein Blick auf den Älteren fiel, der nun Ruhe gefunden zu haben schien. Ji-Yongs Augen wurden traurig bei diesem Anblick. So hatte es nie werden sollen. Dafür tat er doch alles, was in seiner Macht stand. Leider hatte er dabei nicht die Macht seiner langjährigen Kameraden und Freunde miteinbezogen. Die Worte, die die beiden Älteren im Flur ausgetauscht hatten, hallten in seinen Ohren wieder. Vor allem Young-Baes. „Du bist also der Meinung, auf mich aufpassen zu müssen?“, stellte der Anführer leise seine Frage an den Abwesenden. Diese Überzeugung Young-Baes war geradezu drollig, fast schon komisch genug, um darüber zu lachen. Und dies tat Ji-Yong. Still und leise lachte er in sich hinein, glaubte, dass er es wirklich konnte, dass er es tatsächlich zum lachen komisch fand, bis ihm die Tränen aus den Augen liefen und er sich eingestehen musste, dass dies eine Lüge war. Eigentlich wollte er, dass es so wäre, wie Young-Bae es beschrieben hatte. Dies wäre eine schönere Realität. „So wäre es doch fiel besser, oder Hyung?“ Doch Seung-Hyun hörte ihn nicht mehr und seine Tränen blieben ungesehen. Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Entschuldigt bitte, dass es so lang gedauert hat. Ich hatte noch Hausarbeiten für die Uni zu schreiben und naja tue mich so oder so immer etwas schwer daran, in meiner Fanfiction vorran zu kommen. Das 4. Kapitel kommt aber auf jeden Fall schneller. Versprochen! ********************************************************************************* Kapitel 3 Als Seung-Ri am Morgen erwachte, war es noch sehr früh, trotzdem vernahm er Schritte auf dem Flur und das Knarren der Küchentür am Ende des Ganges. Etwas verwundert und stark übermüdet schälte er sich aus seiner Decke, um ans Fenster zu treten. Graues Licht kam ihm entgegen. Es regnete. Kein Schnee in diesem Winter, ging es ihm durch den Kopf. Selbst das Wetter war unfair. In dieser Beziehung war der Jüngste ein Kind geblieben. Er wollte einfach aus dem Haus rennen und sich in die weiße Pracht werfen können. Doch seit Jahren war ihm dies nicht wirklich vergönnt gewesen. Ein weiteres Geräusch brachte ihn dazu, sich vom Wetter abzuwenden. Es war ein leiser Knall und daraufhin eine gedämpft fluchende Stimme. War es nicht Ji-Yongs? Neugierig verließ er das Zimmer und somit auch den tief in Träumen schwelgenden Dae-Sung, um sich zu vergewissern. Die Küchentür war geschlossen, aber er vollbrachte es, sie, ohne dass sie einen Laut von sich gab, zu öffnen. In der Erwartung, ihren Anführer zu Gesicht zu bekommen, trat Seung-Ri einen Schritt hinein und erschauderte sogleich bei der Berührung seiner nackten Füße mit dem gefliesten Boden. Allerdings musste er feststellen, dass er niemanden im Raum sah. Zumindest in der oberen Hälfte. Ein Rascheln vom Küchenboden her verriet ihm, wo er zu suchen hatte. Dort kroch jemand auf allen Vieren herum und versuchte mühselig die bunten Cornflakesbälle, die aus ihrer Schachtel entkommen waren, davon abzuhalten, zu türmen. „Hyung?...Was tust du?“ Diese Stimme erreichte ihn völlig unerwartet, so dass Ji-Yong zu Tode erschrocken hochfuhr und mit seinem Kopf den Küchentisch begrüßte. (안녕 XD) Seung-Ri riss eine Hand vor den Mund und kroch besorgt zu ihm. „Alles OK?“ Der Ältere saß auf den Fliesen und betastete mit verzerrtem Gesicht seinen Kopf. Seung-Ri streckte seine Hände aus und zog diesen zu sich. „Lass mich sehen.“ „Nein, ist schon OK.“ „Halt still.“ Er ließ keine Widerworte zu und untersuchte die betroffene Stelle. Kein Blut, nur eine Beule. Jetzt, wo er wusste, dass er sich keine Sorgen machen musste, konnte er anfangen, den Aelteren etwas auszulachen, aber nur ein bisschen. Ji-Yong konnte seine Schmerzen allerdings nicht sehr komisch finden, weswegen er ihn mit einem vernichtenden Blick strafte. „Mach dich lieber nützlich und hilf mir, das hier aufzusammeln.“ Damit wandte er sich wieder den Cornflakes zu und schaufelte sie zurück in ihre Schachtel. Seung-Ri schob sogleich seine Unterlippe hervor. Etwas beleidigt riss er seinem Gegenüber den Karton aus der Hand und begann, allein aufzuräumen. „Ai ai Hyung.“, brummte er. Ein Seufzen rang sich aus Ji-Yongs Kehle, wobei dessen Zungenspitze sich langsam über seine Vorderzähne tastete. Dann lächelte er etwas schief und krabbelte unter dem Tisch hervor. Wenige Sekunden später folgte ihm der Jüngere und sie ließen sich am Tisch nieder. Dass die Cornflakes zuvor den Boden bedeckt hatten, schien den Anführer nicht sonderlich zu stören, denn Ji-Yongs knirschende Kaugeräusche waren das Einzige, was die Stille in den nächsten Minuten durchbrach. Eigentlich war Seung-Ri mehr als neugierig. Allzugern wollte er seinem Gegenüber einige Fragen stellen, das gestrige Konzert betreffend, aber vor allem natürlich wollte er erfahren, was in der Bar in ihn gefahren war. Wiederum war der Jüngere sich fast sicher, dass Ji-Yong sich nicht mehr daran erinnern würde, oder wollte. „Hyung?“ „Mmh?“, würgte der Angesprochene nach einem Schlucken heraus, ohne Seung-Ri auch nur einen kurzen Seitenblick zu zuwerfen. „Hast du dich gestern Nacht mit Seung-Hyun Hyung gestritten?“ Diese Frage war direkter aus seinem Mund entflohen, als er sie hatte stellen wollen. Daher war es kein Wunder, dass Ji-Yong sein nächster Löffel beinahe im Halse stecken blieb, was ihn zu der verzweifelten Tat trieb, die Cornflakes zurück in die Schüssel zu husten. „Sorry, ich wollte nicht...“ „Gestritten? Wieso?“ Zum ersten Mal an diesem Morgen, sah der Ältere Seung-Ri direkt an. Und die Augen, in die er nun blicken konnten, wirkten unsicher und misstrauisch. „Hat er irgendwas gesagt?“ „N-nein, ich dachte nur, du benimmst dich so komisch und Seung-Hyun Hyung, er wirkt irgendwie so...“ Ji-Yongs Hand griff unbewusst nach seinem Arm und packte zu. Er starrte den Jüngeren an. „Was? Was ist los?“ Verunsichert huschten Seung-Ris Augen zu dieser Hand. Irgendetwas ging hier vor sich. Etwas, über das niemand offen sprechen wollte. „...er wirkt schrecklich unglücklich.“ Der starrende Blick verschwand. Ji-Yong wich wieder von ihm und befreite seinen Arm. Er tastete planlos über die Tischplatte, nicht wissend, was genau er tun sollte. Erschien dort ein Ausdruck von Schuld auf seinem Gesicht? Seung-Ri konnte es nicht mit Bestimmtheit sagen, doch seine Feststellung über Seung-Hyun musste den Älteren stärker getroffen haben, als er geahnt hatte. Warum schien Ji-Yong zu glauben, dass er dafür verantwortlich war? „Habt ihr euch also doch gestritten?“ In diesem Moment erhob sich sein Gegenüber und war nach wenigen Schritten an der Tür. „Hyung! Wo gehst du hin?“ Er folgte ihm und beobachtete, wie der Ältere in seine Turnschuhe schlüpfte. Dann entriegelte er die Wohnungstür und trat in den Flur. Er war dunkel und egal wie sehr sich Seung-Ri bemühte, alles, was ihm der andere noch gab, war eine Sicht auf seinen Rücken. „Ich geh trainieren.“ „Was? Jetzt? Wir haben doch frei. Warte!“ Aber es nützte nichts. Was ihn wenige Herzschläge später erreichte, waren lediglich Ji-Yongs Schritte, die mit jeder Stufe leiser werdend das Treppenhaus hinauf hallten. Mit einem flauen Gefühl im Magen schloss der Jüngste die Haustür und begab sich zurück in sein Zimmer. Seufzend fuhr er sich mit einer Hand durchs Haar und wollte gerade an seinen Schrank gehen, um sich anzuziehen, als er eine Bewegung aus den Augenwinkeln wahrnahm. Es war Young-Bae, der leise ins Zimmer trat und zu ihm herüber sah. „Ah? Hyung, Guten Morgen.“ „Ist er wirklich gut?“ Ein fragender Blick Seung-Ris war die Antwort und der Ältere bemerkte schon, dass ihm der Juengere wohl nicht ganz folgen konnte. Zögerlich ging er auf ihn zu. Seung-Ri hatte sich unterdessen ein frisches T-shirt übergezogen und erwartete mit etwas zerzaustem Haar eine nähere Erklärung. „Ich hab deine Stimme auf dem Flur gehört und Ji-Yongs ebenfalls. Über was habt ihr gesprochen? Hat er was über gestern Abend gesagt?“ Er musste schrecklich neugierig klingen, doch er machte sich nur Sorgen. Vielleicht hatte ja zumindest einer von ihnen etwas mehr Glück und konnte die Zunge ihres Anführers lockern. Die Miene seines Gegenübers wandelte sich bei jener Erklärung zwar, doch war das Ergebnis Enttäuschung. „Ich dachte, die beiden hätten vielleicht einen Streit gehabt, aber scheinbar irre ich mich.“ Seung-Ri hob den Kopf und blickte Young-Bae erwartend an. „Hyung, du weißt doch irgendwas, oder zumindest mehr als ich. Was ist los mit Ji-Yong Hyung? Was geht hier vor, mit uns allen?“ Ein leichter Vorwurf klang in diesen Fragen mit, der nicht beabsichtigt war. Aber so etwas geschieht schnell, wenn man von Sorge erfüllt ist. Young-Bae war leicht überfordert. Nur weil er älter war, konnte er leider trotzdem nicht hellsehen. Er hatte es ihm doch bereits gestern Nacht gesagt. „Du kannst mir glauben, wenn ich mehr wüsste, würde ich es bestimmt nicht für mich behalten...außer natürlich, man hätte darum gebeten. Aber das hat niemand!“ Letzteres setzte er hastig nach, um keine Zweifel entstehen zu lassen. Beschwichtigend tätschelte der Ältere Seung-Ris Kopf, worauf dieser nur ein müdes Lächeln erwidern konnte. „Hyung...ist irgendwas los?“ Dae-Sung schob, noch halb im Land der schönen Träume, die Decke von seinem Kopf und blinzelte Young-Bae aus derart kleinen Augen an, dass dieser sich kaum vorstellen konnte, dass er überhaupt in der Lage war, ihn zu erkennen. Trotzdem schüttelte er den Kopf und packte den Rand der Decke. Lächelnd zog er sie zurück über das zerknautschte Gesicht. „Nein, alles OK. Schlaf weiter.“ ------ Fast zehn Uhr. War die Zeit wirklich so schnell vergangen? Er sollte langsam nach hause zurückkehren, sonst würden die anderen noch beginnen, ihn zu suchen. Ji-Yong räusperte sich zwischen zwei Atemzügen und spuckte auf die Seite der Straße. Es waren jetzt weitaus mehr Menschen unterwegs als noch vor einer Stunde. Seine Schritte lenkten ihn automatisch in eine verwaiste Seitenstraße, um die Menschenansammlung vor sich zu umgehen. Der Weg würde etwas länger werden, doch dies war ihm lieber, als auf die Hauptstraße zu geraten. Obwohl er die gesamte Zeit gelaufen war und die Stufen kaum noch schaffte, zuckten seine Beine, als wollten sie noch keine Ruhe geben. Er wollte umdrehen. Zurück laufen. Nach draußen laufen und weit weg von hier, doch stand er kurze Zeit später bereits vor ihrer Wohnungstür. Er könnte sie nie allein lassen. Nicht für immer. „Ich bin wieder zurück.“, murmelte er mehr als dass er den Gruß wirklich an jemanden richtete und schlüpfte aus seinen Schuhen. Da sich niemand meldete, wollte Ji-Yong sich schon erleichtert ins Badezimmer begeben, doch eine hoch gewachsene Gestalt versperrte ihm den Weg. „Hyung...ha-hallo.“ Seung-Hyun war nicht weniger überrascht als sein Gegenüber, allerdings schaffte er es sich schneller zu fassen. Er erwiderte die Begrüßung verhalten, genau wissend, was in ihrer beider Gedanken Gestalt annahm. Die Szene der gestrigen Nacht. Sollte er den Jüngeren darauf ansprechen? Vielleicht war dies ein guter Zeitpunkt. Zumindest hatte Ji-Yong sich nicht geweigert in anzusehen. „Wegen gestern-“ „Ist jemand im Bad?“ Verwirrt verneinte Seung-Hyun. „N-nein, die anderen sind weg.“ „Gut, dann geh ich duschen.“ Und wieder wich er ihm aus. Ji-Yong wollte sich bereits still und hinterhältig an der perplexen Gestalt Seung-Hyuns vorbei drücken, aber dieser reagierte und packte ihm am Arm. Der Jüngere stoppte seine Schritte, wandte sich aber nicht um. Sein Herz raste. Warum sagte der Ältere nichts, wenn er ihn schon zwang, hier zu bleiben? Seung-Hyun schwieg einige Sekunden, nicht wissend, was er anfangen sollte. Seine langen Finger schlangen sich fest um das schmale Handgelenk. Er konnte es spüren, das hektische Pochen von Ji-Yongs Puls. War es Angst? Angst wovor? „Ya!“ „Was?“ „Du...dein Handy hat vorhin ständig geklingelt. Du hättest es mitnehmen sollen.“ Mit seiner verbleibenden Hand langte der Ältere in seinen Hosentasche und zog einen flachen schwarzen Gegenstand hervor. Dies waren nicht ganz die Worte, die er hatte aussprechen wollen und wahrscheinlich hatte Ji-Yong sie noch um einiges weniger erwartet. Abrupt drehte dieser sich herum und erblickte sein Handy. Panik wallte in ihm auf. „Gib her!“ Seine Hand streckte sich danach aus und entriss es Seung-Hyuns. Im selben Zug befreite der Jüngere sich endgültig aus dessen Griff und stürmte in sein Zimmer. Er öffnete das Handy. Drei Anrufe in Abwesenheit. „Shit...“ Seung-Hyun hatte es in der Hand gehabt. Hatte er auf den Display gesehen, als der Anruf kam? Oder hatte er nicht? Aber wenn, dann hätte er ihn doch sicher darauf angesprochen. Sein Daumen zitterte über der Rückruftaste. Er hasste diesen Teil. Unentschlossen war der Ältere im Flur zurückgeblieben. Noch immer lagen seine Augen auf der Stelle, an der Ji-Yong noch wenige Sekunden zuvor gestanden hatte. Und er war sich ganz sicher. Es war Angst. Aus jeder Bewegung Ji-Yongs war sie spüren. Warum? Vorsichtig folgte er dem Jüngeren zu ihrem Zimmer, doch bevor er den Mut fassen konnte, ihm in dieses nachzulaufen, hörte er dessen Stimme. Er telefonierte. Ohne darüber nachzudenken, schob Seung-Hyun die Tür nur einen Fuß breit auf und lauschte. Sein schlechtes Gewissen, das sich in diesem Moment an die Oberfläche seines Bewusstseins zu drängen bemühte, schlug er zurück. Schließlich war es Ji-Yongs Verschlossenheit, die ihn zu einem solchen Schritt zwang. Es funktionierte nicht, aber er konnte die Tür nicht mehr schließen. „...ja, entschuldigen Sie, ich war nur joggen....hatte ich vergessen...ich weiß..............was? Morgen Abend? Aber-.........nein! Ist schon gut, ich...ich habe verstanden....ja, ich werde da sein. Annyeonghikyeseyo.“ Nur Fetzen waren es, die Ji-Yongs Mithörer erreichten, doch sie genügten, um Seung-Hyun einige weitere unlösbare Fragen aufzugeben. Die Art, in der er sich ausgedrückt hatte – er musste mit einer älteren Person gesprochen haben. Seung-Hyun trat nun doch ins Zimmer und ging großer Schritte auf seinen Freund zu. Dieser ruckte überrascht auf dem Bett herum, das Handy noch immer in der linken Hand haltend. „Mit wem hast du gesprochen?“ Ji-Yongs Augenbrauen senkten sich ab. Jetzt war es Wut, die aus seinem Blick sprach. „Du hast mich belauscht.“ „Mit wem hast du gesprochen??“ „Das geht dich nicht das Geringste an.“ Seung-Hyun rückte näher. „Ach, glaubst du das, ja?“ „Halt dich aus meinen persönlichen Sachen raus!“ Doch bevor er wieder entfliehen konnte, hatte ihn der Ältere bereits gepackt und auf das Bett geworfen. Ji-Yong zappelte und schlug um sich, um frei zu kommen. Während Seung-Hyun mit einer von beiden Händen kaempfte, um seine Fluchtversuche zu unterbinden, schnappte die andere verbissen nach dem Telefon. „Hör auf! Lass mich los!“ „Dafür bist du verantwortlich!“ „Was!?“ In diesem Augenblick bekam er es zu fassen. Ji-Yong griff ein letztes Mal verzweifelt nach dem Gerät, aber Seung-Hyun ließ ihm keine Chance. Das Handy öffnete sich und er überflog die Informationen des letzten Gesprächs. Dieser Name... Der Ältere richtete seinen Blick auf den geschlagenen Anführer, dessen Hände er noch immer umklammert hielt. Ji-Yongs Gesicht drückte sich in das Kissen. Er wollte sich vor den Fragen verstecken, die ihm nun gestellt werden würden. „Warum hat der Praesident dich angerufen? Nur dich und keinen von uns?“ Der Jüngere regte sich nicht. Seung-Hyun entließ dessen Hände aus der seinen und beugte sich weiter zu ihm herunter. Seine Stimme war jetzt nicht mehr laut und fordernd, sondern erklang in jenem vertrauten Bass, der sich sanft in Ji-Yongs Ohr legte. „Ji-Yonga, es tut mir Leid. Ich wollte nicht schreien. Bitte, sei nicht sauer, ja?“ Die Fingerspitzen des Älteren fanden sich entschuldigend in dem braunen Haar wieder und begannen es zu ordnen. Seung-Hyun war sich nicht klar darüber, wieviel Gefallen er an dieser Geste fand. Und zugleich lockte sie Ji-Yong aus seinem Kissen. Ein Paar runder kindesgleicher Augen tasteten sich über den Stoff, an ihren Händen vorbei, von welchen nur eine von dunklerer Farbe war und hinauf, bis sie auf ein anderes Paar stießen, das ihnen ungewöhnlich nah war. Diese anderen Augen jedoch hielten den Kontakt nicht lang. Sie beobachteten viel eher die schmalen blassen Lippen, die sich spalteten, als wollten sie etwas sagen. Seung-Hyun verharrte angespannt wartend. Und er würde so lang nicht verschwinden, bis er die Wahrheit erfuhr. So dachte er zumindest. „Äh, Jungs? Was macht ihr da?“ Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Hallo^^ Hier nun endlich, nachdem ich wochenlang mit mir selbst gerungen habe, das nächste Kapitel. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, das zu schreiben XD *********************************************************************************** Kapitel 4 Ji-Yong spürte die auf ihn gerichteten Blicke deutlich. Sie starrten ihn an und das machte ihn wahnsinnig. Er hielt die Arme fest ineinander verschränkt und blickte konsequent zu Boden. Das Einzige, was sich an ihm bewegte, war sein Unterkiefer, der seine Zähne nervös übereinander schob. Die Gruppe hatte sich im Wohnzimmer niedergelassen und verharrte in angespannter Stimmung. Nachdem sie ihren Anführer zusammen mit ihrem Ältesten in einer derart heiklen Situation erwischt hatten, wollten die drei Zurückgekehrten unter allen Umständen eine Erklärung von einem der beiden erhalten. Doch dies gestaltete sich schwierig, wenn niemand bereit war, den Anfang zu machen. Seung-Hyun räusperte sich, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Es funktionierte auf Anhieb. Nun sah er sich mit fragenden Gesichtern konfrontiert. Wie Ji-Yong war es auch ihm unangenehm, einem der anderen in die Augen zu sehen. Wie musste diese Szene im Schlafzimmer nur auf die Drei gewirkt haben? Peinlich berührt rieb er sich den Nacken und versuchte, die richtigen Worte zu finden. „Also...ich hoffe, ihr denkt jetzt nichts Falsches...ja.“ Ein vorsichtiger Blick in Young-Baes Augen folgte, welcher, anstatt ihn zu ermutigen, lediglich eine Braue hob. Toll! Er richtete sich wieder etwas auf und stieß Ji-Yong an, der wie versteinert auf seinem Stuhl hockte. „Hey, jetzt sag du auch mal was.“ „Tse, du hast angefangen.“, gab dieser zurück, ohne den Kopf zu heben. Allerdings kickte sein rechter Fuß in einer beleidigten Geste leicht in die Luft. Der Ältere, der neben ihm stand, fühlte sich ein wenig allein gelassen und wurde daher etwas ungehalten. „Was? Das ist nicht der Punkt!“ „Und was soll der Punkt sein?“ „D-der Punkt ist, dass du anscheinend ein schwerwiegendes Problem hast, von dem du uns nichts erzählst!“ Eigentlich erwartete er nun einen kindischen Rückschlag wie 'Ich muss euch ja nicht alles erzählen', aber nichts dergleichen verließ den Mund Ji-Yongs. Das Gegenteil trat ein. Dessen Kopf senkte sich noch weiter ab, während sich seine Arme stärker an den schmalen Körper pressten. Gab er es etwa zu? Da von ihrem Anführer anscheinend nichts mehr zu erwarten war, meldete sich nun Seung-Ri, was wohl zugunsten des Gesprächs war, da dieser am besten wusste, wie man die richtigen Fragen stellte. Nämlich frei heraus. „Ok, zurück zur eigentlichen Frage: Warum wart ihr zusammen in Ji-Yong Hyungs Bett?“ Das hatte gesessen, ging es Young-Bae durch den Kopf. Erwartend verschränkte er die Hände ineinander und wie vermutet, begann Seung-Hyun endlich ihnen eine Erklärung in zusammenhängenden Sätzen zu präsentieren, wozu er sich nun auch setzte. „Ich wollte eigentlich nur wissen, mit wem er telefoniert hat.“ Ein ungläubiges Lachen kam von ihrem Anführer, der seine Position trotzdem nicht veränderte. „Ja, weil du mich belauscht hast.“ „Du hast was?“, fragte Dae-Sung mit leichter Bestuerzung nach. „Das war nicht in Ordnung.“ „Verdammt ich weiß, es tut mir auch Leid!“ Der Gescholtene breitete hilflos die Arme aus und wedelte planlos durch die Luft, um ihnen klar zu machen, wie verzweifelt er war. Derart verzweifelt, dass ihm nichts anderes mehr übrig zu bleiben schien, als Gewalt anzuwenden. Erst in diesen ruhigen Minuten begann ihm bewusst zu werden, wie weit er gegangen war. „Es tut mir wirklich Leid...“ Seung-Hyun war nicht sicher, aber er glaubte Ji-Yong kurz aufblicken zu sehen, doch nur für eine Sekunde. Leider blieb ihm keine Weitere, um sich zu vergewissern, denn das Thema war noch nicht beendet. „Ich hab versucht, ihm das Handy wegzunehmen, um nachzusehen und so kam es...dazu. Und das war eigentlich schon alles.“ „Ah, ja, das erklärt einiges. Und wer war es?“, fragte Young-Bae unbehelligt weiter. Wenn sein Freund so weit ging, sich mit ihrem Anführer um dessen Handy zu schlagen, dann musste dies einen Grund haben. Seung-Hyun würde einen solchen Streit nicht lostreten, wenn er nicht etwas Verdächtiges belauscht hätte, etwas Besorgniserregendes. „Hä?“ „Der Anrufer. Du hattest das Handy in der Hand, deshalb gehe ich davon aus, dass du es weißt.“ „Äh, ach ja...es war der Praesident.“ „Was?!“, verließ die Überraschung zugleich Seung-Ris und Dae-Sungs Mund. Unbehagen breitete sich im Raum aus. Wenn Praesident Yang einen der ihren persönlich kontaktierte, was er noch nie getan hatte, dann musste dies etwas zu bedeuten haben. War dies etwa die Ursache für Ji-Yongs merkwürdiges Verhalten? „Hyung, wieso hat er dich angerufen? Gibt es Probleme?“ Dae-Sung hatte sich auf dem Tisch abgestützt und beugte sich so weit es ging darüber, um irgendwie einen Blick auf das Gesicht ihres Anführers zu erhaschen. Seung-Ri tat es ihm gleich. Der Jüngste hatte eine Befürchtung. „Ist es wegen des Konzerts? Meinetwegen?“ Er erinnerte sich an die Fehler, die ihm unterlaufen waren. Der Masse der Zuschauer, die ihre Pläne nicht kannte, fielen sie zu zumeist überhaupt nicht auf, doch er selbst erkannte sie. Und ihr Trainer erkannte sie. Der Druck vor einem Konzert dieser Größenordnung war unermesslich und trotzdem war dies keine Entschuldigung für seine Aussetzer bei den Vorbereitungen oder beim Auftritt selbst. Er war sich sicher, dass, wenn der Vorsitzende des Entertainments davon erfuhr, dieser nicht begeistert wäre. Und dass ihr Anführer den Kopf dafür hinhalten müssen würde. Es war zwar bereits sehr lang her, aber etwas Derartiges war schon einmal geschehen. „Du...du hast meinetwegen Ärger bekommen.“ „Hyung, stimmt das? Sag schon!“, flehend lagen Dae-Sungs Augen auf dem Älteren. Seine Geduld war am Ende und den anderen erging es ebenso. „Nein, so ist es nicht. Ich habe keinen Ärger deinetwegen, glaub mir.“ Ji-Yong gab seine verschlossene Haltung auf. Wenn es so weit kam, dass sich nun schon Seung-Ri die Schuld für seine Probleme gab, musste er etwas tun. Er musste ihnen eine Erklärung geben. Irgendetwas, mit dem er sie zufrieden stellen konnte. Seine Hände auf die Knie gestützt atmete er tief ein und bedachte jeden eines Blickes, mit Ausnahme von Seung-Hyun. Dies brachte er einfach nicht fertig. „Er hat mich nicht euretwegen angerufen, also hört auf mit solchen Vermutungen. Ich habe lediglich einige Dinge mit ihm zu klären. Dinge, die nur mich und ihn etwas angehen, ein Vorhaben betreffend.“ „Oh mein Gott! Du willst uns verlassen!“, brachte Dae-Sung entsetzt hervor und schlug sich eine Hand vor den Mund. „Nein! Ich werde niemanden verlassen! Ich habe gerade gesagt, dass ihr mit diesem Rätselraten aufhören sollt! Es handelt sich lediglich um einige private...Angelegenheiten.“ „Aber, wenn es angeblich so harmlos ist, was sollte dann das ganze Theater? Warum wolltest du nicht, dass Seung-Hyun Hyung erfährt, mit wem du gesprochen hast?“ Konnten diese ewigen Fragen nicht endlich aufhören?! Ji-Yong begann nach Worten zu ringen und hatte Schwierigkeiten, sich dies nicht anmerken zu lassen. Zudem spürte er die Blicke von jemand Bestimmtem im Nacken und dieser jemand sah genau hin. Um zu verhindern, dass seine Stimme durch seine Anspannung in eine verdächtig hohe Lage geriet, nahm er einen tiefen Atemzug, bevor er sich ein letztes Mal dazu durchrang, weiterzusprechen. „Weil ich genau wusste, dass ihr euch Sorgen machen würdet. Gut, ich sehe auch ein, dass das scheinbar sinnlos war, aber jetzt wisst ihr Bescheid. Also, alles OK, klar? Kwaenchana (Ich bin in Ordnung).“ Ein zögerliches Nicken ging von seinen Freunden aus, die sich nun alle etwas entspannter gaben. Ji-Yong konnte es kaum fassen, dass er sie tatsächlich zufrieden gestellt zu haben schien. Allerdings hatte er Dae-Sungs unbändige Neugier nicht bedacht. „Und was ist nun dein Vorhaben, das du mit Praesident Yang besprichst?“ Auf eine solche Frage jedoch hatte der Anführer eine äußerst einfache und für ihn nicht untypische Antwort, die er mit einem Grinsen über die Lippen brachte. Es war jenes breite Grinsen, bei dem er selbst seine Augen zusammen kniff und die Aura eines kleinen Kindes um sich herum aufbaute. Das Grinsen, das sagte: 'Pech gehabt'. „Bimil(Geheimnis)!“ Ein enttäuschter Ausdruck erschien auf dem Gesicht des Jüngeren, der trotzdem nicht in der Lage war, Ji-Yong zu erweichen. Er war hier fertig. „So, ich geh jetzt endlich duschen und dorthin folgt mir bitte niemand.“ Irgendwie hatte er das Gefühl, dies noch erwähnen zu müssen, auch wenn es wie ein Scherz klang. Nachdem ihr Anführer den Raum verlassen hatte, trafen sich die Augen der Zurückgebliebenen und jeder von ihnen hatte das Bedürfnis, einen tiefen Seufzer auszustoßen. Seung-Hyun hatte ein schlechtes Gefühl, was Ji-Yongs Antworten anging. Seine Art sie zu geben wirkte gefälscht, auf gewisse Weise unecht. „Er hat gelogen, oder?“ „Ja, das hat er.“, bestätigte Young-Bae ohne ein Zögern und erhob sich vom Sofa. Eigentlich brannte dem Ältesten die Frage nach ihrem weiteren Vorgehen auf der Zunge, doch als er Seung-Ris und Dae-Sungs hilflos bedrückte Gesichter bemerkte, schluckte er sie herunter. ------ Ihnen blieben nur wenige freie Tage, bis der normale Trainingsplan wieder aufgenommen werden musste. Das Entertainment gönnte ihnen keine ganze Woche für sich allein und dieser Umstand brachte Seung-Hyun, Young-Bae, Dae-Sung so wie Seung-Ri zu der Entscheidung, ihren Anführer für diese kurze Zeit zu verschonen. Vielleicht benötigten sie alle nur etwas Ruhe, um sich abzukühlen und wieder klar zu denken. Nur dieser Gedanke, diese Hoffnung, dass alles auf eigenem Wege wieder in Ordnung kommen würde, konnte Seung-Hyun davon abhalten, erneut durchzudrehen. Er hatte die letzten Nächte kaum geschlafen. Immer und immer wieder war er durch seine eigene Unruhe erwacht und hatte zu Ji-Yong herüber sehen müssen. Und mit jedem Mal war seine Angst größer geworden, dass dieser einfach verschwunden sein könnte, er dessen Bett leer vorfinden würde. Jene Angst war nicht vollkommen unbegründet, da es in den letzten Monaten öfter vorgekommen war, dass ihr Anführer ohne ein Wort mehrere Stunden fort blieb. Sicherlich waren sie alle erwachsen (mehr oder weniger) und wenn einer von ihnen das Bedürfnis hatte, allein auszugehen, müsste dies kein Grund zur Sorge sein. Aber darin lag auch nicht sein Problem. Seung-Hyun erinnerte sich zurück an eine Nacht, in der sie es vorgezogen hatten, im Apartment zu bleiben, da sich ein Gewitter über die Stadt gelegt hatte. Nur ihren Anführer hatten sie nicht davon abbringen können, ihre Wohnung zu verlassen. Zu dieser Zeit war es zum ersten Mal aufgetreten. Das Gefühl, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Nach mehreren verlorenen Spielen in 'Mario-Card' hatte der Älteste sich ins Schlafzimmer begeben, um zu lesen, doch auch darauf hatte er sich nicht konzentrieren können. Ji-Yong hatte sich nicht gemeldet und vor dem Fenster tobte der Sturm an einem tintenschwarzen Himmel. Plötzlich war der Raum hell erleuchtet worden. Ein weitverzweigter Blitz zerriss die Wolken und holte Seung-Hyun aus seinen Gedanken. Daraufhin erschütterte ein Furcht einflößendes Krachen das Gebäude. Das Gewittert musste direkt über ihnen gewesen sein. Denn das Geräusch des Donners war derart ohrenbetäubend gewesen, dass er erst, als es verklungen war, ein lautes Klopfen an der Eingangstür und hektische Schritte auf dem Flur vernehmen konnte. Verwundert, wer sie mitten in der Nacht noch besuchen wollte, war er vor das Zimmer getreten und fast im selben Moment erstarrt. Die Szene, die sich ihm damals geboten hatte, war verstörend gewesen. Während die Eingangstür noch immer offen stand, hatten sich um Dae-Sungs Hals, der allem Anschein nach geöffnet hatte, zwei Arme geschlungen. Dieser legte ratlos seine Hände an die Schultern ihres Besuchers, der sich als Ji-Yong herausgestellte. Regenwasser lief in Strömen an ihm herunter und bedeckte schon bald den Boden in einer Pfütze. Auf seine Fragen, wo er gewesen und ob etwas Schlimmes vorgefallen sei, hatte ihr Anführer nur den Kopf geschüttelt und keinen einzigen Laut hervorgebracht. Tae-Yangs Versuche, ihn von Dae-Sung zu lösen und ins Badezimmer zu bringen, waren ebenfalls fehlgeschlagen. Was hätten sie tun können? Wie diese Nacht letztlich ihr Ende gefunden hatte, war ihm schleierhaft. Irgendwann war das Gewitter abgezogen und Ji-Yong musste sich doch noch entschieden haben, den Jüngeren wieder freizugeben. Am Morgen darauf hatten sich alle Schatten verzogen und das Leben war weitergegangen. Er wusste nicht, ob die anderen dieses Ereignis vergessen hatten, doch Seung-Hyun ließ es keine Ruhe. Vor seinem inneren Augen manifestierte sich der Anblick Ji-Yongs. Er konnte ihn nicht zurückdrängen. „Ya! Seung-Hyun! Steh nicht rum und komm her. Du hast dein Solo bestimmt noch nicht drauf!“ Ihr Trainer, Lee Min-Woo (XD), schien heute besonders schlechte Laune zu haben. Seung-Hyun konnte es sich nur über die Tatsache erklären, dass ihre Ferien äußerst kurz gewesen waren. Noch immer mit der erdrückenden Last seiner Gedanken auf den Schultern versuchte der Älteste angestrengt, die Schritte seines Solos aus seinem Kopf in seine Glieder zu bringen. Dabei überhörte er aus reiner Gewohnheit die Beschwerden Min-Woos, die sich zum Großteil auf die angeblich nicht vorhandene Motivation der Gruppe bezogen, und ließ seine Augen durch den Raum über die anderen schweifen. Young-Bae war soeben dabei, ihrem Jüngsten irgendeine Schrittfolge beizubringen und sah recht glücklich aus, während Dae-Sung sie beobachtete und sich darüber amüsierte. Ja, so sollte es aussehen. So sollten sie aussehen. Doch dass der Schein trog, wurde ihm klar, als er bemerkte, wie Young-Baes Augen einen Sprung in eine andere Richtung taten und daraufhin an Seung-Hyun hängen blieben. Dieser hielt in seinen Tanzübungen inne und ließ seinen Blick in die Selbige schweifen. Vor dem Panoramafenster des 6. Stockwerkes präsentierte sich kein schönerer Anblick als jener des Morgens, der ihrem Konzert gefolgt war und trotzdem verweilte Ji-Yong davor, seine Augen weit in die Ferne gerichtet, gerade so als gäbe es dort allerlei schöner Dinge zu bewundern. Unter ihnen jedoch erstreckte sich nicht mehr als die Asphaltlandschaft einer Großstadt. Seung-Hyuns Schritte lenkten sich in dessen Richtung. Ihr Anführer schien in einen endlosen Tagtraum gefallen zu sein und es wäre dem Älteren lieber, diesen zu beenden. Nicht zuletzt um die starke Niedergeschlagenheit aus dessen Gesicht zu verbannen. Das Verlangen danach, ihn wachzurütteln, beherrschte seine Gedanken, sodass der Raum um ihn herum zu verschwinden schien und auch die Menschen darin lösten sich auf. Er sah nur sich selbst. Sah sich auf Ji-Yong zugehen, die Hände nach ihm ausstreckend. Er erreichte ihn und legte seine Arme um dessen Körper, presste ihn fest an sich. Tat das, was er schon seit langer Zeit hatte tun wollen. In dieser Sekunde hatte er das Gefühl, dass ihnen kein Unheil mehr zustoßen könnte. Ja, es wäre wundervoll, wenn die Wirklichkeit so aussehen könnte, doch leider war dieses Geschehnis nur Seung-Hyuns eigener Tagtraum. In der Realität, sichtbar für jedermann, stand er noch am selben Fleck in der Mitte des Trainingsraumes und starrte auf die Gestalt am Fenster. Erst als ihm dies bewusst wurde, hörte er die Rufe Min-Woos. „Seung-Hyun. Seung-Hyun! Schlaf nicht ein!“ Noch etwas verwirrt schüttelte der Angesprochene den Kopf und mit ihm gemeinsam schien auch Ji-Yong wieder zu erwachen. Der Jüngere riss sich vom grauen Anblick, der sich hinter der Scheibe erhob, los und wandte sich ihm zu. Der depressive Ausdruck auf seinem Gesicht war verschwunden. Innerhalb weniger Zehntelsekunden wich er zuerst einer fragenden und zuletzt einer genervten Grimasse. „Ya! Hyung! Was starrst du in der Gegend herum? Wir wollen fertig werden, wenns geht heute noch!“ Die direkte Aufforderung ihres Anführers brachte Seung-Hyun wieder ins Leben zurück. Er fuhr sich mit der rechten Hand, die er um wenige Zentimeter angehoben hatte, über die Stirn, in der Erwartung, er könne die Bilder seines Traumes mit dieser Geste davon wischen. Da es bereits später Nachmittag war, beschloss Min-Woo das Training für heute zu beenden und sein Fazit an die Gruppe zu richten. Eine Gewohnheit seinerseits, die noch nie sonderlich beliebt gewesen war. Die Jungs versammelten sich um ihren Trainer und harrten der Dinge, die nun kommen würden. Min-Woo setzte an....und wieder ab. Dies tat er zwei weitere Male, nach denen er sich ein Stück zur Seite drehte, als könne er dort eine Tafel finden, auf der sein Text geschrieben stand. Und dann hatte er ihn gefunden. „Glaubt ihr wirklich, das reicht? Zwei kleine Alben, zwei ganz erfolgreiche Konzerte und ihr seid fertig? Ist DAS eure Vorstellung?“ Er breitete die Arme aus und blickte ihnen mit großen, fordernden Augen entgegen. Niemand wagte es, ein Widerwort zu geben, worauf Min-Woo in gespielter Enttäuschung nickte. „Tja, scheinbar schon. Nach eurem ersten Konzert wart ihr so motiviert und arbeitswütig! Ich dachte, ein Traum würde wahr werden, als ihr ins Studio kamt. Und jetzt? Seht euch an! Ihr schwächelt herum und meckert, dass ihr müde seid. Wir sind nicht im Kindergarten! Der Mittagsschlaf fällt aus!“ Jede einzelne Silbe schlug auf die Fünf ein wie Faustschläge. Hätte er sie verprügelt, wäre es nicht schlimmer gewesen. Keiner von ihnen hob den Blick. Ausharren und es vermeiden, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, war das einzig Richtige in dieser Situation, um dem Studio heil zu entkommen. Als sie vor anderthalb Jahren begonnen hatten, mit Min-Woo zu trainieren, hatten sie gedacht, er würde sie aus nur einem Grund derartig drillen: weil sie neu waren. Unerfahrene Kinder, die die Härte des Geschäfts durch einen strengen Lehrer erst noch richtig kennen zu lernen hatten. Trotzdem hatte jeder von ihnen gehofft, dass, wenn sie nur lang genug mit diesem Mann arbeiten würden, sein Verhalten sich irgendwann bessern würde. Jedoch durchlebten sie auch heute noch den selben Terror wie damals. Und noch heute fühlten sie sich nach seinen Strafreden wie der größte Fehlschlag, den Südkorea seit der Wirtschaftskrise erlebt hatte. Mehrere Sekunden lang war kein Laut im Raum zu vernehmen, was Seung-Ri zu der verheerenden Annahme brachte, sie wären erlöst und könnten gehen. Der Jüngste hob den Kopf und warf einen Blick auf seine Kameraden, die noch immer gesenkten Hauptes kuschten, während Min-Woo (dieser Zwerg) sich vor ihnen aufgebaut hatte. Ergötzte er sich daran, dass er sie demütigte? Warum tat ihr Anführer nichts? War er es nicht gewesen, der jedes Mal für sie aufgestanden war? Und jetzt war nichts mehr davon übrig? „Seonsaengnim (Lehrer), können wir jetzt gehen?“ Alle sahen auf und fünf Augenpaare starrten ihn an. Doch Seung-Ri selbst hatte seinen Blick fest auf ihren Trainer gerichtet. Dieser stemmte seine kräftigen Hände in die Hüften und drehte sich quälend langsam zu ihm um. Noch war seine Reaktion nicht abzusehen, doch der Jüngste befürchtete langsam, einen Fehler begangen zu haben. „Du!“ Min-Woo deutete mit dem Zeigefinger auf Seung-Ri, der einen Schritt zurückwich. „Gerade DU fragst MICH, ob du gehen darfst?! Wenn es nach mir ginge, könntest du noch die gesamte Nacht hier bleiben und ich würde dich so lang üben lassen, bis ich die Schritte in dein Hirn eingeprügelt habe! Na, was sagst du dazu??“ Er war beim Reden kontinuierlich lauter geworden und auf Seung-Ri zu gegangen, der nicht wusste, wie er reagieren sollte. Unterdessen hatte Min-Woo seine Hand bereits gehoben und begann mit der flachen Seite Schläge auf dessen Kopf regnen zu lassen. Der Jüngere versuchte sich abzuwenden und in Deckung zu gehen, aber die Treffer wurden nur zahlreicher. „Deine ewigen Fehler und Träumereien sind es doch, die hier alles aufhalten!“ Ein weiteres Mal holte er aus, doch er traf nicht. Verwirrt, warum der Schlag ausblieb, wagte Seung-Ri es, nachzusehen und erkannte vor sich Ji-Yong, der Min-Woos Arm ergriffen hatte. Ein Augenblick verstrich, in dem die Szene eingefroren wirkte. „Es reicht jetzt.“ Er ingnorierte das gefährliche Aufblitzen von Wut in den Augen ihres Trainers und senkte dessen Hand beharrlich. „Wir haben eine harte Zeit hinter uns und jeder von uns hat alles gegeben, was er hatte. Es ist also nicht nötig, jedes Mal diese Show abzuziehen, um uns daran zu erinnern, wofür wir uns entschieden haben. Und wenn Sie ihn noch einmal schlagen, dann...“ Seine Zähne begannen zu knirschen, während er seinem Gegenüber einen von Hass erfüllten Blick zuwarf. Ji-Yongs Hand packte stärker zu und schnürte sich um den Arm Min-Woos. Dieser allerdings zeigte sich beim Anblick seiner allmählich blau anlaufenden Haut eher unbeeindruckt. Er grinste sogar, als Ji-Yong seine Drohung nicht vollendete. „Dann was? Willst DU mich dann verprügeln? Oder umbringen? Was versprichst du dir von einer leeren Drohung, Kwon Ji-Yong? Wenn du dich beschweren willst, dann geh doch zum Boss. Mal sehen, was er davon hält. Tu's am besten sofort.“ Eine Veränderung ging in dieser Sekunde mit ihrem Anführer vor sich. Seung-Ri konnte sie nicht sehen, da er hinter ihm stand, doch die anderen, die das Gespräch gebannt verfolgt hatten, bemerkten sie. Die Feindseligkeit, die Ji-Yongs Blick zuvor noch regiert und gefestigt hatte, wich einer neuen Empfindung. Seine Gesichtszüge entglitten ihm in einer Mischung aus Unruhe und Nervosität. Jegliche Selbstsicherheit verschwand und die Kraft in seinem Griff ließ nach. Min-Woos Grinsen verbreiterte sich. Mühelos entzog er dem Jüngeren seinen Arm und rieb sich sein Handgelenkt, um die Blutzufuhr wieder in Gang zu bringen. Er wirkte beinahe zufrieden. Diesem selbstgefälligen Blick konnte Ji-Yong nicht mehr standhalten. Er musste den seinen senken. Die Lippen des Jüngeren kräuselten sich unter den unausgesprochenen Verwünschungen in seinem Mund, welche auch seine sinkende Hand zur Faust werden ließen. Der Rest der Gruppe beobachtete mit weit aufgerissenen Augen, wie ihr Anführer sich zum ersten Mal geschlagen gab. Noch nie zuvor hatte er ihrem Trainer die Stirn geboten und plötzlich einen Rückzieher gemacht. Seung-Ri hatte zwar nicht die geringste Ahnung, was vor sich ging, doch allein Ji-Yongs Haltung machte einen traurigen Eindruck. Vorsichtig wollte er ihn an der Schulter berühren und irgendetwas sagen. Min-Woo kam ihm zuvor. „Schön, dass du es einsiehst.“, brachte er beinahe väterlich hervor, aber der Hohn seiner Stimme war nicht zu überhören. Angewidert schlug Ji-Yong die Hand beiseite. Ein kalter Schauer ergoss sich bei dessen Berührung über seinen Rücken und er konnte dem Drang nicht mehr widerstehen. Er musste hier raus. „Das Training ist beendet, wir gehen.“ Er wandte sich um und rauschte an Seung-Ri vorbei, dieser allerdings hielt ihn auf. „Hyung!“ Widerwillig blieb der Anführer stehen und blickte zurück, um zu bemerken, dass sich niemand von seinem Platz bewegt hatte. Sie waren unsicher darüber, was soeben vorgefallen war. Sollten sie vorgeben, es wäre nichts geschehen und einfach verschwinden? Ji-Yong allerdings hatte seine Anordnung gegeben und er würde sie nicht zurücknehmen. Jeder von ihnen bekam einen flüchtigen Blick zugeworfen, dann wandte er sich erneut dem Ausgang zu und packte dabei Seung-Ris Handgelenk. „Hyung-“ „Kommt!“ Und dies war sein letztes Wort. Beharrlich zog er den Jüngeren hinter sich her, während Young-Bae, Dae-Sung und Seung-Hyun ihnen schweigend folgten. Endlich fort von hier. ------ Schritt für Schritt schien die gesamte Welt zu ihrem Feind zu werden. Kein Ort war mehr wirklich sicher. War dies das Leben, das sie sich gewünscht hatten? Ji-Yong stellte sich diese Frage an jedem Tag. Ohne es zu bemerken hielt er tief in finsteren Gedanken versunken noch immer Seung-Ris Hand, während der Wagen sie zu ihrem Apartment brachte. Seung-Ri selbst hatte etwas sagen wollen. Hatte Ji-Yong zumindest danken wollen. Aber er brachte es nicht über seine Lippen. Also überließ er ihm einfach den Halt, den er zu brauchen schien. Und nicht nur sein Augenmerk war auf ihren Anführer gerichtet, der die gesamte Zeit über aus dem Fenster starrte. Seung-Hyun saß ihnen gegenüber. Sein Blick war stumpf. Hinter seiner Stirn allerdings arbeitete es. Jede Sekunde des Trainings lief noch einmal vor ihm ab, aber er verstand es nicht. Verstand Ji-Yong nicht. Unter einem Seufzer ließ der Älteste seine Zunge über seine trockenen Lippen fahren und wandte sich ebenfalls dem Fester zu. Es hatte zu regnen begonnen. Der Wagen hielt vor dem Apartment-Gebäude und sie machten sich sogleich daran, ihn zu verlassen, um zum nicht weit entfernten Eingang zu sprinten. Als Seung-Ri Young-Bae und Dae-Sung, welche vorgelaufen waren, folgen wollte, gestaltete sich dies leider schwierig. Ihr Anführer schien nicht bemerkt zu haben, dass sie angekommen waren und hielt weiterhin die Hand ihres Jüngsten. Etwas hilflos warf jener Seung-Hyun einen Blick zu und deutete auf Ji-Yong. Der Ältere schürzte die Lippen, während er dessen Oberarm ergriff und ihn leicht schüttelte. „Ya! Ji-Yonga, wir sind da.“ Sein Gegenüber zuckte zusammen und riss den Kopf herum. Entgeistert sah er sich um und spürte letztlich die Berührung von Seung-Ris Hand. „Oh...“, brachte er hervor, wobei er ihre Hände voll Verlegenheit trennte und dem Jüngeren noch eine Entschuldigung entgegen murmelte. Seung-Ri war sich nicht sicher, ob er etwas darauf antworten sollte. Seung-Hyun war es, der mit seinem Kopf in Richtung der Wagentür ruckte und ihm mit dieser stummen Anordnung eine Antwort gab. Der Älteste stieg hinter ihm aus dem Auto. Helfend streckte er seine Hand ein weiteres Mal ins Innere, um sie Ji-Yong anzubieten, aber dieser nahm keine Notiz von der Geste. Seung-Hyun starrte ihm nach, während er den unbeachteten Arm zurückzog und die Wagentür frustriert zuwarf. Langsam aber sicher verlor er die Geduld. Den gesamten Weg die Treppen hinauf bis in den Eingangsbereich ihres Apartments versuchte Seung-Ri einen günstigen Zeitpunkt zu erwischen, in dem er ihrem geknickten Anführer seinen Dank kund tun könnte. Und nicht nur das: zwischen Stockwerk zwei und drei machte ihm vor allem die Art und Weise, auf welche er ihn verkünden sollte, zu schaffen. Sollte er es auf die Bewunderer-Tour („Hyung, du bist so cool! *_____________* Ich danke dir!“)versuchen? Aber das wäre unpassend, oder? Dann doch lieber ernsthaft („Hyung, ich weiß zu schätzen, was du für mich getan hast. ô____ô Ich bin von tiefstem Dank erfüllt.“). Würde er dies glaubhaft über seine Lippen bringen? Passte es zu ihm? Wäre nicht eher der Aus-Not-gerettete-Jungfrau-Stil („Hyung, du hast mich vor dem bösen Wolf gerettet! Q___________Q Danke, mein Ritter!“) das, was man von ihm erwarten würde? Vielleicht würde er es schaffen, Ji-Yong mit dergleichen Worten wieder aufzumuntern. Früher hatte es funktioniert und Altes bewährte sich zumeist. Somit war es beschlossen. Im Flur angekommen dachte er überhaupt nicht daran, noch einen Augenblick zu zögern. Entschlossen drehte der Jüngste sich um, den ersten Satz bereits auf der Zunge liegend, bereit ihn auszusprechen. Ji-Yong erreichte die Eingangstür, streifte seine Schuhe ab und rauschte, ebenso entschlossen, an ihm vorbei. Keine zwei Sekunden später war der Anführer im Badezimmer verschwunden und hatte abgeschlossen. Der kaltblütig stehen Gelassene verharrte perplex in seiner Position und kam nur langsam zu sich. Ji-Yong hatte ihm doch zugesichert, dass es nicht seine Schuld war. Er hatte gesagt, dass es nicht an ihm lag. „Hey, Seung-Ri, was machst du da?“ Seung-Hyun betrat nun auch endlich den Flur, sich darüber wundernd, warum ihr Jüngster bewegungslos durch den Eingang spähte. Fragend warf er einen Blick über die Schulter, um zu erkennen, was dieser sah. Aber es ließ sich nichts Außergewöhnliches entdecken. „Ist da irgendwas?“ „Äh...nein...ich war nur...in Gedanken.“ Seung-Hyun musste lächeln. Seung-Ris desorientiertes Gesicht wirkte zu liebenswert und ließ ihn noch um einiges jünger aussehen. „Du solltest nicht soviel träumen.“ Mit diesen Worten lief er an ihm vorbei und strich ihm über den Kopf. Zu seiner Freude wich dieser nicht zurück, sodass Seung-Hyun zumindest einen Teil seiner Sorgen über diese Geste vergessen und etwas Sicherheit zurückgewinnen konnte. Seung-Ri ahnte nicht, wie sehr er ihm half. Er ließ den metallenen Schlüssel auf die Ablage vor dem Spiegel fallen. Ji-Yong erblickte sein eigenes müdes Gesicht und hatte sogleich das Bedürfnis, seine Faust in das Glas zu versenken. Schnell wandte er sich der Dusche zu, denn er sah den Spiegel bereits in Scherben liegen. Das sollte er nicht riskieren. Wenige Sekunden spaeter rann warmes Wasser seinen Rücken herunter und entspannte seine kalten Glieder. Sein Herz schlug nicht mehr ganz so schnell. Alles erschien ruhiger, weiter entfernt, verschwommen. Beinahe so, als könne ihn nichts mehr erreichen. So völlig von einer angenehmen Leere erfüllt lehnte er sich mit dem Rücken gegen die geflieste Wand und atmete erleichtert auf. Ein Kribbeln ging durch seine linke Hand. Mit dieser hatte er Seung-Ris gehalten. Mit dieser hatte er Min-Woo aufgehalten. Wieder lief die Kälte seine Wirbelsäule entlang. Mit zittrigen Fingern drehte er am Wasserhahn, um die Temperatur zu erhöhen. Dampf stieg aus der Kabine empor und hüllte ihn ein, doch es half nichts. Die Erinnerungen hatten zu rollen begonnen. Mühsam atmend fuhr er herum und lehnte seine Stirn gegen die Fliesen. Seine Lider waren zentnerschwer. Warum passierte ihm all dies? Was hatte er getan, dass sein Wunsch sich in einen Albtraum verwandelte? Alles, was er wollte, war, dass er mit ihnen zusammen bleiben konnte. Nur das, nicht mehr. Ji-Yongs Beine berührten den Boden der Dusche. Sie trugen ihn nicht mehr und auch er konnte es nicht mehr tragen. Tränen liefen aus seinen Augen und vermischten sich mit Wasser. Ihm war heiß, aber er fand keine Kraft, sich aufzuraffen. Doch was war das? Ein Geräusch drang in seine belegten Ohren. Ein Klopfen? „Hyung? Kann ich kurz reinkommen? Ich brauch nur die Zahnpasta.“ Dae-Sung klopfte ein weiteres Mal, als er keine Antwort erhielt. Die Dusche lief. Er wusste, dass Ji-Yong im Bad war. Konnte er ihn nicht hören? Er klopfte lauter und rief noch einmal nach ihm. Als noch immer keine Reaktion folgte, begann er sich Sorgen zu machen. Das Training war hart gewesen, was wenn... Seine Hand drückte die Klinke herunter, doch wie erwartet war abgeschlossen. Nun fiel ihm kein anderer Ausweg mehr ein. „Hyung?“, rief Dae-Sung ein letztes Mal, bevor er in die Knie ging und durch das Schlüsselloch linste. So schlecht er sich dabei auch fühlte, im nächsten Moment war er froh, es getan zu haben. Entsetzt sah er Ji-Yong durch den Schleier einer Dampfwolke zusammen gesunken in der Duschkabine sitzen. Seine Augen waren geschlossen und er reagierte nicht. Erschüttert wich Dae-Sung zurück. Einige Herzschläge benötigte er, um handeln zu können. Dann rannte er los. Kapitel 5: Kapitel 5 -------------------- Puh! Mal wieder etwas geschafft. Eigentlich wäre es ja schon etwas früher fertig geworden, aber dann drängte sich noch eine Idee für eine Short-Story in meinen Kopf *gg (ne Lao?) Diesmal wird es nicht ganz sooooooooo dramatisch. Es ist ja auch sicher anstrengend, wenn es nur schrecklich ist, die gesamte Zeit. Das Interview am Ende ist zum größten Teil aus meiner Vorstellung entsprungen, aber ein ganz kleiner Teil daraus ist echt. Viel Spaß beim raten und wenn ihr eine Idee habt, dann könnt ihr mir diese ja mitteilen. Ich würde mich freuen ;) ******************************************************************************** Kapitel 5 „Seung-Hyun! Wo Bist du?!“ Der Gerufene erschien gehetzt auf dem Flur und hielt Ausschau nach der Quelle des Lärms. Er hatte sich zusammen mit den anderen im Wohnzimmer unterhalten, welche nun hinter ihm aus der Tür traten. Dae-Sung kam auf sie zugerannt. Er wirkte sehr verstört. „Hyung!“ „Was ist denn los?“ „Hyung, komm mit!“ Der Jüngere packte Seung-Hyun und zog ihn hinter sich her. Young-Bae und Seung-Ri folgten ihnen mit besorgten Mienen. „Dae-Sung, was ist passiert?!“ „Ji-Yong sitzt in der Dusche und reagiert nicht! Ich glaube, er ist bewusstlos! Aber die Tür ist abgeschlossen!“ „Was?!“ Nachdem Seung-Hyun diese Information bekommen hatte, war es nicht mehr nötig, dass Dae-Sung ihm den Weg wies. Der Ältere riss sich los und brachte die letzten Schritte allein hinter sich. Sofort begann er an der Türklinke zu rütteln und gegen das Holz zu hämmern. „Ji-Yonga! Ya! Hörst du mich?! Ji-Yonga!“ Er horchte zusammen mit den anderen, die sich ebenfalls gegen die Tür lehnten, doch es kam auch jetzt keine Antwort. Seung-Hyun tat es Dae-Sung gleich und beugte sich herunter, um durch das Schlüsselloch zu blicken. Jedoch, anders als dieser zuvor, konnte er nicht hindurch sehen. Etwas versperrte ihm die Sicht und dieses Etwas drehte sich nun herum und öffnete die Tür. Im nächsten Moment schwang sie auf und ihr Anführer stand vor ihnen, mit tropfnassem Haar und nur mit T-shirt und Handtuch bekleidet, aber er schien wohl auf. Den Vieren war nicht wirklich bewusst, wie ihre Zusammenkunft vor dem Badezimmer auf Ji-Yong wirken musste. Vor allem Seung-Hyun war noch zu erleichtert, um daran zu denken, sich wieder ganz aufzurichten. Der Anfuehrer ließ einen Blick über sie schweifen, der ihnen sehr genau zu sagen schien, dass sie wohl verrückt geworden seien. Dann rollte er mit den Augen. „Man Leute, sucht euch ne Freundin.“ Dieser Ratschlag verschlug seinen Kameraden wohl gänzlich die Sprache, denn niemand versuchte auch nur ihm eine Erklärung für ihr Auftauchen zu geben. Natürlich wäre dies nicht einmal nötig, aber erwartet hatte er es trotzdem. Ohne große Lust, sich weiterhin halb angezogen zu präsentieren, lief er an ihnen vorbei, um ins Schlafzimmer zu verschwinden. Sie ließen ihn passieren und Young-Bae glaubte ein Geflüster zu vernehmen, das nach 'perverses Pack' klang, aber er war sich nicht sicher, daher ließ er es ruhen. Dae-Sung war verwirrt. Er wusste doch, was er gesehen hatte. Seung-Hyun konnte dem Jüngeren seine Sorge ansehen, weshalb er ihm beschwichtigend auf den Rücken klopfte. „Du hast dir das bestimmt nicht eingebildet. Wahrscheinlich hat ihn dein Geschrei wieder aufgeweckt oder meins.“ Sein Gegenüber nickte, womit sie nun endlich ihren Aufenthalt hier beendeten und sich trennten. Als Seung-Hyun zusammen mit Young-Bae an ihrem Schlafzimmer vorbei kam, verlangte es ihn für kurze Zeit danach, hineinzugehen. Aber der Jüngere stieß ihn an und schüttelte den Kopf. Seung-Hyun seufzte leicht und senkte seinen Blick entmutigt zu Boden. Es hätte keinen Sinn, das wusste er. Somit verblieben beide im Einverständnis, ihrem Anführer jetzt seine Ruhe zu gönnen und begaben sich ins Wohnzimmer zurück. Das Letzte, was er gewollt hätte, wäre eine aufgebrachte Meute gewesen, die das Badezimmer stürmte und ihn in der Dusche liegen sah. Allein der Gedanke daran bereitete ihm Unbehagen. Nur aus diesem Grund hatte er es fertig gebracht, seine Sinne bis zu jenem Punkt zusammen zu holen, an dem er aufstehen und sich anziehen konnte. Ji-Yong dachte an die Gesichter seiner Freunde, wie verdutzt sie ausgesehen hatten. Beinahe hätte es ihn laut auflachen lassen. Beinahe. Aber eigentlich war alles um sie herum viel zu traurig. Er konnte sie nicht auslachen. Nicht so wie früher. Er streifte eine Hose über und setzte sich auf sein Bett, um sich die Haare mit dem Handtuch trocken zu rubbeln. Das Zimmerfenster lag direkt vor ihm und wie schon vor einigen Stunden sah er hinaus. Sah dem Regen zu. Sein Benehmen beim Training war falsch gewesen. Warum ließ er sich wieder und wieder von den selben Gedanken und Gefühlen übermannen? Dazustehen und aus dem Fenster zu starren. Nicht einmal zu bemerken, dass er beobachtet wurde. Es war seine Schuld, dass sie alle derart in Panik gerieten. Dabei hatte er doch genau dies verhindern wollen. Müdigkeit schien ihn niederzudrücken, sodass er nachgeben und sich fallen lassen musste. Während seine Augen sich langsam schlossen und sein Kopf in das Kissen sank, hörte Ji-Yong das Rauschen der Dusche. Ob Seung-Hyun jetzt darin war? Er kam nicht umhin sich vorzustellen, wie sich das klare Wasser über dessen breites Kreuz verteilte. Mehr als einmal hatte er es beobachtet und nicht immer hatte der Älteste davon gewusst. Ein Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. Und es verblieb auch als er längst eingeschlafen war. Seung-Hyuns Hand bewegte sich über den beschlagenen Spiegel. Jetzt war er in der Lage, wenigstens sein verschwommenes Gesicht darin zu erkennen. Waren das Augenringe? Er legte einen Finger unter sein rechtes Auge, um sich diesen Fund genauer anzusehen. Dabei bemerkte er etwas auf der Ablage vor sich. Ein Ohrring. Ji-Yongs Ohrring. Seung-Hyuns Blick wanderte unbewusst nach rechts und betrachtete die Wand, hinter der ihr Schlafzimmer lag. Genau an diesem Punkt stand das Bett ihres Anführers. Er sollte nach ihm sehen. Nur für einen kurzen Augenblick. Dieser Eingebung folgend verließ er bereits wenige Minuten später mit einem Bademantel bekleidet das Bad und öffnete vorsichtig die Tür zum Schlafzimmer. Er war bedacht darauf, keinen Laut von sich zu geben und trat nur langsam ein. Dort lag er, Ji-Yong. Der Jüngere war dem Fenster zugewandt, sodass Seung-Hyun nicht erkennen konnte, ob er wachte oder schlief. Er ging auf ihn zu und umrundete das Bett. „Ji-Yonga~“, flüsterte der Ältere, doch er erhielt keine Reaktion. Ihr Anführer war wohl vor Erschöpfung eingeschlafen. Schmunzelnd griff er sich die Decke von seinem eigenen Bett und breitete sie über dem Schlafenden aus. Als er über dessen Gesicht inne hielt, lösten sich einige Wassertropfen aus seinem schwarzen Haar und fielen auf Ji-Yongs Wange. Sie rollten weiter über die blasse Haut bis sie in dessen lächelnden Lippen mündeten. Von was träumte der Jüngere? Nach einem solchen Tag hätte Seung-Hyun niemals vermutet, dass Ji-Yong schöne Träume haben könnte. Jedoch wirkte es so, als hätte die Berührung des kalten Wassers Unruhe in eben jene gebracht. Ji-Yongs Augenlider zuckten und er begann sich auf den Rücken zu drehen. „Shhh~t.“, zischte es aus dem Mund des Älteren. Seine großen Hände legten sich auf beiden Seiten von dessen Gesicht nieder, als wollten sie ihn ruhig halten. Seung-Hyuns Daumen streichelte wie von selbst über die Haut und verwischte die Spur, die das Wasser hinterlassen hatte. Warum musste er nur diese kindlichen Züge besitzen? Vielleicht, wenn seine Erscheinung nur weniger der eines kleinen Jungen gleichen würde, könnte er das Bedürfnis, ihn in die Arme schließen wollen, besser unterdrücken. Seine Hände begannen zu zittern, während sich seine Lippen andächtig senkten. Sich niedersenkten, um einen unschuldigen Kuss auf Ji-Yongs Stirn zu hinterlassen und ihm auf diese Weise einen guten Schlaf zu bescheren. Lautlos schloss sich die Tür zum Schlafzimmer. Ohne bemerkt worden zu sein, schlich sich der Beobachter der Szene davon. Es war Young-Bae. „Seung-Hyun, bitte sei dir bewusst, was du tust.“, murmelte er voll Zweifel darüber, wie ihre Zukunft aussehen sollte. Er hatte dies geahnt, aber vorbereitet war er auf eine solche Situation nicht. Jetzt blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass die beiden eine gute Wahl treffen würden. Und auch Young-Bae selbst stand vor einer ähnlichen Entscheidung. ------ Es war bereits dunkel, als Ji-Yong wieder erwachte. Er hatte das Gefühl, einen sehr schönen Traum gehabt zu haben, konnte sich aber nicht daran erinnern. Noch für einige Sekunden versuchte er die Bilder in seinem Unterbewusstsein zu ordnen, musste jedoch aufgeben. In einem solchen Durcheinander würde er nie etwas finden. Leise stöhnend kam er auf die Beine und streckte sich ausgiebig. Das Apartment war seltsam ruhig. Er konnte nicht einmal den Fernseher hören. Waren sie ausgegangen? Ji-Yong schlich sich hinaus auf den Flur, um sich umzusehen. „Hallo?“, fragte er einige Male, wobei er die Zimmer durchstreifte. Tatsächlich. Niemand war hier und ihm war keine Nachricht hinterlassen worden. Gut, er hatte geschlafen, aber wenigstens ein paar Zeilen hätten sie ihm schreiben können. Als er von der Küche in den Flur zurückkehrte, entdeckte er ein Flimmern im Türspalt des Wohnzimmers. Auch wenn er dort noch nicht gesucht hatte, war er sich sicher, dass vorher kein Licht gebrannt hatte. Während der Alleingelassene auf die Tür zuging, fragte er sich, warum ihm niemand antwortete, wenn doch offensichtlich jemand in der Wohnung war? Unbedacht drückte er die Klinke herunter und trat ein, in der Erwartung, einen seiner Kameraden vorzufinden. Jedoch, der Raum war leer. „Jungs?!“ Doch auch dieser Ruf verhallte ohne Antwort. Wer hatte dann den Fernseher angemacht? Oder wurde er verrückt? Die Möglichkeit bestand vielleicht. Er zuckte mit den Schultern und wollte zu dem Gerät gehen, um es abzuschalten, aber er kam nicht einen Schritt weit. Mit Horror nahm er wahr, wie sich zwei Arme hinter seinem Rücken um ihn legten und er fest an einen anderen Körper gepresst wurde. Sein Herz zersprengte beinahe seinen Brustkorb, als ihm ein Schrei in der Kehle stecken blieb. Er war gelähmt. „Ji-Yong...“ Diese Stimme, die seinen Namen unmerklich flüsterte. Warmer Atem streichelte seinen Nacken und verursachte einen angenehmen Schauer, der seinen Körper durchfuhr. „Hyung, du hast mich erschreckt. Was soll das?“, brachte der Jüngere nun endlich hervor und wandte sich um, sodass sich Seung-Hyuns Arme wieder von ihm lösten. Sein Gesicht war in das unruhige Licht des Fernsehers getaucht, sodass es schwer für Ji-Yong war, den Ausdruck darauf genau zu erkennen. Die Augen des Älteren blickten sanft auf ihn herab. Er spürte, wie die Hitze in seine Wangen stieg. „W-wo kommst du überhaupt so plötzlich her? Wo sind die anderen?“, fragte der Anführer hastig weiter, seine eigene Verlegenheit zurückdrängend. Seung-Hyun antwortete nicht. Er stand weiterhin nur da und sah ihn an. Die gesamte Situation begann Ji-Yong unangenehm zu werden. „Es tut mir Leid.“, kam es plötzlich aus dem Mund des anderen. Aber die Entschuldigung ergab keinen Sinn. Der Ältere entschuldigte sich nicht dafür, dass er ihn erschreckt hatte. Ji-Yong wollte fragen, was er damit meinte, doch wieder wurde er aufgehalten. Seung-Hyun kam ihm näher und umarmte ihn ein weiteres Mal. Dem Jüngeren stockte der Atem. Sofort umfing ihn eine vertraute Wärme und er spürte wie sie sich in seinem gesamten Körper ausbreitete, ihn schleichend benebelte. Voll Wohlgefallen gruben sich seine Fingerkuppen in den weichen Stoff, der Seung-Hyuns Brust bedeckte. Der Drang, ihn wegstoßen zu wollen, verging unbemerkt. Und auch der wenige Platz, der ihm zwischen diesen Armen und dem Körper des anderen blieb, machte ihm keine Angst. Er war sicher. Ein sicherer Ort für ihn allein. Hier wollte er sich fallen lassen. Fallen und vergessen. Ein neues Gefühl traf ihn wie ein Blitzschlag und zwang Ji-Yong zu erwachen. Lippen streichelten über seinen Hals. Er spürte sie deutlich. Ihr Druck verstärke sich. Sie setzten einen zarten Kuss auf seine Haut und schienen mit diesem noch nicht am Ende zu sein. Der Jüngere verharrte regungslos, nicht wissend, wie er reagieren sollte. Hitze breitete sich von der berührten Stelle her aus und ließ das Blut durch seine Adern schießen. Die Unschuld der Geste verging nun völlig. Ein weiterer Kuss folgte, doch gruben sich nun Zähne in die blasse Haut. „Hyung...“, wisperte Ji-Yong unsicher. Hastig stieß er die Luft aus und sog sie hektisch wieder ein. Er wusste, dass er Seung-Hyuns Tun ein Ende bereiten musste. Er musste verhindern, dass er Unglück über sie brachte. Aber seine Glieder waren so schwer. Das schnelle Schlagen seines Herzens gefiel ihm viel zu gut. Die Zähne stachen tiefer und ein leiser Schmerzensschrei entfuhr ihm. Der Schmerz brachte ihm seinen Verstand zurück. „Hyung, bitte hör auf.“ Doch anstatt der Bitte Folge zu leisten, schlangen sich Seung-Hyuns Arme noch fester um dem schmalen Körper, während sich dessen Lippen zahlreicher und leidenschaftlicher auf den Hals des Jüngeren nieder senkten. Er verlor die Kontrolle. Die Sicherheit war verschwunden. „Hyung! Lass los!“ Ji-Yong stieß panisch gegen den Oberkörper vor sich, um sich zu befreien, aber seine Bemühungen reichten nicht aus. Keinen Zentimeter brachte er zwischen sich und den anderen, wurde stattdessen nur noch stärker gegen ihn gepresst. Zwei Hände schoben sich Stück für Stück an seinem Rücken hinunter, bis sie den Rand seines T-shirts erreichten. Gierig tasteten sie nach der warmen Haut unter dem Stoff, bereit, noch weiter zu gehen. Von nackter Panik getrieben, kämpfte der Jüngere noch einmal mit aller Kraft, die er aufbringen konnte. Seung-Hyun musste verrückt geworden sein. Und endlich gelang es Ji-Yong, sich so weit zu befreien, dass er seinem Gegenüber ins Gesicht sehen konnte. „Hast du den Verstand verloren?!“, schrie er ihm entgegen. „Warum?“, antwortete ihm plötzlich eine fremde Stimme. „Gefällt es dir nicht?“ Das Gesicht, das im flackernden Licht des Fernsehers erschien, war nicht Seung-Hyuns. Und auch die Hände, die ihn berührten, waren nicht die seines Freundes. Ji-Yong begann zu schreien. „Hyung!! Wach auf!!“ Ein brennender Schmerz erfüllte seine linke Wange und riss ihn aus seinem Albtraum. Er schlug die Augen auf, noch nicht völlig in die Realität zurückgekehrt. Ruckartig setzte er sich auf und wich zurück, bis er mit dem Rücken gegen die Wand stieß. Die kühle Fläche hinter sich spürend sah der Anführer sich gehetzt um und erfasste Seung-Ri, der selbst ein wenig erschreckt zu ihm herüber blickte. Ji-Yong verstand nicht ganz, was geschehen war. Während er eine Hand an seine pochende Wange legte, schweiften seine Blicke durch den Raum. Er lag noch im Bett, also war es nur ein Traum gewesen. Über diese Erkenntnis beruhigte sich sein schneller Atem und die Anspannung verließ ihn. Seung-Ri war sich nicht ganz sicher, ob es angebracht wäre, nach Ji-Yongs Befinden zu fragen. Abgesehen von der Tatsache, dass dieser völlig verschwitzt war, steckte dem Jüngsten der Schrei, den sein Gegenüber im Schlaf ausgestoßen hatte, noch in den Knochen. Er hatte sich nicht anders zu helfen gewusst, als ihn zu ohrfeigen. Von aufkommenden Schuldgefühlen geplagt beobachtete er, wie der Ältere seine Wange betastete. Vielleicht sollte er dies klären. „Hy-Hyung?“ Ji-Yongs Augen huschten zu ihm herüber, nun klarer als zuvor. Er schien vollständig erwacht zu sein. Seung-Ri räusperte sich, um fortzufahren. „Entschuldige, ich wollte dich eigentlich nicht schlagen, aber du bist nicht aufgewacht...hattest du einen Albtraum?“ Der Ältere versuchte den Worten zu folgen, die den Mund des anderen verließen. Jetzt verstand er. Daher kam also der Schmerz. Aber wenn er im Traum geschrien hatte, hatte er es dann auch in der Wirklichkeit getan? Nach der Art, wie der Jüngere ihn ansah, zu urteilen, hatte er es. Aber er brachte nicht den Mut auf, eine dementsprechende Frage zu stellen. „Albtraum?...Ja, wahrscheinlich. Ist schon OK.“ Er wich den Augen Seung-Ris aus und versuchte sich wieder normal zu verhalten. Sein Gegenüber wirkte einen Moment lang, als wolle er sich nicht mit dieser Antwort zufrieden geben, doch eigentlich war er nicht zu Ji-Yong gekommen, um dessen Träume zu deuten. Und genau aus diesem Grund hielt er sich zurück. Sein Motiv war ein anderes. „Ich...wollte mich bei dir bedanken.“ „Hä? Für was?“ „Na, wegen vorhin, nach dem Training. Min-Woo ist einfach unfair. Ich wollte, dass er aufhört und hab es nur schlimmer gemacht. Also danke, dass du mir geholfen hast.“ Er neigte seinen Kopf, um zu verdeutlichen, wie ernst er es meinte. Ji-Yong würde ihm dies nicht nachtragen, darüber war er sich bewusst und trotzdem blieb die Angst, dass der Bogen eines Tages überspannt sein koennte. Nichts sollte je für selbstverständlich erachtet werden. Aber für Ji-Yong hatte dieses Thema schon längst keine Bedeutung mehr. Es war seine Aufgabe, einzuschreiten, wenn die Situation aus dem Ruder zu laufen drohte. Er scheute sich nicht, dies zu tun. Deshalb war er ihr Anführer. Deshalb wollte er ihr Anführer sein. „Ya! Seung-Riya, was soll das?“ Der Jüngere riss den Kopf hoch und sah ihn an. Ji-Yong wiederum nutzte die Gelegenheit und schnippste ihm gegen die Stirn. Seung-Ri zuckte zusammen. Was sollte er davon halten? Seine Fingerspitzen fanden sich an der getroffenen Stelle wieder, um darüber zu reiben. Etwas verletzt fiel sein Blick auf sein Gegenüber. Er hatte das Gefühl, dass Ji-Yong ihn nicht wirklich ernst nahm. „Hyung, ich meine es ernst...“ Doch dem anderen entlockte er nur ein gutmütiges Schmunzeln. „Das weiß ich. Tut mir Leid, aber du solltest wissen, dass du mir nicht danken musst.“ „Aber-“ „Ich will nichts mehr davon hören, klar?“ Seung-Ri nickte vorsichtig. Lieber hätte er widersprochen, aber er wollte keinen Streit beginnen, daher gab er nach. Irgendwann würde er eine Möglichkeit finden, Ji-Yong wirklich zu danken. Für Alles. Die Luft war für wenige Sekunden von Schweigen erfüllt, in dem es ihm möglich war, sich wieder zu sammeln und sich an etwas anderes zu erinnern. „Ach ja, wir wollen was essen gehen. Es ist schon 8 Uhr und wir alle haben Hunger. Deshalb wollte ich dich auch wecken. Kommst du mit?“ Voll Hoffnung fixierte er den Älteren, dessen Augenbrauen sich aufmerksam gehoben hatten. Die Antwort auf diese Frage fiel Ji-Yong nicht schwer. Ihm wäre nahezu alles recht, was ihn von diesem Ort und den Bildern seines Traumes hinfortbrachte. Seine Unterlippe schob sich leicht hervor, als müsse er überlegen, worauf dann sein Nicken folgte. Seung-Ri war erleichtert. Eigentlich hatte er befürchtet, dass ihr Anführer allein zurück bleiben wollte. Vielleicht, wenn er nur wieder öfter mit ihnen zusammen wäre, könnten sie es schaffen, seine Sorgen verschwinden zu lassen. „Gut, dann sag ich den anderen Bescheid.“ „Lass nur, das mach ich schon. Und Seung-Ri?“ „Mmh?“ „Du hast eine Spinne auf der Schulter.“ „Äh?“ Die Augen des Jüngeren schnellten herum, um zu überprüfen, ob dies stimmte. Und dies war genau das, was Ji-Yong gewollt hatte. Grinsend beugte er sich vor und drückte dem Ahnungslosen einen feuchten Kuss auf die Wange. Wie hatte Seung-Ri nur auf einen derart billigen Trick hereinfallen können? Und dessen überraschte Grimasse war wahrhaftig unbezahlbar. Noch minutenlang schallte das Lachen des Anführers durch die Räume des Apartments und lockte jeden aus seinem Versteck. Dies würde ein guter Abend werden. ------ „Ist die Kamera fertig?“ „Ja, es kann losgehen. Drei, Zwei, Eins und~ Bitte!“ „Annyeonghaseyo! Und willkommen zu 'Stars Watch Live'. Mein Name ist An Hae-Ri und ich bin heute zu Gast bei einer der populärsten Musikgruppen, die sich derzeit bei uns finden lassen. Ihr wisst sicher alle schon, wen ich meine, aber sie können sich euch ja noch einmal selbst vorstellen.“ Der Arm der leicht überdreht quatschenden Moderatorin schwenkte hinüber zu einer Ansammlung von Stühlen, auf der sich eine weitere Ansammlung von fünf jungen Männern in äußerst auffällig bunte Kleidungsstücke gehüllt niedergelassen hatte. Wie auf Kommando begannen sie zu grinsen und streckten ihre Hände der Kamera entgegen. Ihr Anführer machte den Anfang. „Annyeonghaseyo! Uri-neun Big~“ „BANG!“, rief der Rest im Chor und alle zwinkerten sie schelmisch dem hoffentlich zahlreichen Publikum an den Fernsehbildschirmen zu. Mrs. An Hae-Ri kam zu ihnen herüber gestöckelt und setzte sich auf den letzten freien Platz. Big Bang erschienen wie man sie kannte. Unaussprechlich freundlich, gelassen, witzig und voll Energie, trotz des Konzerts, welches sie erst vor knappen zwei Wochen hinter sich gebracht hatten. „Es freut mich, euch zu treffen. Und ehrlich gesagt, war ich auch ein bisschen aufgeregt.“ Sie kicherte gespielt verlegen, wobei Seung-Ri, der ihr am nächsten saß, sich wirklich davor zurückhalten musste, einen blöden Kommentar fallen zu lassen. Mrs. An fing sich wieder. „Was mich interessiert, ist, wobei ich euch im Moment unterbreche. Was macht ihr hier?“ Sie reichte ihnen das Mikrophon und Young-Bae war als erster Bereit, ihr diese Frage zu beantworten. „Also wir befinden uns gerade in einem der Studios von YG-Entertainment und machen Fotoaufnahmen für unsere nächste Singleauskopplung. Welche dies sein wird, dürfen wir allerdings noch nicht verraten.“, setzte er sogleich nach, um weitere Fragen in diese Richtung zu verhindern. Das erwartungsvoll aufgehellte Gesicht der Moderatoring verwandelte sich bei diesen Worten in eine Trauermiene. Hatte sie soeben noch exklusive Neuigkeiten gewittert, musste sie sich nun mit Enttäuschung konfrontiert sehen. Wie von selbst verübten Mrs. Ans lange Wimpern einen umwerfenden Augenaufschlag und ihr kleiner Schmollmund reckte sich Young-Bae entgegen, als könne sie ihn auf diese Weise zu mehr bewegen. Natürlich wusste sie, dass dies nicht möglich war, doch als ihr Mimik dem allseits bewunderten Star ein verlegenes Grinsen entlockte, hatte sie zumindest eine Kleinigkeit erreicht. Ji-Yong entschied sich, hier einzugreifen. Seine Hand landete gewichtig auf der muskulösen Schulter des Älteren und er schüttelte den Kopf. „Ich glaube, das ist Zwecklos. Tae-Yangi war schon immer sehr herzlos. Selbst zu Frauen.“ Er schloss seine Augen für einen kurzen Moment und presste die Lippen aufeinander, um zu signalisieren, wie hoffnungslos es um ihren Kameraden stand. „Ah, wirklich Tae-Yang shi?“ Augen und Mund der liebenswerten Mrs. An öffneten sich in einer niedlich erstaunten Manier und ließen Seung-Ri dezent mit den eigenen Augen rollen, was allerdings niemand wahrnahm. Sogleich wandte sich die Frau an den Rest der Gruppe, erfreut, mit einem neuen Thema fortfahren zu können. „Ist er wirklich so herzlos? Dae-Sung shi?“ Ihr nächstes Opfer ließ sein schönes leicht heiseres Lachen erklingen und nahm das Mikrophon entgegen. Der Angesprochene verzog das Gesicht, während er begann zu überlegen, welche Geschichte er erzählen könnte. „Nun ja, also einmal da war er schon etwas gemein, denke ich.“ „Was?! Wann soll das gewesen sein?“ „Shhht!!!“, zischte Ji-Yong dem Älteren entgegen, als dieser sich beschwerte, was Dae-Sung zu einem breiten Grinsen veranlasste. Ihr Anführer schien äußerst neugierig auf die kleine Anekdote zu sein, die ihm eingefallen war und von Young-Baes Seite aus folgte keine Kritik mehr, daher fuhr er fort. „Es ging dabei gar nicht um mich. Vor einiger Zeit wollte Tae-Yang Hyung einmal abends ausgehen und Ji-Yong Hyung rief ihm zu, ob er nicht etwas Bier mitbringen könnte. Da antwortete er ganz kalt 'Wenn du trinken willst, hols dir doch selbst.' und ist abgehaun. Ich saß in der Küche, deshalb hab ich es gehört.“, schloss er mit einem leisen Lachen. Diese Episode musste wirklich schon eine Weile zurückliegen, denn Ji-Yong selbst konnte sich daran nicht mehr erinnern. Allerdings ahnte er, warum Young-Bae derartig geantwortet hatte. Der Ältere war in diesem Moment damit beschäftigt, sein Gesicht in seinen Händen zu vergraben, da sein Gedächtnis diese Geschichte nicht vergessen hatte. Ihr Anführer war später am damaligen Abend nicht mehr all zu gut auf ihn zu sprechen gewesen, weshalb ihm seine unfreundliche Antwort beinahe Leid getan hatte. Er fürchtete bereits, dass Ji-Yong jetzt wieder sauer auf ihn sein würde. Doch nichts geschah. „Oh~, das war ja wirklich etwas gemein.“, kommentierte Mrs. An mit einem aufgesetzten Blick des Erstaunens. „Gab es dafür einen bestimmten Grund, Tae-Yang shi?“ „Nun ja, er sieht es nicht besonders gern, wenn ich zuviel trinke. Ich denke, deshalb hat er das gesagt.“, platzte Ji-Yong heraus, bevor der Gefragte eine Antwort geben konnte. Und dies war die Wahrheit. Young-Bae war bei weitem kein Moralapostel, aber wenn er sah, dass sich ihr Anführer unter der Woche mehrere Dosen Bier einverleibte, dann konnte ihm dies nicht gefallen. Daher hütete er sich davor, es für ihn käuflich zu erwerben. „Ihr achtet in eurem Zusammenleben also auch sehr aufeinander?“ Alle nickten und bestätigten, dass es nach einer derartig langen Zeit des Zusammenlebens unumgänglich war, eine Art Familiengefühl zu entwickeln. „Und Tae-Yang ist unsere Gouvernante.“ Dieses Kommentar seitens Seung-Hyun ließ Young-Bae noch ein Stück weiter in sich zusammensacken, während er ununterbrochen still in sich hinein lachte. Sie konnten einfach nicht ernst bleiben und ihre Scherze mussten immer auf Kosten eines ihrer Kameraden gehen. Das Lachen der Moderatoring war laut und quietschig, als sie von dieser Rollenzuteilung hörte, welche sie noch auf eine ganz andere Frage brachte. „Dies ist etwas, das sicher auch unsere Zuschauer brennend interessiert, daher werde ich einfach mal fragen: Wenn ihr Frauen wärt, wen aus der Band würdet ihr dann zum Freund haben wollen?“ Eine solche Überlegung löste natürlich eine Reihe von argwöhnischen Blicken von einem zum anderen aus. Ihnen wurden drei Sekunden gegeben, danach mussten sie auf das Mitglied ihrer Wahl deuten. Ihre Hände gingen kreuz und quer in alle Richtungen, wodurch es unersichtlich wurde, wer eigentlich gemeint war. Daher pickte Mrs. An sich zwei von ihnen für eine nähere Erklärung heraus. Dae-Sung gestand vor aller Augen, dass er sich Young-Bae aussuchen würde, da dieser noch nie in einer festen Beziehung gewesen war und es somit sehr einfach wäre, ein paar Mal mit ihm auszugehen und ihn dann fallen zu lassen. Zugegebener Maßen war dies nun ein äußerst herzloser Plan seinerseits. Als Seung-Hyun gerade verkündete, dass ihm Seung-Ri am besten gefallen und er ihrem süßen Kleinen gern viel Liebe geben und andere Seiten von ihm kennen lernen würde, wurde Mrs. An ein Zeichen gegeben, dass die Zeit nun um wäre. Sie bedankte sich mit einer tiefen Verbeugung und ließ sie dann allein, damit sie ihre Arbeit beenden konnten. Seung-Hyun war nach diesem Tag auf eine seltsame Art und Weise erleichtert. Er hatte Ji-Yong beobachtet. Doch seit dem Abend, an welchem sie zusammen ausgegangen waren und er sein lautes Lachen wieder hatte vernehmen lassen, schien diese immer währende Niedergeschlagenheit aus seinen Bewegungen verschwunden zu sein. Vor der Kamera zeigte sich ihr Anführer professionell und voller Lebensmut. Vielleicht hatten sie wirklich alle etwas überreagiert. Vielleicht waren Ji-Yongs Verhalten und ihre Rückschlüsse nur ein Missverständnis gewesen, das sie nun vergessen sollten. Bedauerlicherweise würde Seung-Hyun bald einsehen müssen, dass diese ruhige Zeit lediglich die letzte Ruhe vor einer sich anbahnenden Katastrophe darstellte. Eine Katastrophe, die eine Wahrheit für ihn bereithielt, welche er nie hatte erfahren wollen. Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- Kapitel 6 Nein, ich habe die FF nicht aus Faulheit abgebrochen XD Es tut mir wirklich leid, dass das jetzt mehr als 2 Monate gedauert hat. Ich hatte mein Auslandssemester vorzubereiten und soviel zu tun @___________@ vll kennen das einige von euch. Zumindest fehlten mir nebenbei und auch in meiner Anfangszeit in Seoul so ein bisschen die Nerven, um zu schreiben. Aber dann habe ich letzte Woche endlich wieder einen Stift in die Hand genommen und, naja, es hat sich wie von selbst geschrieben. Das hier ist das Kapitel, auf welches ich selbst schon lang gewartet habe, daher bin ich sehr froh, es euch endlich fertig praesentieren zu koennen. (ach PS: Da ich hier einen anderen PC habe und die englische Tastatur, hab ich alle Umlaute in Umschrift schreiben muessen, ich hoffe, man kann es trotzdem lesen) ********************************************************************************* Young-Baes Reisetasche erschlug ihn beinahe, als Seung-Hyun ihr Zimmer betrat. „Oh, tut mir Leid.“ Der Ältere hob abwinkend die Hand und kam näher, während sein Freund begann, sein Bett dürftig zu richten. „Bist du fertig?“ „Fertig und bereit zur Abreise. Und schon fast zu spät dran.“ Während der Jüngere diese Worte sprach, drehte er sich noch einmal im Kreis und entdeckte sein Handy auf dem Boden. Mit einem Schlag gegen die Stirn nahm er es an sich und machte sich dann auf den Weg zur Tür. Seung-Hyun umarmte ihn im Flur. Young-Bae hatte sich an ihrem freien Wochenende auf einen Besuch bei ihrer Familie eingerichtet. Seung-Ri hatte sich bereits am Morgen auf den Weg nach Gwangju zu seinen Eltern gemacht. Man hatte ihm die Freude wirklich ansehen koennen. Und auch Dae-Sung war nicht bereit gewesen, sich im Apartment zu langweilen und hatte sich somit fuer ihre zwei Tage mit Freunden verabredet, weshalb er ebenfalls gegangen war. “Wo ist Ji-Yong? Wollte er nicht zu seinen Eltern?“ Young-Bae sah sich um, als meinte er, ihren Anfuehrer irgendwo im Flur erblicken zu koennen. “Ja schon, aber erst heute Abend.“ “Dann ist er der Letzte, der die Wohnung heute verlaesst. Du faehrst ja zu deiner Schwester, nicht?“ “Ja, in einer halben Stunde.“ Der Aeltere sagte es mit einem kleinen Laecheln auf seinen Lippen. Es war eine Weile her, dass er sie getroffen hatte. Am Telefon hatte sie ihm erzaehlt, dass sie nun einen Freund haette und sie sich wuenschte, dass ihr grosser Bruder ihn kennen lernte. In diesem Fall bekam sein Besuch leider einen bitteren Beigeschmack. Er wollte sie ungern hergeben. Young-Bae schien seine Gedanken zu erraten und lachte leise amuesiert auf. Mit einem leichten 'Klopfen' gegen Seung-Hyuns Stirn holte er diesen in die Realitaet zurueck. “Ya! Hyung, ich muss jetzt gehen. Sag Ji-Yong noch 'tschuess' von mir.“ Der Aeltere versprach es und sah seinem Freund dann nach, bis er im Treppenhaus verschwunden war. Ji-Yong fand er wenige Sekunden spaeter im Wohnzimmer vor, wo dieser noch immer dabei war, sein liebstes Fussballspiel auf der PS3 zu bestreiten. Um ihn nicht zu erschrecken, klopfte Seung-Hyun an. “Hey!“, sagte der Juengere mit einem Grinsen und drueckte 'Pause', wobei er sich seinem Freund zuwandte. “Gehst du jetzt?“ “Gleich. Ich muss noch packen. Young-Bae ist jetzt auch weg.“ “Was? Ohne sich von mir zu verabschieden.“ Sogleich erschien dieser Ausdruck auf Ji-Yons Gesicht, welcher ihn um so Vieles juenger wirken liess. Dieses beleidigt traurig bestuerzte Schmollen. “Er wollte dich in deinem Spiel nicht stoeren. Ich bin nicht so nett.“ “Tse, das sehe ich. So und jetzt geh packen, sonst kommst du zu spaet.“ “Zu Befehl.“ Ihm war nicht wohl dabei, seinen juengeren Freund allein zu lassen. Es war ihm nicht moeglich, genau zu bestimmen, wo dieses beunruhigende Gefuehl herruehrte. Ji-Yong wuerde zu seiner Familie fahren, worum sollte er sich sorgen? Diese Frage beschaeftigte ihn bis zu dem Moment, in welchem er endlich bereit war, aufzubrechen und ins Wohnzimmer zurueckkehrte, um sich zu verabschieden. Dort erhielt Seung-Hyun seine Antwort. Sein Freund sass noch immer auf dem Sofa und hielt den Kontroller umklammert. Seine Augen waren starr auf den Bildschirm gerichtet, aber sie blickten stumpf. Er sah nun selbst zum Fernseher. Ji-Yongs Spielfigur bewegte sich nicht mehr schnell und gewandt ueber das digitale Spielfeld, sie lief die gesamte Zeit gegen eine der Werbeflaechen, welche den Zuschauerraum vom Rasen trennten. Ab und an zuckte ihr rechter Fuss, als wollte sie einen unsichtbaren Ball treten. Er zuckte im selben Takt, wie dessen Daumen wieder und wieder auf die x-Taste traf. Nun wusste Seung-Hyun, warum er sich sorgte. “Ji-Yong! Hey! Ich gehe jetzt.“ “Aeh, was?“ Wie aus tiefsten Traeumen gerissen sah der Juengere zu ihm auf und liess den Kontroller fallen. Scheppernd kam er auf dem Boden auf und schien ihn wieder in die Wirklichkeit zurueckzuholen. “Aishhh!“, fluchte er leise und wollte ihn greifen, aber Seung-Hyun kam ihm zuvor. Er kniete sich zu dessen Fuessen, wobei er das Spielzeug aufhob und auf den Tisch legte. Danach liess er seinen Blick in die Augen seines Freundes wandern. Sah ihn von unten herauf an. In ernstem Schweigen. Doch sein Gegenueber schien nicht verstehen zu koennen, warum er dies tat, sodass Seung-Hyun seine Haltung erfolglos aufgeben musste. Nun hatte er sich Ji-Yong tatsaechlich zu Fuessen geworfen, in der Hoffnung, etwas zu erfahren. Konnte sein Freund wirklich derart dickkoepfig oder standhaft sein? Oder war er selbst es, der seine Ueberzeugung, dass dieser ein Geheimnis hatte, nicht fallen lassen konnte? Seung-Hyun verliess den Boden und stand auf. Ohne sich dem Juengeren noch einmal zu zu wenden, begab er sich auf den Weg nach draussen. “Ich geh dann...“, gab er tonlos von sich. “Komm gut zu deinen Eltern und fahr nicht zu spaet los....Wir sehen uns Montag.“ Er hoffte es. Aber eine Antwort wurde ihm nicht gegeben. --- Es war zu schade, dass er sich trotz eines Motorrads an die Strassenverkehrsordnung zu halten hatte. Der Stau, welcher sich in einer ungeahnten Laenge vor Seung-Hyun ausbreitete, waere mit seinem Gefaehrt leicht zu ueberwinden gewesen, aber er steckte fest. Frustriert starrte er auf die Uhr und sah den Zeitpunkt naeher reucken, an dem er geplant hatte, bereits seine Schwester zu begruessen. Sie wuerde ihm keine Vorwuerfe machen, aber er wollte ihr zumindest Bescheid geben. Sein Kopf drehte sich in alle Richtungen. Nichts bewegte sich. Hoffentlich wuerde dies fuer die naechsten Sekunden auch so bleiben. Schnell loeste er seine Handschuhe und entfernte seinen Helm, um sein Handy aus der rechten Brusttasche zu ziehen. Zu seiner Ueberraschung begann des Geraet genau in jener Sekunde zu klingeln. 'Ji-Yong', schoss es ihm durch den Kopf, aber seine Intuition irrte sich. Der Name seiner Schwester erschien auf dem Display. “Schwesterchen! Ich wollte dich grade anrufen.“ “Wirklich? Weshalb denn? “Ich stecke im Stau und werde spaeter kommen. Tut mir leid.“ “Oh nein...“ Ihre Stimme brach fuer einen Moment ab und dies kam ihm doch etwas zu dramatisch vor. In Anbetracht der Tatsache, dass er sich nur verspaeten wuerde. “Hey, das ist doch nicht so schlimm-“ “Nein, darum geht es nicht. Ich...ich hatte nur gehofft, dass du noch nicht losgefahren waerst.“ “Wieso? Sollte ich was mitbringen?“ Aus einem unersichtlichen Grund tauchte bei dieser Frage ein weiteres Mal ihr Anfuehrer vor seinem inneren Auge auf. Er schuettelte den Gedanken schnell fort. “Eigentlich ist es...ich muss unser Treffen absagen.“ Sie hoerte sich sehr bedrueckt an. Seung-Hyun spuerte ein schweres Gefuehl der Enttaeuschung durch seine Adern fliessen. “Weisst du, mein Freund, er hat mich zu einem Wochenende auf Jeju-do eingeladen! Er wusste ja nicht, dass du kommst und deshalb. Es gibt irgendein besonderes Event, zu dem er mit mir gehen moechte und es ist schon alles gebucht.“ Ihre Vorfreude war kaum zu ueberhoeren. Sie platzte fast vor Glueck und das wusste er. Deshalb wuerde er sich lieber nicht beklagen. Allerdings gab es dort etwas anderes, das sich ihm aufdraengte. Jeju war eine typische Insel fuer Paare in den Flitterwochen... “Jeju? Ihr habt doch nicht-“ “Haha, sei nicht albern. Es ist nur, um ein schoenes Wochenende zu verbringen. Und ich freue mich so sehr. Bitte sei mir nicht boese.“ Die flehenden Augen seiner kleinen Schwester waren ihm noch zu gut in Erinnerung und er war sich sicher, dass sie, auch wenn er sie nicht sehen konnte, wieder unerbittlich diesen Blick ausuebte. Seufzend fuhr er sich mit einer Hand ueber das Gesicht und nickte abwesend. “Schon in Ordnung. Wenn er dich einlaedt, kannst du das nicht ausschlagen. Wir treffen uns einfach ein anderes Mal.“ “Obba(grosser Bruder)! Ich liebe dich! Und es tut mir wirklich sehr Leid. Ich hoffe, du kommst bald aus dem Stau raus. Oh, ich muss jetzt los. Ich ruf dich aber spaeter nochmal an. Bis bald!“ “Bis bald.“ Aber sie hatte bereits aufgelegt. Maedchen, dachte er leicht kopfschuettelnd. Was sollte er nun anfangen? Voellig sinnlos im Stau stehend frustrierte ihn seine Situation umso mehr. Er haette im Apartment bleiben sollen und vielleicht sollte er auch wieder dorthin zurueckkehren. Nach diesem Gespraech fehlte ihm jegliche Motivation, an einen anderen Ort als jenen zu fahren, von dem er gekommen war. Aber er wuerde sicher nicht warten, bis die naechste Ausfahrt zu ihm kaeme. Wenige Minuten spaeter befand sich Seung-Hyun wieder im immerhin zaehfliessenden Innenstadtverkehr, fern von den Schnellstrassen. Es kostete ihn weitere zwanzig Minuten, um endlich Hongdae zu erreichen, wo es um diese Zeit von Einwohnern wie Touristen nur so wimmelte. Es war eine wirklich schoene Gegend, in welcher sie lebten, das musste er zugeben. Vor allem da aus jedem Laden, der die engen Strassen saeumte, die aktuellste Musik herausdroehnte. Zu Zeiten, in denen Big Bang ein neues Album veroeffentlichten, war es hier in jedem zweiten Geschaeft zu hoeren. Erleichtert bog er von der Hauptstrasse ab und fuhr direkt in eine Tiefgarage. Endlich wieder zu hause. Die Uhr zeigte bereits halb sieben, als er die Eingangstuer hinter sich ins Schloss fallen liess und seine Boots von den Fuessen streifte. Er war sich nicht sicher, ob das Apartment bereits vollkommen verlassen war, weshalb er in die Stille hineinlauschte. Zu hoeren war nichts, jedoch im Spalt unter der Wohnzimmertuer erschien Licht. Ji-Yong war also noch hier und dieser schien sein Heimkommen nicht bemerkt zu haben. Er brachte seine Tasche zurueck in ihr Zimmer und warf sie mit wenig Elan auf sein Bett. Dabei fiel sein Blick auf das Ji-Yongs und er stellte fest, dass die Reisetasche, welche der Juengere darauf abgestellt hatte, noch immer voellig leer war. Nicht einmal einer der Schraenke stand offen. Bis auf diese alte Tasche deutete nichts daraufhin, dass sein Freund vorhatte, uebers Wochenende wegzufahren. Waehrend Seung-Hyun in dem nur durch einige Strassenlaternen in ein diffuses Licht getauchten Zimmer stand und darueber nachsann, ob er seinen Freund zur Rede stellen sollte, bemerkte er nicht, wie sich die Wohnzimmertuer in den Flur hinaus oeffnete und leise Schritte sich auf das Schlafzimmer zu bewegten. Mit einem Schlag stand er in greller Helligkeit! “Ah!“, stiess er ein schmerzerfuelltes Stoehnen aus und bedeckte seine Augen. “Hyung, was machst du hier?“ Ji-Yong stand in der Tuer und klammerte sich an deren Rahmen, den Aelteren uberrascht betrachtend. Und wenn vor seinen Pupillen nicht schwarze Punkte getanzt haetten, welche ihm die Sicht erschwerten, haette Seung-Hyun geschworen, dass es ein Ausdruck des Entsetzens war. “Ich...meine Schwester hat abgesagt.“ “Oh, achso. Das ist ja...schade.“ Langsam lichtete sich der Schleier vor seinen Augen und er beobachtete, wie Ji-Yongs Haltung sich entspannte. Wenige Sekunden verbrachten sie in vollkommenem Schweigen, dann raeusperte der Aeltere sich. “Ja, ich denke, ich werde dann hier bleiben.“ Mit diesen Worten warf er auch seine Jacke von sich. “Was ist mit dir?“, fragte er, waehrend er dem Juengeren einen Seitenblick zuwarf. Dieser kam unsicher naeher. Seine Hand fuhr durch seinen Nacken. Eine Bewegung, welche ein Gefuehl von Befangenheit enthielt. Ji-Yong oeffnete einen Schrank, schien aber kurze Zeit spaeter festzustellen, dass es nicht der Richtige war und wandte sich von seinem Inhalt ab, ohne ihn zu schliessen. “Ja, ich wollte auch gleich los...“, gab er zur Antwort, konnte aber sein leichtes Stammeln nicht verbergen. Daraufhin griff er die Reisetasche von seinem Bett und liess sie vor einem anderen Schrank auf den Boden fallen. Ziellos suchte er zwischen den Regalen und Faechern und ebenso wahllos regneten Kleidungsstuecke auf den Boden und verfehlten mehr als einmal die Tasche. Seung-Hyun hatte keine Chance, das Gesicht seines Freundes bei dessen Tun zu betrachten. Zu tief hatte dieser sich in das Moebelstueck hineingegraben. “Glaubst du nicht, dass dieser Berg etwas viel fuer zwei Tage ist?“ Ji-Yong hielt inne. Langsam kam sein Oeberkoerper wieder zum Vorschein. Er starrte auf das T-shirt, welches er in seinen bebenden Haenden hielt. “Hyung, willst du...willst du wirklich nicht wegfahren?“ “Warum?“ Der Aeltere versuchte es beifaellig klingen zu lassen. In seinem Inneren jedoch brannte die Neugier. Sein Freund sank auf die Knie und begann seine Kleidung unkoordiniert in seine Tasche zu stopfen. “Naja, es waere doch sicher sehr einsam, wenn du hier ganz allein bleiben muesstest.“ “Mh, vielleicht, aber meine Eltern sind nicht da und der Rest meiner Verwandtschaft lebt zu weit weg.“ “Du kannst doch Freunde besuchen-“ “Warum bist du so versessen darauf, dass ich gehe?“ “Das bin ich nicht!“ “Das bist du sehr wohl! Hoer endlich auf mir auszuweichen und sag, was los ist!“ Ein weiteres Mal verstummten sie. Seung-Hyun starrte auf die unbewegliche Gestalt am Boden und Unbehagen keimte in ihm auf. Ji-Yong wagte es nicht mehr, seinem Freund zu wiedersprechen. Er vernahm, wie der Aeltere auf ihn zukam und sich zu ihm kniete. Eine von dessen grossen Haenden legte sich sanft auf seinem Ruecken nieder, waehrend die andere ihm das T-shirt entwandte. “Ji-Yong, warum luegst du? Du hattest ueberhaupt nicht vor, deine Familie zu besuchen, oder?“ Der Juengere nickte. Um dem anderen nicht sein beschaemtes Antlitz zeigen zu muessen, zog er einige der auf das Parkett gefallenen Kleidungsstuecke zu sich heran und begann, sie unbeholfen zusammen zu legen. “Ich hatte einfach keine Lust wegzufahren.“, entkam seinem Mund die halbgare Erklaerung und brachte Seung-Hyun dazu, seinen Kopf unauffaellig zu schuetteln. Sein Freund log noch immer und den Aelteren befiehl das Gefuehl eines Deja-vues. Wenn er sich nicht vorsah, wuerde dies genauso enden, wie ihr letzter Streit. Daher hielt er sich zurueck. “Warum hast du nicht einfach erzaehlt, dass du hier bleibst? Denkst du, ich haette versucht, es dir zu verbieten?“ Der Gedanke war absurd. Aber Ji-Yong benoetigte einige Sekunden, um zu wiedersprechen. “Quatscht...Ich wollte nur, dass du dir keine Sorgen machst. Mir geht es gut, aber du...ihr alle macht aus allem, was mich betrifft eine Riesensache. Das wollte ich umgehen.“ Seung-Hyuns Hand verschwand von seinem Koerper. Ji-Yong wusste nicht, ob er dies als Zustimmung deuten sollte, als stille Einsicht. Oder hatte er ihn verletzt? Als sein Freund sich von ihm entfernte, griff er aus Reflex zu. Er erfasste dessen Hosenbein und krallte sich in den Stoff. “Hyung!“ Entfuhr es ihm vorwurfsvoll. Aber der andere weigerte sich, ihn anzusehen. “Lass los.“ “Hyung, bitte sei nicht so.“ “Ich sagte: Lass los!“ Die Stimme des Aelteren bebte unterschwellig. Dies kam einer Warnung gleich, Ji-Yong jedoch uebersah sie. Er konnte das Verhalten seines Gegenuebers einfach nicht verstehen. Ihm erschien es als uebertriebene Sorge, welche im Gesicht seines Freundes nicht erscheinen sollte. Niemals. Er sollte sich keine Gedanken um ihn machen. “Jetzt hoer auf so kindisch zu sein. Was du hier machst, ist albern!“, beschwerte er sich. Der Stoff zwischen seinen Fingern wurde ihm entrissen. Seine Augen weiteten sich unter Schock und Verwirrung, als die Haende Seung-Hyuns ihn an den Oberarmen packten und seinen Koerper vom Boden fortzerrten. Beinah reflexartig zog er seinen Kopf ein und wagte es kaum, in die dunklen Augen zu sehen. Zu seiner eigenen Bestuerzung befuerchtete er tatsaechlich, dass der Aeltere ihn schlagen wuerde. Aber nichts dergleichen geschah. Ji-Yong wurde lediglich von dem schraubstockartigen Griff gefangen gehalten und die gleiche Kraft fand sich auch in den Augen seines Freundes wieder. Dieser rang mit sich, er konnte es spueren. “Ich halte das einfach nicht mehr aus!“, schrie Seung-Hyun dem Juengeren entgegen, welcher noch weiter in sich zusammenschrumpfte. “Diese ewige Heimlichtuerei! Du luegst schon seit Wochen, vielleicht schon seit Monaten! Wie soll ich dir glauben?“ “Ich luege nicht. Das denkst du nur, weil ich dir nicht jedes meiner Geheimnisse bruehwarm erzaehle.“ “Du gibst also zu, dass du ein Geheimnis hast?“ “Ja. Genau wie jeder andere auf diesem verdammten Planten. Und es geht dich nichts an!“ “Wenn es dich kaputt macht, dann geht es mich etwas an!“ Wie bereits vor einigen Wochen trugen sie einen erneuten Kampf aus. Und diesmal war Seung-Hyun nicht mehr gewillt, zu verlieren. Diese Situation musste endlich ihr Ende finden, denn auf diese Weise konnte er nicht mehr mit dem Menschen, der ihm gegenueberstand, zusammenleben. Aber Ji-Yongs Augen blickten kaempferisch, den seinen gleich. “Wenn du dich wie ein Freund verhalten wuerdest...“, setzte der Juengere ploetzlich an, “...dann wuerdest du genug Vertrauen in mich setzten, um mich meine Probleme allein regeln zu lassen.“ Seung-Hyun schuerzte seine Lippen und schloss die Augen fuer einen Moment. Ein bitteres Laecheln erschien in seinem Gesicht. “Du verstehst es nicht, oder? Du...du hast ueberhaupt nichts verstanden.“ Die Stimme des Aelteren war nun leise, fast gefluestert. Sie wirkte verzweifelt. Gerade so, als haette sie eigentlich etwas anderes sagen sollen, war aber davon abgehalten worden. Die Worte seines Freundes klangen fuer Ji-Yong raetselhaft und unverstaendlich. Er wollte sie nicht mehr hoeren. “Choi Seung-Hyun! Es reicht jetzt. Ich habe keine Lust mehr auf deine seltsamen Launen!“ Er hob die Haende und stiess sie vor dessen Brust. Seung-Hyun war zu ueberrascht, um zu reagieren und lockerte seinen Griff um die duennen Arme. Ji-Yong entkam ihm und verschwand hinaus in den Flur. Der Aeltere benoetigte einige Sekunden, um sich zu fangen und ihm nachzustuerzen. Als er dem Geflohenen endlich folgte, hatte dieser bereits seine Turnschuhe uebergestriffen und die Eingangstuer geoeffnet. Seung-Hyun handelte, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, ob er es tun sollte. Seine Hand schnellte an Ji-Yongs Kopf vorbei und warf mit einem Stoss die Tuer zurueck ins Schloss. Der Juengere zuckte zusammen und starrte unglaeubig auf den versperrten Ausgang. Und nicht nur jener Weg war ihm verwehrt, auch in jeder anderen Richtung erschienen Hindernisse. Sein Herz begann ungewoehnlich schmerzhaft gegen seinen Brustkorb zu schlagen. Er war umzingelt von Seung-Hyuns Koerper. “Du musst etwas wissen...“, verkuendete der Aeltere hinter ihm. Dessen Atem traf warm gegen seinen Nacken und er spuerte, wie sich die feinen Härchen darin aufstellten. Er wollte die Arme heben, die Haende ueber seine Ohren legen. Nicht hoeren muessen, wovor er sich regelrecht fuerchtete. “Ji-Yonga, ich bin nicht dein Freund. Schon lang nicht mehr, sehr lang. Und das will ich auch nicht mehr. Ich will...“ Er wandte dem anderen noch immer seinen Ruecken zu, waehrend er aus den Augenwinkeln wahrnahm, dass sich dessen rechte Hand vom Metall der Tuer loeste und aus seinem Sichtfeld verschwand. Gleich darauf spuerte er, wie sich die seicht kuehlen Fingerspitzen Seung-Hyuns in sein Haar gruben und ihren Weg nach unten fortfuehrten. Sie streichelten ueber seinen Hals und auch der Atem des Aelteren legte sich darauf. In Ji-Yongs Ohren rauschte das Blut. Ein Zucken ging durch seinen Koerper, als sich die Hand auf seiner Schulter niederlegte und ihn zwang, sich umzudrehen. “Ich will...“, fluesterte Seung-Hyun ein weiteres Mal, liess seine Finger ueber die blasse Wange und das feine Gesicht des Juengeren wandern, bis sie sich in dessen Haar wiederfanden. Beilaeufig ertastete er Ji-Yongs Ohrmuschel und beobachtete, wie sich die Augen seines Gegenuebers verklaerten. “Ich will sehr viel mehr von dir.“ Seine Lippen senkten sich auf die seines gelaehmten Freundes nieder und trafen auf sie, wie auf ein weiches Kissen. Waerme durchstroehmte Seung-Hyuns Glieder und stieg in seinen Kopf. Noch waren die Lippen Ji-Yongs unbeweglich. Erstarrt wie sein Koerper von Ueberraschung und Schock. Jedoch, als der Aeltere ihnen die seinen noch ein wenig fester entgegen presste, spuerte er, wie sie erzitterten. Das Herz des Juengeren raste und erschwerte ihm das Atmen. Die Lippen Seung-Hyuns zu spueren, war ueberwaeltigender als er es sich je ertraeumt hatte. Seine Sinne wurden in einen bunten Strudel gesogen, seinen Gedanken gleich. Er hob die Haende, legte sie an die muskuloese Brust und grub seine Finger in den Stoff, welcher sie bedeckte. Da loeste sich auch Seung-Hyuns Linke von der Tuer und legte sich fest um den schmalen Ruecken seines Freundes. Er zog ihn nah an seinen Eigenen und lehnte sich tiefer in den Kuss. Als die Zaehne des Aelteren sich leicht in seine unter der Aufregung bereits anschwellende Unterlippe drueckten, keuchte Ji-Yong leise und oeffnete seinen Mund. Seung-Hyun schob seine Zunge in die so lang begehrte Oeffnung und begann zu kosten, zu ertasten. Der suesse Speichel vermischte sich mit seinem Eigenen, waehrend die Zunge des Juengeren nun ebenfalls gegen die seine stiess. Verlangend bewegten sie sich gegeneinander und in diesem Spiel schlangen sich nun auch Ji-Yongs Arme um den Hals des anderen. Hielten ihn bei sich. Einige Sekunden spaeter beendete Seung-Hyun den Kuss mit einem leisen Seufzen und unter schwerem Atem. Sein Verstand kehrte nicht zurueck. Sie beide waren gefangen in der Hitze, die von ihren Koerpern aufstieg. Ji-Yong bemerkte, wie die Haende des Aelteren tiefer wanderten. Sie erreichten den Rand seines T-shirts und schluepften darunter. Zaertlich begannen sie die warme Haut zu liebkosen. Doch anstatt dem Juengeren in die vernebelten Augen zu sehen, hielt sich Seung-Hyun nicht weiter bei dessen Lippen auf und begann mit den Eigenen begierig den schlanken Hals zu erkunden, wobei er die Zaehne wieder und wieder hineingleiten liess. Er war einfach zu ergriffen davon, sich endlich zu nehmen, was er schon derart lang begehrt hatte, dass er kaum wahrnahm, wie sich Ji-Yongs Koerper wieder verkrampfte. Dessen Blick fiel in weite Ferne. Der Albtraum kehrte zu ihm zurueck. Es war genauso wie an diesem vergangenen Nachmittag, als er nur durch Hilfe daraus hatte erwachen koennen. Seung-Hyuns Haende und Lippen auf ihm, der heisse Atem und das angenehme Gefuehl in seiner Brust, dass er sich gehen lassen konnte. Dass er hier sicher war. Aber er wusste, dass der Schein trog. Er wusste, dass, wenn er es nicht hier und jetzt beendete, die zaertlichen Gesten sich verwandeln und der Albtraum zur graesslichen Wirklichkeit werden wuerde. Ji-Yong zog seine Arme von Seung-Hyuns Hals zurueck und bereits zu diesem Zeitpunkt bat er diesen still um Verzeihung fuer seine Dummheit. Dann stiess er den waermenden Koeper von sich. Ein weiteres Mal zurueckgewiesen liess der Aeltere verwirrt von ihm ab und starrte ihn fragend und zweifelnd an. Aber Ji-Yong hielt seinen Kopf gesenkt, seine Haende waren zu Faeusten geballt. “Warum?“, hoerte Seung-Hyun die bebende Gestalt vor sich wispern. “Ji-Yonga-“ Er wollte ihn beruehren, doch im naechsten Moment brach es aus dem Juengeren heraus. “Warum hast du das getan?!“ Die geschrienen Worte hallten klingelnd in seinen Ohren wieder, aber Seung-Hyun war es unmoeglich, sie zu fassen. Ji-Yong hatte es gewollt. Er selbst hatte gespuert, wie sehr sein Freund seine Beruehrungen genossen hatte. Jedoch, bevor ihm die Gelegenheit gegeben wurde, herauszufinden, warum er ihn ploetzlich von sich wies, hatte dieser bereits die Eingangstuer aufgerissen und war dahinter verschwunden. Alles, was er nun vernahm, waren dessen fluechtende Schritte. “Ji-Yonga!“, rief er vergebens, doch sein Freund kehrte nicht zu ihm zurueck. Seung-Hyun taumelte in ihr Zimmer und betrachtete den Waescheberg, in welchem der Juengere noch bis vor wenigen Minuten gesessen hatte. Hilflos und in sich zurueckgezogen. Er fuehlte sich betaeubt, als er zu Boden sank und begann, die Kleidungsstuecke an ihren urspruenglichen Platz zu legen. In seinem Kopf herrschte der Wunsch, das Gefuehl von Ji-Yongs Koerper, den Klang seiner Stimme zu sich zu holen. Selbst wenn dieser ihn als abstossend empfand. “Scheisse!“, stiess er hervor, die Hosen, welche er soeben in der Hand hielt, von sich schleudernd. Seine Finger rauften unstet durch sein schwarzes Haar. Was sollte er tun? Was konnte er tun? Um es zu vergessen. Um ihren kurzen Moment sofort aus seinem Gedaechtnis zu streichen, da er sich nie wiederholen wuerde. Seine Chance war verspielt. Seung-Hyun fand den Weg in die Kueche, ohne sich bewusst zu sein, was er dort ueberhaupt suchte. Sinnlos und ungeschickt durchwuehlte er jeden Schrank, zog jede Schublade heraus, bis er im Kuehlschrank fuendig wurde. Es war noch eine Dose uebrig, nur eine. Mit bebenden Haenden oeffnete er sie und liess das kuehle Bier seinen Rachen hinablaufen. Allein wie er es seine Speiseroehre hinunterfliessen spuerte und der Geschmack des Alkohols in seinem Mund Einzug hielt, brachte ihm Trost. Er benoetigte mehr. Mehr Trost. --- Ji-Yongs Zaehne schlugen unkontrolliert aufeinander. Die Kaelte frass sich in seine Glieder, kroch unerbittlich unter seine Haut. Seit Stunden schon, so kam es ihm vor, irrte er durch die Gegend, nicht bereit, sich an einem Ort fuer laengere Zeit aufzuhalten. Er hatte versucht, in einem Cafe Zuflucht zu finden, aber sehr bald nach seiner Ankunft war es dort unruhig geworden. Aus Angst, erkannt und belaestigt zu werden, hatte er es wieder verlassen. Erst spaeter war ihm aufgefallen, dass die Blicke der Leute vielleicht weniger seiner Persoenlichkeit und eher seiner sperrlichen Bekleidung gegolten hatten. Noch immer war Januar. Die Luft war eisig. Bei seiner Flucht jedoch hatte er nicht daran denken koennen, eine Winterjacke mit sich zu nehmen. Diese Tatsache bereute er nun. Er musste zurueckgehen. Auch wenn er nicht ahnte, wie diese Nacht enden wuerde, er musste zu Seung-Hyun gehen und ihm sagen, dass er keine Schuld trug. Ihm sagen, dass er nicht mit ihm zusammen sein konnte. Nur auf diese Weise koennte es endlich Klarheit zwischen ihnen geben. Ji-Yong seufzte und rieb sich die tauben Haende, waehrend sein Atem weiss in die Nachtluft aufstieg. Er hatte geahnt, dass es eines Tages soweit kommen wuerde. Von Anbeginn. Nach einer Ewigkeit ueberwandte er sich, ins Treppenhaus einzutreten und die Neonlichter des Einkaufsviertel hinter sich zu lassen. Unzaehlige Gedanken zogen hinter seiner Stirn ihre Kreise, bis er wieder in das Apartment eintrat. Wuerde Seung-Hyun ueberhaupt dort sein? Wuerde er ihm zuhoeren? Ihn verstehen? Waerme huellte ihn ein, als er den Flur betrat und seine Schuhe auszog. Seine unterkuehlten Finger wurden von einem Kribbeln durchzogen. “Scheisse, ist das kalt!“, fluchte er verhalten und sah sich um. Im keinem der Zimmer brannte Licht. Von jeder Seite her starrten ihn dunkle Tueren an. Ein unangenehmer Schauer ergoss sich ueber seinen Ruecken und er lief zu ihrem Schlafzimmer hinueber. Die Tuer stand offen, sodass der Raum vom Licht des Flures sperrlich erhellt wurde. Seine Augen tasteten sich an seinen noch immer auf dem Boden verteilten Kleidungsstuecken vorbei und wanderten langsam, schrittweise hinueber zu Seung-Hyuns Bett. Im hereinfallenden Licht offenbarte sich ihm ein paar Fuesse und Ji-Yongs Mut sank. Sein Freund war hier. Er sass im Schatten des Raumes. Wie lang wohl schon? Unsicher kam der Juengere naeher. Er verliess die Helligkeit, um zu ihm ins Dunkel zu treten. “Hyung?“, sprach er mit bebender Stimme, der Aeltere jedoch zeigte keine Reaktion. Je weiter Ji-Yong auf diesen zukam, desto mehr Einzelheiten seiner Gestalt und seines Tuns wurden fuer ihn sichtbar. Seung-Hyuns Hand hob sich an seinen Mund und er nahm einen tiefen Zug aus einem schimmernden Behaelter. Eine Dose, von welcher noch weitere, bereits geleerte, den Boden zu seinen Fuessen saeumten. “Hyung...“, fluesterte er entgeistert. Dessen leichte Fahne wehte zu ihm und er senkte den Blick. Das hier hatte er zu verantworten. Er ganz allein. Als Seung-Hyun seine Hand wieder hob, packte Ji-Yong die Dose und hielt sie verbissen fest. “Seung-Hyun, glaubst du nicht, dass du genug hast?“ Mit dieser Frage hoffte er, den anderen dazu zu bringen, ihn anzusehen, aber dieser schien ihn verbissen ignorieren zu wollen. Er zerrte an seinem Bier, ohne den Blick zu heben. Ji-Yong wurde ungeduldig. “Verdammt, sei nicht so stur! Wir muessen miteinander reden, verstehst du das ni-“ Seine Stimme brach ab. Der Kopf des Aelteren hatte sich gedreht, sich ihren Haenden, welche die Dose hielten, zugewandt. Er schien sie konzentriert zu betrachten und sehr langsam aus seiner Lethargie zu erwachen. Erst in diesem Augenblick nahm er den Juengeren wirklich wahr. Dessen blasse Hand lag sehr nah bei der seinen. Zum Greifen nah. Seung-Hyun hob seine Linke und umfasste mit ihr kraftvoll Ji-Yongs Handgelenk, dessen Griff am Metall sich sofort lockerte. Er starrte sein Gegenueber an. “Hyung, was hast du vor?“ Die Dose wurde ihm entrissen und fiel zu Boden. Das restliche Bier sickerte heraus, verteilte sich ueber das Parkett. Seung-Hyun jedoch interessierte dies nicht. Er zog den Juengeren naeher zu sich heran und senkte seine Lippen auf dessen Handflaeche nieder. Sie war eisig. Er konnte spueren, wie die Waerme aus seinen Lippen wich, waehrend er sie kuesste. Die Haut schmeckte salzig. Seung-Hyun ertastete sie weiter. Zaertlich, aber mit groesser werdendem Verlangen. Er streichelte die langen Finger und liess seine Lippen ueber den Handruecken gleiten. In diesem Moment erlangte Ji-Yong seine Fassung zurueck und versuchte sich ihm zu entziehen. “Hyung, bitte hoer auf!“, stiess er hervor und wollte sich dem Aelteren entreissen. Dieser jedoch packte unbeeindruckt seinen Arm. Er setzte heisse Kuesse auf den zuckenden Unterarm und wieder begann Ji-Yongs Herz schmerzhaft zu schlagen, waehrend er die Lippen seines Freundes auf der kalten Haut wahrnahm. Seung-Hyun war voellig in sein Tun vertieft, liess sich nicht davon abbringen. Er erhob sich, als der Juengere sich wieder befreien wollte und zog ihn an sich. Dieser begann ihn in aufwallender Panik zu schlagen, aber er war nicht stark genug. “Hoer auf...“, fluesterte er atemlos und entliess einen unterdrueckten Schmerzensschrei, als sich die Zaehne seines Freundes in seinen Hals bohrten, um unerbittlich daran zu saugen. Das Wimmern des Juengeren kuemmerte ihn nicht. Die Laute schienen nicht einmal zu ihm vorzudringen. Als er sich sicher war, ein sichtbares Mal in der hellen Haut hinterlassen zu haben, leckte er andaechtig darueber und draengte Ji-Yong zu dessen Bett. Dieser leistete Wiederstand, aber Seung-Hyun liess ihn nicht entkommen. Er riss ihm das T-shirt ueber den Kopf, um seinen Koerper betrachten zu koennen, entzog es ihm aber nicht ganz. Es schob es lediglich bis zu den Ellbogen, sodass der Juengere seine Arme nicht mehr daraus befreien konnte. Mit einem kraftvollen Stoss befoerderte er den duennen Koerper auf die Matratze zwischen die Kissen. Hilflos beobachtete Ji-Yong, wie sich Seung-Hyun ueber ihn beugte. Dessen Blick wurde noch immer vom Alkohol beherrscht. Er wusste nicht, was er tat. Und wieder beruehrten ihn dessen gluehende Lippen, wanderten ueber seine Brust, die unter seiner hastigen Atmung erzitterte. Der Aeltere verging sich an seinen Brustwarzen indem er leidenschaftlich hinein biss und ihm ein unkontrolliertes Keuchen entlockte. Die Welt begann sich erneut vor seinen Augen zu drehen, seine Sicht verschwamm. Durch diesen Schleier hindurch nahm er wahr, wie Seung-Hyun noch tiefer rutschte. Dieser schob die Arme unter seine Beine, um sie zu spreizen. Sogleich liess er sich zwischen sie fallen und stiess seine Zunge in den delikaten Bauchnabel. Seung-Hyun spuerte, wie der Koeper des Juengeren sich unter ihm wandte. Wie dieser noch immer versuchte, ihm zu entkommen. Vergeblich. “Hyung, tu das nicht. Bitte, hoer auf.“, presste dieser verzweifelt hervor. Das konnte er ihm nicht antun. Schnelle Finger begann seinen Guertel zu oeffnen. Seung-Hyun entsagte dem Bauchnabel, welcher von Speichel glaenzte und presste seine Zaehne ein weiteres Mal in die weiche Haut, lutschte mit Genuss daran und entliess selbst ein leises Stoehnen. Ji-Yong konnte es hoeren. Er konnte hoeren, wie der Aeltere es genoss, seinen Koeper zu besitzen. Dessen erregter Atem prallte unaufhoerlich gegen seinen Bauch. Seine Haende bebten, waehrend er den Reissverschluss von Ji-Yongs Hose oeffnete und in den Augen des Juengeren zeigten sich die ersten Traenen. Sein Wimmern verstaerkte sich und ihm wurde eines bewusst: Seung-Hyun wuerde ihn benutzen, bis er zufrieden gestellt waere. Bis der Albtraum endgueltig zur Realitaet geworden waere. Waehrend sein Freund den verbliebenen Stoff von seinen Hueften zerrte, begann Ji-Yong zu weinen. Kapitel 7: Kapitel 7 -------------------- An Seung-Hyuns Ohr drang ein verzweifelter Laut. Er hoerte ihn nicht zum ersten Mal, aber sein Denken war zu langsam, als dass er sich erinnern koennte. Noch immer fuehlte er den warmen Koerper unter sich, von welchem Hitze aufstieg. Sie huellte ihn ein und mit ihr zusammen erschien dieser suesse Duft, der ihn gefangen nahm. Von der Sekunde an, in der Ji-Yong das Zimmer betreten hatte, war er wieder da gewesen, hatte sich unaufhaltsam in seinen Geist gedraengt und ihn in Ketten gelegt. Er hatte sich nicht wehren koennen. Hatte sich vielleicht nicht einmal wehren wollen. Solang er sich gehen liess und nur seinem Verlangen folgte, konnte er frei sein. Doch nun war dieses Geraeusch aufgetaucht und zu ihm gesellte sich ein gelegentliches Beben, welches Ji-Yongs duenne Glieder erzittern liess. Seung-Hyun drueckte sich nach oben, nahm leichten Abstand, starrte aber noch immer mit dumpfem Blick auf den entbloessten Bauch vor sich. Was tat er eigentlich? Warum hatte er es begonnen? Er konnte sich nicht erinnern. Sein Verstand, er hatte ihn verloren. Aber wann? Vor fuenf Minuten? Oder war es bereits vor Stunden geschehen? Endgueltig setzte er sich auf und hielt sich eine Hand an den schmerzenden Kopf. Es war sehr dunkel, bis auf das spaerliche Licht, welches vom Flur her und durch die Tuer drang. Sein Blick wanderte hoeher. Hinauf zum Gesicht seines Freundes, welcher halb entbloesst mit schlotternden Gliedern vor ihm lag. Aber er konnte ihm nicht in die Augen sehen. Ji-Yong hatte sie fest geschlossen und seine Arme so weit es ihm moeglich war in sein Gesicht gezogen. Es verlangte diesen danach, es mit seinen Haenden zu verstecken, doch diese waren noch gefesselt. Seung-Hyun hatte ihm keine Chance gelassen. Jedoch in diesem Augenblick liess der Aeltere von ihm ab. Es war, als wuerde alles um Seung-Hyun herum ploetzlich klarer werden. Und nun konnte er auch hoeren, was ihn aus seinen Traeumen gerissen hatte. Es war Ji-Yongs aengstliches Schluchzen. “Ji-Ji-Yonga...“, verliess es langsam Seung-Hyuns Mund. Im Moment war es ihm nicht moeglich, nachzuvollziehen, was soeben geschehen war. Er entsagte dem Platz zwischen den Beinen des Juengeren und setzte sich vorsichtig neben diesen. Er hoerte nicht auf zu weinen. Seung-Hyun fuehlte Unsicherheit und Verwirrung in sich. Seine bebende Hand bewegte sich auf die traenenueberlaufenen Wangen zu und beruehrte sie unglaeubig. Dies war die Wirklichkeit. Ji-Yong oeffnete zaghaft seine Lider, seinen Blick auf den anderen richtend, welcher nur als dunkle Gestalt vor ihm erschien. Er hatte aufgehoert. Der Juengere fuehlte, dass sich etwas an seinem Freund veraendert hatte. Doch dies allein half nicht, ihn aus dem duesternen Albtraum zurueckzuholen, in den er gefallen war. Die Brust noch immer voll Furcht aber zu schwach, um davon zu laufen, zog er seine Arme an sich und wandte sich von dem Aelteren ab. Weiterhin leise wimmernd. Seung-Hyun biss sich auf die Lippen, so kraeftig, dass es schmerzte. Seine Hand wollte sich auf Ji-Yongs Schulter legen, aber wagte es nicht, als dieser beim erneuten Klang seiner Stimme zusammenzuckte. Er begann seine Augen durch den Raum wandern zu lassen, suchend nach einem Anhaltspunkt. Irgendetwas Wichtiges schien er vergessen zu haben. Die Lippen seines Freundes, er hatte sie gekuesst, jedoch war er abgewiesen worden. Wie hatte dieser ihn von sich stossen koennen? Er konnte es nicht verstehen und waehrend seine Finger sich in den Stoff seiner Hose krallten, blieb sein Blick an den geleerten Bierdosen haengen, welche in einer schimmernden Pfuetze unbeweglich dastanden. In diesem Moment sah er sie wieder vor sich. Ji-Yongs Hand, die ihn davon hatte abhalten wollen, weiterzutrinken. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie viel er getrunken hatte. Sein Kopf sank pochend auf seine Handflaechen und er musste die Ellenbogen auf seine Kniee stuetzen, um ihn zu halten. Nun konnte er sie hoeren. Ji-Yongs Stimme in seinem Kopf, die ihn beschwor aufzuhoeren. Es verlangte Seung-Hyun nach diesem Menschen. So sehr, dass er jedes klare Denken verlor, um im Stande zu sein, die Gefuehle und Wuensche des Juengeren zu ignorieren. Um sich endlich zu nehmen, was er selbst sich wuenschte. Ji-Yong wuerde es niemals verstehen. Wie sollte dieser ihm verzeihen? Vielleicht hatte er gehofft, sein Freund wuerde seine Gefuehle erwiedern, wenn er sie ihm nur mit aller Macht aufzwang. Aber damit hatte er einen Fehler begangen. Noch immer erklang das Weinen hinter ihm. Seung-Hyun wandte sich um. Die schmalen unbekleideten Schultern lagen ruhig da. Er wagte es, sie zu beruehren. Sanft legte sich seine Hand darauf nieder und streichelte sie. Die leisen Schluchzer verklangen mit dieser Geste und Seung-Hyun fuehlte sich ermutigt, etwas zu sagen. “Ji-Yonga, bitte wein nicht mehr. Ich...ich bin wieder bei Verstand,“ Natuerlich erhielt er keine Antwort. Was er ihm mitgeteilt hatte, haette eher ein veraechtliches Lachen des Juengeren heraufbeschwoeren koennen als ein erleichtertes Seufzen. Aber dies waren nicht Ji-Yongs Gedanken. Nachdem er seinen Traenen endlich erlaubt hatte zu fliessen, hatte er sich bereits dazu entschieden, Seung-Hyun zu verzeihen. Trotz des wiederkehrenden Gefuehls der Erniedrigung haette er es ertragen. Fuer ihn. Doch nun spuerte er dessen Hand derart zaertlich. Dessen Stimme ruhig und klar. Ji-Yong verstand kaum, was geschehen war. Er wusste nur, dass sein Herz noch raste. Aber Angst war nicht der Grund. Er oeffnete die Augen und liess seinen Blick ins Leere fallen. Jeder seiner Sinne richtete sich auf den Koerper des anderen. Seung-Hyuns Beruehrung, sie war warm. Waehrend dieser zu sprechen begann, horchte er wieder auf. “Ji-Yonga, was soll ich tun? Sag es mir...sobald du vor mir stehst, kann ich mich nicht mehr beherrschen. Eine Zeit lang dachte ich, ich koennte so leben, aber...ich werde verrueckt.“ Der Aeltere nahm wahr, wie sein Gegenueber sich leicht regte. Es machte ihn nervoes, dessen Gesicht nicht sehen zu koennen, nicht zu wissen, was dieser dachte. Wiederum gab es ihm aber auch den Mut, weiterzusprechen. Seung-Hyun wurde bewusst, dass er bereits zu weit gegangen war und trotzdem war Ji-Yong noch hier. Er hatte nichts mehr zu verlieren. Vorsichtig beugte er sich zu den Schultern des Juengeren herunter, wobei seine Hand sanft ueber dessen Oberarm glitt. Er erfuehlte die angespannten Muskeln unter der Haut und glaubte auch, den schnellen Takt von dessen Herzen wahrzunehmen. Seine Augenlider senkten sich halb herab, unter dem suessen schweren Parfuem, das Ji-Yongs Koerper verstroehmte. “Ich will dir nicht weh tun. Niemals. Aber wenn du vor mir stehst und laechelst, dann will ich dich umarmen. Ich...ich will es so sehr, dass mein gesamter Koerper schmerzt, wenn ich den Wunsch zurueckdraenge. Es tut sehr weh, dich zu lieben.“ Mit diesen letzten Worten widmeten sich seine Lippen wieder liebkosend der zarten Haut ueber Ji-Yongs Schulterblatt. Die Beruehrung liess ein Kribbeln entstehen, welches sich die Wirbelsaeule des Juengeren hinaufschlich und in seinem Nacken muendete. Ji-Yong konnte fuehlen, wie sich die feinen Haeaerchen an diesem Punkt aufrichteten und Seung-Hyuns warmer Atem angenehm vertraut ueber seinen Koerper strich. Die Furcht, die ihn zuvor beherrscht hatte, schwand. Der boese Traum war vorrueber und mit ihm der Gedanke an jede Fessel, die ihn hielt. Warum hatte er derart lang gewartet? Warum hatte Seung-Hyun nicht bereits frueher gestanden? Viel frueher... Er rollte sich auf den Ruecken, was den Aelteren dazu brachte, von ihm abzulassen. Sein Blick fiel in dessen Augen und verlor sich darin. Ji-Yong liess seine Fingerspitzen ueber die kraeftigen Arme hinaufwandern, welche sich zu beiden Seiten seines Oberkoerpers abstuetzten. Dann senkte sich sein Blick und er betrachtete die schmalen Lippen seines Gegenuebers. “Ich will, dass der Schmerz aufhoert.“, fluesterte er. Was danach geschah, verlor sich in seiner Erinnerung. Seung-Hyuns Lippen legten sich ohne das geringste Zoegern auf die seinen und dessen Zunge spaltete sie, um seinen Speichel zu kosten. Der Juengere spuerte Verlangen nach Naehe in sich aufwallen. Seine Arme wurden von dem Stoff, der sie noch immer umwickelte, befreit, so dass er sie endlich um die breiten Schulter schlingen und Seung-Hyun an sich ziehen konnte. Dieser begann ein weiteres Mal, den schlanken Koerper zu erkunden und entlockte dem anderen nun statt Traenen wohliges Stoehnen und erregtes Keuchen. Er entledigte sich seines Shirts und entbloesste Ji-Yong so wie sich selbst bald vollstaendig. Der Blick seines geliebten Freundes war verklaert. Dieser ergriff seine Schultern und zog ihn wieder zu sich heran. Um dessen Haut auf der seinen zu spueren, presste er den Aelteren fest an sich und spreizte die Beine. Er schloss geniessend die Augen, als die Beruehrungen inniger wurden. Erfuehlte nur noch, wie die Zunge des anderen ihn zaertich streichelte, was ihm wieder und wieder ein wollluestiges Stoehnen entlockte. Wenige Minuten spaeter rieben ihre schweissbedeckten Koerper lustvoll aneinander. Seung-Hyun hatte sein Gesicht in Ji-Yongs Halsbeuge vergraben, keuchend unter der Anstrengung und Erregung, welche ihn ergriffen hatten. Die duennen Glieder des Juengeren hatten sich haltsuchend um ihn geschlungen und dessen Fingerspitzen gruben sich schmerzhaft in seinen Ruecken. Aber dieser Schmerz hatte keine Bedeutung, nun wo jeder andere verschwunden war. Ji-Yong lag in seinen Armen, sprach ein ums andere Mal seinen Namen aus und Seung-Hyun liebte es, dessen suesser Stimme zu lauschen. Den bebenden Koerper in seiner Umarmung gefangen haltend, ihn mit Wonne zum Hoehepunkt treibend, verspuerte er eine Ekstase, von der er wollte, dass sie niemals endete. --- Seit er erwacht war, hatte Seung-Hyun nichts anderes tun koennen, als das Gesicht seines Freundes zu betrachten, welcher noch immer friedlich schlief. Ji-Yong hatte in dieser Nacht so nah bei ihm gelegen, dass es gewirkt hatte, als wuerde er sich nie wieder von ihm loesen. Nachdem vor einigen Stunden dessen letzter Schrei verklungen war, hatten sie beide, noch zu sehr von den unwirklichen Geschehnissen berauscht, kein Wort mehr gesprochen. Der Juengere war einfach schwer atmend neben ihm eingeschlafen. Und auch er selbst war von seiner Erschoepfung uebermannt worden. Erst als er die Augen im ersten Morgengrauen wieder oeffnete, war ihm aufgefallen, dass das Flurlicht noch immer brannte. Da Ji-Yong wohl noch fuer eine Weile dem Schlaf verfallen sein wuerde, wandte sich der Aeltere vorsichtig aus dessen Umklammerung und kam auf die Beine. Leicht froestelnd trat er ans Fenster und warf einen ueberraschten Blick hinaus. Es hatte geschneit und das Grau, welches den Himmel in den letzten Wochen regiert hatte, war einem sanften Hellblau gewichen. Ji-Yong murmelte hinter ihm. Da Seung-Hyun aufgestanden war, lag er nun im Sonnenlicht. Der Aeltere laechelte ueber den unschuldigen Anblick und schloss die Vorhaenge. Danach setzte er einen Kuss auf die heisse Wange des Schlafenden. “Ji-Yonga...“, fluesterte er leise, "Schlaf schoen.“ Dann verliess er den Raum, um duschen zu gehen. Es war nicht lang danach, das Ji-Yong selbst erwachte. Der Geruch von frisch gebruehtem Kaffee drang in seine Traeume und loeste sie auf. Er oeffnete die Augen und entdeckte vor sich auf dem Nachttisch eine dampfende Tasse. Muehsam richtete er sich auf, waehrend er sich mit seinen langen Fingern durch das verworrene Haar fuhr. Seine gesamten Glieder waren steif und schmerzten, aber er bereute den Grund fuer diesen Zustand nicht. Noch war die Sonne ausgesperrt und er konnte sich vormachen, dass der Tag noch nicht vollstaendig angebrochen war. Seine Hand streckte sich nach der Tasse aus. Langsam kehrten die Bilder der Nacht in seinen Kopf zurueck. Sein eigenes Stoehnen klang in seinen Ohren nach genauso wie das seines Freundes. Die Stimme Seung-Hyuns war viel sanfter gewesen, als er es gewoehnt war. Dies trieb ihm ein leichtes Laecheln auf die Lippen. Als er den Griff der Tasse beinahe erreicht hatte, schlangen sich ploetzlich zwei Arme von hinten um seine Schultern und er wurde zurueckgezogen, an einen warmen Koerper. Entspannt atmete Ji-Yong aus und wandte den Kopf zur Seite, um in Seung-Hyuns dunkle Augen zu sehen. Doch dieser vergrub bereits sein Gesicht in der Halsbeuge des Juengeren, um mit Genuss einen Kuss hinein zu setzen. “Guten Morgen.“, murmelte dieser daraufhin und seine raue Stimme klang verkatert. Ji-Yong lief ein angenehmer Schauer ueber den Ruecken. “Morgen...“, erwiderte er den Gruß vertraeumt, wobei er mit einer Hand durch das schwarze Haar seines Freundes streichelte. Beide genossen die Naehe fuer einige Sekunden, dann entliessen ihn Seung-Hyuns Arme und er nahm nun endlich die Kaffeetasse an sich. “Danke hierfuer.“, meinte er noch, bevor er einen grossen Schluck seine Kehle hinunterfliessen liess. Der Aeltere beobachtete aufmerksam, wie sich der Kehlkopf an Ji-Yongs schlankem Hals auf und ab bewegte. Er bemerkte ueberhaupt nicht, wie sein Blick entrueckte. “Hyung?“, fragte der Juengere behutsam, als ihm dessen Gesichtsausdruck auffiel. Seung-Hyun schien ihn nicht sofort zu hoeren, weswegen er ein Stueck naeher rueckte und eine Hand an dessen Wange legte. Dieser blinzelte leicht erschrocken und bedeckte die warme Hand mit der eigenen. Dann schmunzelte er. “Komm her.“, fluesterte er, woraufhin er sich mit dem Ruecken gegen die kuehle Wand lehnte und den Juengeren in eine Umarmung zwischen seine Beine dirigierte. Dieser gab keine Wiederworte und liess sich sofort gegen die waermespendende Brust sinken. “Gut, dass es der Kaffeegeruch war, der mich geweckt hat. Sonst haette ich vielleicht die Befuerchtung gehabt, dass du abgehaun seist.“ Ji-Yong lachte leise und war der Ueberzeugung, dass sein Freund mit einfallen wuerde. Aber dieser blieb stumm. So verklang das Lachen allein und er wagte es nicht, sich umzuwenden. Dieser Kommentar war allem Anschein nach unpassend gewesen. “Hyung, es tut m-“, setzte er an, aber Seung-Hyun unterbrach ihn, indem dieser eine Hand ueber seinen Mund legte. Kaum vernehmlich streichelten seine Fingerspitzen die leicht trockenen Lippen und erfuehlten den Atem, der Ji-Yongs Mund verliess. “Das wuerde ich niemals tun.“, erklang seine Stimme bruechig und wehmuetig neben dem Ohr des anderen. “Dich zu beruehren, wie ich es gestern Nacht getan habe, war kein Wunsch, den mir der Alkohol eingefluestert hatte. Aber erst als er jeden Gedanken in meinem Kopf betaeubt hat, hab ich es gewagt. Oder...ich bin wohl eher durchgedreht. Ich hab...“, setzte er noch einmal an und stockte, da er sich vor dieser Frage fuerchtete. Seine Arme schlossen sich um Ji-Yongs Schultern. “Hab ich dir weh getan?“ Die Haende seines Freundes, in welchen dieser noch immer die heisse Tasse hielt, senkten sich mit dieser auf die Bettdecke. Und mit ihnen sank Seung-Hyuns Mut. Ji-Yong liess sich Zeit mit seiner Antwort. Nicht, weil er den Aelteren bestrafen wollte, sondern um ehrlich sein zu koennen. Alles, was von dieser Nacht in seiner Erinnerung zurueckgeblieben war, waren seine Gefuehle und Seung-Hyuns Gestaendnis. Da war kein Schmerz, der sich in ihn gebohrt hatte, lediglich die rasende Angst, vor den erzwungenen Beruehrungen. Doch sie hatte ihn nicht zerrissen. Seung-Hyun liebte ihn. So sehr, dass er den Verstand verlor. Wie koennte er nicht gluecklich sein? Seicht schuettelte der Juengere den Kopf, was eine schwere Last vom Herzen seines Freundes nahm. “Ich hatte Angst, du wuerdest mir weh tun. Aber das wuerdest du nie. Niemals freiwillig. Ich hab dich gezwungen, dich so zu verhalten.“ “Wie kommst du darauf?“ Dass er getrunken hatte und kurz davor gewesen war, der Person, die er liebte, etwas Grauenvolles anzutun, war sein eigener Verdienst gewesen. Dies ging Seung-Hyun durch den Kopf, waehrend er Ji-Yong lauschte. Warum gab der Juengere sich nun die Schuld. Es sei denn... “Wie lange ahnst du es schon?“ “Seit...einiger Zeit.“, antwortete Ji-Yong vorsichtig. Seung-Hyun nickte, auch wenn der andere es nicht sehen konnte. “So lang also schon.“ Der Aeltere stiess seinen Atem schwer gegen den Nacken vor sich aus und liess seinen Kopf nach hinten sinken. Seine Umarmung lockerte sich und verliess den Oberkoerper Ji-Yongs. Dieser fuehlte sich ploetzlich hilflos, weshalb er sich noch fester an die Tasse zwischen seinen Haenden klammerte. “Ich muss ja wie ein absoluter Idiot ausgesehen haben. Jedes Mal, wenn ich versucht habe, es zu verstecken.“ “Nein, das hast du nicht...nicht immer.“, fuegte Ji-Yong leise hinzu, wobei er sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Erinnerungen an zufaellig erscheinende Beruehrungen kehrten zu ihm zurueck und keine davon war ihm jemals unangenehm gewesen. Jedoch hatte Seung-Hyun nach jeder Umarmung, jedem Streicheln seine Augen niedergeschlagen und eine Entschuldigung gemurmelt. Mit einer tiefen von Verlegenheit gepraegten Stimme. Er betrachtete sein eigenes Gesicht auf der Oberflaeche der schwarzen Fluessigkeit. Winzige Wellen, durch seinen Puls verursacht, liessen es verschwimmen. Seitdem ihn zum ersten Mal eine Ahnung von Seung-Hyuns Gefuehlen ueberkommen hatte, hatten sich Glueck und Unglueck ueber diese Vermutung in seinem Herzen abgewechselt. Noch immer fiel es ihm schwer, sich fuer eine Seite zu entscheiden, aber Ji-Yong wusste, dass er in dieser Nacht, als sein Freund ihn letztlich von seiner Ungewissheit erloest hatte, sehr gluecklich gewesen war. “Hyung, bitte denk nicht darueber nach.“ “Das zu sagen, faellt dir leicht, aber ich fuehle mich wie ein Narr. Du hast mich im Dunkeln gelassen. Warum?“, fragte er leise. Ji-Yong schuettelte den Kopf ueber diese Frage. In seinem Magen zog sich etwas zusammen und er schnappte lautlos nach Luft. “Hast du nicht auch ein Geheimnis daraus gemacht?“ Darauf erhielt er keine Antwort, weshalb er fortfuhr. “Hyung, lass uns das einfach vergessen.“ Eine Hand legte sich auf seinem Kopf nieder und begann sein Haar zu durchkaemmen. Es war nur eine einfache Geste, aber sie brachte Ruhe in ihre Gemueter. Seung-Hyun entspannte sich wieder durch das Spiel mit den weichen dunkelbraunen Straehnen des Juengeren. Nicht mehr ueber das Vergangene nachzusinnen, war mit Sicherheit das Beste. Er hatte bekommen, wonach es ihn eine derart lange Zeit verlangt hatte. Warum sollte er sich weiterhin darum kuemmern, was gewesen war? Ji-Yongs von Rage und Hilflosigkeit gepraegte Figur erschien vor seinem inneren Auge. So wie er gestern Abend nach ihrem Kuss vor ihm gestanden hatte. Er beobachtete, wie sein Freund einen Schluck aus der Kaffeetasse nahm. Seung-Hyun zeichnete den schoen geschwungenen Nacken mit einer Fingerspitze nach, was den Juengeren unterdrueckt auflachen liess. Er verschluckte sich am Kaffee und spuckte ihn beinahe auf die Bettdecke. “Lass das!“, beschwerte er sich und wandte sich zum Aelteren um. Dieser grinste ihm herausfordernd entgegen. “Na, was willst du?“ “Eine Entschuldigung.“, entkam es Ji-Yongs Mund und Seung-Hyun wusste genau, was dieser damit meinte. Ohne ihre Blicke zu trennen, entwandte er ihm die Tasse und stellte sie auf den Nachttisch zurueck. Sofort fanden sich die Haende des Juengeren auf seinen nackten Schultern und er erhob sich in eine knieende Position. Nun war er es, der sein Gegenueber von oben herab betrachtete. Noch immer waren sie beide voellig unbekleidet. Es reizte Seung-Hyun sehr den Juengeren auf diese Art vor sich zu sehen und als dessen Gesicht sich dem seinen zu naehern begann, legten sich seine Haende fest auf dessen Hueften nieder, erfuehlten begierig die Knochen unter der Haut. Sein Herz begann bereits wieder in einem unkontrollierten Rhythmus zu schlagen und er malte sich aus, wie er Ji-Yong ein weiteres Mal verfuehren koennte. Nun wuerde ihm dieses Unterfangen zumindest keine Schwierigkeiten mehr bereiten. Ji-Yong selbst haette sich auch mit Freude wieder den Beruehrungen des anderen hingegeben. Dessen Haende auf ihm brachten sein Blut dazu, durch seine Adern zu rasen. Leider jedoch unterbrach sie ein stoerender Laut. Er wusste vom ersten Moment an, dass es sein Handy war, welches ein ihm wohlbekanntes Lied vom Wohnzimmer her zu ihnen herueberschickte. Es war ihre Debutsingle. Seung-Hyun konnte beobachten, wie Ji-Yongs eben noch verschleiert entspannter Blick, in welchem eine gewisse Vorfreude gelegen hatte, sich wandelte. Ein weiteres Mal nervoes und mutlos erschien. Das Herz seines Freundes wurde schwer. Er konnte es fuehlen. Ploetzlich loesten sich dessen Haende von seinen Schultern und er legte sie um seine Handgelenke. Mit sanfter Gewalt entfernte er Seung-Hyuns Haende von seinen Hueften und machte Anstalten, das Bett zu verlassen. “Wo willst du hin?“, fragte dieser verstaendnislos, dabei packte er den Arm des anderen und hielt ihn auf. Der Juengere wandte sich unsicher zu ihm um, ein nervoeses Laecheln auf den Lippen. “Hyung, das ist mein Handy. Ich muss nachsehen, wer mich anruft.“ Beilaeufig versuchte er sich aus dem Griff seines Freundes zu befreien, aber dieser liess nicht locker. “Bitte bleib hier. Wir haben frei, also ist es bestimmt nicht wichtig.“ “Aber was, wenn doch?“ Es war sein letztes Aufbegehren, doch Seung-Hyun blieb standhaft. Er wuerde ihn nicht gehen lassen. Mit einem Ruck brachte er Ji-Yong wieder in seine Arme. Auch als dieser sich wehrte, hielt er ihn bei sich. Er legte seine Haende ueber dessen Ohren und presste den Juengeren an sich. “Bitte hoer einfach nicht hin. Nur...nur fuer diese zwei Tage. Ab Montag ist alles wieder normal. Also gib mir bitte diese zwei Tage.“, flehte er ihn eindringlich an. Und Ji-Yong hielt inne. Hielt still und horchte dieser Bitte. Er wollte sie erfuellen. Nichts lieber als fuer zwei Tage in einer Welt zu weilen, die Seung-Hyun fuer ihn erschuf. Seine Augenlider pressten sich fest aufeinander und er gebrauchte all seine Kraft, um die Toene der Aussenwelt fernzuhalten. Seine Haende hoben sich und legten sich ueber Seung-Hyuns, um diese noch fester auf seine Ohrmuscheln zu druecken. Das Rauschen in ihnen wurde lauter und ueberdeckte alles andere. Er spuerte wie sein Herz sich beruhigte und als die Haende des Aelteren wieder sanken, hatte das Lied aufgehoert zu spielen. “Ist es vorbei?“, fragte Ji-Yong vorsichtig und sah sich um, als koenne er erkennen, ob die Luft rein war. Aber es gab nichts mehr, was sie noch stoeren konnte. Und da Seung-Hyun sich dessen sicher war, begrub er den schmalen Koerper ein weiteres Mal unter dem seinen, mit dem Entschluss im Herzen, ihn fuer die versprochene Zeit nicht mehr gehen zu lassen. ------ “Irgendwas ist anders.“ “Ja, irgendwas...“ Dae-Sung und Seung-Ri hatten die Koepfe zusammengesteckt und begonnen, wild zu spekulieren. Ueber ihre Diskussion entging ihnen daher, dass sich ihnen zwei Haende naeherten. Sie gehoerten Young-Bae, welcher mit einem teuflischen Grinsen die Koepfe der beiden packte, um sie zusammenzustossen. “Aua! Hyung!“ “Wofuer war das?!“ “Dafuer, dass ihr Geheimnisse habt.“, antwortete der Aeltere, waehrend er die Arme vor der Brust verschraenkte. Dae-Sungs Gesicht nahm einen beleidigten Ausdruck an. “Das ist nicht wahr. Wir wundern uns nur ueber...die beiden, die da hinten grad abnaun." Mit diesen Worten hob sich sein Arm und er deutete in Richtung ihres Anfuehrers, welcher, dicht gefolgt von Seung-Hyun, hinter ihrem Van verschwand. Big Bang waren fuer ein Fotoshooting der Marke 'FILA' zu einem Ort ausserhalb der Stadt gefahren und hatten nach den Gruppenfotos, endlich in eine kurze Pause gehen duerfen. Diese hatte allerdings kaum begonnen, als sich Seung-Hyun und Ji-Yong bereits gemeinsam davonschlichen. Und dies geschah nicht nur heute. Seit sie vor einer Woche in ihr Apartment zurueckgekehrt waren, hatten ihre beiden Freunde sich derartig benommen. Die Anspannung der letzten Wochen war einer suessen Geheimniskraemerei gewichen, die mit jedem Tag auffaelliger wurde. Es war somit nicht verwunderlich, dass sich nun auch ihre Juengsten begannen Gedanken zu machen. Young-Bae begruesste diese Veraenderung, aber er war zu neugierig, wie es dazu gekommen war. Seung-Hyun musste den ersten Schritt getan haben, darueber war er sich sicher. “Seung-Rissi, Dae-Sungssi, ihr seid dran!“, rief eine ihrer Stylistinnen ihnen zu. “Wir kommen!“, gab der Juengste zur Antwort und erhob sich, wobei er Dae-Sung am Arm mit sich zog. “Strengt euch an.“, zwinkerte Young-Bae den beiden zu, bevor sie, nicht ohne mit den Augen zu rollen, im Gebaeude verschwanden. Der Zurueckgebliebene zog seine Jacke enger um sich. Das Ende des Februars rueckte schnell naeher, aber noch immer wehte ein kuehler Wind. Unstet liess er seine Augen durch die Umgebung wandern, doch hier draussen gab es nicht viel zu entdecken. Dies fuehrte letztlich dazu, dass seine Neugier den Sieg davontrug und er dem Weg folgte, den Ji-Yong und Seung-Hyun gegangen waren. Young-Bae musste wahrhaftig nicht weit gehen, um die fluesternden Stimmen seiner Freunde zu hoeren, durchbrochen von Ji-Yongs gelegentlichem Gelaechter. Als er sehr vorsichtig einen Blick um die naechste Ecke warf, bot sich ihm ein Bild, dass den Beschreibungen eines Liebensromans gleichkam. Beide standen eng umschlungen in einer Ecke des Gebaeudes. Ji-Yong hatte seine Haende in Seung-Hyuns Jacke geschoben, den Ruecken gegen das Mauerwerk gelehnt und tauschte innige Kuesse sowie suesse Worte mit dem Aelteren aus. Dies zu beobachten brachte ihm ein Gefuehl der Erleichterung, ja, aber auch, wie Young-Bae, als er sich laechelnd abwandte, realisierte, neue Sorgen. “Tse! Wenn sie nicht vorsichtiger werden, steht es bald in jeder Zeitung.“, murmelte er kopfschuettelnd und machte sich auf den Rueckweg. Wenig Zeit spaeter lief er in Seung-Ri hinein. Der Juengere hockte auf dem Boden neben ihrem Van und starrte sein Handy an. “Ya!“, stiess der Aeltere erschrocken aus. Doch der andere reagierte nicht, als er beinah ueber ihn stolperte. Er starrte nur weiter. “Seungriya~“, versuchte Young-Bae ihn anzusprechen. Er liess sich auf die Knie sinken und beruehrte den Juengeren an der Schulter. Daraufhin hob dieser endlich den Kopf und sah ihn an. In seinem Blick lag Niedergeschlagenheit und vielleicht auch ein Abglanz unerklaerlicher Angst. “Hyung...“, kam es leise aus Seung-Ris Mund. “Was ist los?“, fragte Young-Bae irritiert. “Ich hatte einen Anruf von Praesident Yang.“ Kapitel 8: Kapitel 8 -------------------- Dae-Sung war soeben aeusserst traege dabei, eine weitere Seite seiner Zeitschrift umzublaettern, die er unter einem Stapel CDs ausgegraben hatte und welche, ihrem Zustand nach zu urteilen, bereits dort gelegen hatte, bevor sie eingezogen waren, als die Tuer aufsprang und Ji-Yong ins Wohnzimmer trat. Ohne ein Wort liess dieser sich hinter dem Juengeren auf das Sofa fallen und betrachtete dessen Ruecken. “Was liest du da?“, fragte er nach einigen Sekunden mehr oder minder interessiert, wobei er ein Kissen unter seinen Kopf schob. “Das frag ich mich auch.“, murmelte Dae-Sung zur Antwort. Wie gewoehnlich war die Woche ein endloser Reigen an Terminen gewesen und in Anbetracht des freien Abends waren sie alle zu muede, um auszugehen. Dementsprechend anregend fielen nun auch ihre Gespraeche aus. “Wusstest du“, setzte der Juengere noch einmal an, „dass, wenn alle Bewohner Chinas gleichzeitig von ihrem Stuhl spraengen, dies ein Erdbeben der Stufe vier ergeben wuerde?“ Ji-Yongs Augen formten sich beim Zuhoeren kugelrund und er starrte den anderen milde entgeistert an. “Aehm nein...das wusste ich nicht...“, gab er stockend von sich und begann sich zu wundern, wie langweilig seinem Freund sein musste. Aber bevor er dazu kam, diesem die Zeitschrift zu entwenden, um ihn vor Schlimmerem zu bewahren, oeffnete sich die Tuer ein weiteres Mal. Young-Bae steckte den Kopf herein und deutete auf den Anfuehrer. “Seung-Hyun Hyung sucht dich.“ Der Angesprochene hob die Brauen und verliess das Sofa. “Was will er denn?“ “Keine Ahnung. Frag ihn selbst.“, antwortete der Aeltere mit einem Schulterzucken und liess sich auf die nun freie Couch sinken. “Was liesst du da?“, hoerte Ji-Yong diesen Dae-Sung noch fragen, bevor er die Tuer hinter sich zuzog und sich in das grosse Schlafzimmer begab. Wie erwartet, traf er dort auf ihren Aeltesten oder besser; dieser auf ihn. Kaum dass die Tuer hinter ihm ins Schloss gefallen war, wurde er von Seung-Hyun gepackt und wenige Schritte danach auf dessen Bett geworfen. Er lachte leise auf und fuehlte sofort den starken Koerper ueber sich. “Hyung, was wird das?“ Anstatt zu antworten, deckte der Aeltere ihn bereits mit Kuessen ein, seine groessen Haende ueber die warme Haut seines Freundes streicheln lassend. “Endlich haben wir frei und du bist nicht bei mir. Findest du das in Ordnung?“, fragte er nach einigen Minuten, in welchen er mit sanften Gesten ueber Ji-Yong hergefallen war. Natuerlich war ihm klar, dass sie, solang die anderen hier waren, nicht allzuviele Freiheiten besassen. Doch selbst wenn er den Juengeren nur fuer kurze Zeit bei sich haben koennte, waere er dankbar. Seine Lippen legten sich auf dessen Mund und Ji-Yong erwiderte die Beruehrung. Er fuehlte, wie ein Rausch mit ihr ueber ihn hereinbrach, waehrend Seung-Hyuns Zunge in seine Mundhoehle eindrang. Ein Rausch, dem er nachgeben wollte. Ein Rausch, der es ihm egal sein liess, dass ihre Freunde sich im Nebenraum befanden, ahnungslos. Das geraeuschvolle Zuschlagen der Haustuer unterbrach sie in ihrem Tun. Beide schreckten hoch aus ihrem Traum. “Wer ist das um die Zeit?“ Seung-Hyun sah Ji-Yong erstaunt auf dessen Frage hin an. “Wahrscheinlich Seung-Ri. Er war beim Zusatztraining.“ “Z-Zusatztraining?“, wiederholte der Juengere ueberrascht. Warum wusste er nichts davon? “Ja. Hat ers dir nicht erzaehlt? Praesident Yang hat ihn letzte Woche angerufen. Er war ganz schoen fertig danach, hat Young-Bae gesagt. Wahrscheinlich hat er Aerger bekommen, wegen seiner Trainingsergebnisse.“ Seung-Hyun nahm wahr, wie sich ueber seine Erklaerung die Augen seines Freundes weiteten. Dieser starrte in Leere, scheinbar von unguten Vorahnungen erfuellt. Die Stirn des Aelteren legte sich in Falten und seine Haende liessen sich auf den Schultern des Juengeren nieder. Jedoch wurden sie ein weiteres Mal gestoert. “Seung-Ri! Was ist los?!“, drang Young-Baes Stimme laut durch den Flur. Ihr Tonfall war alarmierend und besorgniserregend. Beide verliessen das Schlafzimmer hastig und liefen zum Eingang. Jedoch als Ji-Yong sah, was Young-Bae derartig erschuettert hatte, konnte er nicht mehr weitergehen. Die Szene, die sich ihnen bot, war ihm grauenerregend bekannt. Aber etwas an ihr war falsch. Nicht Seung-Ri sollte es sein, der am Boden kauerte und schluchzte, sondern er selbst. Ihr Juengster klammerte sich weinend an Young-Bae, welcher sich neben ihm niedergelassen hatte. Seung-Ris Gesicht war blasser als gewohnt, seine Augenringe tief und dunkel. Es war ein Anblick voll Elend. Ji-Yong hoerte, wie Young-Bae leise auf ihn einredete. Dieser versuchte seinem Freund Halt zu bieten, auch wenn er nicht wusste, was geschehen war. Viele Minuten sprach niemand. Nichts ausser Seung-Ris Wimmern durchbrach die kalte Stille. Die Augen des Anfuehrers tasten sich angsterfuellt am Koerper des Juengsten herunter, nicht bemerkend, dass Seung-Hyun ihn von der Seite her beobachtete. Seung-Ri trug lediglich sein Sweatshirt und seine Trainingshosen. Er hatte sich nicht umgezogen. Ji-Yong schluckte hart und stolperte auf das Paar zu. Ohne auf Young-Baes Proteste zu achten, packte er den Weinenden an der Schulter und versuchte ihn von dem Aelteren zu loesen. “Seung-Riya, was ist passiert?“ “Ji-Yong, bitte, lass ihm Zeit.“ “Seung-Ri, du musst mir sagen, was passiert ist.“ Niemand konnte verstehen, was den Anfuehrer dazu trieb, derartig zu handeln. Seung-Ri hob widerwillig den Kopf. Seine traenenueberfuellten Augen trafen auf den fordernden Blick Ji-Yongs, der ihn unerbittlich durchdrang. Er hielt inne und dann endete sein Schluchzen. Dem Juengeren wurde bewusst, dass sein Gegenueber ahnte, was mit ihm geschehen war. Doch woher diese Ahnung kam, dies konnte er sich nicht erklaeren. Er schuettelte unglaeubig den Kopf, wobei sich seine Hand in Young-Baes Arm krallte. “Hyung...“ “Seung-Ri! Sag es!“, forderte Ji-Yong noch einmal mit Nachdruck. Seung-Hyun beschlich unterdessen das Gefuehl, dem ein Ende setzen zu muessen, bevor sich ein weiterer Nervenzusammenbruch ereignete. Er ergriff die Oberarme seines Freundes und machte Anstalten, ihn von Seung-Ri wegzuziehen. Doch dieser riss sich los und nahm den Juengsten wieder mit dem selben Blick gefangen. Und endlich gab dieser nach. Er biss sich auf die Lippen und senkte das Haupt. “Es war...Min-Woo...“, fluesterte er mit erstickter Stimme, wissend, dass sie alle ihn entsetzt anstarrten. Er presste seine Stirn gegen Young-Baes Brust und sprach weiter. “Erst hat er nur rumgeschrien und mich fertig gemacht, aber dann...ich hatte Angst.“ “Hat er dich geschlagen?“, fagte Young-Bae aengstlich. Aber der Juengere schuettelte den Kopf. „Er hat mich ploetzlich auf den Boden gerdrueckt und...mich angefasst...gekuesst.“ Seung-Ri brachte es kaum ueber seine Lippen. Der Gedanke an das Geschehene jagte ihm unangenehme Schauer ueber den Ruecken und Uebelkeit wallte in ihm auf. “Ich hatte Panik. Er hat gesagt, ich soll still sein und mich nicht wehren, oder er wuerde Praesident Yang sagen, wie sehr ich im Training versagt haette.“ “Wie weit ist er gegangen?“ Zum Erstaunen aller war Dae-Sung es, der sich wagte, diese Frage zu stellen. Dessen Gesicht wirkte verhaertet und seine Haende waren zu Faeusten geballt. Er wirkte als versuche er, etwas in sich zurueckzudraengen. Nach einigen Augenblicken wandten sie sich wieder Seung-Ri zu, welcher ebenfalls ueberrascht aufgesehen hatte. Ji-Yong unternahm den Versuch, in dessen Augen zu lesen und was er erfuhr, liess blinde Wut in ihm wachesen. Die Unterlippe des Juengsten begann zu beben und neue Traenen rollten ueber seine Wangen. “Hat er-“ “Nein.“, unterbrach er Ji-Yong und schuettelte schwach den Kopf. “Ich dachte, er wuerde. Doch dann hat er angefangen zu lachen und ist einfach gegangen. Ich...ich weiss nicht, wie...ich hab meine Sachen angezogen und bin gerannt...bis hier her.“ Seine Stimme schwand. Seung-Ri wollte schlafen und vergessen und dies sollte er nach Young-Baes Meinung auch tun. Sein Geist war gelaehmt durch das, was er soeben erfahren musste. Aber der Juengere in seinen Armen rief ihn wieder zur Vernunft. Das Wichtigste war nun, sich um ihn zu kuemmern. So erhob er sich mit Seung-Ri vom Boden und begleitete ihn, schuetzend einen Arm um dessen Schultern gelegt, zu dessen Schlafzimmer. Ji-Yong sah ihnen nicht nach. In seinem Kopf rotierten die Ahnungen und Vermutungen, vermischten sich mit Furcht und Zorn. Er konnte sich nicht feige verkriechen. Er musste handeln. Der Anfuehrer ging auf die Haustuer zu, wobei er seine Jacke von der Garderobe nahm und in seine Turnschuhe schluepfte. “Ich geh nochmal raus. Kuemmert euch gut um Seung-Ri.“ Seung-Hyun und Dae-Sung waren derart ueberrumpelt von diesem ploetzlichen Aufbruch, dass sie erst wieder zu sich kamen, als sich die Tuer beinah schon wieder geschlossen hatte. “Ya! Ji-Yong!“, rief der Aelteste ihm nach, aber dieser kehrte nicht zurueck. Veraergert kraeuselten sich seine Lippen und er griff selbst nach seiner Jacke. “Ich gehe ihm nach und verhindere, dass er etwas Bloedes anstellt. Ich ruf spaeter an.“ Dae-Sung nickte entgeistert und sah seinem Freund nach, bis er verschwunden war. Die Ereignisse dieses Abends rasten an ihm vorbei und er war nicht sicher, ob er sie voellig durchschaute. Aber er wusste, dass Seung-Hyun ihren Anfuehrer am besten kannte. Deshalb liess er ihn ohne Fragen ziehen. “Bring ihn heil zurueck.“, sagte er leise und begab sich in die Kueche. Seung-Hyun stolperte gehetzt die Treppen hinunter, in der Hoffnung, Ji-Yong noch einzuholen. Es machte ihn wuetend, dass dieser glauben zu schien, all ihre Probleme allein loesen zu koennen. Er war davon ausgegangen, endlich das Vertrauen seines Freundes gewonnen zu haben. Aber so wie es aussah, besass er nichts davon. Als er endlich aus dem Gebaeude stolperte, musste er erkennen, dass er zu spaet war. Der Juengere war bereits dabei, ein Taxi zu besteigen und bevor der Aeltere es, dessen Namen schreiend, erreicht hatte, hatte es sich bereits in den dichten Stadtverkehr eingereiht. “Scheisse!“, fluchte Seung-Hyun laut und ungebremst. Seine Haende legten sich an seinen Kopf. Er konnte nicht einfach wieder zurueckgehen. Er musste wissen, wo es seinen Freund hintrieb. Er musste die Antwort endlich finden. Etwas regte sich in seiner Erinnerung. Eine Person erschien darin. “Die vielen Anrufe.“, murmelte er. Seine Arme fielen kraftlos zu seinen Seiten und seine Augen starrten in die Ferne. Er kannte Ji-Yongs Ziel. “Taxi!“ ------ Noch nie war sein Atem so schwer gegangen, hatte sein Herz derartig gerast, als er den ihm wohlbekannten Gang im obersten Stock des Entertainment-Gebaeudes betrat, welches zu dieser Nachtzeit voellig ausgestrorben war. Seung-Hyun fuehlte sich selbst in Schweiss ausbrechen, waehrend er dem Raum, in dem er Ji-Yong vermutete, naeher kam. Hatte er richtig gelegen? Sollte er seinen Freund wirklich hier finden? Er spuerte Unbehagen in sich. Die Tuer des Bueros, in welchem er bereits oft platz genommen hatte, war angelehnt. Dies kam einer Einladung gleich und er konnte sich nicht davon abhalten, ihr zu folgen. Seine Handflaeche legte sich auf das kuehle Holz, um es ins Innere des Raumes zu druecken. Behutsam weitete er den Tuerspalt und wollte hindurchsehen. Da erhoben sich mit einem Mal Stimmen und er prallte zurueck. “Seung-Ri hat damit nichts zu tun, also lassen Sie die Finger von ihm.“ Es war Ji-Yong, der erfuellt von Rage sprach. Und Seung-Hyun wusste, wer ihm antworten wuerde. “Nun, ich wuesste nicht, was ich mit Min-Woos Anwandlungen zu tun haette. Wahrscheinlich wollte unser Kleiner sich ausprobierem und jetzt spielt er das unschuldige Opfer.“ Dem Lauschenden gelang es endlich, einen Blick in das Buero zu werfen. Das Erste, was ihm ins Auge fiel, war der Ruecken Ji-Yongs. Dahinter, an seinem Schreibtisch sitzend und nahezu frivol grinsend Praesident Yang. Der Juengere machte einen mutigen Schritt auf diesen zu. “Sie haben ihn doch dazu angestiftet. Ich weiss, dass Sie ihn angewiesen haben, Seung-Ri das anzutun! Warum?!“ Ji-Yongs Stimme bebte und seine schlanken Haende hatten sich zu Faeusten geballt. Yang erhob sich langsam. Laessig bewegte er sich um den wuchtigen Tisch herum, was dem Juengeren allem Anschein nach Respekt einfloesste, denn er wich zurueck. Seung-Hyun beobachtete diesen Vorgang mit zunehmender Verwirrung. Was fuer ein Spiel wurde hier gespielt? “Einmal angenommen, es waere so, wie du es darstellst“, setzte der Praesident an, „solltest du den Grund eigentlich kennen, mh?“ Fuer einen Moment war dessen Stimme nahezu vaeterlich und Ji-Yongs Gestalt begann in sich zusammenzufallen. “Sie...Sie haben versprochen, dass ihm nichts geschehen wuerde. Dass niemandem etwas geschehen wuerde.“ Antwortete dieser verschuechtert. Yang ging noch einen weiteren Schritt auf ihn zu und hob eine Hand, legte sie auf dem braunen Haar nieder. Ji-Yong zuckte zusammen. “Ja, das habe ich versprochen. Du hast recht.“, erklang es lauernd. “Aber zu welchen Bedingungen, Ji-Yong? Kannst du dich an die Abmachung erinnern? Kannst du das?“ Ploetzlich gruben sich die Finger des Praesidenten in Ji-Yongs Haar und zerrten daran. Dieser gab einen erstickten Laut von sich und griff nach dessen Handgelenk, antwortete jedoch nicht. “Ich glaube nicht, dass du das kannst.“ Mit diesen Worten, welche Yang dem Juengeren regelrecht ins Gesicht spuckte, zog er ihn zum Sofa herueber und stiess ihn darauf. Seung-Hyun war gelaehmt. Er beobachtete das Schauspiel mit weit geoeffneten Augen. Was er sah, schien unwirklich. Dies konnte nicht die Realitaet sein. Yang beugte sich ueber Ji-Yong, welcher den Kopf abwandte und seine Lider fest zusammenpresste. Er hatte keine Chance, dem zu entkommen. Eine Hand griff sein Kinn und zerrte sein Gesicht wieder nach vorn. “Sieh mich an.“, zischte es ueber ihm mit bedrohlicher Kaelte. Ji-Yongs Finger gruben sich in den Bezug unter seinem Koerper, um ihr Zittern zu stoppen. “Denkst du wirklich, ich haette keine Ahnung? Ich haette nichts bemerkt von deiner kleinen Affaere?“ Nun war es nicht nur das Gesicht des Juengeren, in welches der Schock geschrieben stand. Auch Seung-Hyun hielt hinter der Tuer den Atem an. “Du bist wirklich sehr naiv, wenn du glaubst, dass ich dich nicht im Auge haette. Ich wuerde es wohl kaum uebergehen, dass du tagelang meine Anrufe ignorierst und dich kein einziges Mal blicken laesst.“ Im Tonfall des Praesidenten lag nun Rage. Sie war unterdrueckt und kuehl, aber Seung-Hyun erschauderte unter ihrem Klang. Er sah mit an, wie sich die Haende Yangs ueber Ji-Yongs Koerper tasteten. Der Juengere schloss seine Augen wieder so fest wie zuvor, als koennte er vor dem fliehen, was mit ihm geschah. “Es war wirklich nicht schwer herauszufinden, mit wem du deine Zeit verbringst. Tse! Dabei dachte ich, du waerst schlauer und wuerdest dich nicht auf jemanden aus deiner eigenen Gruppe einlassen.“ Die Haende schoben sich unter sein Oberteil und Yang presste sich ihm entgegen. Ji-Yongs Atem stockte. “Und, ist Seung-Hyun ein guter Lover? Ich kann mir vorstellen, dass er genauso viel Spass wie ich daran hat, dich zu voegeln.“ Bei der Nennung seines eigenen Namens fuhr Seung-Hyun zusammen. Sein Herz setzte beinah aus und Ji-Yong erging es ebenso. Dieser fuhr hoch. Voll Hass starrte er auf den Mann vor sich. “Seung-Hyun ist kein perverses Arschloch!“ “Ruhe!“, herrschte Yang den Juengeren an und schickte ihm mit einer kraftvollen Ohrfeige zurueck in eine liegende Position. “Wer hat dir erlaubt, dich zu aeussern? Du bist still und tust, was dir gesagt wird. Dann kann Seung-Ri auch bald wieder ruhig schlafen.“ Der Praesident wusste, dass er gewonnen hatte. Ji-Yong widersprach nicht mehr. In seinen Augen war Grauen zu lesen. Grauen und tiefe Hilflosigkeit. Doch er sah nicht zur Tuer hinueber. Bemerkte nicht seinen Freund, der dort gebannt war. Nicht im Stande, zu handeln. Yang erhob sich vom Sofa und begann seine Jacke auszuziehen. “Und jetzt dreh dich um. Ich will dein heulendes Gesicht nicht sehen, waehrend ich dir eine Lektion erteile.“ Als er gezwungen war, zu beobachten, wie Ji-Yong sich auf den Bauch drehte, wandte Seung-Hyun sich ab. Orientierungslos blickte er um sich, spuerte wie der Atem in seinen Lungen gefror. Dann hoerte er das erste unterdrueckte Stoehnen und sein Herz blieb stehen. Er musste etwas tun. Er musste diese Schandtat verhindern. Doch er tat nichts. Er hatte die Macht ueber seinen Koerper verloren, welcher regungslos an der kalten Wand verharrte. Nicht im Stande, sich weiter auf den Beinen zu halten und alle Fassung verlierend, sank er daran herunter und lauschte. Lauschte dem erregten Keuchen des Mannes, der seit Jahren ihr Lehrer und Unterstuetzer gewesen war. Und vernahm wieder und wieder Ji-Yongs qualvolle Stimme, dessen schreckliches Geheimnis er nie haette erfahren sollen. Kapitel 9: Kapitel 9 -------------------- I'm so sorry but I love you...und so weiter, naja wir kennen die Schnulze ja. Aber ehrlich, ich wollte mich entschuldigen, dass es jetzt so lang gebraucht hat. Aber zu meiner Verteidigung kann ich sagen, dass ich meine Rueckreise ins gute alte Deutschland vorbereiten musste XD Und da ich nach einer 20 Stunden Flugreise Matsch war, hat es nochmal laenger gedauert, bis ich mit der Korrektur durch war. Aber jetzt ist alles wieder soweit beim Alten und somit kann auch diese Geschichte hier endlich weitergehen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 9 Zwei Teetassen in seinen Haenden balancierend verliess Dae-Sung die Kueche und bewegte sich auf das Schlafzimmer zu, welches er sich mit Seung-Ri teilte. Young-Bae war mit ihrem Juengsten vor bereits mehr als einer Stunde darin verschwunden. Als er die Tuer erreicht hatte, legte er ein Ohr daran und horchte. Die klagenden Laute waren nun vollkommen verstummt, genauso wie Young-Baes Stimme. Nichts war mehr zu hoeren. Vorsichtig drueckte er mit einem Ellbogen die Klinke herunter und trat in den Raum, welcher lediglich durch eine Nachttischlampe erhellt wurde. Er konnte zwei Koerper erkennen, die aneinandergelehnt auf dem Bett sassen. „Hyung.“, fluesterte er und der Aeltere hob den Kopf, wobei er einen Finger an seine Lippen legte. Dae-Sung trat naeher und reichte seinem erschoepften Freund eine der dampfenden Tassen. Dabei betrachtete er Seung-Ri, dessen Augen friedlich geschlossen waren. “Er ist vor ein paar Minuten endlich eingeschlafen.“ Young-Bae seufzte und nahm einen Schluck Tee. Da es sehr heiß war, streckte er die Zungenspitze fuer einen kurzen Moment zwischen seinen Zaehnen hindurch. “Ich dachte, er wuerde die ganze Nacht nicht schlafen und dann ging es so schnell.“ “Er fuehlt sich eben wohl bei dir.“ Der Aeltere sah seinen Freund nach dieser sehr direkten Aussage verdutzt an. Dae-Sung setzte sich an den Bettrand und begann nun ebenfalls zu trinken. Seine Gedanken wanderten zum Fenster hinaus ihren anderen Freunden nach. Doch so sehr er auch seine Sorgen waelzte, er wusste ueberhaupt nicht, worueber er sich sorgen koennte. Er hatte keine Ahnung, wohin Seung-Hyun und Ji-Yong entschwunden waren. Und so wuerde ihm nichts anderes ueberig bleiben, als ihnen zu vertrauen. Ein leises Klirren holte ihn ins Schlafzimmer zurueck und er drehte den Kopf zur Seite. Young-Bae hatte seine Tasse auf dem Nachttisch abgestellt und strich mit der nun freien Hand eine Haarstraehne aus Seung-Ris Stirn. “Hat er noch einmal ueber Min-Woo gesprochen?“, fragte der Juengere ihn, aber sein Gegenueber schuettelte den Kopf. Er sah Dae-Sung nicht an, betrachtete stattdessen weiterhin die schlafende Gestalt an seiner Schulter. “Er hat sich geweigert, ueberhaupt etwas zu sagen. Er hat nur geweint, bis er eingeschlafen ist. Und ich...“, seine Haende ballten sich zu Faeusten, waehrend sich seine Gesichtszuege verhaerteten, “...ich will Min-Woo zurueckzahlen, was er getan hat. Ich will ihm die Zaehne ausschlagen und seinen dreckigen Mund stopfen. Ich will ihn leiden sehen.“ Young-Bae nahm aufkommende Raserei in sich wahr. Er hatte sich in Rage gefluestert, wenn dies ueberhaupt moeglich war und Dae-Sung musste ihn wieder auf den Boden zurueckholen, denn Seung-Ri wurde unruhig. Der Aeltere atemete tief ein und beruhigte sich wieder. “Auch wenn du es vielleicht nicht glauben kannst, mir geht es genauso.“ Er horchte auf und sah den Juengeren mit grossen Augen an. Dieser betrachtete ernst die Tasse in seinen Haenden. Starrte darauf, als wuerde er in der Oberflaeche des zurueckgebliebenen Tees das Gesicht ihres Trainers sehen, welcher nun zu einer fremden Bedrohung fuer sie geworden war. “Aber wir muessen abwarten. Ihn zusammenzuschlagen, wuerde nicht ungeschehen machen, was er getan hat. Wir sollten warten, bis Ji-Yong und Seung-Hyun zurueck sind.“ Young-Bae merkte argwoehnisch auf und fixierte den Juengeren. “Sie sind gegangen? Wohin?“ “Ich weiss es nicht.“ “Vielleicht sind sie zu Min-Woo-“ “Das glaube ich nicht.“, unterbrach Dae-Sung ihn und stellte nun auch seine Tasse ab. “Wo auch immer die beiden sind, ich bete, dass nicht noch etwas Schlimmeres passiert.“ Daraufhin schwiegen sie. ------ Sein ploetzlich aufbegehrender Magen zwang ihn, inne zu halten und sich an der Wand zu seiner Rechten abzustuetzen. Ji-Yong nahm einen unangenehm sauren Geschmack auf seiner Zunge wahr. Unkontrolliert hustete er, sodass er eilig eine Hand ueber seinen Mund legte. Der Korridor wurde unscharf. Er spuerte seine Beine schwach werden. Sein Magen stiess ein weiteres Mal auf und Magensaeure geriet in seinen Rachen. 'Nein!' erklang es in seinen Gedanken und er stolperte aus seiner Starre heraus unbeholfen den Gang hinunter. Es war ein Weg, den er bereits zu oft auf diese Weise hatte gehen muessen. Er verabscheute ihn. Jeden Schritt davon. Erneut war er entbloesst und erniedrigt worden. Es wuerde nie ein Ende nehmen, dies war seine groesste Angst. Gehetzt erreichte er den Waschraum. Wieder draengte etwas in ihm nach oben und sein Koeper begann zu schlottern. Ohne weiter zu zoegern, stuerzte er durch den Vorraum, an den Waschbecken vorbei direkt auf eine der offenen Kabinen zu. Seine Beine knickten vor der Toilette ein. Sofort lehnte er sich ueber deren Rand und erbrach sich in sein sich im Wasser abbildendes Spiegelbild. Warum? Warum hatte es wieder soweit kommen muessen? Seine Haende krallten sich verzweifelt in das kalte weisse Porzellan, wie sie es zuvor mit dem Bezug des Ledersofas getan hatten. Wie sie es ein ums andere Mal hatten tun muessen. Ji-Yong hustete weiter und rang immer wieder nach Luft, doch sein Koerper schien nicht im Stande zu sein, sich zu beruhigen. Jetzt spuckte er nur noch blassgelbe Galle, waehrend seine Augen zu traenen begangen. Es war gut so, sagte er sich. Es war gut, solang niemand sonst dies ertragen muesste. Wenn er diesen Zweck erfuellte, wuerde es ertraeglich sein. Seine Gedanken drehten sich um Seung-Ri, um dessen Gestalt am Boden. Dies hatte er zu verantworten. Er haette es wissen muessen. Endlich begann der Brechreiz nachzulassen und er konnte sich von dem Toilettenbecken entfernen. Noch immer zitternd sank er gaenzlich zu Boden, atmete tief ein. Die Kaelte der Fliesen kuehlte sein wallendes Blut und verlangsamte sein Herz. Eine seltsam eisige Ruhe hielt in ihn Einzug. Er hatte es ueberstanden, ein weiteres Mal. Es war vorbei, aber er war noch hier. Das war das Wichtigste. Noch hatte er genuegend Kraft. Er rappelte sich auf und taumelte in den Vorraum, wo er sich an eines der Waschbecken lehnte. Der sauere Geschmack musste von seiner Zunge verschwinden, bevor ihm wieder schlecht wurde. Schwerfaellig oeffnete er den Wasserhahn, woraufhin er begann, mit einer Hand Fluessigkeit in seinen Mund zu fuehren. Doch es erschien ihm, als wuerde all das klare Wasser nichts nuetzen. Der Nachgeschmack war noch immer da. Ein widerwaertiges Gefuehl breitete sich in ihm aus. Er nahm seine zweite Hand hinzu und warf sich hastig eiskaltes Wasser ins Gesicht. Wieder und wieder, bis seine Fingerspitzen und seine Lippen taub waren. Erst als er nichts mehr spuerte, stoppte er und schloss den Hahn. Bebend, aber nicht vor Kaelte, stuetzte er sich auf dem Becken ab und hob sehr langsam den Kopf. Er fuerchtete sich vor seinem Anblick im Spiegel, doch er musste es sehen. Er musste wissen, wie er aussah, bevor er ins Apartment zurueckkehrte und seinen Freunden gegenuebertrat. Niemals wieder durfte er eine solche Schwaeche zeigen, wie in dieser einen gewittertraechtigen Nacht. Damals jedoch war er nicht vorbereitet gewesen. Dies war nun anders. Und waehrend Ji-Yong sich ueberwandt, in sein eigenes blasses Gesicht zu sehen, begann er sich die Worte zuruechtzulegen, mit denen er fuer seine Freunde eine verhuellende Luege kreieren wuerde. Diesmal wuerde er alles richtig machen. Im Raum hinter ihm bewegte sich etwas. Er beobachtete es durch den Spiegel. Jemand trat aus dem Schatten und starrte ihn an. “Hyung...“, wurde es lediglich von Ji-Yongs Lippen geformt. Doch Seung-Hyun verstand es. Der Aeltere trat nicht naeher. Im kuenstlichen Licht der Leuchtstoffroehren betrachtete er das nun kalkweisse Gesicht, von welchem das Wasser perlte. Die Gestalt am Waschbecken, welche gelaehmt zu sein schien und nicht im Stande war, sich ihm zuzuwenden, war nicht mehr Ji-Yong. Sie war ein Gespenst und er konnte ihren Anblick nicht mehr ertragen. Als Seung-Hyun sich abwandte und auf die Tuer zulief, spuerte der Juengere etwas in seiner Brust bersten. Enttaeuschung und Unglaube hatten ihn aus den Augen des anderen angeschrien. Das Glas des Spiegels, durch welches ihn ihr Blick getroffen hatte, konnte dem Vorwurf die Kraft nicht nehmen. Seung-Hyun, warum war er hier? Warum war er ihm gefolgt? Endlich schaffte er es, sich wieder zu bewegen. Er fuhr herum, wollte versuchen, den Aelteren zurueckzuhalten, jedoch mit was? Seine halb erhobene Hand sank. Seung-Hyun wusste es. Deutlich hatte es in dessen Augen gestanden und dass dieser sich von ihm abwantde, zeigte Ji-Yong, dass er seine Schande gesehen hatte. Es war vorbei. All die Luegen und Geheimnisse waren mit einem Mal unnuetz geworden. Und es gab nichts, das er sagen koennte, um den Aelteren am Gehen zu hindern. Absolut gar nichts. Waehrend Seung-Hyuns Ruecken aus seiner Sicht verschwand, sank der Juengere kraftlos zu Boden. Er gab auf. Nun war nichts mehr, was er tat, etwas wert. So blickte er, ohne zu sehen, in das Licht, welches vom Gang her durch die offene Tuer hereinschien. Und vielleicht haette Ji-Yong noch sehr viel laenger auf den Fliesen verweilt, wenn nicht wenige Minuten spaeter durch eben dieses Licht ein Schatten zu ihm zurueckgekommen waere. Kaum dass Seung-Hyun auf den Gang getreten war und seinen Freund hinter sich gelassen hatte, war er stehen geblieben. Ein Gedanke oder vielleicht nur ein Gefuehl hielt ihn davon ab, davonzulaufen. Er hatte einen Fehler begangen, als er sich abwandte. Hatte weggesehen, weil er sich betrogen fuehlte. Dabei hatte er Ji-Yong weinen hoeren. Seine Haende fanden ihren Weg zu seinen Ohren, um sich darueber zu legen, wobei er die Augen schloss. Wieder sah er die vergangene Szene im Buero des Praesidenten. Sie wirkte wie ein Albtraum, aber er musste einsehen, dass sie Wirklichkeit war. Und in diese musste er eingreifen. Seine Fuesse trugen ihn zurueck in den gefliesten Raum, in welchem Ji-Yong am Boden sass. Dieser reagierte nicht, als sein Freund sich vor ihn kniete, um ihm mit einigen Papierhandtuechern das Gesicht zu trocknen. Das kalte Wasser tropfte von dessen Wimpern und Lippen, liess ihn hilflos und verfuehrerisch aussehen. Der Aeltere jedoch haette ihn nicht kuessen koennen. Nichts bewegte ihn zu dieser Tat. Ji-Yongs Augen waren gesenkt, weshalb er dessen Gedanken nicht erraten konnte. Wollte dieser seine Hilfe oder wuerde er ihm Vorwuerfe machen? Seung-Hyun unterdrueckte ein schweres Seufzen und liess die Papierreste neben sich fallen. “Ji-Yonga...“, sprach er den Juengeren leise an. Mit den Fingerspitzen kaemmte er die nassen Haare aus dessen Stirn. Da hoben sich die schwermuetigen Augen letztlich und sahen ihn lange an. Dies war Ji-Yong. Er musste es in Gedanken aussprechen, um es glauben zu koennen. “Lass uns gehen.“, brachte der Aeltere trocken und tief hervor, sodass seine Stimme beinahe brach. Es war kein Nicken, das sein Freund ihm gab. Dessen Blick sank lediglich wieder den Fliesen entgegen. Aber Seung-Hyun erwartete keine Zustimmung, denn er wuerde ihn mit sich nehmen, egal was geschah. ------ Es hatte nicht lang gebraucht, da war auch Young-Bae eingeschlafen, dicht an ihren Juengsten geschmiegt. Dae-Sung schuettelte, nun selbst ermuedet, den Kopf und nahm die beiden Teetassen an sich, um sie wieder in die Kueche zu bringen. Noch ein letzter Blick auf seine Freunde, dann verliess er das Zimmer, was, wie sich wenige Schritte spaeter herausstellte, eine gute Entscheidung gewesen war. Sein Handy begann zu klingeln, was sein Herz beinahe zum Stillstand brachte. Hastig befoerderte er die Tassen auf den Kuechentisch und zog das laermende Geraet aus seiner Hosentasche. Wie er erwartet hatte, war es Seung-Hyuns Name, der auf dem Bildschirm erschien. “Hyung, endlich. Wo seid ihr?", platzte es sofort aus dem Juengeren heraus, ohne dem anderen die Chance zu geben, sich von selbst zu erklaeren. “Wir sind in einem Hotel.“ Auf diese Antwort hin herrschte einige Sekunden Stille. Dae-Sung war sich nicht sicher, ob er den Grund fuer den Aufenthaltsort der beiden Aelteren nach einem Abend wie diesem erfragen sollte. Seine Hand griff das Telefon fester. “Dae-Sung, bist du noch da?“ “Warum seid ihr in einem Hotel?“ Ein tiefer Atemzug war am anderen Ende der Leitung zu vernehmen und der Juengere spuerte etwas seinen Brustkorb zusammenpressen. Seung-Hyun bereitete es Schwierigkeiten, ihm zu antworten. “Ji-Yong...er- es geht ihm nicht so gut. Ich dachte, es waere besser, ihn schnell irgendwohin zu bringen, wo er sich ausruhen kann.“ “In wie fern geht es ihm nicht gut? Hyung, wo seid ihr? Wo hast du ihn gefunden?“ Dass der Aeltere ihm keine vernuenftige Erklaerung geben wollte oder konnte, war ihm unverstaendlich. Er sagte sich, dass es fuer dessen Verhalten einen guten Grund geben musste, aber er brachte einfach nicht das Vertrauen auf, ihn ohne einige Antworten auflegen zu lassen. “Hyung!“ “Dae-Sunga, bitte, das ist jetzt nicht der richtige Augenblick. Bitte warte bis morgen, wenn wir wieder zurueck sind. Ich will das nicht am Telefon klaeren.“ Dae-Sung gab keinen Laut von sich, aber er beendete das Gespraech auch nicht, sodass der Aeltere fortfuhr. “Was ist mit Seung-Ri, hat er sich wieder beruhigt?“ Froh, das Thema wechseln zu koennen, klang Seung-Hyuns Stimme sogleich um einiges fester. Dae-Sung sah ein, dass dieser ihm keine genauere Auskunft ueber ihren Anfuehrer geben wuerde, weshalb er resignierte. “Ja, er schlaeft. Young-Bae ist bei ihm. Ich denke, er wird ihm helfen, es zu ueberstehen.“ “Das ist gut.“, kam es als knappe Aussage aus dem Hoerer, doch sie war voller Ernst. Dae-Sung atmete tief durch und nahm sich zusammen. Seung-Hyun klang sehr erschoepft und auch er war am Ende seiner Kraefte. Vielleicht sollte er es fuer heute auf sich beruhen lassen und darauf warten, was der naechste Morgen veraendern wuerde. Er raeusperte sich. “Hyung, mach dir keine Sorgen. Ich hab hier alles im Griff und du kannst dich um Ji-Yong kuemmern.“ “Danke.“ Auch dies war ehrlich, er spuerte es. Nur eines wollte er noch von dem Aelteren hoeren. “Versprich mir, dass du ihn morgen zurueckbringen wirst.“ Eine kurze Pause entstand, welche Dae-Sung befuerchten liess, dass Seung-Hyun ihm nicht mehr antworten wuerde. Aber er irrte. “Ich verspreche es dir. Morgen kommen wir nach hause.“ ------ Seung-Hyuns Hand sank langsam mit dem Handy darin auf das Bett nieder. Das Zimmer wurde nur durch den Schein des Mondes erhellt, doch dies war ihm recht. Er hatte das Beduerfnis, sich zu verstecken, sich und den Menschen, den er liebte. Seine Augen folgten einem schmalen Lichtstrahl, der das Badezimmer durch die angelehnte Tuer verliess, um in den Raum zu fallen. An seinem Anfang befand sich Ji-Yong. Der Aeltere hatte diesen in ein Taxi gezogen und hier her gebracht. Es war ihnen unmoeglich, noch in dieser Nacht zurueckzukehren. Ihre Freunde sollten ihren Anfuehrer nicht in diesem Zustand sehen. Das waere nicht richtig. Mit wenigen Worte hatte er, nach ihrer Ankunft, Badewasser ein- und den Juengeren dann allein gelassen, um zu telefonieren. Wenn Ji-Yong dies enttaeuscht hatte, dann hatte er es mit gesenktem Kopf verborgen. Denn er schwieg noch immer beharrlich. Auch als Seung-Hyun das Bad wieder betrat. Sein Freund sass angezogener Beine im Wasser und hatte die Stirn auf seine Knie gelegt. Der Aeltere zog seinen Pullover aus und warf ihn von sich. Er setzte sich an den Rand der Wanne und betrachtete Ji-Yongs Ruecken. Die blaeulich-violetten Flecken darauf grinsten ihn haemisch an. Er hasste sie. Hasste ihren Anblick. Ihren Anblick auf Ji-Yongs Haut. Beinah zu energisch begann er das heisse Wasser zu schoepfen, um es darueber laufen zu lassen. Der Juengere zuckte zusammen und hob den Kopf. Seine Arme schlangen sich fester um seine Waden, aber er wagte es nicht, sich umzudrehen. Stattdessen verfolgte er, wie Seung-Hyuns grosse Haende ueber seinen Ruecken wanderten, um ihn zu reinigen. Ji-Yong nahm erste Traenen in seinen Augen wahr und sie brannten darin. Er konnte nicht weinen. Der Aeltere sollte nicht beginnen, ihn zu bemitleiden. Und er wollte auch keinen Trost. Es war seine Verantwortung. Es lag bei ihm selbst, was er tat und wofuer er sich entschied. Also hatte er es auch zu tragen. Einen Moment lang verweilten Seung-Hyuns Haende auf seinen Schulterblaettern, was Ji-Yong befuerchten liess, dass dieser nun beginnen wuerde, ihm Fragen zu stellen. Aber nichts geschah. Ohne ein Wort liess der Aeltere von ihm ab und reichte ihm ein Handtuch, welches er zoegernd ergriff. “Das Wasser wird kalt. Du solltest jetzt rauskommen.“ Er wandte sich ab, um das Badezimmer zu verlassen, in der Tuer aber blieb er noch einmal stehen. “Ich...“, setzte er verhalten an, “...warte im Schlafzimmer auf dich.“ Dann schloss sich die Tuer und der Juengere war wieder sich selbst ueberlassen. Als Ji-Yong das Badezimmer verliess, war er in einen Bademantel gehuellt, die dunklen Haare noch immer tropfnass. Der Aeltere winkte ihn zu sich und war erstaunt, dass dieser der Geste folgte, anstatt ihn zu meiden. Auch liess er nichts ueber den Umstand verlauten, dass nur der Mondschein das Zimmer erhellte. Doch dies war etwas, dass ihn weder verwunderte noch erstaunte. Denn konnte er sich denken, dass es auch dessen Wunsch war, sich zu verstecken. Ji-Yong kletterte auf das Bett, bis er die Mitte erreichte und sich dort niederliess, Seung-Hyun seinen Ruecken zugewandt. Wenn dieser etwas von ihm erwartete, dachte der Aeltere, dann hatte er nichts zu befuerchten. Er hatte nicht vor, eine Erklaerung zu fordern. Noch nicht. So blieb es stumm zwischen ihnen und er begann Ji-Yongs Haar mit einem Handtuch zu trocknen. Er rubbelte die feuchten Straehnen sorgfaeltig, seinem eigenen Tun verfallen. Und fuer wenige Minuten, so schien es, waren die schrecklichen Ereignisse vergessen und ihre Vertrautheit war zurueckgekehrt. Nur allzu gern haette er die Zeit eingefroren, um der Zukunft zu entkommen. Aber jeder Traum musste einmal sein Ende finden. Der ihre fand das seine mit einer abrupten Bewegung Ji-Yongs, welcher sich Seung-Hyuns sanften Haenden entzog, um sich an den Bettrand zu setzen. Der Aeltere liess verwirrt das Handtuch sinken und starrte auf den nichtssagenden Hinterkopf seines Freundes. “Warum fragst du nicht?“, erklang dessen Stimme tiefer als gewohnt. Der Aeltere hatte das Gefuehl, sie seit Jahren nicht gehoert zu haben. Daher war er zu ueberrascht, um der Frage folgen zu koennen. Ji-Yongs Kopf hob sich um wenige Zentimeter aus seiner gesenkten Haltung. “Du willst es doch wissen. Also warum forderst du keine Erklaerung?“ Seung-Hyun beobachtete, wie die Schultern seines Freundes leicht bebten. Wie dessen Koerper begann, sich unter Angst zu verkrampfen. Er stiess die Luft lang und hoerbar aus, realisierend, wonach es den anderen verlangte. Mit einem weiteren Atemzug wandte nun auch er Ji-Yong den Ruecken zu. “Ich bin mir nicht sicher, ob ich es wirklich wissen will.“, gab er langsam zur Antwort, welche die volle Wahrheit darstellte. Denn wie sollte die Geschichte aussehen, deren Ende ihm bereits bekannt war? Jedoch spuerte er, wie sie den Juengeren in seinem Innern zu quaelen schien. Und sie wuerde es weiterhin tun, bis er sie erzaehlt hatte. Somit war seine Entscheidung bereits gefallen. “Aber...“, setzte er wieder an, “...ich will, dass du es mir erzaehlst.“ ------ “Ji-Yong, als Anfuehrer der Gruppe hast Du eine enorme Verantwortung. Du musst auf jeden achten und vor allem musst Du fuer ihre Fehler gerade stehen. Ist Dir das bewusst?“ “J-ja.“ “Ich bin mir da nicht sicher. Es gibt noch Vieles, was ihr nicht so beherrscht, wie es sein sollte. Und ihr steht kurz vor eurem Debut. Woran kann das liegen?“ “Ich treibe sie wirklich zur Arbeit an. Sie geben alles, was sie haben. Wir werden es schaffen.“ “Deine Versprechen interessieren mich nicht mehr! Wie es scheint, kannst Du sie nicht halten. Und wenn ihr es jetzt nicht bringt, dann ist eure Gruppe reine Zeit- und Geldverschwendung fuer mich und fuer das Entertainment.“ “Aber Praesident Yang-“ “Vielleicht sollte ich euer Debut lieber absagen...“ “Was?“ “Das scheint mir die einzig geeignete Massnahme zu sein, um uns viel Aerger zu ersparen.“ “P-Praesident, das koennen Sie nicht machen. Es ist unser Traum. Wir haben lang dafuer trainiert. Ich...ich habe Ihnen mein Leben gegeben.“ “Wenn ich nichts davon spuere, dann hast Du mir wahrscheinlich noch nicht genug gegeben.“ “...Wie meinen Sie das?“ “Ji-Yong, es haengt nun alles von Dir ab. Bist Du bereit, alles Noetige zu tun, um diesen Traum zu verwirklichen? Und dabei darfst Du nicht nur an Dich denken. Du musst an jeden hier denken. An jeden in diesem Entertainment. Aber vor allem solltest Du an den jungen Seung-Ri denken. Hast Du das verstanden?“ ------ Dieses Gespraech hatte sich vor ueber zwei Jahren ereignet, doch Ji-Yong erinnerte sich an jedes Wort, das damals gefallen war. An seine Verwirrung und Verzweiflung. An die Angst, das zu verlieren, was er mehr als alles andere wollte. Und die Furcht, dass jemandem seinetwegen wehgetan werden sollte. Er holte tief Luft und fuhr fort, ohne Seung-Hyun die Moeglichkeit eines Einwandts zu geben. Bevor sein Freund antwortete, musste er ihm alles erzaehlt haben. “Zu Beginn passierte es nur selten. Nur alle zwei bis drei Monate. Aber seitdem wir begonnen hatten, das Konzert vorzubereiten...er ruft mich immer oefter zu sich.“ Der Ton seiner Stimme wurde leiser und hoeher. Dies auszusprechen, bedeutete, die Wahrheit zu sehen. Eine bittere und befleckte Wahrheit. “Und was Seung-Ri heute zugestossen ist, war auch sein Werk und...und meine Schuld.“ An diesem Punkt brach der Juengere ab. Dieses Gestaendnis war zu schmerzhaft. Schmerzhafter als die Gewalt, die ihm zugefuegt worden war. Seine Finger gruben sich in die weiche Bettdecke und mit klopfendem Herzen wartete er. “Es war deine Schuld?“, fragte Seung-Hyun nach einigen Minuten angespannter Stille. Ji-Yong wandte sich verstoert um und sein Blick fiel auf den Ruecken des anderen. Nun war es dieser, der ihn nicht ansah. Er wusste nicht, was er erwartet hatte. Vielleicht, dass der Aeltere ihn anschrie oder ihn endgueltig verliess. Stattdessen aber erreichte ihn diese Frage. Er haette sie bejahen sollen, jedoch konnte er nicht sprechen. “Wie kann es deine Schuld sein?“ Seung-Hyuns Haende legten sich auf seine Oberschenkel, wobei sich seine Fingerspitzen in den Stoff seiner Jeans zu krallen begannen. “Hyung...“, setzte Ji-Yong schwach an, doch der Aeltere liess sich nicht beirren. “Solang beluegst du uns schon und nimmst die Schuld auf dich, fuer die Vergehen, fuer die dieser Mann verantwortlich ist. Und du laesst ihn diese...Dinge mit dir tun...Warum?“ “Hyung, bitte...sieh mich an.“, flehte der Juengere mit leiser Stimme. Er war durcheinander. Konnte Seung-Hyun es denn nicht verstehen? Es erschien ihm so, denn dieser folgte seiner Bitte nicht. “Hast du geglaubt, du musst uns beschuetzen? Uns verteidigen? Was war es, was dich auf seine Drohungen hat anspringen lassen?“ Unterdrueckte Rage sprach nun aus Seung-Hyun. Und nicht nur diese. Auch ein Vorwurf lag in seinen Fragen. Er realisierte nur mit Muehe das Ausmass dessen, was er gehoert hatte. Er erinnerte sich an einen Tag kurz vor ihrem Debut zurueck, an welchem Ji-Yong nicht zum Training erschienen war. Als er spaet am Abend zurueck kam, hatte sein Gesicht die Farbe eines Toten. Sie hatten nie erfahren, was an diesem Tag geschehen war. Doch hier und jetzt, in diesem Augenblick, begann alles, einen Sinn zu ergeben. Die Naechte, in welchen ihr Anfuehrer verschwunden gewesen war. Die Tage, an denen er ohne erfindlichen Grund auffaellige Blaessuren aufgewiesen hatte. Jede Erklaerung war eine Luege gewesen und jetzt, wo er es wusste, fragte er sich, warum er es nicht bereits frueher erkannt hatte. Warum er alledem nicht nachgegangen war. “Er hat Seung-Ri bedroht. Was...was haette ich tun sollen?“ “Was du haettest tun sollen?!“ Nun brach es aus ihm heraus, was er vergeblich versucht hatte zu verhindern. Wut auf diesen Menschen. Er fuhr herum und starrte Ji-Yong mit weit aufgerissenen Augen an. Diesen hatte seine ploetzlich laute Reaktion zurueckzucken lassen. Die braunen Augen, im spaerlichen Licht nahezu schwarz, schimmerten aengstlich. Seung-Hyun hielt inne, als er dies sah und sein Gesicht nahm wieder weichere Zuege an. Dieser Anblick machte ihm bewusst, dass sein Freund nicht sehen konnte, was doch so ersichtlich war. Was war es, dass Ji-Yong nicht verstehen liess? “Ji-Yonga, du haettest zu uns kommen sollen. Du haettest ihn anzeigen muessen.“ Ji-Yongs Augen weiteten sich noch um Einiges mehr. “Aber wir standen doch kurz vor dem Ziel. Wir hatten jahrelang dafuer gearbeitet.“, wandte er verzweifelt ein. Diese Rechtfertigung schockierte den Aelteren mehr als jedes Wort zuvor. “Das war der Grund? Unser Debut? Wir haetten woanders hingehen koennen. Wir haetten es ueberall geschafft.“ “Aber ich wollte Big Bang...“, fluesterte der Juengere. “Was?“ “Ich...ich wollte Big Bang!“, schrie Ji-Yong ihn an. Er kniete sich auf das Bett und schlug die Faeuste in die Matratze. Sein gesamter Koerper zitterte erregt und er senkte den Kopf, um Seung-Hyun sein verzerrtes Gesicht nicht sehen zu lassen. “Ich wollte euch, so wie ihr wart, um endlich alles wahr werden zu lassen, was wir uns gewuenscht haben.“ Seung-Hyun glaubte, ein leises Wimmern zu vernehmen, was ihn dazu verleitete, eine Hand auf die Schulter des Juengeren zu legen. “Ji-Yonga...“ “Ich wollte dich.“ Mit diesen Worten schloss Ji-Yong seine Hand um das Herz Seung-Hyuns. Der Aeltere konnte spueren, wie es schmerzhaft pochte und ihm das Atmen schwer fiel. Er presste die farblos gewordenen Lippen zusammen und schloss seine zweite Hand um die andere Schulter seines Freundes, um ihn aufzurichten. Der duenne Koerper hing in seinem Griff. Beinah willenlos sah Ji-Yong ihn aus blass schimmernden Pupillen an. “Ji-Yonga, bitte, du weisst nicht, wovon du sprichst.“ Aus seinen Augen sprach Schicksalsergebenheit, derartig tief, dass es den Juengeren aufmerken liess. “Was dieser Mann dir antut, ist ein Verbrechen. Er fuegt dir nicht nur Schmerzen zu, er macht dich glauben, dass er das Recht dazu haette.“ Er schuettelte den Juengeren hilflos, als dieser noch immer keine Reaktion zeigte. Seung-Hyun war ratlos. “Er misshandelt dich seit Jahren und du versuchst dich zu rechtfertigen. Du musst aufwachen! Dieser Mann vergewaltigt dich. Verstehst du das?!“ Wenige Herzschlaege verklangen und keine Regung ging von Ji-Yong aus. Fuer diesen schien die Zeit still zu stehen. Mit Gewalt zum Halt gebracht von seinem Freund, welcher die unerhoerte, niemals akzeptierte Wahrheit ausgesprochen hatte. Nie hatte er es sich auch nur fuer die Dauer eines Atemzuges erlaubt, ueber die Dinge, die mit ihm geschahen, nachzudenken und sich ihrer bewusst zu werden. Er haette es nicht gekonnt. Nur weil er es verleugnet hatte, nur in raren Momenten wenigen Traenen erlaubt hatte zu fliessen, hatte er es ausgehalten. Hier jedoch, in diesem Augenblick, und nur durch Seung-Hyun schienen der Fluch und jede Mauer, die er zu seinem Selbstschutz errichtet hatte, durchbrochen zu werden. Als wuerde unendlich grosser Schmerz seinen Koerper zerreissen, verzerrte sich jeder Muskel in ihm, jede Faser schien zu schreien, dass er sich fallen lassen sollte. All dies musste ein Ende haben. Ji-Yong hatte keine Kraft mehr. Er oeffnete den Mund, um ein Schluchzen zu entlassen. Kein unterdruecktes, leises, trockenes. Es war ein Schluchzen, wie ein Kind es von sich gab, wenn es hinfiel und sich die Knie zerschlug. Es war laut und qualvoll, zeigte ungeschminkt die Pein, welche der Koeper derart lang in sich eingeschlossen hatte. Und mit ihm kamen die Traenen. Unzaehlige Tropfen, die seine Wangen hinunter rannen, in seinen Mund und von seinem Kinn auf den Stoff, der seine Brust bedeckte. Ji-Yong weinte zum ersten Mal so, wie er es bereits seit langer Zeit haette tun sollen und er wollte nie wieder aufhoeren. Als Seung-Hyun dies sah, kam er nicht umhin, auch erleichtert zu sein. Die qualvollen Schluchzer schmerzten in seinen Ohren und doch waren sie befreiend. Das erste Mal seit einer Ewigkeit war es ihm vergoennt, Ji-Yongs wahres Gesicht zu sehen. Jede Anspannung verlor sich in wenigen Sekunden. Er liess dessen Schultern los und dieser fiel nach vorn in seine Arme. Ihn in diesen einschliessend presste er den von Weinkraempfen geschuettelten Koerper an sich und begann, durch das Haar des Juengeren zu streicheln. “Hoer nicht auf. Wein so lang du kannst.“, fluesterte er in dessen Ohr, was sein Freund mit einem weiteren Schluchzer beantwortete. Und dieser leistete seinen Worten Folge. Liess sich unaufhoerlich wieder und wieder von den Traenen uebermannen, bis sein Innerstes vollkommen ausgeschoepft sein musste. Waehrend der Schlaf ihn ueberkam, sank er in den Armen des Aelteren zusammen und schloss seine Augen. Seung-Hyun bemerkte erst einige Minuten spaeter, dass es nun gaenzlich still geworden war, weshalb er Ji-Yong ein Stueck von sich trennte, um dessen Gesicht sehen zu koennen. Es war geschwollen und geroetet. Die Wangen glaenzten noch immer leicht und trotzdem war dies einer der wenigen Momente, in welchen ihn dessen Anblick nicht beunruhigte. Nein, er war von Friedlichkeit gepraegt. Der Aeltere seufzte und festigte seinen Griff um seinen Freund noch ein letztes Mal, um ihn unter die Bettdecke zu bringen. Vorsichtig bettete er dessen Kopf auf dem weiss bezogenen Kissen, um sich danach selbst dazu zu legen. Noch lang beobachtete er das Mienenspiel des Juengeren im Schlaf, sich fragend, wie es weitergehen sollte, bevor er einen letzten Kuss auf dessen Stirn hauchte und selbst in sein Unterbewusstsein hinueber glitt. ------ Es war ein vertraut angenehmes Gefuehl, welches Seung-Hyun im Licht des naechsten Morgens weckte. Ein Gefuehl, das ihn beinahe vergessen liess, wo er war und was ihn hierher gebracht hatte. Er spuerte Ji-Yongs Lippen auf seiner Wange. Zart und warm. Sie verblieben dort einige Sekunden, bevor der Juengere bemerkte, dass sein Freund erwacht war. Schnell entfernte er sich von diesem und liess seinen Blick scheinbar schuldbewusst sinken. Seung-Hyun betrachtete ihn wortlos, der vor ihm sass, den Bademantel locker um die Hueften gebunden, das Haar von tiefem Schlaf zerzaust. Und er tat es mit ploetzlich aufkommendem Verlangen. Nichts anderes als Ji-Yongs anziehender Duft kam ihm in den Sinn, welcher ihn dazu trieb, sich aufzusetzen und seine Hand ueber dessen Wange streicheln zu lassen. Sanft und langsam beruehrte er sie, bis seine Fingerspitzen in das Haar des Juengeren hinueberglitten. Nahezu unglaeubig hob dieser seinen Blick, welcher auf Seung-Hyuns verhangene Augen traf. Dies genuegte, um auch in ihm jeden weiteren Gedanken zu loeschen. Die Hand des Aelteren fuhr in den schlanken Nacken seines Freundes und packte ihn mit festem Griff. In der naechsten Sekunde legten sich seine Lippen auf die Ji-Yongs. Das warme Gefuehl, welches er beim Erwachen gespuert hatte, kehrte intensiver zu ihm zurueck und draengte ihn zu mehr Leidenschaft. Ihrer beider Augen schlossen sich, waehrend Seung-Hyun den Koerper vor sich umschlang und seine Zunge in den suessen Mund stiess. Ji-Yong draengte sich an ihn, seine Haende in sein Oberteil krallend. Er keuchte erregt und versuchte dem Aelteren etwas entgegen zu setzen, indem er dessen Zunge mit der seinen beruehrte, um das Spiel mitzuspielen. Doch Seung-Hyun liess ihm keine Chance. Dieser spuerte nach wenigen Sekunden nackte Haut unter seinen Fingern, die auf die Schultern des anderen gewandert waren. Ein Hitzestoss trennte ihn von dessen Lippen, was der Juengere jedoch nicht bedauern musste. Sogleich spuerte er die Kuesse seines Freundes seine Kehle hinuntersinken. Dieser schob den laestigen Stoff von den Schultern Ji-Yongs, der bereits schwer atmete. Ertastete die leicht kuehle Haut, welche von einer Gaensehaut ueberzogen wurde, sobald er sie zu liebkosen begann. Mit Genuss vernahm Seung-Hyun den salzigen Geschmack auf seiner Zunge, liess sie sich massierend ihren Weg suchen und entlockte Ji-Yong das erste Stoehnen. Wie gut es sich anfuehlte, dies zu hoeren. Wie sehr es ihn befriedigte, ihm diese Laute zu entlocken. Diesen anzusehen, das Verlangen zu spueren und dem nachzugehen. Seinen Freund auf diese Weise zu besitzen, zu kontrollieren... Ihm macht es bestimmt genauso viel Spass wie mir dich zu voegeln. Kaum, dass die Stimme Yangs in seinem Kopf erklang, prallte er zurueck. Abrupt packte er den Juengeren an den Oberarmen und riss ihn von sich. Dessen Haende loesten sich widerwillig von ihm, wobei sich sein Blick nur langsam klaerte. Verwirrt, noch halb im Rausch, sah dieser den Aelteren an, dessen Haende sich noch immer um seine Arme gelegt hatten. “Hyung, warum-“ “Wir muessen reden.“, unterbrach ihn Seung-Hyun, welcher seinen Blick mied. Von Schuldgefuehlen ueberschwemmt wagte er es nicht, seinen halb entbloessten Freund noch einmal anzusehen. Das war falsch. Er konnte ihn nicht auf diese Weise beruehren. Er konnte nicht ignorieren, was er gesehen und gehoert hatte. Und vor allem konnte er Ji-Yongs scheinbar endlose Schluchzer der letzten Nacht nicht vergessen. Sie hatten vieles zu besprechen und dies durfte nicht hinausgeschoben werden. Mit einem falschen Raeuspern, welches die festgefahrene Situation ueberbruecken sollte, wandte er sich wieder dem Juengeren zu und machte Anstalten, den Bademantel ueber dessen Schultern zu ziehen. Doch Ji-Yongs Haende hielten ihn auf. Sie stiessen die seinen zurueck und erledigten die Arbeit selbst, etwas zu energisch. Dieser fuehlte sich so voller Scham, hatte er sich doch, obwohl er es besser wusste, hinreissen lassen. Obwohl gestern Nacht das Ende der Welt gekommen zu sein schien. Doch bereits am naechsten Morgen waren nur wenige Beruehrungen Seung-Hyuns noetig, um die schlechten Erinnerungen hinfortzuwischen und ihn voellig willenlos werden zu lassen. Wie stand er nun da? Vorgefuehrt und naiv wie ein Kind. Als koenne das Vergangene ungeschehen gemacht werden. Aber dass dies nicht moeglich war, musste er nun einsehen. “Ji-Yonga, wir muessen bald wieder ins Apartment zurueck. Wir koennen nicht ewig verschwunden bleiben und die anderen darueber im Dunkeln lassen, was passiert ist.“ Seung-Hyun sprach eindringlich aber ruhig. Auch sein Freund musste das verstehen koennen. Dieser jedoch sah wie vom Blitz getroffen auf, einen geschockten Blick zu ihm werfend. “D-du willst es ihnen erzaehlen?“, fragte dieser stockend, als koennte er seine Ahnung aufgrund ihrer Abwegigkeit kaum aussprechen. Der Aeltere war irritiert. Seine Antwort war doch offensichtlich. Er beugte sich naeher zu seinem Gegenueber. “Natuerlich.“, antwortete er ernsthaft. “Ji-Yong, wir muessen ihnen die Wahrheit sagen. DU musst ihnen die Wahrheit sagen.“ “Das kann ich nicht!“ Die Augen des Juengeren begannen unstet zu flackern. Er wich zurueck. “Du...du musst mit den Luegen aufhoeren. Sie muessen es erfahren.“ “Und was sollen sie tun, wenn sie es wissen? Wenn sie erfahren, wie lang das schon geht? Wenn sie die Wahrheit darueber kennen, wie wir zu unserem Debut gekommen sind?“ Seung-Hyun schluckte. Er wollte nicht darueber nachdenken, nicht an die letzten Jahre denken. Er kniff die Lider fuer einen kurzen Augenblick zusammen. “D-das ist doch unwichtig. Alles, was zaehlt, ist, dass wir das beenden und-“ “Und was?!“ “Und diesen Perversen vor Gericht bringen!“ Mit Entschlossenheit sprach er sein Vorhaben aus, von welchem er wusste, dass es das Richtige war. Doch trotz dieses Wissens fuehlte sich Seung-Hyun wie ein Verraeter, bei dem Gedanken, ihren Praesidenten ans Messer zu liefern. Wieviel Macht dieser Mann bereits ueber ihre Kopfe besass... Ji-Yong begann den seinen zu schuetteln und senkte ihn dabei. Er betrachtete seine Haende, die geoeffnet vor ihm auf der Bettdecke lagen. Sie kamen ihm sehr klein vor. Machtlos. “Alles, was du tun willst, ist am Ende nur schlecht fuer uns. Er hat uns aufsteigen lassen. Wenn wir ihn jetzt anzeigen, sind auch wir erledigt.“ “Das ist doch belanglos. Ich dachte, das haettest du gestern eingesehen.“ “Aber das kann ich ihnen nicht antun. Ich bin doch-“ “Es ist mir egal, dass du dich fuer unseren Anfuehrer haelst. Ich werde dem ein Ende bereiten. Oder willst du, dass es so weitergeht?“ Und wie um seinen Entschluss zu bekraeftigen, wandte er sich ab, um das Bett zu verlassen. In diesem Moment wurde seine rechte Hand ergriffen. “Hyung, bitte sag es ihnen nicht.“, wisperte Ji-Yong kleinlaut. Er bedachte den Aelteren mit einem bettelnden Blick. Dieser wollte ausweichen, sich nicht umstimmen lassen, doch da lag etwas in der Beruehrung ihrer Haende, das ihn inne halten liess. “Wenn du es ihnen jetzt einfach frei heraus sagst, was werden sie dann von mir denken? Und wie wird es Seung-Ri gehen? Er hat doch schon genug durchgemacht.“ “Und was ist mit dem, was du durchgemacht hast?“ Seung-Hyun spuerte mit einem Mal unkontrollierte Traenen in sich aufkommen. “Was soll ich tun?“, fragte er halb erstickt und drueckte die Hand des Juengeren fester. “Gib mir noch ein paar Tage. Nur damit ich mir klar werden kann, wie es ihnen beibringe. Schmerzlos.“ “Aber es ist nicht schmerzlos.“ “Deshalb muss ich mein Bestes versuchen, Hyung.“ Er befreite seine Hand aus der Umklammerung des Aelteren und legte seine Arme um dessen Hals. “Ich halte mein Versprechen. Lass mir nur ein paar Tage Zeit.“ Seung-Hyuns Arme hoben sich ebenfalls und schlangen sich um Ji-Yongs Koerper. Er war noch immer da, dieser Duft. “Gut.“ ------ Ein letztes Mal streichelte seine Hand durch das Haar seines schlafenden Freundes, bevor er sich erhob und das Zimmer verliess. Young-Bae schloss behutsam die Tuer und schlich durch den Flur zu seinem Schlafzimmer. Er erwartete, dort auf Dae-Sung zu treffen, welcher sich einen anderen Schlafplatz hatte suchen muessen. Seinetwegen. Jedoch schienen die drei Betten unberuehrt. Ratlos hob er die Hand zum Lichtschalter. Da es noch sehr frueh war, drang nur wenig Tageslicht in den Raum. Da packte ihn ploetzlich etwas an der Schulter. Young-Bae fuhr zusammen und legte seine Hand an sein wild klopfendes Herz. “Dae-Sung!“, stiess er hervor, denn niemand anderes konnte es sein. Und seine Vermutung taeuschte ihn nicht. Als er sich umdrehte, erblickte er seinen verschlafenen Freund. “Hyung, wie geht es Seung-Ri?“ Ohne auf das verstimmte Gesicht des Aelteren einzugehen, stellte er einfach seine Frage. Doch anstatt zu antworten, schuettelte Young-Bae nur seinen Kopf. Er entfachte das Licht und trat an seinen Kleiderschrank. “Er schlaeft und ich hoffe, dass das ein gutes Zeichen ist.“ Dae-Sung nickte und folgte ihm. Der Juengere holte etwas aus seiner Tasche und begann es zwischen seinen Fingern zu drehen. Dieses eher untypische Verhalten brachte seinen Freund von seinem Tun ab. Dieser betrachtete den anderen fuer wenige Sekunden und zog seine Schluesse. “Dae-Sunga, kann es sein, dass etwas passiert ist?“ Der Angesprochene zuckte leicht mit den Schultern, als wollte er dem, was ihn beschaeftigte, die Wichtigkeit nehmen. “Ich hatte nur einen Anruf von Praesident Yang.“ Es fuehlte sich an, wie ein Schlag in den Magen, als Young-Bae diese Formulierung hoerte. Ein Deja-vu. Selbst Dae-Sungs Tonfall war dem Seung-Ris aehnlich. “Hat er etwas ueber Min-Woo gesagt?“ “Nein, davon hat er nichts erwaehnt.“ Der Juengere sprach langsam und vorsichtig, was seinen Worten besonderes Gewicht verlieh. Sie beide schienen die selben Gedanken ueber diesen Umstand zu hegen. Wie konnte ihr Praesident die Vorkommnisse uebergehen? War Ji-Yong denn nicht bei ihm gewesen? “Was hat er dann gewollt?“ “Es war komisch. Er hat mir mitgeteilt, dass er bei dem Auftritt in fuenf Tagen anwesend sein wird. Ich kann mir nicht erklaeren, warum, aber er meinte, dass ich es vor allen Ji-Yong mitteilen sollte. So schnell wie moeglich.“ Kapitel 10: Kapitel 10 ---------------------- Meine hochverehrte Leserschaft, Schande ueber mein Haupt, dass ich euch, deren Sehnsucht nach einer Fortsetzung dieser Geschichte wie Saeure in euren Herzen gebrannt haben muss, eben jene derartig lang vorenthalten habe. Ich koennte zu diesme Zeipunkt natuerlich einige Entschuldigungen hervorbringen (Rueckkehr nach Deutschland, Wohnortsuche, Umzug, Uni, Professoren), aber das tue ich selbstverfreilich nicht. Hiermit kann ich euch nun auch die letzten 45% des 10. Kapitels geben. Es hat noch eine Weile gedauert (Abschlusspruefungen) und es tut mir nochmals Leid, dass ich es euch in zwei Teilen geben musste. Aber jetzt ist es da. Das endlich vollstaendige Kapitel 10! ********************************************************************************* Kapitel 10 Glaubten sie ihm? Hatte er sie ueberzeugt? Hatte er es richtig gemacht? Oder wurde an ihm gezweifelt? Wussten sie bereits alles? Ji-Yongs Blick wanderte von den Gesichtern seiner drei Freunde zu Seung-Hyun herueber, welcher sich kaum zu seiner Erklaerung gaeussert hatte. Dieser hatte, waehrend er selbst nach Worten rang, nur an seiner Seite gesessen und gelegentlich genickt. Der Juengere wuenschte sich, dieser wuerde seine Geschichte bestaetigen, aber er konnte wohl keine Hilfe erwarten. Dae-Sung raeusperte sich leise und rieb seine Haende gegeneinander. Ihre Situation war spuerbar heikel und dass zwischen ihrem Anfuehrer und Seung-Hyun etwas vorgefallen war, konnte er ebenfalls nicht ignorieren. Dennoch war er gewillt, Ji-Yongs Erklaerungen Glauben zu schenken. Wenn auch nur, um Seung-Ri in Sicherheit zu wiegen. Die beiden Verschwundenen hatten ihr Versprechen gehalten und waren am Morgen zurueckgekehrt und es gab wohl niemanden unter den drei Zurueckgebliebenen, der die Ankunft ihres Anfuehrers mehr herbeigesehnt hatte, als Seung-Ri. Seitdem der Juengste erwacht war, hatte er Antworten gewollt. Doch Ji-Yongs Erklaerungen waren ungenau und kaum verstaendlich gewesen. Zwar erzaehlte er, dass er mit dem Praesidenten gesprochen haette und dass dieser sich um das Problem kuemmern wuerde, aber was dieser wirklich gesagt, wie Yang reagiert hatte, darueber schwieg ihr Anfuehrer. Alles, was er Seung-Ri wieder und wieder sagte, war, dass dieser sich keine Sorgen zu machen braeuchte. Er wuerde sich der Sache annehmen, versicherte er ihm. Noch mehr verwunderte die Drei aber Seung-Hyuns wortkarges Verhalten, welcher Ji-Yongs Bericht ueber ihren naechtlichen Verbleib scheinbar nichts hinzuzufuegen hatte. Immer mehr draengte sich ihnen das Gefuehl auf, dass es ein wohlgehuetetes Geheimnis gab. Ein Geheimnis, das von Bedeutung fuer ihren Anfuehrer war. Und aus diesem Grund nahmen sie dessen Ausreden ein weiteres Mal hin, in der immer schwaecher werdenden Hoffnung, dass dieser eines Tages ehrlich zu ihnen sein wuerde. „Und mehr gibt es nicht zu sagen?“, fragte Young-Bae nach einigen Sekunden des Schweigens. Ji-Yong schuettelte unsicher den Kopf. „Nein.“ „Und dir geht es gut?“ „Ja.“ „Dann werden wir darauf warten, dass Praesident Yang sich sich meldet.“ Bei diesen Worten merkte Dae-SUng auf, welcher nicht gewagt hatte, die Aelteren zu unterbrechen. In ihm klang noch immer die Stimme des Praesidenten bei dessen Anruf am vergangenen Abend nach. Warum hatte dieser nichts erwaehnt? Lag es daran, dass Ji-Yong mit ihm gesprochen hatte? Er raeusperte sich und wendete sich an ihren Anfuehrer, welcher ihn fragend anblickte. Der Juengere musste es ihm mitteilen. „Praesident Yang hat gestern Abend angerufen. Und...“ Wieder veraenderte sich etwas in den Augen Ji-Yongs. Wie schon so oft in den letzten Wochen, schienen sie das, was vor ihnen lag, nicht mehr zu sehen. Stattdessen fuellten sie sich mit etwas, von dem Dae-Sung nie glauben wollte, dass es Furcht war. Schrecken. Doch nun war es ihm beinah unmoeglich geworden, es zu leugnen. Ihr Anfuehrer war voll von Angst. „...und er sagte, dass er persoenlich zum Auftritt naechste Woche erscheinen wird. Ich sollte es dir ausrichten.“ Der Schrecken in Ji-Yongs Ausdruck schwand nicht, dennoch wirkte dieser ploetzlich erleichtert. Was haette der Praesident ihm wohl erzaehlen koennen, dass es den unberechenbaren Kwon Ji-Yong derart aus der Ruhe brachte? All diese Fragen machten ihn vollkommen verrueckt. „Hat er gesagt, warum er kommen wird?“ Diesmal erhob Seung-Hyun das Wort. Er hatte sich nach vorn gebeugt, wobei sich eine seiner Haende an Ji-Yongs Schulter klammerte. Alle sahen ihn ueberrascht an und der Juengere schuettelte wie hypnotisiert den Kopf. „N-nein. Ich denke, er will einfach sehen, dass aeh...alles...gut laeuft.“ Zwischen den Augenbrauen des Aeltesten entstand eine Falte des Misstrauens, welche sich der Rest nicht mit aller Sicherheit erklaeren konnte. Doch ohne noch irgendetwas zu aeussern, wandte Seung-Hyun sich an Ji-Yong, was seinen Blick noch besorgter werden liess. „Hyung...“ Fluesterte der Juengere nur und sein Gegenueber nickte. „Du siehst noch blass aus. Geh lieber nochmal ins Bett.“ Seine Stimme klang sanft und heiser. Unter normalen Umstaenden haette ihr Anfuehrer einer solchen Aufforderung nicht Folge geleistet. Aber alles war anders geworden. Auch zwischen diesen beiden. „Ja“, hauchte dieser lediglich und erhob sich, um die Kueche zu verlassen. Aber nicht nur er verliess seinen Platz. Auch Seung-Ri konnte nicht mehr mitansehen, wie sich vor seinen Augen Dinge abspielten, die er nicht verstand. So ging ein Ruck durch seinen Koerper, als er ihren Anfuehrer, als er sein Vorbild gehen sah. Er fuhr hoch und folgte diesem mit energischem Schritt. Die Zurueckgebliebenen reagierten verzoegert, doch auch sie erhoben sich und liefen zur Tuer, um das, was sich auf dem Flur abspielte, zu beobachten. Der Juengste hatte ihren Anfuehrer gepackt und herumgerissen. Zwang diesen, sich ihm gegenueberzustellen. Die Szene, trotzdem niemand sich bewegte, liess die drei Beobachter das Atmen vergessen. Seung-Ris Ruecken, welcher ihnen zugewandt war, sagte ihnen nichts und so konnten sie nur in Ji-Yongs weit geoeffneten Augen lesen. Verstoert schimmerten die schwarzen Pupillen und wanderten unstet von einem Punkt zum anderen, als versuchten sie, einen Anhaltspunkt zu Seung-Ris Verhalten zu finden. Doch ihrer wachsenden Ratlosigkeit nach, gab das Gesicht des Juengsten keinen Hinweis. Erst nach Sekunden bewegte dieser sich weiter auf den Aelteren zu und schlang seine Arme fest um ihn. Ji-Yongs Ausdruck wandelte sich in Hilflosigkeit, waehrend auch er die Arme um den schmalen Ruecken legte und begann, ihn leicht zu taetscheln. Sein Blick fiel in Young-Baes Augen, welche ihm Tausende Fragen stellten, die er nicht beantworten konnte. Nur eines formten seine Lippen, doch auch dies wuerde ihnen nicht helfen. Young-Bae folgte den Lippenbewegungen Ji-Yongs und erkannte die Worte „er weint“ darin. Sein Freund weinte an ihren Anfuehrer geklammert, so wie es noch in der Nacht zuvor mit ihm geschehen war. Doch Seung-Ris Traenen flossen nicht aus dem selben Grund. Jetzt, wo er Ji-Yong in diesem gebrochenen Zustand hatte erleben muessen, ahnte er ploetzlich, dass das Ereignis des gestrigen Abends kein Zufall gewesen war. Keine unglueckliche Fuegung. Und Ji-Yong wusste dies. Trotzdem schwieg dieser. „Hyung, bitte“, setzte er nach wenigen stummen Schluchzern an, „sei doch endlich ehrlich. Hoer auf uns irgendwas zu erzaehlen, nur damit wir nicht mehr nachfragen. Du weisst viel mehr, als du zugibst.“ Nun war der Aeltere es, der ueber die Schulter seines Freundes blickend in den Gesichtern der anderen las. Niemand wirkte ueberrascht oder bestuerzt. Fast war es wie als haette der Juengste sich getraut, ihrer aller Gedanken auszusprechen. So warteten sie darauf, wie ihr Anfuehrer sich ein weiteres Mal aus dieser Situation herauswinden wuerde. Geschickt, wie er es jederzeit vollbrachte. Aber Seung-Hyun konnte sehen, dass dieser von all seinem Geschick verlassen war. Nach dem Gestaendnis der letzten Nacht und seinem Versprechen an den Aeltesten wagte er es nicht, noch einmal zu luegen. Nicht jetzt, da endgueltig sicher war, dass er nicht mehr im Stande war, sie zu blenden. Er konnte es nicht mehr und fast hatte er es geahnt. Aber er konnte es ihnen nicht sagen. Nicht zu diesem Zeitpunkt. So wanderte sein Blick um Hilfe flehend zu Seung-Hyun, welcher, wenn auch gegen seinen Willen, handelte. „Seung-Riya, komm, du solltest dich auch nochmal hinlegen. Ihr seid beide nicht fit genug, um zum Training zu gehen. Also ruht euch aus.“ Im Zuge dieses Ratschlags trat er an die beiden verschlungenen Gestalten heran, um Seung-Ri an den Oberarmen zu nehmen und ihn von ihrem Anfuehrer zu loesen. Dieser liess es geschehen und sich von dem Aelteren in sein Zimmer eskortieren. Im Vorbeigehen trafen seine Augen auf die Dae-Sungs und Young-Baes, aber er brachte es nicht fertig, sie richtig anzusehen. Er wusste, was sie sagen, was sie von ihm verlangen wuerden. Und er konnte es ihnen nicht geben. Die einzige Person, welche dazu im Stande war, war Ji-Yong. Aber dieser hatte sie wiedereinmal verlassen. ------ Min-Woo begegnete ihnen nicht mehr. Gerade so, als haette er nie existiert. Die Trainingstage bis zum Auftritt vergingen schnell und sie alle arbeiteten ohne auszuruhen. Der Grund fuer ihr hartes Schaffen allerdings war nicht die Wichtigkeit des Konzerts. Ihr Auftritt wuerde nur einer von vielen sein, wenn auch meist erwartet. Aber nur diese Anstrengung war es, welche die Muedigkeit mit sich brachte, um einzuschlafen. Um die Ereignisse der vorhergegangenen Zeit zu vergessen. Obwohl sie jeden Tag bis tief in die Nacht gemeinsam verbrachten, stellte niemand mehr eine Frage an Ji-Yong. Keiner von ihnen wollte eine weitere Luege von diesem hoeren muessen und so schwiegen sie sich an. Wandten ihre Aufmerksamkeit anderen Dingen zu. Nur Seung-Hyun liess ihrem Anfuehrer keine Ruhe. Jeden der Momente, in denen er mit dem Juengeren allein war, fuellte er mit der Bitte an diesen, nun endlich die Wahrheit auszusprechen. Er selbst hatte keine Klarheit darueber, wie sein Freund dem Druck standhielt, den die misstrauenden Blicke der anderen auf ihn ausueben mussten. Seung-Hyun schaffte es kaum, das Geheimnis seines Freundes weiterhin im Dunkel zu lassen. Es suchte ihn heim, jede Nacht. Die Bilder, die er gesehen, die Stimmen, die er gehoert hatte, sah und hoerte er nun in verzerrten Traeumen. Und jedes Mal, wenn er durch sie erwachte, fiel sein Blick auf Ji-Yong, sich wuenschend, die Wahrheit nie erfahren zu haben. Dann haette er den Koerper seines Freundes weiterhin voll Glueck beruehren koennen, anstatt nun davor zurueckzuschrecken. Das selbe Gefuehl legte sich auch auf die Brust des Aeltesten, als ihm bewusst wurde, dass bereits der Morgen des erwarteten Tages angebrochen war. Ironischerweise schien auch das Wetter seine Hoffnungslosigkeit widerspiegeln zu wollen. Zwar war ein verhangener Himmel in dieser Jahreszeit nicht ungewoehnlich, jedoch erschien er ihm nicht nur grau sondern von einer Duesternis gezeichnet, die nur von seinem verbotenen Wissen herruehren konnte. Waehrend er die Vorhaenge gaenzlich oeffnete und seine beiden schlafenden Freunde mit dem Wegziehen ihrer Decken weckte, begann es zu regnen. Ji-Yong setzte sich stoehnend auf. Mit zerzaustem Haar, die Falten des Kissens noch auf der Wange, taumelte er aus dem Bett, dabei einen Blick in die Augen Seung-Hyuns werfend. Sie klagten ihn an, ein weiteres Mal. Sagten ihm erneut, dass er sein Versprechen noch immer nicht eingeloest hatte. Und erneut ignorierte er die Klage mit aller Macht. „OK! Noch einmal vom zweiten Refrain bitte! Ihr muesst aufpassen, dass ihr auf der Buehne nicht zu weit auseinanderdriftet.“ „Verstanden!“ „Gut, dann los!“ Die Buehnenproben verliefen nicht glatt. Das spuerten sie alle fuenf. Ji-Yong hoffte instaendig, dass es den Menschen, mit welchen sie arbeiteten, nicht auffiel. Denn weitere Fragen wuerden ihn in geistige Umnachtung treiben. Bereits Seung-Hyuns Augen, die ihn seit dem Morgen zu verfolgen schienen, liessen seinen Verstand langsam aussetzen. Er wuenschte sich nur von dieser Buehne herunter, um vor ihnen fliehen zu koennen. Er wuenschte sich sehnlichst das Ende dieses Tages. Wiederum wurde dem Anfuehrer, als ihm dies durch den Kopf ging, bewusst, dass er nach der kommenden Nacht sein Versprechen erfuellen musste. Vor dieser Tatsache graute ihm mehr, als vor der Buehne und dem Geschrei des Publikums. Aber auch ihre Probe ging vorueber und die Gruppe fluechtete sich fuer einen Moment der Ruhe in ihre Garderobe. Dae-Sung nahm seufzend Platz und liess seinen Blick schweifen. Es hatte sich bereits viel veraendert und diese Veraenderungen schritten fuer ihn unaufhaltsam voran. Er sah Seung-Ri und Young-Bae gemeinsam auf dem Sofa an der hinteren Wand sitzen. In der vergangenen Woche waren sie oft zusammen gewesen. Auch wenn ihr Juengster versuchte, es zu verbergen, so war ihm doch anzusehen, dass ihn das, was ihm zugestossen war, noch immer aengstigte. Dae-Sung wusste um diesen Umstand nur allzu genau. Seung-Ri hatte Albtraeume und er war es, der sie Nacht fuer Nacht mitanhoerte. Wenn dieser bei Young-Bae war, jedoch, wirkte er entspannt. Als wuesste er, dass er in Sicherheit war. Dies beruhigte ihn und doch machte es ihm bewusst, wie wenig er selbst tun konnte. Waehrend sich Dae-Sung innerlich als unnuetz beschimpfte, wurde er von Seung-Ri beobachtet. Dieser hatte ein schlechtes Gewissen, denn noch immer hatte er das Gefuehl, seinem aelteren Freund nicht genuegend fuer dessen Hilfe gedankt zu haben. Denn dieser war es, der das Licht der Lampe Nacht fuer Nacht von Neuem entzuendet hatte, um ihn daraufhin aus seinen dunklen Traeumen zu holen. Um ihm gut zuzusprechen und ihm den noetigen Frieden zu geben, um ihn in den Schlaf zurueckzufuehren. Vor allem aber musste er Dae-Sung dafuer danken, dass dieser seine Schlaflosigkeit niemandem gegenueber erwaehnte. Auch ohne, dass er ihn darum hatte bitten muessen. Seung-Ri war versucht, zu diesem herueber zu gehen, der sehr verlassen auf der anderen Seite des Raumes wirkte, da erhob sich ihr Anfuehrer und lief zur Tuer. „Hyung, wo gehst du hin?“, fragte Dae-Sung. „Nur zum Klo. Will vielleicht einer mitkommen? Fuer den Fall, dass ich mich verlaufe?“, setzte Ji-Yong in ironischem Tonfall nach und verliess das Zimmer. „Warte, ich muss auch mal.“, kam es aus Seung-Hyuns Mund, welcher daraufhin ebenfalls verschwunden war. „Ji-Yonga, warte.“ Der Angesprochene drehte sich im Gehen genervt um. „Bitte, warum laeufst du mir nach? Ich hab nicht vor, abzuhaun.“ „Das glaube ich auch nicht.“ Der Aeltere tauchte neben ihm auf. „Ich muss wirklich.“ Er rang sich ein kleines Laecheln ab, aber seinem Freund schien es schwer zu fallen, es zu erwidern. Noch immer hatte der Juengere das Gefuehl, dass Seung-Hyun ihn nur ueberwachen wollte. Doch ihr Weg fuehrte sie wirklich in den Waschraum und als sie an den Waschbecken ihren Spiegelbildern gegenueberstanden, musste er an die Nacht vor sieben Tagen denken. Im Spiegel sah er zu dem Aelteren herueber, in der Hoffnung dieser wuerde es nicht bemerken. Doch Seung-Hyun schien den selben Gedanken zu haben. Dieser sah ihn an, mit kummervollen Augen. Ji-Yong hielt es kaum aus. „Hoer auf mich dauernd anzustarren. Du wusstest, dass ich es ihnen nicht bis nach dem Auftritt sagen wuerde. Es vorher zu tun, waere unverantwortlich.“ Sein Gegenueber antwortete nicht. Stattdessen wandte er sich ihm zu, blickte ihn an ohne jegliche Umwege. Ji-Yong versuchte das Gefuehl, das dieser offene Blick in ihm ausloeste, zu unterdruecken. Er spuerte sein Herz wieder in seinem Hals schlagen. In der naechsten Sekunde schwitzten bereits seine Haende. Auch wie an dem Morgen vor sieben Tagen erschien dieser Wunsch in ihm. Seung-Hyun sollte ihn beruehren. Und ihn vergessen machen. Der Aeltere wehrte sich gegen den aufsteigenden Drang in seiner Brust. An dem besagten Morgen hatte er es geschafft, doch ploetzlich wollte er dies nicht mehr. Obwohl sie an einem Ort waren, an welchem es an Wahnsinn grenzte, sich in seinem Verlangen zu verlieren, war es mit einem mal nicht mehr von Belang, wer sie entdecken und entlarven koennte. Seine Hand packte Ji-Yongs und zog diesen zu sich. Er presste seinen Freund mit dem Ruecken gegen den Waschtisch und noch bevor er seine Lippen auf dessen drueckte, begannen sie beide hektisch zu atmen. Ji-Yongs Brustkorb begann zu schmerzen, als Seung-Hyun ihn festhielt. Er wusste, was dieser mit ihm tun wollte, aber er konnte nicht verstehen, wie es ploetzlich dazu kam. Warum dieser Mensch vor seinen Augen immer genau das Selbe wie er selbst zu fuehlen schien. Die Kraft in Seung-Hyuns Haenden schuechterte ihn ein, doch er wollte auch nicht fliehen. Ehe es ihm moeglich war, sich dagegen zu wehren, kuessten sie sich bereits intensiv und kopflos. „Hyung-”, entfloh es gehaucht aus Ji-Yongs Mund, bevor der Aeltere ihn wieder verschloss und seine Zunge hineinschickte, um seinen Freund unfaehig zu machen, ihn in die Realitaet zurueckzuholen. Seine Haende gingen ihren eigenen Weg, erkundeten sofort den Koerper, vor dem sie erst zurueckgeschreckt waren. Ji-Yongs Haut war noch immer genauso weich, wie in ihrer ersten Nacht. Es hatte sich doch nichts veraendert. Die Finger des Juengeren gruben sich in Seung-Hyuns Haar, die Tatsache missachtend, dass er dessen Frisur zerstoerte. Fuer ihn gab es nun keinen Auftritt mehr und kein Morgen, an dem die Wahrheit ans Licht gebracht werden musste. Denn auch sein Versprechen war jetzt weit weit fort. Ji-Yong stoehnte auf und lehnte den Kopf zur Seite, als sich die Zaehne seines Freundes in seinen Hals bohrten. Es war eine suesse Pein und er genoss sie mit ganzem Koerper. Seung-Hyun griff nach seinen Hueften und hob ihn auf den Waschtisch, woraufhin er die Beine um dessen schlang. Eng aneinander gepresst keuchten sie schwer, doch der Aeltere dachte nicht daran, aufzuhoeren. Ji-Yong spuerte, wie dieser den Rand seines T-shirts hoeher schob und sein Bauch unter den Streicheleinheiten erzitterte, die ihm nun gegeben wurden. Beinah war jede Vernunft aus seinem Geist geloescht, da sah Seung-Hyun ihm abermals in die Augen. Und er hielt in den Beruehrungen inne, als er sich selbst darin erkannte. Erschrocken huschte sein Blick zur Seite, weg von den dunklen Pupillen, erhaschte dabei jedoch sein geroetetes Gesicht im Spiegel, welches ihn ueber Ji-Yongs Schulter hinweg ansah. “Hyung, wir sollten aufhoeren”, kam es heiser und leise von seinem Freund, den er noch immer umklammert hielt. Sofort liess er ihn los und wandte sich ab. “Ja, du hast recht...tut mir leid...”, fluesterte der Aeltere zerstreut und stolperte auf die Tuer zu. Ji-Yong stuerzte ihm nach, aber erwischte den hastig Geflohenen erst auf dem Gang. Einige Male tief Luft holend, um sein Herz zu beruhigen, griff er dessen Unterarm und hielt ihn auf. “Hyung, bitte, dir...dir geht es doch genauso. Oder?” “Was meinst du?” Seung-Hyun verweigerte es, sich dem Juengeren zuzuwenden. Seine Bissspuren an dessen Hals wuerden ihn sein Gewissen spueren lassen. “Du weisst es. Wenn du mich beruehrst, dann sieht du nicht nur mich. Du siehst mich mit ihm und das macht dich krank...und mich...” Er hatte gehofft, dass es seinem Freund nicht auffallen wuerde. Das, was ihn beherrschte, war noch immer klar in seinen Erinnerungen. Er hatte die Veraenderung doch nicht aufhalten koennen. Seine Hand schloss ich um Ji-Yongs und er wandte sich diesem zu. Diesmal war es eine vorsichtige Beruehrung, sodass es ihm moeglich war, die Waerme zu spueren, die von ihm ausging. “Ja, ich werde krank. Aber du kannst etwas dagegen tun.” Die Augen seines Gegenuebers betrachteten ihn wehmuetig und dieser schuettelte leicht den Kopf, wobei er die Hand des Aelteren losliess. “Glaubst du, wenn ich morgen mit der Wahrheit herausruecke, ist alles wieder in Ordnung?” Seung-Hyun oeffnete den Mund, um zu antworten, doch sie wurden unterbrochen. Und beim Anblick der Person, welche dies zu verantworten hatte, gefror Ji-Yongs Inneres. „Hey, ich hab euch doch gesagt, ihr sollt euch nicht allein in den Gaengen rumtreiben.“ Praesident Yang erschien grinsend neben Seung-Hyun und legte seine Hand auf dessen Schulter, die er in einem schraubstockartigen Griff einklemmte. Seung-Hyun schluckte. „P-Praesident Yang, guten Tag“, gab Ji-Yong stockend von sich und beschwor seinen Freund mit aengstlichen Blicken, sich zurueckzuhalten. Yang hingegen gab sich keine besondere Muehe, seine gespielte Vaeterlichkeit aufrechtzuerhalten. Sein Grinsen verschwand schnell, als er begann, den Juengeren der beiden zu mustern, welcher seinen Blicken auswich. Natuerlich hatte er keine Ahnung, ob Seung-Hyun irgendetwas ueber seine Spielchen mit dem Juengeren wusste, jedoch war dies auch unwichtig. Ji-Yong war im Bilde darueber, was geschehen wuerde, wenn er plauderte. Nach wenigen belanglosen Worten, die er mit Seung-Hyun wechselte, entliess er seinen Schuetzlich endlich aus seinem Griff und wandte sich direkt an Ji-Yong, der die Szene mit Unbehagen beobachtet hatte. „Ji-Yong.“ „Ja?“ „Auf ein Wort.“ Er ruckte mit dem Kopf in Richtung eines Raumes, dessen Tuer offen stand. Aus dem trockenen Hals des Angesprochenen konnte kein Laut entkommen, sodass er nickte und begann, in die angegebene Richtung zu laufen. Yang folgte ihm, doch richtete er das Wort noch einmal an Seung-Hyun, der widerwillig zurueckgeblieben war. „Seung-Hyun, du solltest jetzt zur Garderobe zurueckgehen und beginnen, dich vorzubereiten. Wir wollen doch, dass beim Auftritt alles perfekt ist,“ „ Dann sollte Ji-Yong als unser Anfuehrer sich ebenfalls vorbereiten.“ Der Einwand seines Freundes brachte Ji-Yong zum Halten, bevor er durch die zugewiesene Tuer trat. Er wagte es nicht, sich herumzudrehen, aber er lauschte der Reaktion des Praesidenten. Dieser war tatsaechlich ueberrascht, aus der eisernen Ruhe, die seiner Position inne wohnte, liess er sich jedoch nicht bringen. Ein weiteres Mal setzte er das falsche Laecheln auf, wobei er den Juengeren vor sich durch den Tuerrahmen schob. „Ich werde ihn sofort nachschicken. Also geh jetzt.“ Mit diesen Worten schloss sich die Tuer, hinter welcher sich nun ungeahnte Dinge abspielen mochten. Seung-Hyun wurde nahezu wahnsinnig, wenn er nur begann, ueber sie nachzudenken. Seine Fuesse trugen ihn davon, zurueck zu den anderen. Und wieder lief er davon. Das war nicht richtig. Bis auf einige Tische und Stuehle war der Raum, in dessen Mitte Ji-Yong stand, leer. Es gab keinen Weg zur Flucht und auch kein Versteck fuer ihn. Seine Finger griffen nach dem Rand seines T-shirts und er begann nervoes damit zu spielen, wobei seine Augen am Boden hafteten. Was erwartete ihn hier? „Ich war nicht erfreut, als ich in eure Garderobe kam und du nicht anwesend warst. Genauso wie Seung-Hyun...“ Der Praesident liess dies einige Sekunden im Raum schweben und warf bohrende Blicke auf den Jungen vor sich. Er wollte wissen, was dieser dachte, ausheckte. Schon viel zu oft hatte er ihn mit Respektlosigkeiten davonkommen lassen. „Stattdessen traf ich unter anderem auf Seung-Ri, der mich sogleich mit so einem weinerlichen Gesichtsausdruck belegt hat.“ Ji-Yong hob den Kopf mit klopfendem Herzen. Er selbst hatte Seung-Ri gesagt, dass der Praesident sich um das Problem kuemmern wuerde. Aber er hatte keine Ahnung, wie dieser damit verfahren war. „Keine Angst, Ji-Yonga, ich denke, ich habe ganz in deinem Sinne gehandelt. Hab ihn bemitleidet, mich fuer Min-Woo entschuldigt, ihm versichert, dass er ihn nie wieder sehen muss...sein Knie getaetschelt und seine Hand gestreichelt...“ Wieder erschien dieses frivole Grinsen in dem von Bosheit gepraegten Gesicht Yangs. Das Grinsen, das dem Juengeren so verhasst war, weil er wusste, was es bedeutete. Und sein Gegenueber erriet seine Gedanken sofort. „Warum sagst du nichts? Ich weiss, dass du kurz davor bist auf mich loszugehen. Willst du mir nicht noch einmal erklaeren, was fur ein 'perverses Schwein' ich bin?“ Ji-Yongs Gesicht verhaertete sich. Nichts sollte ihn dazu bringen, jetzt den Kopf zu verlieren. Er musste dafuer sorgen, dass dieses Gespraech keine weiteren Folgen nach sich zog. Es war bereits genug geschehen. Yang kam auf ihn zu. „Tse, dann schweig mich an. Du wirst so oder so nur schlechte Entschuldigungen dafuer hervorbringen, dass ich dich mit deinem kleinen Lover erwischt habe. Oder ist er es nicht mehr?“ Jeden Schritt des Praesidenten wich er selbst zurueck. Ihm war bewusst, dass er auf diesem Wege nicht entkommen wuerde, sein Koerper jedoch reagierte ohne sein Zutun. Yang lachte amuesiert, waehrend er den Jungen weiter in die Enge trieb. Ji-Yongs Ruecken stiess gegen eine Wand und als koenne er darin versinken, drueckte er sich noch dichter daran. Aber er verschwand nicht. Stattdessen erschienen die Haende des Praesidenten zu beiden Seiten seines Koerpers an der glatten Flaeche und liessen ihm keinen Raum zu fliehen. Er spuerte, wie dieser sich gegen ihn presste, feuchter Atem streifte seinen nackten Hals. Wieder schloss er die Lider, um nicht sehen zu muessen, sich hinwegzutraeumen in eine bessere Realitaet. Aber was ihm frueher oft gelungen war, schien nun unmoeglich zu werden. Eher spuerte der Juengre noch intensiver die lange Zunge, welche sich ueber seine Haut tastete, leckend den widerlichen Speichel verteilend. Alles, dem gegenueber er geglaubt hatte, abgestumpft zu sein, erschien ihm in diesem Augenblick so grauenvoll, wie in jener Nacht vor zwei Jahren, in welcher er es zum ersten Mal hatte erleben muessen. In diesem Moment erschien ihm Seung-Hyuns Gesicht und es wirkte flehend. Es flehte ihn an, dem ein Ende zu setzen. Er konnte es nicht mehr ertragen. Da vernahm er, wie Yang von ihm abliess. Dessen Hand packte sein Kinn, drehte seinen Kopf beiseite. Er betrachtete Ji-Yongs Hals, welcher noch schwach die roetlichen Male aufwies, welche Seung-Hyun darauf hinterlassen hatte. Fuer ihn war ihre Herkunft nicht schwer zu erraten, trotzdem beruehrte er sie mit den Fingerspitzen, als koenne er nicht glauben, was er sah. „Du machst es also immer noch mit ihm...“ Ji-Yong oeffnete die Augen, als er diese Worte hoerte und mit den Punkten, die der Praesident beruehrte, wusste er, was dieser entdeckt hatte. Er hielt den Atem an. „Obwohl ich es dir verboten hatte, hast du ihn wieder rangelassen. Sag mal, haelst du das hier fuer einen Scherz? Glaubst du, du koenntest machen, was du willst?“ Yang packte die duennen Oberarme des Jungen. Seine Naegel bohrten sich in dessen Haut. Ein Griff so fest als wolle er ihm die Knochen brechen. Dann begann er Ji-Yong zu schuetteln. Er zerrte ihn von der Wand fort, um ihn im naechsten Moment mit aller Gewalt dagegen zu stossen. Dieser schrie unterdrueckt auf, als sein Schaedel ungebremst auf die harte Flaecke prallte. Ein stechender Schmerz breitete sich in seinem Hinterkopf aus, der ihn beinahe ohnmaechtig werden liess, doch es genuegte Yang noch nicht. Ausser Kontrolle geraten schmetterte er den schmalen Koerper wieder und wieder zurueck , bis er nahezu leblos in seinem Griff hing. Er atmtete schwer und betrachtete die schlaffe Gestalt, woraufhin sein Blick auf die kleinen verschmierten Blutstropfen fiel, welche die Wand bedeckten. Seine Mundwinkel bewegten sich leicht in die Hoehe. Dies sollte Strafe genug sein. Vorerst. „Jetzt hast du mich doch verstanden, oder?“ Die Stimme des Praesidenten war nun fast sanft, vaeterlich, als haette er dem Juengeren eine der wichtigen Lektionen des Lebens veranschaulicht. Gutmuetig fuhr er ihm durch das verworrene Haar, ermutigte ihn, aufzusehen. Doch Ji-Yong tat es nicht und er gab auch keine Antwort. Er wollte diesem Monster, welches ihn noch immer beruehrte, nie wieder ins Gesicht sehen muessen. In seinen Ohren rauschte es seltsam laut, waehrend sich in seinem Kopf Taubheit ausbreitete. Er fuehlte sich leicht benommen, doch seinen Koerper spuerter er deutlich. Fliehen, kam es ihm in den Sinn. Er musste fliehen, bevor dieses Monster ihn zu Grunde richtete. Mit einem Mal flog die Tuer auf und Seung-Hyun stand darin. Weit aufgerissener Augen starrte er seinen Freund an, welcher in den Armen des Mannes lag, mit dem er ihn kein weiteres Mal haette allein lassen sollen. Yang fuhr entruestet herum, um zu erfahren, wer ihn stoerte, doch als er Seung-Hyun erblickte, wandelte sich sein aufgebrachter Gesichtsausdruck in eine Maske aus Kaelte. Er liess Ji-Yong langsam los, legte aber seine Hand erneut auf dessen Ruecken. Sie rutsche tiefer und begann sich unter das Oberteil des Juengeren zu schieben. Dabei beobachtete er ununterbrochen Seung-Hyuns Mienenspiel. Als dessen Pupillen zu flackern begannen und sein Mund sich zu einem blassen Schlitz verengte, konnte der Praesident mit Sicherheit sagen, dass dieser etwas wusste. Umso mehr genoss er nun dessen hilflose Untaetigkeit, waehrend er ungehindert Hand an Ji-Yong legte. „Sieh nur Ji-Yonga, wer gekommen ist, um dich abzuholen.“ Der Angesprochene wusste auch ohne den Blick zu heben, dass es Seung-Hyun war und er ahnte, dass Yang diesen provozieren wollte. Er konnte ihn nicht ansehen, so lang diese Hand noch seine Haut beruehrte. „Ji-Yonga, es ist Zeit.“ Hoerte er seinen Freund sagen und fand endlich den Mut, sich loszureissen. „Ich muss jetzt gehen.“ Sagte er mit fester Stimme und lief mit erhobenem Kopf auf den Ausgang zu. Als er Seung-Hyun passierte, hob dieser die Hand und schien sie ihm auf die Schulter legen zu wollen, doch er liess sie wieder sinken. Ji-Yong bebte vor Anstrengung, diesen Raum aufrecht zu verlassen. Er sollte ihm die Chance geben. Nachdem sein Freund im Gang verschwunden war, warf der Aeltere dem Praesidenten nur einen letzten hasserfuellten Blick zu, bevor er diesem folgte. Es blieb nicht mehr viel Zeit, um Ji-Yong zurecht zu machen. Niemand erkundigte sich, wo er solang geblieben war, als er in die Garderobe zurueckkehrte, denn Chaos brach um sie herum aus. Er selbst aber war innerlich ungewoehnlich ruhig. Noch immer hoerte er das Rauschen in seinen Ohren und ein Pfeifen hielt darin Einzug. Praesident Yang erwartete sie am Buehneneingang. Ermutigende Phrasen verliessen seinen Mund und niemand der Umstehenden beachtete die Blicke seiner Schuetzlinge. Niemand sah Dae-Sungs Misstrauen, Young-Baes Argwohn, Seung-Ris Unsicherheit, Seung-Hyuns Abneigung oder Ji-Yongs Kaelte. Und so betraten sie mit all ihren unbemerkten Gefuehlen die Dunkelheit der Buehne, vor welcher das Publikum in stiller Erwartung verharrte. Wie geprobt schlichen sie an ihre Plaetze, waehrend ab und an ein Aufschrei in der Halle erklang. Ji-Yong betrat seine Position, das markierte Kreuz war geradeso zu erkennen. Noch einmal wandte er sich zu den anderen um, die ebenfalls kaum auszumachen waren. Man hatte sie weit voneinander entfernt aufgestellt, fuer die Dramatik der Inszenierung. Jedoch hatte keiner der Menschen, die ihnen zusahen, auch nur eine Ahnung, wie viel Dramatik ohne jede Inszenierung in ihrem Leben herrschte. Ihm war uebel. Das Intro lief an und mit ihm erhob sich Geschrei. Es war an Young-Bae, den Anfang zu machen und so wurde dieser in einen Lichtkegel getaucht. Der zweite Scheinwerfer erschien ueber Seung-Ri, dessen Gesang den des Aelteren abloeste und auf diese Weise sollte bald jeder von ihnen zu sehen sein. Seung-Hyun, welcher wie Ji-Yong im hinteren Bereich stand und ebenfalls im Dunkeln auf seinen Einsatz wartete, schaute in dessen Richtung. Es machte ihn nervoes, da er seinen Freund nicht erkennen konnte. Ihn beschlich die Befuerchtung, dass er einfach verschwunden war. Hinfortgenommen. Als das Scheinwerferlicht ueber ihrem Anfueherer entfacht wurde, kehrte eine abrupte Stille in der Halle ein. Lediglich die Musik erklang noch, in welche sich einen Herzschlag spaeter Schreie zu mischen begannen. Noch immer starrte der Aelteste in Richtung Ji-Yongs und die anderen taten es ihm gleich. Ihr Anfuehrer lag auf dem Bauch, die Haende von sich gestreckt und seine Lider geschlossen. Er bewegte sich nicht mehr. Kapitel 11: Kapitel 11 ---------------------- Wenn er eines fuer den Rest seines Lebens nicht vergessen wuerde, dann war es Ji-Yongs Anblick dort im Scheinwerferlicht. Dieses Bild hatte sich in seinen Kopf gebrannt und wuerde diesen nie wieder verlassen. Dae-Sung oeffnete die Augen. Es war still im Wagen. Niemand sprach. Nicht einmal ein lauter Atemzug tat sich. Seung-Hyun sass ihm gegenueber und hatte sein Gesicht in die Haende gelegt. Seit Minuten schon zog er sich zurueck und der Juengere wollte gern wissen, was nun in diesem vorging. Noch immer schienen die Arme des Aeltesten zu beben, gerade so als koennten sie das Gewicht ihres Anfuehrers noch spueren. Seung-Hyun war es gewesen, der den bewusstlosen Ji-Yong hinter die Buehne gebracht hatte. Sie alle hatten mehrere Sekunden gebraucht, um ihre Starre zu ueberwinden, doch die Schreie aus den Zuschauerreihen waren zahlreicher geworden und sie mussten handeln. So hatten sie sich um den Koerper ihres Anfuehrers gescharrt, um ihn vor neugierigen Blicken zu schuetzen. Seung-Ri hatte versucht, ihn anzusprechen, hatte nahezu gefleht, doch Ji-Yong war nicht erwacht. Erst als Seung-Hyun die Arme um diesen gelegt und sich bemueht hatte, ihn anzuheben, war der Gruppe endlich bewusst geworden, was geschehen war und dass ihr Auftritt sein Ende gefunden hatte. Nun befanden sie sich auf dem Weg ins Krankenhaus und Dae-Sung war sich ploetzlich sicher zu wissen, was sein Gegenueber beschaeftigte. Er konnte nicht bei Ji-Yong sein. Der Aelteste hatte darum gebeten, im Wagen des Notarztes mitfahren zu duerfen, aber es war ihm versagt worden. Stattdessen war es Praesident Yang gewesen, der einstieg, die Hand ihres machtlosen Anfuehrers nahm und ihn auf der Fahrt begleitete. Dem Juengeren war es noch immer eine Raetsel, welchen Groll Seung-Hyun gegen diesen hegte. Gewaltiger Zorn schien beinah hoerbar in ihm aufzulodern, wenn er ihm begegnete. Nachdem der Praesident sich in den Krankenwagen begeben hatte, war er aschfahl geworden und geflohen. Sie hatten ihn erst wieder zu Gesicht bekommen, als ihr Wagen vorfuhr, um sie in ihr Apartment zu bringen. Aber Seung-Hyun hatte sich geweigert, seelenruhig nach hause zu fahren, ohne zu wissen, wie es um ihren Freund stand. Und Dae-Sung selbst war froh darueber, denn auch er hatte nicht warten wollen. Genauso wie Young-Bae und Seung-Ri, welche sich gegenueber sassen, jeder in seinen Schoss starrend und leise vor sich hinbruetend. Wenn sie nur eine geringe Ahnung davon haetten, was mit ihrem Anfuehrer geschehen war, was diesen wirklich zusammenbrechen liess. Der Einzige von ihnen jedoch, der etwas zu wissen schien, schwieg beharrlich und es blieb ihnen keine Wahl, als abzuwarten. Dass sie ihre Antwort sehr bald erhalten wuerden, konnten sie natuerlich jetzt noch nicht erraten. Mit einer unerwartet harten Bremsung kam der Wagen zum stehen. Der Ruck liess die Gruppe aus ihren duesteren Vorstellungen erwachen und sie betraten, nervoese Blicke austauschend, das Gebaeude. Das grelle Neonlicht der Flurlampen brannte in ihren Augen, vor allem nach der hinter ihnen liegenden Dunkelheit. Zu ihrem Vorteil war es dank der spaeten Stunde auf den Gaengen und in den Warteraeumen sehr leer, sodass sie unbehelligt die Theke erreichen konnten. Ihr Manager, welcher auch ihr Fahrer gewesen war, wandte sich an die dahinter sitzende Schwester, um die Zimmernummer ihres Anfuehrers zu erfragen. „Herr Kwon Ji-Yong?“, fragte sie noch einmal nach und blaetterte in diversen Akten. „Ja, Herr Kwon ist bereits behandelt worden und liegt nun auf der Inneren. Rechter Seitenfluegel, dritter Stock, Zimmer 307.“ „Und gab es bereits eine Diagnose?“ „Mh, soweit der behandelnde Arzt vermerkt hat, ist eine leichte Gehirnerschuetterung festgestellt worden...“ Nicht nur ihr Manager stutzte bei dieser Antwort. Er wandte sich zu ihnen um und blickte voller Fragen in das Gesicht eines jeden. Doch nur aus drei von vier Mienen sprach vollkommene Ratlosigkeit. Seung-Hyun, welchen er als Letzten musterte, schien seinen Blick nicht einmal zu bemerken. Der Aelteste war mit seinen Gedanken wiedereinmal an einem anderen Ort. „Seung-Hyun Hyung? Hyung!“, hoerte dieser Seung-Ri ploetzlich rufen. Er schuettelte den Kopf und sah sich nach den anderen um. Sie hatten bereits den kurzen Gang zum Westfluegel durchquert, bevor sie bemerkten, dass er ihnen nicht folgte. „Jetzt komm schon!“ Erst jetzt, da sie den Grund fuer Ji-Yongs Zusammenbruch erfahren hatten, holten den Aeltesten seine Befuerchtungen erneut ein. In seiner Vorstellung formte sich das Bild seines Feundes gemeinsam mit dem Praesidenten. Unbewusst beschleunigten sich seine Schritte und er lief zuegig voran, bis er die anderen ueberholt und die richtige Zimmertuer als Erster erreicht hatte. Ohne weiteres Zoegern stiess er diese auf. Er durfte nicht noch einmal zu spaet kommen. Zu spaet, um Ji-Yong der Hand zu entreissen, welche soeben zaertlich durch dessen Haar glitt. Praesident Yang stand am Bett ihres Freundes und beugte sich ueber ihn. Dieser war noch immer bewusstlos, wehrlos gegenueber den schmutzigen Pranken, welche Seung-Hyun nun wieder an ihm zu sehen gezwungen war. Er brachte es nicht fertig zu handeln. In seiner Phantasie stuerzte er sich auf diesen Mann, dieses Monster, das er so sehr verabscheute und brach ihm das Genick. Doch die Realitaet sah arm aus. Yang wandte sich ihm zu. Er war nur maessig ueberrascht, weshalb er erst von dem Jungen abliess, als auch der Rest der Gruppe das Zimmer betrat. Seung-Hyun waren die Haende gebunden. Aber auch wenn der Aelteste nichts tat, was seine Gedanken verraten haette, so schlugen diese sich trotzdem in der Atmosphaere des Zimmers nieder, sodass die Blicke aller zwischen ihrem leblosen Anfuehrer und dem Praesidenten hin und her zu wandern begannen. Niemand wagte es naeher zu treten. Niemand ausser Seung-Ri, welcher sich wie fremdgeleitet an Seung-Hyuns Seite begab. Die Stimmung zwischen diesem und ihrem Mentor war bedrohlich. Den Mund Yangs allerdings zierte nun ein verschlagenes Schmunzeln, waehrend er das Verhalten des Juengsten beobachtete. Die Blicke Seung-Hyuns, so scharf sie auch sein mochten, konnten ihn nicht bezwingen und schienen es doch zu versuchen, was ihn sehr belustigte. Bedauerlicher Weise kam er nicht dazu, einen weiteren Kampf mit diesem auszutragen, da der Manager seiner Schuetzlinge sie unterbrach. „Praesident! Sie sind hier! Gott sei Dank, dann war Ji-Yong nicht allein.“ Yangs Blick, seine gesamte Haltung, veraenderte sich. Mit einem Mal wirkte er schlaff und erschoepft, gepraegt von Sorge. „Natuerlich. Ich konnte doch nicht untaetig bleiben.“ Ihr Manager trat nun an Ji-Yongs Bett und beugte sich ueber dessen blasse Gestalt, die flach atmend unter einer weissen Decke begraben lag. Der Praesident machte ihm Platz indem er sich seinen restlichen Schuetzlingen zuwandte, die am Fussende standen und ihren Anfuehrer betreten musterten. „Wie ist das nur passiert? Ich dachte mein Herz bleibt stehen, als er ploetzlich auf der Buehne lag. Haben Sie mit dem Arzt gesprochen?“, hoerte Yang den Mann die Frage an ihn richten. Dass dieser hier war, begann bereits seine Nerven zu strapazieren. Er verschraenkte die Finger ineinander, bis seine Knoechel weiss wurden. Seine Miene jedoch blieb unbewegt. „Ja, das habe ich. Die Diagnose ist eine Gehirnerschuetterung.“ Bei dieser Antwort schaltete Seung-Hyun sich ein. „Das hat uns bereits die Schwester gesagt. Aber was hat sie verursacht?“, stellte er die Frage in lauerndem Tonfall. Er hatte zwar nicht gesehen, was Ji-Yong vom Praesidenten angetan worden war, doch dass dieser den Zustand ihres Freundes zu verschulden hatte, erahnte er nicht nur. Er wusste es. Yangs Blick schnitt den seinen scharf, waehrend sich aller Augenpaare auf diesen richteten. Er zoegerte einen Moment, dann brach er seinen stillen Kampf mit dem aufmuepfigen Jungen, wenn auch nur ungern. Fuer heute, dies war offensichtlich, musste er die Waffen niederlegen. „Die Ursache ist wohl eine Platzwunde am Hinterkopf...“ Er wandte sich wieder dem Bett zu und bedachte Ji-Yong mit einem nahezu wehmuetigen Blick. „...aber woher sie kommt...“ Seine Augen wanderten zurueck zu den anderen. „...das kann ich nicht sagen.“ Seung-Hyun schauderte es bei der Unverfrorenheit, mit welcher dieser seine Luegen ueber die Lippen brachte. Ihr Manager sah zu ihnen herueber, wobei sich dessen Augenbrauen erwartungsvoll hoben. „Jungs, ihr muesst doch irgendwas gesehen haben. Oder habt ihr euch wieder in der Garderobe gepruegelt?“ Diese Befuerchtung war gerechtfertigt, auch wenn ihre 'Pruegeleien' nie aus negativen Gruenden stattfanden und daher eher als 'Balgereien' bezeichnet werden sollten. Trotzdem verneinten sie alle mit einem Kopfschuetteln. „Hyung“, richtete Dae-Sung da das Wort an ihren Aeltesten, „du warst doch mit Ji-Yong Hyung zusammen, als ihr nicht in der Garderobe wart, oder?“ „Ja...aber nicht die gesamte Zeit. Ich kam frueher zurueck, das weisst du doch.“ „Was auch immer passiert ist, ich will nicht, dass es noch einmal vorkommt. Wenn ihr unbeaufsichtigt seid, kann euch einfach zu viel zustossen. Und das...“ Der Praesident naeherte sich Seung-Ri, welcher ihn unsicher beobachtete. Seine Hand streckte sich nach dem Juengsten aus, wollte diesen zu seinem neuen Opfer machen. „...das wollen wir doch nicht, oder?“ Seine Fingerspitzen hatten den Hals des Jungen fast erreicht, da trat Seung-Hyun in seinen Weg. Der Aelteste schob sich zwischen die beiden und baute sich so bedrohlich wie moeglich vor Yang auf, wobei er dessen schmierige Hand beiseite stiess. „Nein, das wollen wir nicht.“, zischte er ihm entgegen und griff hinter sich, um den Juengeren, der nicht verstand, was vor sich ging, noch weiter zurueckzuschieben. Da durchbrach ploetzlich Young-Baes Stimme die unangenehme Spannung, die sie umgab. Die Blicke richteten sich auf ihn und er spuerte, dass er Seung-Hyun und den Praesidenten auseinanderbringen musste. Auf der Stelle. „Koennten wir vielleicht kurz mit Ji-Yong allein sein? Der Abend war ziemlich aufregend und ich denke, wir muessen alle mal Luft holen.“ Bittend sah er zu ihrem Manager herueber, welcher sogleich zustimmend nickte. „Du hast recht. Wir sollten sowieso noch etwas mit dem Arzt klaeren.“ „Ja, sicher.“, antwortete Yang daraufhin. Die Situation wurde unsicher. Er konnte ihren Ausgang nicht vorhersehen. Konnte nicht kalkulieren, ob der Aelteste seiner Schuetzlinge sich genuegend unter Kontrolle hatte. Aus diesem Grund verliess er den Raum ohne Widerstand. Auch wenn das Beduerfnis, Seung-Hyun endueltig auf den ihm zustehenden Platz zu verweisen, uebermaechtig wurde. Nachdem die Tuer sich geschlossen hatte, atmete eben dieser hoerbar auf und liess von Seung-Ri ab. „Alles Ok?“, fragt er ihn. Doch der Juengere antwortete nicht. Blickte ihn stattdessen argwoehnisch an. „Hyung, was ist los? Warum verhaelst du dich so?“, stellte er aufgebracht die Gegenfragen, waehrend er ihn genau musterte, als wollte er in seinen Gedanken lesen. Und Seung-Hyun wollte antworten. Ehrlich antworten, um niemanden mehr im Dunkeln zu lassen. Er ging hinueber zum Bett, um Ji-Yong nah zu sein. Dessen Gesicht war bleich und eingefallen, seine Augen schwarz unterlaufen. Waere er nur bei ihm geblieben, dann haette er es verhindern koennen. Aber diesen Fehler wuerde er nicht noch einmal begehen. Es war an der Zeit zu handeln. Seine Lippen betteten sich auf der Stirn seines geliebten Freundes und er schloss die Augen. Stumm entschuldigte er sich bereits jetzt fuer das, was er ohne dessen Einwilligung tun wuerde. Als er den Kopf wieder hob, stand er den anderen gegenueber, die ebenfalls naeher gerueckt waren. Sie betrachteten ihn eindringlich, doch niemand wirkte ueberrascht oder irritiert gegenueber seiner ungewoehnlich engen Beziehung zu ihrem Anfuehrer. Seine Freunde wussten und ahnten mehr, als Seung-Hyun glaubte. Sie hatten es verdient, die Wahrheit zu erfahren und er wuerde sie ihnen offenbaren. Seine Hand ergriff die Ji-Yongs und klammerte sich daran, waehrend er seine Gedanken sammelte. Es wuerde nicht leicht werden. Fuer sie alle. „Ich muss euch etwas erzaehlen.“ ------ Unangenehme Stille drueckte auf seine Ohren, als er langsam wieder zu sich kam. Ji-Yongs Haende zuckten und griffen ins Leere. Alles an ihm war taub. Er hob die Arme und tastete nach dem Verband, der seinen Kopf umwickelte. Das Gefuehl von Uebelkeit, welches er auf der Buehne gespuert hatte, war verschwunden. Aber er hatte nicht vergessen, was geschehen war. Die anderen wuerden sich sorgen. Er sollte zu ihnen gehen und sie davon ueberzeugen, dass dies nicht von Belang war. Nur ein kleiner Zusammbruch, verursacht durch den Stress der letzten Wochen. Dann fiel ihm sein Versprechen gegenueber Seung-Hyun wieder ein. Dieser wuerde darauf bestehen, dass er nun endlich gestand. Er wuerde ihn nicht mehr hinhalten koennen. Als grelles Licht durch seine Augenlider drang, stoehnte er. Trotz des Schmerzes, den es verursachte, zwang er sich aber, sie zu oeffnen. In die verschwommene Helligkeit, welche ihm das Sehen erschwerte, trat gleich darauf ein dunkler Schatten. Dieser schien zu sprechen, doch er hatte Probleme ihn zu verstehen. Er loeste seine linke Hand von seinem Kopf und bewegte sie in Richtung der Gestalt. Sie wurde sofort ergriffen. Ein angenehmes Gefuehl von Vertrautheit durchstroehmte seinen Koerper von den Fingerspitzen her und floesste ihm Ruhe ein. „Hyung, du bist es.“, fluesterte Ji-Yong leise und laechelte. Seung-Hyun umklammerte die Hand des Juengeren wie seine letzte Verbindung zu ihm und lehnte seine Stirn dagegen. Vier Stunden waren seit ihres geplatzten Auftrittes vergangen. Zwei davon hatte der Aelteste hier gewacht, allein. In dieser Zeit spielte sich das Gespraech zwischen ihm und den anderen stetig vor seinem inneren Auge ab. Er spuerte Schuldgefuehle in sich aufkommen, wenn er an ihre entsetzten Gesichter dachte und sich der Tatsache bewusst wurde, dass er Ji-Yong keine Chance gelassen hatte, zu seiner Verteidigung zu sprechen. Es war ihm schwer gefallen, all die schrecklichen Dinge ueber die Lippen zu bringen und noch unmoeglicher schien es fuer seine Freunde gewesen zu sein, ihm Glauben zu schenken. Doch letztlich, nachdem sie die Indizien fuer das auffällige Verhalten ihres Anfuehrers nicht mehr hatten leugnen koennen, mussten sie es einsehen. Seung-Hyun hatte versucht sie zu schonen. Besonders Seung-Ri, welcher am Ende die wichtigste Rolle in den Entwicklungen spielte, ohne es geahnt oder ueberhaupt gewollt zu haben. Wie sollte er seinem Freund nur beibringen, dass er ihn uebergangen hatte? In seinem Zustand sollte er ihn nicht aufregen, aber beluegen wollte er ihn ebenfalls nicht. Er richtete sich wieder auf und sah ihm in die Augen. Sie waren nun weiter geoeffnet. Klarer. Ji-Yong bemerkte, dass seine Sicht sich verbesserte. Er konnte jetzt das Gesicht seines Gegenuebers erkennen. Dieses und die Kuemmernis, welche sich darin abzeichnete. Der Aeltere fuerchtete sich davor, etwas Bestimmtes auszusprechen. Etwas, von dem er sicher war, zu wissen, was es war. Er nahm seine Hand wieder an sich und versuchte seinen Koerper im Bett nach oben zu stemmen. Seung-Hyun widerstrebte es, seinen kranken Freund dabei zu beobachten. Lieber wollte er ihn zurueck ins Kissen druecken, um ihn davon abzuhalten, sich zu ueberanstrengen. Doch da das schlechte Gewissen zu sehr auf seiner Brust wog, griff er dem Juengeren unter die Arme, anstatt ihn zurechtzuweisen. „Ich weiss, was du sagen willst.“, eroeffnete dieser, als er es geschafft hatte, sich aufzusetzen. Seung-Hyun musste hart schlucken. Woher konnte er es wissen? „Ji-Yonga, es tut mir leid-“ „Nein, du hast recht. Ich...ich muss es ihnen endlich sagen.“ Er war zu ueberrascht, um seinen Freund zu unterbrechen. Beobachtete den anderen nur dabei, wie er darum kaempfte, sich aufrecht zu halten. Wie er sich ueberwandte endlich zuzugeben, was er lang hinausgezoegert hatte. „Es war falsch, noch weiter zu luegen. Und fuer dich war es auch nicht leicht. Also...danke, dass du so geduldig warst.“, schloss der Juengere leise und atmete tief durch. Seine Blicke hafteten an der Bettdecke, welche weiss und glatt ueber seinen Beinen lag. Er musste sein Versprechen erfuellen, das war er seinem Freund schuldig. Und auch er selbst wollte sich von seinem Geheimnis befreien. „Sobald ich hier raus komme, werde ich es ihnen sagen.“ „...Ji-Yonga...das...das ist nicht mehr noetig.“ Seung-Hyun hatte seine Stimme wiedergefunden und so drangen die Worte stockend an das Ohr Ji-Yongs. Dieser merkte auf und sah den Aelteren das erste Mal fest an. Dessen Augen wichen nicht aus. Sie zeigten sich ihm offen und unverfaelscht. Er erkannte die Schuld darin. Schuld, die er nicht verstand. Unruhe wallte in ihm auf. „Sie wissen es schon.“ stellte er bestuerzte fest, wobei sein Blick in die Ferne wanderte. „Wie-“ „Ich hab es ihnen erzaehlt.“ Er konnte nicht luegen, sich nicht verstellen. Sein Gegenueber blieb stumm. Dessen Reaktion auf sein Gestaendnis war nicht auszumachen. Er wollte seine Hand erneut auf Ji-Yongs legen, doch dieser entriss sie ihm sogleich. Ruckartig schlang er die Arme um sich, als wuerde ihn ein starkes Froesteln ereilen. Die Frage, die er stellen wollte, blieb ihm im Halse stecken. Aber letztlich musste er sie aussprechen. „Wie haben sie reagiert?“, fragte er mit heiserer Stimme und erschrak selbst ueber ihren Klang. Seung-Hyun ueberlegte. Wie konnte er bei der Wahrheit bleiben und zur gleichen Zeit nicht zu hart zu seinem geschwaechten Freund sein? Schnell jedoch traf ihm die Erkenntnis, dass ihm beides nicht gelingen wuerde. „Was denkst du? Sie haben mir nicht geglaubt. Erst als ich sie...naja...auf dein seltsames Benehmen hingewiesen habe. Auf die Luegen... haben sie es eingesehen.“ Er schluckte, um seinen trockenen Hals zu befeuchten. Seine Kehle fuehlte sich an wie Papier. „Ich hab keine Ahnung, wie sie es aufgenommen haben. Sie haben mir keine Fragen gestellt...eigentlich haben sie ueberhaupt nichts gesagt.“ Anstatt der erhofften Erleichterung brachten Ji-Yong die unverschoenten Informationen nur weitere Steine, die seine Brust zusammenpressten und ihn in sich zusammenfallen liessen. Er dachte an ihre Gesichter, wie sie geschockt starrten, von Ekel verstellt, jetzt, wo sie die Wahrheit kannten. Wie sollte er nur nach hause zurueckgehen? Wie konnte er Seung-Ri gegenuebertreten? „Hyung...“, sagte er leise und hob den Blick, um den anderen beinah veraengstigt anzusehen. Der Aeltere sah die Unterlippe seines Freundes beben. Er wirkte, als wuerde er in Traenen ausbrechen. „Was ist mit Seung-Ri?“ Angespannt hielt Ji-Yong den Atem an. Doch er brauchte sich keine Sorgen zu machen. Denn letztlich war Seung-Hyun bewusst, dass er es nicht verantworten konnte, auch ihren Juengsten zu belasten. Sein Hand fand ihren Weg zum Kopf des anderen. Er beobachtete, wie sich dessen braunes Haar zwischen seinen Fingerspitzen teilte und sich widerspenstig in alle Richtungen legte. Dann wanderte den Blick in die Ferne. „Um ihn musst du dir keine Gedanken machen. Ich habe ihnen nicht alles erzaehlt. Es geht ihm gut und du solltest jetzt schlafen.“ Mit dieser letzten Aufforderung setzte er einen Kuss in das weiche Haar seines Freundes und versuchte ihn zurueck in das Kissen zu druecken. Aber Ji-Yong wehrte sich. „Ich will zurueck.“ „Zurueck wohin?“ „Ins Apartment. Ich muss mit den anderen sprechen.“ Der Juengere schob seine Beine aus dem Bett, ohne auf die Proteste Seung-Hyuns zu reagieren, welcher ihn verwirrt am Arm packte, um ihn zurueckzuhalten. „Ji-Yong, sei vernuenftig. Du hast eine Gehirnerschuetterung. Du kannst nicht einfach losrennen. Ausserdem werden sie dich in deinem Zustand nie entlassen.“ „Das weiss ich.“, fluesterte er daraufhin und hielt einen Augenblick lang inne. Er dachte nach. Angestrengt die Stirn runzelnd ergriff er den ihn zurueckhaltenden Arm. Dann blickte er wieder in die dunklen Pupillen des anderen. „Hyung“, setzte Ji-Yong an. Zwischen seinen fein geschwungenen Augenbrauen bildete sich eine Falte. „Ich bitte dich, mir zu helfen. Bitte, bring mich nach hause.“ Seung-Hyun seufzte erschoepft. ------ Das Zuhause, in das Ji-Yong zurueckkehren wollte, war zu dem Zeitpunkt, als Seung-Hyun diesen durchs Krankenhaus schmuggelte, lautlos und dunkel, aber nicht verlassen. Niemand hatte daran gedacht, viel Licht zu entzuenden und niemand sprach ein Wort. Nicht mehr. Nachdem sie in ihrem Apartment angekommen waren, hatte Young-Bae versucht, zu akzeptieren, dass er nun die Wahrheit kannte. Eine unangenehme Wahrheit, sicher, aber sie hatten sie hoeren wollen. Doch nun, wo ihr Wunsch in Erfuellung gegangen war, mussten sie erkennen, dass ihre Situation sich nicht zum Besseren gewendet hatte. Gern haette er als Aeltester von allen Dreien gewusst, was zu tun war. Seung-Ri und Dae-Sung gesagt, wie sie sich gegenueber ihrem Anfuehrer verhalten sollten, um diesem das Gefuehl zu geben, dass sie ihn nicht verurteilten. Jedoch hatte er nicht die geringste Ahnung, auf welchem Weg dies moeglich waere und zudem waere es eine Luege. Denn wenn er ehrlich mit sich war, dann verurteilte er Ji-Yong. Wie sollte er ihn mit jenem eingebrannten Gedanken vor den beiden Juengeren verteidigen? Es war Young-Bae ein Raetsel, wie Seung-Hyun es fertig gebracht hatte, derartig lang zu schweigen. Und als dieser endlich begonnen hatte, zu berichten, hatte er seine Worte mit soviel Bedacht gewaehlt, dass es wirkte, als haette er sie sich seit einiger Zeit zurecht gelegt. Es war ihm dabei nicht entgangen, wie bemueht der Aelteste darum gewesen war, gewisse Dinge im Unklaren zu lassen. Dinge, die ihm auf der Zunge brennen mussten, die er aber nicht wagte, auszusprechen. Vielleicht war dies der Grund fuer seine Verurteilung. Noch immer wussten sie nichts ueber Ji-Yongs wahre Gruende. Er konnte es einfach nicht verstehen und so wanderte er unruhig durch die leeren Zimmer, bis ein von Wut erfuellter Schrei und ein lautes Klirren ihn in Richtung Kueche lenkten. Dae-Sung stand bereits in der Tuer, als Young-Bae sie erreichte, aber er schien sich nicht hineinzutrauen. „Seung-Riya! Hoer auf! Beruhige dich!“ „Nein!“, schrie der Juengste seinen Freund an. Young-Bae streckte seinen Kopf durch den Tuerrahmen, um den Grund fuer das Geschrei erkennen zu koennen, zog ihn jedoch sogleich zurueck, als er sah, wie Seung-Ri, welcher auf der anderen Seite des Raumes stand, ausholte. Eine Tasse segelte im naechsten Moment durch die Luft und zerschellte an der Wand neben ihnen. Ihr Scherben gesellten sich zu denen einer anderen, welche bereits den Boden und die Stuehle neben dem Kuechentisch bedeckten. Es wurde wieder still. Zu hoeren war lediglich der schwere Atem des Juengeren, der sich kaum wieder unter Kontrolle bekommen konnte. Seine Augen flimmerten, waehrend er sich erregt umsah, um noch etwas zu finden, das sich zerstoeren liess. Gerade als sein Blick auf einen benutzten Teller fiel, stellte sich Young-Bae ihm in den Weg. Seung-Ri holte angestrengt Luft und starrte ihn zornig an. Doch er wich nicht von der Stelle. „Ich denke, es reicht jetzt.“ „Ach ja? Ich aber nicht!“, bekam er die trotzige Antwort, in welcher bereits ein Anflug von Traenen zu vernehmen war. Die Haende des Juengsten ballten sich, bis blaeuliche Adern auf seinen Unterarmen hervortraten. Es kostete ihn viel Selbstbeherrschung, nicht auf den anderen loszugehen, um an ihm auszulassen, was er nicht ertragen konnte zu wissen. „Hyung, geh mir aus dem Weg.“, presste er verkrampft durch seine aufeinanderbeissenden Zaehne. „Nein.“ Sein Gegenueber schuettelte langsam den Kopf und trat einen Schritt auf ihn zu. Seung-Ri wich zurueck. „Lass mich allein!“ Doch Young-Bae kam naeher. Das Herz des Juengeren begann zu rasen, bis er spuerte, dass er dem Druck nicht mehr standhalten konnte. „Scheisse! Verschwinde endlich!“, bruellte er ihn an, seine Haende mit aller Gewalt vor dessen Brust stossend. Young-Bae wurde zurueckgeworfen und prallte gegen den Kuechentisch. Er riss die Arme abwehrend vor das Gesicht, ein weiterer Schlag aber blieb aus. „Seung-Ri! Ya! Hoer auf!“, hoerte er Dae-Sungs Stimme ploetzlich rufen und oeffnete die Augen. Dieser hatte sich dem anderen entgegengeworfen und seine Arme um dessen Oberkoerper geschlungen. Sie rangelten verbissen miteinander. Der Juengste wollte sich losreissen. Traenen der Wut liefen ueber seine Wangen und er schleuderte sie Young-Bae entgegen. „Wie kannst du nur so ruhig sein!!!“, schrie er, „Warum?! Warum bist du nicht wuetend?! Ist dir denn alles egal?“ Er starrte den Aelteren an, in der Hoffnung auf eine Reaktion, doch dieser senkte lediglich den Kopf und lief zur Spuele herueber. Dass er ihn auf diese Weise nur mehr in Rage brachte, schien ihn nicht zu interessieren. Seung-Ri schrie auf und riss sich aus Dae-Sungs Armen los, welcher zurueckstolperte, aber sofort wieder zugriff, um Schlimmeres zu verhindern. „Seung-Riya, das bringt doch nichts-“ „Verdammt, lass mich los! Lass mich gehen, Dae-Sung!!!“ „Nein-“ „RUHE JETZT!“ Mit einem Knall landete der Teller, der soeben noch neben der Spuele gestanden hatte, vor den beiden Streitenden auf den Fliesen und liess seine Scherben ueber ihre Fuesse regnen. Zu Tode erschrocken ob des unerwarteten Geschehens sprangen sie zurueck und vergassen dabei, was sie eben im Begriff waren zu tun. Entgeistert lagen ihrer beider Augen auf Young-Bae, der schwer atmend vor ihnen stand und sie abwechselnd ansah. Nach einigen Sekunden, in denen niemand etwas sagte oder sich auch nur regte, hob er unvermittelt die Hand und fuhr sich, scheinbar erschoepft ueber die Augen. Dann entliess er ein Seufzen. „Natuerlich bin ich auch wuetend. Aber – wie Dae-Sung gesagt hat – das bringt uns nicht weiter.“ Bei diesen Worten loeste sich Seung-Ri langsam aus dem Griff seines Freundes, sodass dieser ihn gehen liess. Er lief auf Young-Bae zu. In seinen Augen flimmerten Hilflosigkeit und Verzweiflung gleichermassen und sie verliessen ihn nicht mehr. Wurden groesser und draengten ihn immer staerker dazu, etwas unternehmen zu wollen, um beide zu vertreiben. Er musste das eliminieren, das verantwortlich war fuer ihr Unglueck und die Qualen. Aber er wusste nicht, wie. Seine Haende packten die Schultern des Aelteren, der ihn fragend ansah. „Und was sollen wir dann tun, Hyung? Sag es mir. Was koennen wir tun, um Ji-Yong zu helfen?“ Young-Baes Lippen schmaelerten sich wortlos. Jede Farbe sickerte aus ihnen, sodass er Seung-Ri seltsam kalt erschien. „Woher soll ich das wissen? Sags mir? Ich weiss ja nicht mal, warum das alles passiert ist.“ Warum? Warum? Warum das alles passiert ist? Es wiederholte sich im Kopf des Juengsten, wehte darin herum und legte einen einzelnen Gedanken frei. Einen Gedanken an den Praesidenten. Er spuerte erneut Jaehzorn, der einen Kloss in seinem Hals bildete. „Ich muss raus.“ „Was?“ „Ich gehe aufs Dach. Allein.“ Dies sprach er mit Nachdruck. Dann entliess er den Aelteren aus seinem Griff und war im Flur verschwunden. In diesem Moment wich alle Anspannung aus Young-Baes Koerper und er sank auf einen Stuhl hinter sich nieder. Den Kopf in die Haende gelegt wollte er in der Schwaerze vor sich verdraengen, was er gehoert hatte. Neue Vorwuerfe wallten in seiner Brust. Weder konnte er seine Gedanken und Gefuehle gegenueber Ji-Yong kontrollieren, noch Seung-Ri, welcher geradezu um seinen Rat und seine Staerke flehte, eines von beidem geben. So sah er auf, hinueber zu Dae-Sung, dessen leise Schritte seine Aufmerksamkeit erregten. Der Juengere war ans Fenster getreten. Ihm den Ruecken zugewandt blickte er hinaus in die Nacht und erschien Young-Bae dabei ungewoehnlich ausgeglichen. Aber diese Annahme war falsch. Er konnte nicht sehen, wie Dae-Sungs Gesicht sich unter der Anstrengung, keinen Laut zu entlassen, verhaertete und dessen Adamsapfel hektisch auf und ab sprang, waehrend er seine Traenen herunterzuschlucken versuchte. In der Ferne fand sein Blick keinen Halt und so fiel er zurueck auf das Fensterglas, in welchem sich die zusammengesunkene Gestalt des Aelteren doppelt spiegelte. Sowie Seung-Ris war es auch seine Hoffnung gewesen, dass Young-Bae wieder die richtigen Worte finden, ihnen eine Loesung praesentieren wuerde. Wie es frueher oft war, wenn es Ji-Yong selbst als ihrem Anfuehrer nicht gelang. Nun jedoch war der Groschen gefallen. Er konnte ihnen nicht helfen. Er konnte niemandem helfen, denn er war genauso hilflos wie jeder von ihnen. An wen koennten sie sich wenden? An Seung-Hyun, der ihnen noch immer etwas verschwieg? Der sich nicht ueberwand, ihnen die gesamte Wahrheit anzuvertrauen? Oder sollten sie auf ihren Anfuehrer vertrauen, der sie die gesamte Zeit belogen hatte? Sie waren verloren. Haette Ji-Yong Dae-Sungs Gedanken vernommen, als er das Treppenhaus ihres Apartmentblocks betrat, waere er vielleicht wieder umgekehrt und geflohen. Geflohen vor der Konfrontation mit den Freunden, welche den Glauben an ihn verloren hatten. Aber er kannte sie nicht und so blieb ihm die Hoffnung, dass sie ihn anhoeren wuerden. Auch wenn er nichts zu seiner Verteidigung hervorzubringen hatte. Welche Argumente koennten das Geschehene rechtfertigen? Seung-Hyun hatte Recht behalten: er war dumm gewesen und musste nun einen hohen Preis dafuer zahlen. Auf ihrem stummen Weg nach oben beschaeftigte ihn noch immer die Frage, ob der Aelteste richtig gehandelt hatte, ihn zu uebergehen. Aber wahrscheinlich ging es nicht darum, ob es richtig oder falsch war. Es war seine einzige Moeglichkeit gewesen. Dessen war sich Ji-Yong nun sicher und es durchstroehmte ihn auch ein gewisses Gefuehl der Erleichterung. Nun war er gezwungen, es zu beenden. Und dies war das Einzige, was ihm helfen konnte. Im Apartment angekommen dachte der Anfuehrer nicht einmal daran, sich seiner Schuhe oder der vom Regen nassen Jacke zu entledigen. Nahezu gehetzt sah er sich um. Nur in einem der Zimmer am Ende des Flurs brannte Licht und teilte ihm mit, wo er zu suchen hatte. Kurz bevor er an die Tuer gelangte, huschte ein Schatten ueber den Kuechenboden und unterbrach den Strahl, der in den Gang hinausfiel. Es war Young-Baes, welcher sich endlich dazu durchgerungen hatte, aufzustehen und auf Dae-Sung zuzugehen. Der Juengere hatte kein Wort mehr gesagt, seit Seung-Ri die Wohnung verlassen hatte. Dieses Verhalten beunruhigte ihn sehr. Er ging auf ihn zu, um ihn wenigstens zum Reden zu bringen, doch soweit kam er nicht. Bevor seine Hand dessen Schulter erreichte, vernahmen beide schnelle Schritte auf dem Flur und dann stand er vor ihnen, Ji-Yong. Sie offen ansehend. Zum ersten Mal seit Langem. Das unerwartete Wiedersehen verschlug ihnen die Sprache, hatten sie doch geglaubt, dass dieser Tag endgueltig vorbei waere. Und niemand sagte ein Wort, bis Seung-Hyun auftauchte. Da brach Dae-Sung die unangenehme Stille. „Hyung, was...was macht ihr hier?“, fragte er stockend, als wuerde er aus tiefem Schlaf erwachen. Er betrachtete die beiden Aelteren im Tuerrahmen unglaeubig, aber trat nicht naeher, um sich zu vergewissern, dass sie wirklich da waren. Seung-Hyun wusste nicht, ob er antworten sollte. Es erschien ihm als ob die Frage nicht an ihn gerichtet war, weshalb sein Blick zu Young-Bae wanderte, an dessen erwartungsvollen Augen fuer den Bruchteil einer Sekunde haengen blieb, um sich danach auf Ji-Yongs Hinterkopf zu legen. Mit viel Muehe hielt dieser den pruefenden Mienen seiner Freunde stand. Ihm war klar, dass er ihr Vertrauen nur zurueckgewinnen konnte, wenn er nicht auswich und ehrlich auf sie zuging. „Ich-“, setzte er endlich an und brach sofort wieder ab. Seine eigene Stimme erklang heiser und tief, was ihn erschrak. Er schluckte hart und raeusperte sich. Dann trat er einen Schritt in den Raum. Die anderen bewegten sich nicht. Starrten ihn nur weiter an. Schienen es ihm mit Absicht zu erschweren. Vielleicht hatte er es auch verdient, aber es war kaum zu ertragen. Ihr Starren zwang ihn, seinen Blick zu senken und endlich auszusprechen, was er ihnen sagen musste. „Es tut mir leid.“ Diese wenigen Worte kosteten ihn hier und jetzt mehr Ueberwindung als an jedem anderen Punkt seines Lebens. Denn er befuerchtete, dass sie nicht genuegen wuerden. Befuerchtete, dass die anderen taub fuer sie waeren. Aber er irrte sich. Sie waren mehr als genug. Sie waren alles, was es gebraucht hatte. Keine Ausfluechte und schwammigen Erklaerungen. Nur eine aufrichtige Entschuldigung. Dies wurde ihm klar, als mehrere Arme sich um seinen bebenden Koerper schlangen und ihn fest einschlossen. Die Spannung, welche in jeder Brust gesessen hatte, entlud sich auf einen Schlag. Sie sickerte aus ihnen heraus, wie jeder Zweifel, der sie vergiftet hatte. Traenen schossen ihnen in die Augen, als das Gefuehl der Erleichterung ueberhand nahm. Ji-Yong vergub sein nasses Gesicht an Dae-Sungs Schulter und seine Finger krallten sich in die Ruecken seiner beiden Freunde. Ihre Zuneigung ueberschwemmte seine duesteren Aengste. Sie war anders, als jene, die Seung-Hyun fuer ihn empfand, jedoch nicht weniger stark oder wichtig. „Danke.“, presste er hervor und beide noch fester an sich. Young-Bae konnte es sich nicht erklaeren. Der Augenblick, in welchem Ji-Yong vor sie getreten war, hatte jeden Vorwurf vertrieben, den er ihm hatte machen wollen. Was konnte er anderes tun, als ihm zu vergeben? Etwas, das Dae-Sung bereits getan hatte und froh war, es ihrem Anfuehrer zeigen zu koennen. Niemals sollte dieser glauben, sie wuerden ihn verachten. Erst als das Gefuehl in ihnen aufkam, jeden Zweifel beseitigt zu haben und die Kraft ihre Arme verliess, loesten sie sich voneinander. Noch fuer kurze Zeit herrschte Schweigen, dann bewegte sich Young-Bae an den beiden Juengeren vorbei, nicht ohne ihnen noch einmal bruederlich eine Hand auf die Schulter zu legen und lief auf Seung-Hyun zu. Dieser hatte am Tuerrahmen gelehnt und die Szene gemischter Gefuehle beobachtet. Noch mussten einige Geheimnisse aufgedeckt und das Problem richtig angegangen werden. Wie auch immer sie dies handhaben sollten. Fuers Erste jedoch sollte diese Versoehnung genuegen. Als Young-Bae ihm gegenueber trat und ihn genau musterte, stiess der Aeltere sich vom Holz des Rahmens ab, wodurch sein Gegenueber zu einem Schluss zu kommen schien. Er sah auf und begann zu laecheln, jedoch ohne den Ernst zu verlieren. „Und bei dir ist alles ist Ordnung?“ Seung-Hyun blinzelte einige Male ueberrascht, dann nickte er unsicher. „Ja...“, entkam es seinen Lippen, was ihn beinah noch mehr verdutzte. Der Juengere nickte schwach und wandte sich wieder den anderen beiden zu, welche Seite an Seite zu ihnen hinueber sahen. „Sag mal“, setzte da Dae-Sung an, waehrend er Ji-Yongs Profil betrachtete, „wie seid ihr eigentlich aus dem Krankenhaus gekommen, Hyung? Sie haben dich doch bestimmt nicht entlassen...“ Auf diese Frage hin tauschten der Anfuehrer und der Aelteste verschwoererische Blicke aus, wobei beide zeitgleich eine Hand durch den Nacken fahren liessen. „Wir mussten uns gewissermassen rausschleichen.“, gab Ji-Yong kleinlaut zu, ohne seine Freunde direkt anzusehen. „Aber ich konnte nicht warten. Auf morgen. Ich konnte nicht so lang herumliegen und wissen, dass ihr...es wisst...“ Er wurde immer leiser und erneut verbreitete sich eines Schweigen zwischen ihnen. Doch ehe es zu lang andauern konnte, nahm der Anfuehrer wahr, was in der Kueche fehlte. Wer fehlte. „Wo ist Seung-Ri?“ Durch den Druck, der in ihm geherrscht und sich beim Anblick seiner Freunde so ploetzlich entladen hatte, war ihm nicht aufgefallen, dass der Juengste nicht bei ihnen war. Auch schien es Young-Bae und Dae-Sung nicht zu behagen, dass er nun nach ihm fragte. Sie raeusperten sich und blickten zu Boden, auf welchem noch immer all die Scherben lagen, die von ihm erst jetzt bemerkt wurden. Ji-Yong ging daraufhin in die Hocke, um einige von ihnen aufzulesen. Dann hielt er sie Young-Bae ins Gesicht. „Was ist passiert?“ Seine Stimme zitterte, waehrend seine Hand nach dem T-shirt des anderen griff und daran zerrte. „Sag es mir.“ „Ji-Yonga, er...ist fertig mit den Nerven. Sowie wir alle.“, erklaerte dieser so behutsam wie moeglich. Aber er koennte den anderen nicht beruhigen. „Hat er sich was angetan?“ „Nein. Er ist nur etwas ausgerastet und wollte dann allein sein.“ „Allein sein? Wo?“ Ji-Yong sprach hoeher, fast hysterisch, wobei sich ein hektisches Flimmern in seine Pupillen schlich. Sein Griff an Young-Baes Kleidung wurde fester. Warum geriet er derart in Panik? „Er-er sagte, er wolle aufs Dach gehen.“ Noch waehrend er die Antwort aussprach, liess der Juengere von ihm ab. Niemanden noch eines Blickes wuerdigend stuerzte er an Seung-Hyun vorbei, welcher seinen Arm verfehlte und ihn nicht aufhalten konnte. Ehe sie begriffen hatten, was in ihm vorging, war ihr Anfuehrer bereits aus der Wohnungstuer heraus auf dem Weg zum Dach. Das Geraeusch seiner gehetzten Schritte befand sich bereits zwei Stockwerke ueber ihnen, als es ihnen endlich gelang, ihm zu folgen. „Ji-Yonga! Warte! Ji-Yonga!“, hallten Seung-Hyuns Rufe durch das Treppenhaus. Er fuerchtete, dass dieser wieder zusammenbrechen koennte. Es war verantwortunglos gewesen, ihn hierher zu bringen. Er rannte schneller, die beiden anderen hinter sich lassen. Jedoch bevor er die Tuer zum Dach erreicht hatte, vernahm er jemanden die Treppe herunterkommen. Auf dem naechsten Absatz stolperte ihm Ji-Yong bereits wieder entgegen, das Gesicht verzerrt und von Panik erfuellt. Er prallte auf ihn und der Aeltere musste ihn festhalten, um ihn vor einem Sturz zu bewahren. „Er ist nicht da!“, keuchte er hilflos und wollte bereits weiterrennen. Aber diesmal verfehlte Seung-Hyun ihn nicht. „Ji-Yonga, bleib stehen! Sonst bringst du dich noch um!“ „Aber-“, drehte dieser sich stuermisch herum, „er ist nicht da!“ Diese Tatsache schrie der Juengere ihm entgegen, als wuerde sie all sein Handeln rechtfertigen. Als wuerde Seung-Hyun nicht begreifen, was sie zu bedeuten hatte. „Wie? Er ist nicht da?“, hoerten sie da Young-Bae erregt und ausser Atem fragen. Er und Dae-Sung hatten die beiden nun erreicht. „Hast du ihn nicht gefunden?“ „Nein!“ Ji-Yong schuettelte hastig den Kopf, was erneute Sorge in ihrer aller Zuege trieb. Dae-Sung schluckte. „Aber wo ist er hingegangen? Er wollte doch allein sein.“ „Er hat gelogen, verdammt!“, fluchte der Anfuehrer und vergass in diesem Moment alles, was am Abend vorgefallen war. Es war unwichtig Er musste ihn finden! „Warum habt ihr ihn ueberhaupt gehen lassen? Er koennte ueberall hingerannt sein. Er koennte-!“ Ji-Yong stockte. Er schien eine Idee zu haben und gleichzeitig Schwierigkeiten, sie auszusprechen. Die anderen Drei tauschten ungeduldige Blicke. Da hob er ruckartig den Kopf. Die Augen weit aufgerissen starrte er Young-Bae an. „Ich weiss, wo er ist!“ Daraufhin stuerzte er los, seinen Freunden keine andere Wahl lassend, als ihm zu folgen. Anstatt aber in ihr Apartment zurueckzulaufen, stuermte der Anfuehrer weiter nach unten. Er lief ihnen davon und wieder ergriff Seung-Hyun ein ungutes Gefuehl dabei, ihn aus den Augen zu verlieren. Er rannte schneller, flog die Stufen beinahe nach unten. Ausserhalb des Hauses schlug ihnen ein eisiger Wind entgegen. Ein Sturm hatte sich erhoben und er wurde von Sekunde zu Sekunde unberechenbarer. Dae-Sung legte einen Arm ueber seine Augen, um sie vor dem Sand zu schuetzen, welcher durch die Luft peitschte. Er trat als Letzter nach draussen und hatte es schwer, die anderen im Wirrwarr der Menschenmassen auszumachen. Seine Freunde waren bereits am Strassenrand angelangt und bestiegen ein Taxi. Young-Bae wandte sich suchend um und winkte ihn ungeduldig zu sich, als er ihn entdeckte. Der Juengere kaempfte sich zu ihm herueber, um sofort von diesem am Arm auf die Rueckbank gezogen zu werden. „YG-Entertainment Hauptgebaeude.“, hoerte er Ji-Yong vom Beifahrersitz her hektisch die Anweisung geben, bevor der Fahrer aufs Gas stieg und in den Stadtverkehr eintauchte. Vom Ruecksitz her konnten die Drei lediglich seinen Hinterkopf sowie den Verband, welcher diesen umspannte ausmachen. Er hatte ihnen nicht gesagt, wo genau er Seung-Ri vermutete und trotzdem ahnten sie es bereits. ------ Mit einem Ausdruck voll von unterdruecktem Zorn stand der verschwundene Freund dort, wo auch Ji-Yong so viele Male hatte ausharren muessen. Ohne, dass es ihm bewusst war. Doch ganz im Gegensatz zu seinem grossen Bruder, hatte er keine Angst. Zuviel Wut brannte in ihm, die jede Furcht vertrieb. Loderte so hell, dass der Raum zu brennen schien. Und in seiner Mitte sass Luzifer in eisiger Ruhe, gerade so als wuerde er die Flammen nicht bemerken. Der Teufel in Gestalt des Praesidenten hatte sich waehrend Seung-Ris ploetzlichem Ueberfall kaum geregt. Der Juengste war zur Tuer hereingestuermt und beutelte ihn nun ueber den Schreibtisch hinweg. „Wie konnten Sie ihm das antun?! Sie perverses Schwein?!“ Speichel benetzte sein Gesicht, doch seine Miene entglitt nur fuer den Bruchteil einer Sekunde, dann entspannte es sich wieder. Die Hand Yangs griff in seine Hosentasche, um ein Taschentuch hervorzuziehen. Waehrend dieser sich saeuberte, wandte er sein Gesicht nicht von seinem in Rage geratenen Gegenueber. Derart wild hatte er den Jungen noch nie erlebt. Jedoch schuechterte ihn dessen bitterboeses Verhalten nicht ein. Eher amuesierte es ihn und so musterte er diesen voller Hohn, welcher den Juengeren nur noch mehr erregte. „Scheisse, hoeren Sie auf zu grinsen!“ Die hoehnisch angehobenen Mundwinkel machten ihn rasend und liessen ihn die Kontrolle ueber sich verlieren. Wie von selbst holte er aus, um Yang seine Faust in die abstossende Fratze zu rammen. Dessen bestaendige Selbstsicherheit aber liess ihn zweifeln. Was war es, was diesen glauben liess, unantastbar zu sein? Was hatte diese Abgruende erschaffen, die sie bis jetzt nicht gekannt hatten? Seine Hand wurde langsamer, zoegerte und konnte von Yang abgefangen werden. Dieser befreite sich mit einem Ruck aus seinem Griff und packte zu. Nun war Seung-Ri der Gefangene. „Du solltest mir gegenueber nicht einen solchen Ton anschlagen, kleiner Seung-Ri. Das wuerde dir nicht bekommen.“ Die Stimme des Praesidenten klang tief, gezwungen ruhig. Die Drohung, welche in seinen Worten mitschwang, unterstrich er, indem er die immer noch so duennen und schwaechlichen Finger seines Schutezlings langsam zusammendrueckte. Das Blut wich sehr schnell daraus, waehrend er sie unnachgiebig in der eigenen Hand zerquetschte. Seung-Ri versuchte unter groesster Anstrengung, den Scherz zu ignorieren. Er presste die Zaehne zusammen, um kein Anzeichen davon in seinen Zuegen erkennen zu lassen. Yang jedoch war erbarmungslos. Er beugte sich zu dem Juengeren herueber und riss diesen an den Haaren zu sich heran. „Verstehst du, wovon ich rede?“, zischte er ihm kalt ins Ohr. Sein Opfer wimmerte leise, sodass er es von sich stiess. Hilflos stolperte es vom Schreibtisch weg, rang noch einige Augenblicke mit seinem Gleichgewicht und ging dann endgueltig zu Boden. So hatte Seung-Ri es nicht geplant. Er hatte Ji-Yong, raechen wollen. Denjenigen bestrafen, der ihn quaelte. Nun jedoch lag er zu dessen Fuessen, wurde selbst zum Gequaelten. Erneut. Yang bewegte sich gemaechlich auf ihn zu, naeherte sich bedrohlich. Warum gelang es ihm nicht, sich zu erheben, dachte der Juengere verkrampft, waehrend sich der Praesident zu ihm herunterkniete. Er stemmte seinen Oberkoerper hoch, um sich wehren zu koennen, da legte sich eine Hand auf seine Wange. Verwirrt zuckte sein Blick in ihre Richtung und wanderte dann den Arm hinauf, der sich ihr anschloss, bis er es wagte, in Yangs Gesicht zu sehen. Der Ausdruck, welcher darin stand jedoch, aengstigte ihn mehr als die Geste und jede Drohung. Der eisige Zorn war jener vaeterlich liebevollen Miene gewichen, welche dieser ihnen immer dann praesentierte, wenn er sich um sie sorgte. Vielleicht haette es ihn beruhigen sollen, dies zu sehen. Stattdessen aber aengstigte es ihn umso mehr. Es war nicht echt. Nur ein Schauspiel. Schon immer gewesen. Was fuer ein Monster war das? „Seung-Riya, ich denke, du bist etwas durcheinander. Komm, ich helfe dir auf.“ Auch seine Stimme klang weicher, anschmiegsamer. Als der Praesident ihm seine andere Hand entgegenstreckte, packte er automatisch zu, um es bereits im naechsten Moment zu bereuen. Kaum, dass er die widerlich verschwitzte Pranke ergriffen hatte, wurde er kraftvoll nach oben gezerrt und unsanft am kurzen Haar gepackt. Seung-Ri tastete verzweifelt danach, wollte die Finger Yangs loesen, da gab dieser ihm einen Stoss, der ihn auf das wohlbekannte Ledersofa schleuderte. Unter einem erschrockenen Laut fing er sich ab und fuhr herum. Er musste sich aufrappeln, um sich diesem Mann entgegenzustellen. Dass er schon laengst nicht mehr in der Position dazu war, wurde ihm erst in dem Augenblick bewusst, den der Praesident dazu benoetigte, seine Kehle ruede zu ergreifen und ihn auf die Sitzflaeche zu draengen. Dessen Koeper schob sich ueber den des Jungen, welchen er bereits seit Jahren beobachtet hatte. Durch die Abmachung mit Kwon Ji-Yong erschien er eine Zeit lang unerreichbar. Er, dieser naive, arglose, unschuldige Junge. Und nun war er zu ihm gekommen. Von ganz allein. Schleichend drueckten seine Haende dessen Kehle zu. Stueck fuer Stueck. Ein Bein Yangs schob sich zwischen die seinen, welche hilflos strampelten. Seine Haende packten verzweifelt dessen Handgelenke. Er rang mit ihm. Seung-Ri kaempfte mit aller Macht, um sich zu befreien. Doch die Arme, die er beruehrte, an denen er zerrte, schienen hart wie Stein und genauso unbeweglich. Sein Gegenueber begann zu verschwimmen, aber noch konnte er die von tiefster Zufriedenheit erfuellten Zuege erkennen. Der Praesident bemerkte, wie die Anstrengungen seines Schuetzlings nachliessen. Immer schwaecher wurden seine Tritte, bis seine Beine letztlich still auf dem Polster zum erliegen kamen und die Finger kraftlos von seinen Handgelenken rutschten. Allmaehlich begannen sie eine graeuliche Faerbung anzunehmen, wie es auch mit dem Gesicht des Jungen geschah. Mit zunehmendem Verlangen beobachtete er, wie das Blut daraus wich, waehrend dessen Augenlider zu flattern begannen. Auch Ji-Yong hatte er an gewissen Tagen an diesen Punkt getrieben, aber in letzter Zeit hatte sich dieser nicht mehr gewehrt, weshalb das Spiel seinen Reiz verloren hatte. Dank einer gluecklichen Fuegung jedoch war ihm nun diese Freude vergoennt. Kaum konnte er beschreiben, wie sehr es ihn erfrischte und wieder aufleben liess. Yang stiess einen tiefen Seufzer aus, dann nahm er die Haende vom Hals seines Opfers. „Suesser kleiner Seung-Ri...“, fluesterte er, waehrend sein Zeigefinger ueber die schmale Unterlippe des Juengeren glitt, „Wie lang hab ich schon auf dich gewartet...“ Seung-Ris Mund oeffnete sich nur einen Spalt breit. Sauerstoff drang wieder in seine Lungen und lueftete den Schleier, der sich fuer einen kurzen Moment ueber ihn gelegt hatte. Er spuerte, dass der Koerper des Praesidenten sich noch immer auf dem seinen befand. Dessen Stimme klang nur dumpf in seinen Ohren, als waeren sie mit Watte gefuellt. Seine Arme waren schwer. Es war ihm unmoeglich, sie zu heben, um sich zu befreien. Das Gesicht des anderen naeherte sich dem seinen. Er nahm es wie einen verschwommenen Schatten wahr, der sich an ihm vorbei bewegte, bis feuchte Lippen seine Ohrmuschel erreichten. Sie legten sich dicht daran. Hauchten hinein. „Hoer zu,“, saeuselte der Praesident, „es gibt einen Weg, wie du Ji-Yong helfen kannst. Und das moechtest du doch...“ Die Hand, welche bis zu jenem Augenblick seine Wange beruehrt hatte, wanderte nun an seiner Kehle herunter. Sie bewegte sich ueber seine Brust, die sich unter seinem flachen Atem kaum hob. Doch dort verweilte sie nicht, denn ihr Ziel befand sich an seiner Huefte. An dieser angelangt schluepfte sie unter sein Oberteil, um warme Haut zu ertasten und sich sogleich ein Stueck hoeher zu schieben. Seung-Ri durchfuhr ein Schauer des Ekels, als die klammen Finger seinen Bauch erkundeten. Sie sollten verschwinden, diese unnatuerlich kalten Haende. Genauso wie der widerlich feuchte Atem, der sich noch immer in sein Ohr legte. Allerdings liessen die Worte Yangs ihn noch einmal aufhorchen, lenkten ihn ab und so langsam begann er endgueltig zu begreifen. „Wenn du deinen grossen Bruder wirklich retten willst, dann musst du nur seinen Platz einnehmen. Hast du verstanden?“ Er wollte antworten, aber der Praesident wartete nicht. Dieser leckte bereits den Weg seinen blaeulich angelaufenen Hals herunter. Er wollte antworten und ihm dabei die Zunge rausreissen. Aber er brachte es kaum fertig, ein Roecheln durch seine zerquetschte Kehle zu pressen. Angewidert schloss er seine Augen und glaubte sich bereits verloren. Er war sich sicher, dass es nun kein Entkommen mehr gab. Da verschwand mit einem Mal das Gewicht des fremden Koerpers. Er vernahm einen entsetzten Schrei und dann rief jemand seinen Namen. „Seung-Riya! Oh Gott!“ Es war Young-Bae. Seine Lider oeffneten sich und er sah diesen vor sich. Besorgnis zeichnete sich in den Augen des Aelteren ab. Besorgnis, die seine Hand zittern liess, als er sie auf dem Kopf seines Freundes bettete. „Sag doch was.“, flehte er und sein Gegenueber bewegte die Lippen. „Hyung...“, rang es sich aus dessen Mund. Young-Bae war den Traenen nahe. Er wollte den Juengeren packen und fest in seine Arme schliessen, aber lautes Rufen lenkte seine Aufmerksamkeit den anderen zu. „Ji-Yong! Ji-Yonga, hoer auf!“ Seung-Hyun stand neben ihrem Anfuehrer und beobachtete schockiert dessen Tun. Sie beide waren als Erste im Buero ihres Mentor angelangt und hatten diesen unter einem gemeinsamen Aufschrei des Entsetzen von ihrem scheinbar bewusstlosen Freund heruntergezerrt. Seung-Ri so zu sehen, nach allem, was er geopfert hatte, um diesen zu beschuetzen, hatte anscheinend Ji-Yongs Verstand aussetzen lassen. Kaum dass der Praesident zu Boden gegangen war, hatte er begonnen, auf ihn einzutreten. Mit aller Kraft rammte er seinen Fuss in dessen Rippen und Magen, traf ihn sogar einige Male am Kopf. Er war nicht mehr zu bremsen. Rasend vor Wut schrie er Yang Verwuenschungen entgegen und maltretierte diesen auch dann noch, als er sich schon nicht mehr wehrte. Dae-Sung, der ebenfalls versuchte, ihn anzusprechen, wich nun angsterfuellt vor seiner steigenden Raserei zurueck und stolperte auf den Aeltesten zu. „Jetzt tu doch etwas! Sonst bringt er ihn noch um!“, schrie er diesen an. „Ich wuenschte, er wuerde es tun.“, murmelte Seung-Hyun unverstaendlich. „Was?“ Er antwortete nicht mehr. Mit entschlossener Mine trat er von hinten an Ji-Yong heran, um dessen Oberarme zu packen und ihn an sich zu ziehen. Er war gezwungen, seine gesamte Kraft aufzubringen, bis er es endlich schaffte, den Juengeren vom leblosen Koerper ihres Mentor fortzureissen. „Nein! Lass mich! Ich bring das Arschloch um!“, begann er wie wahnsinnig zu kreischen, aber der andere war unerbittlich. Er umschlang seinen Oberkoerper mit beiden Armen und hielt ihm letztlich sogar den Mund zu. Noch einige Sekunden lang zappelte sein Freund in seinem Griff, wobei erstickte schreie aus seiner Kehle traten, dann wurde er endlich ruhig. Unterdessen war Dae-Sung an den Praesidenten herangetreten und hatte ihn auf den Ruecken gedreht. Zoegerlich legt er zwei Finger auf dessen Halsschlagader, um seinen Puls zu fuehlen, Danach wandte er sich den anderen zu, welche ihn, bis auf Seung-Ri, gespannt ansahen. „Er ist bewusstlos.“ „Scheisse! Warum ist er nicht tot?“, stiess Ji-Yong auf diese Erklaerung hin hervor und riss sich von dem Aelteren los. Dieser wollte nochmals zugreifen, doch es war nicht mehr noetig. Ihr Anfuehrer hatte sich abreagiert. Dessen Blick war nun erneut auf ihren Juengsten gefallen und sofort wurde sein Zorn nichtig. „Seung-Ri...“ Befangen wankte er auf das Sofa zu, von welchem sich der andere noch immer nicht erheben konnte. Im vollen Bewusstsein, von seinen Freunden beobachtet zu werden, sank der Anfuehrer auf die Knie. Seine Haende strichen bebend ueber die schmalen Schultern Seung-Ris hinweg, um sich mit Bedacht unter dessen Oberkoerper zu schieben. Um ihn fest zu umschliessen und sich dicht an die schwache Gestalt zu druecken, waehrend seine Traenen zu fliessen begannen. Der Juengere konnte sie spueren. Sie trafen auf seine Haut auf und benetzten sie in grosser Zahl. Dass sein grosser Bruder seinetwegen weinte, obwohl er sein Unglueck selbst verschuldet hatte, machte ihn traurig. So erwiederte er die Umarmung mit der gesamten Kraft, die er aufbringen konnte. „Es tut mir leid.“, fluesterte er und auch unter seinen Lidern sammelte sich Fluessigkeit. Als der Aeltere sich jedoch auf die entschuldigenden Worte hin von ihm loeste und ihn in einer Mischung von Schmerz und Sorge betrachtete, draengte er sie zurueck. „Warum? Warum bist zu zu ihm gegangen, obwohl du weisst...was er getan hat...?“ Ji-Yong konnte es nicht verstehen. „Ich-“ Seung-Ri schluckte schwer. „Ich wollte dir helfen. Ich wollte dich...retten.“ Zum Ende hin wurde er sehr leise und wandte den Blick ab. Wie dumm sein Vorhaben klang, als er es aussprach. Letztlich war er derjenige, der gerettet werden musste. Nie haetter er geahnt, dass es so ausgehen wuerde. Ji-Yong schuettelte resignierend den Kopf und wischte seine Traenen fort. Dann packte er den anderen und half ihm, sich aufzusetzen. Um es zu schaffen benoetigte der Juengere einigen Schwung, sodass sich dessen Oberkoerper abrupt hob und sein Gesicht erst kurz vor dem des Aelteren zum stehen kam. Einen Augenblick lang sahen sie sich an, doch der Kontakt brach, indem Ji-Yong seine Stirn an die seines Gegenuebers lehnte. „Mach das nie wieder.“, sagte er nicht ohne Dank in der Stimme. „Ahm, ich will nicht stoeren, aber was machen wir jetzt mit ihm?“ Waehrend der letzten Minuten hatte sich der Praesident ab und an geringfuegig geregt. Eine Tatsache, welche Dae-Sung mit wachsender Nervositaet zur Kenntnis genommen hatte. Ihr Anfuehrer entfernte sich von Seung-Ri und stand auf. Er liess ein paar Sekunden verstreichen, in welchen er Yang verechtlich betrachtete. „Wir rufen die Polizei und zeigen ihn an.“ Young-Bae tauschte einen erstaunten Blick mit Seung-Hyun, woraufhin dieser sich vergewisserte. „Und was genau willst du ihnen erzaehlen?“ „Alles.“, war die knappe Antwort, welche keine Wiederworte zuliess. Er wandte sich ab und ging auf die Tuer zu. „Sie muessen alles wissen.“ Seung-Hyun zoegerte nur noch einen kurzen Moment, dann zog er sein Handy hervor und waehlte den Notruf. Epilog: Epilog -------------- Entspannt sog Ji-Yong die klare, kuehle Luft ein, welche ihn umgab. Wie lang hatte er nicht mehr derart frei geatmet? Es musste Jahre her sein. „Ist dir kalt?“ Die Fingerspitzen seines geliebten Freundes streichelten ueber seinen Unterarm und erfuehlten die Gaensehaut, welche sich darauf augebreitet hatte. Ein Schauer ueberkam ihn bei der Beruehrung und er musste die Augen schliessen. Der Aeltere liess sich waehrenddessen neben ihm auf der alten Holzbank nieder, auf welcher sie eine Pause von ihrem Ausflug eingelegt hatten. Sie waren in die Berge gefahren, um sich fuer einige Stunden von jeder Verantwortung loszureissen, aber es gelang ihnen nicht wirklich. „Nein.“ Ji-Yong schuettelte letztlich den Kopf, schmiegte sich aber trotzdem an die Brust seines Freundes und liess sich von diesem sanfte Kuesse ins Haar hauchen. „Du siehst nachdenklich aus.“ Auf diese Worte hin sah er zu dem Aelten auf, dessen Hand sanft ueber seine Stirn strich, um einige braune Haarstraehnen aus seinen Augen zu entfernen. Augen, die nun um so vieles dunkler wirkten als frueher. Ihr Blick ging tiefer, hatte an Leichtigkeit verloren. Seung-Hyun bedauerte diesen Umstand, aber seine Hoffnung, dass sich nach all den Ereignissen nichts veraendert haette, war vergebens. Jeder von ihnen hatte eine Veraenderung durchlaufen und sie konnte nicht rueckgaenging gemacht werden. Ji-Yong seufzte schwer. „Wie koennte ich auch nicht.“, gab er lediglich zurueck, als waere somit alles gesagt. Aber das war es wohl auch. „Machst du dir Sorgen?“ „Tag und Nacht.“ Der Aeltere nickte, denn er verstand genau. Jeder von ihnen sorgte sich. Die seine allerdings lag wie immer bei dem Menschen in seinen Armen. Die gesamte Zeit ueber stellte er sich die Frage, wieviel dieser noch ertragen koennte. Wie lang es noch dauern wuerde, bis der Albtraum endlich ein Ende faende. Vor wenigen Wochen noch hatte es beinahe so gewirkt, als haetten sie ihn bereits hinter sich gebracht. Nachdem die Polizei an jenem Tag aufgetraucht war, war alles furchtbar schnell gegangen. Noch in der selben Nacht waren ihre Aussagen aufgenommen worden, sodass sie erst am fruehen Morgen in ihr Apartment zurueckkehren konnten. Alle bis auf einen. Ihr Juengster hatte nach einigen Stunden einen Zusammenbruch erlitten und war ins Krankenhaus eingewiesen worden. Die Erschoepfung hatte ihn niedergerafft, aber er erholte sich schnell und konnte am naechsten Tag entlassen werden. Nun sass der sehr bald wohl ehemalige Praesident ihres Entertainments in Untersuchungshaft und wartete auf seine Verurteilung. Dass er verurteilt werden wuerde, daran bestand kein Zweifel. Nachdem die Untersuchung ihres Falls erst einmal begonnen hatte, waren noch weitere schockierende Details aufgetraucht. Details ueber fruehere Opfer, sowie Erpressungen und unmoralische Angebote. Sie wussten nichts genaues, doch Geruechte machten die Runde, dass auch aeltere Kuenstler betroffen waren, welche sie noch aus ihren Ausbildungstagen kannten. Dergleichen zu erfahren, nach dem, was Ji-Yong zugestossen war, hatte die Wut in Seung-Hyun erneut entfacht und nicht nur in ihm. Zwei Wochen noch, dann wuerde die erste Anhoerung stattfinden. Ob es auch die Letzte waere, war trotz der erdrueckenden Beweislage nicht sicher. Ein langer Weg lag vor ihnen und der Aeltere wusste, dass es das war, was seinen Freund beschaeftigte. Er zog dessen Koerper noch fester an sich und betrachtete das erschoepfte Gesicht. „Ji-Yonga, bist du dir sicher, dass du das durchziehen willst?“ Der Juengere liess seinen Blick einige Herzschlaege lang ueber die Stadt unter ihnen schweifen. Hier oben erschien alles weit entfernt und um so vieles friedlicher. Er wollte, dass es auch fuer sie wieder Frieden gab. „Ja, ich muss es zu Ende bringen. Erst dann weiss ich-“, er hob den Kopf, um dem anderen fest in die dunklen Augen zu sehen, „Erst dann weiss ich, dass es endgueltig vorbei ist.“ „Ich werde da sein, wenn du mich brauchst.“, gab Seung-Hyun erneut das Versprechen, wofuer ihm Ji-Yong auf seine Weise dankte. Dessen Lippen legten sich zaertlich auf die seinen und liebkosten sie innig. Der Aeltere erwiderte die Zaertlichkeiten voll Hingabe. Liess seine Zunge unschuldig verfuehrerisch durch die Lippen seines geliebten Freundes schluepfen und kostete seinen Mund nur fuer einen Moment. Ein Moment, welcher ihm ein weiteres Mal bewies, was Ji-Yong im Stande war, ihm zu geben. Und dies mit jeder einzelnen Beruehrung. Sie beide beendeten ihren Kuss mit einem Laecheln. Der Juengere warf einen verklaerten Blick in die Augen des anderen und fuehlte eine wohlbekannte Waerme. „Ich liebe dich.“, wisperte er ihm traumverloren zu. Und letztlich erhielt er die Antwort, welche er sich erhofft hatte. „Ich dich auch.“ Dann wurde es still zwischen ihnen. Einige Meter entfernt standen ihre drei verbliebenen Freunde. Sie hatten sich leise unterhalten und sie neugierig beobachtet. Vor allem die beiden Juengsten fanden einfach keine Ruhe, wenn sie ihren Anfuehrer derart nachdenklich sahen. Aber dies war es nicht allein und Young-Bae wusste, was sie besonders beschaeftigte: Die Frage danach, wie es mit ihnen weitergehen wuerde. Mit ihrer Gruppe und allem, was sie sich erarbeitet hatten. Jedoch war er sich sicher, dass es keinen Grund zur Sorge gab. „Keine Angst, Big Bang werden schon nicht untergehen.“ Sein Gesicht strotzte regelrecht vor Überzeugung. Die beiden anderen blickten sich kurz zweifelnd an, doch niemand von beiden konnte dem anderen diese Sicherheit erklären. „Was macht dich da so sicher, Hyung?“, fragte Seung-Ri lauernd. Der Ältere allerdings begann nur zu grinsen und wandte ihnen den Rücken zu, um zum Auto zurück zu laufen. „Die Antwort liegt doch genau vor euch.“ Dies war alles, was er ihnen zum Hinweis gab. Eigentlich war es traurig, dass sie auf etwas derart Offensichtliches nicht selbst kamen. Dae-Sung fühlte sich in den ersten Sekunden überfragt, aber dann fiel sein Blick auf den Rücken Young-Baes. Er trug das Promotion-T-Shirt ihres zweiten Konzerts. Der Juengere riss die Augen auf, als hätte er soeben erst das Sehen gelernt. Dann zauberte sich das selbe Grinsen auch auf seine Lippen. Dort stand sie in großen Buchstaben geschrieben. Ihre Antwort. 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