Lost Angel - Die Flügel wachsen wieder von Remy (Fortsetzung von 'Lost Angel') ================================================================================ Unterwegs zu fünft ------------------ Lost Angel – Die Flügel wachsen wieder Kapitel 10 – Unterwegs zu fünft Jemil's PoV Irgendwie roch es ja schon gut und mir lief doch wirklich das Wasser im Mund zusammen und trotzdem traute ich mich nicht, etwas zu probieren. Mir machte es zu viel Angst, was passieren könnte. Doch Jesko würde mich sowieso dazu zwingen. Wieso sollte ich es also nicht einfach selbst tun. Unsicher biss ich das Fleisch und begann langsam zu kauen. Ein Geschmack breitete sich in meinem Mund aus, den ich so gar nicht kannte. Es war ähnlich, wie wenn ich jemanden gebissen hatte, aber nicht das gleiche. „Jemil...!“ Abrupt schluckte ich, als die beiden den Raum betreten hatten, und ließ den Spieß vor Schreck in die Pfanne fallen. Mich trafen einige Tropfen des kochendheißen Fettes und vor Schmerz zuckte ich zusammen. Da stand aber schon Jesko neben mir und hatte meine Hand genommen, auf der sich eine kleine rote Stelle bildete. Da war das Fett wohl drauf gesprungen. Vorsichtig leckte er darüber und ich entspannte mich wieder. „Mann, was machst du denn für Sachen. Das lässt man doch nicht einfach so in die Pfanne fallen...“, nörgelte er herum und jetzt fiel wohl auch sein Blick auf das, was mir überhaupt aus der Hand gerutscht war. Verwundert sah er auf die Bissstelle. Glaubte er nicht, was er sah? „Du hast?“, fragte der Werwolf und legte einen völlig verwirrten Gesichtsausdruck auf. Zaghaft begann ich zu nicken, im selben Moment hellte sich Jeskos Gesichtsausdruck auch schon wieder auf und er schlang die Arme um mich. „Bist ja ein guter Junge“, freute er sich und zog mich ein ganzes Stück zurück. Zärtlich fing er an mich zu küssen. Da räusperet sich aber auf einmal Felix. „Ich bin auch noch da“, grummelte der Kleinere, als mir jedoch schon ein leicht angebrannter Geruch in die Nase stieg. Abrupt löste ich mich wieder von dem Werwolf und zog die Pfanne von der Herdplatte. „Mach dich mal nützlich, Jesko, und deck den Tisch!“, trug ich dem Jüngeren auf, der das auch gleich gehorsam tat. Nur ein paar Minuten später aßen wir auch zusammen und endlich wagte ich es einfach alles einmal zu probieren. Ich war mir gar nicht bewusst, wie schön es war zu essen. Die beiden anderen hatte doch ihr ganzes Leben über schon solches Glück. Und ich durfte es jetzt – erst wieder – erfahren. Leicht schloss ich die Augen, als wir nach dem Essen alle drei zusammen auf dem Sofa lagen. Ich mehr oder minder auf Jesko und auf mir der Kleine. Für den Bruchteil einer Sekunde erschien in meinem Kopf das Bild einer jungen Frau. Ich konnte ihr Gesicht niemandem zuordnen, denn ich kannte und trotzdem kam sie mir so vertraut vor. „Du, Jemil, könnten wir heute mal raus gehen“, fragte da Felix auf einmal. Knapp öffnete ich ein Lid wieder und begann dann auch schon zu nicken, meinte aber noch: „Wenn du unser verpenntes Schosshündchen wieder wach bekommst, gerne sogar.“ Ich kuschelte mich leicht an den Werwolf und zog auch den Kleinen noch etwas näher zu mir. Diese traute Dreisamkeit war das Schönste, was ich in den letzten paar Monaten hatte, wie lange dürfte ich das wohl noch haben. Da läutete es auf einmal an der Tür. Etwas mürrisch vor mich hinmurmelnd schob ich Felix vorsichtig von mir herunter und stand schließlich auf, um an die Wohnungstür zu gehen. Wer wollte uns denn jetzt unbedingt stören. Na ja, wenn der Hybride raus wollte, müsste ich eigentlich sowieso aufstehen, aber jetzt noch nicht. „Hey, Jemil“, johlte mir Satôbi entgegen, als ich ihm die Tür geöffnet hatte. Venanzia, die neben ihm stand, nickte nur leicht mit dem Kopf zur Begrüßung. Sie war viel ruhiger, als der Werwolf. Vielleicht lag es ja – wie bei Jesko – in seiner Natur als Wolf, dass er etwas aufgedreht war. Eigentlich könnte man sich ja über so eine fröhliche Gesellschaft nur freuen. „Wo ist denn dein Schatz?“, wollte da auf einmal die Hybridin wissen und ein Lächeln zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. Sie war wirklich ruhiger und drückte ihre Freude nicht so direkt aus, sondern machte das eher über solche kleinen Gesten. „Der schläft im Wohnzimmer auf der Couch“, erwiderte ich und erinnerte mich mit einem Grinsen daran zurück, wie er noch vor ein paar Wochen laut aufjaulte, weil er vom Sofa gefallen war und sich dabei etwas – nicht nur für ihn – Wichtiges eingeklemmt hatte. „Och, dabei wollte mir mit euch eine Runde durch den Park drehen... Felix könnt ihr derweilen ja zum Mittagsschlaf abkommandieren“, murrte da schon Satôbi. „Ich kommt mit! Kann nämlich jetzt auch raus“, kommentierte da aber auch schon der kleine Hybride, der die Finger in mein Shirt krallte. Irritiert hob Venanzia eine Augenbraue und blickte mich prüfend an. „Du hast ihm also jetzt auch etwas von deinem Blut gegeben“, meinte sie und warf nun einen etwas begutachtenden Blick auf den Hybriden, der sich immer enger an mich drückte. Man konnte so regelrecht spüren, wie er einen mochte und manchmal meinte ich, dass das bei mir sogar noch etwas mehr war, als bei Jesko. „Ich hab keinen Bock auf diesen verschlafenen Köter zu warten...“, grummelte Satôbi genervt. Warten tat er überhaupt nicht gerne – das hatte ich schon bemerkt – und erst recht nicht auf Jesko. Der war ihm manchmal doch etwas zu langsam. Dabei konnte er bei mir doch sogar richtig flott sein. Gelegentlich sogar etwas zu schnell. Doch da hörte ich schon wie die Wohnzimmertür geöffnet wurde. Das ich das bei Felix nicht wahrgenommen hatte. Möglicherweise war aber der Kleine auch etwas leiser. „Hm... Ist er ja doch wach, dieser Schosshund“, kommentierte auch schon der andere Werwolf, als Jesko an ihm vorbei stapfte und dabei noch recht müde war. „Halt die Klappe, Straßenköter“, grummelte auch schon Jesko und wirkte auf einmal viel wacher. Na wenn er sich mit jemanden streiten konnte, war er sofort ganz bei der Sache. Wenn er das nur immer bei allen Dingen so wäre. Ich legte einen Arm um die Schultern meines Werwolfes und auch Venanzia zog Satôbi etwas zurück. „Beherrsch dich mal“, zischte ich Jesko ins Ohr, der denn anderen immer noch mit einem bösen Blick anstarrte. Irgendwie konnten sie sich ja so überhaupt nicht riechen. Lang vielleicht auch daran, dass sie Werwölfe waren. Irgendwie waren es ja schon seltsame Wesen. „Dann können wir ja gehen.“ Zärtlich küsste Venanzia Satôbi, wohl um diesen etwas zu beruhigen. Bei Jesko musste ich das gar nicht tun, der ließ sich schon wieder ganz anständig hinter dem Ohr kraulen. Leise summte er sogar dabei. Manchmal wunderte ich mich aber schon, wie leicht man ihn glücklich machen konnte. Einige Minuten später saßen wir zu viert auf einer Bank. Vor uns ein kleiner Spielplatz auf dem sich noch einige Kinder mit ihren Eltern tummelten, obwohl Letztere es sich, wie wir, auf den umstehenden Sitzgelegenheiten gemütlich gemacht haben. Felix hatte sich zuerst gar nicht an die anderen Kinder herangewacht, aber jetzt spielte er richtig ausgelassen mit ihnen. Er war zu niedlich. Und endlich hatte er jemanden gefunden, der in seinem Alter war. Ich und Jesko waren einfach nichts für ihn. Zumindest nicht um einfach so ausgelassen herumzutollen. Ich fühlte mich unwohl. Väter waren schon kaum anwesend und solche wie wir – ich und Jesko – erst recht nicht. Manche der Mütter warfen und schon viel sagende Blicke zu, wohin gegen ein paar andere uns ganz interessiert ansahen. Wir waren wohl etwas Besonderes in ihrer kleinen Runde. Leise seufzte ich, bevor ich zu Jesko meinte: „Wir könnten den Kleinen doch heute Abend bei Venanzia und Satôbi lassen...“ Der Werwolf wartete gerade zu darauf, dass ich weiter redete und nach ein paar kurzen Minuten des Schweigens tat ich das dann auch. „Dann lassen wir uns einmal wieder ein schönes Bad ein und legen und zusammen in die Wanne... Was hältst du davon?“ Ich konnte das Leuchten in den Augen des Jüngeren jetzt schon sehen. Schon seit Wochen ließen wir es uns nicht mehr so richtig gut gehen und mit Felix kamen wir auch gar nicht dazu. Wenn er nur einmal eine Nacht bei den anderen beiden bleiben würde, könnten wir uns entspannen. Immerhin wussten wir ja nicht, wann unsere werten Verfolger hier auftauchen würden und ob sie das überhaupt irgendwann taten. Weiß Gott, ob die uns hier finden. „Wäre schon nett... Aber du kannst ihnen doch Felix nicht andauernd andrehen... Das nervt doch irgendwann...“ Ich schnaubte bei dieser Aussage. „Wie oft machen wir es denn schon? Drei Mal seit wir hier sind, davor überhaupt nicht, weil wir ohnehin andauernd unterwegs waren. Da hatten wir ja keine Zeit uns einmal richtig gehen zu lassen. Also könnten wir doch einmal wieder. Jesko. Ich will doch nur einmal wieder in aller Ruhe mit dir baden... Wie damals, als wir noch bei meinem Clan waren, nur dieses Mal ohne diese Ständeunterschiede...“ Ich legte einen zuckersüßen Gesichtsausdruck auf, da konnte er doch gar nicht Nein sagen. Doch zuerst seufzte er nur überdeutlich. Wunderbar, dann wollte er wohl nicht. Dann musste ich wohl auch gar nicht weiter quengeln. So leicht brachte man Jesko einfach auch nicht dazu, dass er seine Meinung änderte. Da konnte er fast so stur sein, wie ich, dabei sah man es keinem von uns so sehr an. Abrupt hielt da aber der Jesko die Nase in die Luft und auch der andere Werwolf roch wohl etwas. Tief sog er den Geruch in sich auf und stieß dann seinen Atem wieder mit einem leisen Knurren aus. Zwei oder drei Mal blickte er sich nach links und rechts um, während Satôbi schon aufgesprungen war. Verwirrt blickte ich Venanzia an, die auch nur mit den Schultern zuckte. Ich spürte die Blicke der anderen Leute, die auf uns lasteten. Die beiden Wölfe mussten aber auch gerade wie Freaks aussehen. „Sie kommen näher“, knurrte auf einmal Jesko und seine Augen hatten einen seltsamen Ausdruck angenommen. Die Anspannung spiegelte sich darin gerade zu wieder. „Aber sie sind wohl noch weit genug weg“, kommentierte der andere auch gleich. Auf dem Weg hier her hatten wir Venanzia und Satôbi von unseren neuen Verfolgern erzählt und die Hybridin hatte da noch gesagt, wir sollten uns nicht zu sehr in Panik versetzen lassen. Diese Stadt war groß, man würde uns nie so einfach finden. Aber jetzt kamen sie näher. „Wie weit...?“, wollte ich schließlich wissen und setzte mich der Gefahr aus, auch angestarrt zu werden. Satôbi – und auch Jesko – zuckte mit den Schultern. „Der Geruch lag nur im Wind...“, murmelte der ältere Werwolf schließlich. Das sagte mir ja viel aus. Woher wollte dann Jesko überhaupt wissen, dass sie näher kamen. Vielleicht nur ein Gefühl? Er hatte das ja öfters und häufig lag er ja sogar richtig dabei. Ob es wohl jetzt auch so war? Ich hoffte es ja fast nicht. „Wir gehen!“, meinte ich schließlich und packte Jesko am Arm, doch schon eine Sekunde später wandte ich mich um und ließ meinen Blick über den Platz schweifen. Wo war nur Felix? „Sei mal nicht so panisch.“ Fürsorglich legte Jesko mir die Arme um die Schultern und wiegte mich leicht hin und her. Wie sollte ich den jetzt nicht zumindest etwas nervös sein? Das beste wäre es doch wohl, wenn wir einfach wieder fliehen würden. Weglaufen konnten wir doch jetzt schon gut genug und es störte mich gar nicht mehr wirklich, dass wir so gut wie nie dann an einem Ort wäre. Obwohl es mir doch hier so gut gefiel. Ich sank schließlich mit Jesko wieder auf die Bank und auch Satôbi ließ sich wieder neben Venanzia nieder. Leicht lehnte ich mich an den jüngeren Werwolf und seufzte leise. Wir wollten doch wirklich nur unsere Ruhe und uns wirklich mit niemanden anlegen. Wieso konnte uns denn das nicht einfach gegeben werde? Mit der Zeit kümmerten sich die – zum größten Teil – Mütter und – vereinzelt – Väter wieder um ihre Sprößlinge. Selbst begann ich erneut nach Felix zu suchen, wo war der Kleine denn nur hin. Doch da kam er schon auf mich zugelaufen. Da schlang der Hybride aber schon seine Arme um mich. Wieso hatte ich ihn denn nicht bemerkt. „Da hinten ist Onkel Devin... Der will was von Jesko!“, meinte er und löste sich nur einen Moment später von mir um den Werwolf an der Hand zu nehmen und ihn hinter sich herzuziehen. Wobei ihm Letzteres nicht ganz so gelang. Der Ältere der beiden wirkte nicht so, als ob er sich bewegen wollte. „Schick ihn zu mir, wenn er was will“, murrte Jesko und sank wieder zurück, wodurch er Felix unweigerlich mit zog. „Aber er kann doch nicht“, maulte der Kleinere. Mein Blick schweifte gen Himmel. Zwar war die Sonne ganz langsam schon am Untergehen, doch sie erfühlte noch einen Großteil des Landes. Der andere Vampir hatte sich wohl irgendwo in dem kleinen Park verschanzt, der den Spielplatz umgab. Dort war es sicherlich schattig und er würde nicht vom Sonnenlicht berührt werden. „Wenn es sein muss.“ Etwas missmutig erhob sich der Werwolf wieder. Mir kam es wirklich so vor, als ob es ihn jetzt gerade nerven würde, dass er weg musste. Oder wollte er mich einfach nicht allein lassen? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)