Hot Stuff von shibui (Russian Bladers One-Shot-Reihe) ================================================================================ Kapitel 8: Admission [von JoeyB] -------------------------------- Autor: Link zum Steckbrief: http://animexx.onlinewelten.com/mitglieder/steckbrief.php?id=51418 „Hey, wo willst du mit der Bratpfanne hin?“, beschwerte sich Bryan. „Da ist doch noch was drin!“ Tala stellte die Pfanne auf dem Herd ab und drehte sich dann zu seinem Teamkollegen um. „Und deshalb stelle ich sie weg – wenn sie weiterhin vor deiner Nase herumsteht, frisst du noch eine dritte Portion!“ „Na, und?“, meinte Bryan. „Was interessiert es dich, wie viel ich esse?“ „Ich bin immerhin derjenige, der dich zum nächsten Turnier rollen darf“, maulte ihn Tala an. „Und jetzt gib' Ruhe!“ „Willst du etwa, dass Bratkartoffeln übrig bleiben?“, fragte Bryan. „Man kann doch kein Essen wegschmeißen! Denk' an die armen kleinen Kinder in Afrika!“ „Vielleicht hat Ian gleich doch noch Hunger“, meinte Tala und schenkte dem Nesthäkchen des Teams ein süffisantes Lächeln. Ian sah überrascht zu ihm auf, als er seinen Namen gehört hatte. Sein Teller war noch immer leer und auch das Glas mit Orangensaft hatte er nicht angerührt. „Willst du?“, fragte Tala und hob die Pfanne leicht an. „Ich bin schwul“, sagte Ian langsam. Nachdenklich und offenbar selbst ein wenig überrascht darüber, dass diese Worte über seine Lippen gekommen waren. Tala stellte die Pfanne vorsichtig wieder ab. „Wie bitte?“, fragte er verdutzt. Bryan hatte seine Gabel an den Tellerrand gelegt und sah Ian mit einem undefinierbaren Blick an. Spencer taxierte konzentriert einen Punkt auf der anderen Seite des Raums. „Ich bin schwul“, wiederholte Ian, dieses Mal etwas lauter und sicherer. „Das... Naja, das wollte ich mal loswerden.“ Er lächelte etwas hilflos. Tala setzte sich wieder zu ihnen an den Tisch. „Ist das ein Witz?“, fragte er. „Nein“, antwortete Ian und nahm nervös sein Glas in die Hand, um einen Schluck daraus zu trinken. „Das ist ein Scherz, oder?“, wandte sich Tala nun an Bryan. Bryan zuckte mit den Schultern. „Den hat er aber nicht mit mir abgesprochen“, stellte er klar. Ian stellte das Glas wieder ab. „Das ist kein Scherz“, sagte er und lachte verlegen. „Ich bin wirklich schwul. Das könnt ihr mir ruhig glauben.“ „Und es gibt keine angemessenere Gelegenheit, uns das zu sagen, als beim Essen?“, fragte Tala. „Mir ist gerade der Appetit vergangen“, murmelte Bryan und schob seinen Teller von sich. Tala klatschte einmal in die Hände. „Danke, Ian. Wenigstens du schaffst es, ihn vom Essen abzubringen!“ Schnell zog er Bryans Teller zu sich und stand erneut auf, um ihn zum Herd zu bringen. „Du bist doch nicht in...?“, begann Bryan vorsichtig. „Nein, ich bin nicht in dich verknallt“, sagte Ian und verdrehte die Augen. „Ist das deine einzige Sorge?“ „Ganz bestimmt nicht“, schnaubte Bryan. „Halt' die Klappe, Kürbiskopf“, murrte Tala und gab Bryan im Vorbeigehen einen Klapps. „Ian, bist du dir da wirklich sicher?“ Ian nickte langsam. „Aber... Das könnte doch auch Einbildung sein“, überlegte Tala. „Du hast als Kind ja nie besonders viel Kontakt zu Mädchen gehabt und so...“ „Ich hatte als Kind auch nie viel Kontakt zu Mädchen und stehe trotzdem nicht auf Schwänze“, unterbrach ihn Bryan. „Da hat Bryan völlig Recht“, fand Ian. „Aber...“ Tala unterbrach sich selbst und schien nach einem weiteren Grund zu suchen, Ians Geständnis nicht ernst zu nehmen. „Vielleicht ist es auch bloß eine Phase.“ „Ist es nicht. Ich bin schwul, endgültig“, beharrte Ian. „Weißt du überhaupt, wovon du da sprichst?“, fragte Bryan zweifelnd und knuffte Spencer in die Seite. „Jetzt sag' doch auch mal was!“ „Leck' mich doch!“, zischte Spencer, stand auf und verließ den Raum. Er knallte seine Zimmertür hinter sich zu. Nachdem sie alle drei ein paar Sekunden lang die verschlossene Tür angestarrt hatte, meinte Bryan trocken: „Okay, seine Meinung dazu kennen wir jetzt auch.“ „Ian, das ist wirklich nichts, worüber man spaßen sollte“, sagte Tala, der sich nun auch wieder gefangen hatte. „Naja, eigentlich ist es schon eine witzige Idee, um jemanden zu schocken“, wand Bryan ein. „Ist es nicht“, widersprach Tala todernst. „Doch, ist es“, fand Ian. „Aber ich will euch nicht schocken, sondern endlich mal ehrlich zu euch sein. Freut euch doch darüber.“ „Wir sollen uns darüber freuen, dass du glaubst, schwul zu sein?“, zweifelte Tala. „Nein“, sagte Ian ein wenig ungeduldig. „Ihr solltet euch darüber freuen, dass ich euch genug vertraue, um euch zu sagen, dass ich weiß, dass ich schwul bin.“ „Pfff“, machte Bryan. „Tala, haben wir noch Wodka im Kühlschrank?“ „Seit wann glaubst du...?“, fragte Tala und ging zum Kühlschrank, um eine Flasche Wodka rauszuholen. „Ich weiß es schon seit ein paar Jahren“, sagte Ian. Spencer schluckte schwer. Er wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Eigentlich hatte er nie damit gerechnet in eine solche Situation zu kommen. Er war schon seit längerer Zeit in Ian verknallt, so ein bisschen, und er hatte stets versucht, es zu verdrängen. Und jetzt stand Ian vor ihm und sagte so etwas. Wie sollte er diese Gefühle ignorieren, wenn Ian ihn so provozierte? „Alles in Ordnung?“, fragte Ian leise und nahm einen Kugelschreiber von Spencers Schreibstift. Er fixierte den kleinen Gegenstand, drehte ihn in seinen Händen. Vermutlich ein Anzeichen von Nervosität. Spencer zuckte leicht mit den Schultern. „Warum erzählst du mir das?“, wollte er wissen. Ian atmete laut hörbar aus, während er nach einer Antwort zu suchen schien. „Weiß nicht“, murmelte er. „Vielleicht hasse ich es einfach, unehrlich zu sein. Weißt du eigentlich, wie schwer es ist, Tag für Tag mit jemandem zusammen zu sein und sich dabei so merkwürdig zu fühlen?“ Ja, das wusste er. Trotzdem behagte es ihm nicht, wie offen Ian über seine Gefühle sprach. Er fand es einfach unangenehm. Sie waren beide männlich, eigentlich sollten sie solche Gefühle nicht füreinander haben. Schlimm genug, dass sie trotzdem da waren – da musste man doch nicht auch noch drüber sprechen! „Spencer, jetzt sag' doch endlich irgendwas“, bat Ian und legte den Kugelschreiber wieder hin. „Und was?“ Sollte er die Chance nutzen, dass der Junge, in der er sich verliebt hatte, seine Gefühle erwiderte? Oder sollte er versuchen, diese Last irgendwie anders abzuschütteln? Er konnte doch nicht mit Ian zusammen sein! „Ob du mich jetzt hasst oder so“, sagte Ian. „Okay, eigentlich wäre es mir lieber, wenn du mich nicht hassen würdest...“ Er lachte leise. „Jetzt komm' schon, sag' irgendwas!“ „Irgendwas“, erwiderte Spencer langsam und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Er atmete tief durch. „Ian, ich denke, es geht mir ähnlich wie dir“, sagte er dann, noch immer an dem zweifelnd, was er da tat. „Was?“ Ian runzelte fragend die Stirn. „Ich bin wohl irgendwie in dich verknallt“, antwortete Spencer so leise, dass er bezweifelte, dass Ian es hörte. Einen Moment lang schwieg Ian. „Ist das dein Ernst?“, fragte er dann. Spencer nickte leicht und senkte beschämt den Kopf. Verliebt in einen Teamkollegen... Er wusste ja selbst, wie schäbig das war. „Ich frage dich jetzt noch einmal, ob das dein Ernst ist“, erzählte Ian. „Und wenn du dann immer noch nickst, solltest du damit rechnen, dass ich dich anfallen werde. Also – Ist das dein Ernst?“ „Ja“, sagte Spencer leise. Keine zwei Sekunden später saß Ian neben ihm auf dem Bett und schlang seine Arme um Spencers Hals. Der Blondschopf spürte Ians Wange an seiner eigenen, die Haare des Jüngeren kitzelten sein Gesicht. Vorsichtig hob er seine Hand, um sie auf Ians Rücken zu legen. Er hatte Ian schon oft angefasst, aber dieses Mal kam es ihm anders vor. Ein wenig falsch und dennoch schön. „Sag' mal, Ian...“ Sie saßen im Wohnzimmer und sahen sich zusammen einen Krimi an. Tala hatte während des Films die ganze Zeit über so abwesend gewirkt. Bryan hatte sich mittlerweile gute Laune angetrunken. Zu Ians Überraschung saß auch Spencer bei ihnen im Wohnzimmer. Er hockte ganz allein auf dem Sessel und starrte schweigend den Fernseher an. Hatte er seit dem Abendessen überhaupt ein Wort gesagt? Tala schaltete die Werbung auf stumm und drehte sich zu Ian, der neben ihm auf der Couch saß. „Hast du einen Freund?“ Ian lächelte schwach. „Ich hatte“, sagte er. „Wen?“, fragte Bryan. „Spielt keine Rolle“, antwortete Ian und bemühte sich, den Blick nicht zu Spencer wandern zu lassen. Er hätte jetzt nichts lieber gesehen als das Gesicht des Älteren. „Ist mittlerweile eh Geschichte.“ „Warum?“, fragte Bryan. Seit er ein wenig Alkohol intus hatte, war er nicht mehr ganz so unkooperativ wie zuvor. „Weil ich Schluss gemacht habe“, erwiderte Ian. „Wenigstens hast du Schluss gemacht“, murmelte Tala. Ian schüttelte resignierend den Kopf. „Indirekt war er es. Mit seinem Verhalten hätte er nicht erwarten können, dass ich weiterhin mit ihm zusammen sein will“, fand er. „Oder du bildest dir das bloß ein, weil du dir nie die Mühe gemacht hast, mit ihm darüber zu reden“, mischte sich Spencer zum ersten Mal in das Gespräch ein. „Glaub' mir“, erwiderte Ian süßlich lächelnd. „Ich habe oft genug mit ihm geredet.“ „Hast du ihm dabei auch mal zugehört?“, wollte Spencer wissen. „Was soll das denn jetzt?“, wunderte sich Tala. „Ich habe an Ian oft die Angewohnheit beobachtet, bei Diskussionen nur zu reden und nicht zuzuhören“, gab Spencer bemüht unbekümmert zurück. „Und ich frage mich, ob seine Beziehung vielleicht daran gescheitert sein könnte.“ „Nee, ist sie nicht“, entgegnete Ian und versuchte, dabei lässig zu klingen. „Es war wirklich seine Schuld, nicht meine.“ „Dann ist ja gut“, murmelte Spencer und schien sich wieder aus dem Gespräch ausklinken zu wollen. „Wie lange wart ihr denn zusammen?“, fragte Tala interessiert. „Etwa zwei Jahre“, meinte Ian. „Tut mir Leid, dass ich es euch nicht früher gesagt habe. Ich hätte es nicht so lange verschweigen sollen.“ Bryan atmete laut ein. „Zwei Jahre?“, wiederholte er. „Wow!“ „Doch keine Phase?“, seufzte Tala. „Müsste schon eine verdammt lange Phase sein“, sagte Ian. „Habt ihr auch... naja, du weißt schon...“ Bryan stellte sein mittlerweile wieder leeres Glas auf den Tisch. Tala räusperte sich. „Bryan“, zischte er mahnend. „Ich finde, wir haben es verdient, das zu erfahren“, protestierte Bryan. „Also?“ „Was soll denn das?“, beschwerte sich Spencer. „Das geht uns doch einen Scheißdreck an!“ Ian konnte nicht umhin, schief zu grinsen. Wenigstens zeigte Spencer endlich mal eine brauchbare Reaktion. „Ja, wir hatten Sex“, erzählte er und sah zu dem Blondschopf, der seinen Blick kühl erwiderte. „Anal, oral, ein bisschen SM, ein paar Fesselspielchen...“ „Wow“, machte Bryan. „Willst du nicht gleich erzählen, wie du deine Jungfräulichkeit verloren hast?“, fragte Spencer gereizt. „Das war etwa drei Monate, nachdem wir zusammen gekommen sind“, erinnerte sich Ian breit lächelnd. „Wir hatten beide vorher noch nie, also...“ „Das reicht“, unterbrach ihn Spencer. „Ian, das will hier niemand hören!“ „Doch, ich!“, meldete sich Bryan zu Wort. „Auch nur, weil du wieder zu viel getrunken hast“, meckerte ihn Tala an. „Und du, Ian, hörst auf, hier alle zu provozieren. Lass' uns doch bitte erstmal damit fertig werden, dass du schwul bist, bevor du anfängst, uns von deinen analen Abenteuern zu erzählen!“ Er entriss Bryan die Flasche. „Außerdem ist die Werbung zu Ende“, sagte Spencer düster. „Geht es dir wirklich gut?“, fragte Spencer vorsichtig, als Ian zum dritten Mal beide Hände voll Wasser schöpfte und sich das Gesicht wusch. Spencer saß noch immer in der Badewanne und beobachtete Ian, der vor dem Waschbecken stand und offenbar versuchte, sich zu sammeln. „Klar“, erwiderte Ian. „Ich schwitze nur so und das Wasser in der Wanne ist einfach zu warm.“ Spencer atmete erleichtert auf. „Also... Fandest du es nicht schlimm?“, hakte er dennoch zaghaft nach. „Wieso sollte ich es schlimm gefunden haben?“, wollte Ian wissen und drehte sich zu ihm um. „Fandest du es etwa schlimm?“ „Nein“, erwiderte Spencer sofort. „Ich.. ich fand es schön.“ Ein leichtes Lächeln legte sich in Ians Gesicht. „Gut“, sagte er und ging endlich wieder auf die Badewanne zu. Er stieg hinein und krabbelte auf Spencers Schoß. „Ich fand es auch schön“, meinte er leise und beugte sich vor, um Spencer einen sanften Kuss auf die Wange zu hauchen. „Ich hab' dir weh getan, oder?“, fragte Spencer seufzend. „Das tut mir Leid.“ Ian zuckte leicht mit den Schultern. „Ich wusste doch, worauf ich mich einlasse“, gab er zurück. „Und wenn es zu schlimm geworden wäre, hätte ich dich das schon wissen lassen, keine Sorge.“ „Ich wollte dir aber nicht wehtun.“ Spencer streichelte sanft über Ians Bauch. Er wusste selbst nicht, was in Teufels Namen ihn in diese Situation gebracht hatte. Er saß hier tatsächlich zusammen mit Ian in der Badewanne und redete mit ihm darüber, wie sie miteinander geschlafen hatten. Dass dieses Gespräch stattfand, kam ihm irgendwie surreal vor. Genau wie die letzten Wochen. Es hatten leise begonnen, zunächst kaum merkbar. Sie hatten Zeiten abgepasst, in denen sie allein waren, um sich zu küssen, später um sich gegenseitig zu berühren. Die Zärtlichkeiten waren immer weiter gegangen, bis... Bis sie hier gelandet waren und beide ihre Unschuld verloren hatten. Wenigstens hatte Ian nicht mit ihm diskutieren wollen, wer aktiv sein durfte. Ian kuschelte sich an ihn und streichelte über seinen Arm. „Ich hab' gehört, dass man sich daran gewöhnt“, erzählte er und schielte lächelnd zu Spencer auf. „Wir müssen also nur genug üben, dann wird das schon.“ Also.. wollte Ian das wiederholen? „Klingt gut“, sagte Spencer leise. „Irgendwie habt ihr mir immer noch nicht gesagt, was ihr davon haltet“, meinte Ian leise, als er abends in eine Decke gekuschelt im Wohnzimmer saß. Der Film war längst zu Ende und Spencer hatte den Raum wieder verlassen. Vermutlich war er ins Bett gegangen und lag jetzt schweigend im Dunkeln. Überlegte, was er hätte anders machen können. Oder war es ihm vielleicht sogar egal? Tala hatte Kakao für sich und seine beiden Teamkollegen gemacht und spielte nun Schach gegen Bryan. Ian saß bloß da und sah den beiden zu. Ungewöhnlich war das nicht. Tala und Bryan spielten oft Schach gegeneinander und Ian hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, im Schlafanzug und mit einer seiner Bettdecken ins Wohnzimmer zu kommen, sich in den Sessel zu kuscheln und den beiden zuzusehen, wie sie auf dem Boden saßen und sich gegenseitig anschwiegen. An diesen Abenden wurde selten viel geredet, aber das war sowieso nicht der Grund, weshalb Ian es mochte, hier zu sein. Er war auch kein großer Schach-Fan. Nein, es ging ihm einfach um das Zusammensein mit seinen beiden besten Freunden. „Ich weiß es ja auch noch nicht“, gab Tala ehrlich zurück und lächelte ihn schief an. „Gib' mir ein bisschen Zeit, um mich dran zu gewöhnen, okay?“ „Du wirst mich aber nicht teeren und federn?“, scherzte Ian und war froh darüber, so locker reden zu können. Natürlich hatte er gewusst, dass Tala und Bryan ihm das nicht übel nehmen würden, aber nervös war er trotzdem gewesen. Es hätte ja auch sein können, dass er sich irrte. Dass Tala und Bryan eigentlich keine so guten Freunde waren, wie er immer gedacht hatte. Dass sie in ihrem Team weniger eine Familie als eine Zweckgemeinschaft sahen. „Außer natürlich, du redest wieder von Analsex“, meinte Tala. „Dann werde ich mich wohl gezwungen sehen, dich zum Schweigen zu bringen.“ „Nimm's nicht persönlich“, grinste Bryan und zog einen seiner Bauern vor. „Tala kriegt auch dann die Krise, wenn man ihm von normalem Sex erzählt.“ „Was ist mit dir?“, fragte Ian. „Mit mir kannst du gerne reden.“ Bryan lachte leise und streckte Tala die Zunge raus. „Solange du mich in Ruhe lässt und mir nicht nachstellst oder so... Dann ist das okay für mich.“ „Leute, ihr seid die Besten“, seufzte Ian und kuschelte sich enger in seine Decke. „Ich liebe euch. Und das meine ich rein platonisch, Bryan.“ „Genau das wollte ich hören...“ Bryan grinste leicht. „Ich denke, Spencer hat ein Problem damit“, gab Tala leise zu bedenken. „Oh ja“, murmelte Bryan. „So aggressiv kennt man ihn ja gar nicht.“ Ian zog die Decke ein Stück höher, damit seine Teamkollegen das Lächeln nicht sahen, das sich auf seine Lippen geschlichen hatte. Ja, Spencer war nicht einverstanden mit der Situation. Damit hatte er gerechnet. Und was merkwürdig war – es gefiel ihm! „Ian, bist du da?“ Erschrocken löste sich Spencer von dem Jüngeren und sah sich panisch um. Es klopfte an die Zimmertür. Zum Glück hatten sie abgeschlossen. „Ian?“, rief Tala von draußen. Ian sprang auf und zog sich eilig seine Boxershorts wieder an. „Was Kaltes...“, murmelte er und sah sich um, während er „Moment, ich komme gleich!“, rief. Er nahm schließlich eine Glasflasche und presste sie mit gequältem Gesichtsausdruck gegen seine Erektion. Spencer stand ebenfalls auf und sammelte seine Kleidung ein. „Was soll ich machen?“, flüsterte er. „Wir erzählen ihm, dass du... Hey, du musst doch nicht...“ Nicht auf Ians Proteste achtend, zwängte sich Spencer mit seiner Kleidung unterm Arm in den Kleiderschrank des Jüngeren. „Das ist echt kindisch“, zischte Ian, schlug jedoch die Tür hinter ihm zu. Wenige Augenblicke später hörte Spencer, wie der Schlüssel im Schloss herumgedreht wurde, offenbar hatte Ian Tala die Tür geöffnet. „Kannst du mir mal eben helfen?“, konnte Spencer durch die Schranktür hören. „Ich hab vorhin mit Bryan...“ Worum genau es ging, konnte Spencer nicht mehr hören, denn Ian hatte seine Zimmertür wieder geschlossen. Offenbar war er mit Tala mitgegangen. Spencer stieß die Schranktür wieder auf und zog sich seine Kleidung an. Was sollte er jetzt machen? Wenn jemand sah, wie er aus Ians Zimmer herauskam... Okay, Ian war ein Teamkollege, natürlich verirrte sich Spencer manchmal in sein Zimmer. Aber das war ja nicht das erste Mal, dass Tala oder Bryan frühzeitig nach Hause gekommen war. Vielleicht war es Tala ja aufgefallen, dass er und Ian so viel Zeit miteinander verbrachten. Und dass sich Spencer oft aus Ians Zimmer herausschlich. Und umkehrt Ian aus Spencers. Spencer seufzte schwer und sank auf Ians Bett. Es war noch warm, schließlich hatten sie erst vor knapp zwei Minuten hier gelegen und sich auf eine Art und Weise angefasst, von der Tala und Bryan niemals erfahren durften. Spencer schloss die Augen und verbarg das Gesicht in den Händen. Als Ian den Raum wieder betrat, saß Spencer noch immer auf dem Bett und hing düsteren Gedanken nach. „Jedes Mal ein neuer Adrenalinkick“, meinte Ian amüsiert und setzte sich neben ihn. „Tür abgeschlossen?“, fragte Spencer. „Oh“, machte Ian und stand wieder auf. „Hab' ich vergessen. Naja, egal.“ Er schloss die Tür ab und setzte sich wieder zu Spencer. „Nicht egal“, fuhr ihn Spencer gereizt an. „Ist dir eigentlich klar, wie oft uns die beiden schon fast erwischt hätten?“ „Als wäre das so ein Drama“, gab Ian unbekümmert zurück. „Wir sind jetzt seit über einem Jahr zusammen – Ist es nicht irgendwie peinlich, dass du dich immer noch in meinem Schrank versteckst, wenn Tala reinkommt?“ „Willst du lieber als Schwuchtel vor den beiden dastehen?“, fragte Spencer verärgert. Ians leichtfertiges Reden nervte ihn. Es ging hier immerhin um seine Ehre. „Weißt du was?“ Ian nickte sich selbst zu, als sei ihm gerade eine wundervolle Idee gekommen. „Ich streite mich jetzt nicht mit dir. Eines Tages wird dir bestimmt selbst klar, dass es keine Schande ist, schwul zu sein.“ Spencer schnaubte verächtlich. „Hab' ich das jemals behauptet?“ „Aber du denkst es“, sagte Ian. „Ich merke das doch.“ Er schüttelte resignierend den Kopf. „Aber wie gesagt: Eines Tages wirst du schon merken, dass du falsch liegst. Ich kann warten.“ Als Ian seinen Schlafanzug angezogen und es sich mit seinem Buch in seinem Bett gemütlich gemacht hatte, kamen ihm zum ersten Mal Zweifel. Natürlich war er froh, sich endlich geoutet zu haben. Innerlich hatte er seit Jahren darauf gedrängt, endlich mit der ganzen Wahrheit rauszurücken, seine Freunde an seinem Leben teilhaben zu lassen. Andererseits... Hatte er bezüglich Spencer vielleicht übertrieben? Irgendwie kam er sich gerade wie ein rachsüchtiger Mistkerl vor, der den Frust von zwei Jahren mit einem Mal loswerden wollte. Ohne Rücksicht auf Verluste. Spencer hatte sich merkwürdig verhalten. Er war einerseits ruhiger gewesen als sonst – noch ruhiger. Und andererseits hatte er mehrere Male ziemlich überreagiert. Sein Vorwurf, Ian habe ihm nie zugehört, war berechtigt. Ian hatte ihm ja auch nicht zuhören müssen, um zu verstehen, was in ihm vorging. Spencer war leicht zu durchschauen. So überraschte es ihn auch nicht, als es leise klopfte und die Tür von außen aufgeschoben wurde. „Darf ich?“, fragte Spencer und betrat den Raum, noch bevor Ian hätte antworten können. Er schloss die Tür hinter sich. Ian bemerkte, dass er nicht abschloss. Offenbar wollte er sich selbst dazu zwingen, nichts zu tun, was er nicht vor Tala oder Bryan rechtfertigen konnte. „Was ist los?“, fragte Ian und legte ein Lesezeichen in sein Buch, bevor er es zuklappte. „Bist du jetzt endlich zufrieden?“, fragte Spencer. „Ich habe dir doch gesagt, dass die beiden kein Problem damit haben werden.“ Ian lächelte freundlich, auch wenn es ihm schwer fiel, Spencer anzusehen. „Du hättest mir sagen können, dass du das tun wirst“, warf ihm Spencer vor. „Du wusstest genau, dass ich es tun werde“, gab Ian zurück. „Ich habe mich extra dafür von dir getrennt!“ „Das hätte längerfristig eh nicht funktioniert“, sagte Bryan und formulierte vorsichtig: „Tala denkt auf einem höheren Niveau, wenn du verstehst, was ich meine. Wenn man den beiden beim Diskutieren zugesehen hat, wusste man nicht, wer einem mehr Leid tun soll – sie, weil sie total überfordert war oder er, weil er sich so gelangweilt hat.“ Ian lachte. „Jetzt übertreibst du aber“, fand er. „Du tust ja fast so, als sei sie dumm wie Brot.“ „Hey, du hast doch selbst gesagt, dass sie mehr Brüste als Gehirnzellen hat“, rechtfertige Bryan seine Meinung. „Aber ich darf sowas sagen, schließlich bin ich das kleine Arschloch des Teams.“ Ian streckte Bryan die Zunge raus. „Und... Tala!“ Er grinste den Rotschopf, der gerade das Wohnzimmer betrat, fröhlich an. „Wie geht’s dir?“ „Ihr habt euch bestimmt über meine gescheiterte Beziehung amüsiert“, sagte Tala trocken und setzte sich auf den Sessel. „Wir haben uns nur überlegt, wie wir dich aufmuntern können“, meinte Bryan hastig. Tala verdrehte die Augen. „Natürlich... Als müsstet ihr mich aufmuntern...“ „Bist du nicht am Boden zerstört und überlegst, wie du dich am schnellsten umbringen kannst?“, hakte Ian nach. Tala schüttelte den Kopf. „Nö. Ich hatte eh vor, mich von ihr zu trennen. Physisch war es zwar super mit ihr, aber abgesehen davon... Manchen Weibern sollte man verbieten, zu reden, um den schönen Eindruck nicht zu zerstören.“ „Na, dann ist ja gut“, murmelte Bryan. Ian nippte an seinem Kakao und schob mit seinem Fuß das Schachbrett in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Bryan grinste leicht. „Ich bau schon auf“, sagte er und stand vom Sessel auf, um sich auf den Boden zu setzen und die Figuren auf das Feld zu stellen. „Uhh, mein armer Rücken“, murmelte Tala und setzte sich zu ihm auf den Boden. „Sei nett zu ihm, Bryan“, sagte Ian. „Der muss nicht nett zu mir sein“, mokierte sich Tala. „Ich mach' ihn auch so fertig!“ „So wie die Schlampe dich fertig gemacht hat?“, wollte Bryan mit einem Haifischgrinsen wissen. „Das geht doch gar nicht“, warf Ian in die Runde. „Wartet bloß ab“, knurrte Tala. „Wenn ihr das nächste Mal Beziehungsstress habt, werde ich mir auch das Maul darüber zerreißen und Salz in eure Wunden streuen.“ Er bemühte sich einen Moment lang, böse zu gucken, musste dann jedoch lachen. „Ach, ihr seid doch alles Arschlöcher!“ „Und deshalb hast du uns so lieb“, frotzelte Ian und nippte wieder an seinem Kakao. Die Tür öffnete sich. „Ihr spielt Schach?“ Auftritt Spencer. Ian spürte, wie sein Lächeln schwand. Es gab Momente, in denen er sich wünschte, dass Bryan und Tala sich über ihn und seine Probleme lustig machten. Dass die beiden unschöne Begriffe für Spencer fanden und ihm beteuerten, dass er etwas besseres verdient hatte. Die Phase, in der er darauf gewartet hatte, dass Spencer damit klar kam, schwul zu sein, war längst vorbei. Spencer schlief mit ihm und war manchmal liebevoll und nett zu ihm – aber jedes Mal, wenn sie zu zweit waren, verdüsterte sich sein Gesicht irgendwann und er wurde distanziert. Ian hatte ihn in Gegenwart von Fans beobachtet. Spencer liebte es, von jungen Frauen umgeben zu sein, von der Presse mit gutaussehenden Mädchen abgelichtet zu werden und den Ruf eines muskulösen, männlichen Frauenschwarm zu haben. In der Öffentlichkeit gab er sich zwar ruhig, aber zugleich selbstbewusst. Selbstbewusst... Es gab wohl kein Wort, das weniger zu Spencer gepasst hätte, was seine Sexualität anging. „Ich verpasse Tala die letzte Niederlage für heute“, sagte Bryan belustigt. „Braucht ihr Ian noch?“, fragte Spencer. „Wenn du ihn aus dem Raum entfernen willst – nur zu“, sagte Tala. „Er ist sowieso gemein zu mir!“ Ian trank den letzten Schluck aus seiner Tasse und stellte diese dann auf dem Tisch ab. Er war versucht „Soll ich es dir mal wieder besorgen?“ zu fragen, schwieg jedoch. Er verließ mit Spencer den Raum und schloss die Tür. „Was ist los?“, fragte er. „Ich dachte, wir wollten uns heute Abend treffen“, gab Spencer zurück und öffnete seine Zimmertür, um Ian hineinzulassen. Als sie gemeinsam in dem Raum waren, schloss er die Tür von innen ab. „Wir wohnen zusammen“, sagte Ian ein wenig genervt. „Wir müssen uns nicht treffen.“ „Ich meinte...“ Spencer zögerte kurz. „Naja, alleine eben.“ „Soll ich den beiden wieder erzählen, dass dein Computer kaputt gegangen ist?“, fragte Ian und setzte sich auf Spencers Bett. „Zum fünften Mal in diesem Monat?“ „Dann denk' dir doch eine andere Ausrede aus“, murmelte Spencer und setzte sich neben ihn. „Bist doch sonst immer so schlau.“ Ian verdrehte die Augen und schüttelte resignierend den Kopf. „Es könnte viel viel einfacher sein“, sagte er. „Wir könnten ganz viel Zeit miteinander verbringen. Wir könnten sogar zusammen in einem Zimmer schlafen oder händchenhaltend in einem Eiscafé sitzen und uns dumme Sprüche von Bryan und Tala anhören.“ Er musste bei dem Gedanken an die ständigen Lästereien seiner Teamkollegen lächeln. Seit Beginn ihrer Pubertät zogen sie sich stets gegenseitig auf, machten sich übereinander lustig, wenn sie verliebt waren... Er selbst scherzte zwar mit, aber irgendwie fühlte er sich dennoch ausgeschlossen. Irgendwie stand er immer am Rande, konnte nicht mitreden, obwohl er so viel zu erzählen hätte. „Oh ja, Tala und Bryan würden sich freuen“, meinte Spencer bitter. „Nein, vermutlich nicht“, erwiderte Ian. „Aber sie würden auch nicht sauer sein. Herrgott nochmal, die beiden sind wie unsere Brüder! Die würden sich ein-zwei Tage lang ärgern und danach wäre das Thema erledigt!“ „Wäre es nicht“, widersprach Spencer verärgert. „Und jetzt lass'...“ „Wie kannst du nur so wenig Vertrauen zu den beiden haben?“, fragte Ian. „Sie würden sich darüber lustig machen“, prophezeite Spencer. „Und das würde uns zeigen, dass es okay ist.“ Ian konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Spencer, weißt du eigentlich, wie toll eine richtige Beziehung sein könnte? Wenn wir die beiden nicht ständig anlügen müssten?“ „Hör' auf damit.“ Spencer sah ihn ernst an. „Ich will nicht darüber diskutieren, wie super es wäre, wenn uns alle für Schwuchteln halten.“ „So eine Überraschung aber auch“, meinte Ian. „Mit mir schlafen kannst du, aber dazu stehen geht nicht! Weißt du eigentlich, wie feige du bist?“ „Ich bin nicht...“ Spencer unterbrach sich selbst und murmelte: „Warum kannst du nicht einfach eine Frau sein?“ Einen Augenblick lang zögerte Ian. Hatte Spencer das wirklich gesagt? „Du...“ Er sprach nicht aus, was ihm im ersten Moment in den Sinn kam. Es brachte doch nichts, Spencer jetzt zu beleidigen. Er atmete tief durch. „Du bist nichts als ein erbärmlicher, feiger Mistkerl“, presste er dennoch irgendwann hervor und verbot es sich, zu blinzeln. Er wollte nicht, dass die Tränen, die in seinen Augen standen, über seine Wangen liefen. Er war nicht kurz davor zu weinen, weil er traurig war. Nein, er war nur verdammt wütend. „Ian, das war nicht...“ Spencer seufzte gequält und legte eine Hand auf Ians Oberschenkel. „Ian, ich meinte das nicht so“, sagte er leise. Ian schob seine Hand weg und stand auf. „Weißt du was?“, fragte er gereizt. „Mach' doch, was immer du willst. Flirte mit irgendwelchem Weibern, halt' dich für einen richtigen Kerl... Aber lass' mich damit in Ruhe!“ Er ging zur Tür. „Das war's! Ich hab' echt was besseres verdient!“ Er wollte die Tür aufreißen, doch diese war abgeschlossen. Sauer drehte Ian den Schlüssel im Schloss herum, zog ihn aus dem Schloss und warf ihn in Spencers Richtung. Er prallte an der Wand ab und fiel neben Spencer auf das Bett. „Arschloch“, zischte Ian, bevor er sich in seinem eigenen Zimmer einschloss, sich in sein Bett legte und weinte. Er brauchte fast drei Wochen, um zu begreifen, dass er wieder allein war. Und dass er endlich frei reden konnte, ohne dabei Angst zu haben, jemanden zu verraten, dem er etwas bedeutete. Ian hatte sein Buch wieder aufgeschlagen und konzentrierte sich auf die Geschichte. Nur ab und zu sah er kurz von den Seiten auf, um einen Blick zu Spencer zu werfen, der auf dem Boden saß und gegen die Tür lehnte. Ihre Unterhaltung war schon vor einiger Zeit abgeebbt. Sie hatten sich einfach nichts mehr zu sagen. Sie beide hatten ihre Standpunkte und waren nicht gewillt, davon abzuweichen – was gab es also noch zu diskutieren? Dennoch fühlte sich Ian nicht von dem Älteren gestört, der schweigend dasaß und seinen Gedanken nachhing. Ian griff nach seiner Wasserflasche und trank einen Schluck daraus. Als sei er von dieser Bewegung aus einer Art Trance geweckt worden, regte sich Spencer wieder. „Für dich ist das sowieso viel leichter“, sagte er. Seine Stimme klang beinahe verachtend. Ian schraubte langsam die Flasche wieder zu. „Weil ich kein Muskelprotz bin und nicht so dumm war, mich in der Öffentlichkeit wie Mr Universe aufzuführen?“, fragte er ein wenig amüsiert. „Niemand hat dich gezwungen, so zu tun, als hättest du zehn Weiber an jedem Finger.“ „Du siehst eh aus wie eine Schwuchtel“, meinte Spencer. „Da überrascht es niemanden, wenn du wirklich Schwänze lutschst.“ „Erstens sieht Tala viel mehr wie eine Schwuchtel aus als ich und ist trotzdem hetero, also hat das nichts zu bedeuten“, meinte Ian und wunderte sich selbst darüber, wie ruhig er blieb. „Und zweitens finde ich es ziemlich traurig, wie abfällig du darüber sprichst. Immerhin hast du selbst noch vor drei Wochen an meinem Schwanz herumgenuckelt und die Beine für mich breit gemacht.“ Als ihm klar wurde, dass Spencer darauf nichts erwidern würde, ergänzte Ian sarkastisch: „Kann natürlich auch sein, dass ich mir das in meinen schwulen Fantasien alles bloß eingebildet habe.“ „Das wollte ich eigentlich gar nicht“, wich ihm Spencer aus. „Du hast...“ Ian lachte, sodass er die letzten Worte des Blondschopfs nicht mehr hörte. „Ganz ehrlich, Spencer: Ich an deiner Stelle würde mir lieber eingestehen, schwul zu sein, als mir einzureden von jemanden, der einen halben Meter kleiner ist als ich selbst, über Monate hinweg regelmäßig vergewaltigt worden zu sein!“ „Ich bin nicht schwul“, sagte Spencer widerwillig, schien jedoch auch einzusehen, wie lächerlich seine Einschätzung ihrer Beziehung geklungen hatte. „Okay“, meinte Ian bloß und widmete sich wieder seinem Buch. „Ian, was...“ - „Unser Gespräch ist beendet“, unterbrach ihn Ian und sah nicht einmal mehr von der Seite auf. Einen Augenblick lang herrschte Stille, dann hörte er, wie die Tür geöffnet wurde. Spencer schloss sie leise hinter sich, so als wolle er Tala und Bryan nicht darauf aufmerksam machen, dass er mit Ian geredet hatte. „Guten Morgen“, sagte Tala gut gelaunt und schob die Vorhänge beiseite. „Ach, du bist schon wach?“ Spencer saß auf seinem Bett und sah Tala müde an. „Ja“, sagte er bloß. Er hatte die ganze Nacht über nicht geschlafen. Man sollte meinen, er hätte stundenlang über sein Gespräch mit Ian nachgedacht, aber das hatte er nicht. Er hatte einfach nicht schlafen können. Hatte auf dem Bett gesessen und versucht, sich an einen Songtext der Rolling Stones zu erinnern. „Ist alles okay?“, fragte Tala. „Du siehst irgendwie... müde aus.“ Spencer zuckte leicht mit den Schultern. „Liegt vielleicht daran, dass ich nicht geschlafen habe“, erwiderte er. „Könnte natürlich sein“, meinte Tala und zögerte einen Moment lang. Dann ging er zur Tür und schloss diese, bevor er sich auf Spencers Schreibtischstuhl setzte. „Es ist wegen Ian, oder?“ „Was denn?“, fragte Spencer. „Du hast dich gestern nicht so verhalten, als sei dir das egal“, meinte Tala. „Weißt du, Spencer... Ich bin auch nicht unbedingt begeistert, aber das ist immer noch Ian. Wir müssen versuchen, damit klarzukommen. Ihn unterstützen, wenn er unsere Hilfe braucht und so.“ Spencer zuckte leicht mit den Schultern. „Er ist doch auch für uns da, wenn wir ihn brauchen“, sagte Tala. „Das erzählst du nicht mir, sondern dir selbst, oder?“, fragte Spencer und konnte es nicht verhindern, amüsiert zu klingen. Tala lächelte schwach. „Vielleicht erzähle ich es uns beiden“, überlegte er. Spencer schüttelte leicht den Kopf. „Weißt du was?“ Er wusste nicht, ober lachen oder weinen sollte, als ihm diese Worte in den Sinn kamen. Aber irgendetwas in ihm beschloss, sie auszusprechen, bevor er darüber nachdenken konnte: „Ich wusste es schon vorher. Ich war mit Ian zusammen.“ Tala sah ihn fassungslos an. „Das ist ein Witz, oder?“, fragte er langsam. „Nein, ist es nicht.“ Spencer fragte sich, wie lange Ian darüber nachgedacht hatte, sich zu outen. Er selbst... gar nicht. Eigentlich war für ihn immer klar gewesen, dass er es niemals tun wollte. Trotzdem kam es ihm in diesem Moment nicht falsch vor. Es würde kein Weg sein, wieder mit Ian zusammen zu kommen, dessen war er sich bewusst. Er hatte Ians Stolz verletzt mit ständigen unpassenden Bemerkungen und den ewigen Beteuerungen, hetero zu sein. Es musste Ian einiges an Überwindung gekostet haben, ihn zu verlassen, schließlich hatte er das ewige Versteckspiel zwei Jahre lang ertragen. Genauso schwer würde es für den Jüngeren wohl sein, ihm zu verzeihen. Dennoch – einen Versuch war es wert. „Willst du mir wirklich erzählen, dass du – ausgerechnet DU – schwul bist?“ Spencer verdrehte die Augen. „Ich bin bisexuell!“, ärgerte er sich. „Aber das wollte mir Ian auch nie glauben! Und jetzt verschwinde und erzähl' es Bryan und wem-auch-immer, weil ich es ganz bestimmt kein zweites Mal sagen werde!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)