Schuld & Sühne von 35M3R0D ================================================================================ Kapitel 44: Kapitel 44 ---------------------- Es war Luzifer. Kato starrte seine unverkennbare Form an und dann…. legte sich in seinem Kopf irgendein Schalter um und sämtliche Rationalität wurde ausgeschaltet. Seine Beine fingen an sich von allein zu bewegen, näherten sich der Masse des kämpfenden Chaos und wurden in ihrer Bewegung immer schneller. Bereits in einiger Entfernung hörte er Gem nach ihm rufen, doch Kato hatte alles um sich herum ausgeblendet. Er sah nur noch den gefallenen Morgenstern, der sich stolz über alles andere erhoben hatte und vernichtend herab blickte. Er musste zu ihm, jetzt wo er ihn endlich gefunden hatte! Das wie spielte keine Rolle, er hatte sein Ziel erreicht. Für einmal war er nicht nutzlos, sondern erfolgreich gewesen! Lärm drang plötzlich wieder an sein Bewusstsein, er war nun schon sehr dicht bei der Front der Kämpfenden. Doch dann hielt er inne. Er hatte Luzifer aus dem Blickwinkel verloren! Ein Schwall der Panik brach über den Sklaven herein. Nein, das durfte nicht sein! Er musste ihn finden. Jetzt wo er doch schon zum Greifen nah gewesen war. „Ka….ra…“ das Rufen Gems ging im Lärm der Meute beinahe unter, trotzdem liess es Kato sich noch einmal umdrehen. Er sah wie der Nephilim, obwohl verlangsamt durch seine Wunden, dabei war, wieder zu ihm aufzuschliessen. „Bist du wahnsinnig?! Renn nicht einfach so weg!“ Kato sah die Besorgnis auf Gems Gesicht und ein wehmütiges Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Gem würde ihm wohl nicht verzeihen, wenn er herausfände, wer er wirklich war. Also hob er seine Hand ein letztes Mal und deutet einen kurzen Abschiedsgruss an, bevor er sich endgültig umwandte und ins Getümmel stürzte… „KARA! HAAAALT!“ der Schrei hallte nach, trotzdem verdrängte ihn Kato schnell wieder. Er hatte zwar durchaus so etwas wie ein schlechtes Gewissen was den anderen anging, aber es nahm momentan einen enorm kleinen Teil seines Denkens ein. Stattdessen schien sich alles nur darum zu drehen, wie nahe Luzifer war und wie nahe er dran war, zu ihm zu gelangen und ihm alles berichten zu können…. Danach würde er sich dann wieder mit Gem auseinandersetzten, aber momentan gab es nur eine Sache, die zählte, und das war Luzifer! Ein Schwerthieb verfehlte ihn nur knapp. Kato konnte gerade noch zur Seite springen und gab ein erschrockenes Keuchen von sich. Er musste aufpassen, die Dämonen hier machten wirklich keinen Unterschied zwischen Freund und Feind, sondern schienen stattdessen einfach nur wahllos alles abzumetzeln, was irgendwie in ihr Jagdschema passte… und dass er mit seinem langen Mantel momentan gerade dessen Inbegriff bildete, wollte er lieber ignorieren. Obwohl… er starrte kurz auf den Stoff zwischen seinen Findern. Die Mäntel waren das Markenzeichen der Nephilim. Ohne sie sahen sie wie Menschen aus…. Und sie hatten ja nicht mal mehr schwarze Augen… Kato zögerte nicht lang und streifte das lange, schwere Stück Stoff von seinen Schultern. Sofort überfiel ihn ein Frösteln. Egal ob nass oder feucht, aber die Mäntel waren auf jeden Fall was wert bei diesem Wetter. Seufzend liess er ihn zu Boden gleiten und setzte wieder zum Sprint an. Er wich mehr oder weniger geschickt den wild um sich schlagenden Dämonen aus, duckte sich unter Schwerthieben hinweg und versucht den langen, spitzen Krallen irgendwelcher Monster zu entrinnen. Er hatte zwar nicht wirklich das Gefühl ohne den Mantel weniger angegriffen zu werden, aber er war auf jeden Fall agiler. Katos Blick ging wieder zum Himmel. Wo war Luzifer hin? Er konnte nicht weit sein, trotzdem war er nirgendwo mehr auszumachen. Ein geller Schrei neben ihm liess den Sklaven erschrocken zusammenzucken und erinnerte ihn sehr nachdrücklich daran, wo er eigentlich war. Er schlängelte sich zwischen den Kämpfenden hindurch, stiess sie aber auch mal grob zur Seite, wenn er keinen anderen Weg sah sich Durchlass zu verschaffen und erntete meistens dafür einen spitzen Gegenstand, der irgendwo dicht neben ihm einschlug. Und obwohl das alles eigentlich schrecklich beängstigend gewesen wäre, war Kato für einmal wirklich entschlossen sein Bestes zu geben und sich nicht einschüchtern zu lassen. Er wusste, dass er sich in unmittelbarer Lebensgefahr befand und sie war dieses Mal sogar noch immanenter als der Harpyienangriff auf weitem Feld. Er war links und recht, vorne und hinten umgeben von Kreaturen, deren einziges Ziel ihr Überleben auf Kosten der andern war. Er wusste auch, dass er nach wie vor keine Chance hatte sich gegen irgendeine von ihnen zur Wehr zu setzen; immerhin war er noch nicht mal mehr bewaffnet. Aber darauf legte er es auch gar nicht an, sondern er hatte sich auf eine Taktik des unauffälligen Ausweichens und Wegrennens verlegt. Bisher klappte das soweit auch ganz gut, denn selbst wenn mal wieder eine Axt über seinen Kopf hinwegzischte, die auch tatsächlich seinem blonden Haupt gegolten hätte, machte sich keiner der Angreifer die Mühe Kato zu verfolgen, wenn er sich lauthals schreiend im Getümmel verdrückte. Obwohl der Sklave sich mittlerweile schon ziemlich weit in die heterogene Masse der Kämpfenden vorgewagt hatte, konnte er den schwarzgeflügelten Teufel immer noch nicht wieder erspähen. Zudem war auch die weisse Ebene, bzw. der Punkt, wo er sich selbst ins Getümmel geworfen hatte, nicht mehr zu erkennen. Er war wirklich von allen Seiten umringt und gerade im Moment etwas panisch, dass er nicht mehr ganz sicher war, in welche Richtung er weiter vorzustossen versuchen sollte. Wie konnte es bloss sein, dass er sich sogar auf einem Schlachtfeld verirrte?! Doch Kato wollte und konnte sich nicht länger Gedanken darüber machen. Das Gemetzel ging weiter und nahm keine Rücksicht auf seine Orientierungsschwierigkeiten. Das wurde noch betont, als er plötzlich einen stechenden Schmerz in seiner rechten Schulter verspürte. Er taumelte jaulend nach vorne und fiel auf seine Knie. Sofort schlug eine sichelförmige Metallklinge neben ihm ein und liess ihn sich erschrocken umdrehen. Ein riesiger trollartiger Kerl, mit leicht grüner Haut und einem Gesicht das an Hässlichkeit kaum mehr zu überbieten war, schaute drohend auf Kato herunter. Mit einem Ruck zog er die Sense wieder aus dem Untergrund und holte erneut aus um diesmal wirklich den dürren Körper des Sklaven in zwei Hälften zu teilen. Dieser sprang quietschend auf und suchte so schnell ihn seine Füsse trugen das Weite. Hinter sich konnte er noch den wütenden Aufschrei des Trolltypen vernehmen, doch auch er unterliess es, trotz seines offensichtlichen Missfallens, ihn weiter zu verfolgen. Kato hielt sich die verletzte Schulter. Sie blutete ziemlich stark und tat scheiss weh. Er konnte nicht wirklich erkennen wie tief der Schnitt war, aber er nahm sich vor die Zähne zusammen zu beissen und ihn des weiteren zu ignorieren, immerhin hatte er gerade wichtigeres zu tun; namentlich überleben und Luzifer finden. Der Lärm, der von Kampftreiben verursacht wurde, die Schreie und das Klirren von Metal drängten sich wieder in sein Bewusstsein. Er musste weiter. Er musste Luzifer finden. Egal wie…. Doch das Gewühl um ihn herum wollte nicht nachlassen. Alles war so unübersichtlich und Kato hatte nach wie vor keine Ahnung in welche Richtung er eigentlich ging. Das Zusammentreffen mit dem Troll hatte auch noch dafür gesorgt, dass er jetzt nicht mal mehr wusste, aus welcher er eigentlich gekommen war. Alles sah gleich aus, weil überall um ihn herum nur gekämpft wurde. Natürlich waren es immer andere Gegner, trotzdem wirkten sie auf den Sklaven alle gleich, weil sie alle das gleiche taten, nämlich einander die Köpfe einschlagen! Eine Unruhe hatte von ihm Besitz ergriffen. Vorhin war er noch absolut überzeugt davon gewesen, dass es jetzt nur noch ein Katzensprung bis zu Luzifer war und dass er es schaffen konnte, wenn er es sich nur fest genug vornahm…aber gerade im Moment war er sich nicht mehr so sicher. Er blieb zwar immer in Bewegung, duckte sich weiterhin unter den willkürlichen Schwerthieben hinweg und hüpfte über Stock und Stein, aber er tat es nicht mehr mit der gleichen Zielsicherheit wie zuvor. Er fühlte sich gerade wieder etwas verloren… ABER NEIN! So durfte er nicht denken! Kato ballte die Hände zu Fäusten, Luzifer war ganz in der Nähe und er würde ihn finden. Er konnte sich nicht jetzt, so kurz vor dem Ziel, entmutigen lassen. Schliesslich hatte er es schon vor Augen gehabt. Er sprintete weiter. Meistens funktionierte seine Taktik des Ausweichens relativ gut, hin und wieder aber auch nicht… Er streifte ein grosses Irgendwas und blieb unerhofft an dessen Mantel hängen. Das Resultat war, dass beide, Kato und der undefinierbare Riese zu Boden gingen, was von diesem natürlich sofort als Angriff gewertet wurde und er sich seinerseits auf den Blonden stürzten wollte. Dieser schaffte es gerade noch sich rechtzeitig aufzurappeln, um ungeschickt das Weite suchen zu können. Torkelnd machte er sich davon. Langsam ging ihm die Puste aus und hier in diesem Kampf war er wirklich immer auf Zack. Er war als würde man einen abstrusen Hindernislauf absolvieren, nur dass das hier wesentlich länger dauerte als all das was sie so in der Schule gemacht hatten. Er wischte sich eine verschwitze Haarsträhne aus der Stirn. Obwohl er vorher ohne seinen Mantel noch gefröstelt hatte, war ihm jetzt heiss. Er war echt nicht für so was geschaffen… Ein unerwarteter Hieb in den Rücken liess ihn zu Boden stürzen. Sofort durchzog ihn eine heftige, von seiner Schulter ausgehende Welle des Schmerzes und liess für einen Moment die Welt vor seinen Augen schwarz werden. Scheisse! Er durfte nicht so unaufmerksam sein! Mühsam versuchte er seine Wahrnehmung dazu zu zwingen, ihm wieder ein scharfes Bild zu liefern. Doch nur quälend langsam lichtete sich der Schleier wieder und konfrontierte den erschöpften Sklaven erstmal mit dem Anblick von vielen wild durcheinander trampelnden Füssen und Beinen. Es dauerte einen Moment bis er realisierte, dass er ja zu Boden gestossen worden war und dass er sich gefälligst wieder aufraffen musste. Langsam konnte er wirklich nicht mehr, aber hier einfach so liegen zu bleiben ging auch nicht, weil das auf jeden Fall seinen sicheren Tod bedeutet hätte. Schwerfällig kämpfte er sich wieder auf die Füsse. Sein Sichtfeld war immer noch etwas eingeschränkt, trotzdem setzte er sich wackeligen Schrittes wieder in Bewegung. Er durfte nicht einfach so aufgeben. Nein, dieses Mal würde er es aus eigener Kraft schaffen! Kato wankte durch das Gewühl, sich dabei immer die wieder blutende und überaus schmerzhafte Schulterwunde haltend. Es sah kaum noch was. Alles kam ihm irgendwie gedämpft und verlangsamt rein. Der vorher so penetrante Schlachtlärm war plötzlich ein weit entferntes Rauschen, das dafür aber direkt in Katos Kopf zu sitzen schien. Er kniff ein paar Mal die Augen zusammen in der Hoffnung, dass dadurch wenigstens seine Sicht besser werden würde, aber es half nur sehr kurzfristig. Wie in einem alten, schlecht restaurierten, rauschenden Film zog alles an ihm vorbei. Kato fühlte sich als würde er jeden Moment ohnmächtig werden. Hatte er sich zuviel vorgenommen? Er atmete einmal tief ein und schleppte sich weiter. Nein, er wollte nicht aufgeben. Dieses Mal nicht…. Nur dieses eine Mal nicht. Er wollte es beweisen… allen beweisen, dass er es konnte…. Und vor allem sich selber. Er blinzelte wieder ein paar Mal. Mittlerweile hörte er praktisch gar nichts mehr. Dann plötzlich spürte er einen harten Schlag von der Seite und er wusste, dass er fiel. Er verspürte nicht wirklich irgendwelche Schmerzen, stattdessen wurde sein ganzer Körper von einem konstanten heissen Pochen durchzogen, das von seiner Schulter aufging. Er lag am Boden… und die Augen offen zu halten fiel ihm immer schwerer. Nein, NEIN! Nicht ohnmächtig werden! Nur noch ein bisschen… Luzifer konnte nicht mehr weit sein…. Er wollte nicht… Er fühlte den kühlen Schnee unter sich. Die Füsse trampelten immer noch wild durcheinander und schienen sich nicht mehr um den gefallenen Sklaven zu kümmern. Warum? Er war doch noch nicht tot…. Doch es war alles so weit weg... und wahrscheinlich war Kato für diejenigen, die kämpften, genauso weit weg, wenn er ausgeknockt am Boden lag. Der Sklave verzog den Mund zu einem bitteren Lächeln. Seine Gedanken ergaben irgendwie keinen Sinn mehr. Hatte es ihn wirklich so schlimm erwischt? So krass konnte diese Schulterwunde doch gar nicht sein, immerhin hatte Gem ja auch noch verletzt weiterkämpfen können…. Ok, vielleicht sollte er sich Schwächling nicht mit einem erfahrenen Krieger wie Gem vergleichen. Er war so eine Niete. Luzifer war so nah gewesen, doch nicht einmal das hatte er geschafft… Vor seinen Augen tanzten schwarze Punkte und Blut rauschte in seinen Ohren. Der Hintergrund wurde von einem blutroten Fleck eingenommen. Kato verstand nicht wirklich was er sah, aber es war ihm mittlerweile auch egal. Vielleicht sollte er sich wirklich damit abfinden, dass er nutzlos war und sich dem ewigen Leiden ergeben. Der Fleck kam näher, schlug die umrissartigen Gestalten um sich herum nieder und verschlang sie. Kato wusste nicht was ihn dazu bewegte… vielleicht war es sein letzter Versuch nicht aufzugeben, nicht wegzurennen und für einmal nicht einfach nur das Schicksal anzunehmen, denn er hob mit letzter Kraft den Kopf und schaute zu dem Fleck auf. Und obwohl es ihm schwer fiel wirklich etwas zu erkennen, verstand er mit einem mal, dass der Fleck nicht einfach eine blutrote Masse an Farbe war, sondern ein karminroter Mantel, der jemandem gehörte, den er kannte…. „ASMODEUS!!!“ Kato schrie aus vollem Halse. Es war sein letzter Aufschrei, denn danach wurde die Welt um ihn herum tatsächlich schwarz. Er war sich nicht sicher, ob der Erzdämon ihn auch gehört hatte oder ob es überhaupt wirklich selbiger gewesen war. Aber er hatte einen dunkelhaarigen Kerl in einem roten Samtmantel gesehen und der Sklave war sich in jenem Moment sicher gewesen, dass es nur einer sein konnte…. ~~~ Er hörte ein Pochen. Es klang gleichmässig und beruhigend. Alles um ihm herum war rot… er wusste nicht warum, aber rot war wichtig. Sehr wichtig… „Hey Junge…Los! Wach auf!“ Die Stimme zerrte irgendwie an seinem Bewusstsein, aber er wollte noch nicht. Er wollte lieber noch etwas in dem angenehmen Rot eingehüllt sein. Dann fühlte er eine Berührung. Etwas strich über seine Brust und wanderte dann weiter nach unten. Es war nicht unangenehm, deswegen liess Kato es einfach so geschehen… es wäre sowieso zu anstrengend gewesen, sich weiter Gedanken darüber zu machen. Dann liess die Berührung für einen Moment von ihm ab, nur um sich gleich darauf mit unerwarteter Forschheit in seinem Schritt zu manifestieren…. Kato kreischte auf und war augenblicklich wach! Was? Wer?! Er war hochgeschnellt und versuchte sich mit schützend über seine privaten Körperpartien geschlagenen Händen und verschwommenen Blick ein Bild der Situation zu machen. Asmodeus stand schleimig und amüsiert grinsend über ihm. Er hatte den Kopf etwas schief gelegt und kommentierte die offensichtliche Panik des Sklaven lediglich mit einem „Ach, jetzt bist du doch schon wach…“ bevor er sich umwandte. Kato gab ein Knurren von sich. Der Kerl hatte ihn wieder mal begrabscht, das war doch einfach die Höhe. Er würde… Seine gerade beginnen wollende Schimpftirade auf den Satan der Wollust wurde unterbrochen, als Kato realisierte, dass er sich in einem Zelt befand. Es war höher und irgendwie geräumiger, als das der Nephilim, wo er mit Belial gefangen gehalten worden war. Ausserdem lag er auf etwas, das verdammt nach einer Krankenbahre aussah. Automatisch sah er an sich herunter und musste feststellen, dass sich über seine Brust ein weisser Verband spannte. Ja natürlich, er war ja verletzt worden… seine Schulter. Und als wäre es diese Erkenntnis gewesen, auf die sein Bewusstsein gewartet hätte, setzte auch sogleich das konstante Pochen wieder ein, das er mittlerweile als Welle des Schmerzes identifiziert hatte. Kato verzog das Gesicht. Grossartig, darauf hätte er echt verzichten können. Aber trotzdem war es erträglich. Seine Schulter tat weh, aber es war viel besser als vorhin noch auf dem Schlachtfeld. Er schaute sich erneut um. „Wer hat mich verarztet?“ Asmodeus, der mittlerweile zum Eingang des Zeltes getreten war und nach draussen schaute, wandte sich wieder um. Er zog erst kritisch eine Augenbraue hoch, erwiderte dann aber jovial wie immer: „Ich natürlich.“ Kato glaubte ihm kein Wort, aber das war momentan auch nicht so wichtig, denn ihm war etwas anderes eingefallen… „Wo ist Luzifer?“ Das Grinsen auf dem Gesicht des Erzdämons verschwand. „Draussen bei den Truppen, wo er sein sollte.“ antworte er sachlich. „Ich muss zu ihm.“ Kato versuchte zur Bestätigung seiner Worte auch gleich sich aufzuraffen und von der Bahre aufzustehen. Diese Aktion wurde natürlich mit einem sofortigen Schwindelanfall bestraft und zwang den Sklaven sich wieder hinzusetzen. „Er hat jetzt wichtigeres zu tun, als mit dir zu plauschen, Haustierchen.“ Diese Aussage zusammen mit dem zwinkernden Blick des wollüstigen Alten klang wieder mal dermassen anrüchig und abschätzig, dass Kato das Bedürfnis ihm die Hände um den Hals legen zu wollen nicht unterdrücken konnte. Ja, es war wirklich alles fast wie immer… „Ich will nicht mit ihm plauschen, ich muss ihm etwas Wichtiges erzählen… etwas über die Nephilim und das Ritual, das sie durchgeführt haben“ „Ritual? Davon weiss ich nichts….“ Asmodeus klang skeptisch. „Natürlich nicht. Es ist ja auch geheim und hat sie stärker gemacht.“ Kato wiederum klang eher wie ein trotziges Kind, das einem unverständigen Erwachsenen etwas vollkommen Offensichtliches erklären musste. Doch der Satan schien immer noch nicht überzeugt, denn er runzelte lediglich kritisch die Stirn. „Wo ist Belial?“ Hä? Oh äh Belial… ja, die hatte er vollkommen verdrängt gehabt. „Es geht ihr nicht so schlecht…“ antwortete der Sklave erstmal ausweichend, „…sie hat zwar gegen das Bunny abgelost, aber es geht ihr schon besser. Du weißt ja, so schnell vergeht Unkraut wie sie nicht.“ „Wie sie hat ABGELOST?!“ Ganz wider Katos Erwarten, war der Satan plötzlich sehr schnell bei ihm und hatte ihn am Oberarm gepackt. „Hey!“ er schälte sich in einer abrupten Bewegung aus der unerwünschten Berührung und rutschte erstmal wieder einen weit Meter weg. Doch obwohl Asmodeus ihn abrücken liess, sagte sein brennender Blick, dass er auf jeden Fall eine ausführliche Antwort erwartete. „Ja ja, schon gut…“ Kato hob beschwichtigend die Hände, „sie hat nicht wirklich abgelost. Eigentlich hatte sie schon gewonnen, doch dann kam der Herr der Fliegen und hat sie von hinten überrascht.“ „Der Herr der Fliegen?“ In der Stimme des Erzdämons spiegelte sich ganz eindeutiger Unglaube wider. „Ja, er ist ein Verräter…“ Kato sagte das ganze so leicht dahin, während das Hauptmerk seiner Aufmerksamkeit schon wieder zu dem Unterfangen sich von der Bahre aufzuraffen abgedriftet war, „…wusstet ihr das etwa noch nicht?“ Asmodeus gab lediglich ein Räuspern von sich, während Kato es endlich geschafft hatte wieder auf seinen eigenen zwei Beinen zu stehen. „Kann ich jetzt endlich zu Luzifer?“ Der Erzdämon nickte wortlos und setzte sich in Bewegung. Er geleitete Kato aus dem Zelt und führte ihn durch die Masse am Boden sitzender Soldanten hindurch. Es schien als hätten diese gerade so was wie eine Waffenruhe, denn die meisten waren entweder damit beschäftigt ihre Schwerter zu wetzen oder sich ihre unzähligen Wunden zu verbinden. Kato konnte einen gewissen Anflug von Furcht nicht unterdrücken, wenn er sich die wilde Meute so besah, denn nach wie vor wurde die Mehrheit von ihnen von irgendwelchen nicht-menschlichen Monstern und Dämonen gebildet. Es war schon eine Ironie, dass die Armee auf deren Seite er stand, so hässlich war… Sie durchquerten die lagernden Truppen bis sie schliesslich eine Gruppe von Leuten erreichten, die etwas abseits stand. Alle Beteiligten hatten ihnen den Rücken zugewandt, während sie über einer Karte etwas zu diskutieren schienen, aber Kato konnte auch so sofort erkennen, dass Luzifer derjenige in der Mitte war. Sein langes dunkles Haar fiel über den Umhang, den er auf dem Rücken trug, und wehte leicht im kalten Wind. Er konnte nicht verhindern, dass sich sein Herzschlag bei dem Anblick beschleunigte. Endlich hatte er es geschafft! Endlich hatte er Luzifer gefunden! Er hatte es tatsächlich geschafft! Für einen Moment fühlte Kato sich einfach nur unglaublich erleichtert. Er hatte es geschafft, obwohl er selbst nicht mehr damit gerechnet hatte. Er war ein bisschen stolz auf sich… nein falsch, er war seeehr stolz auf sich! Unweigerlich schlich sich ein Grinsen auf sein Gesicht. Und Luzifer war auch da… er hatte ihn immerhin schon ziemlich lang nicht mehr gesehen. Der Typ zu Luzifers Rechten drehte sich um und warf einen genervten Blick auf die Neuankömmlinge. Kato kannte ihn nicht, aber er wirkte irgendwie sehr militärisch. Dann wandte sich auch noch der links zu ihnen um und musterte den Sklaven ganz unverhohlen und mit einer mehr als missbilligenden Attitüde. Kato wartete darauf, dass auch Luzifer endlich reagieren würde, doch dieser blieb weiterhin über seine Karte gebeugt und schien nicht das geringste Interesse daran zu haben, sich jetzt mit seinem zerzausten Haustierchen auseinandersetzten zu müssen. Irgendwie machte ihn das ungeduldig. Kato starrte auf den schwarze Rücken und das glänzende Haar. Warum drehte er sich nicht um? Er würde doch sicher hören wollen was er zu sagen hatte, oder nicht? Und bevor Kato wirklich darüber nachdenken konnte, was er tat, hatte er einen Schritt nach vorn gemacht und den Teufel selber angesprochen. „Herr?“ Doch während ein sichtliches Luftholen durch die Reihen der Beobachter ging, machte dieser immer noch keine Anstalten seinem Sklaven die Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die jener sich wünschte. Stattdessen richtete er sich gerade auf, Asmodeus und Kato immer noch den Rücken zugewandt. „Marquis…“ Sofort hatte dieser zu Kato aufgeschlossen und deutete eine Vergebung an „Ja, Exzellenz?“ „Hatte ich dir nicht aufgetragen, dafür zu sorgen, dass er das Versorgungszelt nicht verlässt?“ Asmodeus verzog das Gesicht. „Nun ja, ich wollte ihn ja davon abhalten, aber er meinte, er habe euch etwas Wichtiges zu berichten… von einem Ritual und dass der Herr der Fliegen ein Verräter sei.“ Nun endlich wandte sich der Höllenfürst zu ihnen um. Kato konnte nicht verhindern, dass ihn bei dem Anblick eine Gänsehaut überfiel. Luzifer trug diesen glänzenden schwarzen Kampfanzug, den er schon bei den Gefechten im Himmel zu Gesicht bekommen hatte und wirkte mit seinem kalten Blick, mit dem er Asmodeus direkt fokussiert hatte, wie der Inbegriff von Stärke, Überlegenheit und Kontrolle. Kato schrumpfte an seinem Platz gleich etwas zusammen und befand für sich selber im Stillen, dass er vielleicht lieber doch nicht so ungeduldig hätte sein sollen. Obwohl der Teufel momentan eher mit dem Satan der Wollust beschäftigt zu sein schien, war seine Präsenz in Katos Wahrnehmung plötzlich so übermächtig geworden, dass sich automatisch seine Nackenhaare aufgestellt hatten. „Ist das so?“ Luzifer schritt auf die beiden zu, schien aber immer noch nur mit Asmodeus zu reden. „Und warum hat er dann nichts an?“ Er hatte innegehalten und war direkt vor ihnen stehen geblieben. Kato schaute erschrocken an sich herunter. Stimmte ja…. Ausser dem Verband trug er oben nichts. Nun gut, er hatte vorher schon nicht viel mehr angehabt, aber irgendwie war er zu fest darauf fixiert gewesen Luzifer zu finden, um zu bemerken, wie kalt es wirklich war. Ähnlich schien auch Asmodeus zu denken, denn er räusperte sich und erwiderte kleinlaut: „Er hatte es sehr eilig zu Euch zu gelangen, Exzellenz.“ Luzifer hob leicht amüsiert eine Augenbraue und schaute dann aber zum ersten Mal direkt zu seinem Sklaven, der sich gerade wünschte doch lieber nicht so überstürzt gehandelt zu haben. „Gib ihm deinen Mantel und dann geh wieder auf deinen Posten, Marquis.“ Diese Anweisung schien das Ende des Gespräches zu markieren, denn der Teufel wandte sich um und kehrte mit gelassenem Schritt zum Tisch mit der Karte darauf zurück. Der Herr der Wollust schien dafür nur umso verblüffter, denn er starrte dem sich entfernenden Höllenfürsten für ein paar Sekunden erst ungläubig nach, bevor wieder Leben in seine Glieder kam und er sich widerwillig aus seinem roten Umhang schälte. Er hielt ihn Kato hin, was von diesem aber bloss ähnlich verwirrt zur Kenntnis genommen wurde. „Los nimm ihn schon, i-…“ Asmodeus stockte und schüttelte resignierend den Kopf. Kato fragte sich zwar, was der Erzdämon noch hatte sagen wollen, nahm den Umhang dann aber trotzdem wortlos entgegen. Er ekelte sich zwar ehrlich gesagt ein bisschen etwas zu tragen, das diesem Perversen gehörte – wer wusste schon wobei er es alles schon getragen hatte -, aber es war Luzifers Befehl gewesen und dem hatten sie beide bekanntlicherweise nicht besonders viel entgegen zu setzten. Der Marquis wandte sich zum Gehen, hielt dann aber noch ein letztes Mal inne und packte Kato, der gerade dabei war den Umhang überzustreifen, am Arm. Mit einem Augenzwinkern und zuckersüssem Tonfall meinte er: „Ich möchte ihn dann aber gerne wieder zurück haben.“ Kato schauderte, während er den Herrn der Wollust endgültig abziehen sah. Also echt! Der alte Sack änderte sich nie…. Er schaute Asmodeus lange nach, bevor er seinen Blick wieder auf Luzifer richtete. Es war bloss eine Massnahme um Zeit zu schinden, denn um ehrlich zu sein, hatte Kato absolut keine Ahnung wie er sich jetzt verhalten sollte. Er wusste, er musste Luzifer von den Dingen berichten, die er gesehen hatte, aber wie? Nach dieser Szene gerade eben konnte er nicht mehr einfach zu ihm hin gehen und darauf los plappern. Irgendwie hatte er sich ihr Wiedersehen etwas anders vorgestellt…. Er wusste auch nicht genau wie, aber sicher nicht so. „Sklave!“ Katos Kopf schnellte hoch und er sah wie der Teufel ihm einen Blick über seine Schulter zuwarf. „Ich dachte, du hättest es ausserordentlich eilig mir von den Vorkommnissen bei den Nephilim zu berichten.“ Schluckend nickte er und machte sich daran schnell bis zu Luzifer an dem Tisch mit der Karte aufzuschliessen. Die zwei anderen Kerle waren mittlerweile auch abgezogen und sie waren dementsprechend allein. Kato schaute nervös zu Luzifer hoch, dessen Blick allerdings aufmerksam über die Markierungen auf der Karte wanderte. „Die Nephilim…“ er wusste nicht so recht wie er anfangen sollte, „….sie haben ein Ritual veranstaltet.“ Luzifer schien weiterhin nicht besonders interessiert. „Aber davor hat der Hutmacher mit dem Bunny gekämpft und verloren….“ Ein skeptisches Stirnrunzeln erschien auf dem schönen Gesicht des Teufels, das Kato dazu veranlasste seine wirre Aussage etwas zu relativieren. „S-Sie hat nicht wirklich verloren! Der Herr der Fliegen hat sie von hinten überrascht, also war es zwei gegen einen. Und dann…“ Luzifer richtet sich auf und schaute nun zum ersten Mal wirklich interessiert auf Kato herunter. „Beelzebub hat also wirklich die Seite der Nephilim ergriffen?“ „Ja!“ Kato, bestärkt dadurch, dass er Luzifer endlich etwas erzählen konnte, das dessen Aufmerksamkeit zu erwecken schien, wollte hektisch fortfahren, doch dieser stoppte ihn mit einer simplen Handbewegung. „War sonst noch jemand da ausser ihr vier?“ Katos Mund stand offen, während ihn die überraschende Äusserung der Frage dazu brachte, sich die Szene ernsthaft noch mal vor Augen zu führen. „Ähh nein…. oder doch… DOCH! Die Wachen waren noch da, aber die haben nichts gemacht. Nichts gesagt und auch nicht eingegriffen als sie gekämpft haben… Die hätten den Hutmacher gewinnen lassen, obwohl sie doch eigentlich auf der Seite der Nephilim stehen.“ Die letzte Aussage überraschte selbst den Sklaven, denn diese Erkenntnis war ihm erst jetzt gekommen. Die Wachen hätten das Bunny wirklich nicht gerettet, wenn der Herr der Fliegen nicht eingegriffen hätte. „So läuft das nun mal in einem Duell.“ entgegnete Luzifer leise, nicht wirklich an Kato gerichtet, dann etwas lauter fügte er hinzu: „Und was ist danach passiert, nachdem der Hutmacher geschlagen war?“ „Dann haben sie eben das Ritual durchgeführt.“ Die Aussage klang etwas unsicher und veranlasste den Teufel dazu Kato erneut einen skeptischen Blick zuzuwerfen. Dieser druckste nervös herum. „Ich hab von dem Ritual selber nicht so viel mitgekriegt, ich war irgendwie etwas weggetreten…“ Kato konnte sehen, dass Luzifer ob diesen betreten Geständnisses für einen Moment einen verärgerten Blick in die Weite warf, ihn dann aber erneut wortlos fokussierte. „Aber-aber ich weiss, dass sie uns beide an Pfähle gefesselt haben und uns geschnitten haben, damit sich unser Blut vermischt….und dann gab es einen grossen Knall und…“ Luzifer hatte erneut seine Hand gehoben, um dem wild gestikulierenden Kato Einhalt zu gebieten. „Sie haben euer Blut vermischt?“ Obwohl Kato ein bestätigendes „Ja“ zur Antwort gab, war er fast sicher, dass der Teufel ihn schon nicht mehr gehört hatte. Dessen Blick war erneut in die Ferne gerichtet, nur schien sich für einmal ganz eindeutig Missfallen, um nicht zu sagen so etwas wie Besorgnis, darin abzuzeichnen. „Es hat sie stärker gemacht“ fügte er kleinlaut hinzu und war sich nicht sicher, ob er dieses Mal gehört wurde. Doch entgegen seiner Erwartung entgegnete der Teufel nun mit wallendem Mantel um den Tisch herumgehend: „Das war auch der Sinn dieses Rituals.“ Kato stand verdattert da und sah wie Luzifer den Wachen in einiger Entfernung ein paar kurze Handzeichen geben, worauf auch sogleich wieder die zwei militärischen Typen von vorhin angerannt kamen. Der Teufel wechselte ein paar Worte mit ihnen, woraufhin sich ebenfalls ein gewisses Missfallen in deren Gesichtern abzuzeichnen schien. Trotzdem nickten sie und verschwanden, nachdem sie ergeben salutiert hatten, wieder aus Katos Blickfeld. Dieser schaute ihnen verwirrt nach und schloss erneut zögerlich zu Luzifer auf. „Ich verstehe nicht was hier abgeht.“ Der Teufel schaute ihn nicht an, trotzdem erwiderte er ruhig: „Normalerweise würde ich es auch als besser erachten, wenn du es nicht verstehst. Doch dieses Mal war es eine Schwäche…“ Kato schaute fragend zu ihm auf. „Die Nephilim haben sich mit eurem Blut komplettiert. Ein Engel und ein Mensch treffen aufeinander… so entstehen die Halbblüter. Dadurch dass sie ein zweites Mal dieses Aufeinandertreffen herbeigeführt haben, haben sie nun die Macht beider Rassen.“ Kato verstand es immer noch nicht wirklich. Die Worte schwirrten in seinem Kopf. Die Nephilim waren vorher halb gewesen und waren jetzt ganz, oder wie? Er legte sich die Finger an die Schläfen. Irgendwie ging es ihm gerade nicht so gut. Luzifer hob die Hand als wolle er ihm mit dieser so vertrauten Gesten die langen Haarsträhnen aus dem Gesicht streichen, hielt dann aber im letzten Moment inne und liess sie mit strengem Gesichtsausdruck wieder sinken. „Es hat keinen Sinn, wenn du dir darüber weiter den Kopf zerbrichst. Sklaven sollten sowieso nicht über solche Dinge nachdenken.“ Die Aussage traf Kato unerwartet heftig. Er sah der Hand sehend nach, die ihn nicht berührt hatte und fragte sich, wann das hier endlich ein Ende haben würde und er wieder einmal wirklich allein mit dem Wesen, das sich als sein Meister bezeichnete, sein würde. Er wusste nicht woher dieser seltsame Gefühlsausbruch kam, aber er hätte sich in diesem Moment wirklich eine Berührung gewünscht; egal wie kurz oder grob, sie hätte dieses Wiedersehen irgendwie realer gemacht. Luzifer, der die trüben Gedanken seines Haustierchens zu erahnen schien, wandte sich um. „Geh zurück ins Versorgungszelt und bleib da.“ „Aber…?“ „Widersprüche?“ Der scharfe Blick, welcher der Teufel ihm zuwarf, liess ihn alles, was ihm auf der Zunge gelegen hätte, herunterschlucken und stumm den Kopf schütteln. Das Gespräch war beendet, soviel war klar. Luzifer rauschte davon und Kato blieb mit gemischten Gefühlen zurück. Irgendwie hatte er sich ihre erste Begegnung nach so langer Zeit wirklich anders vorgestellt. TBC Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)