Black Lies von Shelling__Ford (Teil 4) ================================================================================ Kapitel 19: Sprengung --------------------- 19. Sprengung Hallo alle miteinander, Tut mir leid das ich euch so lange habe warten lassen ^^, Umso mehr Spaß wünsche ich euch jetzt beim neuen Kapp! An alle Leser und Kommi Schreiber gilt an dieser stelle wie immer mein dank! Also dann viel Spaß ^.~ Liebe Grüße eure Shelling Der Gang, durch den Wodka ihn führte, schien immer schmaler zu werden. Die hellen Kacheln, die die Wand streckten, hatte man an dieser Stelle des Gebäudes einfach durch eine blasse Holzverkleidung ersetzt, die, wie Shinichi mit einem flüchtigen Blick erkennen konnte, an manchen Stellen bereits das Weite suchten und sich wellten. Vielleicht lag es aber auch an der Beleuchtung; man hatte entlang dieses Wegs eindeutig mit dem Licht gespart. Das Wenige, welches überhaupt existierte, flackerte unruhig wie eine Kerze im Wind. All das schien die Personen, die diesen Gang passierten, schier zu erdrücken. Gerüche, Eindrücke, aber vor allem auch Gefühle verdichteten sich hier, man konnte ihnen nicht mehr entkommen. Shinichi schluckte, er spürte, dass vor allem die Angst von der drückenden Umgebung geradezu in ihn hinein gepresst wurde. Sein Herz hämmerte ihm bis zum Hals. Wenn das eben mit Ran der Himmel gewesen war, dann war er jetzt vermutlich auf dem Weg in die Hölle. Shinichi kniff die Augen zusammen, er konnte ihr Bild deutlich vor sich sehen. Ihre Augen, in einem Moment mit dem größten Glück dieser Erde gefüllt, aber im anderen überschwemmt von Tränen des Leids und der Angst. Er biss sich auf die Unterlippe, konnte nur hoffen, dass Bordeaux wie auch er zu seinem Wort stand. Er konnte sie im Moment nicht mehr beschützen und doch war er nur deswegen gerade mit Wodka unterwegs, um genau das zu tun. Egal, was sie ihm antun würden. Egal, wie… wie sie ihn ‚überreden’ wollten. Shinichi schnappte nach Luft, beim Gedanken an die Mittel und Wege der Organisation wurde ihm übel. Aber er würde nichts sagen. Ein zynisches Lächeln trat auf die Lippen des Oberschülers. Nein, er würde ihnen wirklich niemals sagen, was sie hören und wissen wollten, schließlich hatte er in Wahrheit selbst keine Ahnung, wo Ai sich aufhielt. Dennoch musste er da jetzt durch, er musste es aushalten. So tun, als ob etwas wüsste, obwohl er nichts wusste und doch brav dicht halten, um Shiho angeblich nicht in Schwierigkeiten zu bringen. Der Detektiv schluckte, dachte an die eisblauen Augen des Mannes, die in den letzten Tagen schon oft Zeuge seiner Ungeduld gewesen waren. Nicht lange. Die Antwort war klar, wenn sie aus Shinichi nichts raus bekommen hätten, nachdem sie ihn wie einen nassen Schwamm ausgepresst haben würden, würde es auch mit Bordeaux' Geduld ein Ende haben. Also musste er es aushalten, so lange wie nur möglich. Für sie. Nur so konnte Shinichi für die Sicherheit Rans garantieren, er hatte mit Bordeaux getauscht. Er war mit ihm einen Handel eingegangen, dessen Preis er jetzt zahlte. Shinichi hoffte inständig, dass auch der Boss dieser Organisation so viel Ehre besaß, dass er nun ebenfalls Wort hielt und Ran in Ruhe ließ. Sie wusste es. Er hatte es in ihren Augen gesehen, dass ihr mehr als bewusst war, dass Shinichi gerade sein Leben gegen das Ihre getauscht hatte, und jetzt nach diesen gemeinsamen Stunden war ihr auch endlich klar, wieso. Ein kleiner Schauer lief den Rücken des Oberschülers entlang, Shinichi wusste noch immer nicht, ob er sich in diesem Moment freuen sollte oder nicht, schließlich versprach das, was ihm bevor stand, ganz und gar nicht lustig zu werden. Aber er hatte es ihr gesagt. Endlich, endlich, endlich hatte er es ihr gesagt! Das kleine Lächeln, welches sich für eine Sekunde lang auf die Lippen des Detektivs stahl, konnte Wodka selbst von hinten erkennen. Es schien, als wäre er allergisch gegen jegliche Art von positiven Gefühlen, sein eigenes, verstohlenes Glucksen einmal außen vor gelassen. Mit einem Knurren presste er die Pistole enger an Shinichis Rücken, mit der er ihn die ganze Zeit schon wie Vieh durch den engen Gang lotste. Ein Druck gegen eine der rechten Rippen und Shinichi ging nach rechts, ein Druck nach links und der Oberschüler gehorchte. Er musste. Auch wenn er, als sie endlich den Gang verließen und in einem der Zimmer zum Stehen kamen, am liebsten davon gelaufen wäre. Wie auch im Gang hatte man hier auf die weißen Kacheln verzichtet. Allerdings schien der Anstrich des dunklen Holzes mit dem hellen Lack noch vor Shinichis Geburt stattgefunden zu haben. Die Farbe hing in Fetzen wie abgestorbene Haut von der Wand. Der helle Ton hatte sich in ein gegerbtes Ocker verwandelt, das Shinichi an alles andere erinnerte, aber nicht mehr an die Fliesen des Labors. Er schluckte, seinen Herzschlag konnte er kaum mehr spüren, das rhythmische Klopfen hatte sich beim Eintritt in diesem Raum zu einem undefinierbaren Surren verzerrt. In der Mitte des nahezu quadratischen Raumes stand ein Stuhl, ein einfacher Holzstuhl, an dessen Sitzfläche Spuren des Gebrauchs ihn leicht aufgehellt hatten. Nichts weiter, nur dieser Stuhl. Unter dem leblosen Holzgestell hatte man den Boden anscheinend schon länger nicht mehr gesäubert, verräterische Flecken in einem matten Rot hatten sich kreisrund in das vergilbte Linoleum gefressen. Sein Herz raste, Shinichi wusste nicht, was man mit ihm machen würde, nicht, wie lange es dauerte, noch, zu welchen Mittel die Organisation wohl greifen würde. Shinichi wusste nur eines. Dieser Raum sollte so aussehen. Er sollte eines indizieren. Angst. Man hatte ihn ausgewählt, um denjenigen, die eintraten, Angst einzujagen, um die Fantasie der Gefangenen zu wecken, die schon allein beim Anblick dieses Raumes mit den dunkelsten Farben ein Bild von Folter und Schmerz zeichnete. Es drehte ihm den Magen um, Shinichi konnte seine Übelkeit nicht länger unterdrücken, ihm war einfach nur schlecht. Noch ehe sich der Oberschüler jedoch weiter Gedanken machen konnte, was er in diesem Raum wohl erleben würde, ertönte ein lautes Heulen, es kam scheinbar von überall her und brachte das Gebäude zum zittern. Er hörte Wodkas leises Fluchen, merkte wie ihn der Hüne in den Raum stieß, die Tür hinter ihm zu knallte, abschloss und verschwand. Es sollte das letzte Mal gewesen sein, das Shinichi ihn sah. Das leise Surren des Laptops begleitete das Heulen der Sirene, doch Bordeaux schien sie gar nicht zu hören. Tatsächlich hallte sie in seinem Büro weitaus gedämpfter durch die dicken Wände als im Rest des Gebäudes. Die Züge des Bosses, der wegen eines kleinen Oberschülers jetzt sein Hauptquartier räumen musste, waren bedrohlich ruhig, nur das flackernde Blaulicht der Streifenwagen schien für das Missfallen in seinen Augen Sorge zu tragen. Das gedämpfte Licht der Schreibtischlampe und der kalte Schein des PC-Monitors erhellten sein Gesicht und warfen unheimliche Schatten auf seine kantigen Züge. Als der Computer endlich hochgefahren war, umfasste die schwere Hand von Bordeaux die kleine Maus. Statt sie zu erdrücken führte er sie jedoch geschickt über den Monitor und öffnete so in aller Ruhe ein Programm. Letzte Aktivität anzeigen. Damit huschte der Pfeil auf Okay und der PC begann erneut zu surren. Ohne Frage öffnete er das betreffende Programm, die gewünschten Daten zu laden schien jedoch eine gewisse Zeit in Anspruch zu nehmen. Mit einem leisen Seufzen ließ sich Bordeaux in seinen Sessel sinken. Während der Ruf der Sirene für seine Mitarbeiter der Befehl war zu flüchten und sie zum Teil wie auch die alten Seefahrer selbst ins Verderben führte, hatte er noch Zeit. Seine Augen huschten zu dem leeren Weinglas an seiner Seite, ein letzter Tropfen hatte sich noch immer hartnäckig am Boden des Glases gehalten. Das flackernde Blaulicht der Polizeiwagen schien die rote Flüssigkeit in Bewegung zu bringen. Es tat ihm Leid. Er hatte wirklich noch ein paar besonders schöne Exemplare an Wein im Keller, doch auch sie würden ihr Ende in den Flammen finden. Der Schnee würde kein Problem darstellen, die Hitze, die sich bei den Explosionen entwickeln würde, reichte aus, um das Gebäude zu vernichten. Und somit wohl auch sie… Der Gedanke an den jungen Detektiv zeichnete jedoch einen tiefen Schatten auf die Stirn des Bosses. Er hätte gern gewusst, wie viel der Junge bereit wäre zu ertragen, um Sherry zu retten, jetzt würde es Bordeaux wohl nie erfahren… und auch die kleine Überraschung, die er für den Detektiv geplant hatte und die mit zu seiner Folter gehören sollte, blieb ihm jetzt wohl erspart. Vielleicht konnte man es Glück im Unglück nennen, was dem jungen Holmes widerfuhr, aber Bordeaux konnte nicht leugnen, dass er ihn gern hätte sterben sehen… innerlich. Ein kleiner Piepston riss Bordeaux aus seinen Gedanken, das Programm hatte sich geöffnet und zeigte die Aktivitäten des vergangenen Monats an. Was zählte, war jedoch die vergangene Nacht. Schnell huschte die Maus an die betreffende Stelle, mit einem Klick erschien eine kleine Liste. 23. Dezember 01:12.: Datenträger installiert. 23. Dezember 01:13.: Datei „APTX4869“ auf Datenträger kopiert. 23. Dezember 01:16.: Dateien von Datenträger auf Ordner übertragen. Bordeaux blinzelte verwundert. Was hatte Shinichi Kudo auf seinen PC übertragen? Schnell suchte er den betreffenden Ordner und atmete zischend aus als er sah, was der Detektiv angestellt hatte. Dieser Kerl hatte es gewagt einen ganzen Haufen Erpresser-Materials zu löschen! Anstatt Bilder von ominösen Affären, Drogenkonsums und Korruption grinsten Bordeaux nun ein Haufen Grundschüler frech ins Gesicht. Shinichi hatte die Bilder der Kleinen von dem Treffen mit Kamen Yaiba nicht einfach so löschen können, stattdessen hatte er sie auf den PC verschoben und so Wochen und Monate lange Arbeit der Organisation zerstört. Bordeaux schnaubte verächtlich, als er in das breite Grinsen der Grundschüler sah, ohne Zweifel die Freunde seines ‚Besuchs’. Er schüttelte nur den Kopf, schloss den Ordner wieder und öffnete die Liste um deren weiteren Verlauf zu studieren, der Bordeaux' Plänen ein für alle mal eine Ende machen sollte. 23. Dezember 01:20.: Datei „APTX4869“ von Datenträger gelöscht. 23. Dezember 01:21.: Datei „Alkohol“ auf Datenträger kopiert. 23. Dezember 01:21.: Datenträger entfernt. „Nein.“ Zum ersten Mal hatte sich Bordeaux voluminöse Stimme in ein leises Keuchen verwandelt. Die Hände des Mannes zitterten, seine Pupillen huschten immer und immer wieder über einen Satz. Datei „Alkohol“ auf Datenträger kopiert Kopiert. „NEIN!“ Das Donnern seiner Stimme übertönte sogar das monotone Hheulen des Alarms. Mit einem Mal war Bordeaux aufgesprungen, in seinen Augen loderte unbändige Wut, seine Fäuste hätten womöglich zwei Dellen im Holz hinterlassen, wenn es nicht so stabil gewesen wäre. Unter dem Beben des Tisches war jedoch das leere Weinglas zerbrochen, der Zorn seines Besitzers hatte es umfallen und auf dem Boden zerbersten lassen. Doch selbst für das bedauernswerte Häufchen Scherben hatte der Boss der Schwarzen Organisation derzeit keinen Sinn. Immer wieder huschten seine Augen über den Satz, die Nasenflügel Bordeaux blähten sich bedrohlich stark auf. Sein Atem zitterte, mit einem leisen keuchen wischte er sich über das Gesicht. Zum ersten Mal seit langem, vielleicht auch zum ersten Mal in seinem Leben stand ihm kalter Schweiß auf der Stirn. Shinichi Kudo hatte ihn in der Hand. Selbst, wenn er die Daten der Organisation rettete, sich in einem seiner anderen Gebäude ein neues Hauptquartier einrichtete, Shinichi Kudo würde ihm zuvor kommen. Immer. Er hatte die Daten über jeden seiner Mitarbeiter, sie konnten kein Verbrechen mehr ungesehen verüben. Nie mehr. Natürlich könnte er die Organisation von Grund auf neu gründen, es fehlte ihm weder an Macht noch an Geld, doch er konnte es nicht… er war zu alt. Seufzend ließ er sich zurück in den Sessel sinken, schloss ruhig die Augen und atmete tief durch. Man konnte meinen, dass Bordeaux aufgegeben hatte, dass er sich mit seinem Schicksal abfand und sich nicht länger darum bemühen wollte, seinen Blutdruck in die Höhe zu treiben. Doch wer den Boss der Organisation kannte, wusste, dass er in diesem Stadium der Ruhe und Gelassenheit gefährlicher war als in der Phase des Zorns. Besonders für einen: für den Detektiv, der ihm die Fäden durchgeschnitten hatte gab es jetzt keine Rettung mehr. Bordeaux wusste, er war geschlagen, er wusste, dass er die Organisation verloren hatte, dass er sein Leben verloren hatte… doch das Spiel würde er nicht verlieren. Das Lächeln, welches sich jetzt auf Bordeaux' Lippen stahl, wirkte in Anbetracht der Situation völlig fehl am Platz, doch nicht weniger gefährlich. Wieder glitten seine Pupillen über einen Satz der Aufzeichnungen. Shinichi Kudo hatte nicht nur Bordeaux, sondern auch sein eigenes Todesurteil bereits unterschrieben. Mit ruhiger Hand griff Bordeaux nach dem Telefon, wählte eine ihm gut bekannte Nummer und wartete. Noch während er die Tasten drückte, ertönte das erste Donnergrollen und brachte das Gebäude kurz zum Zittern. Die Organisation und auch deren Boss würde heute zu Grunde gehen, doch Bordeaux wusste eines… er würde ihn mit in die Tiefe reisen. Ganz sicher. Heiji starrte gebannt auf die Aktion der Polizei. Yusaku und ihm war befohlen worden, sich bei dem Einsatz zurück zu halten und das taten sie auch… fürs Erste. Es hatte eine Weile gedauert, bis Megure seine Mannschaft verständigt hatte. Mit einem Großeinsatz kurz vor Heilig Abend hatte wohl niemand mehr gerechnet! Jetzt jedoch wimmelte es nur so von Beamten, doch die Anzahl der Uniformierten Polizei konnte die der schwarz gekleideten Menschen, welche aus dem Gebäude kamen, nicht übertreffen. Dutzende, gar hunderte von Personen liefen aus dem ehemaligen Hauptquartier, begleitet von den Sirenen der Polizei, die sich mit dem Alarm der Organisation mischten. Wie als würde man mit einem kleinen Stöckchen in einem Armeisenhaufen herum stochern, flohen die Schwarzkittel aus ihren Löchern und anstatt, dass sich irgendwann ein Ende abzeichnete schienen es immer mehr zu werden. Einige hatte man mit einer kurzen Drohung mit der Waffe schnell gefasst, andere jedoch waren gleich von mehreren Polizeibeamten umzingelt und wehrten sich nach Leibeskräften. Doch nicht jeder lief der Polizei so bereitwillig in die Arme. So viel Verstärkung Megure auch verständigte, ein paar Fische wanden sich immer wieder aufs Neue aus dem Netz und konnten so flüchten. Die ganze Szene glich einem verzerrten Fernsehbild, schwarze und blaue Punkte führten einen wilden Tanz auf, immer umgeben von dem fallenden Schnee. Wahrscheinlich bemerkten die meisten Beamten gar nicht, dass der Boden unter ihren Füßen plötzlich zitterte. Als dann jedoch drei Schreiben im dritten Stock des Gebäudes zerbarsten und durch das Feuer erhellt wie glühende Funken zu Boden viel, wurde nicht nur die Aufmerksamkeit der Retter sondern auch die der Übeltäter erregt. Mit großen, zum Teil Furcht erfüllten Augen sahen die Schwarzkittel zu, wie sich ihr Monopol in Rauch auflöste. Die Stille in der schneebedeckten Arena hielt jedoch nicht lange an, weitere Verhaftungen wurden durchgeführt und weitere Fluchtversuche unternommen. Allein Yusaku und Heiji starrten noch immer gebannt in die Flammen, als würde sie deren Lodern in Hypnose versetzen. Shinichi, Ran und die Kinder, sie alle waren noch in dem Gebäude! Es dauerte nicht lange, bis Heiji aus dieser Trance erwachte. Mit zusammengebissenen Zähnen sah er sich auf dem Schlachtfeld um. Er redete laut, aber wohl mehr mit sich selbst, als mit dem Schriftsteller an seiner Seite. „Wir müssen da rein! Sie sin’ noch immer da drin! Wir müssen ihnen helfen!“ Er würde den Teufel tun, hier einfach nur rumzustehen, während Kudo da drin vielleicht seine Hilfe brauchte. Er würde es nicht einfach so zulassen, dass den Kindern oder Ran etwas passierte! Sie mussten rein. Jetzt. Endlich hatte er das FBI und Megure erspäht, sie alle waren mit Handschellen oder Waffen zu Gang. Heiji sprach schnell, in seinen Worten lag Panik. Die Angst um seine Freunde, um seinen besten Freund, war nicht mehr zu verbergen. „Da sind Se’ ja! Himmel, wir müssen ihnen Bescheid sagen! Sie müssen das Gebäude stürmen, die können doch nich’ zulassen, dass Kudo-“ Er schluckte, merkte, wie ihm vor Aufregung die Stimme versagte. „Ich werd' sie holen!“ Der Osakaer wollte gerade einen Schritt in das Getümmel wagen, als ihn ein Druck auf seiner Schulter davon abhielt. Als sich der überraschte Jungdetektiv umsah, schaute er direkt in die blauen Augen Yusakus, die dem seines Freundes so unheimlich ähnelten. Statt die Hand jetzt wieder von der Schulter des Jungen zu nehmen, verstärkte der Schriftsteller seinen Druck. Er sprach ruhig, versuchte bewusst die mittlerweile aus dem Fenster lodernden Flammen, in seinem Augenwinkel zu ignorieren. „Du wirst sie nicht holen gehen.“ „Aber wir müssen doch-“ „Nein…, nein. Das hier ist jetzt wichtiger. Wir können weder das FBI noch die Polizei jetzt in Anspruch nehmen.“ Heijis Mund stand leicht hoffen, er konnte nicht glauben, was Yusaku, was sein Vater da gerade gesagt hatte. Als er sich endlich wieder gefasst hatte, war die Wut in seiner Stimme nicht zu überhören. „Wollen Se’ damit etwa sagen, die Sache hier is Ihnen wichtiger als Ihr-“ Heiji brach ab, biss sich auf die Lippen, als er die erschrockenen und verletzen Augen seines Gegenübers sah. Heijis Worte versetzten dem Autor einen Stich. Yusaku schluckte, anders als erwartet schrie er den Detektiv nicht an, sondern sprach ruhig, jedoch ohne ihn anzusehen. „Nein. Natürlich nicht.“ Er flüsterte fast, schaute noch immer betreten zur Seite, ehe er sich räusperte und dem jungen Mann vor sich wieder in die Augen konnte. „Ich will damit nur sagen, dass wir sie jetzt nicht von hier weg holen können. Schau dich doch um, Heiji, hier wird jeder Mann gebraucht. Wir wissen nicht wen,…wen sie noch retten können.“ Yusaku musste sich erst wieder sammeln, der Gedanke daran, dass... dass es vielleicht schon zu spät war, lag ihm schwer im Magen. „Außerdem kann weder Megure noch Mr. Black seine Männer der Gefahr aussetzen, mit dem Gebäude in die Luft zu fliegen. Oder glaubst du, dass das die letzte Explosion war?“ Heiji schluckte, schüttelte gefasst den Kopf, als er zu den lodernden Flammen schaute, die bereits aus den Fenstern drangen. Yusaku nahm die Reaktion des jungen Mannes kaum zur Kenntnis, sprach in einem ruhigen, monotonen Ton weiter. „Das hier war erst der Anfang. Warum wohl sucht jeder dieser Kerle sonst fluchtartig das Weite? Sie laufen uns doch geradezu entgegen. Wenn unser Erscheinen, das der Polizei und des FBI’s der Grund wäre, würden sie uns bestimmt nicht so bereitwillig in die Arme laufen. Natürlich hat die Tatsache, dass wir sie aufgespürt haben, diesen Mechanismus in Gang gesetzt. Aber den Hebel hat jemand anderes umgelegt. Jemand, der keine Beweise hinterlassen will, jemand, dem es egal ist, was mit seinen Mitarbeitern passiert, jemand, für den es keine Rolle spielt, dass er seine Leute wie Ratten in die Falle lockt.“ Yusakus Züge spannten sich an, sein Blick schwenkte von den Flammen zurück auf die Straße. „Sein Mittel ist wirkungsvoll und durchdacht, aber skrupellos… geradezu krank.“ Er schluckte, merkte wie trocken sein Hals wurde und musste sich erst räuspern, ehe er weiter sprechen konnte. „Wir dürfen weder vom FBI noch von der Polizei Hilfe erwarten… also werden wir ihre Aufmerksamkeit erst gar nicht auf uns lenken…“ Heiji sah ihn überrascht an, langsam ahnte er, was der Freund seines Vaters da plante. „Wir gehen rein?“ Yusaku zog eine Zigarette aus der Hosentasche, zündete sie sich an und sah den jungen Detektiv abwartet an. „Ich werde dich wohl kaum dazu bewegen können, hier zu bleiben, oder?“ Heijis Grinsen erschien zum ersten Mal an diesem Abend, doch sein Ton war ernst und bestimmend. „Worauf Se’ wetten können!“ Yusaku nickte resignierend, starrte auf das Gebäude und führte scheinbar einen Monolog mit dem Beton. „Dacht ich mir. Das Beste wird sein, wir teilen uns auf. Sicherer wäre es zwar, zusammen zu bleiben… aber ich denke unsere Chancen sind höher, wenn wir uns trennen.“ Er schaute zu dem jungen Mann an seiner Seite. Der jedoch zeigte keinerlei Angst, sondern bejahte, wild entschlossen. „So machen wird’s.“ Yusaku nickte, blies in einem scharfen Zug den Rauch gegen den fallenden Schnee und schmiss seine halb aufgebrauchte Zigarette auf den Boden, in dem sie mit einem leisen Zischen verlosch. „Na dann los.“ Er lief wie ein gefangenes Tier im Kreis. Schon längst hatte Shinichi aufgehört zu zählen, die wievielte Runde er in seinem Gefängnis drehte. Das einzig Positive war, dass er endlich wieder eine annehmbare Distanz mit nur einem Schritt überwinden konnte, für den er als Conan gleich drei gebraucht hätte. Dennoch fiel ihm das Denken schwer. Das Heulen der Sirene schaffte es immer wieder seine Gedanken zu übertönen. Mit zitternder Hand fuhr sich Shinichi über die Stirn. Als er bemerkte, dass auf ihr kalter Schweiß lag, schüttelte er nur unwillig den Kopf, um so das eindringliche Pfeifen in seinen Ohren los zu werden. Doch es blieb. Shinichi stockte, hielt ruckartig in seinen Bewegungen inne. Noch ehe er das Wort zu Ende Gedacht hatte, brachte ein ohrenbetäubender Lärm das Heulen der Sirenen für einen kurzen Moment zum Schweigen. Das laute Grollen brachte die Wände seines Gefängnisses zum Wackeln. Shinichi hatte das Gefühl, ein Zug wäre haarscharf an ihm vorbei gedonnert. Langsam ebbte das Getöse ab, das Gewitter hatte sich scheinbar verzogen und die heulende Alarmsirene wurde wieder lauter. Doch diesmal hörte Shinichi sie nicht. Er rührte sich nicht, stand nur da und starrte auf den Boden. Seine erschrockenen Augen rasten hin und her, lasen scheinbar einen unsichtbaren Text auf dem vergilbten PVC, immer und immer wieder. Er wusste, dass das nur die Ruhe vor dem Sturm war. ‚Sollte der Fall der Fälle eintreten und wir müssen dieses Gebäude räumen, fliegt uns in Sekundenbruchteilen alles um die Ohren!’ Shinichi merkte, wie seine Hand zitterte, als er sie nachdenklich an sein Kinn hielt. Die Augen des Oberschülers wurden groß, für eine Sekunde flammte ein Funken Hoffnung über sein Gesicht. Shinichi schluckte, angestrengt horchte er in das Gebäude hinein, doch er konnte keine Polizeisirenen hören, bis auf das Heulen des Alarms war alles still. Zu still. Shinichi konnte nur erahnen, dass die Flammen über ihm schon dabei waren die schriftlichen Akten der Organisation mit ihren rot glühenden Mündern zu verspeisen. Ein kleines Lächeln schlich sich auf die Lippen des Oberschülers. Zum ersten Mal hatte er das Gefühl, an dem PC die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Nachdenklich griff er in die Hosentasche, strich mit dem Finger über den kleinen Stick. Er war wieder er selbst, und er war der einzige, der noch genug Beweise hatte, um die Organisation endgültig auszulöschen, wenn… ja wenn er endlich hier raus kommen würde! Shinichi stockte, atmete keuchend aus. „Die Laboratorien!“ Es durchlief ihn siedend heiß, in seinen Augen stand die blanke Angst unverborgen geschrieben. Sie war noch da drin, sie war noch in diesem Labor! Und niemand, niemand würde sich die Mühe machen, sie zu befreien. Sie war ihnen egal, denen, die um ihr eigenes Leben bangten, die flüchteten, war das Leben einer Gefangenen nichts wert. Mehr noch, denn sie war eine Gefahr für sie, wenn Ran gegen die Organisation aussagte! Niemand würde sie da raus holen. Shinichi schluckte, merkte, dass ihm das nicht gelang, sein Hals war in diesem Moment trockener als die Sahara. Ohne länger zu überlegen geriet die Tür in sein Blickfeld. Er umfasste den kalten Türgriff, rüttelte erbarmungslos daran herum in der Hoffnung sie würde seinem Flehen doch irgendwann nachgeben. All der Ekel und die Angst vor dem Raum, gewichen. Eine Folter würde ihm jetzt nicht mehr bevorstehen… und selbst wenn sich noch jemand die Mühe machen würde, die Angst um Ran war größer. Sein Herz raste, seine Lunge bebte vor Aufregung, langsam trat er einen Schritt zurück, er musste die Tür aufbrechen um hier raus zu kommen. Doch noch ehe er den Gedanken zu Ende gedacht hatte, hörte er ein leises Klicken. Es war, als hätte die dröhnende Sirene sein Gehör nur noch empfindlicher gemacht, er konnte deutlich hören, wie sich das Schloss der Tür öffnete. Nur kurz darauf wurde der Griff wie von Geisterhand nach unten gedrückt. Shinichis Herz setze aus. Was. wenn sie ihn mitnehmen würden? Wenn er nicht die Chance bekommen würde, Ran zu retten. Stur biss der Oberschüler die Zähne zusammen! Er ballte die Hände zur Faust, spürte, wie sie unter seinem Druck zitterten, als er die aufgehende Tür beobachtete. Shinichis Fassung drohte für einen Moment zu bröckeln, als ein mittlerweile gut bekanntes Gesicht grinsend zur Tür rein spähte. In den grünen Augen funkelte ein altbekanntes Leuchten. Ausnahmsweise saß die dicke Schutzbrille nicht auf seiner Nase, sondern steckte in der Brusttasche seines Kittels. Shinichis Blick schweifte von der Brille zu den beiden Seitentaschen, sie alle waren voll gestopft mit Krimskrams. Pipetten, Petrischalen, Reagenzgläser, alles, was man eben gerade so in die Taschen quetschen konnte. Diesem doch recht merkwürdigen Bild des ausgebeulten Kittels passte sich das restliche Erscheinungsbild des Chemikers an. Taschen über Taschen stapelten sich in seinen Händen und auf seinem Rücken, man hätte kaum vermuten können, dass der hagere Wissenschaftler eine solche Kraft aufbringen konnte, um nicht in dem ganzen Geröll unter zu gehen. Shinichi schluckte, für eine Minute sah er den Chemiker abwartend an. Der grinste nur noch breiter, als er die Angst für eine Sekunde in Shinichis Augen gesehen hatte, die jetzt wieder dem Trotz wich. „Was willst du, Whisky?“ Shinichi spuckte ihm die Worte geradezu entgegen, seine Stimme triefte vor Verachtung. Der Chemiker zuckte nur unschuldig mit den Schultern. „Es ist nicht meine Art, meine Versuchsobjekte einfach so zurück zu lassen.“ Er ignorierte Shinichis wütendes schnauben, trat einen Schritt beiseite und gewährte Shinichi so den Weg ins freie. „Eigentlich ist es traurig… ich bin mir sicher, wir beide hätten noch unseren Spaß haben können.“ Shinichi schaute ihn erstaunt an. Es war nicht die Tatsache, dass er mit ‚ihrem’ seinen Spaß gemeint hatte, die ihn so misstrauisch machte. Whisky ließ ihn gehen. Und das aus diesem schrulligen Grund? Whisky beobachtete das misstrauische Grübeln seines Gegenübers mit einem fast schon mitleidvollen Kopfschütteln. Seine Gedanken glitten zurück zu dem Telefonat. Er war gerade am Packen gewesen, als sein Handy geklingelt hatte, nachdem er die Reagenzien ordentlich verstaut hatte, nahm er ab. „Ja?“ Er musste fast schreien, die eben detonierte Bombe machte noch immer einen Höllenlärm, in der anderen Leitung herrschte dagegen Stille. „Lass ihn frei.“ „Was?“ Whisky hatte Bordeaux' Stimme sofort erkannt, stark und fest wie immer… und doch mit einem undurchsichtigen Zittern, das den Chemiker beunruhigte. „Du sollst Shinichi Kudo frei lassen!“ „WAS?!“ Dem Chemiker wäre fast der Glaszylinder herunter gefallen. mit dem er gerade hantierte. Schnell stellte er ihn auf den Tisch und presste das Telefon, welches er bis eben mit der Schulter an sein Ohr geklemmt hatte mit der Hand fest an sich. „Bitte was soll ich tun?“ „Du hast mich schon richtig verstanden, Whisky. Lass. Ihn. Frei.“ Bordeaux' Stimme bekam einen brummenden Unterton, er hasste es sich zu wiederholen. „A-Aber wieso, um Himmels willen? Er wird fliehen, er wird sie retten, er wird uns verpfeifen!“ Die Stimme des Chemikers bekam einen hastigen Klang, aufgeschreckt wie ein wildes Huhn raste er in seinem Labor hin und her. „Stimmt. Und ich will auch, dass er all das tut.“ Bordeaux' Stimme war ruhig, nach seinen Worten hielt der Chemiker mit einem Ruck an, nun verstand er gar nichts mehr. Die lange Pause, die nur von der heulenden Sirene unterbrochen wurde, nutzte Bordeaux, um sich dem Chemiker zu erklären. „Ich will, dass er all das tut und noch mehr. Shinichi Kudo hat uns zerstört, nun setzen wir alle Hebel in Gang, dass er auch sich selbst vernichtet. Ich werde persönlich zugegen sein bei diesem Akt.“ Whisky schluckte, es war ihm, als könne er das Grinsen seines Chefs noch durch den Hörer sehen. Das bedeutete den Tod für Kudo. Unweigerlich. Auch auf seinen Lippen erschien nun wieder ein Lächeln. „Geht klar, Boss.“ Er fragte nicht weiter nach… fragte nicht, warum die Organisation zerstört war, oder inwieweit sie Shinichi Kudo zerstören würde. Das Grinsen von Bordeaux war Erklärung genug. „Ach und Whisky… Finger weg von dem APTX.“ Der Chemiker grinste ertappt. Der Boss kannte ihn wirklich gut. Eigentlich war die Devise, bei solch einer Räumung alles stehen und liegen zu lassen, um sich selbst, sein Leben zu retten. Doch für Whisky gehörte seine Arbeit zum Leben. Sie war sein Leben… und Bordeaux wusste es. „Nimm mit, was du willst, aber das bleibt hier. Es darf nicht die geringste Hoffnung geben.“ Den letzten Satz sprach Bordeaux mehr zu sich als zu seinem Angestellten. Er räusperte sich in dem Wissen, dass er das letzte Mal mit seinem Chemiker sprach. „Viel Spaß noch.“ Damit hatte er aufgelegt. Whisky hatte seine Koffer an sich genommen und war nun hier, um das zu tun, was sein Boss ihm aufgetragen hatte. Den jungen Kudo befreien. Der löste sich langsam aus seiner Starre, ging vorsichtig auf die Tür zu, ohne Whisky aus den Augen zu lassen. Egal, was hier faul war, egal wie sehr es auch nach einer Falle stank, er musste seine Chance ergreifen, Ran zu liebe. Er stahl sich an dem Chemiker vorbei, erhaschte einen letzten Blick in dessen Gesicht. In seinen Augen lauerte ein gemeines Funkeln, man hätte fast glauben können, es wäre Neid. Etwas ließ den Oberschüler in seinen Bewegungen innehalten, er sah Whisky nicht an, starrte stur zu Boden. Shinichi wusste, dass er sich besser beeilen sollte, dass er die Zeit nicht hatte… dennoch, er musste einfach fragen. Im Kampf mit sich selbst presste er die Lippen aufeinander, ballte die Hände zu Fäusten. „Wo ist Bordeaux?“ In Whiskys Gesicht zeigte sich keine Spur von Überraschung. Als ein kleines Lächeln die Zähne des Chemikers frei legte, presste sich die Übelkeit wie ein harter Schlag in seine Magengegend. Mehr würde er als Antwort nicht bekommen… es reichte auch. Shinichi schluckte, dann rannte er los. Whisky schaute ihm noch eine Weile hinterher. Er war wirklich neidisch… zu gern wäre er dabei gewesen, was immer sein Boss auch geplant hatte, es würde bestimmt amüsant werden. Der Wissenschaftler seufzte, sah seinem Versuchsobjekt noch ein letztes Mal hinterher. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)