Lost Angel - Die Flügel wachsen wieder von Remy (Fortsetzung von 'Lost Angel') ================================================================================ Familienidylle -------------- Lost Angel – Die Flügel wachsen wieder Kapitel 2 – Familienidylle Jesko's PoV Das er mich doch so einfach auf der Couch sitzen ließ. Das hätte er noch vor ein paar Monaten nicht gemacht. Da konnte er doch kaum von meiner Seite weichen. Nachdem ich Pio getötet hatte wurde er richtig anhänglich. Keine Sekunde wich er mehr von meiner Seite. Die Angst war ihm manchmal buchstäblich ins Gesicht geschrieben. Die anderen Werwölfe hatten es gespürt, dass er sich verändert hatte. Nicht nur, dass er für einen Tag ein Mensch war, auch das Blut, das er jetzt in sich hatte, konnten sie spüren. Wahrscheinlich überdeutlich. Wütend hatten sie ihn manchmal an geknurrt. Wie, als ob er ein Monster wäre. Aber für sie war er das wohl sogar. Von Anfang an. Behandelt hatten sie ihn schon fast so, wie sein Clan jahrelang – und wohl jetzt auch noch – mit den Werwölfen umsprangen. Ich ließ den Kopf in den Nacken fallen und breitete die Arme auf der Rückenlehne aus. Manchmal saß er abends, wenn der Kleine schon im Bett war, auf meinem Schoss, wenn ich es mir so auf dem Sofa bequem machte. Da war er es dann, den es nicht interessierte, dass Felix uns vielleicht hören könnte. Nur das er nie wirklich weit ging. Ein bisschen rumknutschen und fummeln. Weiter ging er nicht. Fast so, als ob er es sich nicht trauen würde. Ein Seufzen verließ meine Kehle. Bisschen miteinander rummachen wäre doch wirklich einmal wieder schön. So wie am Anfang. Da, wo er mich eigentlich nur für seine Spielchen ausnutzen wollte. Irgendwie war das damals schon schön. Dass das auch gerade einmal fünf Monate her war konnte ich schon fast gar nicht fassen. Eigentlich war es gar nicht lange, aber für mich wirkte es lang genug. In dieser Zeit hatten wir von einander gelernt. Er von mir wirklich glücklich zu sein und umgekehrt hatte er mir alles in Sachen Verwöhnen und Sex beigebracht. Ich schloss für einen Moment die Augen. Da hörte ich aber auch schon, wie jemand die Tür öffnete. „Wart' einen Moment, Felix“, hörte ich Jemil sagen und wie er durch den Raum wuselte. Ich hob leicht wieder ein Lid und sah noch, wie der Vampir den Vorhang zuzog. Noch im selben Moment stürzte sich der kleine Hybride auf mich. „Hey, nicht da!“, kicherte ich, als der Jüngere auf einmal anfing mich zu kitzeln. Ich konnte mich vor lachen nicht mehr einkriegen, bis Jemil Felix am Kragen von mir herunter zog. „Die Stelle gehört mir!“, meinte er und zog die Augen zu Schlitzen zusammen. Fragend blickte mich der Kleine an. „Stimmt das?“ Ich nickte nur. Immerhin wusste ich auch, wo Felix seine Finger hatte und das gehörte wirklich Jemil. Sonst würde ich da aber auch niemanden ranlassen. Dafür war einfach der Vampir zuständig. Da ließ dieser den Kleinen aber auch schon wieder los, setzte sich neben mich und kuschelte sich auch sofort an mich. Das ging aber nicht lange, da sich schon Felix zwischen uns drückte. „Was machen wir heute?“, fragte er und sah immer wieder zwischen mir und Jemil hin und her. „Satôbi wollte eigentlich mit Venanzia vorbei kommen“, erwiderte der Blonde da schon und schob Felix etwas mehr auf meinen Schoss, so das er sich wieder an mich lehnen konnte. Wir könnten so fast wie eine kleine, glückliche Familie wirken. Wenn Jemil vielleicht etwas mehr, wie ein Mädchen aussehen würde. Da er schon so hübsch war, wie es der kleine Hybrid sagte und der ihn auch noch manchmal Mama nannte. Er wäre doch eigentlich sicher auch eine schöne, junge Frau. „Ich hab von Anfang an gesagt, wir müssen uns einen Fernseher anschaffen“, meinte ich da auf einmal. Das war doch wirklich eines der Dinge, die wir nicht hatten. „Kommt doch ohnehin nie was Anständiges“, murrte da aber schon Jemil neben mir und schmiegte sich noch etwas an mich. Genauso auch Felix. Irgendwie fühlte ich mich auf einmal richtig eingeengt. „Mädels?“, fragte ich, als es mir irgendwie so vorkam, als ob sie beide eingeschlafen wären. Sonst passierte das ja eigentlich nur abends und dann nickte auch eigentlich nur Jemil neben mir ein. Der kleine Hybrid hätte wahrscheinlich Energie bis in die späte Nacht hinein, wenn er nicht ins Bett müsste. Mir entfuhr ein kurzes Auflachen. Felix auf meinem Schoss und Jemil an meine Schultern gelehnt. Beide waren wohl in die süßesten Träume versunken. So ganz hatten sie sich da dann trotzdem noch nicht daran gewöhnt tagsüber wach zu sein. Dabei hätte ich eigentlich gedacht, dass es schon längst so wäre. Ich strich dem Vampir leicht über die Wange. Nachts wälzte er sich immer stundenlang im Bett nur hin und her. Wenn ich ihn wohl nicht in den Arm nehmen würde, dann käme er nie zur Ruhe. Und jetzt schlief er sogar einmal richtig friedlich. Meine süße, kleine Fledermaus. Behutsam schob ich den Hybriden von meinem Schoss und auch Jemil konnte ich – ohne das er aufwachte – auf die Couch legen, bevor ich aufstand. Für mich wäre es wohl schon etwas unbequem geworden. Da erfüllte aber schon das Geräusch der Türglocke die Wohnung. Ich wendete mich noch kurz zu den beiden Schlafenden. Scheinbar hatte es sie nicht geweckt. So marschierte ich geradewegs zur Tür. Das waren ohnehin nur Satôbi und Venanzia. Wer sollte uns aber auch sonst besuchen? Jemil war es zu gefährlich, sich mit jemanden anzufreunden. Dem hatte ich mich aber schon einige Male widersetzt. Mit dem Mädchen, das auf dem Markt Gemüse und Obst verkaufte, unterhielt ich mich liebend gerne. Meistens bekam er das nicht mit. Doch gerade als ich die Wohnungstür öffnete kam mir dieser eine Moment wieder in den Sinn. Wie sich Venanzias Zähne in Jemils Hals vergruben. Er hatte ihr erlaubt etwas von seinem Blut zu trinken – so wie er es Felix auch erlauben wollte. Seit dem konnte sie auch das Tageslicht genießen. Bei ihr hatte er auch keinen Moment gezögert, es ihr zu erlauben, wohingegen er bei dem kleinen Felix fast schon ein Drama daraus machte. „Hi, Sa...“ Mir stockte der Atem. Das war nicht der Werwolf und seine Hybrid- Freundin, die da vor mir stand. Keiner von beiden. Eine Gestalt in einem langen, schwarzen Mantel gehüllt befand sich da vor mir. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, sodass ich nicht einmal erkennen konnte, ob die Person eine Frau oder ein Mann war. Da streckte die Gestalt aber schon die Hand nach mir aus, von der sie aber erst einen ebenso tiefschwarzen Handschuh abnahm. Sie berührte meinen Hals. Lange Fingernägel streiften meine Haut. Ein Vampir. Da war ich mir sicher. „Du bist es. Derjenige, den er liebt“, flüsterte eine hohe Frauenstimmen. Mit einem leichten Schwung fiel die Kapuze zurück und es offenbarte sich, was ich gedacht hatte. Das Mädchen, das vor mir stand, hob leicht die Oberlippe. Die scharfen Eckzähne fielen wir zuerst ins Auge. Die mussten tödlich sein. Erst dann bemerkte ich es. Ihre Augen waren weiß. So, als ob sie blind wäre. Und so wirkte sie auch. Als würde sie mich gar nicht sehen. Ihre dünnen Finger glitten an meinem Hals hinunter. Bis zu meiner Brust und drückte dort leicht dagegen. Für einen Augenblick hielt ich die Luft an. „Ja, du bist es. Der Werwolf den Jemil liebt.“ Woher wusste sie das nur? Und woher kannte sie Jemil? „Wer bist du?“, fragte ich, als sie ihre Hand sinken ließ. „Oh, wie unhöflich von mir.“ - Sie deutete einen Verbeugung an. - „Mein Name ist Talinda und wie ich meine kennst du meinen Halbbruder.“ „Jemil?“, fragte ich verwirrt. Die Schwarzhaarige nickte langsam. „Genau den.“ Ein leichtes Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab. Wieder blitzten für einen Augenblick ihre Eckzähne auf. „Kann ich rein kommen?“, fragte sie da auf einmal und trat ein ohne auf meine Antwort zu warten. Ich wirbelte nur herum. Als ob sie sehen könnte, bewegte sie sich durch den Flur. „Schön habt ihr es hier“, meinte sie da auf einmal. War sie vielleicht doch nicht blind und ich hatte es nur eingebildet, dass ihre Augen leer waren. Da drehte sie sich aber schon wieder zu mir herum und dieses Mal sah ich es ganz deutlich. Sie konnte sicherlich nichts sehen. Langsam kam Talinda wieder auf mich zu. Zaghaft hob sie die Hände und berührte dieses Mal meine beiden Wangen. „Du bist hübsch. Da hatte mein kleiner Bruder ja einen guten Geschmack.“ Etwas nervös sah ich mich bei ihren Worten um. „Ja, du bist wirklich ein hübscher Werwolf.“ Bei vielen anderen Vampiren hatte ich immer einen herablassenden Unterton in der Stimme gehört, wenn sie auch nur den Namen meiner Rasse aussprachen. Bei ihr kam mir das aber nicht so vor. Sie sprach so, als ob wir für sie genau die gleiche Stellung hätten. Für die meisten anderen Blutsauger war das nicht so. „Jesko?“ Sich verschlafen die Augen reibend kam Jemil aus dem Wohnzimmer. Da bemerkte er aber erst Talinda. Sie hatte sich zu ihm gewendet und blickte ihn prüfend an – als ob das gehen würde. Der Blick des jüngeren Vampirs nahm einen geschockten Ausdruck an. „Was machst du denn hier?“, fragte er irritiert. „Ich wollte deinen Liebsten kennenlernen“, erwiderte Talinda aber nur und sie klang dabei richtig glücklich. Ob sie das wirklich wollte? Es musste doch für sie auch eine Schande sein, dass Jemil sich in einen Werwolf verliebt hatte. In mich. „Also können wir dann wieder gehen?“ Ich wirbelte herum und wer da fast schon lässig an der Tür lehnte hätte ich wohl auch nicht gedacht. Nicht gerade ihn. „Devin? Na toll“, murmelte ich. Er wollte Jemil schon einmal dazu bringen, wieder zurück zukommen. Damals hatte er sich aber schon geweigert. Das Gleiche würde er wohl dieses Mal auch wieder tun, nur ob sich der andere davon wieder überzeugen ließe, war die Frage. Leicht drückte sich der Rothaarige weg und stapfte an mir vorbei zu Talinda. „Was ist?“, fragte er sie genervt. Langsam wanderte ihr Blick zu ihm. Ist wirkte richtig komisch, wenn sie jemanden ansah. „Wir könnten doch noch etwas hier bleiben“, meinte die Schwarzhaarige da nur knapp. Sie blickte direkt zu mir und meinte: „Hast du etwas dagegen?“ Das sie da gerade mich fragte? Ob Talinda bemerkt hatte, wie ich die Augen zu Schlitzen zusammen zog. Vielleicht spürte sie es innerlich. Sehen konnte sie es ohnehin nicht. Ich blickte jedoch nur Jemil fragend an. Genau so einen Blick warf er mir aber auch zu. Es kam mir fast so vor, als ob er zuerst den Kopf schütteln wollte, doch dann nickte er langsam. „Ist schon o.k.“, meinte er da auch schon, „ich kann ja kaum meine eigene Schwester einfach rausschmeißen.“ Da seufzte aber schon Devin überdeutlich. „Wir wollten doch gleich wieder zurück“, murrte er überdeutlich. „Du kannst ja meinetwegen gehen.“ Talinda klang richtig gelassen. Es interessierte sie wohl wirklich nicht, ob der Rothaarige noch länger hier bleiben würde. Etwas eingebildet war sie für mich dadurch schon. Auf einmal ging sie schnurstracks auf Jemil zu. So schnell konnte ich gar nicht schauen, wie ihre Arme um seinen Hals lagen. „Wie ich dich doch vermisst habe, kleiner Bruder.“ Der jüngere Vampir wirkte davon irgendwie gar nicht begeistern. Und ich genauso wenig. Nur wirkte es bei Jemil eher, als ob es ihm unangenehm wäre. Oder als ob er vor etwas Angst hätte. Gerade, als ob sie etwas merken könnte. „Du riechst so extrem nach Vampir.“ Talinda klang etwas verwirrt. Da hörte ich aber schon ein weiteres Mal die Wohnzimmertür. „Mama“, flüsterte Felix und schniefte. Jemil löste sich abrupt von der schwarzhaarigen Vampirin und wendete sich dem Kleinen zu. Zärtlich nahm er ihn in den Arm. „Was ist denn, Spatz?“, fragte der Blonde und legte behutsam die Arme um den Hybriden. „Wer ist die komische Frau und der rothaarige Kerl?“, wollte der Jüngste wissen, als er sich langsam wieder von Jemil löste. „Weißt du Felix, dass sind Tante Talinda und Onkel Devin.“ Ich konnte mir ein Kichern nicht verkneifen, als der Vampir das sagte. Der Hybride legte noch im gleichen Moment den Kopf schief und grinste. Das gefiel ihm jetzt wohl. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)