Lost Angel - Die Flügel wachsen wieder von Remy (Fortsetzung von 'Lost Angel') ================================================================================ Wieso sie? ---------- Lost Angel – Die Flügel wachsen wieder Kapitel 4 – Wieso sie? Jemil's PoV Etwas nervös ließ ich den Blick immer wieder durch den Raum schweifen, nachdem ich mich auf den Sessel hatte fallen lasse. Felix, Talinda und Devin hatten sich dagegen auf die Couch gesetzt. Und Jesko? Der holte etwas zu trinken. Aber was bot man schon Vampiren an? Mehr als Blut konnten sie ohnehin nicht zu sich nehmen. Ich war mir auch gar nicht so sicher, ob wir noch so viel im Haus hatten. Vor einer Woche war der Werwolf das letzte Mal im Krankenhaus um ein paar Blutkonserven zu besorgen. Angeblich hatte er in der Stadt einen Werwolf getroffen der dort arbeitete. Von dem bekam er immer ein bisschen etwas. Nur so viel, das es nicht auffiel und wir über die Runden kamen. „Mann, Kleiner! Lass mich los!“, fauchte da auf einmal Devin. Felix kuschelte sich an ihn. So war er einfach. Fremden vertraute er schnell und schmiegte sich dann liebend gerne einfach an sie. Egal wer es war. „Aber du bist doch mein Onkel“, maulte der Hybrid aber auch schon los. Das hatte er wohl etwas zu ernst genommen. Aber was sollte man schon von einem kleinen Jungen, wie ihn, erwarten. Er war eben noch ein Kind. „Ich bin nicht dein Onkel!“, knurrte der rothaarige Vampir wütend und schüttelte den Hybriden von sich ab. „Das hat aber Mama Jemil gesagt!“, erwiderte Felix und zog die Augen zu Schlitzen zusammen. Eigentlich sah er so viel zu süß aus. Einen Moment herrschte eine fast schon erdrückende Stille, doch dann kicherte Talinda auf einmal los. „Mama Jemil?“, wiederholte sie mit einem fragenden Unterton. Da spürte ich auch schon, wie mir die Röte ins Gesicht stieg. Wieso musste der Kleine das sagen? Gerade das! „Du bist ja süß, Kleiner“, meinte da aber auf einmal die Vampirin, die sich leicht nach vorne beugte und Felix, der jetzt nur noch mehr ein Schmollen auflegte, mit einem Lächeln ansah. „Ich bin gar nicht süß!“, maulte er. Vielleicht hätte man sie warnen müssen, dass er es nicht mochte, wenn man ihn so nannte. „Was bist du denn dann?“, wollte sie da schon von ihm wissen und legte leicht den Kopf schief. Ein etwas fragender Ausdruck lag in ihrem Gesicht. „Ich bin stark. Immerhin muss ich auf Jemil aufpassen, wenn Jesko nicht da ist!“, meinte der Kleine nur und verschränkte trotzig die Arme. Aber im nächsten Moment blickte er mich schon fragend an. „So ist es“, meinte ich also. Das wollte er wahrscheinlich sogar hören, denn er sprang auf und lief zu mir. Seine Arme schlangen sich um meinen Taille. „Ich hab dich lieb“, flüsterte er, sodass nur ich es hören konnte. Es fühlte sich so gut an, wenn er es sagte. Vorsichtig hob ich ihn auf meinen Schoss. „Ich dich auch“, erwiderte ich schließlich und drückte den Kleinen leicht an mich. Es war so schön jemanden im Arm zu haben. Obwohl es Felix sonst nicht passte. Aber er spürte scheinbar, dass ich es brauchte, dabei verstand er wohl nicht einmal wieso. Und dennoch fühlte er es. Das reichte mir sogar schon. „Jemil, du erdrückst mich“, wimmerte da der Kleine aber auf einmal und ich ließ ihn langsam wieder los. Wirklich, dass er wieder zurück zu Talinda und Devin auf die Couch ging, wollte ich nicht. Da spürte ich aber auf einmal, wie er mit seinen Eckzähnen über den Ärmelstoff meines Shirts rieb. Zaghaft sah er schließlich zu mir auf. Ein seltsamer Ausdruck lag in seinen Augen. Irgendwie wirkte er so ausgehungert. „So, da bin ich wieder. Wir haben leider nur 0 und AB im Haus, die beiden jungen Herren trinken sonst nichts. Macht euch aber doch nichts aus?“, rief Jesko, als er den Raum betrat mit einem Tablett auf dem sich fünf Gläser und drei Kannen mit jeweils roter Flüssigkeit darin befanden. Verwirrt blickte er sich um, als ihm aber keiner eine Erwiderung gab. „Ist was?“, wollte er schließlich wissen. Wieder keine Antwort. Die beiden anderen Vampire hatten wohl Felix Gesichtsausdruck auch bemerkt und wussten gut genug, was er zu bedeuten hatte. Langsam wendete der Kleinen seinen Kopf wieder meinem Arm zu. Zuerst drückte er nur die Lippen dagegen, bevor er seine Eckzähne sowohl durch den Stoff meines Shirts als auch meine Haut bohrte. Der weiße Stoff färbte sich binnen weniger Sekunden tiefrot. Kurz durchzuckte mich ein Schmerz, als er zu saugen begann. Genau drei Mal, dann ließ er wieder von mir ab und drückte seinen Kopf gegen meine Brust. Sein Atem war kaum noch spürbar, als er zu Seite sank. Behutsam hielt ich ihn fest. Stocksteif stand Jesko da, als ich mit dem Hybriden im Arm aufstand. Ein Schrecken zeichnete seine Gesichtszüge. Aber nicht einmal ich hätte erwartet, dass Felix so plötzlich einfach zubeißen würde. „Ich bring ihn schnell ins Bett“, meinte ich nur knapp und ging an Jesko vorbei, der wohl zur Sicherheit das Tablett auf den Tisch abgestellt hatte. Noch so ein Schrecken und es wäre auf dem Boden gelandet. Vorsichtig legte ich den Kleinen in sein Bett und deckte ihn behutsam zu. Das es ihn doch so schwächte, dachte ich eigentlich nicht. Aber sein kleiner Körper war auch nicht so stark wie meiner oder der von Venanzia. Zärtlich küsste ich seine Stirn, bevor ich zurück zu den anderen gehen wollte. Doch gerade, als ich die Zimmertür öffnen wollte, hörte ich wie er leise meinen Namen von sich gab. „Brauchst du noch irgendwas?“, fragte ich und wendete mich wieder zu Felix. Langsam schüttelte er den Kopf und flüsterte nur: „Ich hab dich lieb.“ Das zeichnete mir wieder ein leichtes Lächeln auf die Lippen. „Ich dich doch auch. Aber jetzt schlaf“, erwiderte ich. Zaghaft nickte er und rollte sich auf die Seite. Noch einen Moment blieb ich an der Tür stehen, bis ich mir sicher war, dass er schlief. „Was ist mit dem Kleinen?“, fragten Jesko und Talinda fast gleichzeitig, als ich das Wohnzimmer wieder betrat. Das sich der Werwolf Sorgen machen würde, war mir klar. Aber meine Halbschwester? Sie hatte doch eigentlich noch fast gar nichts mit ihm zu tun. Oder hatte sie ihn einfach jetzt schon so sehr ins Herz geschlossen? „Er schläft“, erwiderte ich nur knapp und sank auf Jeskos Schoss, da der Wolf sich auf meinem Platz breit gemacht hatte. Er legte auch gleich vorsichtig die Arme um mich und ich drückte mich leicht zurück. Je mehr ich von ihm spürte, je wohler fühlte ich mich. „Jungs, ihr braucht dringend Sex!“ Vor Schreck wäre ich jetzt beinahe von Jesko heruntergefallen, als Talinda das sagte. Wie konnte die nur so etwas aussprechen? „Versuch das mal, wenn du so einen kleinen Knirps im Haus hast!“, knurrte da aber auf einmal der Werwolf. Könnte es sein, dass er sauer war? Kannte ich gar nicht von ihm. „Beruhig' dich wieder“, meinte ich und küsste ihn zärtlich. Meistens half das ja um ihn wieder auf den Teppich zu bekommen. Obwohl er – wie gesagt – nicht so oft ausrastete oder überhaupt wütend war. Eigentlich war er ja auch mehr einem ruhigen Husky, als einem wilden Wolf ähnlich. „Wieso wollt ihr überhaupt noch hier bleiben?“, murrte Jesko. Wurde er denn wirklich mürrisch? Das kam mir so süß an ihm vor. „Na ja, eigentlich wollte ich ja nur dich sehen, Werwolf, und ... euch warnen.“ Leicht senkte Talinda den Kopf, während ich und Jesko fast synchron eine Augenbraue hoben. „Vor was denn warnen?“, sprach Jesko die Frage aus, die auch mir auf der Zunge lag. Etwas zog er die Augen zusammen, während ich mich wieder an ihn lehnte. Zuhören gefiel mir momentan wirklich besser, als selbst etwas sagen zu müssen. „Vor Luca.“ Ich zuckte leicht zusammen, als Devin den Namen aussprach. Wieso denn gerade dieses kleine Ekel? Was könnte der denn schon von mir wollen. Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. „Er ist sauer“, meinte ich, als ich mich etwas an Jesko hoch stemmte. Langsam nickte Talinda. „Ihr habt seinen geliebten Bruder getötet“, gab sie kaum hörbar von sich. „Hätte er nur Luca so sehr geliebt wie mich!“, fauchte ich wütend, sprang auf und stapfte zum Fenster. Wäre es nur so gewesen. Aber das war nur ein Wunschdenken. An mich hatte sich Pio herangemacht. Mich hatte er missbraucht. Und nicht seinen kleinen Bruder. Obwohl Luca auch nicht oft zu Hause war. Jahrelang war er bei dem Teil unseres Clans der in London lebte. „Jemil, niemand kann etwas dafür, dass er das mit dir gemacht hat.“ Woher sollte sie das wissen? Talinda war genauso wenig bei mir, wie Luca. Nur das sie ins andere Ende Europas abgeschoben wurde. In irgendein kleines Dörfchen in Italien. Vor drei Jahren war sie das letzte Mal bei mir. Sie hatte mich damals schon gesehen, wie er mich zurichtete. Zwar hatte sie mit Pio geredet und ihm gesagt, er solle aufhören, nur tat er das nicht. „Was weißt du schon?“, murmelte ich und machte wieder auf den Haken kehrt und marschierte zurück zu Jesko, der sich auch erhoben hatte und schließlich die Arme zärtlich um mich legte, als ich vor ihm stand. „Wie habt ihr uns überhaupt gefunden?“, fragte Jesko mit einem kalten Unterton. Denn hatte er so selten und es widerte mich an ihn in seiner Stimme zu hören. „Es ist nicht gerade schwer einen Vampir zu finden, der mit einem Werwolf unterwegs ist. Neben euch gibt es da ja nur noch eine Vampirin und die solltest du kennen, Jemil.“ Ich blickte verwirrt zu Devin. Über wenn redete er denn? Welcher meiner Rasse war denn noch mit einem Werwolf unterwegs. „Kommst du nicht drauf?“, fragte der Rothaarige und hob leicht eine Augenbraue. Ich schüttelte langsam den Kopf. „Mila.“ Kurz und knapp. Aber es reichte. Nur wieso sie? Verfolgte sie vielleicht uns? Könnte das möglich sein? „Mit wem?“, fragte Jesko. Was interessierte es denn ihn mit wem meine Ex-Verlobte auf Reisen war. „Lana, glaube ich, heißt sie.“ Durch Devins Antwort seufzte der Werwolf überdeutlich. Nur mir war der Name unbekannt. Wer sollte das sein? Ich erinnerte mich nicht an eine solche Wölfin. „Wieso denn gerade die beiden? Wollen sie uns denn auseinander bringen?“, flüsterte Jesko und drückte mich leicht an sich. Immer noch fiel mir nicht ein, woher ich den Namen der Werwölfin kennen könnte. „Dann gehen wir mal. Dir geht es scheinbar nicht gut, Brüderchen“, meinte da Talinda und erhob sich zum Gehen. Devin tat es ihr gleich. Erst jetzt bemerkte ich, wie weich meine Knie waren. Mit meinem Kreislauf lief wohl gerade nicht alles so ganz rund. Und auch Talindas besorgter Blick deutete das an. Manchmal meinte man gerade deswegen, dass sie sehen könnte. Nur war das nicht so. Seit ihrer Geburt war sie blind. Das Einzige, weswegen sie vielleicht etwas ähnliches konnte, wie sehen, war die Tatsache, dass sie ein Vampir war und wohl eher alles so wahrnahm, wie eine Fledermaus. Hören war bei ihr das Sehen. Den leisesten Ton konnte sie vernehmen. Und manchmal kam es einem auch fast so vor, als ob sie Gedanken lesen könnte. „Wir haben ein Zimmer in einem kleinen Hotel in der Str. Postel. Das muss hier ganz in der Nähe sein“, meinte da auch schon Talinda. Nach Jeskos Gesichtsausdruck zu schließen, wollte er gerade danach fragen. „Könnten wir jetzt gehen?“, murrte da auch schon Devin. Er wollte hier wohl nicht länger bleiben. Wahrscheinlich passte ihn Jeskos Anwesenheit nicht. Typisch Vampir eben. Eigentlich typisch. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)