Schuld & Sühne von 35M3R0D ================================================================================ Kapitel 49: Kapitel 49 ---------------------- Er wurde angestarrt, Kato konnte es fühlen. Die Augenpaare bohrten sich in seinen Rücken, während er selbst immer noch zur Tür gewandt dastand. Rein intuitiv zog er den Kopf etwas ein, während er sich wie in Zeitlupe umdrehte. Oh, wie hasste er doch solche Situationen! Die Anwesenden der hintersten Bankreihe beäugten den Sklaven kritisch, schienen sich dann aber doch dafür zu entscheiden, dass das, was vorne abging, interessanter war, als ein hereinplatzendes, menschliches Kretin. Kato seinerseits beschloss just in diesem Moment, dass ihm diese Anhörung unsympathisch war. Er schlich so leise und unauffällig, wie es sein tollpatschiges Wesen halt zuliess, ein paar Schritte der Wand entlang nach vorne, um etwas besseren Blick auf den Raum zu erhalten. Die Fensterfront zum Garten Eden war nach wie vor da, allerdings wirkte der Himmel über dem falschen Paradies gerade deprimierend dunkel. Zudem sah der ganze Festsaal doch ziemlich anders aus, als er ihn in Erinnerung hatte. Der Raum wurde jetzt nämlich von zwei Reihen fetter, griechischer Säulen gesäumt, die auf jeder Seite, in regelmässigen Abständen bis ans andere Ende zu verliefen. Dazwischen standen symmetrisch angereihte, dunkle Holzbänke, die in Kato augenblicklich die Assoziation Kirche heraufbeschworen. Ein kleiner Schauer überfiel den Sklaven. Echt, er hasste Kirchen… da war es immer so drückend still. Während er weiterschlich, erblickte er endlich am anderen Ende Luzifer, der mit ein paar anderen Gestalten hinter einer massiven, ebenfalls hölzernen Tischfront sass und unbewegt auf alles hinunterschaute. Irgendwie beruhigte es Kato ein wenig, den Teufel wirklich hier vorzufinden. Er passierte die hintersten Bankreihen und vernahm zwischen unregelmässigem Geraschel, Fussscharren und sonstigen Hintergrundgeräuschen plötzlich eine Stimme. Sie erhob sich über alles andere in dem Raum und schien gerade mitten in einer theatralischen Rede: „… Duldung solchen Benehmens ist nicht zulässig. Unser Herr herrscht streng und…“ Kato musste nicht sehen, wer hier solch grosse Töne spukte, damit sich das Bild einer heftig gestikulierenden Person in seinem Geiste formen konnte. Er sah den Hutmacher vor seinem inneren Auge schon, bevor er überhaupt nah genug war, um ihn wirklich erblicken zu könnten. Belials Stimme hallte durch die Bankreihen und verkündete mit grossen Worten das, was wohl gerade zu verkünden war. Kato war es egal. Seine Aufmerksamkeit hatte in dem Moment nachgelassen, als er realisiert hatte, dass es der Hutmacher war, der sich hier gerade wieder mal aufspielte. Es war also alles beim Alten. Luzifer war da, der Hutmacher ebenfalls. Alles so wie’s immer war, alles so wie’s sein sollte. Es beruhigte ihn auf eine seltsame Weise. Er liess die hintersten Reihen zurück, ohne dem sitzendem Publikum besonders viel Beachtung zu schenken. Was interessierten ihn schon irgendwelche Dämonen, die hier bei einer Anhörung hockten. Sein Auftrag lautete, unauffällig zu Luzifer zu gelangen und ihm – wenn er Zeit hatte – die Akte zu geben. Alles andere sollte ihm egal sein. War es auch… zumindest redet sich Kato das ein, weil er mittlerweile mindestens etwas erkannt hatte: Es war hier in der Hölle manchmal besser, einfach nur das zu tun, was einem gesagt wurde. Also wollte er ohne grosse Zwischenfälle, Ablenkungen oder alles, was ihm sonst noch hätte Ärger einbringen können, nach vorne zu Luzifer kommen. Sein Blick war also stur geradeaus gerichtet und klebte regelrecht am schwarzen, hoch thronenden Richtherrn. Die meisten der Anwesenden schienen Katos Aufmerksamkeitsfokus sowieso zu teilen und waren nicht wirklich interessiert daran, was ein simpler Sklave da im Seitengang tat, trotzdem wurde seine Haut schon wieder von diesem seltsamen Prickeln überzogen. Ein unsichtbares Irgendwas bohrte sich in seinen Rücken und nahm ihn regelrecht auseinander. Es war das ganz eindeutige Gefühl beobachtet zu werden – schon wieder – und Kato hasste es! Ein paar Augen hatten nicht von ihm abgelassen, seit er den Raum betreten hatte. Kato empfand dieses optische Stalking irgendwie als schrecklich ärgerlich. Es machte ihn nervös. Er wollte doch bloss zu Luzifer, warum konnte dieses Höllenpack ihn nicht einfach in Ruhe lassen?! Eigentlich wollte er sich nicht umdrehen, um den frechen Beobachter zu stellen. Eigentlich wollte er ihn ignorieren und sich nur auf seine Mission konzentrieren… … aber Kato wäre nun mal nicht Kato, wenn er sich an all seine Vorsätze hätte halten können. Also blieb er stehen und drehte sich um. Sein Blick glitt suchend und prüfend über die Reihen der Anwesenden. Die meisten davon schauten wirklich nach vorne und lauschten Belials Ausführungen; oder taten zumindest so, als würden sie es tun. Doch da in der dritthintersten Reihe, an der er gerade erst vorbeigegangen war, hatte jemand sein Aufmerksamkeit direkt auf ihn gerichtet. Ganz unverhohlen und ohne vorzutäuschen, es würde ihn nicht interessieren, schaute die Person Kato an. Irgendwie liess soviel Offenheit den Sklaven gleich ein bisschen zusammenschrumpfen; ganz abgesehen von der Tatsache, dass er wie ein Zootier beobachtet wurde! Sein Stalker verzog keine Miene, während er Kato weiterhin eindringlich anschaute. Der Sklave hatte zwar eigentlich das Bedürfnis sich schnellstmöglich wieder abzuwenden, trotzdem kam er nicht ganz umhin zu bemerken, dass sein Beobachter eine erstaunlich „helle“ Erscheinung war. Er trug zwar einen traditionellen, schwarzen Umhang, aber unter der Kapuze hing für einmal ein Schwall hellblonder, gewellter Haare hervor, welche sich zusammen mit der weissen Haut sehr von der Umgebung abhoben. Die Augen wurden von der Kapuze mit Schatten überdeckt, trotzdem war es mehr als eindeutig, dass sie Kato auf Schritt und tritt folgten. Was ihn nur noch mehr in seiner Vermutung bestätigte, dass etwas an dieser Person seltsam war. Sie strahlte etwas aus, das zwischen den Reihen der Höllenbewohner so anders wirkte. Und dann, um sein Unbehagen nur noch mehr zu steigern, musste er feststellen, dass neben seinem Beobachter gleich noch mal vier weitere derselben Sorte sassen, die ihn zwar nicht so direkt ins Visier genommen hatten, aber dasselbe ungewöhnliche Irgendwas ausstrahlten. Kato schauderte. Da war was los, schon wieder…. Und warum musste es immer ihn treffen?! Es wandte sich mit einem vehementen Aufstampfen um und zog damit natürlich auch sogleich die Aufmerksamkeit der Bankreihen um ihn herum auf sich. Argh scheisse! Er sollte ja versuchen nicht aufzufallen Mit eingezogenem Kopf begann er seinen Weg nach vorne fortzusetzen, nur um feststellen zu müssen, dass ihm der Hutmacher, welcher wohl immer noch am reden war, aus den Augenwinkelen einen mörderischen Blick zuwarf. Oh grossartig, jetzt hatte er die Verrückte auch schon wieder gegen sich aufgebracht. Er sollte wirklich…. Kato musste ein sehr tiefes Seufzen unterdrücken. Er sollte wirklich nicht immer über diesen Scheiss nachdenken und sich stattdessen lieber aufs Wesentliche konzentrieren! Also trat er an der vordersten Bankreihe vorbei heraus und wedelte signalisierend mit der Akte in seinen Händen herum. Während sein Blick noch am Hutmacher hing und er auf irgendeine Reaktion ihrerseits wartete, war aber schon ein monströs grosser Gerichtsdiener vor ihm aufgetaucht. Dieser packte Kato reichlich unsanft am Oberarm und zerrte den perplexen Sklaven unter stummen Protesten ein kleines Treppchen an der Seite der Holzbrüstung hinauf. Bevor Kato wirklich realisiert hatte, was abging, waren sie aber schon auf der hinteren Seite angelangt und er wurde dort praktisch wie ein nasser Sack auf dem Boden abgeladen. Beleidigt schaute er dem Gerichtsdiener noch nach, wie dieser wieder abzog, bevor er seine Aufmerksamkeit schliesslich nach vorne richtete. Luzifer sass ein paar Meter von ihm entfernt und hatte seinen Blick immer noch vollkommen unbeeindruckt zum Publikum gewandt, als würde es ihn nicht im geringsten berühren, dass sein Haustierchen hier gerade wie ein Ping-Pong Ball durch die Gegend befördert wurde - gut, tat es wahrscheinlich tatsächlich nicht. Kato wischte sich mit einer seufzenden Geste die Haare aus dem Gesicht und robbte schliesslich zu seinem Meister hin. Dieser ignorierte die Präsenz seines Sklaven immer noch geflissentlich, so dass Kato sich vorsichtshalber mal entschied seine Taktik lieber auf Abwarten zu verlegen. Er sass also im Schneidersitz am Boden, während er die Akte auf seinem Schoss gebettet hatte und wartete darauf, dass irgendwas passierte. Belial redete immer noch. Sie beklagte irgendeinen Misstand, denn Kato nicht ganz nachvollziehen konnte, aber es war ihm ja eigentlich auch egal. Er konnte sie aus seiner jetzigen Position sowieso nicht sehen, weil die Brüstung zu hoch war, um sie vom Boden aus überschauen zu können. Mit anderem Worten präsentierte sich ihm in diesem Moment also nichts weiter als die langweiligen Rückenlehnen der schweren Holzstühle und das seltsame höllische Personal. Kato atmete tief ein. Einerseits fand er es ja gut mal aus dem allgemeinen Blickfeld zu sein und nicht von irgendwelchen dubiosen Gestalten optisch aufs Korn genommen zu werden, aber andererseits…. war ihm auch gerade ein bisschen langweilig. Er war es nicht gewohnt, dass ihn so überhaupt keine Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Erneut atmete er demonstrativ ein und liess dann den Kopf nach vorne sinken. Ach, er mochte diesen behördenhaften Blödsinn nicht. Plötzlich drang ein sehr eindringliches Schnippgeräusch an sein Ohr, was den Kopf des Sklaven natürlich augenblicklich wieder hochschnellen liess. Luzifer hatte seinen einen Arm über die Lehne seines Thrones hinausgestreckt und winkte ihn mit einem eindeutigen Fingerzeig heran. Kato hob kurz kritisch die Augenbraue, beschloss dann aber, dass es wohl besser war, es gut sein zu lassen und kroch schliesslich wie aufgefordert zum Teufel hin. Dieser streckte ihm mit einer stummen Geste seine Hand hin, was von Kato nur mit ratloser Verwunderung quittiert wurde. Wie? Händchenhalten, oder was? Es war ja nicht so, dass er nicht wollte, aber war das nicht ein bisschen zu peinlich für diesen A… Die Hand drehte sich demonstrativ um, so dass die Handfläche fordernd nach oben zeigte. Ein erneutes, ungeduldiges Fingerschnippen folgte und Kato legte sofort leicht betreten die Akte hinein…. Wie hatte er bloss denken können, Luzifer wollte so was Kitschiges wie Händchenhalten?! Die Assoziation selbst war schon abstrus. Mit leicht geröteten Wangen senkte der Sklave seinen Blick und hoffe sich für den Rest der Anhörung weitere Peinlichkeiten ersparen zu können. Hatte er vorher noch gedacht, dass es hier langweilig sei? Er war ein Idiot gewesen. Die Stimme des Hutmachers fuhr in gleichmässiger Manier fort und Kato hörte nicht zu. Er versuchte gerade noch seinen Gedankengang von vorhin zu verdrängen und sich stattdessen mit wichtigeren Fragen, wie z.B. ob er Luzifer von seinem seltsamen Stalker berichten sollte, abzulenken. Irgendwo dazwischen kam ihm die Erkenntnis, dass Luzifer, der ja sowieso Gedankenlesen konnte und auch sonst immer fast alles wusste, den Vorfall ja eigentlich schon bemerkt haben müsste. Hiess das, wenn er nichts unternommen hatte, konnte auch Kato es ignorieren? Aber diese Typen waren ihm irgendwie suspekt gewesen. Er wollte nicht noch mal in einer Schneehölle als Opferlamm herhalten müssen! Während Kato also schon wieder dabei war sich geistig in irgendeine gekünstelte Rage hineinzusteigern, konnte er plötzlich fühlen wie etwas seinen Kopf streifte. Eine Hand glitt durch sein Haar und legte sich schliesslich spielerisch in seinen Nacken. Kato war augenblicklich gefangen von der Berührung. Ein leichter Schauer breitete sich von der Stelle, wo die Hand ruhte, aus und liessen ihn sämtliche Aufregung vergessen. Er sass bloss noch bewegungslos da und fühlte wie die kühlen Finger kaum merkliche Kreise auf die Haut seines Nackens zeichneten. Mit leicht geöffnetem Mund und schwer atmend warf Kato schliesslich einen Blick zur Seite, wo sein Herr immer noch unberührt geradeaus schaute. Der tat ja beinahe schon so, als wäre er eine Hauskatze, die man so nebenher streichelte, während man eigentlich mit etwas Wichtigerem beschäftigt war…. war Luzifer vielleicht auch tatsächlich, trotzdem kam Kato nicht ganz umhin leicht pikiert zu sein. Er wollte Aufmerksamkeit! Andererseits sollte er ja nicht stören… Es war eine Zwickmühle. Die Hand in seinem Nacken wandelte ihre gleichmässigen Liebkosungen ganz unerwartet zu einem klauenartigen Griff, welcher Katos Hals packte und den gesamten Körper des Sklaven ziemlich vehement nach oben zog. Luzifer beugte sich leicht zu seinem nun doch ziemlich überraschten Haustier herunter, welches in halb kniender Pose, mit geweiteten Augen zu ihm hinaufschaute. „Pass auf, bald wird es spannend. Ich bin sicher, dass du das auch hören willst.“ Damit liess er wieder von Kato ab, welcher unelegant auf den harten Boden zurückplumpste. Beleidigt rieb er sich den Hals. Also echt, warum musste Luzifer bloss immer so… wechselhaft sein. Trotzdem raffte er sich wieder ein Stückchen auf, um über die Holzbrüstung zu sehen und erblickte auch sogleich eine herumwandernde und heftig gestikulierende Belial, die wohl gerade mitten in ihrem Schlussplädoyer sein musste. Kato hörte nach wie vor nicht wirklich zu, trotzdem erregte der Anblick des Hutmachers seine Aufmerksamkeit. Es fiel ihm erst jetzt wirklich auf, aber sie sah anders aus als sonst… Ihre Erscheinung wirkte heute irgendwie „schwarzer“. Nicht, dass sie sonst nicht auch hauptsächlich schwarz getragen hätte, aber da waren doch immer irgendwelche weissen Streifen, rote Schleifen oder sonst irgendwelcher Quatsch, welcher die Dunkelheit durchbrach. Heute war sie einfach nur schwarz. Von oben bis unten schwarz. Zu allem Übermass waren ihre roten Haare hochgesteckt und unter ihrem Zylinder versteckt, an dem auch noch ein schwarzer Schleier angebracht war, der die Hälfte ihres Gesichtes verdeckte. Kato fand die Aufmachung durchgehend seltsam – und natürlich übertrieben, aber das musste er betreffend des Hutmachers gar nicht mehr erst anmerken. Es wirkte so, als sei sie wegen irgendetwas in Trauer. Eine verrückte Witwe, die am Grab ihres Mannes stand und mit verschmiertem Make-up zuschaute, wie er unter die Erde gebracht wurde. Ein Wunder, dass jenes vom Hutmacher aussah wie immer…. Kato verzog den Mund. Da war wirklich was im Busch. Erst wurde er alleingelassen, Lilith war plötzlich angezogen, dann er wurde gestalkt und der Hutmacher kleidete sich plötzlich halbwegs anständig. Was zum Teufel war hier los?! War er überhaupt noch im rechten Film? Irritiert schaute er zu Luzifer hoch. Dessen Mundwinkel zuckten leicht amüsiert nach oben. Wortlos legte er seinem knienden Sklaven erneut die Hand in den Nacken, als wollte er sagen wart’s ab. Kato fand das ganze hingegen gar nicht komisch. Alles wurde seiner Meinung nach immer seltsamer. Belial vor ihm drehte noch ein paar Runden und endete schliesslich in einem fulminanten Schlusssatz, von dem der Sklave nur etwa „… in Ewigkeit. Amen.“ mitkriegte und hoffte, dass er nun endlich eine Erklärung für all das hier kriegen würde. Eine gewisse Unruhe begann sich im Saal breit zu machen, während die Gerichtsdiener vorne die Möbel neu arrangierten. Es wurde Platz gemacht, ein paar Bänke zur Seite geschoben und schliesslich erhob sich sogar Luzifer. Kato schaute ganz überrascht zu ihm auf, wie er erhaben die Hand ausstreckte und zum anderen Ende des Raumes deutete. „Bringt die Angeklagte herein!“ Bitte was?! Angeklagte? Wo? Kato schaute gehetzt zwischen dem Teufel, der Tür und Belial, welche sich mittlerweile zu ihnen nach oben gesellt hatte, hin und her. Was ging ab?! Plötzlich schlug die grosse Flügeltür, durch die er selbst hereingekommen war, auf und ein ganzer Haufen mächtiger, schwarzer Gestalten kam herein. Hinter ihnen wurde etwas noch grösseres hereingegrollt, was Kato erst auf den zweiten Blick als Käfig identifizieren konnte. Die Wächter umstellten das mobile Gefängnis und geleiteten es bis nach vorne an die Stelle, wo gerade eben Platz frei geworden worden war. Kato starrte das Ding an, starrte auf seinen Inhalt und begriff trotzdem nicht so richtig, was er da gerade sah. Zusammengekauert und heruntergekommen, mit zerzaustem Haar und auch ansonsten kaum wiederzuerkennen sass da…. …sein Bunny. Kato starrte sie an und ein nervöses Zittern begann von ihm Besitz zu ergreifen. Er hatte die Frage nach dem Schicksal des Bunnys so gut es ging verdrängt, sie belastete ihn bloss und er wusste, dass er sowieso nichts mehr tun konnte, um die jetzige Situation zu ändern. Missmutig musterte er sie. Ihr Kopf war auf ihre Knie gebettet und sie schien sich wohl ähnlich wie der Sklave in diesem Moment an einen anderen Ort zu wünschen. Für einen Moment schockierte es den Sklaven ernsthaft sie in einem solchen Zustand zu sehen. Das freche, clevere und auch starke Bunny so in sich eingefallen. Er konnte den Anblick beinah nicht ertragen, es macht ihm Angst. Und dann – Kato war schon kurz davor gewesen, sich abwenden zu wollen – entdeckte er etwas. Zwischen den losen Haarsträhnen, die ihr Gesicht halb bedeckten, funkelten sie ihm entgegen. Ihre Augen. Sie waren offen und sie schauten ihn an! Versteckt und nicht sofort ersichtlich, aber sie hatten ganz eindeutig ihn ins Visier genommen. Kato stolperte wieder einen Schritt nach vorn und lehnte nun schon halb über die Brüstung. Ja, sie funkelten. Er kam nicht umhin leicht den Mund zu verziehen. Oh, dieses schreckliche Bunny. Alles wieder mal nur Show, der ging es gar nicht so schlecht wie sie tat. Aber Kato war froh. Er hatte zwar noch seine eigene Rechnung mit ihr offen, trotzdem war er froh, dass sie dort in der Eishölle am Rande des Abgrunds nicht zerbrochen war, so wie er es erst noch befürchtet hatte. Sie war noch da; verwundet, aber nach wie vor am leben. Eine Hand packte Kato am Genick und zog ihn reichlich unsanft weg von der Brüstung. „So, erstmal genug gesehen.“ Luzifer erhob sich, um dem Flüstern und Gemurmel, welches sich seit der Ankunft des Bunnys angefangen hatte auszubreiten Einhalt zu gebieten. Eine simple Handbewegung genügte und augenblicklich legte sich wieder absolute Stille über den Gerichtssaal. Sein Blick schweifte erhaben über die Reihen der Zuschauer und blieb schliesslich beim Käfig hängen. „Nephilim…“ seine tiefe Stimme erhob sich unheilschwanger und liess nicht nur Kato für einen Moment leicht frösteln. „…du bist heute hier, weil du dich verschiedenster Verbrechen gegen den innersten Kreis der Hölle schuldig gemacht has. Dein Strafmass soll nach Erläuterung jener verkündet werden. Wünscht du noch irgendetwas zu sagen, bevor die Anklage fortfährt?“ Kato stutzte. Luzifer gewährte dem Bunny einen letzten Wunsch? Wie unerwartet… grosszügig. Die Angesprochene schien diesen Gedanken wohl zu teilen, denn sie hob schwerfällig den Kopf. Für einen Moment musterte sie die Reihen ihrer Ankläger und Richter, dann jedoch verzog sich ihr Mund zu einem zynischen Lächeln. „Ich wünsche vor meiner Exekution noch einmal mit ihm zu sprechen.“ Sie deutete auf Kato, der kaum sichtbar neben Luzifer am Boden kauerte und unter der direkten Nennung seiner Person gleich noch ein bisschen kleiner wurde. Sie wollte mit ihm sprechen? Ein Raunen ging durch die Reihen der Zuschauer und Luzifer setzte sich wieder, ohne eine direkte Antwort auf diesen Wunsch gegeben zu haben. Neben ihm kam Belial herbeigeeilt, die etwas zu heftig gestikulierend ihren Einspruch erheben wollte, doch bevor sie wirklich den Mund aufmachen konnte, hatte Luzifer schon die Hand gehoben und ihr mit einem kühlen „Belial, kenne deinen Platz“ sämtlichen Wind aus den Segeln genommen. Sie blieb stehen und starrte offensichtlich mehr als sprachlos zwischen dem eiskalten Höllenfürsten, dem selbstironisch grinsendem Bunny und Kato, der sich wieder mal wünschte am liebsten im Erdboden zu versinken, hin und her. Dann jedoch liess sie ergeben die Arme und drehte sich wieder nach vorne. Als wäre nichts gewesen, griff sie nach ein paar Papieren, die ordentlich vorbereitet auf dem Pult vor ihr auflagen und begann vorzulesen: „Nephilim, das hohe Gericht des innersten Höllenkreises verurteilt dich heute wegen der folgenden Vergehen: Hochverrat…“ Als wäre das noch möglich gewesen, begann das Bunny unter diesem Vorwurf gleich noch etwas mehr zu grinsen. Kato musste sich mit einem Schlucken eingestehen, dass er sogar erkannte sowieso. Schliesslich hatte sie es ihm ja recht deutlich gesagt: man kann niemanden verraten, dem man nicht die Treue geschworen hat. Dieser ganze Prozess war die reinste Farce. Das Bunny, als auch der Sklave erkannten das. Unweigerlich musste er leicht den Kopf schütteln. „…Verschwörung, Spionage…“ ging es weiter. Kato rollte bloss mit den Augen. Es stimmte vielleicht, aber irgendwie beeindruckte es niemanden. Besonders nicht die Angeklagte selbst, denn die sass bloss weiterhin auf ihrem Allerwertesten und schaute drein als würde man ihr gerade einen guten Witz erzählen. Er warf einen Blick zu Belial hinüber, die immer noch streng auf ihr Blatt schaute. Merkte sie eigentlich nicht, dass sie dem Bunny damit keine Angst machte? Oder war es einfach wieder einer dieser kleinen Machtkämpfe zwischen den beiden Frauen, wer zuerst Schwäche zeigen würde? Kato atmete einmal tief aus und wischte sich die Haare aus dem Gesicht. Also echt, die waren beide zu anstrengend. „… Sabotage, Entführung, Diebstahl…“ Er beschloss das Gelaber wieder auszublenden und lehnte sich stattdessen zurück. Es war ja nicht so, dass er sich keine Sorgen um das Schicksal des Bunnys machte, aber irgendwie schien es in diesem Moment auch gar nicht darum zu gehen. Hier war bloss gerade wieder ein Zickenkrieg im Gange, das durfte man also ignorieren. Dafür sprang Kato aber unerwartet etwas ganz anderes ins Auge: Vor ihm lehnte nämlich wieder Luzifers Hand über die Armlehne hinaus und der weisse Mittelfinger bewegte sich in kaum merklicher Manier. Kato starrte ihn für einen Moment an. Hiess das er sollte kommen? Nach einer halben Sekunde der Unentschlossenheit zuckte der Sklave dann aber mit den Schultern und kroch nach vorn. War ja auch egal, wenn’s was anderes geheissen hatte, würde er’s schon merken. Allerdings sah er sich in dem Moment, wo er dann wieder direkt vor der Hand hockte, erneut mit der Frage konfrontiert, was er denn nun eigentlich mit ihr anstellen sollte. Händchenhalten schloss er mal gleich von vornherein aus… war ja auch eine doofe Idee gewesen. Die Finger bewegten sich erneut. Kato beobachtete die Grazie, die in dieser simplen Sache lag mit offener Bewunderung, allerdings gab es ihm immer noch keine Antwort darauf was er tun sollte. Er starrte, aber gleichzeitig war sein Kopf vollkommen leer. Und dann, einfach nur so aus Reflex, griff er doch nach der Hand, führte sie zu seinem Gesicht und platzierte einen kleinen Kuss darauf. Kato konnte nicht sehen, ob Luzifer ihn anschaute, aber irgendetwas in der Haltung jener Hand, die immer noch an seinem Gesicht lag, sagte ihm, dass er es gerade geschafft hatte, den Höllenfürsten zu überraschen… na ja, wahrscheinlich hatte er sich selbst gerade noch viel mehr überrascht. Hitze stieg ihm ins Gesicht. Argh, er sollte wirklich nicht solche planlosen Aktionen starten… sie endeten immer peinlich! Dann bewegte sich die Hand wieder. Sie glitt etwas tiefer, streifte dabei sacht seinen Kiefer und begann schliesslich seine Halspartie zu streicheln. Kato neigte automatisch seinen Kopf etwas zur Seite, gleichzeitig begann aber auch die Stimme in seinem Hinterkopf sich auf wieder mal sehr penetrante Weise bemerkbar zu machen. Sie schrie ihm zum, dass er sich nun wirklich wie ein Haustier benahm und dass so ein Benehmen total unter dem bisschen Würde, das er besass, sei. Kato atmete tief ein und drehte seinen Kopf so, dass sein Hals noch ein bisschen offener lag. Eine andere Stimme - wahrscheinlich diejenige, die fand, dass sich das hier unglaublich gut anfühlte – hatte ihm gerade zugeflüstert, dass es sowieso nur falsche Eitelkeit sei, sich dem hier entziehen zu wollen, nachdem was sonst schon alles so mit Luzifer gemacht hatte. Er atmete erneut tief ein und warf dann einen unauffälligen Blick zu Luzifer hoch. Der schaute zwar streng geradeaus, aber trotzdem glaubte der Sklave da ganz minimin und unauffällig ein kleines Grinsen in seinem Mundwinkel zu erkennen. Ach, was spielte es schon für eine für eine Rolle, wenn ihm das hier gefiel?! Herrgott, er war schon in der Hölle! Niemand würde ihn dafür bestrafen, ausser er sich selbst… und vielleicht Luzifer, wenn der mal wieder eine seiner unabsehbaren Launen hatte. Aber im Prinzip konnte er es doch einfach… „ICH FORDERE ALSO DIE HÖCHSTSTRAFE! EXEKUTION NACH ERMESSEN DES MEISTGESCHÄDIGTEN!“ donnerte Belials Stimme durch den Saal. Kato zuckte so fest zusammen, dass er regelrecht rückwärts kippte. Nachdem er sich mit immer noch laut pochendem Herzen wieder aufgerafft hatte, waren nicht nur seine wunderbar selbstreflektorischen Gedanken zur Sau, sondern auch Luzifers Hand lag wieder geordnet auf der Armlehne. Er warf einen sauren Blick zu Belial hinüber, die während ihrem Schlusssatz theatralisch die Arme ausgebreitete hatte. Also echt, was ging ab? Ging’s der noch gut?! Kato versuchte immer noch den Schrecken zu überwinden und rutschte auf seinen Knien wieder etwas mehr zur Brüstung vor. Hatte sie eigentlich nicht gerade gesagt Exekution durch den Meistgeschädigten? Hiess dass dann nicht… „Und der Meistgeschädigte wärt dann Ihr, verehrte Belial?[1]“ Das Bunny hatte sich in ihren Käfig erhoben und die Hände um die Gitterstäbe gelegt. Sie schaute Belial herausfordernd an. Diese wiederum wandte ihren Blick demonstrativ zu Luzifer, als würde sie auf die Bestätigung dieses Urteilsspruchs warten. Auch Kato versuchte im Gesicht des Höllenfürsten zu erkennen, wie dieser sich entscheiden würde. Obwohl, eigentlich musste er sie ja schuldig sprechen, aber trotzdem… Man durfte das Bunny doch nicht einfach so dem Hutmacher überlassen, das war ja schon regelrecht fies. Kato versuchte Luzifer diesen Gedanken irgendwie zu kommunizieren, aber der hatte mittlerweile die Angeklagte ins Visier genommen und schien abzuwägen. Also verlagerte Kato seine Taktik und versuchte die Aufmerksamkeit des Teufels durch ein etwas zu auffälliges Hüsteln zu erregen, welches aber ebenfalls geflissentlich ignoriert wurde. Erst als der Sklave schliesslich wieder direkt neben den Thron gerobbt war und sich sein dezentes Hüsteln schon beinahe zu einem richtigen Raucherhusten entwickelt hatte, folgte ein sehr eindeutiges Fingerschnippen, welches ihm bedeutete die Klappe zu halten. Kato verzog schmollend den Mund und starrte zu dem immer noch streng geradeaus schauenden Luzifer hoch. Es war fies, man konnte doch nicht… man durfte doch nicht…. Sein Blick folgte dem des Teufels, der sich gerade mit jenem der Gefangenen mass. Auf dem Gesicht des Bunnys lag nach wie vor ein Grinsen, als wäre das alles halb so wild. Aus den Augenwinkeln konnte Kato sehen, wie nun auch Belial vom einen Fuss auf den anderen trat. Das lange Schweigen schien wohl auch sie zu beunruhigen. Dann jedoch erhob sich Luzifer, streckte den Arm aus und sprach mit schwerer Stimme: „Das Urteil steht fest. Nephilim, du wirst nach einem Zeitraum von hundertundelf Minuten – beginnend ab jetzt – in die Gewalt des Meistgeschädigten übereignet. Es untersteht dann demjenigen über dein weiteres Schicksal zu entscheiden.“ Kato starrte Luzifer an, der sich wieder zurück hatte sinken lassen. Er konnte es nicht glauben, er konnte es einfach nicht! Natürlich verstand er schon, dass das, was das Bunny getan hatte, Strafe verdiente. Sie war ja auch ihm gegenüber nicht besonders nett gewesen, aber trotzdem… trotzdem konnte man sie doch nicht umbringen! Eine seltsame Unruhe hatte von ihm Besitz ergriffen. Er raffte sich auf und schaute zu der Gefangenen im Käfig, die aber immer noch nur vor sich hingrinste. Allerdings – und das stellte Kato mit einem gewissen Unbehagen fest – wirkte es jetzt auch irgendwie resignierender. Er versuchte den Blick des Bunnys zu erhaschen und herauszulesen, was sie von der ganzen Sache dachte, doch dieser hing irgendwo undefiniert in der Ferne. Sie grinste schelmisch, als würde sie das alles nicht beeindrucken, aber irgendwie war sie wohl doch traurig. Kato musste schlucken und hob dann aus einem Impuls heraus den Arm. Er winkte ihr zu und schrie über die bleierne Ruhe des eben gefallenen Urteilsspruchs hinweg: „HE, du dummer Hase! Du willst dir doch von denen nicht einfach so das Fell über die Ohren ziehen lassen?!“ Ein Raunen ging durch die Menge und sofort packte eine grosse Hand Kato von hinten und zog ihn grob zurück. Während einer der gorillaartigen Gerichtsdiener ihm die Pranke über den Mund gelegt hatte, konnte der Sklave sehen, wie Luzifer ihm einen scheltenden Blick zuwarf à la ‚war denn das jetzt nötig?’ Er grinste unter der Hand, die ihn gefangen hielt, und fand sich gut. Denn es war nötig gewesen… zumindest für ihn. Im Raum hatte sich ein Gemurmel ausgebreitet und Kato konnte sehen, dass auch das Bunny wieder nach vorne getreten war. Dieses Mal grinste sie aber wieder wirklich. Sie schaute erst Kato an, wandte dann aber ihrem Blick zu Luzifer und meinte nonchalant: „Kriege ich jetzt meinen letzten Wunsch, oder nicht?“ Als nicht sofort eine Antwort folgte, schaute sie gespielt theatralisch auf eine nichtvorhandene Uhr an ihrem Handgelenk, „also wenn ich nur noch hundertundelf Minuten – obwohl mittlerweile dürften es wohl nur noch hundertzehn sein – zu leben habe, dann sollte ich es bald mal wissen.“ Kato konnte Luzifers Gesichtsausdruck nicht sehen, trotzdem folgte dann aber ein kaum merklicher Fingerzeig, welcher den Gerichtsdiener, der Kato festhielt, dazu nötigte, sich inklusive seiner Fracht nach vorne zu bewegen. Kato gab erst noch ein empörtes „HEY!“ von sich, realisierte dann aber, dass der Höllenfürst wohl gerade zugestimmt hatte und gab somit seinen Widerstand auf. Während man ihn an der Seite entlang nach unten schleifte, hörte er noch Belials Stimme, die ein finales „Die Sitzung ist geschlossen“ sprach und sofort begann sich Unruhe auszubreiten. Die Meute Schwarzgekleideter hatte wieder den Käfig umstellt und begannen ihn herauszurollen, und auch die Leute in den Bankreihen hatten sich erhoben. Sie tuschelten und redeten miteinander und es wandten sich immer mal wieder die Köpfe in die Richtung des Sklaven, welcher sie wohlweisslich ignorierte. Er hatte sich wieder mal Ärger eingehandelt, das wusste er, aber gerade im Moment war es ihm egal. Er konzentrierte sich lediglich auf den grossen Käfig, der langsam den Saal verliess und dessen Weg auch er und sein Gorilla zu folgen schienen. „Exzellenz…“ hallte plötzlich eine Stimme über die Masse hinweg. Sie hatte einen ähnlichen Effekt, wie vorhin Katos kleine Störung, denn sofort schien ein jeder in dem, was er gerade tat, inne zu halten. Das Publikum stand still und drehte sich nun nach diesem neuen Quell der Unruhe um, die Gerichtsdiener waren aufgesprungen, um zu sehen, wer sich denn jetzt schon wieder einmischte und sogar die Schwarzgekleideten hörten auf zu schieben. Auch der Sklave hatte begonnen mit suchendem Blick die Bankreihen nach dem mutigen Besitzer dieser Stimme zu durchkämen. Während er noch suchte, warnte ihn aber sein Gefühl schon. Es sagte ihn, dass ja klar gewesen war, dass da noch was kommen musste…. Und so blieb Kato schliesslich an einer Person in der dritthintersten Bankreihe hängen, die sich, gekleidet in einen schwarzen Umhang, stolz erhoben hatte und direkt zu Luzifer nach vorn blickte. Er seufzte tief. Warum nur hatten es die Freaks immer auf ihn abgesehen? Warum nur war klar gewesen, dass der noch irgendwie das Maul aufreissen musste? „… Ich möchte als Ergänzung zu den bisherigen Traktanden noch einen zusätzlichen Punkt anführen...“ fuhr der Unbekannte fort. Neben ihm erhoben sich auch seine Begleiter, als wollten sie damit unterstreichen, dass es hier nicht nur um irgendeine Lappalie ging. Die Gerichtsdiener begannen natürlich sofort von allen Seiten auf die Gruppe zuzueilen, doch Luzifer hob lediglich leicht die Hand, was sie in ihrem Tun einhalten liess. Ein leichtes Kopfnicken liess den Fremden fortfahren: „… Und zwar geht es um die Fehlklassifizierung der Seele Yue Katos.“ Kato lauschte und lauschte und peilte es irgendwie nicht so ganz. Auch im Saal war alles erstarrt. Die Leute bewegten sich keinen Millimeter und für einen Moment fiel der Blick des Sklaven auf ein paar kleine herumfliegende Staubpartikel. Hatte er das echt gerade richtig verstanden? Schliesslich durchbrach das Rascheln von Kleidung die geradezu bleierne Stille. Am anderen Ende des Saales hatte sich Luzifer erhoben. Mit einer weiteren simplen Handbewegung hatte er die Schwarzgekleideten angewiesen sich mit dem Käfig wieder in Bewegung zu setzen. Dann glitt sein Blick ruhig, aber gleichzeitig gezeichnet von einer unglaublichen Kälte über das Publikum. Jeder, der davon berührt wurde, schien automatisch zusammenzuschrumpfen. Plötzlich erklang das penetrante Geräusch von Absätzen und Belial drängte sich nach vorn. Mit einer ungewohnt hektischen Geste begann sie die Leute wegzuscheuchen. „Die Sitzung ist geschlossen. Raus mit euch!“ Kato warf einen Blick über seine Schulter zurück zu ihr und war erstaunt, wie seltsam hoch ihre Stimme plötzlich klang. Es war beinah, als sei sie … nervös. Dann begann aber auch schon Katos Gorilla ihn wieder in Richtung des schon halb verschwundenen Käfigs zu zerren. „HEY!“ er begann sich wieder zu sträuben, „ich will das hören!“ Doch der Wächter packte ihn einfach noch etwas härter am Oberarm. Auch der Rest des Publikums begann sich nun erstaunlich ruhig Richtung Ausgang zu bewegen. Wobei anzumerken war, dass sie sich zwar bewegten, aber ein jeder wohl die Öhrchen bis aufs äusserste gespitzt hatte. Man erhoffte sich, vielleicht noch das eine oder andere Wort dieses seltsamen Neuankömmlings zu erhaschen. „Durch eine zuverlässige Quelle hat der Hohe Rat des sechsten Himmels erfahren, dass sich betreffende Seele hier befindet und ist aufgrund deren Verdienste im letzten heiligen Krieg zum Schluss gekommen, dass bei der Beurteilung Yue Katos ein Fehler unterlaufen sein muss. Er gehört nicht in die Hölle.“ Diese sechs Worte waren das letzte, was noch durch die sich schliessenden Flügeltüren drang. Dann fielen sie mit einem schweren Klacken ins Schloss und Ruhe legte sich über die düsteren Gänge. In Katos Kopf hallten sie nach. Während das Publikum begann sich aufzulösen, jetzt wieder heftig diskutierend, drehte sich in seinem Kopf noch alles. Der Wächter zerrte ihn in irgendeine Richtung, doch Kato achtete gar nicht weiter darauf. Er verstand das alles nicht. Das war gerade etwas zuviel gewesen. TBC [1] Warum ist Beli die Meistgeschädigte? Dadurch dass das Bunny die ehemalige Untergebene Belis ist, sie aber ein Spion war, ist anzunehmen, dass der Ruf Belials als treue Dienerin Luzifers und She’Ol sehr darunter gelitten hat (so was in der Art kommt ja auch im ersten Intermezzo raus). Sie ist also diejenige, die das Bunny am ehesten als Verräterin empfinden wird. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)