Schuld & Sühne von 35M3R0D ================================================================================ Kapitel 28: Kapitel 28 ---------------------- Kato lief ein kalter Schauer über den Rücken. Der Kerl wollte ihm wehtun? Aber warum denn? Irgendwie konnte er das alles nicht so wirklich begreifen. Ein haltloses Zittern ergriff von dem kleinen blonden Sklaven Besitz und er unternahm den sinnlosen Versuch mit der Wand zu verschmelzen, wenn er sich noch näher an sie presste. Das Leben war einfach ungerecht.... Ach was, das Leben! Die Hölle! Verdammt noch mal... Sie wurde ihrem Ruf schon wieder gerecht. Die roten Iriden funkeln Kato weiter an und schienen mit ihrem unmenschlichen Schein bis auf den Grund seiner verängstigten Seele blicken zu können. Er verspürte schon wieder den unweigerlichen Drang den Blick abzuwenden, um ihnen wenigstens vordergründig entgehen zu können. Doch die Augen ließen ihn einfach nicht los und schienen mit ihrer Grausamkeit direkt nach Katos Herz zu greifen. „Ich werde dich so lange foltern und quälen bis Luzifer nicht mehr im Stande ist, dich wieder zu erkennen.“ Kato stand immer noch wie gelähmt an die Wand gepresst und lauschte den so neutral geäußerten Worten. „...doch zuerst werde ich dich schänden, weil ihn das am allermeisten stören wird.“ Eine behandschuhte Hand glitt über die nackte Brust des Blonden. Instinktiv zuckte dieser zusammen und versuchte der Berührung auszuweichen. „So, kommt wieder etwas Leben in das verstörte Haustier.“ „Fass mich nicht an...“ die Worte waren nur gehaucht gewesen und Kato vermied es noch immer seinen Opponenten direkt anzusehen, dennoch war hatte das gebotene Paroli zu einem regelrechten Stillstand im Raum geführt. Die kleinen Staubpartikel in der Luft waren das Einzige, was sich noch zu bewegen wagte und nur der leicht raschelnde Atem des Sklaven war in regelmäßigen Abständen zu vernehmen. „Du wagst es also auch noch zu widersprechen...“ die Stimme der verhüllten Gestalt war vollkommen ruhig geblieben, dennoch fröstelte es Kato bei dem, unter dem Gefrierpunkt angesiedelten, Ton, der in ihr lag. „...Es wird Zeit, dass ich dir ein paar Manieren beibringe.“ Die Gestalt trat wider Erwarten von dem Sklaven zurück, fixierte ihm aber mit ihren roten, alles versengenden Augen. Im Bruchteil einer Sekunde hatte sie ihren Arm gehoben, nach der dunklen Kapuze gegriffen, die bisher so gewissenhaft ihr Antlitz verhüllt hatte, und zog in einer fließenden Bewegung den gesamten Umhang von ihrem Körper. Kato konnte zunächst rein gar nichts erkennen, denn der Schwarm Fliegen, der ihm wie eine schwarze Wolke entgegenstürzten, trug seinen Teil dazu bei, dem Sklaven einen ersten Schreckensschrei zu entlocken. Hinter den wild surrenden, schwarz beflügelten Leibern vernahm der Blonde noch gedämpft das Geräusch eines verrückt anmutenden Lachens und ihm lief erneut ein Schauer über den Rücken. Verzweifelt schlug er um sich und versuchte die Abertausenden von Fliegen zu vertreiben, die so vollkommen unbeeindruckt von dem ziellosen Gefuchtel des Sklaven, im Raum herumschwirrten. Für einen Moment war Kato von dem absolut beängstigenden Gedanken erfüllt, dass er ersticken würde, weil diese grauenhaften Viecher jeglichen Sauerstoff in dem plötzlich so klein anmutenden Raum für sich beanspruchten. Und wenn er erst mal eines von ihnen verschluckt hätte, wäre es sowieso um den blonden Sklaven geschehen. Panisch schlug er die Hand vor den Mund und versuchte so ein unbefugtes Eindringen seitens der kleinen schwarzen Flugbiester zu vermeiden. Er kauerte sich weiter in seine Ecke, versuchte möglichst ruhig und gelassen durch seine provisorische Gasmaske zu atmen und zwischendurch mal wieder einen verschwommenen Blick auf die Gestalt hinter dem Fliegenschwarm zu erhaschen, die sich in dem unkoordinierten Geschwirr nur sehr verschwommen und unklar anzeichnete. Nichtsdestotrotz vernahm Kato noch immer das Lachen, das selbst das so penetrante Flügelschlagen der unzähligen Insekten übertönte. Es drang ihn strichwörtlich bis ins Mark. Wo war er hier nur gelandet? Was sollte noch alles auf ihn zukommen? Und wo war Luzifer...? All diese Gedanken jagten in rasend schnellem Tempo durch den verwirrten Verstand des Blonden. Dennoch blieb die Erkenntnis, dass sich die Anzahl der Fliegenmonster langsam reduzierte, nicht ganz unbemerkt. Hie und da konnte Kato sogar schon wieder die gegenüberliegende Wand erblicken. Eine gewisse Hoffnung regte sich in ihm und zaghaft wagte er es seinen Kopf wieder aus den darübergeschlagenen Armen zu lösen und sogar seinen Mundschutz abzulegen. Vorsichtig glitt sein Blick zu dem sich langsam auflösenden letzten Schwarm von Insekten bis schließlich nur noch ein paar einzelne Fliegen übrig blieben, die einsam ihre Kreise durch den nun so ruhigen Raum zogen. Es war ein absolut erschreckendes Gefühl, diese Ruhe NACH dem Sturm. Doch was würde nun kommen... Oder war der Sturm noch gar nicht vorbei? Der entsetzte Blick des Sklaven haftete nun an dem, was die Fliegen zurückgelassen hatten. Mitten im Raum stand eine dünne, ja beinahe schon skelettartig anmutende Gestalt mit dem Rücken zu Kato. Sie hatte ihre Arme leicht von sich gestreckt, so dass die unnatürliche Dünne noch mehr zu Tage trat. Aber es waren nicht diese grauenhaften Proportionen, die den Blonden in erster Linie schockten, sondern viel mehr die Haut dieses Wesens... So fern man das überhaupt als „Haut“ bezeichnen konnte. Denn die Gestalt war über und über von einer bräunlich-schwarzen Schleimschicht überzogen. Vereinzelt lugten nur ein paar abgerissene Haut- und Haarfetzen hervor. Doch der absolute Höhepunkt dieser Erscheinung war der Geruch, der von ihr ausging. Es schien als hätte sich sämtlicher Gestank, den der Sklave zuvor schon an diesem Ort wahrgenommen hatte, mit dem Lichten des Mantels verzehnfacht. Es war nicht dieser Ort der stank, es war diese abscheuliche, halb verfaulte Kreatur, die hier alles verpestete! Kato starrte mit vor Schrecken geweiteten Augen auf den deformierten Rücken des Monsters. Die Tatsache, dass er schon seit geraumer Zeit vergessen hatte Luft zu holen, wäre völlig belanglos an ihm vorübergezogen, hätte ihn nicht das zielgerichtete Stechen in seiner Brust dazu genötigt, dennoch erneut mit dem luftverschmutzenden Geruch in diesem Raum konfrontiert zu werden. Er atmete tief ein... und wurde auch sogleich von einem heftigen Hustenanfall ergriffen. Scheiße! Er konnte nicht atmen! Zu wenig Luft! Zu wenig Sauerstoff! Die Luft war verseucht... Japsend und röchelnd fiel der Sklave zur Seite. Tränen waren ihm in die Augen gestiegen und für einen Moment dachte er ernsthaft daran nun den Erstickungstod sterben zu müssen. Doch trotz sämtlicher Panik nahm er aus seinen wässrigen Augenwinkeln noch so etwas wie eine Bewegung wahr. Ein dunkler Schatten bewegte sich langsam auf ihn zu und Kato schwante schon, was ihm dort entgegenkam: Der Herr der Fliegen, in voller Lebensgröße! Nun konnte er sogar das Gesicht der grauenhaften Figur erblicken, auch wenn er sich insgeheim wünschte, das wäre ihm erspart geblieben. Denn selbiges schien nicht viel mehr als ein von fauliger, bräunlicher Haut umspannter Totenschädel zu sein. Das einzig lebendig wirkende daran waren die feurigen, roten Augen, die nun mit so viel Hass und Verachtung auf den blonden Sklaven herabschauten, dass diesem nicht mehr eindeutig klar war, was denn nun erschreckender war: diese Augen oder die restliche Erscheinung des Herrn der Fliegen... „Und? Gefällt dir was du siehst?“ Der Spott triefte nur so aus dem dunklen Maul dieser abscheulichen Kreatur. Kato war wieder mal an dem Punkt, wo er absolut nicht wusste, was er tun sollte. Denn das war eigentlich einer der Moment, wo normalerweise Luzifer auftauchte und ihn „rettete“. Er starrte auf den zu einem grausamen Lächeln verzogenen Mund. Obwohl Mund wahrscheinlich bei Weitem das falsche Wort dafür war. Schwarzer, seelenverschlingender Rachen hätte es wahrscheinlich viel eher getroffen. Erneut schlug Kato eine Welle fauligen Atems entgegen. Reflexartig schlug er sich die Hand vor Nase und Mund und versuchte sich vor dem schrecklichen Gestank abzuschirmen. Gleich musste er kotzen! "Du scheinst ja wahrhaft sehr angetan von mir zu sein..." Hätte Kato es nicht besser gewusst, hätte er behauptet, dass ein leichter Ton der Resignation in der Stimme des Monsters mitschwang. "Aber an all dem ist nur dein Herr Schuld!" Falls jener Ton jemals wirklich vorhanden gewesen und nicht nur ein Gebilde von Katos unterbelüftetem Gehirn, war er spätestens jetzt wieder gänzlich verschwunden. Denn die Hand, die den Blonden grob dazu nötigte seinen eigenen Mund- und Nasenschutz zu senken und so mit der hässlichen Wirklichkeit konfrontiert zu sein, war alles andere als resignierend. "Soll ich dir eine Geschichte erzählen, kleiner Sklave?" Obwohl die Frage wahrscheinlich sowieso rein rhetorischer Natur gewesen war, sah sich Kato dazu genötigt, entsetzt die Augen aufzureißen. Der Kerl wollte ihm tatsächlich Geschichten erzählen?! Zuerst wollte er ihn schänden und foltern und jetzt plötzlich Märchen?! Der Herr der Fliegen ließ von dem Blonden ab und trat einen Schritt zurück. Kato sank augenblicklich in sich zusammen. "Ich werde es dir erzählen. Damit du weißt, warum du leiden musst... und damit du Luzifer danach genauso hassen kannst wie ich. Denn niemand anderes als er ist für all das hier verantwortlich." Demonstrativ präsentierte die skelettöse Gestalt ihren ausgemergelten Körper. Kato schauderte erneut bei dem Anblick. "Vor langer Zeit einmal war ich schön!" Das zusammengekauerte blonde Häufchen Elend war irgendwo weit hinten in seiner alten Kiffer-Manier versucht ein verächtliches Schnauben loszulassen, doch der Mangel an Sauerstoff und die Angst vor dieser grauenhaften Gestalt ließen Katos einzigen Kommentar ein ersticktes Ächzen sein. "Du glaubst mir nicht... ich weiß... das würde ich an deiner Stelle wahrscheinlich auch nicht tun..." schon wieder schwang dieser seltsam resignierte Ton, von dem Kato nicht ganz sicher war, ob er wirklich existierte, in der sonst so spöttisch bösartigen Stimme mit. "Es ist lange her... Es war zu einer Zeit als die Engel noch friedlich im Himmel zusammenlebten und Gott noch keine Pläne zur Erschaffung der Menschheit hatte. Damals gab es unter all den Engeln einen, der etwas ganz Besonders war. Er war stärker, klüger und vor allem schöner als alle anderen. Man nannte ihn den Morgenstern, Gottes Liebling. Luzifer." Luzifer war einst Gottes Liebling gewesen? Kato lag seitlich leicht röchelnd am Boden. Er hatte ja nie behauptet eine Ahnung von Religion zu haben. Aber war der Teufel echt einst der Liebling des Herrn gewesen? Seine Gedanken zogen irgendwie wirre Kreise über dieses Thema und von weit her vernahm er erneut die bitterböse Stimme des Herrn der Fliegen. "Bis hierhin ist die Geschichte eigentlich allgemein bekannt... Doch was hingegen die wenigsten wissen, ist dass die Position des Morgensterns um die Gunst Gottes nicht ganz so unangefochten war, wie gerne behauptet wird. Luzifer hatte Konkurrenz... Es gab tatsächlich jemanden der in Stärke, Charme und Schönheit an ihn heranreichte... Dieser jemand war ich..." Irgendwie kam Kato während er so am Boden lag und der monotonen Erzählung lauschte, der Gedanke, dass das alles einer billigen göttlichen Seifenoper glich, denn wenn er das jetzt richtig gepeilt hatte, ging es hier doch um nichts anderes als Eifersucht! Und als hätte der Dämon seine Gedanken vernommen, verpasste er dem Sklaven einen brutalen Tritt in die Magengrube. „Hör gefälligst aufmerksam zu, wenn ich mir schon die Mühe mache, dir das alles zu erzählen, du undankbare Kröte!" Kato hustete ein paar Mal. Der metallische Geschmack von Blut lag ihm auf der Zunge und die schwarzen Punkte tanzten schon wieder vor seinen Augen, nur mit dem Unterschied dass es dieses Mal keine Fliegen waren... „Als der Morgenstern dann diese Revolution gegen Gott anzetteln musste, hat die allgemeine Entrüstung über sein Handeln dazu geführt, dass sich die öffentliche Meinung gegen ihn kehrte. Nur wenige waren bereit ihm und seinen Idealen zu folgen, die meisten anderen zogen es vor ihren beschrittenen Weg weiter zu gehen. Sie erkannten, wie töricht es war, sich gegen Gott zu stellen. Dementsprechend enttäuscht waren sie von ihrem so hochgelobten und vielgefeierten Morgenstern, als der Kampf sich zuspitze. Die Massen brauchten einen neuen Helden. Jemanden zu dem sie aufsehen konnten und der eine ähnliche Leitfigur für sie darstellte wie es Luzifer einst getan hatte. Es sollte jemand sein, der über ähnliches Charisma und Stärke verfügte wie er... Sie erwählten MICH zu ihrem neuen Führer!“ Der Herr der Fliegen hatte eine Pause eingelegt und schien selbst in seiner eigenen Erzählung gefangen zu sein. Kato hingegen hatte die größte Mühe sich irgendwie auf das Gesagte zu konzentrieren. Das machte doch alles keinen Sinn. Dieser Kerl laberte doch nur Scheisse... „Doch wie du dir gewiss denken kannst, kleiner Sklave...“ die Gestalt beugte sich zu dem liegenden Blonden nach unten und ergriff sein Kinn. „...hat das deinem Herrn gar nicht gefallen.“ Mit einem missbilligenden Blick ließ er Kato wieder los. „Luzifer konnte es nicht wahrhaben, dass selbst er ersetzbar war. Der Himmel hatte sich sehr schnell wieder von seinem Verrat erholt und einfach jemanden anders, nämlich mich, an seinen Platz gesetzt. Das hat den wunderschönen Morgenstern regelrecht zur Weißglut getrieben. Zuerst konnte er den Krieg nicht gewinnen und hat dadurch alles verloren und dann waren seine Gegner durch das alles noch viel weniger betroffen als er selbst... Was für eine grausame Ironie des Schicksals... Also hat er alles dafür getan, um auch mich zu Fall zu bringen. Er hat eine Intrige gegen mich geschmiedet, damit es für die Himmelsbewohner so aussah, als würde auch ich hinterrücks mit ihm kooperieren und so seine Regentschaft im Himmel fortsetzen. Natürlich haben sie mich ausgestoßen und ich bin hier gelandet.“ Er machte eine ausladende Geste und deutete auf seine Umgebung. „Das erste, woran ich mich erinnere, als ich nach dem Sturz zu mir kam, ist, dass Luzifer über mir thronte und das Wort an mich richtete: ‚Ich dulde keine Konkurrenz. Weder im Himmel noch in der Hölle’.“ Der Herr der Fliegen hatte sich erneut von seinem Opfer abgewandt und stand nun unbeweglich, als wäre es selbst ein Gebilde aus Lehm, im Raum. Langsam streckte er seine Hand über den feucht-kalten Boden. Er schien beinahe als würde er selbst noch im Land seiner Erzählung verweilen, denn der rote Blick war weit in die Ferne auf einen imaginären Punkt gerichtet. Plötzlich spürte der Sklave, wie der Boden unter ihm zu zittern begann. Leicht panisch versuchte Kato sich aufzurichten, doch sofort spürte er einen stechenden Schmerz in seiner Seite, dort wo zuvor der Tritt des Erzdämons so gut gesessen hatte. Mühselig versuchte Kato sich dennoch hochzuziehen. Was allerdings ein ziemlich schweres Unterfangen war, wenn man nur einen Arm zur Verfügung hatte, weil der andere um die schmerzende Seite geschlungen war. Unter der ausgestreckten Hand des Satans schien der Boden in reger Bewegung. Er wölbte sich der Handfläche entgegen, als sei er nicht anderes als von der Decke tropfendes Wasser. Derart biegsam türmte sich der Lehm auf, der Hand entgegen. Die schwarze Mundhöhle des Herrn der Fliegen verzog sich erneut zu einen grausamen Lächeln während er sein eigenes Werk betrachtete. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Kato zu. Dieser hing immer noch auf halber Höhe seines Aufrichtungsversuches fest und war fasziniert und abgeschreckt von Schauspiel des beweglichen Bodens mittendrin hängen geblieben. „Es ist wirklich überaus zuvorkommen von dir, dass du dich selbst ausliefern willst, kleiner Sklave. So wird es auf jeden Fall weniger schmerzhaft für dich.“ Die Gestalt grinste Kato mit unverhohlener Freude entgegen, während sich der Lehm unter ihrer Hand langsam zu einem Gebilde formte. Ein Tisch, oder vielleicht auch eher Alter, schien es zu werden. Der Blonde musste schlucke. Dieser Kerl hatte doch nicht ernsthaft vor ihn da drauf... „Komm her!“ Mit einer unglaublich schnellen Bewegung hatte der Dämon seinen knochigen Arm nach dem Sklaven ausgestreckt, ihn gepackt und auf die flache Oberfläche des Lehmaltars befördert. Der Blonde spürte lediglich wie ihm sämtliche Luft aus den Lungen zu weichen schien, während er der Länge nach aufschlug. Benommen blieb er liegen und stellte sich für einen Moment die perfide Frage, warum bloß all diese kranken Dämonen eine solche Schwäche dafür hatten einem auf Altären zu vergewaltigen. „Weißt du, es ist nicht so, dass du unbedingt mein Typ wärst…“ der Dämon stützte seine Arme links und rechts neben Katos Kopf ab, so dass er direkt über ihm war. „…Und ich persönlich hege auch überhaupt keinen Groll gegen dich, kleiner Sklave. Aber du hast nun mal das Pech zwischen die Fronten geraten zu sein.“ Langsam näherte sich der zahnlose schwarze Mund des Herrn der Fliegen. Immer näher beugte er sich herab und Kato wurde von der absolut grauenhaften Idee überfallen dass dieses Monster doch nicht ernsthaft beabsichtigte ihn zu küssen. Panisch fing er an zu zappeln und versuchte sich unter dem Satan hervor zu winden. Doch dieser stellte ihn mit einem einzigen brutalen Griff um den Hals ruhig. „Na na, kleiner Sklave, jetzt warst du doch vorhin so schön brav. Du willst doch nicht anfangen Faxen zu machen, damit ich böse werden muss…und glaub mir, du wirst es gar nicht mögen, wenn ich böse werde.“ Er strich Kato eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Für einen Moment war der Blonde versucht unter der Berührung der feuchten Hand panisch aufzuschreien und diesem Monster klarzumachen, dass diese Geste sowieso nur Luzifer vorbehalten war. Niemand außer Luzifer durfte ihm seine zerzausten Haare aus dem Gesicht streichen. Niemand! Kato atmete hastig ein und aus. Hyperventilieren hätte es vielleicht auch eher beschrieben. Seine Brust hob und senkte sich in rasantem Tempo und jedes Mal wenn sie wieder ihren Höhepunk erreicht hatte, fürchtete der Sklave für einen Moment sie könnte eine Verbindung zwischen ihm und der ekelhaft bräunlichen Haut des Herrn der Fliegen herstellen. Dieser schien den verachtenden Blick des Sklaven durchaus bemerkt zu haben. Mit einem sarkastischen Lächeln entgegnete er: „Eigentlich traurig, dass sich selbst eine so niedere Kreatur wie du, vor mir ekelt. Ihr Menschen seit ja eigentlich etwas vom Verabscheuungswürdigsten überhaupt, trotzdem sehe ich selbst in deinen Augen diesen Blick, der mehr als tausend Worte spricht.“ Langsam ließ er seine knochigen Fingerspitzen Katos Wange entlang gleiten. Dieser versuchte mit verbissenem Gesichtsausdruck der Berührung standzuhalten und nicht von einem kalten Schauer überfallen den Kopf wegzudrehen. „Ja, es kostet dich Überwindung... jede Berührung von mir kostet dich unglaublich viel Überwindung. Aber das ist gut so! Denn so wird meine Rache perfekt sein… du kannst dir nichts Schlimmeres vorstellen, als von einer abscheulichen Kreatur wie mir genommen zu werden und deshalb wird dein Schmerz danach riesig sein….“ Die forsche Hand des Erzdämons hatte sich in Katos blondem Schopf vergraben. „…Das wird ihn treffen wie nie etwas zuvor. Dass ich etwas ‚beschmutze’, das ihm gehört.“ Kato hatte das Gefühl sich jeden Moment übergeben zu müssen. Ob es nun diesem ‚Annäherungsversuch’ oder eher vom omnipräsenten Gestank des Herrn der Fliegen, den Kato zu Gunsten des Schmerzes wohlweislich verdängt hatte, herrührte, konnte er nicht genau sagen. Vielleicht war es auch beides… Aber er musste irgendetwas unternehmen. Er konnte nicht einfach nur hier liegen und sich vergewaltigen lassen. Nicht schon wieder… Bei Luzifer war es irgendwie auch etwas anderes gewesen. Kato konnte nicht genau in Worte fassen was, aber die Situation war anders gewesen... Dort war es um ihn gegangen. Luzifer hatte es getan, um ihn zu bestrafen, aber dieser Kerl hier wollte es tun, um Luzifer zu bestrafen. Das konnte Kato nicht einfach so hinnehmen! Er war doch kein Spielzeug, mit dem man einfach machen konnte, was man wollte! Selbst wenn sich alles in dem blonden Sklaven dagegen sträubte, wandte er sich langsam wieder dem Herrn der Fliegen zu und blickte ihm mit unglaublicher Entschlossenheit entgegen. „Nein!“ Ein einzelnes Wort, so kalt und präzise ausgesprochen, dass es den Erzdämon in seinem Tun innehalten ließ. „Nein?“ Der Gesichtausdruck des Herrn der Fliegen war irgendwo zwischen Belustigung und Erstaunen angesiedelt. „Was willst du mit ‚Nein’ sagen?“ „Nein dazu, dass du dich gewaltsam meiner bemächtigen willst. Nein, dass du mich als Druckmittel gegen Luzifer einsetzen willst. Nein dazu, dass du denkst, das würde ihn auch nur irgendwie berühren. Nein dazu, dass es irgendwas verändern wird...“ Für einen Moment herrschte Ruhe und der Dämon schien sein Opfer mit einem abwiegenden Blick zu mustern, zu prüfen wie ernst der Sklave seine eigenen Worte nahm. „Wenn du deinen Frust an mir auslässt, wird das nur dazu führen, dass Luzifer dir die Hölle heißmacht, weil du, wie du so schön gesagt hast ‚etwas beschmutzt hast, das ihm gehört’. Er wird dich also auf rein repräsentativer Ebene dafür bestrafen. Aber auf emotionaler Ebene wirst du damit gar nichts erreichen, denn der Herr der Hölle ist unberührbar. Nichts erreicht sein Herz...“ Kato war selbst etwas erstaunt über seine Worte. Er hatte diese Erkenntnis betreffend Luzifer in dem Moment gehabt, in dem er sie ausgesprochen hatte. Vorher hatte er sich noch nie darüber Gedanken gemacht, ob der Teufel nun so etwas wie ein Herz besaß oder nicht. Dennoch hatte er dem Herrn der Fliegen nun mit einer selten gekannten Selbstsicherheit entgegen geblickt und ihn an seiner bescheidenen Meinung teilhaben lassen. Kato war nie jemand gewesen, der gut mit Worten umgehen konnte. Aber in diesem Moment jetzt, waren Worte das einzige gewesen, was ihm noch zu seiner Verteidigung geblieben war. Der Dämon hatte seine Hand aus den blonden Haaren gelöst und sich aufgereichtet. Aus kritisch zu Schlitzen verengten Augen betrachtete er den Sklaven, welcher immer noch in derselben Position auf dem Altar verhaarte. „So wird sich nie etwas ändern…“ flüsterte Kato leise. Plötzlich schien sich wieder etwas im Herrn der Fliegen zu regen, denn sein Arm schoss nach vorne und umschloss ein weiteres Mal den dünnen Hals des Liegenden. „Ach, es wird sich also nichts ändern, wenn ich dich vergewaltige. Dann sag mir, kleiner Sklave, was soll ich sonst tun?!“ Die Stimme des Dämons triefte nur so vor Spott, trotzdem hatte Kato das Gefühl auch so etwas wie eine unterschwellige Verzweiflung heraus zu hören. Kato hustete und versuchte den strengen Griff um seinen Hals etwas zu lockern, um seiner Lunge mehr von dem benötigten Sauerstoff zuzuführen. „Das weiß ich auch nicht, aber…“ begann er röchelnd. Der Herr der Fliegen ließ in dem Druck auf Katos Luftröhre etwas nach. „…es ist klar, dass du so nie etwas erreichen wirst. Du willst, dass sich etwas ändert. Du willst wahrscheinlich deine alte Gestalt zurück, die dir aber nur Luzifer geben kann.“ Kato hatte hier einen Schuss ins Blaue gewagt. Der Ex- Engel hatte schließlich nicht direkt gesagt, dass es Luzifer gewesen war, der ihn so verunstaltet hatte, aber wahrscheinlich lief die kleine, unvollendete Anekdote darauf hinaus, dass das der Grund für den maßlosen Hass auf den Herrn der Hölle war. „Aber wenn du ihn provozierst und herausforderst, wirst du nie etwas erreichen. Denn er wird immer der Stärkere sein, egal auf welche Weise du nun versuchst ihm zu schaden. Vielleicht solltest du zur Abwechslung mal versuchen ihm zu gehorchen und sein Wohlwollen zu gewinnen, anstatt ihn immer übertrumpfen zu wollen...“ Der Dämon betrachtete Kato für einen Moment misstrauisch, dann brach er in schallendes Gelächter aus. „Mein Gott, kleiner Sklave... Ich hätte wirklich nicht erwartet, dass du deinem Meister schon so hörig bist...“ Er schien sich zuerst wieder etwas beruhigen zu müssen, doch dann richtete sich seinen Blick erneut aber umso nüchterner auf Kato „...doch deine wunderbare Propaganda wird nichts bewirken. Ich hasse ihn trotzdem und ich will mich für das, was er mir angetan hat, rächen!“ Kato war versucht mit den Schultern zu zucken, doch das Gewicht des Herrn der Fliegen, der nach wie vor auf ihm weilte, verhinderte das. „Wenn du dich rächen willst, wirst du immer nur seinen Unmut auf dich ziehen und niemals das kriegen, was du willst. Du wirst bis in alle Ewigkeit diesen Körper behalten müssen und von deiner Umgebung nichts als Abscheu erfahren...“ Eine unerwartete Stille breitete zwischen dem Herrn der Fliegen und seinem Opfer aus, während sie sich unentwegt anstarrten. Die roten Iriden leuchteten bedrohlich... und dennoch schien es, Kato als würde er hinter der vordergründigen Maske des Zorns noch so etwas Anderes erkennen. Kato konnte nicht genau sagen was es war, dennoch vermittelte ihm dieses kleine unbekannte Schimmern in den Augen seines Gegenübers ein seltsames Gefühl der Hoffnung. Vielleicht... Vielleicht zog der Dämon die Worte des Sklaven ernsthaft in Erwägung.... Die anhaltende Stille sprach immerhin für die Theorie des Blonden. Dann plötzlich blitzen die roten Augen, in der ganzen Reglosigkeit der restlichen Form des Herrn der Fliegen, erneut auf. Ein ganzes Wechselspiel an Expression war zu beobachten und Kato war spätestens jetzt endgültig davon überzeugt, dass er doch tatsächlich irgendetwas ausgelöst haben musste. Es war sowieso erstaunlich, wie viel nun in diesen vorher so kalten und spöttischen Augen zu erkennen war. Allerdings blieb die Frage, ob dies ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war, immer noch bestehen. Mit einer schwungvollen Bewegung entfernte sich der Erzdämon von dem Blonden und gab ihn somit frei. „Geh!“ Er sollte gehen? Das war zwar etwas schnell gegangen, dennoch richtete sich der Sklave vorsichtig auf. Mit einem etwas schummrigen Gefühl im Magen stellte er sich auf seine Füße und nahm aus den Augenwinkeln wahr, wie der Herr der Fliegen seinen schwarzen Mantel aufhob und seinen skelettösen Körper wieder im ihm verhüllte. „Ich werde ihm sagen, dass du mir nichts getan hast...“ bemerkte Kato leise, während es auf zittrigen Beinen vor dem Altar stand und seinen eigenen Oberkörper umschlungen hielt. Lediglich ein böses Zischen war die Antwort: „Wie großzügig von dir, kleiner Bettwärmer Luzifers. Aber ich würde dir jetzt dringlichst raten zu verschwinden, bevor ich es mir anders überlege... “ Das war deutlich genug, um den Blonden dazu zu bewegen im Laufschritt auf den Ausgang zuzueilen und das Weite zu suchen. ~~~~ Alles in Katos Kopf drehte sich, während er aus dem Lehmpalast hechtete und sich insgeheim die Frage stellte, ob das nun wirklich passiert war oder ob es bloß eine Einbildung, die von zuviel schlechter Luft herrührte, gewesen war. Hatte er es ernsthaft geschafft diesen Herrn der Fliegen davon zu überzeugen ihn laufen zu lassen, nur indem er mit ihm geredet hatte?! Doch bei Weitem noch erstaunlicher war die Tatsache, dass er das, was er da eben geredet hatte doch tatsächlich selbst glaubte. Er glaubte daran, dass es besser war, wenn man sich Luzifer fügte und seinen Befehlen gehorchte. Aber wann bitte war er zu einem derart hörigen Haustier geworden? Der verrückte Hutmacher hätte sich sicher großartig amüsiert, wenn er diese kleine Showeinlage vorher gesehen hätte. Der Blonde schüttelte energisch seinen Kopf und wich immer noch im Sprint einem größren Felsbrocken aus. Er musste zu Luzifer und weg von all diesen seltsamen Kreaturen. Selbst wenn dieser in hundertprozentig bestrafen würde, weil er wieder mal versagt hatte. Aber besser Luzifer als irgendein anderer! TBC Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)