Lost Angel - Die Flügel wachsen wieder von Remy (Fortsetzung von 'Lost Angel') ================================================================================ Stürmisches Wetter ------------------ Lost Angel – Die Flügel wachsen wieder Kapitel 3 – Stürmisches Wetter Luca's PoV „Tofan!“, brüllte ich in den Wald hinein. Wo war dieser verfluchte Vampir schon wieder? Sollte er nicht auf mich aufpassen? Und dann ließ er mich jetzt mit diesem Werwolf alleine. Immer wieder sah mich San seltsam an. Manchmal wollte ich schon wissen, was dieses Tier dachte. Aber viel konnte es ja nicht sein. Was sollte dieses Biest schon in der Birne haben, über das es vielleicht nachdenken könnte? Ich verschränkte mürrisch die Arme. Tofan könnte man eher als Ratte bezeichnen, als einen Vampir. So oft, wie er sich einfach irgendwo verkroch und mich dann mit San zurückließ. Der Werwolf kauerte sich neben mir zusammen. Immer wieder warf er mir einen kurzen Blick zu. Wie so ein scheuer Welpe. Nur das der zumindest süß sein könnte. Aber San war nicht einmal dafür gut genug. Dieses Tier widerte mich nur an. Für was hatte es mir nur mein Vater mit geschickt. Sonst war ich auch immer allein unterwegs. Die ganzen letzen drei Jahre. Da hatte ich weder einen Werwolf noch einen anderen Vampir gebraucht. „Herr? Wollt Ihr etwas zu essen?“, fragte da auf einmal der Werwolf. Das erste Mal wagte er es, mich längere Zeit anzusehen. „Du kannst mir ja ein Reh fangen.“ Mürrisch zog ich meine Oberlippe hoch und ließ dadurch meine Eckzähne aufblitzen. Sofort sprang San auf. „Wie Ihr wünscht“, meinte er nur und war schon in den nächsten Sekunden im Unterholz verschwunden. Zumindest musste ich den jetzt auch nicht aushalten. Zurückkommen würde er schon. San hatte es noch nie gewagt länger weg zu bleiben. Er wusste was ihm blühte. Das hatte man ihm wohl schon seit er klein war eingetrichtert. Vampire waren seine Herren. Denen hatte er zu gehorchen und bei denen musste er bleiben, bis sie ihm erlaubten zu gehen. Vielleicht hätte man das Jemil und seinem Werwolf auch einmal sagen sollen. Es war eigentlich die Regel, dass man sich auf ewig für den Clan einsetzte und sich nie von ihm abwenden sollte. Dieses miese kleine Halbblut hatte das doch jetzt getan. Zuerst zerriss sein Wolf einen unserer Ältesten und dann auch noch Pio. Meinen Bruder. Es war mir wirklich egal, dass er sich an Verona vergriffen hatte. Das war ohnehin nur eine aufgetakelte Ziege. Nur deswegen hätte sich dieser verdammte Wolf nicht an meinem Bruder vergreifen dürfen. Dafür würde er bezahlen. Und Jemil auch gleich. Er war ohnehin nie etwas wert. Das Menschenblut, das mit in seinem Blut floss, ließ ihn doch gerade noch knapp über den Werwölfen stehen. Im Grunde war er doch nur Futter für uns Vampire. Wenn nicht unser Blut noch in seinen Adern wäre. Sonst wäre er wohl schon längst von einem meiner Rasse ausgesaugt worden. Ich zuckte zusammen, als vor mich auf den Boden ein junges, lebendes Reh fiel. Eine Wunde klaffte an seinem rechten Vorderlauf. Deswegen kam es wohl auch nicht mehr hoch. Mein Blick schweifte nach oben. „Euer Essen“, meinte San, der mir das Tier gebracht hatte. Ich hätte nicht gedacht, dass er das wirklich tun würde. Ich ließ es mir nicht nehmen und biss einfach in den Hals des Tieres. Schon seit ein paar Tagen hatte ich kein Blut mehr bekommen. Doch weder über San noch über Tofan wäre ich wohl hergefallen. Der rote Lebenssaft des Werwolfes widerte mich nur an. Das war viel zu niedrig für mich. Und der von Tofan gehörte einfach einem Artverwandten. So wäre ich doch nicht besser, als Jemil. „Schaff das Vieh weg!“, zischte ich, als ich von dem Reh abließ. Es war wohl schon kurz vor dem Tod. Der Werwolf rührte sich aber nicht. Ließ nur unterwürfig den Kopf hängen. „Was willst du?“, fauchte ich ihn an. „Dürfte ich es haben?“, wollte San da schon wissen. Leise knurrte ich und nickte dann nur. Wie ein ausgehungerter Wolf stürzte er sich auch sofort auf das sterbende Tier. Ich stapfte ein Stück den Weg entlang, wo uns Tofan zurück gelassen hatte. „Wo ist er nur hin?“, murmelte ich. „Er wollte sich auch etwas zum Essen besorgen, Herr“, erwiderte auf einmal San. „Hab ich mit dir geredet?“, keifte ich ihn an. Sofort zog er den Kopf ein. „Entschuldigt, Herr“, flüsterte er kaum hörbar. Ich lehnte mich an einen Baum und wartete. Irgendwann musste Tofan ja zurückkommen. Immerhin konnte er mich doch nicht einfach allein lassen. Mein Blick schweifte zu dem jungen Werwolf. Er hatte sich auf dem Boden zusammen gekauert. Seltsamerweise machte er das oft, wenn wir alleine waren. Tofan bot wohl sogar ihm Schutz. „Herr?“ - Ich wendete den Blick in die andere Richtung. wo der um einiges ältere Vampir stand. - „Es wird bald hell und scheinbar zieht ein Sturm auf. Wir sollten uns einen Unterschlupf suchen.“ Es wirkte so, als ob er seine Worte genaustens geprobt hätte und sie jetzt nur noch – wie auswendig gelernt – herunter leierte. Gerade das störte mich an Tofan. Denn dadurch zeigte er nie eine Gefühlsregung. Man konnte nicht einmal erahnen, was er dachte. „Sollten wir wohl“, gab ich mit einem Murren zur Erwiderung. Durch einen schrillen Pfiff deutete ich dann auch dem Werwolf an, dass er kommen sollte. Gehorsam wie er war, kam er auch sofort angedackelt. Was für ein dummes Tier. Mila's PoV „Verdammt! Lana! Warte!“ Zum wiederholten Male rief ich das der jungen Werwölfin hinterher. Denn in dem aufgekommenen Regen konnte ich sie kaum noch erkennen. „Beeil du dich doch etwas!“, bekam ich da aber nur schroff zur Antwort, die so extrem nah klang. Ich tat noch einen Schritt. Dann lag ich auch schon auf der Nase. „Lana!“, fauchte ich und richtete mich mühevoll wieder auf, „Was kriechst du hier auf der Erde herum.“ Da erklang aber auch schon ein wütendes Knurren von Seitens der Wölfin. „Was ist?“, flüsterte ich. In den letzten Wochen hatte ich gelernt, dass irgendetwas nicht stimmte, wenn sie das tat. Eigentlich hätte ich gar nicht gedacht, dass ich jemals mit einem Werwolf alleine unterwegs sein würde. Und dann auch noch für so eine halsbrecherische Aktion. „Ich rieche mindestens einen anderen Vampir!“ Diese Antwort war mir Warnung genug. Wenn ich nur vor drei Wochen schon gewusst hätte, dass Vampire, die nicht zu meinem Clan gehörten, so schlecht auf andere ihrer Art zu sprechen waren, dann wäre ich wohl zu Hause geblieben und hätte Lana alleine hinter ihrem Jesko her hetzen lassen und Jemil wäre mir vielleicht sogar egal gewesen. „Bleib hinter mir!“ Kaum dass sie das ausgesprochen hatte, drehte der Wind und schlug einen Schwall Regen und den Geruch von Vampir in unsere Richtung. Selbst ich nahm es jetzt war. Ein fremder Blutsauger war in der Nähe. Wenn wir Glück hatten, würde er uns nicht einmal wahrnehmen. Da hielt ich aber abrupt die Luft an. Vor uns in dem Sturm tauchte eine vermummte Gestalt auf. Ich konnte nicht feststellen, ob sie der Vampir war oder ob noch jemand hier war. „Das ist er nicht“, flüsterte da aber schon Lana und ging langsam weiter. Dicht folgte ich hier. Meistens fühlte ich mich bei ihr richtig sicher. Kein Tier wagte sich an sie heran. Vor einer Woche war uns im nahe gelegenen Wald sogar ein Bär begegnet. Den hatten sie mit einem einfachen Knurren in die Flucht geschlagen. Vielleicht hatte er aber einfach gespürt, was sie war. Mein Blick schweifte kurz noch zu der Gestalt, die sich auch durch den Regen kämpfte - scheinbar zog langsam ein Sturm auf. Meine eigentliche Aufmerksamkeit zog aber eine rote Spur auf sich, die sie hinter sich herzog. Alle paar Meter zierte ein blutfarbener Fleck das nasse, grüne Gras. „Bleib stehen, Lana!“, rief ich geschockt, da stürzte sich aber schon etwas auf die Lilahaarige und riss sie zu Boden. „Das ist meine Beute!“, fauchte der dunkelhaarige – scheinbar – Vampir sie an. „Wir wollen sie auch gar nicht!“ Mit etwas Mühe konnte Lana ihn von sich herunter stoßen. Zuerst warf er nur ihr einen bösen Blick zu, aber dann auch mir. „Vampir mit Werwolf unterwegs? Das hab ich doch irgendwo schon einmal gesehen“, murmelte er. Doch da nahm seine ganze Aufmerksamkeit schon wieder die vermummte Gestalt ein oder zumindest das, was sie zurückgelassen hatte. Eine rote Spur aus Blut. „Wir sollten verschwinden“, meinte die Werwölfin zu mir und nahm mich an der Hand. Meine Finger waren längst blau vor Kälte. Etwas Warmes wäre wohl für mich am besten. „Wir müssen einen Unterschlupf finden“, murmelte Lana noch. Ich nickte nur sofort. Wahrscheinlich würden wir so bald nicht einmal etwas finden. Doch einige Minuten später tauchten kleine Lichter vor uns auf. Vielleicht ein Dorf? Ich beschleunigte meinen Schritt so weit es mir möglich war. Bis wir jedoch wirklich in dem kleinen Ort waren dauerte es wieder eine ganze Weile. Bis dahin verzog sich auch etwas der Sturm. Lana fuhr sich durchs nasse Haar, als es zumindest endlich zum Regnen aufgehört hatte. „Vielleicht können wir hier ja irgendwo übernachten.“ Obwohl wir eigentlich tagsüber schliefen nannte sie es immer wieder 'übernachten'. Anfänglich fanden wir das noch ziemlich lustig, jetzt war es normal geworden. Es war nicht unbedingt schwer, eine kleine Gaststätte zu finden, die auch Zimmer vermietete. „Hast du den Vampir gekannt?“, fragte die Werwölfin schließlich, als wir endlich allein waren und ich es mir schon in dem Doppelbett bequem gemacht hatte. Sie stelle diese Frage immer, wenn wir einem anderen Blutsauger begegnet waren und bis jetzt antwortete ich auch immer das Gleiche. „Nein.“ Es war jedes Mal so. Ich war mir noch nie so bewusst gewesen, dass ich eigentlich so wenig andere Vampire kannte. Nur die meines Clans. Und das waren auch nicht unbedingt viele. Dahingegen kannte aber wohl Lana auch nicht sehr viele Werwölfe. Nur waren uns da fremde freundlicher gesonnen, als meine eigentlichen Artverwandten. Vielleicht hatten die aber auch einfach nicht so einen Gemeinschaftssinn. Waren Wölfe nicht Rudeltiere? Daran könnte es eigentlich liegen. Ich rollte mich in die Bettdecke ein. So konnte ich in letzter Zeit immer noch am besten schlafen und tat es auch dieses Mal wieder. Schon bald war ich unter Lanas wachenden Blick in süße Träume versunken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)