Spuren im Schnee von Nhaundar (Werwölfe & Vampire) ================================================================================ Dominanz -------- Zuerst gingen wir gemeinsam nach oben, bisher hatte ich nur den großen Essenssaal, mein Zimmer, ein Bad, das Treppenhaus und die Küche gesehen. Das war nur ein kleiner Bruchteil der ganzen Burg, wie ich feststellte. Der Dachboden war riesig und beherbergte vorrangig alte Möbel, einige davon erscheinen mir wirklich antik. So richtig antik. Die stammten sicher von Lenia und Zack. Wie ich gleich später bestätigt bekam, denn Raoul erklärte, dass die beiden diese Stücke über einige Jahrhunderte hinweg gesammelt hatten. Die mussten Millionen wert sein, dachte ich wobei mir die Augen fast aus dem Kopf fielen. Alles war dabei. Alte chinesische Tische, sogar Ming-Vasen bis zu Stühlen aus der Barock-Zeit. Zumindest glaubte ich das und ich zweifelte keine Minute daran, dass sie echt waren. Auf dem höchsten Turm der Burg hatte man einen perfekten Ausblick über das umgebende Land. In einiger Entfernung konnten wir die glitzernde Stadt Dijon ausmachen die sich am Horizont erstreckte. Demnach waren wir schon ein paar Kilometer von ihr entfernt. Alles andere was sich sah, waren ein paar kleine Dörfer, Felder und jede Menge Wald. Es war kalt, da ich mir meine Jacke nicht mitgenommen hatte. Ich rieb mir die Arme und verlagerte immer wieder mein Gewicht, da ich nicht herum hüpfen wollte, aber mir dennoch warm wurde. Eigentlich würde ich schon längst wieder hinein gehen, aber Raoul erzählte gerade freudig was für ein großes Grundstück Zacharias sein Eigen nennen konnte und wie schön die Natur hier war. Warum war er so darüber begeistert? Genau verstand ich ihn nicht. Aber ich freute mich, dass er so euphorisch war. Vielleicht lag es daran, dass er ein Werwolf war, zudem schien er nicht zu frieren, was mich etwas ärgerte da ich anfing zu zittern und meine Zähne klapperten. Raoul hielt in seinem Monolog inne und drehte sich zu mir um. „Du zitterst.“, stellte er fest und ein kleines Lächeln schlich sich in sein Gesicht. Bevor ich irgendetwas erwidern konnte spürte ich wie er mich an sich zog. Ich wollte ihn gerade von mir drücken, aber ich entschied mich um, da er wirklich eine angenehme Wärme ausstrahlte. Beinahe augenblicklich hörte mein Zittern auf. „So ist es besser.“, ich konnte sein Lächeln förmlich in den Worten hören. Irgendwie war mir das wieder peinlich. „Wieso machst du das ständig?“, fragte ich schließlich ziemlich kleinlaut. „Ich mag dich, und du hast gefroren.“, sagte er als knappe Begründung. Hm, war der einzige sinnvolle Gedanke der mir gerade durch den Kopf rauschte. Eine kurze Weile verharrte ich noch so, bevor ich mich von ihm löste. Ich versuchte zu Lächeln was wohl jämmerlich missglückte. Dann wandte ich mich der Luke zu die nach unten ins Warme führte und stieg die Leiter hinab. Genau genommen wusste ich nicht wo mir der Kopf stand, wie ich reagieren sollte, also flüchtete ich. Ich hörte wie mir Raoul folgte. Er lächelte noch immer. Aber er erwähnte das von gerade eben mit keinem Wort. Was auch besser war, fand ich. Wieder etwas besser gelaunt folgte ich ihm durch die Gänge und prägte mir den Weg ein, damit ich mich nicht verlief sollte ich allein durch die Burg wandern. Die Bibliothek war genauso beeindruckend wie der Dachboden. Einige der Bücher waren wirklich uralt. Und sie ließ der Beschriftung der Regale nach keinen Lesegeschmack aus. Alles war ordentlich sortiert und sauber. Einige Bücher wirkten als würden sie zu Staub zerfallen sollte man es wagen sie zu berühren. Andere waren in Vitrinen vor äußerlichen Einflüssen geschützt. In den Glaskästen befanden sich auch andere wertvolle Gegenstände. Das führte mir vor Augen, dass Zack keineswegs so oberflächlich war wie er schien. Er musste Ahnung haben. Denn es war die Sammlung des Vampirs, so erwähnte es Raoul. Auch er und Lenia hatten dazu beigetragen, aber der Großteil war auf Zacharias zurückzuführen. Ich folgte mit staunendem Blick dem Werwolf durch den riesigen Raum. Hier und da waren auch Sitzgelegenheiten in die man sich verkrümeln konnte, wenn man Ruhe wollte. Im ersten Stock befanden sich neben der Küche jede Menge andere Räume, einige mit Fitnessgeräten andere boten Platz zum üben von diversen Kampfsportarten, was mir zumindest die merkwürdige Ansammlung von Übungsgeräten verriet. Ich entdeckte sogar eine Bank zum stemmen von Gewichten. Auch ein kleines Schwimmbad mit Sauna war eingerichtet. Hier mangelte es wirklich an nichts…. Schließlich waren wir im Keller angelangt, der wie Raoul mir verriet auch noch einmal in zwei Stockwerke unterteilt war. Was mich verwirrte. Wozu brauchte man mehrere Stockwerke über einen Keller. Ich äußerte meine Frage auch gleich, Raoul schenkte mir einen wissenden Blick. Üblich war ja meist nur ein Kellerstockwerk. „Das liegt daran, dass wir ganz unten einen Raum für Schießübungen und einen für allerlei Waffen haben, zudem auch noch ein Labor. Sie befinden sich hinter einer Geheimtür und sind Schalldicht, damit normale Besucher oder die Polizei sie nicht entdecken können.“, er zwinkerte mir zu als ich ihn verblüfft ansah. Also das war wirklich ein Grund dafür. Und dass er mir das einfach so erzählte fand ich auch merkwürdig. „Wieso erzählst du mir das? Bist du dir sicher, dass ich die Informationen nicht einfach weitergeben könnte?“ Er lachte kurz, aber nicht über mich. „Wenn man nicht weiß wo die Tür ist, findet sie niemand.“, er klang überzeugt. Der offizielle Keller war auf jeden Fall weniger spektakulär. Weinkeller, Vorratskeller … ein typischer Keller eben, so wie man sich das in einer Burg vorstellte. „Ich möchte gern in den anderen Keller.“, sagte ich schließlich, weil meine Neugier einfach keine Ruhe gab. Raoul seufzte. „Nein… dazu brauche ich erst die Erlaubnis von Theo oder Zack, und die habe ich nicht…. Später zeige ich ihn dir, aber vergiss ihn vorerst.“, sagte er und stieg wieder die Treppen hinauf. Etwas enttäuscht folgte ich ihm. Das Beste hatte ich natürlich nicht gesehen, aber der Rest war natürlich auch nicht schlecht. In Gedanken versunken landete ich irgendwann wieder in der Eingangshalle und wurde prompt umgerannt. Schützend riss ich die Arme hoch und kniff die Augen zusammen. Gleichzeitig vernahm ich auch den tadelnden Ruf von Raoul, der irgendetwas von: „Lass das!“, gesagt hatte. Aber im Vordergrund standen noch immer der harte Aufprall und die Schmerzen die sich meinen Rücken hinab zogen. Dann spürte ich etwas Pelziges und etwas Feuchtes im Gesicht. Die Luft war mir förmlich weggeblieben. „Lass sie in Ruhe!“, drang nun Raouls wütende und herrische Stimme an mein Ohr und das Gewicht wurde beinahe von meinen Körper gerissen. Ein Jaulen ertönte. Noch etwas erschrocken öffnete ich wieder die Augen und blickte in die von Raoul. Der sich über mich gebeugt hatte, dann wanderte mein Blick zu dem riesigen Wolf neben ihm. Raoul hatte seine Hand in den Nacken in das dicke blonde Fell gekrallt. „Alles in Ordnung?“, fragte der Dunkelhaarige und reichte mir seine freie Hand um mir aufzuhelfen, die ich dankbar nahm. Ich war froh, dass Raoul das Tier anscheinend fest im Griff hatte, denn inzwischen hatte es sich gesetzt und beobachtete mich aus intelligenten, violetten Augen. Es ging Raoul im Sitzen bis zur Schulter. Ängstlich trat ich einen Schritt von den beiden weg. Der blonde Wolf hechelte und legte den Kopf schief als ich ihn, noch immer erschrocken musterte. „Zahra?“, fragte nun Raoul und mir wurde bewusst, dass er mich etwas gefragt hatte. „Äh … j-ja … alles in Ordnung.“, stammelte ich vor mich hin. Jetzt sah er mich ebenso fragend an. Der Wolf gab ein quietschendes Geräusch von sich und erhob sich wieder er wollte wohl zu mir, was der feste Griff Raouls zum Glück verhinderte. Ich spürte nicht nur Verwirrung sondern auch Angst in mir. Das lag sicher an den Ereignissen dich ich durch gemacht hatte. Auch wenn ich sah, das es nicht das gleiche Tier war, was meine Eltern getötet hatte. Plötzlich verfiel Raoul in schnelle Bewegung und warf den Wolf auf den Boden. Setzte sich auf seinen Bauch und biss ihm in die Kehle. Wohl eher in das dicke Fell, aber es zeigte Wirkung. Eine kalte drückende Aura ging von Raoul aus. Mir stellten sich die Nackenhaare auf. Der Wolf zappelte kurz. Hielt dann aber still. Ein unterwürfiges Wimmern war zu vernehmen. Kaum später ging ein Ruckeln durch den riesigen Wolf. Er verwandelte sich zurück. Es sah schmerzhaft aus und es knackte als würden Knochen brechen. Mir kam kurz die Galle hoch. War es so schmerzhaft? Das Fell fiel aus und wurde kaum später zu Staub bis es ganz verschwand. Es hatte trotz allem etwas Faszinierendes. Weswegen ich den Blick nicht abwenden konnte. Die Aura Raouls war noch immer spürbar dominant. Ich glaubte fast er zwang Nestor, wie ich ihn jetzt erkannte, zur Rückverwandlung. Raoul ließ von ihm ab. „Wenn du das noch einmal wagst fließt Blut! Verstanden?!“, knurrte er mit eindeutig ins tierische abweichende Stimme. Ich ignorierte, dass Nestor nackt war. Er sah Raoul aus großen, blauen Augen an. Er nickte. „Gut.“, knurrte der Dunkelhaarige und warf mir einen Blick zu. Seine Augen waren gelb und wölfisch. „In dem Bereich ist nicht mit dir zu spaßen wie?“, fragte Nestor mit einer entschärfenden Fröhlichkeit in der Stimme. „Nein.“, antwortete der Ältere, zumindest an der Macht gemessen. Raoul musste ganz einfach älter sein als Nestor. Er reichte dem am Boden Liegenden eine Hand und zog ihn hoch. Ich war noch immer stumm. Mein Blick wanderte kaum merklich über Nestors Körper. Er sah gut aus. Sehr gut. Ich wurde leicht rot um die Nase, als mein Blick seine Körpermitte streifte. „Das reicht.“, fuhr Raoul fort. „Zieh dir was an.“, zischte er in Richtung Nestor. Dieser nickte und verschwand ohne ein weiteres Wort. Nachdenklich wanderte mein Blick zu dem Dunkelhaarigen. „Erklär mir das.“, forderte ich und ein ungeahnter Ernst lag in meiner Stimme. „Immerhin befinde ich mich unter deiner Führung. Ich dulde keinen Aufschub mehr! Alles verwirrt mich zunehmend. Bitte!“, das Letzte klang fast flehend. So viele Unklarheiten. Noch immer. Ich war erleichtert, als Raoul nickte. Er bedeutete mir ihm zu folgen. Unser Weg führte wieder hinauf. Wir setzten uns in eine ruhige Ecke der Bibliothek. Raoul versuchte mir alles zu erklären was ich wissen wollte. So erfuhr ich, dass man die Verwandlung später, wenn man sich an das Dasein als Tier gewöhnt hatte, kontrolliert verwandeln konnte. Aber dennoch war es nicht leicht. Zu Vollmond konnte man schnell die Kontrolle verlieren. Ich fragte ihn auch nach seinem Alter. Da seine Aura wirklich haarsträubend war, wenn er sauer war. Die von Theo war zwar noch beeindruckender…. Aber ein Sauersein des alten Werwolfs wollte ich mir nicht „anfühlen“ müssen. Raoul war hundertvierundzwanzig Jahre alt, was mich verblüffte. Er erschien von seinem ganzen Benehmen her jünger. Er war hier in diesem Quartier von KCSM der zweitälteste Werwolf. Theo war älter, nach ihm kamen er, Charly, Nestor und schließlich ich. Ich war die jüngste im Rudel, aber das hatte mit der Macht die man hatte oder bekam nichts zu tun. Man hatte sie oder nicht. Je älter man wurde desto stärker wurde man, aber nicht unbedingt auch mächtiger. Zudem erfuhr ich, dass noch ein Ritual bevorstand um mich in das Rudel einzugliedern. Dies würde aber erst stattfinden, wenn ich die Kontrolle über meinen Wolf hatte. Also war noch genügend Zeit mir andere Feinheiten und Fähigkeiten zu erklären und beizubringen. Wie verschiedene Kampfkunstarten, die ich beherrschen sollte um kein zu leichtes Ziel für Angreifer zu sein, wenn ich als Mitglied der Organisation tätig war. Schießtraining mit diversen Waffen gehörte, wie ich nach einigen Sekunden verdaut hatte, auch dazu. Demzufolge würde ich wohl auch bald den Keller sehen. Ich freute mich irgendwie darauf. Auch erfuhr ich, dass es in einem Rudel Werwölfe sehr brutal zugehen konnte. Das mit Nestor war nur ein kleiner Vorgeschmack gewesen. Raoul stand in der Rangfolge unter Theo, war somit recht mächtig und musste seine Stellung immer verteidigen, die Nestor mit seiner Tat angefochten hatte. Es war etwas unverständlich für mich. Aber ich würde das schon noch verstehen, so versicherte mir Raoul. „Also hast du mich als deinen Besitz gebrandmarkt?“, fragte ich unsicher. „Immerhin … willst du nicht, dass andere sich mir auf bestimmte Weise nähern…“, sagte ich nachdenklich und dachte an die Situation mit Nestor zurück. Jetzt wo ich darüber nachdachte … es gab auch schon andere Situationen in denen Raoul seine Dominanz hatte spielen lassen. Er sah mich an. Seine vorhin wieder braun gewordenen Augen hatten plötzlich wieder diesen gelben Stich. Ich fand es gruselig. Besonders, wenn nicht einmal irgendwas geschehen war, was seinen Wolf auf den Plan hätte rufen können. Oder hatten da meine Worte gereicht? Ich sah sicherlich erschrocken aus. Ruckhaft stand er auf und kam auf mich zu. Ich war unfähig mich zu bewegen, starrte ihn einfach nur an. Er stützte seine Hände auf den Armlehnen des Sessels ab, in dem ich saß. Raoul kam mir mit dem Gesicht immer näher. Ich blickte ihm dabei in die Augen, sie faszinierten mich trotz ihrer auch abschreckenden Wirkung. Bisher war er mir noch nie bewusst so nah gewesen. Ich versuchte nach hinten auszuweichen, aber er rückte immer wieder nach und irgendwann bot der Sessel keinen Spielraum mehr für mich. Er sah mir ebenfalls in die Augen. „Bisher habe ich keine Besitzansprüche gestellt…. Dich lediglich vor den unlauteren Absichten der anderen, besonders vor Nestor, geschützt. Mach dir nichts vor. Nestor und ich sind junge, männliche Werwölfe. Und du bist attraktiv und bald ein weiblicher Werwolf. Da spielen die Hormone schon etwas verrückt.“ Ich sah ihn an während er sprach. Sein heißer Atem strich über mein Gesicht. Er fixierte mich immer noch unverwandt. In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Nestor hatte nicht wirklich mehr von seinen Absichten gezeigt. Da war Raoul schon deutlicher gewesen. „A…aber was ist mit Theo und Charly?“, fragte ich etwas verstört, obwohl ich mir die Antwort schon denken konnte. Raoul fixierte mich noch immer. Ich kam mir vor wie das Reh im Scheinwerferlicht eines Autos. „Charly hat Hyazinth um seine Triebe zu befriedigen und Theo hat sich bestens unter Kontrolle. Es braucht mehr um ihn aus der Ruhe zu bringen. Erinnere dich an Georg. Was wollte er von dir im Wald? Ich glaube, das weißt du am Besten.“, erwiderte er und ein Grinsen umspielte seinen Mund. „Möchtest du, dass ich dich „brandmarke“, denn dann bist du sicher vor den Anderen und sie werden alle Avancen lassen. Aber dann kannst du dir sicher sein, dass ich Avancen mache, mehr als bisher, die auch auf gewisse Aktivitäten hinauslaufen werden.“ Ich bekam von seinen Worten und seiner Nähe eine Gänsehaut. Ich starrte ihn förmlich an. Seine Gegenwart war überwältigend. Seine Aura hatte bei jedem Wort zugenommen und fesselte mich förmlich im Sessel. Er war mir noch immer so nah. Bedrängte mich, was ich im Moment nicht gebrauchen konnte. Ohne darüber nachzudenken, wehrte ich mich gegen seine Aura, stieß ihn dann von mir, stand auf und sah ihn an. Er stand da und sah zurück. „Noch kann ich auf mich selbst aufpassen!“, sagte ich kälter als beabsichtigt zu ihm und trat die Flucht an. Gefasst verließ ich die Bibliothek. Ich wusste selbst was ich brauchte und was nicht. Zumal hatte ich mir geschworen stärker zu werden um Soul zu töten. Wenn ich jetzt schon Schutz von ihm bräuchte, weil ich nicht fähig war die Avancen der anderen zu unterbinden, wo würde das enden? Ich sah mich nicht noch einmal nach ihm um. Raoul stand da und blickte Zahra hinterher. Seine Augen waren wieder normal, seine spürbare Aura war verschwunden. Ein trauriger Ausdruck lag in seinem Gesicht. Er seufzte leise und ließ sich wieder in seinen Sessel fallen. „Beherrsch dich besser.“, nuschelte er leise zu sich selbst. Die nächsten Wochen verliefen, neben dem ständigen Training und den werwölfischen Veränderungen Zahras, recht ruhig. Raoul hatte sich ihrer angenommen und wurde den Pflichten, die er sich mit ihrer Verwandlung aufgeladen hatte, gerecht. Keiner der Beiden erwähnte das in der Bibliothek noch einmal. Der Braunhaarige hatte seine Avancen vorerst ganz eingestellt und konzentrierte sich auf die Ausbildung der jungen Frau. Nestor buhlte weiter um ihre Aufmerksamkeit, aber Raoul ließ sie nun selbst entscheiden wie mit dem zu verfahren war. Er würde sich da raus halten. Das hatte sie ihm unmissverständlich klar gemacht. Einige Aufträge gab es schon in dieser Zeit, jedoch nahmen weder Zahra noch Raoul daran teil. Die junge Frau machte gute Fortschritte. Ihre werwölfischen Fähigkeiten waren ausgeprägter und sie kontrollierte sie immer besser. Schließlich fehlte nur noch der krönende Abschluss, ihre erste Verwandlung. Ich hatte die letzten drei Wochen des harten Trainings mit Raoul gut überstanden, wie ich fand. Die Ausdauer und die Stärke die ich gewonnen hatte, war oft genug sehr erschreckend. Aber sie war notwendig, wie mir Raoul versicherte. Auch Theo, der unser Training öfters beaufsichtigte sagte dies. Schießen war ich bisher noch nicht, auch wenn es mir in den Fingern juckte. Ich fand dies sehr faszinierend, wie so viel anderes. Mein Zimmer war wohnlicher geworden, besonders nachdem ich mit Sesil und Sesilia einkaufen war. Zacharias hatte mir wirklich eine horrende Summe zur Verfügung gestellt. Davon konnte ich locker ein halbes Jahr leben. Er war reich, das wurde mir damit nur zu bewusst. Nestor hatte seine Anmachversuche nicht eingestellt, wie es Raoul getan hatte. Auch nach mehreren Abfuhren meinerseits gab er nicht auf. Irgendwie fehlte mir nun schon Raouls schützende Hand, aber ich erwähnte dies nicht. „Zahra! Halt den Stab gefälligst so wie ich es dir gezeigt habe!“, erklang die tadelnde Stimme Raouls. Ich hörte auf zu grübeln und tat wir mir geheißen. Ich hatte schnell gelernt ihm besser zu gehorchen, es war besser für meine Gesundheit. Sonst trug ich nur jede Menge blauer Flecke und Prellungen davon. Er war stark, das hatte ich schon am eigenen Leib erfahren. Bisher hatte er mir Judo in den Grundlagen beigebracht und mir nebenbei den Umgang mit unterschiedlichsten Waffen gezeigt. Heute war der Stock dran. Ich schwitze während ich mich mit meiner noch immer recht geringen Ausdauer durch die Übungen quälte. Fünf Stunden Training am Stück war das Minimum was Raoul in letzter Zeit von mir forderte. Er wollte meine Ausdauer damit trainieren. Mich kotzte es an. Als ich die Übung vollendet hatte warf ich den Stock von mir uns setzte mich auf den Boden. „Ich kann nicht mehr!“, jammerte ich und wischte mir mit einem kleinen Handtuch, was neben mir lag, den Schweiß von der Stirn. Raoul sah zu mir und seufzte. Er war nur ein bisschen verschwitzt während ich nur so tropfte. „Wenn das so weiter geht wird das nie was!“, sagte er und setzte sich nun ebenfalls. Den Übungsraum kannte ich inzwischen auswendig. Ich hatte ihn jetzt beinahe jeden Tag gesehen. Seit drei Wochen. „Du willst mich umbringen!“, warf ich ihm vor. Ich war wirklich am Ende, im Moment. „Nein, ich will dich nur auf das Leben in der Orga vorbereiten!“, wie oft hatten wir dieses kurze Gespräch nun schon geführt? Ich seufzte. „Mussten die anderen das auch alles machen?“, fragte ich ihn. Er grinste schief. „Nun ja …. Eigentlich nicht alle…“, er hob schnell abwehrend die Hände. „Aber sie sind dafür Spezialisten in anderen Bereichen. Theo hat mich, Nestor und Charly unterwiesen. Da er uns gebissen hatte. Und er hat uns auch solch einem harten Training unterzogen. Als Werwolf ist man stark und ausdauernd, aber wenn es einen an der Technik fehlt, kann man oft unterliegen. Deswegen versuchen wir das Beste um das zu vermeiden.“, schloss er. Ich seufzte abermals. Ich verstand es, aber diese Tortur, war wirklich nicht mein Ding. Besonders da ich nie besonders sportlich gewesen war. „Nach deiner ersten Verwandlung wird es einfacher.“, versprach er. Ich sah ihn kurz an und nickte, das hatte er schon öfters gesagt. Und jedes Mal brandete Angst in mir auf. Bald war es soweit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)