Vergangene Schatten von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: Geburtstagsfeier und alte Bekannte --------------------------------------------- Natürlich hatten noch in derselben Nacht schließlich alle Straßenkatzen die Nachricht der Zwillinge erhalten und dementsprechend gehandelt. Einige, wie Tumblebrutus und sein Bruder Pouncival, waren von einer erfolgreichen Jagd augenblicklich in ihr Quartier zurückgekehrt, ebenso wie die Schwestern Bombalurina und Demeter, die über einen ähnlichen Gesang Kontakt zu den Hauskatzen aufgenommen hatten. Für die Jüngeren hatte die Warnung auch schon Folgen gehabt: Cacao, die Tochter von Cassandra und Alonzo, stöhnte auf vor Enttäuschung als sie, mit der Erkärung, Pouncival besuchen zu wollen, das Haus verlassen wollte und von ihrem Vater zurückgehalten wurde. "Aber weshalb denn? Hat das wieder irgendetwas mit Mama zu tun?" Anfänglich hatte Cassandra sich schwer damit getan, den stürmischen, übermütigen Pouncival an der Seite ihrer Tochter zu akzeptieren, weil er ihrer Meinung nach für Cacao nicht gut genug war. Schließlich war es den Beiden mühselig und auch abenteuerlich gelungen, sie doch zu überzeugen. Nun aber regten sich in Cacao wieder Zweifel und Panik. Hatte sie es sich wieder anders überlegt? Doch Alonzo schüttelte den Kopf. Natürlich waren die Sorgen seiner Tochter, zugegeben, nicht ganz unbegründet, aber im Vergleich zu dem tatsächlichen Grund kamen sie dem Kater beinahe kindisch vor. "Um euch brauchst du dir, zumindest in dieser Hinsicht, keine Sorgen zu machen. Aber Tantomile und Coricopat haben Macavitys Spur an der Grenze zu ihrem Revier gefunden und daher alle anderen gewarnt." Cacao schlug sich erschrocken die Pfote vor den Mund. "Was? Aber getroffen haben sie ihn hoffentlich nicht, oder?" Das pure Entsetzen stand in ihren Augen und unwillkürlich fing das Kätzchen an zu zittern. Auf ihre Frage hin zuckte Alonzo die Achseln. "Das kann ich dir nicht sagen. Sie wollten anschließend noch ihre restlichen Grenzen kontrollieren. Allerdings hat uns die Nachricht auch verhältnissmäßig spät erreicht." Um Cacao zu beruhigen, fuhr er ermutigend fort. "Du brauchst dir aber nicht den Kopf zu zerbrechen, die beiden wissen, was sie tun; ihnen wird nichts passieren." Als Cacao nach einer Weile auf dem Fensterbrett saß und sehnsüchtig nach draußen starrte, klangen ihr die Worte ihres Vaters noch lange in den Ohren. Außerdem kam jede Warnung diesen Ausmaßes fast einem Stubenarrest gleich, der es ihr zwar ermöglichte, Electra und Victoria, aber nicht Sillabub, und noch viel wichtiger, Pouncival zu treffen. So langweilte sich das hellbraun gesprenkelte Kätzchen fürchterlich, bis sie schließlich zu Munkustrap und seinen beiden Ziehtöchtern Etcetera und Electra aufbrach. Da Sillabub heute Nacht ihren 13. Geburtstag feiern würde, waren vermutlich schon einige Jellicles bei den beiden versammelt und planten die Organisation der Fete. Und den damit verbundenen Trubel konnte Cacao jetzt mehr als genug gebrauchen. "Was hat sie? Och, komm Tizi, sag, dass das nicht war ist!" Etcetera hatte nun entgültig die Nase voll: wütend warf sie eine bis obenhin gefüllte Streichholzschachtel nach dem Straßenkater, der sich beinahe vor Lachen nicht mehr einkriegen wollte und empört aufmaunzte als das Geschoss ihn am Kopf traf. "Heeeeey!!" Mit einer Mischung aus Ärger und gespieltem Übermut holte Pouncival weit aus und wollte Etcetera mit dem Flaschendeckel bewerfen, den er in der Pfote hielt. Doch eben in diesem Moment betrat Munkustrap das Zimmer und der junge Tom* konnte seine "Munition" gerade noch vor ihm verbergen und begnügte sich stattdessen damit, das hellgetigerte Kätzchen sauer anzufauchen. "Gibt es irgendwelche Gründe dafür, dass hier Gegenstände durch das Zimmer fliegen und ihr euch wie rauflustige Straßenhunde aufführen müsst?" Obwohl die Stimme des Katers ruhig klang, war der strenge, warnende Unterton nicht zu überhören. Besorgt beobachtete Etcetera, wie seine Augenbrauen immer höher wanderten und warf Pouncival nun einen bösen Blick zu; schließlich durften sie und Electra es mal wieder ausbaden, wenn Munkustrap sich jetzt aufregte. Doch dem Kater schien der Sinn nicht danach zu stehen. Er fixierte Pouncival mit einem vielsagenden Blick, bevor er sich daran machte, eine riesige Schüssel in Richtung der Küche zu schieben. "Sillabub hat ihren 13. Geburtstag, also reisst euch beide zusammen.", sagte Munkustrap nur. Anschließend rief er Electra zu sich, die auch augenblicklich kam, um ihm eifrig zu helfen. Verärgert zischte Etcetera Pouncival daher äusserst leise an, damit Munkustrap es nicht bemerkte: "Um deine Frage zu beantworten, ja, Electra hatte höllische Angst, dass jeden Moment eine Dracuma-Katze kommen und sie beißen würde. Sie konnte fast die ganze Nacht über deswegen nicht einschlafen!" Und jetzt begann das Kätzchen wirklich zu knurren. "Also sieh gefälligst zu, was du ihr das nächste Mal vor dem Schlafengehen für Geschichten unter die Nase reibst, sonst erzähl ich Munkustrap und Skimbleshanks davon!" Drohend durchbohrten ihre haselnussbraunen Augen seine dunkelgrünen, bevor sich Etcetera wieder daran machte, aus pink-, gelb- und blaufarbenen Fäden ein hübsches, gemustertes Halsband für Sillabub zu ihrer Geburtstagsparty heute Nacht zu flechten. Bald darauf besserte sich ihre Laune auch erheblich darüber, so dass sie ihren Streit mit dem Straßenkater schnell vergaß. Wenig später trafen fast zeitgleich auch Cacao und Mistofelees, sowie die Zwillinge gemeinsam mit den beiden Schwestern Demeter und Bombalurina ein, um bei den Vorbereitungen für die Feier zu helfen. Dass Tantomile und Coricopat sofort mit Munkustrap im nächsten ruhigen Zimmer verschwanden, war dabei genauso unverwunderlich wie die Tatsache, dass Cacao und Pouncival sich erfreut begrüßten und unter Etceteras und Demeters verschmitzter Miene ebenfalls den Raum verließen. Bombalurina half sogleich Electra, die dabei ein äusserst unappetitliches Durcheinander verursachte, einen eigentlich sehr schmackhaften Fischsalat zuzubereiten. Dabei musste sie sich ein Kichern verkneifen als die kleine Jellicle beim Durchmischen der Fischbrocken fast kopfüber in die gewaltige Schüssel fiel. Gerade noch rechtzeitig hielt die Straßenkatze sie fest und zupfte spielerisch an ihren Ohren. "Ich glaube dir durchaus, dass der Salat sehr lecker ist, aber wir Anderen wollen auch alle noch was davon essen, also halte dich ein wenig zurück, Schätzchen!" Grinsend kitzelte sie Electra an den Pfoten und entlockte ihr ein Kichern. In diesem Moment betrat Demeter die Küche, deutete mit gespielt entsetztem Gesicht auf den Fußboden, der fast komplett in Fischöl und Wasser schwamm und schlug die Pfoten über dem Kopf zusammen: "Sag mal, habt ihr den Fisch in der Küche gefangen? Wie sieht`s den hier aus?" Doch dann konnte auch sie sich das Lachen nicht verkneifen, machte einen Satz auf den Rand der Spüle und schnappte sich sofort den darinliegenden Wischlappen. Als Electra es ihr nachtun wollte, schüttelte die Queen jedoch den Kopf und lächelte. "Schon gut, Süße, du hast uns schon genug geholfen." Mit einem Blick in das bedrückte Gesicht des Kätzchens fügte sie noch hinzu: "Ist gut Electra, frag doch mal nach, ob Mistofelees und Etcetera bei der Dekoration noch Hilfe brauchen." Geschickt wischte Demeter die Suppe auf dem Fußboden auf. "Mhmmhm", machte Electra, nickte dabei und trippelte aus der Küche. "Hoffentlich berät sich dein Göttergatte noch solange mit Tantomile und Coricopat, bis dieses Chaos hier beseitigt ist", meinte Bombalurina grinsend und nahm sich schnell einen zweiten Lappen um ihrer Schwester zu helfen. Demeter schüttelte lächelnd den Kopf. "Glaubst du, Munkustrap könnte Electra wegen irgendetwas böse sein? Ich denke, sie ist für ihn bald nicht mehr weniger eine Tochter als Shadow unser Sohn ist." Nach einer kleinen Pause blickte die Queen von der Fischsuppe auf um ihrer Schwester ins Gesicht zu schauen. "Wann willst du es ihr endlich sagen, Lu? Wie lange willst du ihr ihre tatsächliche Herkunft noch verschweigen?" Obwohl außer ihnen niemand in der Küche war, senkte Demeter die Stimme beinahe zu einem Flüstern. Bombalurina zögerte, bevor sie ihr eine Antwort gab. "Ich weiß nicht, ob ich es ihr überhaupt jemals sagen sollte. Sie kennt Macavity und weiß, wozu er fähig ist. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass sie den Klan verlässt, oder sich sogar -" Sie brach ab. Das Letzte war zu schrecklich, als es auszusprechen oder auch nur daran zu denken. Demeter schwieg; sie wusste, dass Bombalurina ihre Meinung dazu kannte. Sie stimmte mit ihrer Schwester darin überein, dass die ganze Sache alles andere als einfach war, gerade wenn sie es erfuhr. Doch genauso wichtig war es, dass sie die Wahrheit erfuhr ... *aus dem Englischen für erwachsene, männliche Katzen (entspricht dem "Kater") Auf dem Schrottplatz, der in einiger Entfernung von mehreren Wohnblöcken eingezäunt und daher auch ab und an von Autoscheinwerfern gestreift wurde, war in dieser Nacht der Teufel los; dank Mistofelees magischer Kräfte glühte jedes einzelne Lämpchen an der gewaltigen Lichterkette, die beinahe die gesamte freie Fläche überspannte und tauchte die Szenerie in knallbunte Farben. Ein altes Radio spielte schwungvolle Rhythmen und Melodien und die Stimmung war ausgelassen und fröhlich, nahezu alle waren entweder beim Tanzen oder taten sich an Erdbeer- oder Schokomilch und Fischsalat gütlich. Fast alle. Bombalurina hielt sich unschlüssig am Rand der Tanzfläche, von ihrer sonstigen Unbefangenheit war nichts mehr geblieben. Sie schmollte nicht - Oh nein, das hatte sie den Anderen versprochen! Aber in dieser Nacht kehrten die Ereignisse von vor vielen Jahren schrecklich lebendiger und greifbarer zurück als in jeder anderen. Die Straßenkatze konnte das Gesicht, sein Gesicht, über ihr und seine Pfoten auf ihrem Körper nicht aus ihrer Erinnerung verbannen, hartnäckig kehrte er zu ihr zurück. Immer dann, wenn Bombalurina in ihr Gesicht, in ihre Augen sah ... Erschrocken und wütend über sich selbst schüttelte Bombalurina den Kopf; an so etwas durfte sie nicht denken! Erst recht nicht jetzt. Aus den Augenwinkeln bemerkte die Queen ihre Schwester Demeter an der Seite ihres Partners Munkustrap, die ihr verstohlene Blicke zuwarf. Tief durchatmend fasste die Straßenkatze sich ein Herz und schritt energisch auf die Fläche. Auffordernd umwarb sie inbrünstig den egozentrischen Hauskater Rum Tum Tugger, der soviel Charisma wie Selbstbewusstsein besaß und sich zum Ärger von Etcetera, die den Katzenfrauenheld ebenfalls umtanzte, auf einen recht intensiven Flirt mit Bombalurina einließ. Dabei kam sie in die Nähe von Sillabub, die von mehreren Katern gleichzeitig umtanzt wurde und ihr ein strahlendes Lächeln schenkte. Das Gück, was Bombalurina darin erkannte, schien sie plötzlich alles Böse der letzten Jahre vergessen zu lassen. Breit lächelnd rieb sie ihren Rücken an Tuggers und schob sich auf diese Weise in Sillabubs Nähe. Das schokoladenbraune Kätzchen mit dem weißen Bauch war beinahe komplett mit Alonzo beschäfigt, der einen geschmeidigen, leichten Tango mit ihr tanzte und sich an ihren strahlenden Augen erfreute. Mungojerrie und seine Freundin Rumpleteazer, bei allen Jellicles für ihre gemeinsamen Streiche und ihre nie endende Zweisamkeit bekannt, legten inzwischen gemeinsam einen ziemlich wilden Swing aufs Parkett, dem Etcetera und Tumblebrutus sich zusammen bald anschlossen. Scheinbar völlig unwillkürlich sahen die lebhaften Sprünge und ausschweifenden Tanzschritte aus und mussten auf einen zufälligen Beobachter sehr abstrus und chaotisch wirken. Electra runzelte verwirrt die Stirn als sie den beiden Paaren eine Weile zusah und fragte schließlich Pouncival um einen Tanz. Schmunzelnd nickte er gut gelaunt und beide gesellten sich zu Alonzo, Admetus und Mistofelees, die alle abwechselnd mit Sillabub tantzten. Sie genoss die Aufmerksamkeit, die ihr in dieser Nacht zweifellos zustand, sichtlich. Irgendwann stießen auch Plato und Victoria, die die Freundin herzlich umarmte und beglückwünschte, dazu und eine ganze Weile später, nach vielen Wechseln, hatte jeder seinen festen Tanzpartner gefunden. Nun kehrte man vollständig zum Jellicle-Tanz zurück, der auch sonst auf dem jährlichen Ball getanzt wurde, zu dessen Höhepunkt Etcetera, Victoria, Sulumi, Cacao und Electra im fließenden Licht des Mondes Sillabub das mehrfarbig gearbeitete Halsband überreichten. Anschließend hob Munkustrap das Kätzchen, das beide Arme weit zum Mond ausstreckte, auf seine Schulter um sie der Nacht und der `Ewigen Katze´, ihrer aller Beschützerin, zu präsentieren. Fast musste Sillabub die Augen zukneifen als sie in das weiße, gleißende Licht der Mondstrahlen blickte. Dann jedoch öffnete sie ihr Maul und begann mit ihrer hellen, klaren Stimme einen Vers, der sich zu diesem Anlass über viele Generationen hinweg nicht verändert hatte: "Ewige Katze, Mutter der Nacht, Silberne Sterne, schimmernd voll Pracht: Geboren im Mondlicht, gesegnet mit Glück Kehrt eure Tochter nun schließlich zu euch zurück!" Mit einem langezogenen, klaren Schrei endete ihr Gesang, bevor Munkustrap das Kätzchen wieder herunter ließ und alle Jellicle-Katzen erneut anstimmten um gemeinsam der Ewigen Katze zu danken. Der Ritus fand seinen Abschluss als die dicke Wolkendecke plötzlich unvorhergesehen die Mondstrahlen erstickte und alle Körper in sich zusammenfielen, so als hätten ihnen die Wolken mit dem Mondlicht gleichzeitig das Leben geraubt. Einige Zeit verharrten sie in dieser Position, bis die Zwillinge als Erste aus der Starre erwachten und sich langsam erhoben. Sofort kehrte das Leben in die anderen zurück und nach und nach standen alle auf. Aus Respekt vor der Bedeutung dieser wichtigen Momente war das Fest und damit Sillabubs Geburtstag an dieser Stelle offiziel beendet. Trotzdem luden einige Straßenkater wie Pouncival und Tumblebrutus das Kätzchen dazu ein, in den Gassen ungestört noch etwas weiterzufeiern. Auch Etcetera, sowie Jerry und Teazer waren von dieser Möglichkeit nicht abgeneigt, bis Munkustrap daran erinnerte, dass ein Herumstreunen in den Gassen, noch dazu mit jungen Kätzchen, derzeitig nicht in Frage kam. Tugger schließlich bot an, die Party in der Garage seines Wohnhauses fortzusetzen und erntete auf seinen Vorschlag ausnahmsweise sogar Zustimmung und Begeisterung auf Seiten der Straßenkater. Nach der Überredungskunst von Cacao und Etcetera erklärte sich auch Sillabub bereit, noch ein paar Stunden zu feiern. Andere Katzen wie Victoria und Mistofelees, ebenso Demeter, Munkustrap, Alonzo und Cassandra zogen es vor, das Singen und Tanzen für diese Nacht zu beenden. In Tuggers Garage jedoch fand die Party erst ein Ende als alle Beteiligten sich die Pfoten wundgetantzt hatten und sich setzen mussten oder aber vor lauter Fruchtmilch ohnehin kaum noch gerade stehen konnten. Das letzte Paar, dass schließlich kapitulierte, waren die außerordentlich trinkfeste Bombalurina und Rum Tum Tugger selbst. Etcetera saß noch lange am Rand der Tanzfläche und starrte Tugger verträumt und verliebt beim Tanz mit der Straßenkatze an. Wie sehr wünschte sie sich jetzt an ihre Stelle ... doch Tugger hatte schon auf mehreren Jellicle-Bällen, denen das Kätzchen im Laufe der Jahre beigewohnt hatte, klargestellt, das die glühende, temperamentvolle, stolze Queen seine absolute Favoriten war - was zwar nicht hieß, das er sich an irgendeine Katze auf dieser Erde in diesem Leben gebunden hätte, doch Bombalurina hatte eine besondere Stellung bei ihm inne ... was genau es war, konnte Etcetera nicht sagen. Das Kätzchen genoss jeden Flirt und jede engere Nähe, die der charismatische Tom ihr gewährte - immer mit dem Gedanken, oder eigentlich eher mit der Angst im Hinterkopf, es könnte das letzte Mal sein, das er Derartiges zuließ. Natürlich war Etcetera auch nicht so dumm, sich Hals über Kopf in den Katzenfrauenheld zu verlieben und entsprechende Gegengefühle zu erwarten. Seine Launen änderten sich von Tag zu Tag, so dass er Bombalurina plötzlich aus heiterem Himmel zurückwies und Etcetera dafür umso mehr Aufmerksamkeit schenkte. Trotzdem machte das Kätzchen sich keine Illusion: sie war von Tugger ungefähr so weit entfernt, wie Mungojerrie und Rumpleteazer von einem Leben in völliger Zurückhaltung und Unschuld. Irgendwann erhob sie sich und verließ die Garage. Mungojerrie und Rumpleteazer boten ihr an, sie nach Hause zu begleiten, doch das Kätzchen lehnte dankend ab; wenn sie jetzt mit den beiden mitging, würde Etcetera nie zu Hause ankommen! "Schon gut, danke." Und damit verabschiedete sie sich von allen Hinterbliebenen und schlug die Richtung zum Haus von Munkustrap ein. Als sie an einer Gabelung vorbeikam, der das Kätzchen sonst immer nach links folgte um den verwinkelten Gassen zu entgehen, lief sie aufs Geratewohl nach rechts. Dieser Weg war merklich kürzer, weil er das Viertel genau durchschnitt und Etcetera wollte nur noch so schnell wie möglich nach Hause in ihr warmes Körbchen und schlafen. Deshalb missachtete sie auch die kleine Stimme in ihrem Hinterkopf, die sie davor warnte. Ich bin ja auf die Art und Weise fast zu Hause, tröstete sie sich und ihr schlechtes Gewissen als sie durch die dunklen Gassen schlich und vorsichtshalber ihre Krallen zog. Man konnte ja nie wissen! Und gerade als sich vor Etcetera bereits das Ende der Gasse auftat, packten sie mehrere kräftige Pfoten von hinten und zerrten das Kätzchen wieder zurück in die Finsternis. Etcetera wollte erschrocken aufschreien, doch eine andere Pfote schob sich auf ihr Maul und erstickte jeden Laut. Strampelnd und zappelnd versuchte sie sich loszureißen, doch dann erkannte sie seinen Geruch. Da erstarrte Etcetera verängstigt als sie mit ihren weit aufgerissenen, braunen Augen in die Scharlachroten von Macavity blickte. So entsetzlich nahe war er dem jungen Kätzchen lange nicht gewesen. Nicht mehr, seit sie seine Bande, die Scare Strays, damals für die Jellicle Cats verlassen hatte ... Einer seiner Kumpane hielt sie noch immer fest im Griff, so, dass eine Flucht unmöglich wurde. So konnte das Kätzchen nichts weiter tun als dabei zuzusehen, wie er ihr immer näher kam und seine Pranken nach ihr ausstreckte. Ängstlich zog sie den Kopf ein - "Na sieh mal einer an, wen haben wir denn da?" Die kehlige Stimme des rotgetigerten Straßenkaters durchschnitt die Stille und ein Grinsen verzerrte sein Gesicht, "dich hab ich ja ewig nicht mehr gesehen, Tizi. Und meine Freunde haben dich auch schon vermisst." Dieser Satz löste Gelächter bei seinen Handlangern aus während Etcetera beinahe jeden Mut und alle Zuversicht verlor, diese Nacht heil zu überstehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)