Sternchensuppe von Berrii ================================================================================ Prolog: Jeden Tag ----------------- Jeden Tag aufs Neue... Aufstehen, fertig machen und zur Schule... Eigentlich hab ich kein Problem damit, ich geh gern zur Schule, ich muss nie wirklich viel lernen und hab gute Noten. Aber tagein, tagaus immer diese Sprüche zu hören ging mir mittlerweile mehr als nur auf den Keks. Es war nervtötend; egal was ich tat, immer hieß es "Du machst das wie ein Mädchen!" oder neuerdings auch sehr beliebt "stell dich nicht so mädchenhaft an!". Ich war doch auf dem Gymnasium, warum gab es dort so dumme Hopper? Beziehungsweise; warum war ich der einzige Emo in der Klasse?! Ich war keinesfalls der einzige auf unserer Schule, wir waren sogar recht viele, die anderen waren auch immer mindestens zu dritt in einer Klasse, nur ich hatte in dieser Sache die Arschkarte gezogen. Ob sich das wohl jemals ändern würde? Vielleicht irgendwann, aber an diesem Tag würde der Mond wohl tagsüber scheinen, der Montag würde in der Schule voll happy beginnen und Hopper würden ihn als Junge bezeichnen. Kapitel 1: Montag ----------------- "Guten Morgen!", die Klassenlehrerin betrat das Klassenzimmer der 11b und die Klasse antwortete ein murrendes "Morgen" zurück. Ja, es war Montag, der Tag nach dem Wochenende und so ziemlich jeder hatte keinen Bock auf Unterricht. Nino saß müde auf seinem Platz, dirket zwischen zwei Mädchen, die grade aufgeregt miteinander tuschelten. "Anne, Nino und Kathrina!", die Lehrerin stellte sich vor ihre Tischreihe, "Im Unterricht wird nicht gesprochen, es sei denn, ihr wollt etwas zum Unterricht beitragen!" "Ich hab nicht-" "Willst du wiedersprechen, Nino?", unterbrach die Lehrerin Nino. Ja, so lief es immer, die zwei Schnatterenten quatschten und er bekam Ärger dafür. Er gab auf, hatte alles eh keinen Sinn. Die Lehrerin widmete sich wieder der Tafel und schrieb etwas an. "Kann sich das Mädchen nicht wehren? Oh, wir bemitleiden dich!", kam es leise von hinten. Ein gehässiges Kichern folgte. Plötzlich klopfte es an der Tür und die Schulsekretärin schaute rein: "Frau Müller, ich habe einen neuen Schüler für sie!" Die Lehrerin schaute zu ihr und schenkte dem wahrscheinlich hinter der Sekretärin stehenden Schüler ein Lächeln: "Okay, komm rein!" Der Schüler betrat die Klasse und sofort herrschte Stille im Klassenraum. Der Junge hatte eine schwarze Röhrenjeans an, trug graue Chucks und hatte ein weißes Shirt mit einem erhängten Chibi-Panda drauf an. Seine schwarzen Haare waren zu einer ganz typischen Emofrisur verstruppt und in der Unterlippe glänzte ein Lippenpiercing. "Guten Morgen!", Frau Müller reichte dem Neuen kurz die Hand, "Wie ist dein Name?" Der Schüler stöhnte genervt auf: "Laurin Pikka." Immer noch Stille. Dann fing das Gekicher in jeder Ecke des Klassenraumes an. "Hey!", Frau Müller warf der Klasse einen bösen Blick zu, "Dann setz dich bitte." Laurin sah mit hochgezogener Augenbraue kurz durch die Klasse. Dann warf er der Lehrerin einen sarkastischen Blick zu: "Mensch, die Auswahl an freien Plätzen is auch total extrem!" Ja, es war kein Platz frei. Frau Müller schaute sich ebenfalls um: "Ähm, geht einer bitte mit Laurin einen Tisch und einen Stuhl holen?" "Nina, ein Job für dich!", trällerte ein Hopper von weiter hinten in Richtung Nino. "Marcel, das heißt Nino!" Irgendwie sagte Frau Müller auch nie wirklich, das Nino ein Junge war. Das man ihn Nina nannte kam oft vor, doch nie kam von ihr "Er heißt Nino" oder "Dein Klassenkamerad heißt Nino". Keine wirkliche Vermännlichung. Vorallem "das". Er war ein "das". "Marcel, hol du bitte mit Laurin einen Tisch!" "Ich und Max machen das alleine, noch ein Mädchen an der Backe brauch ich dafür nicht!", der Hopper ging mit seinem Kumpel los und knallte beim Gehen die Klassentür zu. Die Lehrerin seufzte genervt und widmete sich der Tafel wieder zu. Nino beobachtete Laurin. Er warf Frau Müller einen verachtenen Blick zu und lehnte sich schließlich an die Wand neben der Tür, seine schwarze Umhängetasche, die mit Buttons übersät war, ließ er einfach daneben zu Boden fallen. "Hmm, der scheint wohl miese Laune zu haben.", flüsterte Anne zu Nino. "Hey Anne, das ist doch normal bei Emos, die sind doch nicht glücklich!", kicherte wieder ein Klassenkamerad von hinten, der mitgehört hatte. "Ha ha, sehr witzig, du Idiot, ich bin schlecht gelaunt, weil ich in einer Klasse voller Schwachmaten geraten bin!", zischte Laurin und warf dem anderen einen bösen Blick zu. "Huhu, willst du mir jetzt Angst machen, Laura?" Die ganze Klasse lachte los. Bis auf einen. Nino sah beschämt weg. Seine Klasse war einfach nur eine Blamage! "Jetzt ist hier aber Ruhe!", Frau Müller sah sich um, dann schaute sie zu Laurin: "Und du beleidigst bitte nicht deine neue Klasse!" "Ts!", Laurin verschränkte genervt die Arme, als die Tür wieder aufging und endlich Tisch und Stuhl für ihn kamen. Sie stellten den Tisch mit dem Stuhl an die Tischreihe bei Nino: "Bitteschön, Madam!" "Dankeschön, Analphabet!", Laurin setzte sich, Frau Müller ignorierte die Nettigkeiten zwischen ihren Schülern. "Hey!", sprach Kathrina Laurin grinsend an. Laurin wandt seinen Blick fragend zu ihr: "Was ist?" "Wo kommst du denn her?" Laurin merkte, das sie es gut meinte und wurde etwas netter: "Aus Bremen." "Oh, weiter Weg bis nach Potsdam. Darf ich fragen wie es dazu kam?" "Meine Mutter hatte die Wahl zwischen Hannover und Potsdam eine neue Stelle zu kriegen und weil sie meinte, mir bekomme weder Bremen noch Hannover gut, hat sie sich für Potsdam entschieden." Anne klinkte sich mit in das Gespräch ein: "Aber Potsdam ist echt toll! Ich bin übrigens Anne und das is Kathrina und das ist Nin-" "Nina!", kam es wieder von hinten. Gedemütigt ließ Nino den Kopf sinken. War ja klar. Jetzt war mal endlich noch ein anderer Emo mit in seiner Klasse und alle hackten auf ihn rum. "Ich glaube Nino kann selber reden denn er hat einen Mund und ich denke, das er es nicht so mag, wenn man ihn so nennt!" >Wow, drei mal vermännlicht!<, dachte Nino und grinste glücklich in sich hinein. Laurin gefiel ihm immer mehr. Von hinten kam nichts mehr und so blickte Laurin grinsend zu Nino: "Wie hast du das nur mit solchen Idioten in der Klasse bis jetzt ausgehalten?" "Ich versuche es zu ignorieren.", antwortete Nino wahrheitsgemäß. Laurin grinste ihn an, als mal wieder Frau Müller vor ihnen stand: "Nino, im Unterricht wird nicht gesprochen! Geh bitte an die Tafel und löse die Aufgabe!" Seufzend stand Nino auf und ging zur Tafel. Mathe. Und er hatte nicht aufgepasst. Aber das war egal, das wusste er, genauso wie es Frau Müller und die ganze Klasse wusste. Nino konnte alles, doch Sinn der Bestrafung war nicht, das er rechnen musste, sondern das er vorne stand. Erstmal musste er die Tafel ganz runterdrücken, mit seinen 1,56m war die Tafel zu weit nach oben geschoben. Mit seiner sauberen Schrift schrieb er den Rechenweg und das Ergebnis auf. "Mädchenschrift!", kommentierte jemand mal wieder. Nino seufzte. Schon wieder. Laurin staunte, das er ohne Probleme die Aufgabe löste, er selbst hatte nicht aufgepasst und hätte, selbst wenn er das getan hätte, diese Aufgabe wohl nicht richtig lösen können. "Guckt mal, sie hat ein Zielkreuz auf den Arsch!", lachte der Hopper Marcel wieder. Nino hatte zwei Nietengürtel um, der eine schwarzweiß, der andere schwarzpink und sie gingen über Kreuz. "Hmm, woher weißt du bloss, dass man das Zielkreuz nennt? Hast Erfahrung mit Jungs, bist schwul, was?", lachte Laurin und auch Nino musste kichern. "Laurin Pikka!", Frau Müller baute sich sauer vor ihm auf, "Verlass sofort den Raum!" "Wieso denn? Ich hab ihm doch nichts getan.", meinte Laurin ruhig, "Außerdem reicht Laurin." "Raus, sofort!" "Dann bestehe ich darauf das Marcel auch raus muss, oder haben sie überhört, das er Nino piesakt?", den letzten Satz betonte Laurin besonders deutlich. Frau Müller seufzte genervt: "Gehen sie endlich raus, Marcel, sie auch!" "Was?!", meckerte dieser los. "Gehen sie jetzt sofort! Beide!", befahl die Lehrerin laut. "Das kriegst du noch zurück, du blödes Weib!", zischte Marcel beim Rausgehen zu Laurin. "Pass auf, oder ich zeig dir auf einem bestimmten Weg, das ich ein Kerl bin und das willst du bestimmt nicht!", antwortete Laurin zuckersüß zurück. Nino setzte sich grade hin und warf Laurin einen bemitleidenen Blick zu, der ihn daraufhin nur angrinste. Kapitel 2: Sport ist Mord ------------------------- "Hey Nina, haste jetzt ne Freundin?", flüsterte wieder jemand aus der hinteren Reihe. Es war so nervig, es kotzte ihn dermaßen an. "Frau Müller, ich müsste mal eben auf Toilette!", Nino stand auf und wartete auf ein Okay ihrerseits. Sie nickte und fuchtelte kurz mit der Hand, das er verschwinden sollte und schrieb eine neue Aufgabe für die Klasse an die Tafel. Eilig stand Nino auf und verließ das Klassenzimmer. Gegenüber der Tür saß Laurin auf dem Boden und hatte sich gemütlich gegen die Wand gelehnt. Etwas unsicher hockte sich Nino vor den anderen: "Ich wollt mich entschuldigen, das du wegen mir hier sitzen musst..." "Hey!", Laurin grinste wieder, "Entschuldige dich nicht, ich bin selber schuld, aber stolz drauf!" "Ähm... Okay.", gab Nino zurück. "Es ist echt eine Schande, das sie dich so piesaken, kleine Menschen ärgert man nicht.", er lächelte, "Ich werd ab heute auf dich aufpassen!" "Das musst du nicht, ich komm schon klar..", Nino guckte kurz traurig zu Boden. Er würde damit klar kommen, so wie er immer damit klar gekommen war und musste und auch in Zukunft würde. Viele Menschen hatten ihm dieses Versprechen schon gegeben, doch gehalten hatte es niemand. Nino wollte solche Versprechen nicht mehr. Laurin stand auf: "Ich mach es trotzdem! Ich geh jetz mal zu der Schreckschraube und frag, ob ich wieder rein darf!" "Okay.. Ich muss mal..." Laurin warf dem Kleineren einen belustigten Blick zu: "Natürlich, du bist auch nur deswegen rausgekommen!" Nino flitzte schnell auf Toilette, bevor die Situation noch peinlicher wurde. Als er wieder zurück in die Klasse kam, saß Laurin schon an seinem Platz. Der Hopper war verschwunden, er war wahrscheinlich irgendwo draußen und rauchte eine Zigarette, schwänzen war für den ja normal. Noch ehe Nino auf seinen Stuhl zurückgeplumst war, klingelte es zur Pause. "Na endlich!", Anne und Kathrina standen auf um sofort zum Schulbäcker zu stürmen. "Ach mano, ich sitz doch erst grade...", seufzte Nino genervt. "Hey Nina, weißt du, was wir als nächstes haben?", wieder grinste Nino so ein dummer Hopper an, "Sport! Verirr dich bloss nicht in den Kabinen!" Laut lachend verließ er mit dem Rest der Klasse den Raum. Gefrustet packte Nino seine Tasche. Sport mochte er nicht wirklich, aber das lag nicht nur an seiner Klasse, Sport war einfach nicht sein Fach. "Nino?", Laurin stand mit gepackter Tasche neben ihm. "Ja?", schnell packte er zusammen und stand auf, jedoch musste er immer noch hochschauen, da Laurin fast einen Kopf größer war. "Was macht ihr denn grad in Sport?" Zusammen gingen sie in die Pausenhalle. Nino ließ den Kopf hängen, als er daran dachte: "Volleyball.." "Ich entnehme mal deinem Ton, das du nicht so der Fan von Sport bist, stimmts?" "Stimmt... Ich bin eine Null in Sport..." "Ach, irgendwas kann man immer!", Laurin legte ihm einen Arm um die Schultern, "Dafür bist du ein sehr schlaues Köpfchen!" Der Kleinere seufzte: "Aber das hilft mir bei Sport leider nicht weiter.." "Jetzt sei hier mal nicht so depressiv, denk positiv!", Laurin knuffte ihn in die Seite, "Zur Sporthalle gehts da lang, oder?" Der Größere war immer noch leicht ohne Orientierung, doch was Nino noch nicht ahnte, das würde sich niemals bei Laurin ändern, da er meistens keine Orientierung hatte, egal wo er war. "Nein, da lang!", Nino zeigte genau in die andere Richtung und lief mit ihm zur Sporthalle. Ein paar Minuten später kamen auch schon die anderen aus der Klasse und der Lehrer kam zum Aufschließen der Umkleiden. "Aaah ein Mädchen in unserer Umkleidekabine!", schrie ein anderer Junge gespielt erschrocken. Laurin verdrehte die Augen und machte sich neben Nino auf der Bank breit. Nino zog sich schnell um, er trug ein weißes Shirt mit kurzer schwarzer Hose. Laurin hingegen ließ sich Zeit, Nino wunderte es sowieso, warum er an seinem ersten Schultag Sportzeug mit hatte. "So, wollen wir?", Laurin stand fertig vor Nino, er trug eine lange schwarze Hose und ein schwarzes Shirt mit ein paar kleinen türkisen Sternen drauf. "Ja, auf in die Schlacht!", Nino grinste zurück, obwohl ihm eigentlich alles andere als nach Grinsen zumute war. Volleyball hieß für ihn, alle paar Minuten den Ball irgendwo hart abzubekommen. Die Klasse wurde in Gruppen geteilt und Laurin und Nino waren zusammen in einer. Wenige Minuten später teilte der Lehrer den Bälle aus und schon ging es los, keine drei Sekunden später hatte Nino den Ball im Gesicht. "Au!", Nino sackte auf den Boden und hielt sich die Hände vors Gesicht. "Sag mal spinnst du? Bist du zu blöd einen Ball richtig zu schlagen oder was?!", fuhr Laurin den anderen, der den Ball auf Nino geschlagen hatte, an. "Was denn? Ist doch nur Nina, der verkraftet das schon, außerdem ist er einfach zu klein, andere hätten ihn gefangen, ich kann doch nichts dafür!", meinte dieser grinsend und tat auf unschuldig. Der Lehrer hatte natürlich nichts mitbekommen. "Komm Nino, lass mal sehen!", Laurin nahm ihm die Hände aus dem Gesicht und erblickte ein knallrotes Gesicht. Der Schlag war kräftig gewesen. "Meine Nase-", Nino stoppte, als er plötzlich etwas Warmes über Lippe und Kinn fließen fühlte. "Oh verdammt!", Laurin zog den Kleineren auf die Beine, hielt ihm eine Hand unters Kinn und brachte ihn in die Umkleide, gefolgt von dem Gröhlen der Klassenkameraden, die sich schlapp lachten über den Kleinen. "Scheiße...", flüsterte Nino und stürzte in der Umkleidekabine zum Waschbecken, um sich erstmal darüber zubeugen. Dank Laurin war sein weißes Shirt fleckenfrei geblieben. Laurin wusch sich schnell das Blut von der Hand und holte schließlich Toilettenpapier. "Dann mal her mit der blutigen Nase!", sanft wischte er Nino das Blut aus dem Gesicht, "Was für Arschlöcher!" "Tja, was soll man machen.", Nino hatte ja schon längst aufgegeben, sich darüber aufzuregen, "Aber danke, das du mir hilfst!" "Ich habs dir versprochen!", der Größere grinste ihn an und machte etwas Papier nass und wischte Nino den Rest aus dem Gesicht, "Fertig, fast so gut wie neu!" Jetzt musste auch Nino grinsen: "Danke das du mein Shirt gerettet hast!" Der Größere knuffte ihn: "Kein Problem jederzeit immer wieder gerne! Komm, wir gehen zurück, aber du setzt dich an den Rand!" "Aber-" Laurin legte ihm einen Finger auf die Lippen: "Bei mir gibt es kein Aber!" Nino nickte und setzte sich in der Sporthalle an den Rand, während Laurin zurück zu seiner Gruppe ging. "Hey Laura!", ärgerte ihn der Schläger von vorhin und ein anderer ließ den Ball auf Laurin zusausen. Was dann geschah, brachte nicht nur Nino zum Staunen. Laurin knallte den Ball mit voller Wucht zurück, der dann auf dem Boden abprallte und direkt zu dem Schläger zwischen die Beine schlug. Mit schmerzverzerrtem Gesicht und tonlösem Stöhnen brach der Junge zusammen. "Oh, entschuldige, das ich dich nicht so ganz wahr genommen hab, außerdem dachte ich, du bist ein Mädchen, Mädchen tut das da unten doch nicht so weh!", Laurin kicherte zufrieden. "Genieß die Schmerzen bloss, ich kann dir schlimmere bereiten!", flüsterte er ihm noch zu und setzte sich zu Nino. Der Lehrer hatte auch diesmal nichts mitbekommen. "Danke.", flüsterte Nino und musste bei dem Anblick seines Klassenkameraden ein Lachen unterdrücken. "Gerne doch! Er hat es ja auch nicht besser verdient!" "Aber du bist echt gut, das hat man gesehen!", komplimentierte der Kleinere und beobachtete immer noch das Theater auf dem Spielfeld. Der Junge hatte wohl angefangen zu heulen und lag in Embryostellung auf dem Boden mit die Hände in seinem Schoss. "Ob er irgendwann wohl noch Kinder kriegen kann?", fragte Nino und lachte leise. "Eher würd ich mir Sorgen machen ob er noch einen hochkriegt!", kicherte Laurin, "Anschließend macht er nen lebenslangen Vertrag um immer genug Viagra zu haben!" Nino pokte ihn in die Seite: "Bist du aber böse!" "Natürlich, dafür gibts mich!", gab er grinsend zurück. Kapitel 3: ich mag dich ----------------------- Musikempfehlung zum Kapitel - das hab ich beim Schreiben gehört :) http://www.youtube.com/watch?v=ipW0JX3qQbM **************************************** Bald war der Schultag vorbei und Nino seufzte erleichtert, als er mit Laurin die Schule verließ. "Hört sich so an, als ob du nicht wirklich gerne in die Schule gehst." Wieder seufzte der Kleinere: "Ja, das stimmt." Er ließ den Kopf hängen, was Laurin grinsen ließ: "Hey!" Er wuschelte Nino etwas durchs Haar: "Jetz lach mal wieder und Kopf hoch! Dann ändern wir das jetzt, das du gerne in die Schule gehst!" "Wie das denn?", Nino sah zu dem Größeren auf, der immer noch grinste. "Überlass das mal mir!", Laurin strich ihm die Haare wieder zurecht, "Sag mal, wohnst du hier in der Nähe?" Nino musste sich erstmal wieder fassen, irgendwie brachte Laurin ihn immer wieder aus dem Konzept. "Ja, ein paar Straßen weiter!", antwortete er schnell, bevor Laurin etwas mitbekam. "Ich auch! Beim Bäcker in der Nähe?" "Direkt gegenüber." "Cool, ich daneben! Dann können wir ja zusammen nach Hause gehen!" Nino nickte und musste lächeln: "Ja!" "Oh, is das nich süß? Da haben sich zwei gefunden!", trällerte ein Hopper von der Bushaltestelle. Laurin verdrehte die Augen: "Nerv nicht und geh sterben!" Er legte einen Arm um Nino und zog ihn etwas schneller aus der Sichtweite des Idioten: "Lass dich davon nicht ärgern!" Nino nickte kurz, aber es kotze ihn trotzdem an. "Hast du nachher Zeit?", fragte Laurin und fummelte sein Handy aus seiner Tasche. "Klar, ich hab immer Zeit." Der Größere guckte kurz auf sein Handy nach der Uhrzeit: "Okay, dann in einer Stunde vorm Bäcker?" "Okay!", meinte Nino und spürte, wie er innerlich einen Freudensprung machte, er hatte einen Freund gefunden. "Supi, ich muss dann jetz schnell los, meine Ma will noch einkaufen!", Laurin drückte Nino einen Kuss auf die Wange und flitze los, "Bis später!" Nino blieb wie angewurzelt stehen. Perplex hielt er sich die Wange. Was war das den? Nino spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg. Schnell machte auch er sich auf den Weg nach Hause, er musste dringend irgendwie einen klaren Kopf kriegen. Als Nino endlich in seinem Zimmer war, schmiss er Tasche und Jacke von sich und packte sich aufs Bett. Stumm starrte er die Decke an. Irgendwas stimmte nicht mit ihm, aber was, das konnte er auch nicht sagen. "Nino!" Das war sein Vater. Genervt ging Nino zu ihm ins Wohnzimmer. Eigentlich war er nur sein Stiefvater, aber das schon seit 13 Jahren, weshalb er ihn auch teilweise als sein Vater ansah. "Wie siehst du denn wieder aus? Bist du ein Mädchen oder ein Junge?!" Deswegen mochte Nino ihn immer weniger. Immer dieses Gemeckere... Er mochte auch Ninos Namen nicht, den seine Mutter ihm damals wegen seinen leiblichen Vater gab, der mit Zweitnamen Nino hieß. "Was ist denn?", fragte er und ignorierte das Gemeckere. "Du kommst gleich mit, wir besuchen deine Tante, also zieh dich vernünftig an und mach dir diese verdammte Schminke aus dem Gesicht!" "Ich kann nicht, ich bin verabredet.", antwortete Nino kurz und knapp und wandt sich von seinem Stiefvater ab, der wütend wurde. "Du kommst mit, keine Widerrede!" Nein komme ich nicht! Ich geh gleich zu Laurin, fertig!" "Was soll das denn für ein Name sein? Ist der genauso komisch wie du? Du wirst dich nicht mit solchen Leuten einlassen!" "Mit meinen fast 18 Jahren kann ich das selbst entscheiden.", er verließ das Wohnzimmer und verschwand Tür knallend in seinem Zimmer. "Nino!", schrie sein Stiefvater ihm hinterher. "Warum muss der immer nerven?!" "Nino!", nun stand seine Mutter in der Tür, "Was soll das denn? Wieso willst du nicht mit?" Sie schloss die Tür und sah ihren Sohn fragend an. "Weil ich mich verabredet hab und deswegen in einer halben Stunde weg bin.", er ging an seinen Schrank und suchte nach einem frischen Shirt. "Oh, und wer ist das, das du dir sogar ein frisches T-Shirt raussuchst?" Nino hielt inne: "Nur ein Freund, aber mein Shirt ist dreckig, deswegen." "Ah ja.", sie lächelte, "Dann viel Spaß nachher, wir fahren jetzt, kommen bestimmt erst später wieder, jetzt wo du nicht mitkommst." "Okay!", er drehte sich um und grinste seine Mutter zufrieden an. Sie hatte immer Verständnis für ihn. "Aber geh rechtzeitig ins Bett, morgen ist Schule!", sie gab ihm noch einen Kuss auf die Stirn und verließ wenige Minuten später mit ihrem Mann das Haus. "Ja!", Nino schmiss vor Freude sein dreckiges Shirt in eine Ecke seines Zimmers und schlüpfte ins Frische, was ihn jedoch wieder inne halten ließ. Warum hatte er sich für Laurin umgezogen? Und außerdem auch noch das Beste was er hatte? Nino schüttelte den Kopf, um klarer zu werden. Schnell steckte er Handy und Haustürschlüssel ein und ging zum Bäcker, wo er sich davor auf die Bortsteinkante setzte. Noch hatte Laurin ein paar Minuten Zeit und so schaute Nino gelangweilt die Straße entlang. Irgendwie war er furchtbar ungeduldig, immer wieder sah er sich nach Laurin um, er wollte ihn wiedersehen! >Moment mal! Warum will ich ihn denn unbedingt wiedersehen? Vorallem hab ich ihn doch vor einer Stunde noch gesehen! Nino, du wirst verrückt..<, verzweifelt legte Nino den Kopf auf die Arme, die sich auf seinen Knien abstützten. "Hey!", flüsterte ihm da eine Stimme ganz nah hinter ihm ins Ohr. "Laurin!", Nino drehte sich abrupt um und blickte in Laurins blaugraue Augen, die ihn interessiert musterten. "Und was wollen wir anstellen?", er grinste wieder. "I-ich weiß nicht..", Nino starrte ihn weiter an, bis er merkte, was er da tat und schnell aufstand. Laurin ging ebenfalls aus der Hocke hoch und sah ihn belustigt an: "Du musst wegen mir doch nicht stottern! Komm, lass uns zu mir gehen, meine Mutter ist bis morgen weg!" Ohne auf eine Antwort von Nino zu warten, zog er den Kleineren hinter sich her zu einem kleinen Zweifamilienhaus. "Linke Seite wohne ich!", er schloss die Tür auf und schob Nino ins Haus, "Fühl dich ganz wie zuhaus!" "Okay, werd ich.", etwas schüchtern zog Nino erstmal die Vans aus, während Laurin seine einfach von sich trat. "Komm, ich zeig dir mein Zimmer!", er nahm Nino bei der Hand und zog ihn die Treppe mit rauf und dann gleich in das erste Zimmer auf der rechten Seite, "Tada!" Laurins Zimmer war bis auf die Decke in einem etwas dunklem Rot gestrichen, doch alle Schränke und auch das große Bett waren in einem hellen Holzton. "Wow, du hast sogar ein großes Bett!" "Du nicht?" Nino schüttelte den Kopf: "Ne, mein Stiefvater ist dagegen." Laurin musste lachen: "Wieso das denn?" "Weil er vor bestimmten Sachen Angst hat.", auch Nino musste lachen, als Laurin ihn plötzlich aufs Bett schubste und sich auf ihn setzte: "Dabei kann man so viel Mist im Bett anstellen!" Er zog dem Kleineren mit einen Kopfkissen eine über. "Hey!", Nino schnappte sich ebenfalls ein Kissen um sich zu wehren, doch war Laurin natürlich viel stärker, der auch noch anfing, ihn an den Seiten zu kitzeln. "Laurin-", japste Nino kichernd und versuchte sich unter ihm auf die Seite zu drehen, um sich von ihm wegzuziehen. "Hier geblieben!", Laurin nahm seine Hände und hielt sie mit seinen links und rechts neben Ninos Kopf ins Bett gedrückt fest. Beide mussten erstmal nach Luft schnappen. "Bitte aufhören, ich kann nicht mehr!", lachte Nino erschöpft. "Und was wenn ich nicht die Finger von dir lassen will?", grinste Laurin, doch war dieses Grinsen etwas anders als die vorigen, was Nino sofort knallrot werden ließ. Erst jetzt merke er, in welcher Situation er hier steckte und Laurins Frage war mehr als nur zweideutig. "Du bist echt zu süß, du musst doch nicht gleich knallrot werden!", Laurin zog ihn etwas hoch und schlang die Arme um ihn, "Ich mag dich, Nino~" Kapitel 4: Mario Kart --------------------- "Ich mag dich, Nino~" Der Kleinere wusste nicht, was er tun sollte, als Laurin ihm das ins Ohr flüsterte. Sanft strich er ihm über den Rücken und schmiegte sich an ihn. Bewegungslos ließ sich Nino von ihm umarmen und starrte die Wand hinter ihnen an. >Was soll ich nur tun?< "L-Laurin-", stotterte Nino unsicher, doch wusste er dann nicht mehr, was er sagen sollte. "Ja?", flüsterte ihm Laurin grinsend ins Ohr, doch Nino konnte nicht weitersprechen, Laurin machte ihn vollkommen verrückt. Doch dann löste sich der Größere von ihm und drückte Nino wieder ins Bett. Langsam strich er mit den Händen Ninos Seiten hoch und begann ihn wieder zu kitzeln. Vollkommen überrascht lachte Nino los und versuchte sich wieder zu wehren, aber wie auch schon zuvor war Laurin stärker. "Bitte Laurin!", lachte Nino kaputt und japste nach Luft. "Na gut!", grinsend ließ Laurin von ihm ab und setzte sich neben ihn aufs Bett, "Was hälst du von Mario Kart?" "Au ja!", Nino setzte sich auf und strahlte Laurin an. Er liebte Mario Kart! Vorallem am N64, das war seine absolute Lieblingskonsole. "Okay!" Laurin hockte sich vor dem kleinen Regal, aufdem der Fernseher stand und kramte einen N46 hervor. "Warte, ich helf dir!", Nino setzte sich mit zu Laurin und half ihm, die Kabel der Kontroller zu entwirren. Eine Minute später saßen beide wieder auf dem Bett und Laurin startete das Spiel. "Aber nicht schummeln!", mahnte Laurin Nino und piekste ihn in die Seite. "Wie soll man denn da schummeln?", fragte Nino perplex. Grinsend schaute Laurin den Kleineren an: "Dir traue ich alles zu, du kleine Intelligenzbestie!" "Ey!", Nino zog einen Schmollmund. "Du bist zu süß!", kicherte Laurin und verpasste Nino kurzerhand einen Kuss auf die Wange, "Und los gehts!" Das Startzeichen fiel, was Nino wieder aus seinen Gedanken riss, in die Laurin ihn durch den Kuss auf der Wange befördert hatte. Wieso hatte er ihn schon wieder geküsst? >Verdammt, denk nicht so viel nach!<, meckerte sich Nino in Gedanken selber an und versuchte auf den dritten Platz vorzukommen, dank Laurin hatte er einen grottenschlechten Start hingelegt. "Weiter Nino!", forderte Laurin ihn auf, der locker und leicht den ersten Platz hielt. "Das ist leicht gesagt, wenn man auf dem ersten Platz ist!", Nino legte sich mit ganzem Körpereinsatz in die Kurve, wobei er Laurin auf die Seite drückte. "Ey du Schummeltante!", lachte Laurin und schubste den Kleineren wieder zurück, der prompt den Kontroller aus der Hand verlor und auf den letzten Platz rutschte. Schmollend ließ Nino den Kontroller liegen: "Von wegen, du schummelst.." "Schmollst du etwa?", Laurin stellte auf Pause, "Komm schon!" Er grinste Nino wieder an, der dessen unergründlichen Blick einfach nicht verstand. "Ich bin doch jetzt ganz hinten, das ist doof..", Nino lenkte seinen Blick auf die Bettdecke, irgendwie machte Laurin ihn nervös. "Dann lass uns zusammen fahren!", Laurin setzte sich hinter Nino, stellte alles neu ein und drückte ihm seinen Kontroller in die Hand. "Aber Laurin-" "Nichts aber! Jetzt wird gespielt!" Das Startzeichen fiel und Nino fuhr los. "Nicht so sehr in die Kurve, auch nicht mit dem Körper.", flüsterte Laurin ihm ins Ohr und stützte Nino jeweils links und rechts an den Armen. Dem Kleineren lief ein Schauer über den Rücken. "Ich kann das schon Laurin!", sagte Nino, wobei er versuchte sich zu beruhigen. "Und warum rutscht du grad immer weiter nach hinten?", fragte der Größere grinsend. "Du machst mich nervös, Laurin!", Nino drückte auf Pause, drehte sich ein bisschen nach hinten und guckte den Größeren an. "Tu ich das?", wieder grinste Laurin ihn an. "Ja!", gab Nino stumpf zurück und starrte ihn weiterhin an. Laurin stupste Nino gegen die Nase: "Dann lass mich zuende fahren!" Er schnappte sich den Kontroller, wobei er Nino umarmte und an sich drückte. Perplex beobachtete Nino, wie Laurin drei Minuten später als Erster ins Ziel raste. Diese Nähe... Sie machte Nino verrückt! Er verstand Laurin einfach nicht, doch merkte er immer mehr, das Laurin ihm noch sehr wichtig werden würde. "Gewonnen!", happy knuddelte Laurin den Kleineren vor ihm, "Und was machen wir jetzt?" "Weiß nicht..", gab Nino zurück, "Wie lange darf ich überhaupt bleiben?" "Egal, interessiert meine Mutter nicht!", meinte Laurin und ließ sich nach hinten aufs Bett fallen, als er plötzlich das Gesicht verzog. "Was ist?", fragte Nino verwundert. "Ich schreib doch morgen diesen scheiß Test in Mathe, weil die tolle Lehrerin doch wissen will, was ich schon kann!", nörgelte er und legte die Hände aufs Gesicht, "Ich hab kein Bock.." Nino kicherte: "Sollen wir ein bisschen lernen?" "Dazu hab ich auch keine Lust.." "Aber dann könntest du den Test wenigstens ein klitzekleines bisschen beeinflussen!", sagte Nino lächelnd. Laurin starrte ihn an: "Aber nichts schweres..." "Es gibt nichts Schweres in Mathe!" "Ja, für dich nicht, du schlaues Köpfchen!", der Größere streckte ihm die Zunge raus. "Komm, ich erklärs dir auch ganz leicht.", schlug Nino grinsend vor. "Na gut, wenn ich mir danach etwas wünschen darf!", Laurin schmunzelte. Unsicher sah Nino ihn an: "Ähm...Okay..." Kapitel 5: Gedanken ins Schwarze -------------------------------- Über eine Stunde saßen Nino und Laurin zusammen auf dem Bett über den Mathesachen. Nino erklärte Laurin alles so leicht wie möglich und dieser verstand auf Anhieb alles. "Ich fass es nicht.. Seit wann ist das so leicht?", fragte der Größere verwundert. "Das ist halt nicht so schwer, wie alle denken.", Nino lächelte ihn an, "Die meisten denken zu kompliziert." "Nino!", grinsend fiel Laurin dem Kleinen um den Hals und drückte ihm einen Kuss auf die Wange, "Ab heute lerne ich nur noch mit dir Mathe und mit niemand anderem!" Wieder lief Nino sofort rot an: "O-okay, mach ich doch gerne, wenns dir hilft." Laurin sah auf ihn runter: "Du bist echt perfekt, dich behalte ich!" Er knuddelte den Kleineren noch einmal und ließ von ihm ab. "Und jetzt? Möchtest du noch etwas wissen?", fragte Nino, setzte sich wieder auf und versuchte sich wieder etwas zu beruhigen, um wieder eine normale Hautfarbe anzunehmen. "Jetzt würd ich sagen, kochen wir uns was zu Essen, ich hab Hunger, wie stehts mit dir?" Nino nickte: "Ich hab auch etwas Hunger." "Dann lass uns mal!", Laurin griff nach Ninos Hand und zog ihn mit in die Küche, "Was hältst du von Spagettis?", Laurin holte zwei Töpfe hervor und eine Packung Nudeln. "Ja!", strahlte Nino glücklich, er liebte Spagettis über alles, für ihn gabs kein besseres Essen, auch wenn er sich dabei gelegentlich mit der Soße etwas bekleckerte. "Okay!", Laurin setzte in dem größeren Topf Wasser auf und tat etwas Salz dazu, "Sag mal, hast du eigentlich noch Geschwister?" Nino öffnete die Nudelpackung: "Nein, mein Stiefvater will keine weiteren Kinder, er sagte, ich mach genug Probleme." Laurin zog eine Augenbraue hoch: "Mit sowas ist deine Mutter zusammen?" "Sie will keine Kinder von ihm." "Von wem dann?" "Nur von meinem Vater." Laurin war etwas verwirrt: "Hä?! Wieso denn das? Warum ist sie dann mit deinem Stiefvater zusammen?" "Mein Vater ist vor 13 Jahren gestorben." "Ähm.. Entschuldige, das-" "Das macht doch nichts!", Nino lächelte ihn wieder an, "Ich war da drei, da kann ich mich nicht dran erinnern, ich weiß nur, das er an irgendeiner Krankheit gestorben ist, mehr hat mir meine Ma nie erzählt." Laurin nickte kurz: "Lass uns über was anderes reden." "Hast du Geschwister?" "Das ist eine sehr gute Frage!", der Größere grinste, "Ich weiß nicht wie viele Kinder mein Vater gezeugt hat." "Was?!", stockte Nino. "Mein Vater ist halt so ein Weiberheld und ein Playboy, der kann gar nicht anders als alles anzubaggern, was ihm gefällt." >Na dann weiß ich ja woher er diese freie Art hat, alles zu knuddeln und zu küssen..<, dachte sich der Kleine im Stillen. Nach dem Essen, wobei sich Nino natürlich wieder etwas mit der roten Soße bekleckerte, schauten sie noch einen Film, bei dem Nino fast einschlief. Es wurde immer später, sie hatten nicht auf die Uhrzeit geachtet. "Nino?", sanft stupste Laurin den Kleineren an, "Aufwachen Kleiner~" "Hmm..?", etwas verschlafen schaute Nino auf. "Ich würd sagen, du gehst besser nach Hause, du liegst ja schon halb im Koma.", Laurin machte das Licht an und schaltete den Fernseher aus. "Hast wohl recht..", der Kleinere rieb sich kurz die Augen und gähnte. "Oh ja!", lachte Laurin, "Komm, ich bring dich rüber." "Nein nein, ich bin zwar klein, aber nicht total minderjährig.", winkte Nino ab und zog sich seine Schuhe an. "Na gut, aber komm mir heile an, du Schlaftablette!", Laurin brachte ihn noch zur Tür. "Klar doch!", lächelte Nino, "Dann bis morgen in der Schule!" Laurin umarmte ihn nochmal kurz: "Ja, bis morgen!" Nino lief los in die Dunkelheit, Laurin schloss erst die Tür, als er ihn nicht mehr sah. >Irgendwie ist er voll süß..<, dachte Nino vor sich hinlächelnd. "Was denkst du denn da?!", sagte er dann zu sich selbst und schüttelte kurz den Kopf, "Ich denk zu viel nach.." Seufzend lief er weiter, gleich war er zuhause, als ein plötzliches Reifenquitschen ihn aus den Gedanken riss und er von Scheinwerfen geblendet wurde. Das nächste, was Nino hörte, waren Bremsgeräusche, als um ihn alles schwarz wurde. Kapitel 6: Besuch ----------------- "Nino!" Wer rief da seinen Namen? >Klingt seltsam..<, dachte Nino schwach und versank wieder ins Schwarze. "Um Gottes Willen, was hast du nur getan?!", schrie die Frau den Mann an, der von der Fahrerseite ausstieg. "Ich hab ihn nicht gesehen in seinen schwarzen Sachen!" Die Frau wollte Nino in ihre Arme ziehen, als der Mann sie zurück hielt: "Rühr ihn nicht an, vielleicht hat er hat etwas gebrochen!" Schluchzend strich die Frau Nino über die blutige Stirn: "Bitte Nino, bleib bei mir..." Der Mann rief über sein Handy den Notruf und wenige Minuten später kam mit lauter Sirene ein Rettungswagen. Zitternd und verweint schaute die Frau zu, wie sich die Ärzte um Nino kümmerten. "Er muss sofort ins Krankenhaus und operiert werden.", sagte der Arzt ernst, während Nino auf eine Trage gelegt wurde. "Darf ich mitfahren? Ich bin seine Mutter!" "Natürlich, kommen sie!" Ninos Mutter stieg mit in den Krankenwagen, ohne ihrem Mann noch eines Blickes zu würdigen. Im Krankenhaus angekommen wurde Nino sofort in einen Operationssaal gefahren. Immer noch zitternd setzte sich die Mutter vor den großen Flügeltüren auf einen Stuhl und drückte Ninos Tasche an sich, die sie noch mitgenommen hatte. Sie betete, das alles gut gehen würde, sie wollte ihn nicht verlieren. Der Tag hatte nach und nach immer eine dunklere Form angenommen für sie. Heute wurde ihr bewusst, das ihre Beziehung zu ihrem Mann am Ende war. Auf dem Rückweg war er wie ein Irrer gefahren. Auch wenn Nino fast ganz in schwarz unterwegs gewesen war, war es nicht allein seine Schuld, das er angefahren wurde. Eines war für Ninos Mutter sicher. Morgen würde sie sich sofort scheiden lassen. "Guten Morgen!" Laurin ließ den Kopf auf die Tischplatte sinken. Was für ein beschissener Morgen. Er hatte vergebens auf Nino gewartet, der einfach nicht aufgetaucht war, ihm eine SMS geschickt und versucht ihn anzurufen, doch er ging nicht an sein Handy. Dann musste er wie ein Irrer zur Schule hetzen, um nicht zu spät zu kommen. >Einfach grausam..< "Laurin! Komm bitte nach vorne an die Tafel und löse die Aufgabe!" >Och nö....<, geknickt schlurfte Laurin nach vorne an die Tafel. Zum Glück konnte er das Dank Ninos Nachhilfe in Mathe. "Laurin, irgendwie siehst du ziemlich fertig aus..", stellte Kathrina fest. "Sie hat recht, was ist denn los mit dir? Gefällts dir schon am zweiten Tag bei uns nicht mehr?", fragte Anne und stupste Laurin kurz gegen den Kopf, den er wieder auf den Tisch abgelegt hatte. "Das ist es nicht, heute ist nur nicht mein Tag..", murrte der Junge und drehte das Gesicht von den Mädchen weg. "Sonst geh doch einfach nach Hause!", schlug Anne vor. "Nein, darf ich nicht, dann killt mich meine Mutter.." "Hast wohl schon zu viel geschwänzt, was?", kicherte Kathrina, als die Lehrerin sie böse ansah. "Wollen sie drei eine Strafarbeit kriegen?" >Ich hab doch überhaupt gar nichts gemacht!<, stellte Laurin genervt fest. Die Mädchen schüttelten die Köpfe, während Laurin seinen unverändert auf dem Tisch liegen hatte. "Laurin Pikka!", die Lehrerin knallte mit einem Lineal auf Laurins Tisch, "Strafarbeit, du macht ein Referat über Pythagoras!" Jammernd ging Laurin nach der Schule nach Hause. "Was soll das denn?! Womit zur Hölle hab ich das verdient?!", in seinem Zimmer angekommen schmiss er seine Tasche sauer aufs Bett. "Ist doch alles scheiße..", er ließ den Kopf hängen. >Und Nino meldet sich wohl auch nicht..<, stellte Laurin traurig mit einem Blick auf sein Handy fest. Die nächsten zwei Tage vergingen, ohne das Laurin etwas von Nino hörte. Er kannte ihn zwar so erst einen Tag, aber er war ihm schon jetzt sehr ans Herz gewachsen und seine Sorge um den Kleinen stieg immer mehr. Freitag Nachmittag saß er gelangweilt vor dem Fernseher. Alle paar Minuten guckte er auf sein Handy, ob vielleicht irgendein Lebenszeichen von Nino da war, auch wenn es auf laut gestellt war. Dann klingelte es. Sofort guckte Laurin aufs Handy. Die Nummer kannte er nicht. "Ja?" "Hallo, ähm.. Bist du Laurin?" Es war eine Frau am anderen Ende. "Ja, wieso?" "Ich bin Ninos Mutter, du bist doch ein Freund von ihm?" "Ja, was ist denn mit ihm?", fragte Laurin nervös. Irgendwas konnte da nicht stimmen, wenn Ninos Mutter bei ihm anrief. "Es tut mir leid, das ich nicht früher angerufen habe, du klingst sehr besorgt.", sie machte eine kurze Pause, "Nino hatte einen Unfall.. Montag Abend.." Laurin starrte schockiert auf den Boden: "Wie gehts es ihm?" "Er lag bis vor zwei Stunden im Koma. Mach dir nicht weiter Sorgen, es geht ihm gut." "Darf ich ihn besuchen?", fragte Laurin etwas unsicher. Ninos Mutter antwortete sofort darauf: "Aber gerne doch, eigentlich sogar unbedingt. Nino hat nicht wirklich viele Freunde und du musst ja ein sehr guter Freund von ihm sein, er hat deinen Namen gesagt, bevor er richtig wach war." "Oh, ähm- ja.. Wann kann ich denn zu ihm?" "Wenn du willst sofort, dann ist jemand bei ihm, während ich frische Sachen für ihn hole." "Okay, dann komme ich gleich!" Laurin fuhr so schnell er konnte mit seinem Skateboard zum Krankenhaus, was glücklicherweise nicht weit entfernt war. Ninos Mutter hatte ihm noch die Station und die Zimmernummer gegeben. Schließlich stand er vor der besagten Zimmertür. Irgendwie war das alles komisch. Er kannte Nino doch erst seit Montag und hatte nur den Montag mit ihm verbracht. Noch etwas unschlüssig klopfte er an die Tür. Eine Frau trat raus und schloss die Tür leise hinter sich: "Du bist Laurin, nicht?" Laurin nickte kurz. "Nino schläft gerade, aber du kannst trotzdem zu ihm gehen, ich fahr erstmal nach Hause, würdest du ihm das sagen?", sie lächelte. "Ja klar." "Danke!", sie verabschiedete sich und ging. Leise öffnete Laurin die Tür und betrat das Zimmer. Nino lag in einem Bett am Fenster, das Nachbarbett war leer. Stumm ging Laurin zu ihm ans Bett. Der Anblick tat schon doch sehr weh. Nino hatte eine große Schürfwunde am Kopf, sein linker Arm war verbunden und ganz offensichtlich hatte er das rechte Bein gebrochen. Abgesehen davon war er übersäht mit Schürfwunden und blauen Flecken. "Armer Kleiner..", flüsterte Laurin und strich ihm sanft über den Kopf. Nino regte sich langsam und öffnete die Augen. Sofort fixierte er Laurin und lächelte erschöpft: "Hey.." Laurin musste ebenfalls lächeln: "Was machst du denn, lässt dich auf dem Heimweg einfach anfahren?" "Mein penetranter Stiefvater wars.", Nino grinste, "Mein Exstiefvater, meine Mutter hat sich Dienstag scheiden lassen." "Ouh..", Laurin war überrascht, "Ähm, deine Mutter ist übrigends nach Hause, sollte ich dir sagen." Nino schaute aus dem Fenster: "Dachte ich mir, sie war jetzt fast durchgehend bei mir, sie muss total kaputt sein." "Wie fühlst du dich?", fragte der Größere und strich ihm eine Strähne hinters Ohr. Nino wurde leicht rot: "Keine Sorge, es geht schon." "Ich hab mir ganz schöne Sorgen um dich gemacht, weil du nicht an dein Handy gegangen bist und auf keine SMS geantwortet hast." "Naja, ich lag im Koma und das Handy hatte meine Ma..", verlegen schaute Nino auf die weiße Bettwäsche. "Macht ja nichts!", Laurin piekte ihn sanft in die Seite, "Werd ja schnell wieder fit, ohne dich bin ich echt aufgeschmissen." "In Mathe?", der Kleinere grinste, "Ist doch momentan alles ganz einfach!" "Ja, erzähl das mal meinem Zwangsreferat über Pythagoras...", Laurin ließ den Kopf hängen, "Die beiden Schnatterliesen neben mir haben einfach nicht die Klappe gehalten und ich durfte dafür grade stehen." Nino kicherte: "Ich helf dir, das ist kein Problem! Dann hab ich hier wenigstens was zu tun!" "Und demnächst überhäufe ich dich dann mit all meinem Strafarbeiten oder was?", grinste der Größere. Nino fühlte sich sehr wohl und glücklich in Laurins Gegenwart, er hatte eine so nette und witzige Art, die ihm sein momentanes Leid vergessen ließ. Nach der Operation lag er im Koma, die Ärzte hatten befürchtet, das er noch innere Verletzungen hatte, aber dem war zum Glück nicht so. Sein rechtes Schienenbein hatte er wohl zweifach gebrochen, da hatte das Auto ihn total erwischt. Sein linker Arm hatte eine größere Schnittwunde abbekommen, anscheinend von irgendeiner scharfen Kante am Auto oder von Glasscherben auf der Straße. Als er aus dem Koma wachte, war er erstmal total schockiert, er hatte nichts von dem Unfall mitbekommen und dachte als erstes, als er langsam aufwachte, er läge in Laurins Bett, weil er da ja eingeschlafen war beim Fernsehn gucken. Seine Mutter hatte ihm dann erzählt, das er angefahren wurde, nachdem er sich halbwegs beruhigt hatte. Auch Laurin erzählte ihm, wie der Abend verlief, nachdem er ihn wieder geweckt hatte. Nino hatte das alles vergessen. "Du hast aber hoffentlich nicht vergessen, das ich noch einen Wunsch bei dir offen habe!", grinste Laurin. "Nein, hab ich nicht, keine Angst!", Nino verdrehte die Augen, doch auch er musste grinsen. Kapitel 7: Kim -------------- Laurin blieb fast bis tief in die Nacht bei Nino. Sie hatten sich Pizza bestellt und zusammen einen Horrorfilm im Fernsehn geschaut, Laurin lag nach dem Essen mit in Ninos Bett und der Kleinere hatte sich an ihn gekuschelt. Laurin ging ganz offen mit seinen Gefühlen um, er legte die Arme besitzergreifend um Nino und gab ihm einen ganz sanften Kuss auf die Wange, was Nino mal wieder rot werden ließ. Er genoss die Nähe von Laurin, keine Frage, aber liebte er es schon? Der Kleine wusste es nicht. Irgendwann war er zu müde, um darüber nachzudenken und schlief langsam in Laurins Armen ein. Nino spürte die Sonne auf seinem linken Unterarm. Müde öffnete er die Augen und fand sich in dem weißen Krankenhauszimmer wieder. Noch leicht schlaftrunken schaute er sich um. Er war allein. War Laurin gestern nicht bei ihm gewesen? Oder war das ein Traum gewesen? Gähnend schaute der Kleine auf die Uhr. Es war kurz nach sieben Uhr, was für ein Glück er hatte, diesmal war er wach, wenn die erste Krankenschwester sein Zimmer betrat, um bei ihm Blutdruck und anderes zu messen. Keine zwei Minuten später klopfte es und eine Gestalt in weiß betrat den Raum. Nino staunte. Es war ein junger Mann, er musste ungefähr so alt sein wie Nino selbst. Er hatte eine dunkelbraune verwuschelte Frisur mit orangefarbenen Strähnen und ein markelloses Lächeln, womit er Nino begrüßte: "Morgen!" Etwas perplex starrte Nino ihn an: "Morgen.." "Ich wollt gern einmal Blutdruck, Puls und Termperatur messen.", zählte er auf und nahm das Blutdruckmessgerät und das Stetoskop von den Schultern, das er so darüber liegen hatte. "Okay.", Nino versuchte mit seinem linken verbundenem Arm an seinem rechten Arm den Ärmel hochzuschieben. "Warte, ich kann das machen!", der andere schob mit einem Handgriff Ninos Ärmel hoch und legte dann die Manschette vom Blutdruckmessgerät an. >Was für große schöne Hände..<, stellte Nino fest. Er war mindestens 1,85 Meter groß und auch noch rank schlank. Und sein Lächeln.. Nino war ganz fasziniert, während sein Blutdruck gemessen wurde, strahlte der andere ihn wieder an. "145 zu 90.. Gehts dir gut?", fragte er lächelnd. "Wieso?" Das war nicht nur deswegen eine dämliche Frage, weil er mit gebrochenem Bein dalag, einen verpackten Arm und eine große Schürfwunde am Kopf hatte, sondern auch deswegen, weil 145 zu 90 ein ziemlich hoher Blutdruck war. "Bist du heut schon irgendwie aus dem Bett geklettert?", fragte er seufzend und schrieb den Wert auf. "Nein.", gab Nino knapp zurück, "Wie heißt du?" Nino hatte aufgegeben sich selbst zu fragen, seit wann er so mutig war, gleich das zu fragen, was er wissen wollte. "Kim.", antwortete der Große und suchte Ninos Puls am Handgelenk. >Kim.. Das ist ein Jungen- und Mädchenname..<, merkte der Kleine. "93..", sagte Kim und steckte die kleine Sanduhr wieder ein. "Und? Ist das gut?" Kim schrieb den Wert auf: "Naja, das ist alles hoch.." Er guckte sich die vorigen Werte in Ninos Akte an, "Und eigentlich sind die sonst immer im Normalbereich. Gehts dir wirklich gut?" "Ja!", sagte Nino und lächelte. Seufzend, jedoch auch leicht grinsend griff Kim nach einem Ohrthermometer in seiner Kitteltasche: "Ein Ohr hätte ich gern~" Nino hielt ihm das linke Ohr hin und Kim maß die Temperatur. "Na wenigstens die is ok! 37,1 Grad!", sagte der Große zufrieden und trug auch diesen Wert ein, "Und sonst alles ok? Schmerzen oder so?" Nino schüttelte den Kopf: "Darf ich dich etwas fragen?" Kim lächelte: "Klar." "Was bist du?" Kim prustete los: "Was meinst du damit? Was ich bin? Ob ich Zivi bin oder auszubildener Krankenpfleger bin? Ob ich dumm oder schlau bin? Oder hetero, homo oder bi?" Nino schoss sofort die Röte ins Gesicht. So genau wollte er es jetzt doch auch nicht wissen! Mal abgesehen davon wusste er nicht mal, was er eigentlich war. "Ich meinte ob du Zivi oder so bist!", verbesserte der Kleinere sich und strich sich eine Strähne hinters Ohr. "Ich bin auszubildener Krankenpfleger.", antwortete Kim und machte Ninos Akte zu, "Bin im zweiten Lehrjahr. Und was machst du normalerweise?" "Ich geh aufs Gymnasium.", sagte Nino knapp und musterte Kim unauffällig, dem das aber nicht entgang. "Sag mal, bist du vielleicht bi oder homo?", er fragte das mit einer Sanftheit, das Nino fast das Herz schmolz, allein das sanfte Lächeln war wunderschön. Dann realisierte er die Frage und lief wieder rot an. Nervös sah er weg: "Ich ähm- weiß es nicht." Kim grinste leicht: "Du siehst echt süß aus wenn du rot wirst!" Nino sah ihn etwas hilflos an. Er wusste nicht, was er tun sollte. Der Große stützte sich mit einer Hand neben Ninos Kopf ab und kam ihm immer näher. "Hey!", plötzlich stand Laurin in der Tür. Kim drehte den Kopf zu ihm und richtete sich dann auf: "Was ist?" Laurin kickte die Tür zu, er war ziemlich offensichtlich stinksauer: "Lass deine Finger von ihm, ich glaube nicht dass das, was du vor hattest, zur Krankenpflege gehört!" Kim grinste nur und kam Laurin näher, bis dieser mit dem Rücken zur Wand stand. "Hast du vor irgendwas Angst?", fragte Kim lächelnd. "Lass deine Finger von ihm!", zischte Laurin sauer. Kim beeindruckte das wenig. Er war größer als Laurin und wenn man auf ihn runterschauen konnte, sah er ziemlich harmlos aus. Er fasste Laurin sanft am Kinn an: "Keine Sorge, ich stehl deinem Kleinen schon keinen Kuss." Nein, Nino war ihm doch etwas zu unschuldig. Im Vergleich mit Laurin, denn der gefiel Kim grade sehr. Ohne gefragt zu haben legte er seine Lippen auf Laurins, der gar nicht wusste wie ihm geschah. Nino klappte der Mund auf. Knutschte Kim grade Laurin?! Kim leckte kurz über Laurins Lippen und beendete den Kuss: "Hmm, lecker~" Neckisch zwinkerte er Laurin zu: "Du kannst dich ja nicht mal wehren, süß." Er grinste, drehte sich nochmal zu Nino, um seine Akte vom Nachttisch zu nehmen und ging dann aus dem Zimmer. Nino starrte Laurin fassungslos an, der knallrot zu Boden starrte. Das kannte er nicht von dem Größeren, er stand da völlig hilflos und etwas verzweifelt. "La-Laurin-", stotterte Nino und setzte sich richtig auf. Laurin sah auf und Nino direkt in die Augen. Der Kleine erkannte es. Laurin schien sich zu schämen, und zwar sehr. "Laurin-", wiederholte Nino unsicher, als Laurin sich seine Tasche und sein Skateboard schnappte und stürmisch das Zimmer verließ. "Laurin!", rief Nino verzweifelt hinterher. Was konnte er nur tun?! Er durfte nicht ohne Hilfe aufstehen und Laurin würde eh schon aus dem Krankenhaus sein, bevor er überhaupt sein Zimmer verlassen hatte. Was hatte er denn nur? Klar, es war vielleicht nicht grade toll gewesen, das ihn ein anderer einfach so geküsst hatte, aber warum rannte er deswegen vor ihm weg? Kim kam zurück ins Zimmer mit Ninos Frühstück: "So, dein Essen!" Nino sah ihn stinksauer an: "Warum hast du ihn geküsst?!" Kim zog eine Augenbraue hoch, jedoch behielt er sein Lächeln: "Dich hätte es doch nicht gestört, wenn ich dich geküsst hätte, also warum nicht auch er?" "Weil er mein-", Nino brach schlagartig ab. Der Große grinste: "Ihr seit nicht zusammen, was?" "Nein, aber deswegen kannst du ihn trotzdem nicht einfach so küssen!" "Schon mal daran gedacht das er sich ganz leicht hätte wehren können? Ich hab ihn nicht festgehalten oder gegen die Wand gedrückt. Ich hatte nicht mal die Hände an der Wand, das ich ihn so bedrängt hätte. Ich hatte nur die Hand an seinem Kinn und das auch nur ganz leicht. Er hätte sich super leicht wehren können, hat es aber nicht getan. Und es war kein einfacher kurzer Kuss, das er deswegen nicht hätte reagieren können.", erklärte Kim und stellte das Tablett ab, "Ich denke mal das er sich deswegen schämt, weil er sich halt nicht gewehrt hat und du es auch gesehen hast." Nino konnte nichts mehr sagen, er wusste auch nicht was, denn Kim hatte anscheinend recht. "Hey..", Kim strich ihm eine Strähne hinters Ohr, "Jetzt sei nicht traurig, er beruhigt sich bestimmt und kommt zurück." "Lass mich..", Nino schlug seine Hand weg. Kim nahm den Deckel von Ninos Teller und sein Frühstück kam zum Vorschein: "Soll ich dir dein Brötchen schmieren?" "Nein, lieber verhungere ich als das du mir das fertig machst." Kim seufzte: "Da wir leider Personalmangel haben mach ich dir das trotzdem fertig, es kann kein anderer machen." Kim schmierte Nino das Brötchen mit Frischkäse und Marmelade: "Tut mir leid." Er verließ das Zimmer und Nino war alleine mit seinen Gedanken. Er wollte zu Laurin und mit ihm reden. Laurin war so schnell er konnte nach Hause gefahren. Da angekommen pfefferte er Tasche und Skateboard in die Ecke. Er schämte sich so sehr. Warum hatte er diesen Idioten nicht weggeschubst?! Wieso hatte er das zugelassen? "Oh Gott...", Laurin rutschte an der geschlossenen Tür seines Zimmers runter. Er wünschte sich so sehr jemanden an seiner Seite. Er brauchte einfach Nähe. Und Zuneigung. Der Kuss hatte ihm zu sehr gezeigt, was er wieder unbedingt haben wollte. Und der Gedanke sponn sich immer weiter in Laurins Gedanken, allerdings nicht mit diesem Krankenpfleger. Irgendwann schreckte Laurin aus seinen Gedanken. Knallrot sah er an sich runter. Ja, da war etwas passiert. Er spürte die Röte auf seinem Gesicht, als er sich von der Enge seiner Hose befreite. Wie konnte ihm das nur passieren... Langsam ließ er seine Hand an sich runterwandern. Irgendwas musste er ja tun. Er wollte es tun. Laurin schloss seine Augen und keuchte leise auf, als seine Hand sich langsam um seine Erektion legte. Warum saß er hier alleine? Sanft massierte er seine Spitze, was ihn wieder keuchen ließ. Laurin wollte nicht alleine sein, wollte das jemand anderes Hand an ihn legte. Und was hatte er getan? War feige davongerannt. Langsam steigerte er seine Streichelein, was alle Gedanken aus seinem Kopf wichen ließ. Bis auf einen kleinen süßen Gedanken. Leise stöhnend pumpte er seine Erektion, bis er mit einem erlösenden, leisen Stöhner kam. Mit den Gedanken bei ihm. Laurin guckte kurz auf seine Hand, die etwas verklebt war und legte dann den Kopf zurück. Jetzt fühlte er sich schuldig und dreckig. Aber der eine Gedanke blieb. Und an diesen reihten sich sehr viele an. >Nino....< Kapitel 8: Lukas ---------------- Gelangweilt saß Nino auf dem Bett. Vier Tage waren schon vergangen und Laurin war immer noch nicht aufgetaucht. Seine Mutter musste wieder arbeiten, da sein Ex-Stiefvater sie ja nicht mehr versorgte. Umziehen mussten sie Ende des Monats auch noch. In eine kleine Wohnung am Stadtrand, das war schon ein Stück von der Schule entfernt. "Guten Mittag!", Kim kam mit Ninos Mittagessen rein. Leicht genervt schaute der Kleine den in weiß an. "Jetzt guck nicht so, es gibt Spaghetti, das schmeckt zur Abwechslung mal!", mit einem Grinsen stellte er das Tablett auf Ninos Nachttisch ab und nahm den Deckel vom Teller, "Tada!" Wenig begeistert starrte Nino auf das Essen. "Ach Nino, jetzt hör auf Trübsal zu blasen, hm?", Kim legte ihm kurz die Hand auf die Schulter. "Wegen dir kommt Laurin nicht mehr zu mir." "Ich glaube er kommt wegen dir nicht." "Was?", Nino schaute auf, "Warum sollte er wegen mir nicht her kommen?" Kim setzte sich auf den Stuhl neben Ninos Bett: "Ganz einfach, er weiß momentan nicht, wie er sich dir gegenüber verhalten soll. Er ist bestimmt verwirrt von sich selbst." "Ich kenn ihn erst seit einer Woche, hör doch mal auf zu behaupten, wir hätten was miteinander!", meckerte Nino und wurde leicht rot. Kim grinste: "Sag mal, hast du dir schon mal Gedanken darüber gemacht, was für eine sexuelle Ausrichtung hast?" "Ähm..", der Kleinere schwieg. Stumm fing er an, die Spaghettis mit der Gabel auf zudrehen. "Ich geh mal wieder, bis später!", Kim stand auf und verließ das Zimmer, nahm sich vorher jedoch noch eine Ladung Desinfektionsmittel aus dem Spender. Wie Nino diesen Geruch hasste. "Manno..", seufzend ließ Nino die Gabel auf den vollen Teller klirren. Er wollte nach Hause. Er wollte mit Laurin reden. Und er wollte verdammt nochmal diesen Gips loswerden! Gelangweilt lag Nino in seinem Bett und schaute ein bisschen Fernsehn. Mittlerweile war es drei Uhr nachmittags und draußen war bestes Wetter. "Ganz toll.. Und ich hock hier alleine am Bett gefesselt.." Plötzlich klopfte es, doch bevor Nino ja sagen konnte, wurde die Tür auch schon aufgerissen. Beim Anblick des Besuches wurde dem Kleinen jedoch ganz anders. "Na du armes kleines Mädchen?" Es war ein Klassenkamerad von ihm. Einer von denen, die Gefallen daran hatten, ihn zu trietzen. "Ich bring dir dein Schulzeugs, da Laura auch krank ist, konnte sie das leider nicht machen!", es war Lukas, einer von diesen Jungs, wo die Mädchen Spalier standen. Nino wusste echt nicht, was er sagen sollte. Er fühlte sich grade ziemlich bedrängt und ausgeliefert. "Hier, bitteschön!", Lukas klatschte einen Haufen Arbeitsblätter auf Ninos Bett, wobei er an den Gips kam. Ängstlich kniff Nino die Augen zusammen, als wieder die Tür geöffnet wurde. Es war wieder Kim, der den Besuch misstrauisch beäugte. "Ist das ein Freund von dir Nino?" Nino starrte Kim bleich an und schüttelte den Kopf. "Na dann, raus mit dir, junger Mann!", bat Kim und hielt ihm die Tür auf. "Tss, was bist'n du? Der Türsteher?", lachte Lukas und setzte sich auf Ninos Bett. Kim zog eine Augenbraue hoch. Ohne große Umschweife ging er zu Lukas und stellte sich vor ihm. Seine Größe leistete ihm mal wieder gute Dienste.. Lukas war ebenfalls kleiner als er. "Du kleine Schießbudenfigur kommst jetzt glaubig mal mit mir mit!", sagte Kim ruhig. Lukas ließ sich nicht so leicht einschüchtern: "Was bist du eigentlich? Ne Krankenschwester? Ihr seit doch alle schwul!" Kim lachte kurz: "Ich bin bi, das ist ein Unterschied. Und weißt du, das 85% der Menschheit bi ist, es aber nur 15% ausleben? Lass uns doch mal testen ob du bi bist, oder vielleicht sogar schwul, wie du es sagst~" Kim packte Lukas an der Hand und zog ihn aus Ninos Zimmer. Nino guckte den beiden gebannt nach. Lukas warf ihm sogar einen flehenden Blick zu, doch der Kleine dachte nicht mal im Traum daran, ihm zu helfen. Was Kim jetzt wohl mit ihm anstellen würde? Ein bisschen neugierig war er ja schon... "Lass mich los!", zeterte Lukas, während Kim in mit sich zu einem Bad schleifte und ihn und sich schließlich darin einschloss. "Du hast also ein Problem mit Schwulen, hm?", Kim kam ihm immer näher. "Wehe du packst mich a-aah-", Lukas schrie leise auf. Kim hatte ihn gegen die Wand gedrückt und ihm direkt in den Schritt gefasst. "Was denn?", fragte dieser schmunzelnd, "Wenn du nicht schwul oder bi bist, passiert doch nichts." "Hör auf-!", Lukas versuchte sich irgendwie zu wehren, doch Kim drückte ihn zurück an die Wand und fing an an seinem Hals zu knabbern. Sanft verteilte er ein paar Küsse und strich weiter über Lukas seinen Schritt. "Uuuh..", Lukas wandt den Kopf zur Seite. Irgendwas stimmte hier grade gewaltig nicht! Was machte dieser Kerl da mit ihm? Er fand das widerlich! Doch irgendwie.. >Nein!<, verzweifelt versuchte Lukas sich zu beherrschen, doch das was da in Gang gesetzt wurde, konnte er nicht beherrschen! Kim grinste: "Süß.." "Ah-aah-", leise keuchte der vorher so coole Lukas, er war knallrot vor Scham, er hatte eine Erektion bekommen, nur weil der Idiot ihm in den Schritt langte. Kim setzte sein linkes Bein zwischen Lukas seine und drückte es langsam hoch, bis Lukas den Druck spürte. Neckisch flüsterte er ihm ins Ohr: "Willst du mehr?" Der Junge schüttelte leicht den Kopf. "Na, dann beschäftige dich mal mit deiner kleinen Erregung~", Kim ließ grinsend von ihm ab und Lukas rutschte zu Boden. "Der ist nicht klein!", meckerte er halb mutig. "Ach ja? Soll ich nachgucken?", grinste Kim. Lukas schüttelte wieder den Kopf. Siegreich verließ er das Bad und ging zurück zu Nino. "Was hast du mit ihm gemacht?!", fragte Nino neugierig. "Nichts!", beteuerte Kim unschuldig, "Ich hab ihn nicht auf den Mund geküsst, hab ihm keinen runtergeholt und auch nicht mit ihm geschlafen!" Nino wurde etwas rot: "Und stattdessen?" "Ach jetzt zerbrech dir nicht den Kopf über den Hiphopper!", wieder mal nahm er sich Desinfektionsmittel und rieb seine Hände damit gut ein, "Ist alles okay!" "Fällt mir irgendwie schwer zu glauben.." "Egal! Ich muss jetzt weiter, es ist jetzt Übergabe. Bis morgen früh!", lächelnd verabschiedete sich Kim und verließ das Zimmer. Nino schaute auf den Haufen Arbeitsblätter und erinnerte sich an das, was Lukas gesagt hatte. Laurin war nicht in der Schule gewesen. Wo war er nur? Traurig nahm Nino sein Handy aus dem Nachttisch. Er wollte ihm schreiben. Jeden Tag versuchte er es, doch wusste er nicht was er schreiben sollte. Jetzt jedoch war das Bedürfnis, das alles mit ihm zu klären, viel zu groß geworden. Langsam tippte er eine SMS ein und schickte sie schließlich ab. Ob Laurin auch antworten würde? Kapitel 9: SMS für dich ----------------------- >Hey Laurin! Hast du lust mich heute oder morgen besuchen zu kommen?< Laurin las die SMS jetzt bestimmt zum zwanzigsten mal. Er wusste nicht, was er machen sollte. Jeder Gedanke an Nino ließ ihn blind für alles andere werden. Wie sollte er ihm denn in die Augen schauen? Er schämte sich immer noch für das, was passiert war, nachdem er so schnell nach Hause gefahren war. Nicht, weil es ein Junge war, in den er sich halsüberkopf verliebt hatte. Sondern weil er nicht wusste, ob er überhaupt eine Chance bei ihm hatte. Was wenn Nino deswegen nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte? Laurin musste schon einmal erleben, wie ihn ein guter Freund im Stich ließ, nur, weil dieser rausgefunden hatte, das er in seinem Bruder verknallt war. Aber irgendwie musste er wieder Nino gegenüber treten. Verlieren wollte Laurin ihn nicht, außerdem war er sich sicher, das Nino ihn spätestens, sobald er sich selber wieder richtig bewegen konnte, zur Rede stellen würde. Aber was sollte er jetzt tun?! "Man scheiße!", wütend warf er sein Handy aufs Bett, wo es gegen ein dickeres Buch knallte. "Laurin!", seine Mutter betrat sein Zimmer, "Was war das denn?" "Mein Handy..", antwortete ihr Sohn genervt. Sie seufzte: "Was ist denn los mit dir? Irgendwas ist da doch, du bist doch sonst immer gut drauf." "Hm..", gab Laurin nur von sich und setzte sich auf seinen Tisch und ließ die Beine baumeln. "Junge Junge.. Wenn ich nur in dein Kopf schauen könnte..", sie umarmte ihn liebevoll und strich ihm dann etwas das Haar zurecht. Schwach lächelte er. Was seine Mutter dann wohl von ihm dachte? "Du kannst mit mir über alles reden, das weißt du, Laurin." "Ja, Mama." Wieder seufzte sie: "Vom Trübsal blasen wirds nicht besser, Schatz." "Weiß ich auch." Seine Mutter setzte sich neben ihn auf den Tisch. Laurin war mittlerweile genauso groß wie seine Mutter. "Weißt du, wer auch immer dir da wohl geschrieben hat und dich so beschäftigt, das du dein Handy wegschmeißt, solltest du nicht warten lassen." Jetzt seufzte Laurin. Seine Mutter lächelte: "Nur weil es nicht leicht ist, gibt es keinen Grund, es nicht zu versuchen." Ja, das stimmte. Das hatte Laurin mal seiner Mutter gesagt, als er noch etwas kleiner war. Damals lebten sie noch mit seinem Vater zusammen, doch seine Mutter kam mit ihm nicht mehr zurecht. Oft sah er sie weinen, weil sie einfach nicht mehr konnte. Unbewusst hatte er ihr diesen guten Rat gegeben. "Los, beweg dich!", sie klatschte ihm leicht auf den Hintern, "Da wartet noch jemand auf deine Antwort!" "Auu- Mama!", Laurin rutschte vom Tisch runter, "Ich hab dir schon mal gesagt, das du das lassen sollst." "Ja ja~ Ich mach gleich Mittag, du kannst ja später dir was warm machen, wenn du gleich weg gehst.", sie verließ sein Zimmer. "Ich geh weg?", er sah seiner Mutter nach. Eigentlich wusste sie gar nichts. Uneigentlich wusste sie immer, was ihn beschäftigte. Er konnte vor ihr auch nicht wirklich etwas verheimlichen. Seufzend griff er nach seinem Handy und öffnete wieder Ninos SMS. >Heute<, dachte Laurin, >Heute oder ich packs nie.< Schnell antwortete er Nino und nahm sich dann sein Skateboard und seine Tasche: "Ma, ich komm später wieder!" "Okay, viel Spaß!" >Ja, komme gleich vorbei< Nino konnte es nicht fassen, das Laurin wirklich geantwortet hatte. Glücklich las er die SMS immer wieder. Aber was sollten sie dann machen? Jetzt zerbrach sich der Kleine den Kopf, doch weit kam er damit nicht, plötzlich klopfte es und eine Krankenschwester kam mit Utensilien zum Blut abnehmen rein. Musste das grade jetzt sein?! Nino hatte panische Angst vor Spritzen und benahm sich dabei wirklich wie ein kleines Kind. Aber Laurin kam doch gleich! Er wollte nicht, das er ihn so sah. "Ich müsste eben mal Blut abnehmen.", kündigte die Frau an und setzte sich mit einem Hocker an Ninos Bett. "Geht das nicht auch später bitte?", flehte Nino verzweifelt. "Nein, das Blut muss noch heute untersucht werden und dafür muss ich dir das jetzt abnehmen!" "Ich- ich will aber nicht-" "Ach Junge, für solch ein Theater bist du doch nun echt zu groß, oder?", sie bereitete alles vor, was Nino nur noch mehr Angst machte. Es klopfte wieder. Mit panischem Blick starrte Nino zur Tür, als Laurin eintrat. "Ähm- komm ich ungelegen?" Die Krankenschwester sah ihn perplex an: "Kommt ganz drauf an. Sie können mir ja assistieren und den Arm des jungen Mannes festhalten, damit ich Blut abnehmen kann." Laurin schaute zu Nino, der eingeschüchtert da saß. Etwas unsicher setzte er sich zu Nino ans Bett und hielt ihm eine Hand hin: "Es ist bestimmt schnell vorbei, hm?" Ängstlich gab Nino Laurin seine Hand, der dann seinen Arm so hinlegte, das die Schwester problemlos Blut abnehmen konnte. Laurin hielt dabei seinen Arm fest, den Nino im letzten Moment doch wegziehen wollte. "Auu-", Nino versteckte sein Gesicht im Kissen. Warum tat ihm das immer so scheiße doll weh?! "So, vorbei.", die Krankenschwester drückte Nino genervt einen Tupfer in die Armbeuge, "Drauf drücken und anwinkeln." Hektisch eilte sie aus dem Zimmer und Laurin drückte Nino den Tupfer auf den Arm. "Nino? Alles ok?", Laurin strich ihm das Haar aus dem Gesicht. Nino war leicht rot vor Scham im Gesicht, weil er ein paar Tränen nicht zurückhalten konnte. Langsam nickte er. "Nino...", Laurin viel ihm unbedacht um den Hals und drückte ihn an sich. Überrascht legte Nino den gesunden Arm um Laurin. Was war denn jetzt los? Laurin ließ einfach nicht los, er lag halb aufm ihm und fühlte Ninos Herzschlag. Nino lächelte. Er fand es süß, wie Laurin ihn da in Beschlag nahm und sich an ihn kuschelte. Moment mal! Was war hier jetzt eigentlich los? Nino verlor völlig den Überblick über sich, Laurin und die ganze Situation um sie herum und das konnte er gar nicht ab! Er musste immer wissen, wo er stand und was war, er hasste es, verwirrt zu sein. "Laurin...", Nino legte seine Hand auf Laurins Brust und drückte ihn leicht hoch, um ihm zu verstehen zu geben, sich von ihm zu lösen. Fragend sah er ihm in die Augen, während Laurin sich wieder aufsetzte. Er war einen Hauch rot. "Entschuldige." "Nein, ist ja ok. Wie gehts dir?", fragte der Kleinere langsam und etwas unsicher, "Ich hab gehört, das du nicht in der Schule warst." Laurin zuckte kurz mit den Schultern: "Ja, hatte keine Lust." "Was? Deswegen macht man doch nicht blau!" "Wieso nicht?" Nino setzte sich auf: "Weil du lernen musst!" "Ähm- ja- Aber ein paar Tage fehlen ist doch kein Weltuntergang." Nino hob eine Augenbraue: "Weißt du wie viele wichtige Matheformeln in ein paar Tagen entstanden sind?" "Ist doch egal!" "Nein ist es nicht!", meinte Nino erbarmungslos, "Du verpasst dadurch viel." "Das ist mir im Moment aber egal.", entgegnete Laurin wahrheitsgemäß. Nino seufzte: "Ich muss dir wohl noch öfter Nachhilfeunterricht geben.." Der Größere grinste: "Gerne." Kapitel 10: endlich nach Hause ------------------------------ Nino seufzte. Laurin machte sich nicht wirklich Gedanken darüber, was er alles verpasste. "Was wenn du deswegen mal sitzen bleibst?" "Ach, das passiert nicht!", der Größere lächelte und setzte sich richtig auf die Bettkante. Nino verstand das nicht, er könnte nicht so sorglos damit umgehen. "Ähm... Wie gehts dir denn?", fragte Laurin und lächelte. "Naja... es wird besser, aber es dauert noch drei Wochen, bis ich wieder fit bin. Der Arzt meinte, meine Knochen wachsen schnell zusammen, da ich noch in einer Wachstumsphase wäre..", der Kleine rollte mit den Augen, "Irgendwie schwer zu glauben, ich bin seit zwei Jahren nicht mehr gewachsen." "Vielleicht wächst du in den nächsten Monaten noch etwas.", Laurin zog seine dünne Jacke aus, legte sie auf den Stuhl neben dem Bett und schaute wieder zu Nino, "Dann bist du vielleicht genauso groß wie ich." Der Kleinere sah ihn lächelnd ungläubig an: "Klar, und den Weihnachtsmann gibts. Ich werde bestimmt nicht wachsen." Lächelnd betrachtete Laurin ihn: "Du willst gar nicht mehr wachsen, oder?" Etwas verlegen fummelte Nino an seiner Bettdecke rum: "Naja... Eigentlich mag ich mich so, wie ich bin, auch wenn ich immer als Mädchen bezeichnet werde." >Er ist so süß...<, dachte Laurin im Geheimen und seufzte innerlich. "Seh ich eigentlich so mädchenhaft aus?" "Ähm-", der andere war etwas überrumpelt von der Frage, "Also, du bist halt schon klein und zierlich wie ein Mädchen und siehst sehr- ähm-" Fast hätte er süß gesagt... "Halt etwas feminim aus..." Nino warf ihm einen beleidigten Blick zu: "Fängst du auch schon damit an!" Laurin hob die Hände um deutlich zu machen, dass er das so nicht gemeint hatte: "Du verstehst das falsch Nino, nur weil ich sage, das du etwas feminim aussiehst, heißt das doch nicht gleich etwas Schlechtes. Du siehst doch sehr gut aus und es passt alles zusammen, wo liegt das Problem?" Sanft griff er nach einer Ponysträhne von Nino und spielte etwas mit ihr, während er wieder lächelte. Verlegen und leicht rot wendete Nino das Gesicht von dem anderen ab: "Ach was." "Das stimmt aber.", sagte Laurin und ließ ein letztes Mal die Haarsträhne aus seiner Hand gleiten, "Lach mal wieder!" Grinsend stupste er dem Kleineren sanft in die Seite: "Lachen ist gesund!" Nino grinste auch: "Okay!" Schnell vergingen die Wochen und mit jedem Tag ging es Nino besser. Jeden Nachmittag nach der Schule und am Wochenende kam Laurin ihn besuchen, machte mit ihm Schularbeiten und alberte mit ihm rum. Dann, an einem Donnerstag, kam der Gips von seinem Bein ab und er wurde endlich entlassen. "Nino mein Schatz!", seine Mutter schloss ihn glücklich in die Arme, als er das Behandlungszimmer verließ, wenn auch auf Krücken. Da er so lange im Gips war, war sein Muskel im Bein etwas abgeschwächt, aber er hatte schon seit vorletzter Woche kleine Gänge mit dem Krücken gemacht, um diesen zu stärken. "Wie lange sollst du die noch nehmen?", fragte sie und nahm seine Tasche. Nino lief langsam mit ihr zum Auto: "Bis Sonntag, Montag darf ich dann ohne Krücken zur Schule!" Glücklich stieg er ins Auto, endlich keine Spritzen mehr, endlich kein schlechtes Krankenhaus-Essen mehr, endlich - Moment... Keine täglichen Besuche mehr von Laurin? Auf dem Heimweg seufzte Nino mehrmals tief und starrte nach draußen. Seine Mutter schaute immer wieder mal zu ihm, sie merkte, das ihm irgendwas bedrückte. Als sie auf den Parkplatz vor ihrer Wohnung fuhr und das Auto ausstellte, drehte sie sich zu ihm: "Nino, was ist denn los mit dir? Du warst doch erst so froh, aus dem Krankenhaus raus zu sein. Was liegt dir denn auf dem Herzen?" Nino schreckte leicht auf: "Nichts nichts, ist alles okay!" Er versuchte zu lächeln, was ihm sehr schwer viel. Seine Mutter zog eine Augenbraue hoch: "Willst du mich veräppeln? Ich bin nicht blind, außerdem kenn ich dich, dich bedrückt irgendwas." Traurig starrte Nino auf das schwarze Amaturenbrett des Autos. Seufzend stieg sie aus: "Lass uns erstmal rein und dann reden wir in Ruhe bei einer Tasse Kakao." Laurin saß unterdessen gelangweilt in der Schule. Momentan waren zwei Lehrer krank und zwei andere auf Klassenfahrt, was für die Klasse viel Vertretungsunterricht hieß. Allerdings war das kein Unterricht, sondern einfach nur Beschäftigungstherapie für die Schüler. Bestimmt zum zwanzigsten mal hatte Laurin ein dämliches Mandala vor sich liegen, was er mithilfe von Rechenaufgaben nach einem bestimmten Muster ausmalen sollte. "Das macht doch alles keinen Spaß..", grummelte er und ließ den Kopf auf die Tischplatte sinken. "Wem sagst du das..", seufzte Kathrina und ließ ihren gelben Buntstift aus der Hand rollen. Anne war schon eingeschlafen, da momentan kein Lehrer da war, war das relativ ungefährlich. "Wie gehts denn Nino?", fragte Kathrina und malte Anne mit einem Filzstift rosa Sterne auf die Hand. Laurin grinste: "Er wird heute endlich entlassen! Morgen darf er auch wieder zur Schule, aber er muss wohl noch ein paar Tage mit Krücken rumlaufen." "Na Gott sei Dank, dann haben wir endlich wieder ein schlaues Köpfchen hier und müssen nicht mehr heimlich den Taschenrechner auspacken." "Oh, Nina kommt wieder?", lachte von hinten ein Hiphoper und scherzte gleich dumm weiter mit seinen Freunden. Laurin seufzte genervt: "Ich mein, es war jetzt ziemlich langweilig und ruhig hier, aber das es nur lauter wird, um ihn zu ärgern, ist doch echt das letzte.." "Ja..", Kathrina tat den Filzstift weg und legte ebenfalls den Kopf auf die Tischplatte, "Was haben wir denn nach dieser Stunde?" "Vertretung..?" Anne regte sich leicht und dreht den Kopf zu den anderen beiden: "Das ist die letzte Stunde, danach fällt alles aus, hat vorhin Marcel gesagt, da wart ihr beim Kiosk." Sofort waren die anderen beiden wieder hellwach und setzten sich richtig hin. "Und das sagst du uns erst jetzt?!", fragte Kathrina empört. "Sie hats wahrscheinlich verpennt, die schläft den ganzen Tag doch nur.", meinte Laurin und packte seine Tasche, da es eh in zehn Minuten klingelte. "Ich penn nicht den ganzen Tag!", Anne streckte sich und wollte auch ihre Sachen packen, als sie die Sterne auf ihrer Hand sah, "Och Kathi.." Seufzend räumte auch sie ihre Sachen weg, ihr Mandala war komplett unberührt. Kathrina kicherte leise: "Selber Schuld, würdest du nicht die ganze Zeit schlafen, dann hättest du das mitbekommen." "Naja, egal. Was macht ihr heute noch?" "Ich geh gleich schwimmen und heut Abend muss ich mit meinen Eltern zu so einem dämlichen Geschäftsessen..", Kathrina ließ den Kopf hängen, "Wieder sowas wo man einschlafen könnte.." Laurin legte ihr kurz mitfühlend die Hand auf die Schulter: "Das überlebst du nach vier Tagen Vertretungsunterricht auch noch! Ich geh gleich zu Nino." "Du gehst jeden Tag zu ihm.", grinste Anne, "Sogar am Wochenende, ihr hockt echt nur beieinander." "Tja, im Krankenhaus hast du ja nichts zu tun, vorallem wenn du fast nur im Bett hockst.", gab Laurin zurück. Er wollte eigentlich nicht damit auffallen, er hatte Angst, das die beiden Mädchen irgendwann auf die Idee kamen, er sei in Nino verschossen. "Ich wette du bist auch jetzt jeden Nachmittag und jedes Wochenende bei ihm.", Kathrina lächelte, "Ihr seit echt sehr schnell gute Freunde geworden." Schulter zuckend stand Laurin zum klingeln der Schulglocke auf: "Tja, so ist das halt. Bis morgen dann!" Schnell machte sich Laurin davon, bevor das Gespräch noch tiefer in ein Thema einsank. Zuhause angekommen legte er seine Schultasche einfach am Bettende ab und schnappte sich sein Skateboard, um zu Nino zu fahren. Seine Mutter war wie immer noch auf der Arbeit. "So, jetzt erzählst du mir mal, was dir auf dem Herzen liegt.", Ninos Mutter hatte ihnen beiden einen warmen Kakao gemacht und saß nun mit ihrem Sohn in der Küche am Tisch. "Es ist doch nichts Mama, wirklich.", Nino nippte leicht am Kakao und schaute in das süße Getränk. "Lüg doch nicht, ich seh dir das doch an und du zerbrichst dir darüber ziemlich den Kopf.", sie legte ihren Löffel, mit dem sie in ihrem Kakao gerührt hatte, neben der Tasse ab, "Du kannst mit mir wirklich über alles reden Nino, und damit mein ich wirklich alles, egal was es ist, ich werde dir weder böse sein, noch entäuscht oder so sein. Ich möchte doch das es dir gut geht und du glücklich bist." Nino lächelte matt. Seine Mutter war auch zu liebevoll, immer war sie fürsorglich. "Ja Mama, ich weiß..", er trank einen Schluck, "Aber ich will grad nicht darüber reden, ich will erst noch etwas darüber nachdenken." Sie lächelte: "Das ist okay, komm einfach zu mir, wenn du reden willst, okay?" Nino nickte: "Mach ich, ganz bestimmt." Kapitel 11: einmal probieren bitte! ----------------------------------- Laurin stand vor Ninos Wohnungstür und klingelte. Leicht nervös puhlte er an einer aufgerissenen Stelle an seinem Stakteboard, während er darauf wartete, das jemand die Tür öffnete. "Einen Moment bitte!" Das war Ninos Mutter, mittlerweile kannte Laurin sie, doch war er ihr gegenüber sehr zurückhaltend, denn er wusste ja nicht, was vielleicht noch so alles zwischen Nino und ihm passieren würde und wie sie dann auf ihn zu sprechen war. Schließlich öffnete sich die Tür und Ninos Mutter stand vor ihm: "Hallo Laurin, schön das du da bist, komm doch rein!" Sie zeigte ihm die Tür zu Ninos Zimmer und ging dann selbst in ein anderes Zimmer. Leise öffnete Laurin die Tür und betrat Ninos Zimmer, der von seinem Bett zur Tür aufsah. "Hey Laurin!", sofort strahlte er vor Freude. Laurin schloss schnell die Tür hinter sich und setzte sich mit auf Ninos großes Bett: "Na? Alles okay bei dir?" Wie immer grinste der Größere. "Klar, ich bin endlich wieder zuhaus, ich bin meinen Gips los, hab neue Möbel bekommen und ich bin-", voller Intusiasmus redete er drauf los und brach dann erschrocken ab. Laurin lachte los: "Was hast du denn jetzt?" "N-Naja, ich hab nicht mal darüber nachgedacht.", er setzte sich an die Bettkante zu Laurin, "Egal, wie war die Schule?" Der Größere verdrehte die Augen und seufzte genervt: "Beschissen langweilig, nur Vertretungsunterricht ohne Überwachung, Anne hat den ganzen Tag gepennt und Kathrina und ich haben uns zu Tode gelangweilt." Nino grinste. Laurin zog eine Augenbraue hoch: "Das ist nicht komisch! Ich hab einen ganzen Stapel von diesen beschissenen Mandalas! Einige sogar in dreifacher Ausführung!" "Tja, so ist das halt.", der Kleinere schenkte ihm ein niedliches Lächeln und stand auf, "Hast du denn eins zuende ausgemalt?" Langsam und leicht humpelnd ging er zu seinem Tisch, um nebenbei sein Schulzeug zuende zu packen, was er vorhin angefangen hatte. "Nö, wozu auch." "Damit du was lernst?!", Nino drehte sich um und ließ dabei ein Buch fallen, "Scheiße!" "Ich kann doch rechnen!", grinste Laurin und stand auf, um das Buch aufzuheben, aber Nino bückte sich schon danach. Das war allerdings ein Fehler. Sein Bein gab nach und schon plumste er zu Boden. Schmerzhaft landete er auf seinem Hintern: "Scheiße!" Laurin hockte sich besorgt zu ihm: "Alles okay?" "Glaub ja.", er nickte leicht und wollte wieder aufstehen, doch sein Bein wollte grad nicht so wie er. Ohne zu zögern fasste Laurin Nino unter der Beinen und am Rücken und nahm ihn auf den Arm. "Laurin-", erschrocken schlang Nino die Arme um Laurins Hals und klammerte sich fest. Kichernd setzte der Größere ihn auf den Tisch: "Ganz ruhig, dir passiert doch nichts." Verlegen saß Nino nun da und wusste nicht, was er sagen sollte. "Gehts deinem Bein gut?", fragte Laurin, um die Spannung zu durchbrechen. Noch etwas schüchtern nickte Nino: "Alles ok." Der Größere lächelte und hob dann sein Buch auf: "Ih, Mathe!" "Was heißt hier 'ih'? Das ist doch nur ein Fach und nicht mal das Schlechteste.", erwiederte Nino und wollte nach dem Buch greifen, als Laurin ihm auswich. "Aber wir haben morgen kein Mathe! Weder regulär noch von der Vertretung her! Warum willst du das einpacken?", Laurin verstand ihn einfach nicht. "Na ich muss doch so viel nachholen-" "Nino, wir haben jeden Tag das selbe im Krankenhaus gemacht wie in der Schule! Es gibt auch noch anderes im Leben als nur zu lernen!", Laurin warf das Buch aufs Bett und somit aus Ninos Reichweite. "Aber-" "Nichts aber, ich hab recht! Du hockst viel zu oft hinter deinen Büchern, wir gehen jetzt raus!", Laurin holte Ninos Vans aus der einen Ecke seines Zimmers und zog sie ihm einfach an. "Aber Laurin, ich kann nur mit Krücken raus und komm auch nicht wirklich weit!", meinte Nino überrumpelt und klammerte sich mit den Händen schon am Tisch fest. "Ich nehm dich huckepack.", grinsend öffnete er Ninos Zimmertür und stellte sich dann mit dem Rücken zu ihm, "Los, komm!" "Aber- Ach Laurin!", Nino strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr und starrte nervös auf seine Knie. "Was ist denn?", Laurin drehte sich zu ihm und betrachtete den Kleineren. "Du machst einen echt fertig..", Nino wurde langsam rot. Was war denn jetzt los? "Nino? Was ist los?", vorsichtig strich Laurin ihm kurz durchs Haar. Der Kleine konnte ihn nicht angucken. "Du verwirrst mich..", flüsterte er ganz leise und starrte weiter auf seine Knie. "Wieso? Was ist denn los?", langsam wurde Laurin unruhig, er spürte, das da etwas Größeres hinter steckte. "Was bist du eigentlich, Laurin?" Die Frage erschreckte ihn leicht. Was genau wollte er jetzt wissen? Das was Laurin dachte? Er zog sofort die Hand von Nino zurück: "Was meinst du?" "Laurin.. Bist du bi oder homo?" Aufs Wort lief Laurin knallrot an. Aber noch etwas anderes stieg in ihm auf. Angst. Große Angst davor, das er Nino verlieren könnte. "Sags mir, Laurin.", bat Nino und schaute auf. Der Angesprochene sah unsicher zur Seite: "Macht dir sowas Angst?" "Was?", ungläubig starrte Nino ihn an, "Jetzt antworte doch bitte.." "Ja ich bin bi!", antwortete Laurin gequält und schaute gepeinigt zu Boden. Er war auf alles vorbereitet, schließlich hatte er diese Situation schonmal gehabt. Gleich wurde er vor die Tür gesetzt und vertröstet, das man noch anderes zu tun hätte. Und er würde nie wieder etwas von Nino hören. Nino lächelte leicht: "Das dachte ich mir." Seine Stimme war weich und lieb, was Laurin aufblicken ließ. Er sah kein bisschen geschockt aus und auch nicht so, als wolle er ihn gleich rausschmeißen. "Weißt du.. Ich bin mir nicht sicher, was ich bin..", verlegen spielte er an einem Reißverschluss seiner Hosenseitentasche. War das zu fassen? Laurin lächelte ungläubig. Ein Wink des Himmels? "Warum denn?", fragte Laurin sanft. "Naja..", peinlich berührt und rot gestand der Kleine, "Ich hatte bis jetzt noch gar keine Beziehung und war eigentlich noch nie verliebt." "Was heißt eigentlich?" "Ich weiß es halt nicht.", gab er wieder zurück und seufzte leise. Laurin lächelte, ihm kam ein kleiner Einfall: "Warum probierst du es nicht einfach mal aus?" "Was?", überrascht blickte der Kleinere auf und schaute Laurin direkt in die Augen. >Jetzt oder nie!<, dachte Laurin entschlossen und legte seine Hände links und rechts neben Nino auf den Tisch und kam ihm näher. "Na, halt mal ausprobieren.." Nino realisierte, was Laurin da vor hatte. Sollte er das wirklich wagen? Ihm wurde ganz kribbelig am ganzen Körper und er spürte, das er knallrot war. Laurin kam ihm immer näher, sein Blick wirkte schon fast hypnotisch auf Nino und ließ ihn alles andere vergessen. Machen oder nicht machen? Das war das einzige, was ihm noch durch den Kopf ging. Aber eigentlich war es zu spät, um noch abzubrechen, Laurin war ihm schon so nahe, das er sich dafür entschied. Nervös schloss er die Augen, um Laurin auch zu signalisieren, das es okay war, denn reden konnte er in diesem Moment nicht mehr. Er zitterte am ganzen Körper vor Aufregung, immerhin würde das jetzt sein erster Kuss werden! Laurin war ebenfalls total aufgeregt, er hoffte so sehr das er ihn durch den Kuss für sich gewinnen würde. Dann, ganz sanft legte er seine Lippen auf Ninos und nippte zärtlich an ihnen. Glücklich schloss auch er die Augen und genoss diesen Moment. Ninos Herz machte einen gewaltigen Sprung, als er Laurins Lippen auf seinen eigenen spürte. Das Gefühl war einfach unbeschreiblich, es fühlte sich so gut an, das es ihn komplett von jedem Gedanken frei fegte. Noch etwas unsicher bewegte er seine Lippen gegen Laurins und öffnete kurz die Augen. Und erlebte den Schock seines Lebens... Kapitel 12: Schock ------------------ Nino löste sich sofort von Laurin und starrte kreidebleich an ihm vorbei. Überrascht von dem abrupten Stopp schaute Laurin auf und sah direkt in Ninos schockiertes Gesicht. Erst war er schneeweiß, dann lief im die Schamesröte ins Gesicht, bis über die Ohren und dem Hals. Erst verstand Laurin seine Reaktion nicht, hatte er so schlecht geküsst? Aber dann klingelte es bei ihm. Nino schaute an ihm vorbei. Sofort wurde ihm ganz anders. Langsam drehte er sich zur Tür und wurd auf Schlag auch kreidebleich. Da stand niemand anderes als Ninos Mutter, in der einen Hand zwei Becher und eine Flasche Fanta, in der anderen Hand eine Packung Kekse. >Sie wird mich umbringen! Erschlagen, vor die Tür setzen!<, schoss es Laurin angsterfüllt durch den Kopf, >Und uns trennen, sie wird Nino von mir fern halten!< Ninos Mutter sagte nichts. Sie schaute den Jungen, der grade ihren Sohn geküsst hatte, direkt in die Augen und dieser wich erschrocken zurück. Ihr Blick war undefinierbar. Langsam wendete sie ihren Blick zu Nino, der vor Scham am liebsten im Boden versunken wäre. Seine Mutter hatte ihn nicht nur bei seinem ersten Kuss gesehen, es war auch noch ein Junge gewesen, der ihn geküsst hatte! Und er hatte es zugelassen, sie muss ganz deutlich gesehen haben, das es Nino gefallen hatte. Was würde sie jetzt tun? Laurin wollte grade irgendetwas sagen, doch es kamen nur bruchartige Sachen rüber, die er auch noch stotterte. Ninos Mutter starrte ihn einfach nur an. Schließlich schloss sie die Augen, atmete einmal tief durch und ging auf beide zu. Unsicher stand Laurin da, er konnte nicht weiter zurückweichen, hinter ihm war Nino und er befürchtete, wenn er ihm noch näher rücken würde, würde sie ihm den Kopf abreißen. Ruhig stellte sie die Sachen ab und atmete nochmal hörbar ein und aus: "Ich habe nichts dagegen, aber es wäre schon gewesen, wenn ihr mir das anderes mitgeteilt hättet." "Ma?!", Nino klappte der Mund auf. Laurin fühlte sich, als hätte er eine schlimme Folter hinter sich, er fühlte sich so erleichtert, das er einfach nur dastehen und ungläubig gucken konnte. "Ich hatte mir das ja eh schon gedacht und ich habe wirklich kein Problem damit!", sie lächelte und legte Nino eine Hand auf die knallrote Wange, "Du brauchst dich nicht zu schämen, Nino." "A-Aber Mama-", verlegen brach er ab und starrte wieder auf seine Knie. Laurin wusste, was er sagen wollte. Sie waren weder zusammen, noch wusste Nino, was er nun für eine sexuelle Ausrichtung hatte. Traurig schaute der Größere zu Boden und schwieg. "Ich lass euch dann mal wieder allein, ich muss noch einkaufen, bis später!", sie verließ das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Verlegen schaute Laurin zu Nino: "Alles okay?" Der Kleinere zitterte noch leicht: "Wie könnte alles okay sein?!" Erschrocken wich Laurin zurück, als Nino so hysterisch antwortete. "Sie denkt wir wären ein Paar, sind es aber nicht!", er vergrub das Gesicht in seinen Händen. "Fandest du den Kuss so schlecht?", fragte Laurin traurig. "Nein!", sagte der Kleinere sofort entschlossen, "Aber- aber-" Er kam einfach nicht weiter, ihm fehlten immernoch die Worte. Seine Mutter dachte mittlerweile er hätte einen Freund, er war hin und weg von Laurin und Laurin stand auf Abstand bei ihm. Etwas unentschlossen trat der Größere wieder näher an ihn und schaute ihn lächelnd an: "Aber was?" "Ich weiß doch gar nicht, was ich bin, ich bin einfach nur verwirrt und ich kann kein bisschen mehr klar denken!", Nino schüttelte den Kopf, "Wie soll ich das meiner Mutter erklären?!" "Wozu denn was erklären?", Laurin zog ihm die Hände aus dem Gesicht, "Schau mich doch mal an!" Stumm blickte Nino Laurin in die Augen. "Was verwirrt dich?", fragte Laurin klar und deutlich. "Du verwirrst mich!", sagte sein gegenüber postwendend. "Ähm- warum?", gab Laurin verwundert zurück. "Du küsst mich hier einfach und auch so ist unsere Freundschaft wohl nicht die Normalste unter Jungs! Ich weiß nicht was ich von dir denken soll und was ich fühlen soll und überhaupt du machst mich grad wahnsinnig!", platzte es aus Nino raus und starrte den anderen weiter an. Wortlos legte Laurin Nino die Hände auf die Wangen und zog ihn leicht zu sich: "Kann es sein, dass du verliebt bist in mich?" Nervös stieg in Nino wieder die Röte auf: "I-ich weiß es nicht.." Grinsend strich Laurin ihm mit dem einem Daumen über die Wange: "Ich weiß aber, das ich in dich verliebt bin. Willst du es mit mir versuchen?" "Laurin..", baff von diesem Liebesgeständnis konnte er nur seinen Namen sagen. "Nino, du musst schon was dazu sagen!", nörgelte Laurin ungeduldig los. >Ich will aber nicht!<, dachte Nino und packte Laurin wagemütig im Nacken, zog ihn zu sich und küsste ihn nochmal. Überrascht ging Laurin auf den Kuss ein, doch zufrieden gab er sich mit dieser körperlichen Antwort noch nicht. Ehe der Kuss intensiver werden konnte, löste er sich von dem Kleineren: "Was sagst du jetzt?" Leicht rot, aber lächelnd gestand Nino: "Ich glaub ich bin auch verliebt." Überglücklich viel Laurin ihm um den Hals: "Du glaubst nicht wie glücklich du mich machst!" Nino legte seine Arme um ihn und verbarg leicht das Gesicht an Laurins Schulter: "Mir ist ganz schwummerig.." "Das ist ganz normal..", lächelnd hob Laurin ihn hoch und setzte ihn aufs Bett, sodass er sich hinlegen konnte. Nino legte sich auf die Seite und schmiegte sich dann sanft an Laurin, der sich zu ihm legte. Lange lagen sie so schweigend beieinander, während der Größere Nino über den Rücken kraulte. "Laurin..", durchbrach Nino nach längerer Zeit die Stille. Von Laurin kam nur ein leiser fragender Laut: "Hm?" "Hattest du schonmal eine Beziehung mit einem Jungen?" Leicht nickte der andere: "Zwei. Kurz hintereinander vor 2 Jahren." >Dann hat er bestimmt schon Erfahrung..< Lächelnd strich Laurin mit der Hand hoch in Ninos Nacken und brachte ihn dazu, ihm ins Gesicht zu schauen: "Setz dich deswegen nicht unter Druck, Nino. Ich bin noch Jungfrau und somit unerfahren.." Leicht rot betrachtete Nino ihn. Das hätte er jetzt nicht gedacht und irgendwie konnte er das auch nicht glauben. Doch für den Moment gab er sich damit zufrieden, um sich zu beruhigen und genoss den Kuss, der dem kurzen Gespräch folgte. Er spürte Laurins Zunge über seinen Lippen streichen und irgendwie gab er ihr ganz instinktiv nach. Vorwitzig drang sie zu seiner Zunge vor und stupste diese spielerisch an. Langsam wurde Nino immer heißer, das war einfach zu geil, Laurin raubte ihm echt seinen Verstand. Kapitel 13: ein gebrochenes Versprechen --------------------------------------- Viel Zeit verging und Nino und Laurin wurden unzertrennlich. Ab und zu hatte Nino schon Angst, das er zu anhänglich war und Laurin nervte. Er konnte es nicht lange ohne ihn aushalten, es wurde zu einer richtigen Qual für den Kleinen. Laurin blieb immer ganz ruhig und gelassen, auch wenn Nino wieder sehr sensibel war und eine kurzfristige Trennung nicht ertragen wollte. Mittlerweile war Nino auf beiden Beinen wieder fit und fuhr wieder mit seinem Skateboard durch die Straßen. In der Schule wusste man zum Glück nichts von ihrer Beziehung, da dachte man nur das sie ganz enge beste Freunde geworden waren, selbst die Mädchen, die sonst eigentlich alles wussten, waren ahnungslos. Nino genoss die Zeit mit Laurin, doch dachte er auch viel darüber nach, wie es wohl sein würde, mit ihm intimer zu werden. Bis jetzt hatten sich beide weder nackt gesehen noch unter dem Nabel berührt. An einem Montag Morgen zerbrach sich Nino mal wieder den Kopf darüber, in Gedanken versunken saß er mit den anderen seiner Klasse vor der Sporthalle und wartete auf den Lehrer. Heute hatten sie den ganzen Tag Sportunterricht, was Nino mal gar nicht passte, schließlich hasste er Sport. Laurin war noch nicht aufgetaucht, er musste früh am Morgen noch zum Hausarzt wegen einer Blutentnahme, doch so langsam machte sich Nino Sorgen, wo er blieb. Er wollte nicht ohne Laurin in den doofen Sportunterricht, da war er doch leichtes Futter für die anderen Jungs, die nur darauf brannten, ihn endlich mal wieder ohne Laurin in Sport zu erwischen, um ihn zu triezen. "Hey Nino, spielst du gleich mit mir Federball?", fragte Kathrina leicht gelangweilt. "Hm..?", Nino dreht sich zu ihr, er hatte die Frage zwar gehört, aber nicht verstanden, da er an Laurin gedacht hatte. "Spielst du mit mir gleich Federball?", wiederholte sich das Mädchen ungeduldig, "Laurin scheint ja auch nicht zu kommen." "Der kommt noch, er musste heute Morgen nur zum Arzt.", gab der Kleine zurück und hoffte, das Laurin endlich auftauchte. Kathrina seufzte tief: "Man Junge, Laurin ist bis jetzt noch nicht da, ist es so schlimm mit mir Federball zu spielen?" Nino schaute sie an: "Kann ich machen wenn er nicht kommt.. Hast du schlechte Laune?" "Nein, hab ich nicht.", gab das Mädchen genervt zurück. "Kathrina hat ihre Tage!". trällerte einer der Jungs und zwinkerte ihr breit grinsend zu. "Halt die Klappe, du Arschloch.", kommentierte das Mädchen trocken und wandt ihren Blick von dem Jungen ab. "Na aber es stimmt doch!", kicherte dieser weiter, worauf auch die anderen Jungs um ihn rum zu lachen begannen. Plötzlich und ohne Vorwarnung stand das Mädchen auf und holte mit der Hand aus, um dem Jungen eine Ohrfeige zu verpassen, als Nino sich erschrocken an ihrem Arm fest klammerte. "Sag mal spinnst du?!", fragte er sie entsetzt und zog sie von den anderen weg. "Nein! Lass mich los, du wandelnder Zwerg!", sie riss sich los und sah Nino stinksauer an. "Oh oh oh, jetzt hat sie ihren Liebsten beleidigt!", lachte ein anderer Junge los. "Als ob ich einen Jungen lieben könnte, der in Sport unfähig ist einen Ball zu fangen!", Kathrina sah Nino niederträchtig an und nahm ihr Tasche, "Mir reichts, ich gehe!" Mit diesen Worten machte sich das Mädchen sauer davon, während die Jungs ihr hinterher pfiffen. >Was zum Teufel ist denn mit Kathrina los..?<, Nino verstand gar nichts mehr, hatte er irgendwas verpasst? Einen Moment später kam Laurin angerannt, völlig aus der Puste blieb er vor dem Kleineren stehen. "Morgen!", japste er und beruhigte sich langsam, "Sag mal, was ist denn mit Kathrina los? Die kam mir grad ganz schön schlecht gelaunt entgegen." Nino zuckte mit den Schultern: "Das frag ich mich grade auch.." Schnell erzählte er ihm, was vorgefallen war, worauf Laurin ebenfalls nur Fragezeichen im Gesicht stehen hatte: "Sie ist doch sonst nicht so drauf, auch wenn die sie piesaken." "Ich verstehs halt auch nicht." "Nina ist vielleicht doof, versteht nicht mal wenn ein Mädchen auf sie steht!", lachte einer der Jungs laut, "Wie dämlich kann man eigentlich sein, oder bist du echt schwul?" Mit einem mal wurde Nino total schlecht. War Kathrina etwa wirklich in ihn verliebt?! Laurin sah ihn baff an, aber auch ein bisschen Hilflosigkeit war in seinem Blick, er wusste nicht, was er jetzt machen sollte und vor allem nicht, was er davon halten sollte. Ehe noch irgendjemand etwas sagen konnte, tauchte der Sportlehrer auf und schloss die Sporthalle auf. Völlig abwesend ging Nino mit Laurin und den anderen Jungs in die Umkleide. >Ist sie deswegen so sauer auf mich gewesen?< Jetzt, wo er so darüber nachdachte, fiel ihm auf, dass das Mädchen in letzter Zeit öfter versuchte ihm auszuweichen, immer wenn irgendwas war, hatte sie keine Zeit, Lust oder machte schon mit jemand anderem etwas und sei es auch nur eine banale Zweierarbeit im Unterricht. "Nino...?", Laurin stand vor ihm und versuchte ihm in die Augen zu schauen, "Alles okay mit dir?" Der Kleine fing sich wieder und versuchte sich selbstsicher zu geben: "Natürlich, ich musste nur kurz nachdenken." Laurin glaubte ihm nicht wirklich. Es gab bei Nino kein 'kurz nachdenken', er dachte lange und ausgiebig über Sachen nach, bis es nichts mehr zum Nachdenken gab. Schnell zog sich Nino um, Laurin war bereits in seinen Sportklamotten, weswegen sich der Kleinere innerlich mal wieder fragte, wie lange er in Gedanken gewesen war. Seufzend trat er mit Laurin zu den anderen in die Halle, die sich schon warm liefen. Ohne einen Kommentar vom Lehrer abzuwarten liefen sie mit, bis sie schließlich immer zu zweit mit Federballschlägern und einem Federball abgespeist wurden. Laurin und Nino hatten ein Feld in der Mitte der Halle, doch das störte heute beide nicht wirklich. Nino nicht, weil er keinen Gedanken dafür übrig hatte und Laurin nicht, weil ihm das nie Sorgen machte. Laurin fing an und beförderte den Federball übers Netz, der neben Nino aufkam, ohne das dieser sich irgendwie gerührt hatte. "Nino.. Der Ball.." Wieder zurück in der Realität schaute Nino neben sich auf den Boden und hob den Ball auf. Gelangweilt schlug er ihn zurück und versank wieder in Gedanken. Laurin traf den Ball und merkte schon, wie Nino wieder abwesend war. Diesmal traf der Ball Nino direkt auf den Kopf, der aufschreckte. Es tat nicht weh, aber sauer war er trotzdem. "Man was soll das?!", zickte er Laurin sofort an. Dem Größeren riss jetzt der Geduldsfaden: "Wie wärs wenn du mal die Augen aufmachst und aufhörst an Kathrina zu denken!" "Ich denk gar nicht an sie!", brüllte Nino halbstark zurück. Zynisch lachend trat Laurin näher zu ihm: "Für wie blöd hältst du mich eigentlich?! Dir sieht man es doch sofort an, wenn du nachdenkst und nicht bei der Sache bist! Wie wärs wenn du endlich mal weniger nachdenkst und handelst?" "Was soll das jetzt heißen?!", fuhr Nino ihn an, "Soll ich zu ihr gehen und mich ihr an den Hals schmeißen?!" "Du solltest ihr vielleicht einfach keine hübschen Augen machen und ihr mitteilen, das du vergeben bist!" Plötzlich fiel Nino die Stille um sie herum auf. Alle schauten ihrem Spektakel zu, niemand sagte etwas. Er fühlte sich gedemütigt und genauso starrte er auch zu Boden. Knallend ließ er seinen Schläger fallen. "Ich... bin nicht vergeben.", sagte Nino deutlich und lief dann schnurstracks in die Umkleide. Schneller als normal zog er sich um und verschwand mit seiner Tasche, ehe Laurin in die Umkleidekabine gestürmt kam. "Was hab ich getan..?", verzweifelt sackte er zu Boden. Er hatte Nino verletzt, sehr tief verletzt, ihn bloßgestellt vor der ganzen Klasse, genau das, was er ihm versprochen hatte von ihm fern zu halten. Wie konnte er das je wieder gut machen? Er war sich sicher, das Nino ihn dafür hassen würde. Tränen schossen ihm in die Augen. Ihm selbst tat es auch sehr weh, sein Liebster war vor ihm weggerannt. Und würde womöglich nie wieder zu ihm zurück kommen. Kapitel 14: die Wahrheit ------------------------ Nino rannte. Er achtete nicht auf den Weg, aber er lief auch nicht nach Hause, schließlich war dort noch seine Mutter und diese würde Fragen stellen, wenn er viel zu früh wieder nach Hause kam. Immer wieder schossen ihm die Tränen in die Augen und rollten über seine Wangen. Irgendwann stand er vor einem Flussufer, weit und breit keine Menschenseele. Fertig mit den Nerven warf er seine Tasche von sich und setzte sich ins weiche Gras, was noch leicht nass war vom Morgentau. Die Beine angezogen und die Arme darauf gelegt, stütze er den Kopf auf die Arme und weinte hemmungslos. Das war alles einfach zu viel für ihn. Zum einen Kathrina, eine seiner besten Freundinnen, wohl bemerkt seit der Grundschule, war plötzlich in ihn verliebt?! Er hatte ihr dafür nie einen Anlass gegeben, wie sie schon sagte, er war kein Junge, in den sich ein Mädchen verlieben würde. Er war meist kleiner als die Mädchen, war wesentlich schlechter in Sport als sie und war schüchtern wie eine Parkbank. Und Laurin. Verdammt er war so sauer auf ihn! Zugleich aber auch tief enttäuscht. Was sollte das vorhin denn? Er solle gefälligst handeln? Wie er das ausgesprochen hatte, so sarkastisch, als ob er immer viel zu lang nach dachte. Tat er das denn? Worüber dachte er schon nach. Ironisch stellte Nino fest, das er nachdachte, über was er alles nachdachte. Was war das letzte gewesen? Laurin. Intimeres mit Laurin, das war es gewesen. Ob er ungeduldig war? Wusste er das Nino sich viele Gedanken darüber machte? Beschämt kniff Nino die Augen zu. Er wollte nicht mehr deswegen weinen. Aber grade dieser Gedanke ließ ihn weinen. Was, wenn Laurin nun nichts mehr von ihm wissen wollte? Er war schließlich derjenige von beiden, der sich Zeit ließ. Und er war auch derjenige, der gesagt hatte, er wäre nicht vergeben. Sie beide hatten total über reagiert, aber was wenn sie beide jetzt dafür zahlen mussten? Verweint schaute Nino hoch in den Himmel. Es war so ein schöner Sommertag. Der Himmel war strahlend blau und die Sonne trocknete alle Wiesen vom Morgentau. Und er saß hier und heulte. Die Tränen liefen einfach immer weiter, es war kein Ende in Sicht. Aber er musste aufhören, irgendwas musste er tun, um aus dieser ganzen verdrehten Sache wieder raus zu kommen. Die Schlüsselfrage war nur, was tun? >Die Wahrheit..<, dachte sich der Kleine. Die Wahrheit war immer der beste Weg. Er würde zu Kathrina gehen und ihr sagen, das er mit Laurin zusammen war, er würde mit ihr die ganze Sache klären. "Wenn ich es dann noch bin..", traurig stand er auf. Innerlich flehte er darum, das Laurin ihn nicht hasste. Auch mit ihm würde er Klartext reden, er würde ihm seine Gedanken mitteilen, das er ihn auch besser verstehen konnte. Langsam versiegten seine Tränen und er wischte die letzten Spuren aus seinem Gesicht. Trotzdem sah man ihn an, das er geheult hatte und das nicht zu knapp. Seine Ärmel von seiner Jacke waren nass, der Stoff war etwas dunkler als der Rest. Wo fand er Kathrina? Zuhause war sie auch garantiert nicht, ihre Mutter arbeitete nicht und würde sie postwendend zurück in die Schule bringen. Nino lief etwas ratlos durch die Straßen. Wo ging ein Mädchen hin, wenn sie alleine sein wollte und vielleicht weinen musste? Eigentlich an so einen Ort wie er vorhin war, doch am Flussufer war sie nicht. Er lief in den Park, vielleicht hatte er dort mehr Glück. Überall schaute er nach ihr, doch Kathrina war nicht zu finden. Verzweifelt verließ er den Park wieder und ging weiter durch die Stadt. Traurig schaute er auf die Uhr am Busbahnhof. Schon nach halb 11. Ob er sie heute noch finden würde? "Was machst du hier?", wie aus allen Wolken gefallen stand das Mädchen hinter ihm, was er die ganze Zeit suchte. Als er sich umdrehte und ihr in die Augen sah, stellte er fest, das auch sie viel geweint haben musste. Ihre leichte Schminke war weg und ihre Augen gerötet. "Ich hab dich gesucht..", gab er zurück. Auch sie bemerkte seine geröteten Augen. Sie ließ den Kopf leicht hängen und starrte zu Boden. Nino meinte ein leises Schluchzen von ihr zu hören. Dann fiel sie ihm plötzlich um den Hals und drückte sich an ihn. "Kathrina..", hilflos flüsterte er ihren Namen. Er hatte doch keine Ahnung von Mädchen, erst recht nicht wenn sie weinten. "Ich muss mit dir reden.. Irgendwo wo wir alleine sind." Das Mädchen löste sich und schaute kurz weg. Nachdem sie sich anscheinend ein paar Tränen weg gewischt hatte, schaute sie wieder zu ihm und nickte. Sie gingen auf einen Spielplatz, der mitten im Park war. Kaum ein Mensch kam vorbei und so setzten sie sich auf die Schaukeln. Kathrina sagte nichts, sie wartete darauf das Nino das Wort ergriff, der sich aber nicht so recht traute. Aber er war der Junge, er musste den ersten Schritt machen. Schweigen umhüllte die beiden. Kathrina seufzte: "Du bist doch echt nicht normal." Nino schaute zu ihr, dann wieder zu Boden: "Da hast du recht. Kathrina, ich-" "Wie konnte ich nur so doof sein und- ach, ist doch alles für den Arsch!", regte sich das Mädchen auf und schaute in eine andere Richtung, Hauptsache von Nino weg. "Hatten die Jungs heute Morgen recht?" Zögerlich nickte das Mädchen: "Eigentlich dachte ich du siehst das irgendwann. Sogar Anne hat das schnell erkannt, aber du bist blinder als der blindeste Mensch auf der Welt. Und seitdem Laurin da ist, klebst du nur noch an ihm." Der Name ließ ihn erröten. Kathrina schaute zu ihm: "Du hast all die Jahre nichts gemerkt. Wäre dieser doofe Laurin nicht aufgetaucht, wäre ich nie so auffällig geworden und du wüsstest es jetzt noch nicht!" "Es tut mir leid.. Aber ich hab für sowas halt keinen Blick... Und was Laurin angeht, ich- ähm-" Der Junge kam ins Stottern. Wie sollte er ihr denn sagen das er mit ihm zusammen war? Das Mädchen würde aus allen Wolken fallen, Laurin wahrscheinlich nach dem Leben trachten oder ihn für immer bis in alle Ewigkeit verabscheuen und hassen. "Was? Hatten die Jungs mit dir heute Morgen etwa auch recht? Nennen sie dich vielleicht zurecht Nina? Bist du schwul und lässt dich von Laurin prell'n?", sie sprach es so abwertend aus. "Nein, sie nennen mich nicht zurecht Nina. Ich fühl mich als Junge und das will ich auch bleiben. Ich weiß nicht ob ich schwul bin." Jetzt sah das Mädchen ihm direkt ins Gesicht. Sie erkannte den Scham, der Junge war ganz rot. "Aber bi bin ich auf jeden fall, da ich mit.. Laurin zusammen bin...", er hatte es gesagt und dachte innerlich nur, >Oh mein Gott, gleich killt sie mich!< Das Mädchen starrte ihn ungläubig an: "Bitte was?!" Es klang wieder sehr verletzend und abwertend. War schwul oder bi sein denn sowas abscheuliches? Nino schaute traurig zu Boden, wieder kamen ihm die Tränen in die Augen. Jetzt würde sie ihn hassen, vorbei war es mit der guten Freundschaft. Oder lag es mehr daran das sie nichts gegen Laurin ausrichten konnte? Es war ganz deutlich, was er hatte und sie nicht, weshalb Nino ihn vorzog, von daher erübrigte sich die klischeehafte Frage, was er hatte und sie nicht. Das Mädchen musste erstmal durchatmen. Ihr große Liebe war also an einen anderen Kerl vergeben?! Hatte sie das jetzt richtig verstanden? Sie konnte es nicht fassen und fragte wieder nach: "Du lässt dich von Laurin ficken?!" Nino stand heulend auf: "Man, hör auf das so abwertend zu sagen! Nein wir hatten noch keinen Sex, obwohl wir schon fast drei Monate zusammen sind, weshalb ihm vorhin wohl auch der Kragen geplatzt ist und er mich jetzt wohl auch hasst, so wie du mich, weil ich mit ihm zusammen bin oder war, was auch immer!" Das Mädchen zuckte etwas ängstlich zusammen, doch verstand sie, das ihre vorigen Aussagen nicht ganz ok waren. "Entschuldige..", nuschelte sie verlegen und schaute in den Sand unter ihren Füßen. Nino setzte sich wieder und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. "Seit wann seit ihr zusammen?", fragte das Mädchen kleinlaut. "Ungefähr seitdem ich wieder aus dem Krankenhaus bin.", flüsterte er niedergeschlagen. Wenn er dann noch mit Laurin zusammen war. "Und warum ist er sauer? Weil du mir nach bist?" Nino schüttelte den Kopf: "Weil ich so viel nachdenke.." Das Mädchen sah ihn fragend an. Das verstand sie nicht. "Ich hab über dich nachgedacht, ich hab das alles nicht verstanden. Ich hatte ihm vorher zwar erzählt was alles passiert ist, aber als die Jungs dann meinten, ich wäre zu blöd zu erkennen, das du in mich verliebt bist, wusste er auch nicht mehr was er davon halten sollte. Ich hab mir halt weiter den Kopf zerbrochen und beim Sport nicht aufgepasst. Er hat mir einen Federball auf den Kopf geschlagen und ich hab ihn dann angezickt." "Und dann habt ihr euch gestritten?", etwas behutsamer fragte Kathrina nach. Nino nickte traurig: "'Ich hab ihn angemeckert was das sollte, wobei er ja eigentlich nichts getan hat, es war ja meine Schuld. Ich stand da und hab nicht geschaut nach dem blöden Ball. Er hat dann gesagt ich soll gefälligst die Augen aufmachen und aufhören an dich zu denken. Ich meinte dann das ich das gar nicht getan habe, worauf er meinte, das es sehr offensichtlich ist, das ich das tue, man würde mir immer ansehen, wenn ich nachdenke. Und er sagte, das ich gefälligst weniger nachdenken und endlich handeln sollte." "Und weiter?" Der Junge seufzte etwas bitterlich: "Ich hab ihn sauer gefragt ob ich mir dich an den Hals schmeißen soll, worauf er meinte ich solle aufhören dir schöne Augen zu machen und dir mitteilen, das ich vergeben bin." "Das hast du ja jetzt getan..", stellte das Mädchen beiläufig fest, "Warum sollte er dich jetzt hassen? Müsste er nicht zufrieden sein?" "Ich hab ihm an den Kopf geworfen, das ich nicht vergeben bin.", schwer seufzend malte Nino mit dem Fuß Kreise in den Sand, "Alle haben uns angestarrt und zugehört, jeder hat das Gespräch oder besser gesagt Angeschreie mitbekommen, ich war so sauer, dass ich das einfach gesagt habe." "Ähm.. Ich glaub eher er ist am Boden zerstört..", nuschelte Kathrina. Nino schaute auf: "Ist er nicht eher sauer auf mich?" Das Mädchen stand auf: "Ich bin sauer auf dich, weil du mit ihm zusammen bist. Und ich verspüre eine tiefe Abneigung gegenüber Laurin, weil er dich hat. Aber da ich auch eine normale Freundin von dir bin sage ich dir: er heult sich wahrscheinlich grade auch die Augen aus dem Kopf, weil du ihm vermittelt hast, das ihr nicht mehr zusammen seid." Sie nahm ihre Tasche: "Ich geh jetzt nach Hause, ich muss nachdenken." "Kathrina, was ist jetzt mit.. mit unserer Freundschaft?", fragte er vorsichtig. Sie sah ihn an. Den Blick verstand er nicht. Weder sauer noch fröhlich: "Was soll schon sein? Du hast mir das Herz gebrochen, aber ich bin eine einfache Freundin von dir und das bleiben wir, einfache Freunde." Sie drehte sich wieder weg und ging. Nino schaute ihr nach und wandt dann den Blick auf die Uhr seines Handys. Bald war es ein Uhr. Seine Mutter musste mittlerweile auf ihrer Arbeit sein. Wann er wohl mit Laurin reden konnte? Ob er wirklich traurig war? Oder doch eher sauer? Gedanken versunken lief Nino mit seiner Tasche nach Hause. Wenigstens mit Kathrina hatte er alles geklärt. >Ach Laurin..< Kapitel 15: viel zu viel nachgedacht ------------------------------------ Als Nino zuhause ankam, seufzte er wieder einmal schwer. Er hatte das Gefühl, mindestens zwei Stunden bis nach Hause gebraucht zu haben, obwohl der Park nur zwanzig Minuten entfernt war. Immer wieder kreisten seine Gedanken um Laurin, er hatte einfach keine Ahnung, was er jetzt tun sollte. Ob er direkt zu ihm gehen sollte, gleich wenn er von der Schule kam? Oder warten bis abends und mit ihm telefonieren oder über Internet schreiben? Alles war nicht so die Sache, für die sich Nino entscheiden wollte, aber er wollte endlich dieses drückende, schmerzende Gefühl vom Herzen haben. Deprimiert tappte der Kleine in die Küche und entdeckte dort einen Zettel von seiner Mutter auf dem Tisch. 'Komme erst übermorgen wieder, ich musste kurzfristig für eine Kollegin für die Messe einspringen. Lass das Haus stehen und genieß deine sturmfreie Bude! Aber wenn ich wieder komme, muss alles ordentlich sein, wenn etwas ist, dann ruf mich an. Mama' "Hm.. Irgendwie ist heut ein schwarzer Tag..", stellte Nino traurig fest und ließ den Zettel liegen. Also keine Mama zuhause. Sonst hätte er das irgendwie ausgenutzt für einen DVD-Abend oder so, oder jetzt, wo er mit Laurin zusammen war, für ihr Zweisamkeit, aber das hatte sich wohl erstmal erledigt. "Man scheiße!", wütend und zugleich weinend trat der Junge gegen einen Küchenschrank, das dahinter kurz die Töpfe klapperten, "Warum hab ich das gesagt?!" Wieso konnte Laurin nicht einfach zu ihm kommen? Er dachte wirklich viel zu viel nach und kam einfach nicht zu einem Endpunkt, es machte ihn ganz verrückt und wirr im Kopf, jedes mal wenn er dachte, er hatte endlich einen Entschluss gefasst, fiel ihm eine weitere Möglichkeit ein. Er raufte sich leicht die Haare und hockte mittlerweile vor den Küchenschränken auf dem Boden. "Ich will nicht mehr denken!", hart knallte er seinen Kopf gegen das hellgelb bestrichene Holz des Küchenschranks vor sich. Was konnte er noch tun? Er kam einfach nicht aus den Gedanken raus, er war ein scheiß Theoretiker und hatte nie wirklich gelernt, praktisch und spontan zu denken und das auch um zu setzten. Die Zeit verrann und Nino hockte unverändert auf dem Boden. Wie lang er da schon saß, wusste er nicht. Langsam bekam er tierische Kopfschmerzen von dem ganzen, er hatte das Gefühl, all das würde ihn erdrücken, wenn er nicht endlich was dagegen unternahm. Völlig verheult stand er auf und schaute auf die Uhr. Kurz nach vier, also hatte er fast drei Stunden auf dem Boden verbracht. Beschämt wischte er sich die Tränen aus dem Gesicht und ging ins Bad. Er fand beim Blick im Spiegel, das er total erbärmlich und hässlich aussah. Nachdem er sich etwas frisch gemacht hatte, zog er noch ein anderes Shirt an, das nicht so nass geheult aussah. Tief seufzend musste sich Nino zusammen reißen, nicht gleich wieder los zu heulen. Er zog seine dünne graue Jacke an, auf der viele bunte Sterne waren und packte sein Handy und seine Schlüssel in die Jackentaschen, jeweils links und rechts. Immer noch mit pochendem Kopf verließ er das Haus und lief langsam in Richtung Laurins zuhause. Er wusste noch immer nicht, was er sagen oder tun sollte, aber irgendwie musste er das ganze jetzt ins Rollen bringen. Irgendwann stand er dann vor der Eingangstür, neben der an der Seite eine Klingel mit der Aufschrift 'Pikka' war. Ob er zuhause war? Nino wollte klingeln, doch sein Finger stoppte vor der Klingel. Langsam sank die Hand wieder, doch eine Sekunde später war sie wieder kurz vor der Klingel. Unschlüssig musterte Nino die Klingel. Sie war weiß, aus Plastik, ein längliches Rechteck und sie leuchtete leicht, damit man auch im Dunkeln den Namen lesen konnte. "Man..", jammerte der Kleine leise und stand unschlüssig da. Ehe er weiter nachdenken konnte, wurde die Tür aufgerissen und es stand niemand anderes als Laurin vor ihm. Er sah sehr verheult aus, sein Shirt sah auch dem entsprechend aus. In seiner Hand hielt er sein Skateboard, allen Anschein nach wollte er wohl zu Nino. Klappernd ließ er sein Skateboard fallen und viel Nino um den Hals: "Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht Nino.." Er schluchzte leise an seiner Schulter und klammerte sich zitternd an ihn. Der Kleinere war ganz überwältigt von Laurins Gefühlen und strich ihm über den Rücken. Dann, ohne ihn zu fragen, zog er ihn rein und knallte die Tür zu. "L-Laurin- Wir kriegen Ärger mit deiner Ma-", meinte Nino besorgt und schaute zur Tür, wo noch das Skateboard lag. Laurin schüttelte nur den Kopf und zog ihn weiter mit in sein Zimmer. Dort angekommen ließ er seine Hand los und setzte sich unruhig auf sein Bett. "M-Mir tut es leid wegen heute Morgen.. Das war alles sehr scheiße von mir, vor allem vor den anderen, ich wollte dir nicht weh tun, es tut mir so leid Nino..", wieder weinte er, "Ich hatte solche Angst das du mich für sie verlässt, weil du nur an sie gedacht hast." Nino schaut ihn an: "Ein bisschen war es ja gerecht, ich bin ja mit Schuld.." Der Kleinere ließ den Kopf hängen und ging ein paar Schritte auf Laurin zu, das er vor ihm stand: "Ich denke wirklich zu viel nach, mir tut das alles auch sehr Leid, ich wollte nicht sagen das ich nicht vergeben bin." Nino kamen die Tränen: "Die Wahrheit ist, das ich einfach Angst habe vor dem, was zwischen uns.. noch kommt..." Beschämt wischte er sich die Tränen weg. Laurin schaute auf: "Hast du etwa Angst vor Sex?" Er sprach es aus, als wäre das eine Lapalie, keine große Sache, einfach nur eine Sache wie viele andere. Nino kamen wieder die Tränen, beschämt schaute er zu Boden und nickte: "I-Ich hatte noch nie Sex.. Und ich hab keine Ahnung davon, ich hab Angst das ich was falsch mache oder es weh tut.." Laurin seufzte. Sie waren sich beide ihrer Rollen beim Sex bewusst. "Nino..", er stand auf und zog ihn in seine Arme, "Ich pass doch auf, dass dir das nicht weh tut und ich bin doch genauso unerfahren wie du.." "Ich kann mir aber nicht vorstellen das du noch nie hattest..", entgegnete Nino beschämt und verbarg das Gesicht an Laurins Schulter. Der Größere seufzte: "Glaub mir, ich hab weder mit einem Mädchen, noch mit einem Jungen geschlafen, ich bin genauso Jungfrau wie du." Er strich ihm durch das Haar und spielte mit einer Strähne. "Auch wenn ich vielleicht so wirke, es ist nicht so, Nino.", flüsterte Laurin, "Und ich hab genauso leichten Bammel davor, etwas falsch zu machen, das es dir nicht gefällt oder so.." Er drückte den Kleineren mehr an sich: "Aber auf der anderen Seite bin ich auch neugierig und ich frag mich auch wiederum, warum wir noch nicht mal Ansatzweise was gemacht haben und ob ich irgendwas falsch mache." "Nein, ich bin schuld, weil ich immer zurück weiche und viel zu viel über alles nachdenke.", schluchzte Nino und krallte sich an ihn fest, "Ich bin einfach nur dumm." Laurin musste lächeln: "Nein, du bist sehr schlau, aber du bist es einfach gewöhnt, über alles gründlich nach zu denken, wie in der Schule, bis sich die Lösung auftut, die richtig ist." Nino löste sich leicht von Laurin und schaute ihm in die Augen. "Das Problem an der ganzen Sache ist nur, das es in einer Beziehung viele Wege gibt, die man gehen kann, du wirst nie die perfekte Lösung finden, erst im Nachhinein wirst du sehen, ob es so gut war oder nicht." "Aber wenn ich dir dabei weh tue-" "Dann ist das nunmal so.", Laurin strich ihm über die Wange, "Dafür können wir wie jetzt darüber reden und uns.. wieder vertragen...?" Nino nickte sofort und hauchte ein fast ersticktes 'Ja'. Er fiel dem Größeren um den Hals und drückte sich an ihn: "Ich will mich nie wieder mit dir streiten." Laurin lächelte überglücklich und drückte ihn an sich: "Und ich will dich nie wieder so anschreien." Nino spürte, wie das schwere Gefühl von seinem Herzen fiel, es war so erleichternd. "Sind wir kitschig..", flüsterte Laurin grinsend in sein Ohr und küsste ihn am Hals. Nino kicherte kurz: "Ist mir egal, solange wir uns wieder verstehen." Er löste sich von Laurin und schaut ihm in die geröteten Augen. Er selbst sah auch sehr verweint aus. "Ähm.. Was ist jetzt mit Kathrina..?", fragte Laurin etwas zögerlich. "Ich hab mit ihr geredet und ihr alles erzählt.", erklärte der Kleinere. "Was?!", Laurin war ganz überrascht, "Aber jetzt ist sie doch bestimmt noch wütender!" "Naja.. In erster Linie hat sie ab jetzt wohl einen Gräul auf dich, weil ich mit dir zusammen bin. Am Anfang war sie einfach abgeneigt und sauer, aber als ich ihr ein bisschen mehr erzählt habe, hat sie es verstanden." "Hm..", Laurin setzte sich wieder aufs Bett und schaute zu Boden: "Meinst du sie behält das für sich?" Nino setzte sich neben ihn: "Wenn, würde sie es glaubig nur Anne sagen." "Na dann.." "Sag mal, ist deine Mutter eigentlich nicht zuhaus?" Laurin schüttelte kurz den Kopf: "Nö, die ist bei meiner Tante und kommt erst heute Abend wieder." "Meine Mutter ist auch weg, aber sie kommt erst übermorgen wieder.", erzählte Nino und seufzte, "Und ich kann nicht mal kochen." Laurin lachte: "Wie wärs wenn ich dich bekoche? Ich kann gut kochen!" "Ähm-", total überrascht schaute Nino Laurin an, "Äh- Gerne. Magst du gleich über Nacht bleiben? Dann bin ich nicht allein." Eine Sekunde später realisierte Nino, was er da für eine Einladung ausgesprochen hatte. Er und Laurin. Alleine bei ihm zuhaus. Zusammen in seinem Bett. Laurin grinste leicht, er wusste, das Nino es nicht auf das abgesehen hatte, nachdem es sich anhörte. "Gerne.", antwortete Laurin und küsste ihn sanft, "Und du brauchst keine Angst vor mir zu haben." Nino lächelte ein wenig erleichtert. Es war wie an dem Tag, als sie zusammen kamen. Es war eigentlich so einfach, er machte sich viel zu viele Gedanken. Zwei Stunden später saß Nino zuhause und wartete auf Laurin. Er war noch eine Stunde geblieben und war dann nach Hause gegangen, Laurin selber wollte noch etwas erledigen und dann später nachkommen. Gelangweilt schaute der Kleine aus dem Küchenfenster, während er in seinem Kakao rum rührte. Was wollte er denn noch erledigen? Seufzend trank Nino einen Schluck von dem viel zu süßen Kakao. Er hatte vergessen die kleinen Schokokugeln raus zu fischen. Das machte er immer. Er tat mit Absicht mehr Kakao in das Glas, damit er anschließend die süßen Kugeln naschen konnte. Heute hatte er es wieder getan, aber es dann einfach verrührt, weil er mal wieder total in Gedanken versunken war. "Bäh..", Nino kippte den Kakao mit schlechten Gewissen weg, der Appetit darauf war ihm vergangen. Dann hörte er endlich die Klingel. Wie ein aufgescheuchtes Hunhn eilte er zur Tür und öffnete diese. "Hey~", Laurin grinste ihn breit an und trat ein. Dabei hatte er eine etwas größere Umhängetasche mit seinen Sachen. "Entschuldige, das es so lange gedauert hat.", Laurin zog seine Schuhe aus und stellte seine Tasche erstmal ab. "Ist schon ok.". Nino lächelte und gab ihm einen Kuss auf die Lippen, worauf ihn Laurin umarmte und den Kuss intensivierte. Er konnte es. Mit einem Mal war Ninos Kopf wieder ausgeschaltet und er gab ihm einfach nach. Der Größere strich ihm über die Seiten und spielte weiter mit seiner Zunge, doch dann beendete er das ganze langsam und sanft. Schließlich löste er den Kuss und lächelte Nino an: "Du bist so süß, Nino.." Kapitel 16: Entspannung ----------------------- "Ach was..", flüsterte Nino beschämt zurück und drückte sich nochmal an den Größeren, der grinste. "Hast du schon Hunger?", fragte er sanft und strich ihm durchs Haar. Ohne Nachdenken zu müssen nickte Nino, schließlich hatte er den ganzen Tag nichts gegessen, eigentlich war es ein kleines Wunder, das er noch nicht zusammen gebrochen war. "Magst du denn jetzt schon kochen?" "Klar, ich hab Hunger und du ja auch, also gibts jetzt was zu essen!", er zog Nino mit in die Küche, "Hast du auf irgendwas bestimmtes Hunger?" Der Kleinere setzte sich und grübelte: "Hm.. Weiß nicht.." Laurin drehte sich zu ihm und stupste ihm sachte gegen die Stirn: "Sag einfach irgendwas!" Irgendwann würde Nino ihn noch ins Grab mit seiner Grübelei bringen, da war sich Laurin sicher. Es machte ihn ab und zu schon leicht wahnsinnig, wenn der Kleinere erstmal anfing darüber nach zu denken, als einfach mal impulsiv zu antworten. "Ähm-", leicht überfordert schaute Nino sich um, stand dann schließlich auf und öffnete einen Schrank. Nach ein paar Augenblicken des Wühlens zog er ein paar Sachen hervor, "Also wir haben einen Haufen Tütensuppen, Nudeln und Soßen, Kartoffelpüree und auch noch-" "Gib mir einfach irgendwas, ich wollte jetzt nicht wissen was der Schrank alles anbietet...", seufzend setzte sich Laurin, sein Magen meldete sich laut grummelnd ebenfalls ungeduldig. "Entschuldige!", nervös guckte sich Nino durch die Sachen, er mochte das alles, warum musste er auch entscheiden? Laurins Magen war ihm nicht entgangen, so zog er einfach ein paar Sachen für Lasagne hervor. "Lasagne!" Laurin lächelte zufrieden: "Gute Wahl." Er nahm ihm die Sachen ab und fing an, öffnete hier und da mal einen Schrank, um Auflaufform und anderes zu finden und hatte schnell eine Übersicht von der Küche. "Habt ihr auch noch Gehacktes da? Sonst wirds eine vegetarische Lasagne..." "Ich glaub ja..", Nino schaut ihm Kühlschrank nach und fand eine Packung mit Gehacktem. "Perfekt!", Laurin machte weiter, vertieft in seiner Arbeit nahm er nicht mal seinen grummelnden Magen wahr. Nino schaute ihm fasziniert zu, zum einen weil er das alles ganz ohne ein Rezept machte, zum anderen weil es einfach ein schönes Gefühl war, zu sehen, das er für ihn kochte. Nach ein ungefähr zehn Minuten stellte Laurin die Auflaufform in den Ofen und stellte den auf 220 Grad: "In einer halben Stunde können wir essen." "Danke, das du das machst.", Nino gab ihm einen leichten Kuss auf die Wange und lächelte ihn an. Der Größere grinste zurück: "Gerne doch." In der Zeit, in der sie auf das Essen warten mussten, setzten sie sich auf Ninos Bett und schauten ein bisschen fern. Laurin saß hinter Nino, der auf der Seite lag. Unentwegt strich er ihm durchs Haar und über den Nacken, er könnte das stundenlang machen, er war immer sehr gebannt von dieser einfachen Handlung. "Ich glaub ich schlaf gleich ein..", nuschelte Nino und gähnte leise, "Das ist so entspannend.." Laurin grinste und gab ihm einen Kuss auf den Schopf: "Nix da, es gibt gleich Essen!" Nickend setzte sich Nino auf und streckte sich, wobei Laurin von hinten um seine Taille griff und sich an ihn drückte. Gähnend schaute Nino zu seinem Wecker: "Müsste die Lasagne jetzt nicht langsam fertig sein?" Laurin folgte seinem Blick: "Ja, wir können mal schauen, eigentlich müsste sie fertig sein." Zum Glück der grummelnden Mägen war das Essen fertig und die Bedürfnisse schnell gestillt, Nino war überrascht, wie gut es schmeckte, nicht mal die Lasagne seiner Mutter schmeckte so gut, wobei er immer dachte, keiner könnte besser kochen als sie. "Hast du das irgendwo gelernt..?", fragte Nino, während er ihre Teller in die Spülmaschine stellte. "Nein,", meinte Laurin knapp und reichte ihm das restliche dreckige Geschirr an, "Ich hab einfach immer nach Geschmack gekocht. Ich glaub die meisten klammern sich zu sehr an Rezepte und Vorstellungen." Nino nickte: "Das stimmt wohl." Zumindest würde er selber so vorgehen, als Theoretiker, schließlich gab es doch genau dafür Rezepte, oder? "Komm, ich hab eine Überraschung für dich..", lächelnd zog Laurin Nino an der Hand zurück in sein Zimmer und drückte ihn sanft aufs Bett. "Keine Angst, es wird dir ganz bestimmt gefallen!", er küsste ihn kurz und ging dann zu seiner Tasche, um etwas zu holen. Der Kleinere schaute neugierig zu ihm, doch Laurin versteckte die Überraschung hinter seinem Rücken, als er wieder zum Bett kam. "Willst du etwa spicken?" Laurin legte wieder zärtlich seine Lippen auf Ninos und nippte daran. "Dreh dich um.", wies er ihn an und grinste weiterhin. Nino wurde leicht rot und schaute ihn erstmal fragend an, doch tat er dann, was er verlangte. Er legte sich auf den Bauch und blieb wartend liegen. Laurin setzte sich breitbeinig auf seinen Po und zog ihm dann das Shirt vorsichtig aus, wobei er ein paar Küsse auf Rücken, Schultern und Nacken verteilte. Dem Kleinen wurde ganz warm und eine Gänsehaut breitete sich auf seinem Körper aus. "Was wird das Laurin?", fragte er leise nach und schaute über die Schulter zu ihm. dieser lächelte nur: "Lass dich überraschen, mach einfach die Augen zu." Nino blinzelte kurz, doch auch diesmal hörte er auf seinen Freund und schloss seine Augen. Er hörte plötzlich das öffnen irgendeiner Flasche und dann wieder das zuklipsen. Im nächsten Moment spürte er Laurins Hände auf seinem Rücken mit einer Flüssigkeit, es musste irgendwie Massageöl oder so was sein, nun vernahm Nino auch einen leichten Duft davon, der angenehm roch. Nino seufzte sofort wohlig auf, das war eine wirklich tolle Überraschung. Laurins Hände glitten mit sanften Druck über seinem Rücken und Nino hatte das Gefühl, er würde gleich davon schweben, so leicht und entspannt fühlte er sich. Irgendwann küsste Laurin ihn sanft im Nacken und flüsterte ihm ins Ohr: "Dreh dich um." Mit Laurins Hilfe drehte er sich gemächlich um, er war so entspannt, das er nicht einmal die Augen öffnete. Wieder spürte er Laurins Hände, die jetzt mit seinem Oberkörper weiter machten. Es war so entspannend, das er einfach nur da lag und das ganze genoss. Nacheinander nahm Laurin auch seine Arme und massierte diese mit sanften hin und her streichen, fuhr mit seinen Händen wieder rauf zu seinen Schultern, über seinen Hals bis unter die Ohren. Nino regte sich nur leicht unter seinen Händen, reckte den Hals etwas oder bog kurz den Rücken durch, um mehr Druck zu spüren oder um Laurin einfach mehr Fläche zu bieten. Ab und zu trafen Laurins Küsse auf Stellen seines Körpers, was ihm ein wohliges Seufzen entlockte. Laurins Hände strichen wieder mal runter an ihm, doch diesmal blieben sie unten und öffneten seine Hose. Nino war ein bisschen zu benommen, um gleich wieder irgendwelche panischen Gedanken zu kriegen, er ließ Laurin einfach machen. Es war bis jetzt so schön, also würde es auch bestimmt weiterhin so sein. Laurin schaute immer wieder zu Nino hoch, um sicher zu gehen, nichts falsches zu machen. Langsam zog er ihm die Hose aus, wobei er mit den Händen an seinen Beinen sachte runter strich. Dabei fiel ihm die kleine Narbe auf, die Nino von dem Beinbruch davon getragen hatte. Sanft bedachte er auch diese mit einem Kuss und strich ihm weiter über die Beine. Er küsste sich langsam wieder hoch an Nino, fuhr mit ein bisschen mehr Druck seine Oberschenkel hoch und ließ seine Hände dann an seinem Po seitlich ruhen. Als er zu ihm hoch schaute, lag Nino regungslos da, die Hände neben dem Kopf, der etwas auf der Seite lag, die Augen geschlossen und der Mund leicht offen, um hin und wieder einen Seufzer von sich zu geben. Laurin war ganz gefesselt von seinem Anblick, er riss ihn einfach mit in seinen Bann. Langsam legte er sich auf die Seite neben Nino, eine Hand behielt er auf seinem Oberkörper. Sanft küsste er ihn und strich ihm über den Hals runter zu seiner Shorts. Der Kleinere erwiederte instinktiv, aber auch leicht fordernd. Sachte schob Laurin seine Hand in seine Shorts und begann ihn zu streicheln. Nino ließ ihn gewähren, es fühlte sich einfach unbeschreiblich gut an, auch wenn ihm das ganze leicht peinlich wurde und ihm die Röte ins Gesicht stieg. Laurin machte weiter, bestärkt durch Ninos kleine Seufzer, die immer mehr zu einem leisen Keuchen wurden. Ihm selbst wurde auch ganz heiß, doch wollte er sich jetzt voll und ganz auf Nino konzentrieren. Der Kleinere drehte sich mit einem mal auf die Seite zu Laurin, klammerte sich an ihn und keuchte lauter. Das war alles so neu, doch fühlte er sich sicher mit Laurin, er vertraute ihm. Immer intensiver wurden die Bewegungen und Ninos Atem schneller und unkontrollierter. "Hn- Laurin-", wisperte er zwischen seinen lauter werdenen Keuchen hervor, er spürte die Spannung, die immer stärker in ihm wurde. Der Größere war fasziniert von Nino, wie er da eng an ihm lag, leicht zitterte und keuchte. Schließlich entrann Ninos Mund ein lauterer Stöhner und Laurin spürte, das er gekommen war. Der Kleinere zitterte nicht mehr, sondern lag entspannt an ihm, während sich seine Atmung langsam wieder beruhigte. Seine Augen waren geschlossen, wie die ganze Zeit über der Intimität. Es war ein berauschendes Gefühl, was Nino durch den Körper gejagt war und dadurch das Laurin es ausgelöst hatte, war es nur noch intensiver geworden. Nino kuschelte sich an Laurin an und rückte ein bisschen näher. Laurin lächelte zufrieden. Er hatte erreicht, was er sich vorgenommen hatte. Er zog die Hand erstmal zurück und griff nach ein paar Taschentüchern, machte seine Hand sauber und wischte nochmal über Ninos Unterbauch. Dieser öffnete leicht die Augen, er war noch leicht rot und schaute Laurin kurz zu. "Alles ok?", Laurin ließ das Tuch vor dem Bett erstmal fallen und strich Nino dann ein paar Strähnen aus dem Gesicht. Dieser lächelte nur leicht verlegen und nickte. Es war so schön gewesen, Nino hatte das Gefühl, er könnte hier ewig mit Laurin liegen. Kapitel 17: dieses Gefühl ------------------------- Musikempfehlung zum Text, das habe ich beim Tippen mal wieder rauf und runter gehört ;) https://www.youtube.com/watch?v=MDQk0IOSDHM **************************************************** Als Nino wach wurde, nahm er das leise Piepen seines Handys wahr. Was war denn passiert? Langsam öffnete er seine Augen und spürte, das er Schlafsand in den Augenwinkeln hatte. Er rieb sich leicht die Augen und setzte sich auf, auch ein Gähner konnte er nicht unterdrücken. Neben ihn lag Laurin, noch etwas müde ließ er seinen Blick über ihn wandern. Laurin schlief anscheinend tief und fest und das auch recht glücklich, zumindest ließ das sein Gesichtsausdruck vermuten. Ein Lächeln zierte Ninos Lippen. Stumm beugte er sich leicht zu Laurin runter und hauchte ihm ein Kuss auf die Wange. Noch nie hatte er sich so gut gefühlt, so wohl, so geborgen. Er hatte das Gefühl, es könnte alles kommen und er würde gegen alles bestehen. Zufrieden seufzend stand der Kleine vorsichtig auf, schließlich wollte er den Größeren nicht wecken. Etwas planlos sah er sich in seinem Zimmer um. Wo war sein Handy denn hingekommen? Er ging zu seiner Tasche und fand es dort, wo es immer noch leise vor sich hin fiepte. Eine neue SMS. Von einen auf den anderen Moment wurde Nino kreidebleich. Hektisch schmiss er das Handy zurück auf die Tasche und drehte sich zu Laurin um. "Laurin, Laurin, du musst wach werden!", panisch schüttelte er ihn leicht und schaute dabei noch auf seinen Wecker, der auf seinen Nachttisch stand. "Hnn.... Was denn...?", fragte Laurin verschlafen und legte sich auf den Rücken. Immer noch müde ließ er seinen Unterarm über seine Augen liegen, er verstand Ninos Aufruhr nicht. Der Kleine wurde jetzt allerdings erst richtig unruhig, als er seinem Freund genauer betrachtete, wobei er knallrot wurde. "D-D-Die Mädchen-", stotterte er und starrte Laurin an. Laurin nahm dem Arm weg und schaute Nino an: "Anne und Kathrina? Was ist mit den beiden?" Nino starrte ihn immer noch an, anscheinend hatte er Laurin nicht zugehört. "Nino?", Laurin folgte seinem Blick, worauf er nur kurz eine Augenbraue hochzog, "Ehm.. Das ist was ganz normales, Süßer.." Der Größere grinste breit und setzte sich an die Bettkante, während Nino seine Fassung wieder erlangte. "Die Mädchen wollen herkommen, sie haben mir eine SMS geschickt, vor einer Stunde, das sie in einer Stunde vorbei schauen, die werden hier in den nächsten 3 Minuten aufkreuzen, ich bin halb nackt und verdreckt und du- du- du-" "Ich sitze mit einer Latte in deinem Bett.", beendete Laurin grinsend seinen Satz, "Jetzt mach dir keinen Stress, es ist doch alles ok, die beiden Mädchen wissen doch alles." "Die beiden stehen gleich vor der Tür und wir- ich- Oh man!", Nino regte sich plötzlich sehr auf, "Das ist peinlich, wie sieht das denn aus?!" Laurin zog wieder eine Augenbraue hoch und hatte den Gedanken, das Nino doch irgendwie eine weibliche Seite hatte. Seufzend stand er auf: "Bleib ruhig Nino, es ist alles ok." Er stellte sich zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. "Aber- aber-", wieder brach der Kleine ab. "Geh doch einfach schnell duschen, ich kümmer mich um meine Latte und bis wir fertig sind, müssen die Mädels dann halt 2 oder 3 Minütchen vor der Tür warten." "Aber dann denken sie wir hätten- hätten.. miteinander.. geschlafen..", peinlich berührt schaute Nino zur Seite. Laurin war ein bisschen wie vor den Kopf gestoßen. Was sollte er denn dazu sagen? Es war doch ganz normal, das ein Paar Sex hatte. Doch er merkte, das Nino weder bereit zum Sex war, noch damit umzugehen oder über Freunde damit zu reden. Seufzend kramte er aus seiner Tasche sein Handy. "Was machst du da?" "Dein Problem lösen.", er tippte kurz auf dem Handy rum und hielt es sich dann ans Ohr, "Du bist leise!" Er smilte ihn an, wie er es auch am ersten Tag im Sportunterricht getan hatte. "Hey Anne! Ja, also folgendes, Nino hat sein Handy bei mir vergessen, ich hab grad gesehen, das du ihm geschrieben hattest und war mal so frei und hab die SMS gelesen." Nino starrte ihn fassungslos an. Hatte er etwa vor Anne anzulügen? "Ja, er weiß jetzt nichts von euch und ist grad eh nicht zuhause, er war vor einer Stunde oder so noch bei mir und wollte dann noch irgendwo hin." Nino stellte sich zu Laurin und lauschte mit an seinem Handy. Anne seufzte deutlich hörbar: "Toll und jetzt? Wir wollten heute Abend mit ihm eine DVD gucken, hat er das denn ganz vergessen? Das steht schon seit einer Woche fest!" "Hattet ihr denn eine Zeit ausgemacht? Weil er wollte in gut einer halben Stunde zuhause sein, ich muss ihm ja noch seine Hefte wiederbringen für morgen." "Was?!", erklang Annes Stimme spitz, "Lässt er dich etwa abschreiben?" "Nein!", Laurin lachte kurz, "Wir müssen doch zusammen ein Referat halten, dafür war das. Also wenn ihr wollt könnt ihr ja auch vorbei kommen, in einer halben Stunde ist er wieder da." "Okay, dann machen wir das so. Du bist dann auch da, oder?", Anne klang etwas unsicher. "Ja, eigentlich schon.. Ist Kathrina noch sehr sauer auf mich..?", fragte der Große ein bisschen geknickt. "Ähm.. ich weiß nicht so genau- ähm- ich-" Nino wurde rot. Es machte ganz den Anschein, als ob Anne mit diesem Thema überfordert war. "Wir können doch nachher darüber reden, wenn ihr wollt..", schlug Laurin vor, "Ich muss jetzt los, bis später." "Okay, bis nachher.", verabschiedete sich Anne schnell und beide legten auf. Nino schaute Laurin an: "Du hast sie angelogen.." "Sag bloß das macht dich jetzt traurig? Jetzt können wir beide schnell duschen gehen und aufräumen.", der Größere wuschelte ihm leicht durchs Haar, "So gehts dir doch besser, wenn sie nichts davon wissen, oder?" Nino nickte leicht, vom Lügen hielt er dennoch nichts. Laurin seufzte: "Wenn du so traurig guckst krieg ich ein schlechtes Gewissen. Bitte nicht, oder wäre es dir anders lieber gewesen?" Nino schüttelte sofort energisch den Kopf: "Nein, es ist schon ok!" Er lächelte wieder. "Dann geh ich schnell duschen, dauert ja auch nicht mehr lange, bis die beiden da sind!", er drehte sich auf der Hacke um und tapste Richtung Bad, Laurin folgte ihm grinsend und hielt ihm vorm Bad an der Hand fest. "Darf ich mit?", fragte er schmunzelnd. Ninos Gesicht sprach Empörung und Scham aus, was Laurin eine Antwort gab: "Okay, ich warte.." Der Kleine verschwand im Bad und schloss die Tür hinter sich. Er spürte, das sein Gesicht glühen musste, Laurin war doch ein bisschen zu schnell für ihn. Eilig duschte er und ließ dann Laurin ins Bad, der in fünf Minuten fertig war. Hektisch räumte Nino noch sein Zimmer und die Küche auf, Laurins Tasche hatte er erstmal in seinem Schrank verband, die Mädchen sollten nicht wissen, das er über Nacht blieb. Allerdings fühlte er sich auch ein bisschen dumm bei seinem Versteckspiel. Ratlos schaute er aus seinem Fenster. Irgendwo war es ja dumm alles zu verheimlichen, was mit Laurin und ihm war, aber es war ihm auch peinlich. Wahrscheinlich lag es daran, das er vorher noch nie eine Freundin gehabt hatte, geschweige denn einen Freund! Es war ja noch nicht mal das übliche, auf der anderen Seite allerdings auch nicht so groß anders. Er hatte eine Beziehung wie andere Paare auch. Und irgendwann würden sie garantiert auch Sex haben. Der einzige Unterschied war halt nur: sie hatten beide das gleiche Geschlecht. Nino versank immer mehr in Gedanken und vergaß ganz die Zeit. Als Laurin wieder aus dem Bad kam, schlich er sich leise an und hauchte dem Kleineren einen Kuss in den Nacken: "Hey, alles okay?" Nino drehte sich um und lächelte: "Ja, ich hab nur nachgedacht." Laurin grinste, das sah Nino mal wieder ähnlich. Sanft aber bestimmend zog er ihn mit einer Hand im Nacken zu sich und küsste ihn fordernd. Laurin konnte einfach nicht von ihm lassen, diese weichen Lippen, die auch noch so unschuldig küssten, waren zu verführerisch. "Laurin..", wisperte Nino nach dem Kuss und klammerte sich plötzlich an ihn. Dieses Gefühl, wie vorhin, als er aufgestanden war, da war es wieder. Laurin smilte und strich ihm durchs Haar. Diese Ruhe um sie herum war einfach herrlich, doch wie vorhin hielt die Stille leider nicht lange an, denn an der Tür klingelte es. Kapitel 18: Kraboom! -------------------- Nino seufzte. Da waren die beiden Mädchen schon. Wie der Abend nun wohl verlief? Es würde garantiert zur Konfrontation zwischen Kathrina und Laurin kommen. "Na los, dann lass uns die beiden mal nicht zu lange warten lassen, sonst wäre ja alle Mühe für umsonst gewesen!", Laurin zwinkterte kurz und schob Nino vor sich her zur Eingangstür. Mit einem kleinen Stoßgebet in den Himmel, an das Nino nicht glaubte, öffnete er die Tür und lächelte zaghaft Anne und Kathrina entgegen: "Hey!" "Na ihr zwei!", Anne grinste, "Wie kannst du dein Handy bei Laurin vergessen? Du vergisst doch sonst nichts!" Nino zuckte kurz unschuldig mit den Schultern und lächelte: "Naja, es ist aus meiner Jackentasche gefallen, mir ist es er aufgefallen, als ich schon wieder unterwegs war.." Kathrina beäugte ihn ungläubig und ihr Blick entging den anderen nicht. "Ähm.. ja, wollen wir nicht reingehen?", schlug Anne vor und hielt eine DVD hoch, "Schließlich haben wir ja was vor!" "Genau!", Laurin grinste und schloss die Tür hinter den Mädchen, doch Kathrina brachte er mit der Geste nicht zum lächeln, sie würdigte ihn keines Blickes. Vielleicht hätte er gehen sollen. Doch nun konnte er sich schlecht aus dem Staub machen. "Welchen Film hast du jetzt mitgebracht?", fragte Nino unterdessen Anne und machte den Fernseher und den DVD-Player an. Anne gab ihm die Hülle, während sie die DVD in den Player legte: "Ist so ein Actionstreifen mit Bruce Willis." Nino setzte sich auf das Sofa um sich die Hülle genauer anzuschauen: "Wie kamst du auf den Film?" Eigentlich suchte sich Anne immer die extremsten Liebesschnulzen aus, dieser Film passte so gar nicht in ihr Muster. Laurin warf ebenfalls einen Blick auf die Hülle: "Naja, irgendwann braucht jeder mal Abwechslung, was?" Er grinste und Nino und Anne lachten kurz. Sie versuchten irgendwie Normalität aufzubauen, die im nächsten Moment restlos zerstört wurde. "Hört auf mit eurem Schmierentheater.", Kathrina stand mit einem kalten Gesichtsausdruck da, "Sie hat den Film genommen, damit ich mir keine Liebesgeschichten antun muss. Und Du brauchst nicht auf hyper-freundlich machen, wir wissen alle ganz genau was Sache ist und du bist-" "Kathrina!", Anne fiel ihr ins Wort, "Lass das!" "Sag mal spinnst du?!", das Mädchen wurde nun richtig sauer, "Warum spielst du überhaupt mit? Es wissen doch alle in diesem Raum das ich die blöde Kuh bin und er-" "Hey!", Laurin erhob die Stimme, das alle drei zusammen zuckten, "Es reicht jetzt. Komm mit in die Küche, Kathrina." Er hielt ihr die Tür auf und forderte sie mit einer Handbewegung dazu auf, voraus zu gehen. Ohne große Umschweife ging Kathrina in die Küche, doch ihr Blick war immer noch kalt und trotzig. "Oh Gott... Die werden sich doch zerfleischen!", Anne machte den Fernseher wieder aus um lauschen zu können, doch sie traute sich nicht an die Tür zu gehen, die Laurin noch zugezogen hatte. Nino fühlte sich total schlecht, beide bedeuteten ihm so viel, was wenn er nun einen von beiden verlor? Oder gar beide? "Kathrina, ich weiß das du mich wahrscheinlich hasst wie die Pest, aber das ist kein Grund den beiden den Abend zu versauen! Wenn du unbedingt darauf bestehst dann gehe ich.", Laurins Stimme war standhaft. Kathrina stand mit dem Rücken zu ihm: "Du machst es dir leicht, haust einfach ab wenns unangenehm für dich wird." "Ich will nicht das die Freundschaft zwischen dir und Nino kaputt geht, ihr seid-" "Halt den Mund!", schrie sie ihn abrupt an und drehte sich zu dem Jungen, der einen Kopf größer war, "Ein Arsch wie dir kann doch egal sein was mit der Freundschaft zwischen Nino und mir ist, du hast schon alles kaputt gemacht!" "Ich wusste doch nicht mal das du in ihm verliebt bist!", brüllte er jetzt ebenso laut zurück, "Meinst du ich renne gerne durch die Welt und verletzte irgendwelche Menschen?" "Anscheinend ja, du bist ja super erfolgreich damit! Erst nimmst du mir Nino weg und dann präsentierst du dich mit ihm auch noch super glücklich!", jetzt kamen ihr die Tränen, sie fühlte sich wie ein dummes pubertäres Mädchen, diese ganze Situation war so heikel, hier konnte sie nicht mehr gut bei weg kommen. "Hast du dich mal gefragt wie beschissen er sich dabei fühlt? Muss er sich jetzt vor dir verstecken, nur weil du mich nicht magst oder du diese ganze Situation hasst?", er sprach wieder auf normaler Lautstärke, "So kann es auf jedenfall nicht weiter gehen." Kathrina schüttelte den Kopf: "Geh einfach dahin zurück wo du hergekommen bist." Er seufzte. Wo sollte dieses Gespräch denn hinführen? "Könnten wir bitte Frieden schließen? Ich werde Nino nicht so schnell verlassen, wir sind grade frisch zusammen, ich liebe ihn und du wirst daran nichts ändern können, also akzeptiere es. Er mag dich als gute Freundin, du bist ihm auch wichtig." "Tss..", sie weinte immer mehr, "Warum ist das so?" "Das Leben ist nun mal so...", er legte ihr eine Hand auf die Schulter, "Ich weiß, du hast dir anderes vorgestellt und bist enttäuscht. Aber lass das jetzt nicht an dir selbst und dem Rest der Welt aus." Sie nickte langsam und fühlte sich gleich ein bisschen wohler, nicht mehr so ungerecht. Als sie das Geschreie vernahmen, zuckten Anne und Nino augenblicklich zusammen. Am liebsten wäre Nino sofort in die Küche gerannt, aber auf der anderen Seite war ihm durchaus bewusst, das er sich dabei auf keinen Fall einmischen sollte. Es war gut, das die beiden die Sache unter sich klärten, doch hatte er vor dem Ergebnis Angst. "Ob sie sich jetzt für immer verstritten haben?", Anne war genauso unsicher wie Nino. Die Minuten verstrichen, nach gefühlten drei Stunden kamen beide zurück ins Wohnzimmer. Kathrina sah sehr verheult aus, währen Laurin ein unbestimmtes Gesicht zog. "Ehm.. und wie seid ihr verblieben?", fragte Anne gradewegs hinaus. Kathrina strich sich beschämt eine Strähne aus dem Gesicht: "Wir bleiben Freunde. Es tut mir leid." Nino sprang vor Freunde auf und fiel beiden um den Hals, doch nur Kathrina flüsterte er ein leises Danke ins Ohr. Vielleicht tat er ihr mit seiner Nähe weh, doch als Freundin hatte sie das verdient, ihren Verlust hätte tiefe Spuren bei ihm hinterlassen, auch wenn er Laurin hatte. Kathrina lächelte leicht: "Gucken wir jetzt diesen scheiß Film?" "Ja!", sagte Anne sichtlich erleichtert und startete mit Knopfdruck den Film. Der Abend verlief relativ ruhig, nach dem Film redeten sie noch ein bisschen über Laurin und Nino, aber auch über die Schule und Kleinigkeiten. Nino war immer noch positiv davon überrascht, das Laurin und Kathrina das Problem alleine behoben hatten, ohne größeren Schaden zu hinterlassen. Was war nur los mit der Welt, das alles so leicht laufen konnte? Früher kamen Nino solche Dinge wie riesige Berge vor, Dinge, die nicht zu bewältigen waren. Nachdem die beiden Mädchen wieder gegangen waren machten sie es sich auf Ninos Bett gemütlich, in Shorts und T-Shirt. "Sag mal, wie habt ihr das jetzt geklärt?", fragte Nino neugierig, dem die Frage schon die ganze Zeit auf der Zunge brannte, "Ich hatte echt Angst das ihr euch anschließend hasst.." Laurin nahm ihn grinsend in den Arm: "Tja, das ist ein Geheimnis, dem du niemals auf die Spur kommen wirst!" "Wieso..?", fragte der Kleinere etwas enttäuscht. "Na weil man ein Indianer-Ehrenwort nicht bricht!", überraschend fing Laurin an Nino durchzukitzeln, "Aber Indianer können furchtbar gut durchkitzeln!" Nino musste herzhaft lachen. Seine Welt war in Ordnung. Zwar nicht perfekt, aber heile. Allein dafür liebte er Laurin so sehr, er war das, was ihm immer gefehlt hatte, was er selber nicht sein konnte. Ging es darum in der Liebe? Das man jemandem fand und zusammen vollständig wurde? Laurin erstickte Ninos Gedanken in einem sanften, jedoch fordernden Kuss. Nino spürte es. Kapitel 19: eine unvergessliche Nacht ------------------------------------- Je intensiver der Kuss wurde, desto aufgewühlter fühlte sich Nino. Würde es heute passieren? Sachte drückte der Größere ihn hinunter in die Kissen, ohne dabei von seinen Lippen zu lassen. Eine Hand von Laurin wanderte unter sein Shirt und streichelte ihn sanft, wodurch er eine Gänsehaut bekam. Die Nervosität stieg mit jeder weiteren Berührung des Größeren. War er dafür bereit? Nino hatte sich das so oft gefragt. Gemächlich küsste sich Laurin von seinen Lippen über sein Kinn zum Hals hinunter und saugte leicht an der blassen Haut. Der Kleinere unter ihm rekelte sich leicht und schaute zur Seite, um ihm noch mehr Fläche zu bieten. Entspannt stellte Laurin fest, das sein Freund nichts dagegen hatte und seine Berührungen genoss. Immer tiefer wanderte er mit seinen Lippen an ihm herab, bis er am Saumen von Ninos Shorts ankam. Auch in ihm stieg die Aufregung immer weiter an. Mit Bedacht zog er ihm den Stoff hinunter und ließ seine Hand leicht über seine Erregung gleiten. Ein ruckartiges Zittern ging durch den Liegenden und ein lautes Seufzen kam über seine Lippen. Doch die Augen des Kleineren blieben geschlossen. Er vertraute seinem Freund. Als er jedoch die Lippen des Größeren an seiner Erektion spürte, riss er überrascht die Augen auf. Erst schaute er an sich hinunter, wendete dann aber verlegen den Blick ab. Bei dem, was er mit ihm tat, musste Nino immer mehr stöhnen. Beschämt legte er sich eine Hand auf den Mund. Für Laurin war es auch ein neues Gefühl, es war leicht befremdlich, aber es gefiel ihm sehr gut, den Kleineren so zu hören. „Stopp!“, japste der Liegende plötzlich und drückte den anderen an den Schultern leicht hoch. Mit hochrotem Gesicht blickte er Laurin an. Er wollte nicht in ihm kommen, das er ihn überhaupt mit dem Mund verwöhnte, war für ihn noch gewöhnungsbedürftig, wenn auch sehr schön. Der andere nickte verstehend und kam wieder zu ihm auf Augenhöhe. Seine Hände wanderten an Nino hoch und schoben das Shirt mit sich. Der Kleinere erhob sich kurz und ließ es sich über den Kopf ziehen. Laurin warf das Oberteil hinter sich und beförderte das eigene Shirt direkt hinterher. Anschließend befreite er Nino von seiner Shorts. Nun wurde der Liegende doch sehr nervös. Vorsichtig legte sich der Größere auf ihn nieder und verwickelte ihn wieder in einen Kuss. Der Kleinere spürte die Erregung des anderen an der eigenen drücken. Noch zaghaft ließ er seine Hände an Laurins Oberkörper hinunter wandern und fuhr mit einer in seine Shorts hinein, um direkt sein Glied zu umschließen. Ein tiefes Keuchen entrann sofort seiner Kehle und genießerisch schloss er die Augen. „Nino...“, wisperte er und drückte sich gierig seiner Hand entgegen. Bestärkt in seinem Tun massierte der andere ihn intensiver. Laurin ließ seinen Kopf neben dem Kleineren in das Bett sinken und seufzte ihm ins Ohr. Es kostete ihn schließlich all seine Willenskraft, seinen Freund sanft zu stoppen und seine Hand aus der Shorts zu ziehen. Mit einem sanften Lächeln sah er ihm in die Augen: „Möchtest du?“ Unruhig schaute Nino zurück: „Frag mich nicht... Sonst denk ich zu lange nach.“ Laurin lachte kurz und küsste ihn: „Wenn du es dir anders überlegst, kannst du das jederzeit sagen.“ Der Größere knabberte wieder an seinem Hals und wanderte mit einer Hand an Nino hinab. Sachte strich er mit seinen Fingern über seine Erektion und weiter. Das war irgendwie verrückt, schoss es dem Liegenden durch den Kopf. Er hatte nur eine grobe Ahnung von dem, was ihm nun erwartete. Es war ein seltsames Gefühl, als Laurin vorsichtig einen Finger langsam in ihn schob. Und irgendwie war es dem Kleineren sehr peinlich. Andererseits war er so neugierig und schlichtweg zu erregt, als das er seinen Freund stoppen wollte. Mit der anderen Hand streichelte Laurin immer wieder seine Erregung, während er leichte Küsse auf seinen Oberkörper verteilte. Es tat nicht weh. Nino wurde immer heißer, er schloss die Augen und gab sich Laurins Händen hin. Als dieser einen zweiten Finger dazu nahm, traf er plötzlich einen Punkt in ihm, der ihn laut aufstöhnen ließ. Fasziniert blickte der Größere hinunter auf den Liegenden. Er spürte, wie da etwas tief in ihm langsam zum Vorschein kam. Es gefiel ihm unglaublich gut, seinen Freund so unter sich zu sehen, wie er sich wandt und keuchte. Ab jetzt betrat er auch für sich Neuland, er war mit niemandem so intim gewesen. Er reizte den Kleineren immer mehr und genoss weiterhin den Anblick, der sich ihm bot. Dieser rekelte sich immer mehr unter ihm und schien keinen klaren Gedanken mehr fassen zu können. Noch nie hatte er Nino so frei gesehen. Der Druck seiner eigenen Erregung ließ ihn den nächsten Schritt machen. Laurin zog seine Finger zurück und griff neben dem Bett nach seiner Hose, aus deren Tasche er ein Kondom zog. Schnell hatte er sich von der eigenen Shorts befreit und das Kondom übergezogen. Der Liegende öffnete nur kurz die Augen und sah ihn fast flehend an. Er wollte mehr und war bereit. Zärtlich küsste Laurin seinen Freund und drängte sich zwischen seine Beine. Als er spürte, wie Laurin sich in ihn schob, zog Nino scharf die Luft ein. Nun tat es doch etwas weh. Ruckartig hielt er die Luft an und kniff die Augen zu. Doch Laurin war das nicht entgangen. Sofort stoppte er und begann ihn zu massieren, damit er sich entspannte, schließlich wollte er ihm nicht weh tun. Nach einigen Augenblicken entspannte sich Ninos Gesichtsausdruck wieder und er keuchte leise vor sich hin. Immer tiefer drang der Größere in ihn ein, bis er vollends in ihm versunken war. Stöhnend bog Nino den Rücken durch. Es war ein so berauschendes Gefühl! Mit immer stärkeren Bewegungen stieß er in ihn, während er seinem Freund ins Ohr stöhnte. Der Kleinere schlang unterdessen die Arme um seinen Hals, auch mit den Beinen klammerte er sich nun an ihn, um ihn noch tiefer zu spüren. Sein Kopf war wie leer gefegt, es gab nur noch diesen Moment, in dem sie sich befanden. Laurin spürte, wie er seinem Höhepunkt näher kam. Mit einer Hand umschloss er Ninos Erektion und pumpte diese, keine drei Sekunden später kam dieser laut aufstöhnend und ergoss sich zwischen ihnen. Durch die Anspannung zog sich alles um Laurins Glied zusammen, was auch ihm den Rest gab. Erleichternd seufzte er seinem Liebsten gegen die Lippen und schloss die Augen, um das Gefühl ganz auszukosten. Nino küsste ihn sanft und kraulte ihn leicht im Nacken. Seufzend ließ Laurin sich auf ihn sinken und schmiegte sich an ihn. Der Kleinere hingegen war nicht so ganz davon angetan. „Laurin... Ich würde... das gerne wegmachen.“, das glitschige Gefühl zwischen ihnen war ihm unangenehm. Der Größere erhob sich von ihm und stand auf: „Wollen wir duschen gehen?“ Ein breites Grinsen zierte seine Lippen. Etwas verlegen ergriff Nino seine Hand, die er ihm anbot: „Ja.“ Noch lange nachdem Laurin eingeschlafen war, lag Nino noch immer wach neben seinem Freund und ließ sich diesen besonderen Moment durch den Kopf gehen. Zum ersten Mal in seinem Leben war er ohne Ängste oder Befürchtungen an etwas heran gegangen. Es erfüllte ihn schon mit gewissem Stolz, das er nicht seinen Gedanken erliegen war, sondern sich einfach hatte fallen lassen. Und er bereute es nicht. Glücklich grinste der Kleine wieder. Er fühlte eine Stärke in sich wie noch nie, als wenn er es mit allen miesen Mitschülern auf einmal aufnehmen konnte. Er war glücklich und das konnte ihm niemand nehmen! Ein Klirren durchbrach die Stille. Ruckartig setzte sich Nino auf und lauschte in die Stille. Was war passiert? Es folgte ein Knirschen, als würde jemand auf Scherben treten. Abrupt wurde im speiübel. Da brach grade nicht wirklich jemand ein? Leise stand er auf und ging zu seiner Tür, die einen Spalt offen stand. Es war zwar dunkel, doch von den Straßenlaternen draußen schien dumpfes Licht hinein. Es war nichts zu erkennen. Unsicher öffnete er die Tür weiter und lugte mit dem Kopf um die Ecke, um in Richtung des Wohnzimmers zu schauen. Als ihm ein Lichtstrahl einer Taschenlampe entgegen schien, zog er sofort den Kopf zurück, schlug die Tür zu und drehte den Schlüssel um. Durch den Knall wurde Laurin geweckt, der sofort senkrecht im Bett saß: „Was ist los?“ „Da ist jemand!“, gab Nino zitternd von sich und hielt noch immer die Türklinke fest umschlossen. Der Größere schwang die Beine aus dem Bett und stand auf. In diesem Moment schlug jemand mit so viel Kraft gegen die Tür, das diese ätzte. Schnell war Laurin auch an der Tür und legte die Hände dagegen. Wütend fing er an zu brüllen: „Verschwinden sie, wir haben die Polizei bereits gerufen!“ Doch statt einer Antwort folgten weitere Schläge gegen die Tür. Beiden Jungs lief es kalt den Rücken hinunter. Was ging hier vor? „Nino, ruf die Polizei!“, zischte der Größere und stemmte sich gegen die Tür. Es würde nicht mehr lange dauern, bis das Schloss aus dem Türrahmen brach. Nino knallte das Licht an und suchte verzweifelt sein Handy. Die Situation verwirrte ihn und so brauchte er einen Moment, bis er es auf seinem Schreibtisch entdeckte. Schnell tippte er die drei Ziffern und drückte auf den grünen Hörer. Splitterndes Holz war zu hören, als am anderen Ende die Polizeistelle abnahm. Noch ehe jemand dort was sagte, brüllte Nino ins Handy. Der Mann am anderen Ende fragte direkt nach der Adresse, der Lärm durch den Eindringling war nicht zu überhören. „Scheiße!“, schrie Laurin und drückte sich mit aller Kraft gegen die Tür. Gleich war es vorbei, nur noch ein Schlag und die Tür war offen. Plötzlich erklang eine Sirene. Eilige Schritte waren auf dem Flur zu hören, während die Sirene immer lauter wurde. Wie betäubt starrten sich die beiden an. Die Sirene verstummte und durch Ninos Fenster fiel das Blaulicht eines Streifenwagens. Stumm blieben sie stehen und lauschten. Wieder vernahmen sie Schritte. „Polizei, ist hier jemand?“ Laurin schloss die Tür auf und öffnete diese. Vor ihm stand ein Polizist mit einer Taschenlampe und gezückter Waffe. Als er die beiden erblickte, steckte er seine Waffe zurück in den Halfter und schaltete sein Licht aus: „Habt ihr angerufen?“ Wortlos nickte Nino und ließ sein Handy aus seiner Hand aufs Bett fallen. „Geht es euch gut?“ „Ja.“, antwortete Laurin und fuhr sich kurz durchs Haar, um die Aufregung irgendwie abzuschütteln. „Ist er weg?“, fragte der Kleinere tonlos. Der Mann nickte: „Ein Glück, das mein Kollege und ich gerade eine Straße weiter waren. Die Tür hat er ja übel zugerichtet.“ Nino betrachtete ebenfalls seine Zimmertür. Sie hatte viele faustgroße Einschläge, an denen sogar Blut haftete. Das Türschloss im Rahmen hing nur noch am seidenen Faden. „Wo sind eure Eltern?“, fragte der Polizist und ergriff sein Funkgerät. „Meine Mutter ist grade auf einer Messe in Leipzig, sie kommt morgen wieder.“, sagte der Kleinere leise. Bei den Gedanken an seine Mutter musste er schlucken. Sie wäre vollkommen aufgelöst, wenn sie hiervon erfuhr. Der Blick des Mannes ging zu Laurin. „Ich bin zu Besuch, ich wohne ein paar Straßen weiter.“ Nickend ging der Mann ins Wohnzimmer und sprach mit der Leitstelle. „Oh Gott, meine Mutter bekommt einen Anfall...“, Nino vergrub die Hände in seine Haare und setzte sich auf die Bettkante. Laurin griff sich seine Hose und stieg in diese. Nach der Aufregung kam nun die Kälte in ihm auf. Er griff nach Ninos Kleidung vom Vortag und reichte ihm Hose und Sweatjacke: „Dir muss doch auch kalt sein, zieh dich an.“ Bleich schaute er zu seinem Freund hoch. „Mach dir darüber jetzt keine Gedanken. Wir haben es überstanden, das zählt.“ Der Kleinere nickte und stieg in seine Klamotten. Der Polizist kam zurück und blieb vor der Tür stehen: „Wir nehmen euch mit aufs Revier, wo euch ein Arzt durchcheckt. Die Wohnung werden wir vorerst versiegeln und deine Mutter müssen wir natürlich auch benachrichtigen. Ist es möglich, das ihr heute Nacht woanders unterkommt? Ansonsten müssten wir die Jugendfürsorge kontaktieren.“ „Wir gehen zu mir!“, sagte Laurin rasch. Wieder nickte der Mann. „Was wollte der Einbrecher?“, fragte der Kleinere nun. „Keine Ahnung, Junge. Anscheinend hat er nichts gestohlen.“ Laurin schluckte. Wer auch immer es war, hatte ihnen anscheinend gezielt Angst machen wollen. Kapitel 20: eine seltsame Sportstunde ------------------------------------- Die restliche Nacht hatten die beiden recht unruhig bei Laurin verbracht. Seine Mutter war aus allen Wolken gefallen, als zwei Polizisten mit den beiden vor ihrer Tür standen, um drei Uhr morgens. Nach einem kurzen Gespräch durften die Jungs endlich ins Bett. Auf dem Revier hatte man erfolglos versucht, Ninos Mutter zu erreichen. Wie er sie kannte, hatte sie ihr Handy auf stumm gestellt und konnte es deswegen schlichtweg nicht hören. Nino fragte sich immer wieder, wer der Typ war und was er in ihrer Wohnung wollte. Sie hatten nichts vom großen Wert, was sie lohnte, gestohlen zu werden. Ja nicht einmal das Wohnhaus versprach große Beute! Ihre Wohnung lag im Erdgeschoss eines Sechs-Parteien-Hauses in einer eher sozial armen Siedlung. Wer brach denn da ein? Allerdings war die einfach verglaste Terassentür eine wahre Einladung für solche Menschen und Nino war sich sicher, das der Einbrecher genau diese eingeschlagen hatte. Am nächsten Morgen saßen die beiden mit müden Augen am Frühstückstisch, den Laurins Mutter mit allem Leckeren hergerichtet hatte, was ihr Kühlschrank bot. „Ich hab vorhin mit der Polizei nochmal telefoniert. Deine Mutter wird in einer Stunde wieder da sein, sie ist bereits auf dem Rückweg.“, erzählte Laurins Mutter und stellte beiden einen heißen Kakao vor die Nase. Dankend nickte der Kleinere und schaute in das süße Getränk. Die Frau seufzte und ließ sich ebenfalls am Tisch nieder. Auch ihr saß der Schrecken in den Knochen. Auch wenn ihr Sohn für sein Alter gut gewachsen und sehr fit war, gegen einen erwachsenen Mann hätte er nichts ausrichten können. „Was für ein krankes Schwein...“, nuschelte sie und nahm sich ein Brötchen, „Ich hoffe sie schnappen ihn und sperren ihn irgendwo ein, wo keine Sonne hin scheint!“ Ihr Sohn und sein Freund stimmten ihr nickend zu. Sie hatten keine Lust zu reden. „Nino!“, mit Tränen in den Augen fiel seine Mutter ihm um den Hals und drückte ihn fest an sich, „Gott sei Dank geht es dir gut!“ „Hallo Ma...“, entgegnete Nino und erwiderte kurz die Umarmung. Seine Mutter war ohne Umwege direkt zu Laurin gefahren, um ihn abzuholen. Ihr Blick fiel auf Laurin: „Geht es dir auch gut?“ Der nickte nur mit einem leichten Lächeln. Nachdem sie sich bei Laurins Mutter bedankt hatte, fuhr sie zusammen mit Nino nach hause, wo bereits zwei Polizisten auf sie warteten. Als sie die Wohnung betraten, kamen seiner Mutter die Tränen. Der Flur sah ziemlich verwüstet aus und Ninos Zimmertür zeigte stumm das Zeugnis von dem, was die Jungs erlebt hatten. Sie gingen weiter ins Wohnzimmer. Die Terassentür war geschlossen, doch die Scheibe komplett zerbrochen und lag in Scherben auf dem Teppich verteilt. „Wir haben soweit alles aufgenommen und Fotos gemacht, sie können sich frei bewegen.“, fing der eine Polizist an und ließ ebenfalls seinen Blick schweifen, „Haben sie eine Vermutung, wer das gewesen sein könnte?“ Mit weit aufgerissenen Augen starrte die Frau noch immer die Scherben an und schüttelte den Kopf: „Nein. Wurde denn nichts gestohlen?“ Sie sah sich weiter um. Sie konnte kein fehlendes Stück entdecken. „Es ist alles noch da, ich hab schon nachgeschaut.“, antwortete Nino und fuhr sich kurz durchs Haar. Er verstand es ebenfalls nicht. „Sind sie versichert?“ „Ja. Ich werde es gleich melden und danach mit dem Vermieter über die Reparatur reden...“, seufzend zog sie ihr Handy raus, „Gibt es keine Spur von dem Einbrecher?“ „Leider nein. Wir werden vermehrt Streife in dieser Siedlung fahren, vielleicht ergibt sich dann noch etwas. Er hat keine Spuren hinterlassen, wir können nicht einmal sagen, mit was er die Scheibe eingeschlagen hat.“, erklärte der Mann und reichte ihr nun die Hand, „Wenn irgendetwas sein sollte, dann rufen sie uns direkt an.“ „Machen wir, vielen Dank.“, sie begleitete die Herren noch zur Tür und kam dann zurück zu Nino, der sich in die Küche gesetzt hatte. Die war wenigstens unversehrt geblieben. Seufzend setzte sich seine Mutter dazu: „Da fühlt man sich im eigenen Zuhause nicht mehr sicher. Wie genau ist das denn passiert?“ „Ich konnte nicht schlafen und lag wach.“, begann ihr Sohn und starrte auf seine Hände. Die Nacht hatte so schön begonnen mit seinem ersten Mal und endete so schrecklich mit einem Irren, der seine Zimmertür einschlagen wollte. „Irgendwann hab ich ein Klirren gehört, das muss die Tür gewesen sein. Als ich dann gehört hab, wie sich da jemand auf den Scherben bewegt hat, bin ich aufgestanden und hab in den Flur geschaut. Der muss eine Taschenlampe dabei gehabt haben, als ich das Licht davon gesehen habe, hab ich sofort die Tür abgeschlossen und dann hat er schon wie bescheuert auf die Tür eingeschlagen.“ Seine Mutter legte das Gesicht in ihre Hände ab und schüttelte kurz den Kopf: „Oh Gott...“ Sie war schockiert von dem Ausmaß. „Die Polizei war zum Glück schnell da.“, Nino schaute auf den Flur zu seiner Zimmertür. Ob er in dieser Wohnung wieder ruhig schlafen konnte? „Ich telefonier jetzt erst mal mit ein paar Leuten...“, seine Mutter zog aus einem Schrank einen Aktenordner und legte ihn geöffnet auf den Tisch. „Soll ich die Scherben wegmachen?“ „Nein, nein, lass nur. Wenn da heute Handwerker kommen, lohnt es sich eh nicht, vorher sauber zu machen. Geh doch in dein Zimmer und versuch etwas abzuschalten.“ Leichter gesagt, als getan, dachte sich der Junge, folgte aber ihrem Vorschlag und warf sich auf sein Bett. „Bei euch wurde echt eingebrochen?“, entgeistert starrte Anne ihn an. Es war mal wieder Montag und sie saßen bereits an ihren Tischen. „Der hat wie von Sinnen auf die Tür eingeschlagen.“, Nino holte grade seine Bücher raus und legte sie auf den Tisch. „Und das um drei Uhr morgens.“, fügte Laurin hinzu. Kathrina spitzte kurz die Ohren. Also hatte Laurin wohl bei Nino übernachtet. „Ich glaube wenn Laurin sich nicht gegen die Tür gestemmt hätte, wäre er noch schneller drin gewesen.“ „Glück im Unglück!“, Anne schüttelte kurz den Kopf, „Hoffentlich kriegen sie das Schwein!“ „Oh, was hören wir da? Laura hat bei Nina geschlafen?“, mal wieder sprang einer ihrer idiotischen Klassenkameraden auf ihr Gespräch an, „War es eine romantische Nacht mit Kerzenschein? Vielleicht wollte der Mann nur sicher gehen, das ihr nichts Ekeliges anstellt!“ Laurin hielt sich die Stirn: „Ich glaube ich kotze gleich bei deinen ekeligen Bemerkungen.“ Für Nino war es etwas schwieriger, die Fassung zu wahren, er konnte eine leichte Röte nicht unterdrücken. Doch er sah eisern weiter auf seine Schulsachen vor sich auf dem Tisch. „Halt die Fresse, du Arschloch!“, es war Kathrina, die sich wütend umgedreht hatte und die Meute gackernder Jungs anbrüllte, „Ihr hättet euch doch alle in die Hosen geschissen, wenn jemand eure Zimmertür eingeschlagen hätte! Beschimpft die beiden als Mädchen, aber in Wahrheit seid ihr die Weicheier!“ Für einige Sekunden herrschte Stille. Die Jungs mussten sich wohl erst einmal wieder fangen. „Komm rüber, du eiserne Jungfrau, dann zeig ich dir, wer hier ein Mann ist!“, pöbelte einer zurück, offenbar gekränkt in seinem Stolz. „Tse! Euch Typen würde kein Mädchen mit der Kneifzange anfassen, vorausgesetzt sie hat Gehirn!“, Kathrina verschränkte die Arme und warf ihnen einen belustigten Blick zu, „Nur dumme Gänse lassen sich auf solche Idioten ein!“ Ein Raunen ging durch die Klasse. Einige Mädchen kicherten und schienen somit ihre Aussage zu bestätigen. Einer sprang zornig auf und wollte grade über seine Tischreihe springen, als die Lehrerin das Klassenzimmer betrat. Für den Moment war der Zoff gegessen. Zufrieden setzte sich Kathrina wieder hin. Laurin und Nino mussten grinsen. „Vielen Dank für die liebenswerten Worte an die Idioten.“, lobte Laurin sie und schlug sein Mathebuch auf. „Immer wieder gerne.“, gab sie grinsend zurück. Die Schulstunde zog sich mal wieder dahin wie Kaugummi. Während Nino es genoss und in dem Unterricht Ruhe fand, saß Laurin noch immer gedanklich in Ninos Zimmer fest. Sie hatten miteinander geschlafen. Es war ihr erstes Mal gewesen. Und dann passierte so eine Scheiße. Leise seufzend stützte er den Kopf auf und starrte zur Tafel. Gott wie nervig war Mathe. Als es endlich klingelte, packte Laurin seine Sachen fix ein. Er hatte zum einen Hunger und wollte sich etwas am Schulkiosk kaufen, zum anderen glaubte er gleich einzuschlafen, wenn er sich nicht umgehend bewegen würde. Als er aufstand, hatte Nino grade mal seine Stifte eingepackt. Fragend sah er zu seinem Freund auf. „Ich hab tierischen Hunger, wir treffen uns gleich vor der Sporthalle, okay?“, er schenkte ihm ein Grinsen und schob seinen Stuhl an den Tisch. Der Kleinere nickte: „Bringst du mir eine Brezel mit?“ „Ja klar. Wollt ihr noch etwas?“, fragte Laurin Anne und Kathrina. „Ich hätte auch gerne eine Brezel.“, Kathrina drückte ihm ein paar Münzen in die Hand, „Danke!“ Anne hingegen schüttelte den Kopf: „Ich hab.“ „Dann bis gleich!“, und da verließ er auch schon eilig das Klassenzimmer, in der Hoffnung, nicht allzu lange anstehen zu müssen. „Putzig, habt ihr jetzt einen eigenen Butler?“, scherzte Marcel und schulterte seinen Rucksack. Die beiden Mädchen seufzten nur genervt und schenkten ihn keine Beachtung. Auch Nino überhörte ihn gekonnt. Das gefiel dem jedoch nicht so ganz. „Oh, hat es euch die Sprache verschlagen?“ Noch immer ignorierten sie ihn. Alle drei nahmen ihre Taschen und wollten den Raum verlassen, als er sich ihnen in den Weg stellte. „Ich rede mit euch Nullnummern!“, sein Ton war aggressiv, „Oder seid ihr taub?“ Er hatte sich im Türrahmen breit gemacht und einen Arm versperrend an das Holz gelegt. Kathrina hob gereizt eine Augenbraue. Überraschenderweise war es jedoch jemand anderes, der den Unruhestifter stoppte. Lukas packte dessen Hand und zog sie hinunter, anschließend drückte er Marcel nach draußen. „Lass mich durch.“ Verblüfft sah Nino ihm hinterher. Lukas hatte ohne einen weiteren Kommentar den Raum verlassen und war auf dem Flur um die nächste Ecke verschwunden. „Was hat der denn?“, flüsterte Anne, „Der mischt doch sonst immer an vorderster Front mit.“ Die drei Freunde verließen ebenfalls das Klassenzimmer und machten sich auf den Weg zur Sporthalle. Währenddessen überlegte Nino, ob Jonas sich wegen der Sache im Krankenhaus so verhielt. Was hatte Kim nur mit ihm angestellt? „Das ist doch irgendwie komisch.“, auch Kathrina wunderte sich noch immer. Grübelnd setzte sie sich an der Wand vor der Halle nieder und stellte die Beine auf. Anne ließ sich im Schneidersitz neben sie fallen: „Ist wirklich seltsam.“ Der Junge kratzte sich leicht verlegen an den Kopf. Er hatte eine Vermutung. Doch wenn wirklich etwas intimeres zwischen Kim und Lukas im Krankenhaus passiert war, wieso sollte es Lukas jetzt noch beeinflussen? Es sei denn... Bei dem Gedanken wurde Nino rot. Konnte das sein? Gerade in dem Moment kam Lukas an und setzte sich einige Meter entfernt von ihnen ebenfalls an die Wand. Fragend schaute der Kleinere zu ihm rüber. Sein Klassenkamerad hatte den Kopf zurück gegen die Wand gelehnt und die Augen geschlossen. Sein Gesicht war völlig emotionslos und ließ keinerlei Aufschluss zu seiner Laune zu. „Hier, deine Brezel!“ Vor Ninos Augen tauchte eine weiße Papiertüte auf. „Oh!“, überrascht nahm er sie an und drehte sich zu Laurin, der auch Kathrina ihre Brezel gab, „Danke dir.“ Am liebsten hätte er ihm zum Dank einen Kuss aufgedrückt. Als sein Freund seinen Blick erwiderte, erkannte er, das auch dieser das gerne getan hätte. Es würde schwierig für sie werden, sich in der Schule nicht zu nahe zu kommen, um den Schein einer normalen Freundschaft zu wahren. In der Sportstunde erwartete sie zu ihrem Entsetzen Zirkeltraining. Wenn Schüler eines im Sport hassten, dann war es wohl genau das. Die gesamte Sporthalle war bereits mit Stationen aufgebaut, wahrscheinlich von der Klasse davor. Die Klasse stand grummelnd im Halbkreis vor ihrem Lehrer, der einen Stapel Zettel und Stifte in der Hand hielt und sie begrüßte: „Guten Morgen. Wie sie sehen, machen wir heute Zirkeltraining. Bildet bitte immer Dreier-Teams. Und bitte reine Mädchen- und Jungengruppen, es gibt unterschiedliche Anforderungen.“ Anne und Kathrina warfen den beiden Jungs einen mitleidigen Blick zu, als sie sich zu den Mädchen gesellten. „Na toll...“, grummelte Laurin genervt und schaute zur anderen Seite, wo sich sehr schnell Grüppchen gebildet hatten. Erstaunt blickte der Größere Lukas an, der sich zu Nino und ihm stellte, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Fragend wendete sich Laurin an seinen Freund. Der zuckte nur mit den Schultern. Das wurde immer seltsamer. Der Lehrer verteilte die Zettel und drückte auch Lukas einen Stationszettel mit Stift in die Hand: „Ihr fangt bei Station acht an. Es gibt keine Pausen. Sollte eure nächste Station noch nicht frei sein, lauft ihr solange am Rand der Halle um alle Stationen.“ Nino seufzte tief. Er hatte überhaupt keine Lust dazu. Mehr oder weniger motiviert gingen die drei zur achten Station. Auf dem Boden lag ein einlaminierter Zettel mit eine Anweisung. Laurin nahm ihn hoch und las sich den kurzen Text durch. „Liegestütze. Jungs jeweils zwanzig mal hintereinander, mit einer halben Minute Pause, fünf Minuten lang.“ Der Kleinere ließ den Kopf hängen: „Ich hasse es.“ Lukas hingegen schaute zur großen Uhr an der Wand und begab sich hinunter auf Hände und Füße, um zu beginnen. Laurin ließ den Zettel zurück auf den Boden fallen: „Komm, hilft alles nichts.“ Auch er sank zu Boden und nahm die passende Position ein. Nur äußerst widerwillig machte auch Nino sich bereit, hatte jedoch schon zu Beginn Probleme, sich überhaupt so in der Luft zu halten. Lukas begann zu zählen. „Eins.“ Prustend landete Nino auf der Nase. Bei dem Anblick konnte Laurin nicht anders, als zu grinsen. „Also etwas länger darfst du schon mitmachen.“ Ächzend begab sich der Kleinere wieder auf die Hände: „Ha ha...“ „Zwei.“ Für Lukas war es kein Problem, er konnte sich lange so halten, er war sehr sportlich. Laurin war nicht ganz so gut wie er, doch auch für ihn stellte die Übung kein Problem da. Nur der Kleinste der dreien quälte sich sehr. Seine Oberarme brannten und er hing ziemlich durch. „Drei.“ Wieder sackte Nino zu Boden und blieb keuchend liegen. Lukas zog eine Augenbraue hoch: „Das ist alles, was du kannst?“ Grummelnd warf Nino dem anderen einen bösen Blick zu: „Das könnte ich dich in Englisch fragen.“ Laurin wartete erst einmal ab, er wollte sich nicht zu früh einmischen. Wenn Nino langsam selber Fuß fasste, um sich zu verteidigen, wollte er sich lieber zurückhalten. „Deine Hände sind auch viel zu weit auseinander. Sie dürfen nicht weiter als deine Schultern sein.“, wies Lukas ihn auf seinen Fehler hin und wartete darauf, das der Kleinere seine Haltung wieder einnahm. Nino blinzelte kurz. Wieso half er ihm? Da seine Aussage jedoch Sinn machte, widersprach er ihm nicht und folgte seiner Anweisung. „Ja genau. Und weiter.“, wieder ließen sich die drei nieder und drückten sich hoch, „Vier.“ Dieses Mal ging es erstaunlicherweise besser, schwer war es aber noch immer. Als sie bei zehn ankamen, war für Nino endgültig Schluss. Keuchend blieb er auf dem Boden liegen und sah den anderen beiden zu, wie sie die restlichen zehn Liegestützen machten. Er konnte nicht umher, als seinem Freund einen leicht anschmachtenen Blick zuzuwerfen. Laurin bemerkte es nicht, aber Lukas entging es nicht. Nachdem sie ihre fünf Minuten an der Station abgeleistet hatten, gingen sie weiter zur nächsten. Dieses Mal warteten diverse Dehnübungen auf sie. Dabei stellte sich Nino wesentlich besser an, wie sich herausstellte, war er bei weitem gelenkiger als Lukas. Spöttisch grinste der Kleinere ihn an, als sich alle Drei hinunter zu den Füßen strecken mussten. Der Kleinste konnte locker die Hände an die Füße legen. Lukas erreichte sie nur mit den Fingerspitzen. „Man muss halt nicht nur muskulös sein.“ Laurin grinste. Aus irgendeinem Grund war Lukas anders drauf als sonst. Er fing weder Streit ein, noch ließ er sich durch Ninos Kommentar reizen. Aber es war angenehm, eine Sportstunde mal ohne jeglichen Ärger zu verbringen. Die Doppelstunde Sport verging relativ zügig und schon bald machten sich alle auf den Weg in die Umkleide. „Wie war es mit den Mädchen in einer Gruppe, Lukas?“, fragte einer gehässig und ließ sich neben seiner Tasche nieder. Der Angesprochene ignorierte ihn und griff nach seinem Handy. Etwas verwirrt schaute der Pöbler zu den anderen. Marcel zuckte mit den Schultern: „Vielleicht hat er ja seine Tage.“ Laurin zog sich um, ließ dabei aber seinen Blick über die Gruppe streifen. Er spürte es. Irgendwas veränderte sich in der Struktur. Lukas schien sich abzukapseln von den anderen, die wussten wiederum nicht, wie sie damit umgehen sollten und schienen das ganze erst mal von weitem zu beobachten. Lukas tippte etwas in sein Handy und legte es dann zurück in seine Tasche. Ein kleines Grinsen lag in seinen Mundwinkeln. Kapitel 21: eine Nachricht -------------------------- Nach der Schule trafen sich Nino und Laurin mit Anne und Kathrina. Da noch immer die Handwerker bei Nino zuhause am reparieren waren, hatte er eh nicht sonderlich Lust, zuhause zu sein. Die letzten warmen Sommertage boten sich außerdem an, ein letztes Mal Eis essen zu gehen. „Sagt mal, wie war Sport eigentlich mit Lukas?“, Anne schleckte grade Eis vom Löffel, um dann mit diesem nach einem Stück Mango zu fischen. Nino legte leicht den Kopf schief, während er an einer Waffel kaute. „Irgendwie war er ziemlich entspannt.“, antwortete Laurin schließlich und aß weiter an seinem Schokoladenbecher, „Er hat Nino sogar geholfen.“ Den Mädchen entgleisten die Gesichtszüge. „Da stimmt doch was nicht!“, schoss es Kathrina raus, „Die hecken bestimmt was aus.“ Der größere Junge schüttelte den Kopf: „Ich denke nicht. In der Umkleide hat er nicht ein Wort mit den anderen geredet, obwohl sie ihn angesprochen haben. Die wussten auch nicht, was los ist.“ „Hm...“, Anne schaute in ihren bunten Becher, der halb mit Sahne bedeckt war. „Ich versteh es auch nicht. Er hat es sonst immer genossen, auf Nino rumzuhacken.“, das andere Mädchen warf dem Kleinsten einen Blick zu, „Und das immerhin schon seit der sechsten Klasse.“ „Neben Marcel ist er doch das Hauptarschloch gewesen.“, Anne nahm einen weiteren Happen Sahne und Eis, „Habt ihr ihm was ins Pausenbrot geschmuggelt?“ Belustigt schaute sie zu den anderen beiden. Nino schüttelte sofort den Kopf: „Sowas mach ich nicht. Und selbst wenn, was sollte das denn gewesen sein?“ „Wir sollten jedenfalls aufpassen. Nicht das er doch noch irgendwas macht.“, Laurin traute Lukas nicht über den Weg. Am Abend verabschiedete sich Nino von seinen Freunden und machte sich auf den Weg nach hause. Nach ihrem Umzug wohnte er in eine völlig andere Richtung als die anderen drei. Dabei hatte er sich anfangs so gefreut, weil Laurin und er so nah beieinander wohnten. Seufzend bog er in die letzte Straße ein. Kurz vor dem Wohnblock ließ ihn ein lautstarkes Gespräch allerdings stoppen. Vorsichtig lugte er um die große Hecke, die den Vorgarten umschloss. Da stand seine Mutter und brüllte, vor ihr sein Stiefvater. „Verschwinde endlich! Ich will dich nie mehr sehen!“ „Du bist doch von Sinnen, beruhige dich.“, er hielt ihr eine Hand hin, doch sie schlug sie weg. „Wenn du nicht sofort gehst, ruf ich die Polizei!“ „Das wirst du nicht!“, schrie er sie erbost an. Nino gefror das Blut in den Adern. Sein Stiefvater war in den letzten Jahren immer jähzorniger geworden, aber das hier war etwas vollkommen anderes. Die Spannung war mehr als gefährlich. Auch seiner Mutter entging die Gefahr nicht. Nino sah, wie sie zu ihrer Hosentasche griff und ihr Handy hervorholte. Doch ehe sie dieses überhaupt entsperrt hatte, schlug er ihr es aus der Hand. Lautlos fiel das schmale Gerät ins Gras. Angst schwappte in Nino hoch. „Du wirst wieder bei mir einziehen!“, herrschte er sie an und zeigte drohend mit einem Finger auf sie. Nervös nahm nun Nino sein Handy in die Hand und wählte den Notruf. Im gleichen Moment trat er hinter der Hecke vor und stellte sich sichtbar für die beiden hin. Seine Mutter blickte ihn ängstlich an, was seinen Stiefvater dazu veranlasste, sich umzudrehen. Als er ihn sah, nahm am anderen Ende schon jemand ab und Nino begann zu sprechen: „Birkenstraße fünf, meine Mutter wird von ihrem Ex-Mann bedroht.“ Die Augen seines Stiefvaters würden zu Schlitzen. Rot vor Wut blickte er auf den Kleineren nieder und drängte sich schließlich an ihm vorbei. Nicht aber, ohne sich vorher nochmals umzudrehen und zu seiner Mutter zu schauen: „Ich hole dich später.“ Seine Mutter ließ sich zitternd auf den Boden nieder und verbarg ihr Gesicht in den Händen. Einige Minuten später traf eine Streife ein. „Deine arme Mutter...“, Laurin seufzte tief. Nino hatte ihn etwas später angerufen, um ihm von dem Ereignis zu berichten. „Die Polizistin konnte sie wenigstens beruhigen. Allerdings konnten die jetzt auch nicht viel machen. Sie sagten, wenn er nochmal hier auftaucht, sollen wir ihm nicht aufmachen und direkt wieder anrufen.“, erzählte Nino weiter und drehte sich auf die Seite. Er lag auf seinem Bett und schaute nun zu seiner neuen Zimmertür. „Nino... Was wäre, wenn er der Einbrecher war?“ Der Gedanke schien gar nicht so abwegig zu sein, fand der Kleinere. „Vielleicht ja.“ „Oh man, wenn er das wirklich war, dann dreht der total durch.“, jetzt machte er sich Sorgen um seinen Freund, „Ist die Terassentür wieder heile?“ „Ja, bruchsicheres Glas und dreifach abschließbar. Mama wollte es so sicher wie möglich haben.“ „Versteh ich.“ Im Hintergrund hörte man Laurins Mutter nach ihm rufen. „Ich muss auflegen. Wir sehen uns morgen, ja?“ „Hmhm.“, machte Nino und seufzte leise. Am liebsten hätte er Laurin jetzt bei sich gehabt und sich angekuschelt. „Sei nicht traurig, Süßer. Schlaf gut.“, verabschiedete sich der Größere sanft. „Ja, gute Nacht.“, Nino legte auf und setzte sich auf. Noch immer schaute er die neue Tür an. Konnte es wirklich sein Stiefvater gewesen sein, der die alte Tür fast zerschlagen hatte? „Musste das sein?“, grummelnd legte Laurin seinen Kopf auf den Tisch ab und seufzte schwer. Sie hatten grade einen überraschenden Test in Geschichte geschrieben, mit dem nicht zu rechnen war. Demnach war eigentlich keiner darauf vorbereitet. Nur für Nino war es mal wieder eine seiner leichtesten Übungen gewesen. „Wieso bist du so unfassbar klug?“, murmelte der Größere und schaute zu seinem Freund. Der saß gelassen da und notierte sich ein paar Dinge in seinem Kalender: „Würdest du dir vor jeder Stunde alles anschauen vom letzten Mal, hättest du damit auch kein Problem.“ Murrend schaute Laurin sich um. Dazu hatte er wirklich keine Lust. Er ließ seinen Blick durch die Klasse schweifen. Es war Pause und einige waren zum Kiosk oder sonst wo. Ein paar Mädchen gackerten in einer Ecke vor sich hin, während weiter hinten im Raum eine Gruppe um Marcel cool vor sich hin laberte. Das Summen eines Handys durchbrach jedoch das alltägliche Tun der Schüler. Wer war denn bitte so blöd und hatte sein Handy nicht auf komplett stumm gestellt? Alle sahen sich um. Es vibrierte noch einmal. Eines der Mädchen ging zu Lukas seinem Platz und entdeckte in seiner Federmappe sein Handy, welches leuchtete. Marcel kam dazu und schnappte es sich: „Idiot. Hat der ein Glück, dass das nicht im Unterricht passiert ist.“ Lukas war grade nicht im Raum und so gönnte sich Marcel einen Blick auf die Nachricht, die dieser erhalten hatte. Laurin sah ihm zu und schüttelte innerlich den Kopf. Wie niveaulos konnte man sein, einfach die Nachrichten anderer Leute zu lesen? „Hola... Hört mal her. 'Hab heute bis zwei Schicht. Sehen wir uns später? Kim'. Mit Herzchen und Zwinkersmiley.“ Nino, der grade einen Schluck getrunken hatte, verschluckte sich und hustete. Hatte er da grade richtig gehört? Fassungslos starrte er zur Tür, in der genau in diesem Moment Lukas stand. „Hey Lukas, wusste gar nicht das du eine aufgerissen hast!“, rief Marcel rüber und hielt sein Handy leicht hoch, „Scheint ja was Heißes zu sein.“ Während die anderen Jungs sich darüber amüsierten, hatten die Mädchen sich wieder ihren Gesprächen zugewendet. Laurin schaute etwas verwirrt drein, denn er bemerkte die Blicke, die Nino und Lukas austauschten. Der Kleinere war total baff. Im Gegensatz zu allen anderen wusste er, das Kim kein Mädchen war. Und Lukas war klar, das er vor Nino nun vollkommen schutzlos da stand. Noch immer sagte keiner der beiden etwas. „Nino...“, Laurin flüsterte leise zu ihm, ließ aber seinen Blick nicht von Lukas weichen, „Was ist los?“ Der Angesprochene blinzelte kurz und antwortete leise, aber so, das auch Lukas es hören konnte: „Diese Kim kennst du nicht.“ Der Junge in der Tür schloss kurz die Augen und atmete durch. War es Dankbarkeit? Wortlos ging er an den beiden vorbei zu seinem Platz, um Marcel das Handy aus der Hand zu reißen. Wütend starrte er diesen an: „Wenn du dich noch einmal an meinem Handy vergreifst, brech ich dir beide Arme.“ Aus der Bahn geworfen starrte Marcel ihn an. „Was geht denn mit dir ab? Chill mal.“, doch der andere machte sich schnell vom Acker. Laurin hatte das ganze beobachtet. Irgendwas stimmte hier nicht. Und was sollte diese Bemerkung von Nino grade eben? „Nino?“, fragte er leise und schaute wieder zu seinem Freund. Der schüttelte nur den Kopf: „Nicht hier.“ Nicht hier. Den restlichen Schultag grübelte Laurin darüber nach, was das ganze zu bedeuten hatte. Als die letzte Stunde endlich vorbei war und es alle eilig hatten, nach hause zu kommen, ließ sich Laurin Zeit mit dem Einpacken seiner Sachen. Wie immer brauchte Nino nämlich lange, er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Überraschenderweise bummelte aber noch jemand. Lukas. Als nur noch die drei im Klassenzimmer waren, ging Lukas an ihnen vorbei und warf Nino einen Blick zu. Vor der Tür blieb er stehen und zog diese zu. Dann lehnte er sich in den Türrahmen. Nino schaute fragend zu ihm und wägte innerlich ab. Konnte er es wagen, ihn zu fragen? „Also wenn nicht gleich einer von euch anfängt zu reden, sterb ich vor Unwissenheit.“, warf Laurin ein. Lukas schaute ihn an. „Ich weiß, das ihr ein Paar seid.“ Laurin zog eine Augenbraue hoch. Was? „Wie kommst du darauf? Wir sind gute Freunde, nichts weiter.“, wies Laurin seine Aussage ab. Lukas rollte mit den Augen: „Ich bin doch nicht blind. Mal abgesehen davon das dich Miss Super-Unauffällig beim Sport geradezu angesabbert hat.“ Beschämt lief Nino knallrot an. Laurin schaute mit hochgezogener Augenbraue zu seinem Freund. „Euer Schauspiel ist nicht sonderlich gut.“ War Nino wirklich so unvorsichtig gewesen? Aber Laurin konnte es ihm nicht verübeln, es war einfach schwer. Er atmete einmal durch und blickte wieder zu Lukas: „Was macht dich so sicher, das es ein Schauspiel ist?“ „Er spielt das gleiche.“, Nino setzte sich auf seinen Tisch und ließ die Beine baumeln, „Mit Kim.“ In Laurins Kopf ratterte es: „Kim ist ein Junge?“ Lukas blieb überraschend ruhig. Laurin war auch davon ausgegangen, das Kim ein Mädchen war. Aber woher kannte Nino ihn? „Ich... ähm...“, Nino fuhr sich verlegen durchs Haar. Er wusste nicht, wie er ein Gespräch beginnen sollte. Lukas seufzte leicht genervt: „Ich hab keinen Bock auf eine große Telenovela-Szene, also machen wir es kurz. Ich erzähle nichts über euch und ihr nichts über Kim. Fertig.“ Ungläubig hob Laurin wieder eine Augenbraue: „Moment mal. Du glaubst doch nicht das ich mich mit so halben Antworten abspeisen lasse. Wer ist Kim? Und woher kennt Nino den?“ „Du kennst ihn auch...“, etwas beschämt kratzte sich Nino am Hinterkopf, „Das ist der Azubi aus dem Krankenhaus...“ Bei den Worten lief Laurin rot an und starrte zurück zu Lukas. Dieser Typ, der ihn einfach geküsst hatte, war mit Lukas zusammen? „Ehm... Wirklich der?“ Der Kleinere nickte: „Er hat nicht nur dir gegenüber eine ziemlich offene Art an den Tag gelegt. Allerdings hat er mir nicht gesagt, was er mit Lukas gemacht hat, nachdem er ihn aus meinem Zimmer geschliffen hat.“ Fragend schaute er zu dem Jungen, der noch immer in der Tür stand. Dieser blickte zurück, ohne irgendetwas von sich Preis zu geben: „Das geht dich auch nichts an.“ „Kannst du dir bei dem überhaupt sicher sein, das er dich nicht hintergeht?“, harkte Laurin neugierig nach. „Wir sind kein Paar.“ Jetzt fiel Nino aus allen Wolken. Ja, so etwas passte durchaus zu dem freizügigen Krankenpfleger. Aber Lukas? „Ich versteh es noch immer nicht.“ Laurin hingegen fing an zu lachen: „Du führst eine Fickbeziehung mit dem?“ Jetzt wurde der andere doch rot: „Es geht dich einen Scheiß an, was wir machen. Und glaubt ja nicht, das wir wegen dieser ganzen Sache Freunde sind. Haltet einfach eure Klappen und ich halte meine.“ Er drehte sich um und verließ den Klassenraum. Verblüfft blieben die anderen beiden zurück und schauten sich an. „Naja, immerhin einer weniger, der auf dir rumhackt.“, entgegnete Laurin und schloss seinen Rucksack, „Gehen wir?“ Sein Freund nickte. Doch bevor Nino die Tür weiter aufschob, griff Laurin an ihm vorbei und zog die Tür wieder zu. Schnell hatte er den Kleineren gegen die Tür gedrückt und küsste ihn stürmisch. Es fühlte sich so verboten gut an, ihn hier zu küssen, wo es keiner wissen durfte. Nino erwiderte den Kuss und zog leicht an seiner Unterlippe, ehe er sich von ihm löste: „Laurin, was wenn uns jemand sieht?“ Neckisch drückte der Größere ihm noch einen Kuss auf: „Wir sind alleine, die Tür ist zu, wir sind im zweiten Stock. Wer soll uns schon sehen?“ Er knabberte leicht an seinem Hals. „Außerdem hat es seinen Reiz.“ Der andere seufzte ergeben: „Du bist verrückt.“ Zufrieden grinste er auf seinen Freund runter: „Lass uns gehen.“ Kapitel 22: Lügen ----------------- In den nächsten Wochen änderte sich das gesamte Klassengefüge. Da Lukas sich von allen anderen abspaltete, wurde er zur neuen Zielscheibe und Nino war sprachlos bei dem, wie weit es Marcel und die anderen auf die Spitze trieben. Er war es ja gewohnt, das sie ihn verhöhnten, wo sie nur konnten. Doch für Lukas, der einfach nichts sagte und sich von ihren Kommentaren auch nicht aus der Fassung bringen ließ, fuhren sie ganz andere Geschütze auf. Sie drangsalierten ihn, warfen seine Sachen aus dem Fenster und zum Schluss wurden sie ihm gegenüber handgreiflich. Und dabei wussten sie gar nichts von ihm. Sie hatten einfach ein Problem damit, das er sich von ihnen getrennt hatte und nicht sagen wollte, was bei ihm so los war. Die restlichen Jungs wirkten wie eine Horde wild gewordener Affen, die nur darauf warteten, ihn in einem Moment anzutreffen, wo sie ihn verprügeln konnten. Selbst die Mädchen fanden das nicht mehr witzig und so gab es in der Klasse zwei Lager. Die wilde Meute Jungs und den Rest, der einfach nur noch Ruhe haben wollte. Und dazwischen saß Lukas, der alles kommentarlos hinnahm. Als er eines morgens mit einem blauen Auge aufkreuzte, platzte Laurin der Kragen. Es erst wenige da und es waren ausschließlich die Ruhigen. „Warum wehrst du dich nicht?!“, Laurin klatschte die Hände auf Lukas seinen Tisch und schaute ihn fragend an. „Lass mich in Ruhe. Ich hab schon mal gesagt, das es dich nichts angeht.“ „Was soll das? Glaubst du etwa, du hättest das verdient?“ Lukas sah an ihm vorbei: „Ich sagte, es geht dich nichts an.“ Grummelnd ließ Laurin von ihm ab: „Du Idiot. Irgendwann prügeln sie dich krankenhausreif.“ Kaum hatte er seinen Satz gesagt, drehte er sich um und musterte den anderen. Krankenhausreif? Krankenhaus? Kim? Er dachte nach. Sein Blick fiel auf Lukas seinen Unterarm, der sorgsam verbunden war. Konnte das sein? Wollte Lukas verletzt werden, um sich wiederum von Kim versorgen zu lassen? Laurin wusste, das er sowas nicht fragen konnte. Lukas war viel zu stolz, als das er auch nur ein Wort über Kim und seine Beziehung zu ihm verlieren würde. Nachdenklich setzte er sich zu Nino. Vielleicht war es an der Zeit, die andere Seite zu befragen. Am Nachmittag nutzte Laurin es direkt, das Nino mit seiner Mutter einen größeren Einkauf machte und fuhr auf gut Glück zum Krankenhaus. Vielleicht fand er ja den so offensiven Krankenpfleger. Zunächst wollte er auf der Unfallstation nachschauen, dort, wo Nino auch gelegen hatte. Doch keine Spur von dem großen Azubi. Grübelnd knabberte Laurin an seiner Unterlippe und folgte den Fluren einfach quer durchs Krankenhaus, von einer Station zur nächsten. Vielleicht hatte er grade auch gar keine Schicht? Resignierend verließ er das Krankenhaus wieder und zog seinen Zipper zu. Es war kühl geworden. „Oh, wen haben wir denn da?“, flüsterte ihm jemand ins Ohr. Laurin bekam eine Gänsehaut. Ruckartig drehte er sich um und ging gleich einen Schritt auf Abstand. Kim sah ihn spöttisch an: „Na, Angst?“ Ein Grinsen huschte über Laurins Lippen: „Nein, ich wahre nur die Etikette. Schließlich sind wir beide vergeben.“ Überrascht hielt der Größere inne und blinzelte kurz: „Hm... Das wird er dir wohl kaum so gesagt haben.“ „Nein.“ „Was machst du hier?“, Kim schaute ihn neugierig an und zog aus seiner Tasche eine Wasserflasche, „Jemanden besuchen?“ Der andere schüttelte den Kopf: „Ich wollte zu dir.“ Überrascht ließ der andere die Flasche sinken, aus der er gerade einen Schluck trinken wollte: „Zu mir? Wieso das?“ „Wegen Lukas. Weißt du, woher seine ganzen Verletzungen kommen?“ Kims Miene verfinsterte sich: „Ich wusste doch, das er mich anlügt.“ „Was hat er dir gesagt?“ Grummelnd setzte sich Kim auf die Parkbank hinter ihnen und stellte die Flasche zurück in seine Tasche: „Das sie allesamt vom Kickboxen kommen. Oh man ey... Wie kann man nur so stolz und dumm sein...“ Der Krankenpfleger fuhr sich durch sein Haar und schaute zu Boden: „Er hat so viele Hämatome am ganzen Körper und alle unterschiedlich alt. Sein linker Unterarm ist leicht gestaucht und er hatte eine Platzwunde am Schienbein.“ Bei dem Ausmaß staunte Laurin. Er hatte nicht geahnt, das Lukas so viel einzustecken hatte. „Heute kam er mit einem blauen Auge zur Schule.“, berichtete er Kim und setzte sich neben ihn. „Dieser Idiot. Warum verprügeln sie ihn? Ich kann mir nicht vorstellen, das sie von mir wissen.“ „Sie haben eine Nachricht von dir vorgelesen. An dem Tag fing es wohl an. Lukas war nicht da, aber sein Handy hat vibriert. Einer ging an das Handy und hat es dann vorgelesen. Aber alle sind davon ausgegangen, das du ein Mädchen bist.“ „Ja, bei Kim kann beides dahinter stecken...“ „Jedenfalls hat Lukas dem anderen gedroht ihm die Arme zu brechen, wenn er sich nochmal an seinem Handy bedient. Er hat sich von den anderen abgeschottet und das gefällt denen wohl nicht. Sie haben ihn quasi zum neuen Opfer benannt und hacken nur noch auf ihm rum. Werfen seine Sachen rum, auch aus dem Fenster und verprügeln ihn. Dabei sagt er aber nichts. Er wehrt sich nicht, meldet sie nicht, er macht gar nichts! Er will sich auch nicht helfen lassen.“ Ein Seufzen entwich Kim: „Er ist so ein Trottel. Immer nur auf hart machen, aber einen butterweichen Kern haben.“ „Er sagte, ihr seid kein Paar.“, entgegnete Laurin und lehnte sich zurück, „Wobei ich es so schon mehr als komisch finde, das er überhaupt etwas mit dir hat. Was mich im Übrigen auch ziemlich neugierig macht.“ Kim lachte kurz und lehnte sich ebenfalls zurück, um nach oben in den Baum zu schauen, der hinter ihnen in den Himmel ragte. „Anfangs waren wir das auch nicht.“, er legte eine kleine Pause an, „Er kam, um Nino Hausaufgaben zu bringen und hatte den Kleinen angepöbelt. Nino saß vollkommen bleich und eingeschüchtert im Bett, da hab ich Lukas hinaus befördert. Naja, nicht ganz hinaus.“ Er kratzte sich kurz am Hinterkopf und grinste wieder: „Ich wollte ihn eigentlich nur ärgern und hab ihn mit in ein Bad genommen, was sonst nie jemand nutzt.“ Laurin hob eine Augenbraue: „Du hast dich an ihm vergangen?“ „So würde ich es nicht unbedingt ausdrücken. Ich hab ihn nur ein wenig gestreichelt.“, kicherte der andere, „ Jedenfalls hab ich ihn wirklich nur kurz geärgert, bis er einen Ständer hatte. Ich hab ihn dann alleine gelassen und dachte, das er nach hause gehen würde. Ich bin zur Übergabe gegangen, hab danach meine Sachen geholt und bin zurück zu dem Bad, da ich mich da immer umziehe.“ „Und er war noch da?“, Laurin schaute neugierig zur Seite. Der andere nickte. „Lukas saß noch immer da und er hatte diesen Blick drauf...“, Kim wirkte schon leicht verträumt, während er sich erinnerte, „Du weißt schon, dieser notgeile Blick, gemischt mit der absoluten Hilflosigkeit, weil er total überfordert war mit der Situation.“ „Klingt nach einer abgefahrenen Mischung.“, die Vorstellung von einem willig guckenden Lukas behagte ihm irgendwie nicht. „Ich bin rein, hab abgeschlossen und da klebte der schon an mir. Ich würde es selbst nicht glauben, wenn ich es nicht erlebt hätte.“ „Ernsthaft? Er hat dich überfallen?“ Kim nickte: „Volles Programm. Naja, bis zu einem gewissen Grad.“ „Das heißt?“ „Du bist ganz schön neugierig, Laurin.“ Der Jüngere grinste ebenfalls: „Du erzählst doch eh gerne. Und ich kann schweigen.“ „Ist das der Beginn einer Freundschaft?“, gluckste Kim und piekste den anderen in die Seite. „Wenn du deine Finger bei dir lässt, gerne.“ „Okay.“, bestätigte der Größere lachend. Erwartungsvoll blickte Laurin ihn wieder an. Kim rollte grinsend mit den Augen und stützte seinen Kopf auf einen aufgestellten Arm ab: „Er hat mir die Zunge in den Hals geschoben und mir in die Hose gegriffen. Mich hat noch nie jemand so dominiert, das musste ich ihm lassen. Aber ich lasse mir das halt nur bis zu einem gewissen Grad gefallen.“ „Du hast ihn nicht wirklich in dem Bad genagelt?“ Ein zufriedener Laut entwich Kim: „Und wie. Ich musste ihm den Mund zuhalten. Er hatte wohl vorher schon Sex mit Mädchen gehabt, aber sein Hintern war Jungfrau.“ Laurin ließ den Satz auf sich wirken. Irgendwie grotesk. Lukas war einer dieser Sorte Jungs, die sich von niemandem etwas sagen ließen, er hatte ein für sein Alter durchaus breiten Rücken und wirkte alles andere als devot. Aber wenn man ihn Kim gegenüber stellte, ergab es eine interessante Mischung. „Ich hätte vielleicht doch nicht fragen sollen.“, bemerkte er und schaute auf seine Füße, weil er nicht wusste, was er nun mit dieser Information anfangen sollte. „Ach was. Ich denke nicht, das du so verklemmt bist, das du kein Gespräch über Sex führen kannst.“, Kim griff nun wieder nach seiner Wasserflasche und trank ein paar Züge, „Außerdem ist es doch schön, wenn man mit jemandem über sowas reden kann.“ „Wie ging es bei euch weiter?“ „Hm... Nachdem er recht erschöpft auf meinem Schoss saß und mit der Situation überfordert war, bin ich mit ihm duschen gegangen. Und er hat sich ausgekotzt. Was ihm alles zu viel war, das er das nicht verstand... Dieser ganze Trubel rund um die Erkenntnis, das ihm der Sex sehr gefallen hatte. Er kam irgendwie nicht damit klar. Ich hab mit ihm geredet und geredet... Meine Hände waren vom Wasser schon total verschrumpelt! Irgendwann hatte ich ihn so weit, das er mit zu mir ist. Da hab ich dann weitere geschlagene zwei Stunden mit ihm immer und immer wieder den selben Mist durchgekaut.“ „Mit welcher Erkenntnis endete es?“ Kim hob eine Augenbraue: „Es endete im Bett. Wir kamen bei dem Gespräch nicht weiter. Wir tauschten Nummern und trafen uns immer wieder. Aus seiner Sicht wohl einfach nur, um endlich dieses Gespräch zu beenden. Aber irgendwie landeten wir immer wieder im Bett. Oder in der Dusche, auf dem Boden... Ich hatte noch nie jemanden, der so kompliziert ist.“ Vor Laurin tat sich eine ganz neue Welt auf. Lukas wirkte immer mehr wie ein extrem anstrengender, sehr fordernder Partner. „Irgendwann vor ein paar Wochen stand er wieder vor meiner Tür, mit der Platzwunde am Schienbein. Natürlich hab ich die Wunde versorgt und natürlich endete es wieder im Bett.“, er seufzte, „Pardon, Sofa.“ „Wichtiges Detail.“ „Aber er blieb diesmal und war plötzlich so handzahm.“, schwärmte der Größere und lächelte, „Sonst ist er immer nach dem Sex gegangen. Aber von da an war er so anders. Kuschelbedürftig, würde ich fast sagen.“ „Das liegt jenseits meiner Vorstellungskraft.“, kommentierte Laurin nüchtern. „Ich weiß. Er bleibt auch trotz dessen noch eine riesige Zicke. Und wehe, ich mache was, was ihm nicht passt. Dann droht er mir sofort.“ Nun musste der andere grinsen: „Klingt als würde er dich doch dominieren, auch wenn du der Stecher bist.“ Kim zuckte mit den Schultern: „Mag sein. Wobei ich seine Grenzen auch sehr gerne ausreize.“ „Und jetzt seid ihr ein Paar? Oder irgendwas zwischen Paar und Affäre?“ „Es ist nichts ungebundenes mehr, aber eine richtige Partnerschaft ist es auch nicht.“, nachdenklich sah Kim wieder hoch, „Es wird wohl in einer richtigen Beziehung enden, denn es wird immer ernster. Ich würde mit keinem anderen etwas machen und er sieht es wohl auch so. Wir verbringen viel Zeit miteinander und am Wochenende ist er meistens bei mir. Und ich mache mir Sorgen um ihn.“ „Das muss aufhören mit der Prügelei.“, sagte Laurin mit fester Stimme. „Die Frage ist nur, wie du das in seinen Dickschädel hämmern willst. Wie du ja eben selbst festgestellt hast, ist er extrem dominant, er lässt sich gar nichts von mir sagen.“ „Ich bin mir sicher, dir fällt irgendwas ein.“, der Jüngere erhob sich von der Bank und ließ sein Skateboard zu Boden rutschen. „Vielleicht. Mal sehen...“, er zog einen Kugelschreiber aus seiner Brusttasche und griff nach Laurins Hand, auf der er eine Nummer schrieb, „Damit wir in Kontakt bleiben können. Aber lass ihn das nicht wissen, sonst dreht er noch ab.“ Laurin grinste: „Er weiß, das ich Nino habe, also muss er nicht eifersüchtig sein.“ „Hast du eine Ahnung, was er für Launen hat. Es wird ihm einfach nicht passen, das ich mit dir über ihn geredet habe.“, auch er stand auf und nahm seine Tasche, „Ich werd ihm einfach bei Zeiten mal stecken, das ich mit dir und Nino auch Kontakt habe. Dann geht er schon nicht auf die Barrikaden.“ Laurin nickte und hob zum Abschied kurz die Hand: „Bis dann.“ Am nächsten Schultag erwartete Laurin eine seltsame Überraschung. Es war Marcel, der mit blutiger Lippe den Klassenraum betrat. Ein paar Minuten später betrat auch Lukas die Klasse. Sein Gesichtsausdruck spiegelte seine äußerst gereizte Laune wieder. „Hat er sich endlich gewehrt?“, wisperte Kathrina. Nino staunte und antwortete leise zurück: „Scheint wohl so...“ Kapitel 23: unterschiedliche Beziehungen ---------------------------------------- Laurin hatte ein paar Tage später Nino von dem Gespräch mit Kim berichtet. Der war schier sprachlos bei dem, was er erfuhr. Die Beziehung von den beiden war auf einer völlig anderen Ebene, als die von ihm und Laurin. „Aber irgendwie passt es auch zu den beiden.“, Laurin streckte sich und ließ sich nach hinten auf sein Bett sinken. Es war Freitag Nachmittag und die Herbstferien hatten begonnen. Nino war leicht rot um die Nase. Die Vorstellung, wie oft die beiden schon miteinander geschlafen hatten und wo überall, war ihm ein bisschen peinlich. Laurin und er hatten noch nicht sehr häufig miteinander geschlafen und man konnte es wohl unter Blümchensex abstempeln. „Worüber denkst du nach, Nino?“ Der Kleinere seufzte: „Darüber, das ich vielleicht ein bisschen verklemmt bin.“ Mittlerweile klappte es ganz gut, Laurin gegenüber ganz offen und ehrlich zu sein. „Möchtest du etwas neues probieren?“ Fragend schaute er zu seinem Freund: „Was denn?“ „Hm...“, Laurin zog den Kleineren runter aufs Bett und beugte sich über ihn, „Lass dich einfach drauf ein, ich leite dich.“ Nino schluckte. Ungewissheit behagte ihm nie, doch er vertraute Laurin. Nickend schloss er die Augen und erwartete die Lippen seines Freundes. Doch stattdessen knabberte dieser an seinem Hals und flüsterte ihm ins Ohr: „Lass uns duschen gehen.“ Der Größere stand auf und reichte ihm mit einem erhabenem Grinsen eine Hand. Noch immer etwas unsicher nahm Nino sie und ließ sich von ihm mitziehen. Da sie mal wieder alleine waren, hatte Nino wenigstens keine Bedenken wegen ihrer Lautstärke, wodurch er deutlich entspannter war. Im Bad angekommen drückte Laurin ihn mit sanfter Gewalt gegen die geschlossene Tür und küsste ihn gierig. Dem anderen wurde heiß, es fühlte sich anders an als sonst. Als Laurin sich von ihm löste, zog dieser ihm bestimmend das Shirt aus und griff ihn am Hosenbund, womit er ihn an sich ran zog. Der Kleinere konnte nicht anders, als dem Größeren gebannt in die Augen zu schauen, die keck zurück blickten. „Zieh mich aus.“, forderte Laurin ihn auf. Langsam hob Nino seine Hände und schob Laurins dünnen Pullover hoch, unter dem er nichts weiter trug. Laurin ließ ihn machen und streckte die Arme hoch, sodass Nino ihm in einer schwungvollen Bewegung den Pullover nach oben weg auszog. Als nächstes legte Nino seine Hände an seine Hose, öffnete den Gürtel, Knopf und Reißverschluss und fuhr an den Seiten mit den Händen zum Bund, um sie dann hinab zu ziehen, die Shorts nahm er direkt mit. Laurin war bereits erregt und als Nino auf Augenhöhe mit seinem besten Stück war, konnte er nicht anders, als zunächst verlegen seinen Blick abzuwenden. Hoch konzentriert schaute er auf die Hose, die er weiter hinunter zog, bis sie an seinen Füßen anlangte. Jetzt hockte er auf Knien vor seinem Freund. Als er wieder aufsah, trafen sich ihre Blicke. Nino schloss kurz die Augen, um sein Herz zu beruhigen. Warum schämte er sich so? Es war nichts verkehrtes an dem, was sie taten oder noch tun würden. Es war an der Zeit, endlich von seiner Schüchternheit loszulassen. Er war mit Laurin zusammen, er war sein fester Freund. Sie hatten bereits miteinander geschlafen, sie küssten und berührten sich, wie es jedes andere Paar auch tat. Der Kleinere strich mit seinen Händen wieder seine Beine hinauf und umschloss mit einer seine Erektion. Sanft küsste er Laurins Spitze, der das mit einem zufriedenen Seufzen quittierte. Eigentlich war es doch gar nicht so schwer, loszulassen. Er nahm ihn in den Mund und sog sanft daran, während seine Zunge an ihm hin und her strich. Laurin erzitterte bei seinen Zuwendungen. Das war für ihn das erste Mal, das jemand das bei ihm tat. Er hatte nicht damit gerechnet, das Nino dies tat und so genoss er es in vollen Zügen. Sachte fuhr er dem Kleineren durch sein verstrubbeltes Haar und drückte ihn hin und wieder näher zu sich ran. „Nino...“, leicht keuchend zog Laurin ihn wieder auf die Beine und drückte ihn gegen die kalten Fliesen, um ihn gierig zu küssen. Der Kleinere ließ es sich gefallen und grinste in den Kuss. Es war viel aufregender als sonst. Der Größere öffnete seine Hose und streifte sie ihm ab, ehe er ihn umdrehte und wieder gegen die Wand drückte. Überrascht entfloh Nino ein fiepsen. Laurin griff ihm über seinen Bauch in den Schritt und massierte ihn fordernd. Er gab sich keine Mühe, sein Stöhnen zu unterdrücken. Dann schob er ihn weiter in die Dusche, wo er das Wasser anstellte. Nino drückte er mit seinem Körper wieder gegen die Fliesen. Das hier würde ein neues Erlebnis für sie werden und Laurin genoss es schon jetzt sehr. Wieder begann er mit seinen Streicheleinheiten, während er an Ninos Schulter knabberte und hin und wieder an der hellen Haut sog. Das Wasser prasselte derweilen auf sie nieder und machte die Fliesen leicht rutschig. Je mehr Laurin Nino massierte, desto tiefer sank dieser mit dem Oberkörper hinab und streckte ihm den Hintern entgegen. Neugierig tastete der Größere nach seiner empfindlichen Stelle und versenkte zwei Finger direkt in ihm. Verblüfft stellte er fest, das es ganz leicht ging und so tat er etwas, was er noch nie getan hatte. Er drang einfach so ohne weitere Vorbereitung in ihn ein und versenkte sich gänzlich. Nino stöhnte ungehalten auf. Noch nie hatte es sich so berauschend angefühlt. Ihr Spiel wurde schneller und wilder und ehe sich Nino versah, kam er laut stöhnend und ergoss sich gegen die nassen Fliesen. Laurin folgte ihm keine Sekunde später und drückte sich ein letztes Mal tief in ihn, während er ihn mit den Händen am Becken hielt. „Oh Gott...“, keuchte der Kleinere leise. Irgendwie zitterten ihm von dem Rausch die Beine. Laurin umfing ihn und nahm ihn in die Arme. Nebenbei verteilte er kleine leichte Küsse auf Ninos Halsbeuge: „Sowas könnten wir öfter machen.“ „Ich fühl mich besudelt.“, kommentierte Nino leicht beschämt, als Laurin sich aus ihm zog und ihm etwas am Bein hinunter lief. „Entschuldige, kommt nicht noch einmal vor.“, er küsste ihn auf die Stirn und grinste, „“Es sei denn, du möchtest es.“ Der Kleinere drehte sich zu seinem Freund und schmiegte sich an: „Hm... Aber nur unter der Dusche.“ Die Beziehung mit Laurin tat Ninos Selbstbewusstsein sehr gut. Er ließ sich nicht mehr so leicht von den anderen aus der Fassung bringen und fühlte sich dadurch auch viel wohler in seiner Haut. Andererseits fragte sich der Kleine, ob es vielleicht auch daran lag, das sich die halbe Klasse nun auf Lukas fixiert hatte. Auch wenn sie ihn nicht mehr anrührten, so war er doch täglich ihrer Schikane ausgesetzt. An einem Mittwoch war es mal wieder besonders übel. Es war gerade Pause, als sich einer der Jungs seinen Rucksack schnappte und damit vor seiner Nase wedelte: „Weißt du, wir könnten doch mal wieder schauen, ob deine Tasche fliegen kann. Vielleicht hat sie es mittlerweile gelernt?“ Ein anderer öffnete das Fenster und lachte hämisch. Lukas kochte innerlich vor Wut. Warum zum Teufel hatten die anderen so ein großes Problem damit, das er nicht mehr wie sie war und auch nicht mehr Teil dieser Gruppe sein wollte? „Stell meine Tasche sofort ab.“, gab er bedrohlich von sich. „Was sonst? Willst du zum Lehrer rennen und heulen?“, reizte der andere ihn. „Hört doch mal auf mit dem Scheiß.“, es war Laurin, der dem anderen die Tasche aus der Hand gerissen hatte, „Ihr seid so erbärmlich.“ „Uh, Laura mischt sich ein. Sag bloß du hast dir zu Nina noch jemanden geangelt. Wusste gar nicht, das Lukas das Ufer gewechselt hat.“ Marcel grinste hinterlistig: „Wer weiß, vielleicht ist Kim ja gar kein Mädchen. Vielleicht ist er deswegen so komisch geworden.“ Nino sah Lukas an, das es ihm viel Selbstbeherrschung kostete, nicht augenblicklich aufzustehen und Marcel eine reinzuhauen. „An deiner Stelle wäre ich lieber leise.“, zischte Lukas ihm zu. „Komm doch, Schwuchtel.“ Ehe man sich versah, war Lukas aufgesprungen und das mit solcher Kraft, das sein Stuhl nach hinten umflog. Er kletterte mit Leichtigkeit über die Tischreihe, die ihn und Marcel trennte und holte schon aus, als Laurin sich an seinem Arm klammerte. Schockiert sahen die anderen zu. Lukas schaute zornig zu dem, der ihn fest hielt. „Lass mich los.“ „Der ist es nicht wert!“, redete Laurin auf ihn ein, „Und was wenn gleich der Lehrer reinkommt? Schon vergessen, das die Pause heute kürzer ist wegen dem Erste-Hilfe-Kurs?“ Lukas schüttelte ihn von sich ab und Laurin stolperte ein paar Schritte zurück. „Und wenn schon, dann kann er ja gleich versorgt werden.“, noch immer wutgeladen starrte er auf seinen Klassenkameraden, der unsicher zu ihm rüber blickte. „Du Weichei!“, lachte Marcel siegessicher, „Lässt dich von der Pussy stoppen!“ Abrupt hatte sich Lukas wieder zu ihm gewandt und noch bevor irgendjemand reagieren konnte, flog seine Faust in das Gesicht von Marcel. Im selben Moment betrat der Lehrer mit zwei in weiß gekleideten Männern das Klassenzimmer. „Du Arschloch!“, Lukas war noch nicht fertig mit Marcel. Der war vom Stuhl gekippt und bevor er überhaupt realisiert hatte, was passiert war, hockte Lukas schon über ihm. Nicht weniger schockiert und fassungslos starrte der Lehrer auf seine Schüler, als einer in weiß sich bewegte und über die Tische sprang. „Hör auf!“, er ergriff Lukas an den Händen, zog ihn zurück und legte seine Arme um ihn, damit er sich nicht losreißen konnte. Laurin klappte der Mund auf. Es war Kim. „Lass mich los!“, Lukas wollte ihm grade auf den Fuß treten, als der andere sehr bestimmend sagte: „Wenn du nicht sofort aufhörst, hast du ein Problem mit mir.“ Jetzt erst nahm er wahr, wer ihn da festhielt. Sofort stoppte er in seinen Bewegungen und entspannte sich. Einige atmeten durch. Der Lehrer löste sich aus seiner Starre und kam ebenfalls dazu. Kim löste sich von Lukas, blieb aber bei ihm stehen und ließ seinen Blick auf Marcel schweifen. Der sah herausfordernd zurück: „Die Schwuchtel hätte ich auch alleine fertig gemacht.“ „Es reicht jetzt! Endgültig! Marcel, sie gehen zum Direktor und holen sich einen Schulverweis ab.“, der Lehrer kritzelte eiligst etwas auf einen Zettel und hielt diesem zu dem am Boden Liegenden hin. Der hob ungläubig die Augenbraue: „Bitte? Er hat mich geschlagen!“ „Und sie terrorisieren ihn schon seit Wochen! Ich will sie in meinem Unterricht vorerst nicht sehen, packen sie ihre Sachen!“ Unter der Verblüffung anderer nahm Marcel seine Sachen und den Zettel und verließ fluchend den Klassenraum. „Zeig mir mal deine Hand.“, Kim griff nach Lukas seiner Hand und besah sich die Knöchel, „Die wird noch blau werden...“ Er seufzte und ging wieder nach vorne zu seinem Kollegen. Seufzend wandt sich der Lehrer an Lukas: „Ich sehe über deinen Ausfall hinweg. Aber wenn das noch einmal passiert, muss ich auch dir einen Verweis geben.“ Der Junge nickte stumm und begab sich wieder an seinen Platz. „Bitte schiebt die Tische an die Seiten und macht einen Halbkreis mit den Stühlen. Und benehmt euch!“, der Lehrer ging wieder nach vorne und sprach weiter mit Kim und seinem Kollegen, „Entschuldigen sie das Verhalten meiner Schüler, sie sind in letzter Zeit alles andere als leicht. Und danke für das schnelle Eingreifen.“ Kim hob beschwichtigend die Hand und grinste: „Kein Problem.“ Laurin schob mit Nino und den anderen die Tische zur Seite, ehe sie sich wie gefordert in einen Halbkreis mit ihren Stühlen setzten. „Das ist mehr als Zufall, oder?“, flüsterte der Größere zu seinem Freund. Nickend blickte Nino zu Kim. Er war sich auch sicher, das Kim dass eingefädelt hatte. Lukas hatte sich ebenfalls ohne einen weiteren Kommentar niedergelassen. Der Lehrer besprach noch etwas mit den anderen beiden und setzte sich dann hinter sein Pult, um im Klassenbuch die Anwesenheit seiner Schüler zu notieren. Kim trat grinsend vor die Klasse: „Guten Morgen zusammen. Wir geben euch heute einen Crash-Kurs in Erster Hilfe, das ist mein Kollege Daniel, er ist Rettungssanitäter. Ich bin Kim, auszubildender Krankenpfleger und darf euch heute mit all möglichem Fachwissen zuquatschen.“ Ein Raunen ging durch die Menge. Lukas starrte konzentriert an Kim vorbei zur Tafel, während die anderen Kim nun besonders musterten. Hochgewachsen, verstrubbelte dunkle Haare mit einigen roten Strähnen und Piercings. Kim entging das Verhalten der Schüler nicht und ließ seinen Blick ebenso einmal über die Klasse schweifen. „Nachdem wir uns nun gegenseitig angegafft haben, können wir anfangen, oder?“, er grinste schelmisch, was bei den Mädchen für Entzückung sorgte und bei den Jungs für Gänsehaut und Unbehagen. Nur Nino, Laurin und Lukas hielten sich kurz die Stirn. Es war so typisch für den extrovertierten Krankenpfleger. Es war wie das überqueren eines Minenfeldes, dachte sich Nino, während er Kim zuhörte, der sie durch ihren Kurs führte. Immer wieder mussten einige Schüler im Halbkreis vortreten, bekamen von ihm eine Situation, die sie nachstellen und dann abhandeln mussten. Lukas vermied es konsequent, ihn anzusehen oder gar mit ihm zu sprechen. Kim entging nicht, das es für ihn grade unangenehm war, doch er konnte ihn ja nicht komplett ignorieren, das wäre dann doch recht auffällig für die anderen gewesen. Als er mal wieder eine Frage stellte und Lukas mit antworten dran war, herrschte erst einmal Stille. „Sorry, hab nicht aufgepasst, keine Ahnung.“, gab Lukas unwirsch von sich und lehnte sich zurück. Doch so leicht machte es ihm Kim nicht: „Stell dich nicht dümmer, als du bist. Denk nochmal nach.“ „Ich sagte doch, ich weiß es nicht.“, jetzt war er wieder etwas gereizt. Für Kim war es jedoch ein leichtes, damit umzugehen, schließlich verliefen ihre Gespräche meistens so. „Ich hab viel Geduld. Und wenn wir hier bis morgen sitzen.“, der Krankenpfleger lehnte sich zurück an das Lehrerpult und verschränkte grinsend die Arme. Schlagabtausch. Lukas grinste keck zurück: „Na dann viel Spaß.“ Laurin schüttelte kaum merklich den Kopf und trat Lukas unauffällig gegen den Fuß. Wenn er so weiter machte, konnte er auch direkt in der Klasse rumposaunen, das der Krankenpfleger und er sich nicht unbekannt waren. Grimmig warf er einen Blick zur Seite: „Aber ich glaube Laurin weiß die Antwort.“ Mit hochgezogener Augenbraue starrte Laurin zurück. Murrend beantwortete er die Frage, bevor es weiter ausartete. Nino konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Es war schon irgendwie amüsant. Als der Kurs endlich vorbei war, standen ein paar Mädchen tuschelnd und lachend um Kim. Eine trat schließlich vor und fragte leicht schüchtern: „Darf ich deine Nummer haben?“ Laurin prustete los, bei dem Bild, was sich ihm bot. Denn Lukas stand ein paar Meter entfernt und schaute verbissen zu der Meute. „Tut mir leid Ladys, ich bin vergeben.“, winkte Kim grinsend ab und sortierte weiter seine Unterlagen. Enttäuscht löste sich die Gruppe auf und nach und nach leerte sich der Klassenraum. Der Lehrer war mit dem Kollegen von Kim auch bereits gegangen, um noch etwas Formales zu erledigen. Alsbald standen nur noch Laurin, Nino, Lukas und Kim da. Kaum hatte der letzte Schüler den Raum verlassen, zog Kim die Tür zu und baute sich vor Lukas auf: „Bist du eigentlich vollkommen bescheuert?!“ „Er hatte es verdient!“, rechtfertigte Lukas sich und verschränkte die Arme. „Du Volltrottel! Du hast mehr als Glück, das dein Lehrer so blöd war und dich nicht verwiesen hat!“, Kim schubste ihn ein Stück zurück und er landete an der Wand, „Ich hab dir gesagt du sollst dich weder verprügeln lassen, noch jemanden verprügeln!“ „Ich lass mir aber nicht alles gefallen!“ „Das sagst du, nachdem ich wochenlang deine Verletzungen versorgen konnte, weil du dich hast verprügeln lassen?!“ „Ehm... Wir können auch gehen...“, gab Nino kleinlaut von sich. „Nein, ihr wartet bitte.“, wies Kim sie leicht gereizt an. Fragend schaute Nino zu seinem Freund, der nur mit den Schultern zuckte und sich auf seinen Tisch setzte, um sich das Schauspiel anzusehen. Seufzend tat Nino es ihm gleich. „Das geht dich nichts an!“, meckerte Lukas zurück und versuchte Kim von sich zu drücken. Da dieser aber stärker war, drängte er ihn zurück gegen die Wand und stupste ihm grob gegen die Nasenspitze: „Du bist und bleibst ein Idiot! Manchmal frag ich mich echt, warum ich mich mit dir abgebe.“ „Weil dumm anscheinend gut zu vögeln ist.“, kommentierte der andere bissig. Grummelnd ließ Kim von ihm ab und schüttelte den Kopf: „Du machst mich noch wahnsinnig.“ „Es ist ja noch mal gut gegangen, kein Grund sich zu streiten.“, sprach Nino beschwichtigend und lächelte. „Misch dich da nicht ein, Gnom!“, Lukas drückte sich von der Wand ab und zog seine Jacke zurecht. „Pack dein Ego weg und lass Nino in Ruhe.“, Kim hielt sich kurz die Stirn, „Du musst nicht immer den Macho raushängen lassen.“ „Als wenn dein Casanova-Getue besser wäre.“ Laurin nickte zustimmend. „Ey!“, Nino stupste ihn leicht säuerlich in die Seite. „Was denn? Es stimmt doch irgendwie...“ „Das sagst du nur, weil ich dich geküsst habe.“, gab Kim zu bedenken und steckte die letzte Mappe in seine Tasche. Lukas entgleisten sämtliche Gesichtszüge bei der Bemerkung, dann schaute er wieder erbost zu Kim: „Und dann fragst du mich, ob ich bescheuert bin?!“ „Da lief noch nichts zwischen uns.“ „Du hast ihn trotzdem die Zunge in den Hals geschoben!“ Fragend sah Kim zu Laurin: „Das war ohne Zunge gewesen, oder?“ „Oh mein Gott...“, Lukas klatschte sich die Hand ins Gesicht, während Laurin rot anlief. „Du bist doch total notgeil und wirfst dich jedem, der nicht bei drei auf dem Baum ist, an den Hals!“, warf Lukas dem Krankenpfleger vor. „Jetzt mach mir hier keine Eifersuchtsszene!“, bat der Größere ihn energisch und schulterte seine Tasche. „Hallo?! Du springst ständig irgendwelchen Leuten hinterher! Verdammt warum hast du ihn überhaupt geküsst?!“ „Ich will nach hause. Sofort.“, Laurin stand auf und nahm seinen Rucksack mit der einen Hand, mit der anderen zog er Nino hinter sich her. Es war ihm einfach unangenehm. „Ihr bleibt, wo ihr seid!“, befahl Kim genervt. „Warum?“, fragte Laurin nicht minder genervt zurück. Kim zeigte gereizt auf Lukas: „Weil er mich sonst wieder um den Finger wickelt, ich mit ihm schlafe und das Gespräch wieder nicht vernünftig zum Ende kommt!“ „Hier? In der Schule?“, baff starrte Nino die beiden an. „Hör einfach auf jedem hinterher zu steigen! Du weißt nicht mal mehr, warum du ihn geküsst hast, das spricht doch schon für sich!“, Lukas drehte sich angefressen von Kim weg. Irgendwo kränkte es ihn schon sehr, das Kim etwas mit Laurin hatte. Er bezeichnete Kim nicht als seinen festen Freund, aber teilen wollte er ihn unter keinen Umständen. Kim seufzte schwer und stellte sich hinter ihn: „Krieg dich wieder ein, das war wirklich nichts. Ich hab auch überhaupt kein Interesse an Laurin, der ist mir viel zu unschuldig.“ Lukas rührte sich keinen Millimeter und sagte nichts. Jammernd zupfte Kim nun an Lukas seinem Zipper: „Komm schon, hör auf damit, du weißt dass ich das hasse.“ Noch immer gab der andere keinen Mucks von sich. „Jetzt mach hier nicht auf Diva...“, Kim ließ den Kopf sinken und landete mit seinen Lippen in Lukas seinem Nacken, „Es tut mir ja leid. Kannst du jetzt bitte aufhören, sauer auf mich zu sein?“ Der andere schnaubte verächtlich. Nino und Laurin staunten über den Wandel. Erst dachten sie, das Kim das Sagen hatte. Aber Lukas schien ihn komplett in der Hand zu haben. Murmelnd löste sich Lukas aus seiner Starre und wandt sich von ihm ab: „Du bist unmöglich.“ Der Größere grinste zufrieden: „Ich bin um fünf zuhause.“ „Bis nachher.“, Lukas verließ das Klassenzimmer und warf die Tür leicht energisch hinter sich zu. „Ernsthaft? Du wolltest etwas von ihm und zum Ende hin entschuldigst du dich bei ihm?“, Laurin konnte es einfach nicht glauben. Verschmitzt grinsend kratzte sich Kim am Hinterkopf: „Irgendwie schafft er das immer wieder...“ „Du bist ihm total hörig.“, stellte Nino nüchtern fest. Kim seufzte wieder schwer: „Ich weiß... Das ist wohl auch der Grund, warum ich einfach nicht von ihm lassen kann. Aber ich finde es dennoch nicht gut, das er sich prügelt. Ich werd später nochmal versuchen, mit ihm darüber zu reden.“ „Na viel Erfolg.“, wünschte Laurin spöttisch und verabschiedete sich dann zusammen mit Nino, um sich endlich auf den Heimweg zu machen. Kapitel 24: Weihnachtsmarkt --------------------------- Faszinierenderweise hatte Lukas am nächsten Tag eine erheblich bessere Laune. „Sag bloß er hat dich auf Knien angefleht?“, flüsterte Laurin ihm während einer Pause zu. Der andere grinste stumm in sich hinein und zuckte mit den Schultern: „Wer weiß.“ Nach diesem Erlebnis entwickelte sich doch eine gewisse Freundschaft zwischen den dreien, das gesamte Klassengefüge wuchs neu zusammen, was wohl auch daran lag, das Marcel die Schule zwangsweise gewechselt hatte. Der Winter nahte und Nino hatte das Gefühl, das schöne Weihnachten vor ihm lagen. „Wollen wir heute Nachmittag auf den Weihnachtsmarkt?“, Kathrina wusch grade die Tafel ab und hatte die Reste der letzten Stunde beseitigt. Nino sortierte grade seine Notizen für Biologie: „Klingt gut, warum nicht.“ Anne und Laurin nickten ebenfalls. „Kommst du auch mit, Lukas?“ „Nerv mich nicht, Laura.“ Es war eine Hassliebe zwischen den beiden. „Okay, zu fünft sind wir doch eine überschaubare Gruppe.“, grinste Laurin zufrieden und biss von seinem Brötchen ab. „Zu sechst wäre auch noch machbar.“, erwähnte Nino beiläufig, um Lukas so unterschwellig zu fragen, ob er Kim mitnehmen wollte. Der legte die Beine auf den Tisch hoch und lehnte sich entspannt nach hinten: „Möglich.“ Anne legte fragend den Kopf schief: „Was meint ihr damit?“ „Hm?“, gab der Kleinste nur zurück und sorgte damit bei Anne für Verwirrung, doch sie fragte nicht weiter. „Wo wollen wir uns dann treffen? Und wann?“, Kathrina hatte den Schwamm zurück ins Waschbecken geworfen und sich wieder auf ihren Platz gesetzt. „Gegen halb vier bei dem Waffelstand?“, schlug Anne vor. „Passt.“, antwortete Laurin und auch die anderen nickten. Es war kalt und der Wind zog kräftig durch die Straßen, als Nino zusammen mit seinem Freund zum Weihnachtsmarkt lief. „Ich weiß gar nicht wie man bei dem Wind eine Waffel mit Puderzucker essen soll, ohne sich einzusauen...“, jammerte Laurin und zog seinen Pali noch etwas höher, sodass seine Nasenspitze darunter verschwand. „Wir können uns ja zwischen den Ständen stellen.“, schlug Nino vor, „Oder reingehen. Man kann sich da auch hinsetzen.“ „Ach was, dafür wird der Markt viel zu voll sein.“ „Stimmt auch wieder.“ Sie bogen um die Ecke und der Markt kam in Sicht. „Ich will auf jeden Fall eine heiße Schokolade trinken.“, der Kleinere vergrub seine frierenden Hände noch tiefer in seinen Jackentaschen. Wieder pustete ihnen der Wind kräftig von vorne entgegen. „Ih...“, Nino hatte die Augen zugekniffen und war stehen geblieben, „Zu kalt, verdammt!“ „Warte mal.“, Laurin stellte sich vor ihn und zupfte Ninos Mütze zurecht. Es war eine schwarze gestrickte, aus grober Wolle und mit einem kleinen Schirm vorne dran. Anschließend griff er nach der Kapuze von Ninos Jacke und zog sie ihm zusätzlich über die Mütze. Er grinste ihn breit an: „So ist es doch besser, oder?“ Nino lächelte dankbar zurück, lehnte sich an ihn und stellte sich auf Zehenspitzen, um einen Kuss zu erhaschen. Sein Freund zog seinen Pali etwas hinunter und kam seiner Aufforderung mit Vergnügen nach. Es war einfach perfekt. „Lass uns weiter.“, noch immer grinsend löste sich Laurin von dem Kleineren und harkte sich bei ihm ein, um ihn dann mit sich zu ziehen. Beim Waffelstand angekommen, warteten bereits die Mädchen. „Da seid ihr ja!“, Anne winkte ihnen zu, während Kathrina mit ihrer Waffel kämpfte. Allerdings lag es eher an der Erdbeersoße, die ihr davon lief. „Habt ihr Lukas schon gesehen?“, wollte Kathrina wissen und legte sich etwas Soße von den Fingern. „Nein, noch nicht.“ Nino sah sich um: „Vielleicht wollte er doch nicht?“ „Ich finde seine Wandlung noch immer merkwürdig. Ich versteh auch nicht so ganz, warum ihr ihn so oft mitschleppt. Bis vor einem halben Jahr hat er Nino wie Dreck behandelt.“, Anne biss, ohne zu fragen, ein Stück von Kathrinas Waffel ab und erntete einen bösen Blick. „Er hat sich halt verändert.“, erklärte Nino und schob die Mütze ein wenig höher, damit er wieder mehr sah. „Das sagt ihr dauernd. Aber irgendwas ist da doch im Busch.“, Kathrina drehte sich etwas von Anne weg, um ihre restliche Waffel zu schützen, „Ah, dahinten ist er.“ Die anderen folgten ihren Blick und Laurin und Nino erkannten hinter Lukas noch ein bekanntes Gesicht: Kim. „Wenn das nicht meine Lieblingszwerge sind!“, Kim begrüßte Nino und Laurin überschwänglich und drückte beide kurz an sich. „Ich glaube, das solltest du lassen.“, Laurin drückte ihn von sich, Lukas sein Blick war ihm nicht entgangen. „Hey, bist du nicht der Typ aus dem Erste-Hilfe-Kurs?“, fragte Kathrina und aß das letzte Stückchen ihrer Waffel. „Kim.“, antwortete er breit grinsend, „Und ihr seid die beiden Schnattertanten, die die ganze Zeit getuschelt haben.“ Kathrina hob eine Augenbraue: „Okay, schon verstanden. Übrigens, Kathrina.“ „Anne.“, das Mädchen reichte ihm kurz die Hand, „Bist du mit Lukas befreundet?“ Er lächelte kess: „Könnte man so sagen.“ „Seit ihr fertig mit eurer Vorstellrunde? Ich will was trinken.“, unterbrach Lukas grob, wie es halt seine Art war. „Reg dich doch nicht gleich wieder auf.“, Kim fuchtelte beschwichtigend mit der Hand vor ihm rum, „Du kommst schon noch zu deiner heißen Schokolade.“ „Oh ja, ich will auch endlich!“, warf Nino ein, „Eine mit viel Sahne.“ „Ich glaube Lukas ist mehr auf den Schuss Rum aus.“, Kim blickte den Weg entlang und konnte weiter hinten eine Bude ausmachen, die auch Heißgetränke anbot. Gemächlich schlängelten sich die Freunde von einer Bude zur anderen, es gab zunächst für alle eine heiße Schokolade, gefolgt von Brezeln und überbackenem Camembert, Pommes und Steaks. „Jetzt ist mir richtig warm.“, zufrieden zog sich Nino die Kapuze vom Kopf und ging zum nächsten Stand, der diverse Keksausstecher anbot. Die Mädchen folgten ihm und schauten sich ebenfalls begeistert durch die große Auswahl. „Guck mal, es gibt sogar Krokodile!“, Kathrina hielt den passenden Ausstecher hoch. „Das ist nichts gegen die Bohrmaschine!“, Anne konnte nicht anders als lachen, „Wirklich für jeden etwas dabei.“ „Gibt´s auch ein Stethoskop?“, Kim stellte sich mit dazu und guckte durch die diversen Boxen. „Ich glaub das könnte schwer werden...“, Nino überblickte alles einmal, um alle Beschriftungen zu lesen. Der Größere zuckte mit den Schultern: „Egal, hab eh keine Zeit zum backen.“ Er ging wieder zu Jonas und Laurin, die mitten auf dem Weg standen. „Ich glaub ich nehm den Elefanten. Der ist cool!“, Kathrina bezahlte ihre Form und steckte sie glücklich ein, um dann auch zurück zu den anderen zu gehen. Grinsend kam sie bei den Jungs an: „Kim, du stehst unter einem Mistelzweig.“ Wenig beeindruckt schaute der nach oben. „Oh.“ Abrupt trat Laurin einen Schritt von ihm weg. Auf Kims Lippen bildete sich ein süffisantes Grinsen: „Angst?“ „Ein Stück weit schon. Aber nicht vor dir.“ „Keine Sorge, ich hänge auch an meinem Leben.“, lachte der Krankenpfleger und schaute zu Lukas. Der schaute ohne eine Regung zurück. „Guckt mal, ich hab einen Pinguin genommen!“, Anne präsentierte stolz ihre Wahl und auch Nino trat zurück in die Gruppe. „Der ist echt süß!“, kommentierte Kim und besah ihn sich kurz genauer. „Lenk nicht ab, du stehst noch immer unter einem Mistelzweig.“, wies Kathrina ihn auf das grüne Gewächs hin. „Willst du unbedingt einen Kuss von mir?“, er streckte ihr die Zunge raus. Wissend schaute sie zu Lukas: „Wohl eher jemand anderes.“ Fragend sah dieser zurück. Laurin unterbrach das ganze und zog Nino unter den Zweig: „Ist mir egal, jetzt sind wir zwei dran.“ Sanft küsste er den Kleineren und zog ihn näher an sich. Es war das erste Mal, das sie sich so offen vor ihren Freunden küssten. Verlegen lief Nino rot an, als sich der Größere von ihm trennte. „Oh Gott, er ist ganz rot!“, Kim lachte herzhaft, „Ich dachte du hast das mittlerweile hinter dir gelassen.“ Peinlich berührt zog Nino seinen Schal höher. Laurin konnte auch nicht anders, als zu grinsen. Glücklich griff er nach der Hand seines Freundes, um ihre Finger ineinander zu verharken. „Ihr seid viel zu niedlich für ein Homo-Pärchen.“, kommentierte Kathrina leicht bissig, aber ohne jeglichen Groll. Mittlerweile hatte sie die Gefühle für Nino unter Sandkastenliebe abgestempelt und zur Seite gepackt. Lukas rollte mit den Augen. Seine Unzufriedenheit blieb Kim nicht verborgen. „Wollen wir weiter?“, schlug er deshalb vor, um die Spannung etwas zu lösen. Sie setzten sich wieder in Bewegung und folgten dem Strom der Masse. Kim hielt Lukas jedoch kurz zurück, um ihm unbemerkt von den anderen einen Kuss aufzudrücken: „Ich vergess dich schon nicht.“ „Warte.“, Lukas wollte sich nicht so leicht abspeisen lassen und zog Kim mit einem Griff am Hinterkopf bestimmend zu sich. Nach einem kurzen intensiven Kuss ließ er zufrieden vom dem Größeren ab und lief weiter zu den anderen, die wartend zu den beiden schauten. Hatten sie es gesehen? Eine leichte Röte legte sich um seine Nase. Vor allem vor den Mädchen war es ihm unangenehm, er fühlte sich entmännlicht. „Habt ihr das gesehen? So muss ein Kuss bei Männern aussehen.“, scherzte Kathrina und boxte Lukas herzlich gegen den Oberarm, „Das hättest du eh nicht ewig geheim halten können. Willkommen im Club, ab heute sind deine Geheimnisse auch unsere!“ Anne musste lachen. „Was war daran denn bitte anders?“, wollte Laurin wissen. „Ihr seht einfach zu niedlich aus, Laurin.“, beantwortete Kim seine Frage, „Da fehlt das animalische.“ „Stopp, bevor du weiter redest möchte ich dich darauf hinweisen, das Lukas dich gleich köpft.“, Laurin nickte zu dem Besagtem, der den Krankenpfleger giftig anstarrte. Besänftigend schaute Kim zu ihm: „Lukas, es ist Weihnachten, das Fest der Liebe, da sollte man keine tödlichen Blicke verteilen.“ Genervt verdrehte dieser wieder die Augen: „Halt einfach die Klappe.“ Anne hatte sich unterdessen an einen weiteren Stand gestellt, der Silberschmuck anbot: „Habt ihr eigentlich schon alle Geschenke?“ „Ich brauch noch eines für meine Mutter, hab aber keine Idee.“, erzählte Nino und nutzte die Chance, um ebenfalls bei dem Schmuck zu schauen. „Wie wäre es mit Ohrringen?“, schlug Anne vor. Der Kleine wendete sich vom Stand ab: „Sie trägt eigentlich kein Silber, das bringt nichts.“ „Aber deine Mutter backt gerne.“, warf Laurin ein, „Hol ihr einen Keksausstecher.“ „Oh ja, stimmt!“ Ehe die anderen sich versahen, machte sich Nino flink auf den Weg und schlängelte sich durch die Massen zum Stand davon. „Hat definitiv auch Vorteile, so klein zu sein.“, staunte Laurin bei seinem Tempo. Nino kam schnell an dem Stand an und entschied sich für ein Eichhörnchen, das Lieblingstier seiner Mutter. Zufrieden bezahlte er und steckte das gute Stück in seine Tasche. Doch als er sich umdrehte, blieb ihm fast das Herz stehen. „Das du dich nicht schämst!“ Es war sein Stiefvater, der da mit breitem Rücken vor ihm stand. Erst hatte Nino ihn nicht erkannt, er sah etwas ungepflegt aus und roch stark nach Alkohol. „Das werde ich alles deiner Mutter erzählen!“, grob packte er den Jungen am Handgelenk und zog ihn mit sich, „Du kleine Schwuchtel bist wirklich ein Nichtsnutz!“ „Lass mich sofort los!“, brüllte Nino und zerrte an seiner Hand, doch er gab nicht nach. „Hey, lassen sie ihn los!“, etwas außer Atem stellte sich Laurin ihm in den Weg. „Mach Platz, du Hurensohn!“, pöbelte der Mann und schubste ihn mit viel Kraft zu Boden. Laurin knallte hart auf und hielt sich den Hinterkopf. Das fühlte sich nicht gut an. Nun mischte sich auch Kim ein. „Wenn sie ihn nicht sofort loslassen, ruf ich die Polizei.“, schützend hatte Kim ebenfalls seine Hand an Ninos Unterarm gelegt und sich vor ihn gestellt. „Ihr seid doch alle gleich, ekelhaftes Pack!“, er ließ von seinem Stiefsohn ab und verschwand in der Menge. Geschockt starrte Nino zu seinem Freund, der sich wieder aufrichtete. „Lass mal sehen...“, Kim stellte sich hinter ihn und strich die Haare etwas zur Seite, „Hm... Keine Platzwunde, aber da bekommst du bestimmt ein fettes Ei. Wenn dir schlecht wird, solltest du besser ins Krankenhaus.“ Laurin nickte und rieb sich die Stelle: „Wer war das?“ Ninos Gesicht war bleich und er brachte keinen Ton über die Lippen. „Das war sein Stiefvater.“, Kathrina und die anderen kamen dazu, „Allerdings sieht er ziemlich versüfft aus.“ „Kein angenehmer Zeitgenosse.“, Kim besah sich Nino und zwickte ihn in die Wange, „Hey, du kannst dich wieder beruhigen, er ist weg. Oder wartet der zuhause auf dich?“ „Im Normalfall hoffentlich nicht, seine Mutter hat sich scheiden lassen.“, Laurin zog ihn in die Arme, um ihm beruhigend über den Rücken zu streicheln. Für den restlichen Tag war die Stimmung dahin. Nino wollte schließlich nur noch nach hause, weil er sich um seine Mutter sorgte. Als er gegen Abend endlich mit Laurin bei ihr ankam, war er mehr als erleichtert, das sein Stiefvater nicht bei ihr aufgekreuzt war. Als sie erfuhr, was passiert war, sah Laurin allerdings auch in ihren Augen Angst. Seufzend hatte sie allen dreien einen Tee gemacht und sich mit den beiden an den Küchentisch gesetzt. „Wir können leider nichts machen. Ich hab deswegen schon mit meinem Anwalt gesprochen, es gibt kein Gesetz, welches ihm verbietet, dort zu sein, wo wir sind.“ „Aber er darf Nino doch nicht so anpacken!“ Sie rührte mit traurigem Blick in ihrem Tee: „Leider ist es eine gesetzliche Grauzone. Es ist nicht 'genug', als das man rechtliche Schritte gegen ihn einleiten könnte.“ Seufzend sah sie zur Uhr: „Ich fahre dich besser nach hause, Laurin, morgen ist Schule und es ist schon spät.“ Kapitel 25: Jahresende ---------------------- Obwohl er die Wohnungstür hinter seiner Mutter und Laurin sorgsam verschloss, fühlte Nino sich nicht sicher. Er hegte immer mehr den Verdacht, das der Einbruch tatsächlich auf das Konto seines Stiefvaters ging. Entwickelte dieser sich zum Stalker? Warum konnte er sie nicht einfach in Ruhe lassen? Am nächsten Morgen fand Nino vor der Haustür eine Rose, adressiert mit einer Karte an seine Mutter. Die Handschrift war eindeutig die ihres Ex-Mannes. „So ein krankes Schwein!“, wütend warf sie die Blume direkt draußen in die Tonne, „Das lassen wir uns nicht gefallen!“ Doch mit jedem Tag lag wieder eine Rose vor der Haustür. Ninos Mutter wollte es nicht zeigen, doch ihr Sohn sah es. Sie hatte Angst. Immer öfter war sie krank und ging nicht zur Arbeit. Zudem fiel es ihr schwer, Nino zur Schule gehen zu lassen. Am liebsten hätte sie ihn jeden Tag hingebracht und danach direkt wieder abgeholt. Sobald es sich einrichten ließ, tat sie es auch. „Das ist so krank!“, regte sich Laurin auf, als Nino ihm wieder einmal erzählte, das eine Rose vor der Tür lag. „Meine Mutter schläft kaum noch, ich weiß nicht wie das weitergehen soll.“, besorgt legte Nino seinen Stift ab und schaute auf seine Notizen. Sie waren unlogisch und durcheinander aufgeschrieben, vollkommen nutzlos. Er konnte sich nicht auf den Unterricht konzentrieren. Seufzend packte er seine Sachen ein, in wenigen Minuten war die Stunde und somit der Schultag eh vorbei. „Soll ich dich nach hause begleiten?“, fragte Laurin besorgt. Sein Freund schüttelte den Kopf: „Nein, sie holt mich gleich ab.“ Doch Nino wartete vergebens auf seine Mutter. „Wo ist sie?“, fragte Nino unruhig und kramte nach seinem Handy. Es war bereits eine Viertelstunde vergangen und sie kam nie zu spät. „Vielleicht hat sie viele rote Ampeln oder steckt irgendwo im Stau.“, Laurin wollte den Kleineren beruhigen und hoffte inständig, das eines der beiden Sachen der Grund für die Verspätung war. Nino rief seine Mutter an. Doch die Leitung war tot. „Oh Gott, was wenn ihr was passiert ist? Was wenn er sie sich geschnappt hat?!“, Nino wurde hysterisch und starrte hilflos auf sein Handy. Wen sollte er denn jetzt anrufen? „Warte, ich ruf meine Ma an, dann fahren wir mit ihr zu euch nach hause!“ Als sie zwanzig Minuten später bei Ninos Zuhause ankamen, wurde der Schock für ihn noch größer. Weder seine Mutter, noch das Auto waren da. „Ganz ruhig Nino, ich ruf jetzt mal eine Freundin bei der Polizei an, okay?“, schlug Laurins Mutter vor und tippte auf ihrem Handy rum, ehe sie im Wohnzimmer verschwand. „Was wenn er ihr was angetan hat?“, noch nie hatte Nino solche Angst gehabt. Ihm war schlecht, er zitterte und obwohl er fror, schwitzte er. Einen Moment später kam Laurins Mutter wieder in die Küche. Ihr Gesicht spiegelte Besorgnis: „Deiner Mutter geht’s soweit gut, das erst mal vorweg.“ Angsterfüllt sah Nino zu ihr auf: „Was ist passiert?“ „Genaueres durfte sie mir nicht sagen, aber anscheinend hatte das Auto deiner Mutter einen Defekt. Sie ist über eine rote Ampel gefahren, weil sie nicht bremsen konnte. Ein anderes Auto hat sie am Heck getroffen, insgesamt sind es nur Blechschäden, da es in einer Dreißigerzone passiert ist. Wir fahren jetzt ins Krankenhaus.“ Der Schock saß tief. Stumme Tränen rannten ihm über das Gesicht. Laurin legte einen Arm um ihn: „Lass uns schnell los.“ Ninos Mutter hatte eine Platzwunde auf der Stirn und eine Gehirnerschütterung, doch auch ihr saß der Schock tief in den Knochen. Einen Tag später erfuhren sie, das jemand ihre Bremsen manipuliert hatte. Wollte ihr Ex-Mann sie tatsächlich umbringen? Schrecklich war auch die Erkenntnis, wo er das Auto beschädigt hatte, nämlich in der Tiefgarage bei ihrem Arbeitsplatz. Sie war keine drei Straßen weit gekommen, aber morgens war sie noch sicher zur Arbeit gefahren. Hilflos sah sie sich ihm gegenüber und wusste nicht, was sie tun sollte. Es gab keine Beweise, das er an ihrem Auto war und so hatte sie keine Möglichkeit, gegen ihn vorzugehen. Für die drei Tage, die seine Mutter zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben musste, blieb Nino bei Laurin. Seine Mutter hatte direkt gesagt, das sie nicht zuließe, das er alleine blieb und Ninos Mutter war sehr dankbar für ihre Hilfe. Als sie entlassen wurde, holten sie sie auch ab. Grade war sie erleichtert, das ihr nichts weiter fehlte und hoffte, das sie wenigstens ruhige Weihnachten mit ihrem Sohn verbringen konnte, als sie die Wohnung betraten. „Oh mein Gott...“, schluchzend sackte sie zu Boden. Mitten im Flur stand ein riesiger Rosenstrauß, darum drapiert jede Menge angezündete Kerzen. Die Flammen wiesen darauf hin, das sie erst vor wenigen Minuten entzündet worden waren. „Ihr kommt mit zu uns. Packt ein paar Sachen, schnell.“ Weihnachten verlief alles andere als besinnlich. Ninos Mutter war ein nervliches Wrack und saß die meiste Zeit auf dem Sofa. Laurins Mutter redete viel mit ihr, doch das Problem löste sich so nicht. An Silvester jedoch schien sich etwas geändert zu haben. Sie kochten alle vier zusammen, schauten Dinner for one und lachten. Zum ersten Mal seit zwei Wochen hatte Nino das Gefühl, ganz abschalten zu können. Gegen drei Uhr lagen sie alle im Bett und Laurin nahm ihn besitzergreifend in die Arme. „Ich liebe dich.“, flüsterte er sanft und küsste den Kleineren zärtlich im Nacken. Gänsehaut breitete sich auf seinem Körper aus und ließ Nino genüsslich seufzen. Lächelnd drehte er sich zu seinem Freund um und küsste diesen fordernd. Es war eine gefühlte Ewigkeit her, das sie miteinander geschlafen hatten. All der Stress und die Angst hatten jegliche Lust verdorben. Doch nun verlangte es ihn nach Laurin. Schnell war ein heißes Zungenspiel entflochten, wobei sie sich hin und her wälzten und sich nebenbei auszogen. Ehe sich Laurin versah, küsste sich Nino an ihm runter, um ihn schließlich mit dem Mund zu verwöhnen. Es war so schwer leise zu sein, das letzte was er wollte, war das ihre Mütter etwas davon mitbekamen. Doch hin und wieder entfloh ihm ein Seufzer bei dem, was sein Freund mit ihm tat. Gemächlich küsste sich dieser schließlich wieder nach oben, um ihn wieder zu küssen. Laurin ließ seine Hände an Ninos Rücken hinunter wandern, um ihn in die richtige Position zu lenken. Er führte seine Erregung an ihn und drang vorsichtig in ihn ein. Nino keuchte ergeben in den Kuss und drückte sich ihm entgegen. Es fühlte sich so unglaublich intensiv an. Hin und wieder biss sich Nino auf die Unterlippe, um nicht laut loszustöhnen, es tat so gut, einfach den Kopf abzuschalten und sich Laurin hinzugeben. Schließlich setzte sich Nino auf seinen Schoss und nahm ihn gänzlich auf. Gierig bewegte er sich gegen dessen Erektion, hob das Becken, um sich nur wieder auf ihn sinken zu lassen. Zeitgleich begann Laurin ihn zu massieren, immer fester. Als er leise stöhnend kam und sich um Laurin zusammen zog, ergoss auch dieser sich keuchend. Sanft küsste Nino ihn und wisperte: „Ich liebe dich auch.“ Am nächsten Morgen wachte Laurin alleine in seinem Bett auf. Neugierig stand er auf und ging in die Küche, fand aber niemanden. Im Wohnzimmer traf er auf seine Mutter, die in ihrem Pyjama mit einer Tasse Tee dasaß. Als sie ihn anschaute, überkam ihn Übelkeit. „Laurin...“, gab sie mit erstickter Stimme von sich und reichte ihm eine Hand. Sie hatte eindeutig geweint. „Was ist passiert?“ Er rührte sich nicht. Ihr schossen die Tränen in die Augen. „Wo ist Nino?“ Er wurde von Sekunde zu Sekunde unruhiger. Seine Mutter stand auf und schloss ihn fest in die Arme: „Sie sind weg.“ „Was?!“, ihr Sohn versuchte sich aus ihrer Umarmung zu befreien, „Wie weg?! Wohin?!“ „Laurin... Sie wusste sich nicht mehr anders zu helfen wegen ihrem Ex-Mann. Sie hat in den letzten Tagen über Freunde einige Sachen aus der Wohnung holen lassen, nur das allernötigste.“, sie sah ihm in die geweiteten Augen und legte eine Hand an seine Wange, „Sie sind untergetaucht. Ich weiß nicht wo sie sind.“ „Wie konntest du das zulassen?“, schrie er sie an. Vor Wut und Trauer rollten nun auch ihm die Tränen über die Wangen. „Ich wusste es doch nicht!“, sie hielt ihm einen Brief hin, „Ich hab den hier gefunden, als ich aufgestanden bin. Sie müssen sehr früh aufgestanden sein, wahrscheinlich wusste Nino nicht einmal davon.“ Laurin entriss ihr den Brief, in dem in knappen Zeilen nur das stand, was sie ihm schon gesagt hatte. Außerdem bedankte sich Ninos Mutter für die Hilfe und entschuldigte sich. Doch was brachte ihm das? Wie sollte er Nino wiederfinden? Würde er ihn überhaupt jemals wiedersehen? „Scheiße!“, Laurin warf den Brief wütend in die Ecke und stürmte in sein Zimmer, um sich anzuziehen. Er schnappte sich sein Skateboard und verließ auch schon das Haus, um zu Nino zu fahren. Als er bei der Wohnung ankam, öffnete ihm niemand. Er ging um den Block herum in den Garten und sah zum Wohnzimmer hinein. Alles stand noch so da, wie er es kannte. Erst beim zweiten Blick bemerkte er, das einige Fotos fehlten, die vorher aufgestellt waren. Er ging weiter zu Ninos Fenster. Sein Bett war ungemacht, einige Klamotten lagen auf dem Boden. Auch hier fehlten einige Fotos und andere kleine Gegenstände, von denen Laurin wusste, das sie Nino viel bedeuteten. Mit gebrochenem Herzen rutschte Laurin an der Hauswand hinunter und starrte auf den gefrorenen Boden. Langsam kroch die Kälte in seine Glieder. Noch vor wenigen Stunden hatten sie miteinander geschlafen, sich gesagt, das sie sich liebten. Und nun war er fort. Vielleicht für immer. Ein leises Rascheln holte ihn aus seinen Gedanken und er sah auf. Da stand seine Mutter vor ihm, beugte sich vor ihn nieder und schloss ihn wieder fest in die Arme. Sie sagte nichts, zog ihn dann langsam mit sich hoch und führte ihn weg vom Haus. In der Schule fiel im neuen Jahr sofort auf, das Nino fehlte. Als Anne und Kathrina den Klassenraum mit heiterer Miene betraten und ihr Blick auf Laurin fiel, verstummte ihr fröhliches Gespräch. Doch bis zum Schulschluss wollte er ihnen nicht sagen, was ihn bedrückte. Erst dachten die beiden Mädchen, das die beiden einen ganz hässlichen Streit hatten. Als die letzte Stunde vorüber war und das Klassenzimmer sich leerte, blieben sie zusammen mit Lukas zurück, der ebenfalls wissen wollte, was da im Argen lag. Doch auf das was kam, waren sie nicht gefasst. Die Mädchen brachen in Tränen aus, sie konnten nicht glauben, das sie Nino nie wieder sehen würden. Laurin saß wie ein Häufchen Elend da und wusste nicht weiter. Lukas legte ihm schließlich eine Hand auf die Schulter und sagte mit fester Stimme: „Komm, wir gehen trinken.“ Und das taten sie. Laurin hätte nie gedacht, das Lukas ihm solch eine Hilfe sein könnte. Sie gingen zu Kim, wo sie sich die Kante gaben. Noch nie hatte Laurin so viel getrunken. Schließlich beendete Kim das Besäufnis, bevor er zu viel trank und beförderte Laurin auf das ausgezogene Sofa. Er hatte immer wieder beim Trinken geweint, geklagt, geflucht. Und Lukas hatte sich alles angehört. Viel zu sagen hatte er nicht, doch es gab auch nichts, was Laurins Schmerz hätte lindern können. Der Alkohol betäubte ihn lediglich. Es war schwer zu ertragen, an manchen Tagen hatte Laurin keinen Antrieb, um aufzustehen. Es fühlte sich an, als wenn man ihm eine Hälfte des Herzens rausgerissen und gestohlen hätte. Wo war Nino wohl? Ging es ihm gut? Was tat er? Vermisste er ihn auch? Es kam kein Lebenszeichen von ihm. Seine Handynummer war tot, sein Facebookprofil gelöscht. Laurin hatte keine Chance, ihn zu erreichen. Der Januar verging, ebenso der Februar. Es kam der März, April, Frühling. Keine Nachricht von seinem Freund. Immer wieder die selben Fragen, wo er war. Hin und wieder war er an der Wohnung vorbei gegangen und hatte hinein geschaut. Doch Ende März wurde sie von einen Tag auf den anderen ausgeräumt und Anfang April zogen bereits neue Mieter ein. Es gab keine Spur. Als der Sommer kam und somit die Ferien, sah sich Laurin einer Entscheidung gegenüber. Ein halbes Jahr lang hielt ihr Glück. Seine erste Liebe. Sein erster fester Freund. Doch die Chance, ihn je wiederzusehen, war gleich Null. Er konnte noch ewig weiter auf verlorenem Posten warten, oder er würde weiterleben. Ohne Nino. Es tat ihm sehr weh, doch er ging diesen Schritt. Mit Beginn der Sommerferien packte er alles, was er an Erinnerungsstücken von Nino hatte, in eine Kiste und verbannte sie ganz oben in seinem Kleiderschrank. Ab diesem Tage, so beschloss er, war er wieder Single und würde das Leben wieder auf sich zukommen lassen. Kapitel 26: Hamburg bei Nacht und Tag ------------------------------------- „Wenn ich's dir doch sage!“, Anne schnalzte mit der Zunge, „Sie hat dem Typen die Nase gebrochen, als wäre es eine Salzstange gewesen!“ Laurin lachte in sein Handy: „Er hätte sie nicht angrapschen dürfen.“ Die junge Frau seufzte: „Mit der kannst du dich in jedem Schuppen nur zwei Mal blicken lassen, zum Blamieren und zum Entschuldigen!“ „Ach komm, Potsdam hat mehr als genug davon und wenn sie da alle Lokale durch hat, geht ihr halt nach Berlin.“, gab er amüsiert zurück und stellte ein paar Flaschen zurecht. „Wie wärs denn, wenn wir nach Hamburg kommen? Mal sehen wie es dein Chef findet, wenn Kathrina da randaliert.“ „Ne danke, ich brauch meinen Job schließlich.“, er ließ seinen Blick durch die Bar schweifen. Noch war es ruhig. „Ich muss weiter, ich meld mich die Tage.“ „Ja klar, pass auf dich auf.“ „Immer doch.“, er legte auf und steckte sein Handy ein. Ein Blick zur Uhr verriet ihm, das er nicht mehr ganz so viel Zeit hatte, in einer halben Stunde öffnete die Bar. Laurin sortierte noch einige Gläser, kontrollierte die Bestände an Getränken und checkte die Kasse. Soweit, so gut. Er betrachtete sein Spiegelbild in der Spiegelfront hinter der Bar. Mittlerweile war er 23 Jahre alt, noch etwas größer und trug sein schwarzes Haar deutlich kürzer, als in seiner Jugend. Dennoch standen sie ihm in allen Richtungen ab. Er lebte alleine in Hamburg, nachdem er in Potsdam immer wieder nur miese Jobs fand, war er einen größeren Schritt gegangen und hatte hier sein Glück gefunden. Auch wenn er noch nicht wusste, wo ihn das hinführen sollte. Sein Abi war zwar keine Glanzleistung, aber auch nicht schlecht. Doch was er damit anfangen wollte, wusste er auch nach fünf Jahren nicht. Anne und Kathrina waren in Potsdam geblieben, Anne studierte Pädagogik, Kathrina arbeitete für eine große Firma, wo sie ihr enormes Temperament gut vermarkten konnte. Hin und wieder telefonierte Anne mit ihm, damit sie nicht den Kontakt verloren. Sie betonte immer wieder, wie wichtig das doch wäre. Soziale Kontakte aus der Kindheit und Jugend sollte man pflegen, sagte sie immer wieder. Doch er genoss es auch, hin und wieder von den beiden zu hören. Und im Gegensatz zu seiner Mutter machte Anne ihm keinen Vorwurf, das er sein Abi vergeudete. „Ey Lou, steht alles?“, Basti, der Türsteher, kam an die Theke und klopfte kurz auf das pechschwarze Holz. „Jo, kannst aufmachen.“, gab Laurin zurück und stellte auf einem Tablett die ersten kurzen Gläser bereit. Die Nacht verlief wie immer sehr schillernd. Die Menschen kamen, tranken, feierten. Und von A bis Z war jeder Typ Mensch dabei. Darum liebte Laurin das Nachtleben mittlerweile. Nirgends traf er so viele interessante Menschen, wie an seinem Arbeitsplatz. Und die eine oder andere heiße Bekanntschaft konnte er sich auch sichern. Am heutigen Abend hatte er ein Auge auf einen Blondschopf geworfen, der ihm hin und wieder verstohlene Blicke zuwarf. Er war sich seine Wirkung durchaus bewusst, Laurin fiel immer sofort auf, wenn jemand ihn anziehend fand. Je später es wurde, desto direkter starrte ihn der Jungspund an. Als er gegen vier Uhr morgens zwischen den letzten Gästen einen Schwung Gläser von den Tischen einsammelte, blieb er bei dem Blonden stehen. Neckisch grinste der Schwarzhaarige ihn an: „Ganz einsam und alleine? Komm doch mit an die Theke, dann spendier ich dir einen letzten Drink.“ Der andere lächelte etwas verlegen und nickte: „Gerne.“ Es endete, wie meistens, bei Laurin zuhause. Der Blondschopf hing bereits ungeduldig an seinem Hals, als er die Wohnungstür aufschloss und seinen Besucher in den Flur drängte. Ungestüm zerrte Laurin ihm Jacke und Shirt vom Leib und machte sich an seiner Hose zu schaffen. Keuchend ließ der andere ihn machen und ehe dieser sich versah, drückte der Schwarzhaarige ihn gegen die Wand. „Hart oder sanft?“, raunte er dem Unbekannten ins Ohr und knabberte daran. Der Blonde stöhnte auf, als Laurin ihm in den Schritt langte: „Die Mischung machts.“ Bei der Antwort musste er grinsen. Er zog ihm die Jeans in die Kniekehlen und befreite auch seine schon drückende Erregung. Das Aufreißen einer Kondompackung erklang, kurz darauf versenkte er sich in den Blonden, der ungehalten aufstöhnte. Fordernd drückte dieser sich ihm entgegen und bewegte sich gegen ihn. Ungebunden zu sein hatte auch seine Vorteile. Laurin kam nur mit einem Handtuch um die Hüfte aus dem Bad und sah in den Flur. Er beugte sich hinunter und hob die Kondomverpackung auf, um diese in der Küche in den Müll zu werfen. Der Blondschopf war nach ihrer kleinen Nummer gegangen, ohne seinen Namen zu nennen oder nach seinem zu fragen. Doch so war es Laurin lieber. Gähnend nahm er noch einen Schluck Wasser, bevor er weiter in sein Schlafzimmer ging, sich eine Shorts anzog und sich in sein Bett legte. Als er gegen frühen Nachmittag wieder erwachte, schien die Sonne mit voller Kraft durch sein Fenster. Es war Juni und so langsam nahm der Sommer Fahrt auf. Laurin streckte sich einmal ordentlich und schwang dann die Beine aus dem Bett. Zeit für seine Joggingrunde. Ein paar Minuten später verließ er in kurzer Hose und Shirt seine Wohnung, um seine gewohnte Strecke zu absolvieren. Nebenbei lauschte er Musik und hing seinen Gedanken nach. Er kam an der Universität vorbei. Ob er vielleicht doch noch studieren wollte? Aber er war einfach nicht der Typ, der sich hinsetzte und lernte. Das war schon zu Schulzeiten nicht sein Ding gewesen. Er könnte eine Ausbildung machen. Aber wollte er das wirklich? Drei Jahre am Stück viel weniger Geld verdienen und sich von irgendwem rumkommandieren lassen? Er müsste dann wohl in eine WG ziehen, weil er sich seine Wohnung nicht mehr leisten können würde. Da hatte er auf jeden Fall auch keine Lust zu. Aber das müsste er auch, wenn er studieren wollte. Und ewig konnte er auch nicht als Barkeeper arbeiten. Wie der Schwarzhaarige es drehte und wendete, entweder fehlte ihm die Motivation oder das Geld. Aber jünger wurde er auch nicht, er musste sich jetzt entscheiden. Am Abend stand er wieder hinter der Theke und bereitete alles für die Feierwütigen vor, die da kommen würden. Da Basti zu früh da war, setzte sich dieser zu ihm und leistete ihn etwas Gesellschaft: „Na, wie läufts bei dir?“ Laurin zuckte mit den Schultern: „Wie immer. Nichts neues, nichts altes, nichts bewegendes.“ „Klingt langweilig.“ Seufzend lehnte sich Laurin nach hinten gegen die Arbeitsplatte und verschränkte die Arme: „Ich hab mir mal wieder den Kopf zerbrochen, was ich mit meinem Abi anstellen will.“ „Du solltest studieren, Alter. Die Brillenschlangen steckst du doch locker in die Tasche.“, meinte der Türsteher und machte eine wegwerfende Geste mit der Hand. „Und wer bezahlt dann meine Bude?“ „Ach komm, du kannst doch weiter hier arbeiten!“ „Und wer geht dann zu den ganzen Vorlesungen und den ganzen Scheiß? Wer schreibt die Hausarbeiten für mich und geht zu den Prüfungen?“ Basti schüttelte den Kopf: „Du siehst das zu verbissen. Du musst ja nicht jeden Abend die Theke schmeißen. Und dann suchst du dir halt etwas aus, wo du nicht so oft in die Uni musst.“ „Und das wäre?“, fragte Laurin mit hochgezogener Augenbraue. Der andere starrte ein paar Löcher in die Luft, ehe er antwortete: „Naja. Man hört doch ständig, das es an Lehrern extrem mangelt. Und ein paar Gören kannst du doch bestimmt locker in Schach halten!“ „Was für ein beschissener Vorschlag...“, der Schwarzhaarige hielt sich kurz die Stirn, schaute dann aber wieder auf, „Die Idee ist nicht schlecht, das Studieren mit dem Job hier zu splitten, aber Lehrer? Ernsthaft?“ Lapidar hob der andere Mann kurz eine Hand: „Warum nicht? Du verdienst richtig gut und bist noch besser abgesichert, wenn die einen Beamten aus dir machen. Lehrer brauchen die grade überall.“ „Oh Gott wie spießig, verbeamtet...“, ungläubig grinsend nahm sich Laurin ein Glas Cola, „Die werden einen scheiß tun. Und wer stellt einen schwulen Lehrer ein?“ Nun war es Basti, der herzhaft lachte: „Wenn du wüsstest! Das schreiben die sich ganz groß auf die Fahne, Toleranz und so. Die nehmen dich mit Kusshand. Erzähl mal, welche Fächer lagen dir gut in der Schule?“ „Die Pause.“ „Du Idiot, sag schon.“ Seufzend verschränkte Laurin die Arme am Hinterkopf: „Ach, was weiß ich. Definitiv nicht Mathe.“ „Dafür findest du aber ziemlich häufig alle Rechenfehler in den Rechnungen des Chefs.“ „Ja...“, grummelnd nahm er noch einen Schluck von seiner Coke, „Mathe ist nicht schwer und ich kann es auch, aber es ist ätzend. Und das dann pubertären Schülern in den Kopf prügeln? Nein danke.“ „Was dann? Sport? Deutsch? Oder doch lieber Französisch?“, lachend klatschte der Türsteher auf die Theke, „Ich habs: Biologie!“ Laurin horchte auf und hatte das Gefühl, eine Erleuchtung zu haben: „Hey, das ist gar nicht mal die schlechteste Idee.“ „Was davon?“ „Biologie. Und Chemie. Ich könnte dir eine Bombe bauen.“, der Barkeeper zwinkerte ihm zu und stellte sein leeres Glas ins Spülbecken. „Na wunderbar, bringst den Kids bei, wie sie Schließkästen in die Luft jagen können. Aber Mister Bombenbauer, müsstest du dann nicht auch Physik belegen? Drei Sachen wäre wohl zu viel des Guten.“ Der Schwarzhaarige nickte: „Recht haste. Ich glaub ich guck morgen mal, was überhaupt so angeboten wird und was noch frei ist. Ansonsten muss ich bis nächstes Jahr warten.“ „Und auch du wirst nicht jünger.“ „Charmant, wirklich.“, kommentierte Laurin und sah zur Uhr. „Ach komm. So viel Junggemüse, wie du aufreißt, kannst du nicht zu alt sein. Die dackeln dir wahrscheinlich auch noch hinterher, wenn du über 40 bist.“ „Alter, ich hab grade ein bisschen mehr als die Hälfte davon, über so ein faltiges Alter will ich gar nicht nachdenken.“ Kopf schüttelnd, aber breit grinsend, stand Basti auf: „Uh, das hat wohl das Ego von Lou getroffen. Aber das kann man auch schlecht verfehlen.“ Der Barkeeper rollte mit den Augen: „Mach dich vom Acker und lass die Gäste rein.“ Ein paar Tage später nutzte Laurin seinen freien Tag, um direkt vormittags bei der Universität vorbeizuschauen. Etwas argwöhnisch betrachtete er die Studenten, die dort umher liefen. Sie sahen alle so beschäftigt und irgendwie hoch gebildet aus. Und dann er. Graue Cargohose mit schwarzem Shirt, ohne Rucksack oder sonst welchen Papierunterlagen. Er fühlte sich etwas deplatziert. Dennoch ging er unbeirrt einigen Hinweisschildern nach, bis er in einem Raum landete, in dem für das nächste Semester verschiedene Kurse vorgestellt wurden, die noch nicht voll besetzt waren. Es waren wohl Studenten aus den höheren Kursen, die die Besucher mit Informationen versorgten und Fragen beantworteten. Leise seufzend sah Laurin sich um. An den Tischen standen auf aufgestellten Karten die jeweiligen Bereiche, die noch vorhanden waren. Der Schwarzhaarige ging durch die Tischreihen, doch es war nichts für ihn dabei. Am letzten Tisch hielt er jedoch inne. Auf einem grünen Kärtchen stand da Mathematik/Physik für Lehramt. So ein scheiß. Laurin sah auf und erblickte einen jungen Mann mit hellbraunen verwuschelten Haaren und Brille, der in einem Buch las. Na das konnte ja was werden. Räuspernd ließ sich Laurin vor ihm gemütliche auf einen Stuhl nieder: „Moin.“ Der andere blickte nur kurz über den Rand seiner feinen Brille auf, ohne den Kopf wirklich zu heben: „Hast du dich verlaufen?“ „Nein, hab mich mit voller Absicht genau hier hingesetzt, weil alles andere noch beschissener ist.“ Leicht genervt hob der andere nun den Kopf und sah sein Gegenüber richtig an: „Du willst Mathematik studieren?“ „Irgendwas muss es ja sein.“ „Dein Schnitt vom Abi?“ „2,3.“, antwortete Laurin und betrachtete den Braunhaarigen nun ausgiebiger. Er fiel wohl in die Kategorie unantastbar. Definitiv süß, aber dank der Bücher wohl zu verstaubt. Seufzend legte der Student ihm eine Broschüre hin: „Bist grade so drin. Und da der Kurs noch ziemlich leer ist, hast du gute Chancen, einen Platz zu bekommen. Beginn wie üblich mit den typischen Ferien, für Lehramt musst du zeitgleich noch ein paar Praxistage machen. Informationen zum Bafög bekommst du ein Stockwerk höher, Bücherliste ist hinten in der Broschüre, ebenso die Liste der geplanten Vorlesungen. Zimmer im Wohnheim kannst du vergessen, das ist voll belegt. Unten im Eingangsbereich findest du am schwarzen Brett aber genug Gesuche für WGs. Parkplätze kosten viel, aber die öffentlichen Verkehrsmittel sind gut strukturiert. Für ermäßigte Fahrkarten kannst du dir eine Bescheinigung im Sekretariat ausstellen lassen.“ Laurin hatte den jungen Mann während seiner Rede die ganze Zeit betrachtet und nickte zum Schluss: „Du hast keinen Bock auf Unterhaltungen, was?“ „Ich verbringe meine Zeit lieber mit wichtigerem, als mit unnützen Smalltalk.“ Der Schwarzhaarige grinste: „Ein Mann mit Prinzipien also.“ Grummelnd wandt sich der Student wieder seinem Buch zu: „Wenn du keine Fragen mehr hast, würde ich mich gerne wieder meinem Studium zuwenden.“ Aus irgendeinen Grund fand Laurin das ganze sehr ansprechend und reizte den anderen weiter: „Die eine oder andere Frage hab ich noch.“ Der Braunhaarige verdrehte die Augen und sah wieder hoch: „Welche?“ „Wie viele Studenten sitzen im Kurs?“ „Keine Ahnung, hab ich nie nachgezählt.“ „Wie oft gibt es Hausarbeiten?“ „Hab ich auch nicht nachgezählt.“ „Sind die schwer?“ „Für Idioten sicherlich.“ „Hältst du mich für einen Idioten?“ Bei der Frage wurde der Student glatt ein wenig rot um die Nase: „Bei deinen ganzen Fragen könnte man das durchaus denken.“ Laurin stützte sich mit den Unterarmen auf den Tisch und beugte sich vor: „Im wie vielten Semester bist du?“ Murrend antwortete der andere: „Im ersten.“ Verblüfft schaute der Schwarzhaarige ihn an: „Du fängst auch grade an? Wieso darfst du dann hier Informationstante spielen?“ Etwas beleidigt klappte der andere sein Buch zu: „Ich hab im letzten Jahr keinen Platz bekommen und da sich kein anderer für die Aufgabe gemeldet hat, wurde es mir angeboten.“ „Einem völlig neuem Studenten, der hier auch nichts kennt?“ „Ich hab hier schon Geschichte studiert und kenne mich aus, vielen Dank für die Blumen.“ „Na das ist doch mal praktisch.“, meinte Laurin plötzlich und grinste den anderen keck an, „Da ja mindestens ein ansehnlicher Student in dem Kurs hockt, lohnt es sich ja, sich zu bewerben.“ Mit hochrotem Kopf schob der andere seine Brille etwas hoch und schaute zur Seite: „Was für ein mieser Anmachspruch. Da kann man ja gleich fragen, ob man sich zu einem Techtelmechtel trifft.“ Treffer und versenkt. Laurin war zufrieden mit dem Ergebnis, sein Gefühl hatte ihn nicht getrügt. Sein Gegenüber war definitiv auch am eigenen Geschlecht interessiert. Der Schwarzhaarige mochte solche Spielchen in Gesprächen, man konnte so einiges über Menschen erfahren, wenn man nur die richtigen Fragen stellte oder Aussagen von sich gab. „Sag bloß du würdest auf so etwas eingehen?“, fragte Laurin neckend und legte den Kopf schief. Sauer und mit Nachdruck schob ihm der andere die Broschüre noch näher: „Nimm deinen Wisch und mach dich vom Acker, am Bahnhof findest du genügend Frischfleisch.“ „Uh, bissiges Fleisch mag ich aber lieber.“, konterte der andere zurück. Der Braunhaarige atmete gereizt durch, versuchte aber ruhig zu bleiben und öffnete sein Buch wieder, um den anderen zu ignorieren. Der Schwarzhaarige ergab sich und stand auf: „Na dann sehen wir uns hoffentlich im Kurs.“ Keines Blickes würdigend nickte der andere etwas gezwungen und machte innerlich drei Kreuze, das dieser penetrante Fremde gleich verschwinden würde. Laurin griff sich die Broschüre und verließ den Raum. Das könnte noch interessant werden. Kapitel 27: Desinteresse ------------------------ „Ich bin wirklich untröstlich. Aber immerhin bleibst du mir für ein paar Nächte die Woche erhalten.“ Laurins Chef war nicht ganz so begeistert von den Zukunftsplänen seines besten Barkeepers. „Und du hast wirklich schon einen Platz?“ Laurin nickte bestätigend: „Ja, kam direkt drei Tage nach der Bewerbung.“ Der etwas ältere Mann seufzte: „Das du nochmal studierst. Jetzt muss ich wieder einen neuen Barkeeper suchen.“ Der Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern: „Wird schon schief gehen. Ich bin dann mal weg. Schick mir die neuen Arbeitspläne dann aufs Handy.“ Allein alles fürs Studium vorzubereiten kotzte Laurin an. Er hatte einen Haufen Behördengänge vor sich, jede Menge nervtötender Telefonate und immer wieder Papierkram. In Deutschland musste man wirklich für jeden Scheiß seitenweise Papier ausfüllen, um am Ende von einem verstaubten Beamten in einem modisch kalten Büro abgewiesen zu werden. Seltsam, das Ämter anscheinend nie Geld für ihre Antragsteller hatten, aber ihre Büros konnten sie immer auf den neuesten Stand einrichten. Auch vor dem Gespräch mit seiner Mutter graute es Laurin. Doch es half nichts, schließlich musste sie auch ein paar Anträge wegen seinem Bafög ausfüllen und früher oder später erfuhr sie es sowieso. Als der junge Mann zuhause ankam, setzte er sich also auf sein Sofa, legte die Füße hoch und rief seine Mutter an. „Laurin! Schön das du mal wieder anrufst, geht’s dir gut?“ Er konnte noch nicht einmal Hallo sagen. „Alles in bester Ordnung, Ma. Du. Hör mal zu...“ „Was hast du wieder angestellt?“ Er grummelte: „Lass mich doch bitte ausreden. Ich habe keine Bank überfallen und auch niemanden abgestochen.“ „Hast du dir was eingefangen?“, kam es todernst von ihr, „Bei deinen ganzen Bekanntschaften...“ Seine Mutter wusste sehr wohl von seinem flatterhaften Verhalten. „Oh bitte, nicht wieder das! Ich bin doch nicht blöd!“, meckerte der Schwarzhaarige seine Mutter an. Sie lachte kurz: „Du weißt doch, das ich dich nur verschaukel. Also, was hat mein nicht blöder Sohn zu erzählen?“ „Ich fang an zu studieren. Schon in ein paar Tagen. Es waren noch viele Plätze frei und-“ „Ja!“, kam es überheblich von der anderen Seite, „Ich mach dir gleich alle Anträge fertig!“ Er rollte mit den Augen, konnte sich ein Grinsen aber nicht verkneifen: „Wie gut das ich doch noch die Kurve zum Traumsohn geschafft habe, was?“ „Ich freu mich einfach, das du nun anscheinend an etwas arbeiten willst, was auch Bestand hat.“ „Ich arbeite aber weiterhin als Barkeeper. Sonst kann ich mir meine Wohnung nicht leisten.“ „Versteh ich. Ich kann dich leider auch nicht groß unterstützen.“ „Schon okay Ma. Du weißt ja anscheinend schon, was ich alles brauche. Schickst du mir die Anträge dann rüber?“ „Na klar, ich setz mich gleich dran. Ich muss eh noch Papierkram machen.“ „Okay, dann vielen Dank, ich muss jetzt weiter.“ „Ich hab dich lieb mein Kleiner.“, verabschiedete sie sich und legte auf. Warum kam er sich immer wie ein kleines Kind vor, wenn er mit ihr telefonierte? Einen Tag vor seinem Studienbeginn hatte Laurin eine Nachtschicht. Fast eine Woche war er nicht eingeteilt gewesen und er merkte jetzt schon, wie sehr ihm der Job fehlte. Keine fremden Menschen, mit denen man interessante Gespräche führen konnte, keine Nächte, die voller Euphorie waren und keine Bekanntschaften für etwas Spaß zwischendurch. Heute wollte sich Laurin einen gönnen, es dürstete ihn danach und gegen zwei Uhr morgens fand ein junger Hübschling mit schulterlangen dunkelbraunen Haaren den Weg in die Bar. Er war alles andere als schüchtern, die Blicke des Barkeepers entgingen ihm nicht und so setzte er sich direkt vor dessen Nase. „Interesse?“, fragte er spitzbübisch grinsend und zog am Strohhalm seines Drinks. „Sag bloß du bist leichte Kost?“, neckte der Schwarzhaarige ihn. Der Fremde beugte sich über die Theke näher zu Laurin. „Möglicherweise leicht zu haben. Aber wenn du leichte Kost erwartest, verdirbst du dir den Magen an mir.“, kam es verrucht von ihm. In Laurins Fingerspitzen zuckte es. Solch ein Exemplar von Mann hatte er schon lange nicht mehr vor sich gehabt. „In einer Stunde kann gegessen werden. Ich hab einen sehr stabilen Küchentisch.“ Frech funkelte der andere ihn an: „Wenn du mal soweit kommst.“ „Härter!“, verlangte sein Gast und drückte sich ihn fest entgegen. Sein Stöhnen war hektisch und Laurin kam seinem Verlangen gerne nach. Der Barkeeper hatte sich nicht in ihm getäuscht, er gehörte zu den wenigen, die trotz devoter Stellung die Zügel nicht aus der Hand gaben und Befehle erteilten. Als der junge Mann endlich mit einem Aufschrei kam, war auch Laurin heillos erschöpft. Der Trip war vorbei. Lag es daran, das sich grade sein Leben wandelte? Nachdem er sich von dem wie immer unbekannt gebliebenem Besucher verabschiedet hatte und duschen war, stellte Laurin fest, dass das ganze seinen Reiz verloren hatte. Er war gekommen, aber es war nicht mehr so berauschend wie sonst. Vielleicht lag es aber auch einfach daran, das er nach all den Jahren mal wieder Abwechslung brauchte. Mit recht ernüchternder Laune zog Laurin eine Shorts an und ging ins Wohnzimmer, um seine Sachen für den Start an der Uni zu sortieren und in seinen Rucksack zu packen. Um elf Uhr würde es losgehen. Bis dahin hatte er noch ein paar Stunden, die er für seinen Schlaf nutzen wollte. Um zehn klingelte sein Handy, um ihn zu wecken. Was ihn wohl erwartete? Er machte sich fertig und aß noch zwei Scheiben Toast, bevor er sich mit seinem Skateboard auf den Weg machte. Wie lange war er nicht mehr gefahren? Da fühlte er sich direkt ein paar Jahre jünger. Zufrieden stellte er jedoch fest, das all seine Reflexe beim Fahren erhalten geblieben waren. Diese alten Gewohnheiten ließen ihn grinsen. Bei der Uni angekommen, stieg er von seinem Board und hebelte es mit dem Fuß hoch, um es anschließend mit der Hand aufzufangen. Genau in diesem Moment, wo er mit seinen Augen bei seinem Skateboard war, lief jemand um die Ecke, an der er grade stand und rannte in ihn hinein. Während Laurin starr blieb und somit nicht umkippte, fiel der andere rücklings auf den Hintern. „Ah... Verdammt!“, fluchte derjenige und hielt sich die Stirn. Der Schwarzhaarige sah auf: „Ah, wenn das mal nicht der Smalltalkhasser ist.“ Überrascht blickte der Braunhaarige auf und schaute zu Laurin nach oben. Grimmig richtete er seine Brille und stand auf. Laurin konnte nicht anders als lachen: „Man bist du klein! Hat man dich in eine Kiste eingesperrt, damit du nicht wächst?“ „Sehr lustig, du Idiot.“, bockig sah er auf, doch wieder lag ein Hauch rot auf seinen Wangen. „Wie groß bist du? 1,40?“ „1,56, du Arsch. Kann ja nicht jeder gleich 1,80 groß sein.“, pöbelte der Kleinere zurück und hob seine Tasche auf. Laurin grinste, während er sich sein Skateboard locker unter dem Arm klemmte: „1,86, Süßer.“ „Ach halt die Klappe.“, verlegen drein blickend ging er um Laurin rum, „Übrigens ist der Eingang zum Kurs da vorne im Nebengebäude.“ Er stapfte voraus und der Schwarzhaarige konnte nicht anders, als ihm schmunzelnd zu folgen. Er musste aufpassen, das er sich hierbei nicht mit seinen Gefühlen verhaspelte. Wie oft war er in eine dumme Situation geraten, weil er etwas mit einem Mann anfing, der so klein war und ihn an jemanden erinnerte? Jedes Mal ging es ihm danach tagelang dreckig. Durchatmend folgte er dem Braunhaarigen in das Gebäude und legte seine Gedanken zur Seite. Im Hörsaal setzte sich Laurin direkt neben dem Kleineren, der sich ganz oben in der letzten Reihe nieder ließ. „Wie heißt du?“ „Versuch es erst gar nicht.“, der Kleinere legte eine Federmappe und einen Block auf seine Tischbank vor ihm und starrte stur geradeaus. „Okay, Mister 'Versuch es erst gar nicht', hast du auch eine kürzere Variante?“, Laurin tat es ihm gleich und legte ebenfalls einen Block und einen Kugelschreiber bereit. „Du gibst nicht auf, was?“ „Nein.“ „Mir egal wie du mich nennst. Leon, Tim, Max, was auch immer, interessiert mich nicht.“ „Okay, fangen wir mit Leon an?“ Der Braunhaarige wandte sich ihm zu: „Du bist bescheuert.“ Laurin grinste breit: „Willst du wissen, wie ich heiße?“ Der andere schlug seinen Block auf und begann die Kästchen in Schachbrettmuster auszumalen: „Mir ist egal, wie du heißt.“ Der Größere blinzelte kurz. Er war wirklich eine harte Nuss. „Mit Namen kannst du mich besser ankeifen.“ „Okay, ich nenne dich Nervensäge.“, kam es beschwichtigend von dem jungen Mann, der nicht Leon hieß. „Du bist ziemlich frech.“ „Und du dafür ungehobelt.“ Laurin hob eine Augenbraue: „Ich hab dich nach deinem Namen gefragt, nicht ob du mit mir schlafen willst.“ „Ich lehne beides ab.“ Jetzt entfloh dem Größeren doch ein Grummeln: „Zicke.“ Während der ganzen Vorlesung verloren die beiden kein Wort mehr miteinander. Laurin war etwas enttäuscht, das er nicht an den anderen herankam, er hatte auf eine Bekanntschaft gehofft, mit der er das Studium durchleben konnte. Aber der Braunhaarige war wohl nicht an Freundschaften interessiert. Wochen vergingen, bis schließlich der Herbst kam. Noch immer wusste Laurin nicht, wie sein Sitznachbar hieß. Den kurioserweise saßen sie trotzdem seit dem ersten Tage immer nebeneinander, der Kleinere machte keine Anstalten, sie von ihm wegzusetzen. Egal wer von ihnen als erstes da war, sie hockten immer zusammen. Auf eine gewisse Art und Weise genoss Laurin diese lose Freundschaft. Sie wechselten nur wenige Worte miteinander, meist ging es um Inhalte aus der Vorlesung. Manchmal versuchte der Schwarzhaarige den anderen aus der Reserve zu locken, doch dieser blieb eisern. Und so redeten sie sich auch drei Monate nach Beginn noch immer mit irgendwelchen Namen ein, die ihnen grade einfielen. Gedankenverloren ließ Laurin an einem besonders kalten und regnerischen Herbsttag seinen Blick schweifen. „Sag mal, bei all den Namen, mit den ich dich schon angesprochen habe, war da je dein richtiger dabei?“, er stützte seinen Kopf auf und lugte leicht zur Seite, um seine Reaktion auf seine Frage zu sehen. Der Kleinere hielt kurz inne, notierte dann aber weiter einige Formeln: „Nein.“ Laurin seufzte tonlos und schaute ebenfalls wieder nach vorne. Einige Minuten später kam ein leises, kurzes Räuspern von der Seite: „Und bei dir?“ Wie aus dem Koma gerissen blickte Laurin wieder zur Seite. Er hatte tatsächlich sein Interesse geweckt? „Leider nein. Aber wir können ja ein Ratespiel daraus machen.“ Der Kleinere überlegte kurz. „Nein.“, er konzentrierte sich wieder auf seine Notizen und ließ einen verwirrt schauenden Laurin zurück. Was war das denn?! Murrend sagte Laurin: „Ich hab keine Lust mehr, mich mit irgendwelchen Namen von dir ansprechen zu lassen. Lou ist mein Spitzname, benutz den in Zukunft.“ „Wenn du meinst.“, kam es gleichgültig vom anderen. Andere Leute stellten sich innerhalb von zehn Sekunden gegenseitig vor. Sie hatten für weniger als die Hälfte über drei Monate gebraucht. Noch nie hatte Laurin jemand so starrsinnigen vor sich gehabt. Was hatte er denn für ein Problem damit, das jemand seinen Namen wissen wollte? Die Vorlesung neigte sich dem Ende entgegen und eiligst verließen all den Hörsaal. Laurin und sein unbekannter Nachbar waren mit die Letzten, die hinaus kamen. „Sag mal, hast du Bock auf Kino?“, warf Laurin ein und zog seine Jacke zu. „Nein.“, schmetterte der Braunhaarige seinen Vorschlag ab. „Was machst du eigentlich, wenn du nicht in der Uni bist?“ „Geht dich nichts an.“ „Oh man muss dein Leben langweilig sein.“, grummelte der Schwarzhaarige, „Du solltest dringend mal feiern gehen. Ich arbeite nebenbei als Barkeeper, ich kann dir ein paar Drinks ausgeben.“ „Nein danke, kein Interesse.“ „Alter, bist du prüde.“, stellte Laurin fest und schüttelte den Kopf, „Du verpasst doch das Leben!“ „Du kennst mich doch gar nicht, woher willst du dann wissen, das ich prüde bin und das Leben verpasse?“ Seufzend gab sich Laurin für diesen Tag geschlagen: „Ach vergiss es, wir sehen uns morgen.“ Am nächsten Tag saß sein unbekannter Nachbar mit etwas bleichem Gesicht bereits an seinem Platz. Verwundert musterte Laurin den Kleineren und setzte sich neben ihn. „Was hast du denn? Wirst du krank?“ Der andere schüttelte nur leicht den Kopf. „Geht dich nichts an.“ Aber es klang nicht so hart und abweisend wie sonst. Während der Professor über irgendwelche alten Griechen und deren Entdeckungen erzählte, fragte sich Laurin, wie er die Situation gewinnbringend für sich nutzen konnte. Vielleicht kam er heute an den anderen heran? Statt zuzuhören, überlegte er sich, wie er strategisch am besten vorgehen konnte. Er durfte nicht zu direkt sein, der Kleinere würde sofort Lunte riechen und ihn abweisen. Gedankenversunken malte Laurin kleine Kreise auf seinen Block. Als der Professor sich verabschiedete, stellte der Größere entsetzt fest, das er seine Chance so gut wie vertan hatte. Jetzt oder nie, dachte er sich und wollte voller Enthusiasmus starten. Er packte seine Sachen ein und sah zu seinem Nachbarn, der noch immer auf seinen Block starrte. Er hatte nicht ein Wort notiert. „War es heute zu langweilig für dich?“, begann Laurin lapidar. Der andere ließ seinen Stift fallen. „Weißt du, wo ich noch heute ein Zimmer finde?“ Baff starrte er den Braunhaarigen an: „Was ist passiert?“ „Ich hab eine Einzimmerwohnung in einem sehr alten Haus. Gestern ist das Dach halb eingesackt, die Feuerwehr musste sogar einen Dachbalken abstützen. Heute früh waren dann irgendwelche wichtigen Leute da wegen der Statik. Das Haus muss sofort geräumt werden und ich weiß nicht, wie ich auf die Schnelle ein so günstiges Zimmer kriegen soll.“ Leicht entsetzt antwortete Laurin: „In was für einer Bruchbude bist du denn untergekommen?“ Ein schwaches Lächeln legte sich auf die Lippen des Kleineren: „Ich hab das schwarze Brett schon komplett durch, es ist nichts da. Ich kann mir nicht mal ein billiges Hotelzimmer leisten.“ „Was hast du denn so an Möbeln?“ „Keine. Gehören alle zu der Wohnung. Ich hab nur meine Klamotten, Unterlagen, etwas Kleinkram und einen Schlafsack.“ Laurin klopfte ihm kurz auf die Schulter und grinste: „Holen wir deinen Kram, ich hab genug Platz für zwei!“ Fassungslos schaute der Kleinere ihn an: „Was?“ „Ich lass dich bestimmt nicht auf der Straße pennen.“ „Du kennst mich doch gar nicht...“ „Vielleicht wäre es dann mal an der Zeit, das du mir sagst, wie du heißt.“, Laurin packte seine Sachen ein, stand auf und wartete darauf, das der andere es ihm gleich tat. Zögerlich steckte auch dieser seine Sachen in seine Tasche, hängte sie sich um und stand auf. Verlegen sah er zu seinen Füßen, ehe er murmelte: „Ich heiße Robin.“ „Dann lass mal gehen und dein Zeug holen, Robin!“, Laurin strahlte ihn glücklich an, er hätte nicht gedacht, das er ihn nochmal wirklich mit seinem richtigen Namen ansprechen würde. Kapitel 28: leere Antworten --------------------------- Beim Anblick von Robins kleiner Wohnung fiel Laurin fast vom Glauben ab. Es war ein wirklich sehr sehr altes marodes Haus, an dem außen der ganze Putz abbröckelte und die roten Klinkersteine frei gab. Das Treppenhaus roch extrem modrig, ein Wasserproblem konnte nicht erst seit gestern der Fall sein. An verschiedenen Stellen schauten Kabelverbindungen aus den Wänden, die wie bunte Wollknäule aussahen. Zum Teufel nochmal, hatte man in diesem Haus überhaupt Strom? Geschweige denn Internet?! Die Wohnung an sich bestand nur aus einem kleinen Raum, indem ein kleines Sofa, ein Regal und ein Tisch mit zwei Stühlen stand. Obwohl es sauber war, sah man, wie angegriffen die Möbel waren. Das Bad war noch winziger und gab nicht mehr her, als ein Klo und eine winzige Nasszelle zum Duschen. Keine Küche, kein Kühlschrank, keine Waschmaschine und erst recht keine Heizung. „Oh man... Auf dem Sofa hast du geschlafen?“, fragte Laurin ungläubig und setzte kurz ein Knie drauf. Es war durchgelegen und hart. „Ich passe gut drauf.“ „Ich weiß ja das du klein bist, aber das ist doch auch für dich winzig. Und was isst du bitte? Und überhaupt, womit hättest du im Winter geheizt? Die Bude hat keine Heizung!“ „Gar nicht...“, antwortete der Kleinere beschämt. Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf: „Das man sowas überhaupt vermieten darf. Gib mir was zum Tragen und lass uns gehen.“ Robin besaß wirklich nicht viel. Er lebte klamottentechnisch aus einem Koffer, in den er in nur wenigen Minuten sämtlichen Kleinkram gestopft hatte, was er noch so besaß. In einen Karton stellte er alle seine Unterlagen und Bücher, zum Schluss legte er einen dunkelblauen Schlafsack darauf. „Das wars.“, gab er eingeschüchtert von sich. Laurin staunte noch immer. Wie konnte er nur mit so wenig leben? Er schüttelte den Gedanken ab, um mit Robin schleunigst das Bruchhaus zu verlassen. „Wir nehmen den Bus, damit sind wir schneller bei mir.“, entschied der Schwarzhaarige und führte den anderen zu einer Bushaltestelle. Bei Laurin angekommen, schloss dieser seine Wohnung auf und trug den Karton weiter in sein Wohnzimmer. Robin folgte ihm und sah sich dabei beeindruckt um: „Das kannst du dir leisten?“ „Ich hab vorher als Barkeeper gut verdient. Das ist jetzt zwar deutlich weniger, aber es reicht. Einige Nächte arbeite ich ja noch.“, erklärte er und zog seine Schuhe aus. Der Braunhaarige folgte seinem Beispiel und schlüpfte ebenfalls aus seinen. Er kam sich etwas verloren vor in der schön eingerichteten Wohnung seines Kommilitonen. Laurin schloss die Tür hinter ihm und schob ihn weiter ins Wohnzimmer: „Mach dich breit. Du kannst deine Sachen da in die Ecke stellen.“ Verlegen stellte der Kleinere seine Tasche ab und drehte sich zu Laurin: „Danke für deine Hilfe, ich hoffe ich bin dir keine Last. Ich werd so schnell wie möglich etwas Neues suchen.“ Der Schwarzhaarige stemmte leicht die rechte Hand an das Becken und legte den Kopf schief: „Sag mal, wie viel hast du an Miete gezahlt?“ Nun wurde sein Gast rot: „Ehm... Hundert Euro.“ „Und du hast noch die Studiengebühren, du musst dich von irgendwas ernähren und deine Wäsche irgendwo waschen... Von wie viel lebst du im Monat? Und wie willst du hier in Hamburg für so wenig Geld ein Zimmer finden?“ Beschämt sah Robin zu Boden: „Ich hab halt nicht die finanziellen Mittel.“ „Bafög?“ „Kann ich nicht beantragen.“ „Einen Job nebenher?“ „Geht auch nicht.“ Fragend hob Laurin eine Augenbraue: „Warum geht das nicht?“ „Weil es halt nicht geht!“, da kam wieder Robins abweisende Art durch. Er seufzte: „Es tut mir leid, ich such mir so schnell es geht was Neues.“ „Ach, mach den Kopf zu. Ich hab genug Platz für zwei.“, er legte dem Kleineren einen Arm um die Schulter und grinste. Dieser lief rot an und wandt schnell sein Gesicht ab, da er die Wärme in seinem Gesicht spürte: „Danke.“ Wie Laurin das so sah, machte sein Herz einen kurzen Aussetzer. Er weckte seinen Beschützerinstinkt in ihm, ein für Laurin längst vergessenes Gefühl. Schnell ließ er von Robin ab und deutete auf die Couch: „Sie ist ausziehbar und wirklich sehr gemütlich. Bettzeug hab ich auch da, du brauchst deinen Schlafsack also nicht. Waschmaschine steht im Bad, die Küche hat alles, was man so braucht.“ Der Kleinere nickte verstehend: „Okay.“ „Hunger?“ Robin schüttelte den Kopf, er wollte nicht noch mehr Last sein, als er eh schon war. Doch sein Magen knurrte und das nicht grade leise. „Lüg mich nicht an.“, befahl der Schwarzhaarige und ging in die Küche, „Ich koche jetzt.“ „Ich hol mir nachher was zu essen, du brauchst nicht für mich mitkochen.“, wies Robin ihn mal wieder ab. „Versuch es erst gar nicht.“, kam es ebenso abweisend von Laurin. Er stellte einen Topf mit Wasser auf den Herd und begann einige Dinge hervorzukramen. Am Abend saßen beide auf dem Sofa vor dem laufenden Fernseher. Laurin hatte sich einen Film eingeschmissen, während Robin in einem Buch einen Text bearbeitete. Neben dem so fleißig arbeitenden Braunhaarigen kam sich Laurin ein wenig dumm vor. Irgendwann hielt er es nicht mehr aus und drückte bei dem Film auf Pause, um sich Robin zuzuwenden, der im Schneidersitz mit seinen Sachen auf den Schoss dasaß. „Sag mal, lernst du den ganzen Tag?“ Der Kleinere blickte durch seine schmale Brille zu ihm auf: „Ich kann es mir nicht leisten, irgendwelche Prüfungen nicht zu bestehen.“ „Wie war dein Schnitt vom Abi?“ „1,2.“, war seine knappe Antwort. Der Schwarzhaarige staunte: „Und du machst dir Sorgen, das du irgendeine Prüfung nicht schaffst? Das ist lachhaft!“ Robin schob seine Brille zurecht und strafte ihn mit einem missbilligenden Blick: „Das war auch harte Arbeit!“ „Irgendwie kann ich mir das bei dir schon fast nicht vorstellen... Du hörst etwas und hast es doch sofort drin, oder? Wenn ich da mich sehe... Ich muss mir das alles einprügeln.“ „Warum studierst du dann?“, harkte der andere nach. „Irgendwas muss ich ja machen. Ich kann ja nicht auf ewig Barkeeper bleiben. Und da ich auf Ausbildung erst recht keinen Bock hatte, hab ich mich für ein Studium entschieden.“ „Irgendwie ist das nicht grade logisch... Und Mathematik war auch nicht deine erste Wahl, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, oder?“ Laurin schüttelte den Kopf: „Ich kann Mathe zwar, aber ich mag es nicht sonderlich. Aber was soll man machen.“ Sein Gast schüttelte den Kopf: „Man sollte sich für das entscheiden, was einem liegt und Spaß macht.“ „Ach, das Ende ist das gleiche. Lehrer ist Lehrer.“ Nun entglitten seinem Gegenüber die Gesichtszüge: „Bitte was? Da gibt es himmelweite Unterschiede!“ „Du bringst irgendwelchen Gören was bei und fertig. Ich sehe da keinen Unterschied.“ Seufzend schüttelte Robin den Kopf, um sich dann wieder auf seine Arbeit zu konzentrieren. Neugierig beugte sich Laurin über ihn: „Was machst du da eigentlich?“ Sein Blick fiel auf den Text im Buch, in dem einige Stellen markiert waren. Ein weiterer Blick auf Robins Block zeigte, das dieser grade anscheinend eine Zusammenfassung mit praktischen Beispielen ausarbeitete. Der Größere hob eine Augenbraue: „Da sind wir doch noch lange nicht. Warum bearbeitest du das jetzt schon?“ Mit leichter Röte im Gesicht zog sich Robin ein bisschen zurück, die Nähe vom anderen machte ihn nervös. Doch da das Sofa begrenzt war und er nun direkt an der Seitenlehne saß, konnte er kein weiteres Stück zurückweichen. Laurin grinste innerlich und rückte einfach nach, während er den Blick des anderen suchte. „Mach ich dich nervös?“ „Du störst, das ist alles.“, gab der Kleinere säuerlich von sich, doch die Farbe in seinem Gesicht nahm zu. „Sag mal, hattest du eigentlich schon mal einen Freund?“ Nun leuchtete er und antwortete beschämt: „Das geht dich doch nichts an! Und wie kommst du da überhaupt drauf?!“ „Weil du so unglaublich schnell rot anläufst. Ein Wunder, das du nicht noch stotterst. Man könnte meinen, du wärst noch Jungfrau...“ Peinlich berührt, aber nicht um eine Antwort verlegen, schoss Robin zurück: „Du bist einfach nur aufdringlich, das warst du schon bei unserer ersten Begegnung.“ „Ich rede halt gerne über Sex und solche Dinge.“ Robins Röte hatte sich mittlerweile komplett über seine Ohren und seinen Hals ausgebreitet. Selbst durch den Haaransatz schimmerte es durch. „Ich glaube, du hast es einfach wieder nötig. Aber dann such dir woanders einen Spielpartner!“, entgegnete der Braunhaarige zickig und schaute wieder in sein Buch, um sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. „Man könnte meinen du hättest deine Tage.“, schmunzelnd lehnte sich Laurin wieder zurück, „Aber vielleicht ist es ja doch nur deine Jungfräulichkeit.“ Puterrot lugte Robin über seine Brille. „Ich bin keine Jungfrau mehr und jetzt lass mich in Ruhe!“, platzte ihm der Kragen. Innerlich um Würde kämpfend starrte er wieder auf seinen Text, doch fand er seine Zeile nicht mehr, in der er sich davor befand. Fasziniert sah der Größere ihm zu: „Erzähl doch mal, wie hast du sie verloren? Mit Mann oder Frau?“ Kurz schloss der Kleinere die Augen und atmete durch: „Lou... Ich bin dir wirklich dankbar, das ich bei dir schlafen kann, aber hör auf in meinem Privatleben zu bohren.“ „Ach komm schon du Spielverderber... Ist doch nichts dabei. Ich kann dir auch im Gegenzug von meinem ersten Mal erzählen.“ „Nein danke, kein Interesse!“, noch immer suchte er seine Zeile. Schließlich gab er es auf und knallte das Buch zu: „Toll...“ Grinsend piekste Laurin in die Seite: „Schau nicht so grimmig. Es ist doch nichts dabei, sich mit einem Freund über sowas zu unterhalten.“ „Freund?“ Als Robin das so leicht verwirrt wiederholte, sah Laurin ihn leicht empört an: „Ja natürlich? Meinst du ich lasse jeden einfach so bei mir schlafen?“ „Ehm... Du kennst mich doch gar nicht.“ „Ich weiß wie du heißt und was du studierst. Und im Moment auch, wo du wohnst und sogar schläfst.“ Der Kleinere schwieg für einen Moment und fixierte seinen Blick auf seine überkreuzten Beine: „Naja, aber Freunde?“ „Freundschaft fängt doch immer klein an. Du könntest ja aufhören, so verbohrt zu sein und mal etwas über dich erzählen. Woher kommst du eigentlich?“ Robin hob den Blick und schaute in seine blaugrauen Augen. Er schien einen Moment zu überlegen, was er sagen wollte, bevor er das Wort ergriff: „Ich komme von überall her. Bin ziemlich oft umgezogen.“ „Das ist doch keine richtige Antwort. Sag schon, wo warst du überall?“ Der Braunhaarige seufzte kurz: „Zum Beispiel in Freiburg. Und in der Eifel. An der Nordsee. In Dresden. Zu viele Orte.“ „Warum bist du so oft umgezogen?“ „Familiär bedingt. Wir sind ständig umgezogen.“ Laurin verdrehte die Augen: „Deine Antworten sind nichts Halbes und nichts Ganzes.“ „Es ist doch auch vollkommen egal, woher ich komme. Ich bin jetzt halt hier und fertig.“, mürrisch verschränkte er die Arme und lehnte sich leicht zurück. Der andere nickte: „Wenn du meinst.“ Laurins Handy klingelte und vibrierte auf dem Wohnzimmertisch vor sich hin. Ein Blick darauf verriet ihm, das es sein Chef war. „Was will der denn...“, er nahm sein Telefon und nahm das Gespräch entgegen, „Ja?“ Robin schaute unterdessen zu, wie sein Gastgeber sich vorbeugte und die Ellenbogen auf die Knie setzte, während er zu Boden schaute und mit dem Gegenüber sprach. „Muss das sein? Ich hatte heute einen langen Tag, die ganze Schicht schaffe ich nicht.“ Sein Schlaf war ihm heilig, auch wenn sein Chef ihm grade die Ohren volljammerte, das der neue Barkeeper unfähig war und dringend eine vernünftige Einarbeitung seitens Laurin brauchte. „Ich komme, aber nur für zwei Stunden. Den Rest muss der Neue selbst geschissen kriegen.“, er legte auf und erhob sich. Der Kleinere sah fragend zu ihm hoch. „Mein Chef glaubt das gleich die Welt untergeht, wenn ich nicht sofort mit meinem weißen Schimmel zur Rettung eile.“ „Das klingt dramatisch.“, mit seinem Kommentar hatte er Robin ein Grinsen entlockt. „Wie wärs, möchtest du mit? Du musst auch nichts bezahlen.“, schlug Laurin vor. Robins Lächeln erstarb und Unsicherheit machte sich auf seinem Gesicht breit: „Ich weiß nicht... Ich mag sowas nicht wirklich. Ist es dir unangenehm, wenn ich hier alleine zurück bleibe?“ „Nein, schon okay. Aber vielleicht würde dir ein Drink ganz gut tun.“, keck streckte der Schwarzhaarige ihm die Zunge raus und zwinkerte. Beschämt wandte Robin den Blick ab: „Nein danke, ich bleibe lieber hier und lerne.“ „Wenn du meinst.“, lachte Laurin und schmunzelte innerlich. Robin gefiel ihm immer besser. Kapitel 29: Eisprinzessin ------------------------- Es war bereits nach zwei Uhr morgens, als Laurin endlich wieder vor seiner Wohnungstür stand. Der neue Barkeeper war zum Glück doch lernfähiger als erwartet, doch da der Andrang so groß war, konnte Laurin nicht eher gehen. Seufzend schloss er die Tür auf und trat ein. Wie immer lief er im Dunkeln in die Küche, auf dem Weg dahin schlüpfte er aus seinen Schuhen und legte seine Jacke ab. Der Schwarzhaarige ging davon aus, das sein Gast schon schlief, daher hantierte er leise vor sich hin, als er sich etwas zu trinken nahm und in den Kühlschrank schaute, um etwas kleines Essbares zu finden. Doch irgendwie war die Auswahl nicht sehr groß. Er schloss den Kühlschrank wieder und schlich in den Flur, im Vorbeigehen knipste er das Licht aus. Als er den Flur betrat, bemerkte er zu seiner Rechten einen kleinen Schatten und wie etwas auf ihn zu sauste. Reflexartig griff er nach dem Gegenstand und staunte nicht schlecht, als er ein dickes Buch abfing. Ungläubig knipste Laurin das Licht an und erblickte Robin vor ihm, der etwas bleich dastand. „Was tust du da?“, fragte der Größere leicht mürrisch. Der Braunhaarige blinzelte kurz und kratzte sich am Hinterkopf: „Ich dachte da wäre ein Einbrecher...“ Verlegen sah der Kleinere zu Boden. Laurin besah sich das Buch: „Und dann willst du mich mit der Geschichte der Mathematik erschlagen?“ „Ich hatte nichts anderes zur Hand...“ „Ein wirklicher Einbrecher hätte Kleinholz aus dir gemacht.“, mit sanfter Gewalt ließ er das Buch kurz auf Robins Kopf landen, „Ist doch klar das ich das bin, das hier ist meine Bude. So schnell bricht hier keiner ein, erst recht nicht im dritten Stock.“ Beschämt starrte sein Gast zu Boden und zupfte mit beiden Händen sein Shirt an sich runter. Es war recht weit und ließ ihn noch kleiner wirken, dazu trug er eine lockere Jogginghose. Laurin folgte seinem Blick. Irgendwie benahm Robin sich merkwürdig. Stumm drückte er ihm das Buch gegen die Brust, wo der andere es mit einer Hand annahm und weiterhin gegen sich gedrückt hielt. Mit der anderen Hand hielt er noch immer sein Shirt auf seltsame Art nach unten gezogen fest. Fragend legte Laurin den Kopf schief. „Ich leg mich wohl lieber wieder hin...“, gab Robin leise von sich und drehte sich um, als Laurin erkannte, was der Braunhaarige da mit seiner Haltung bezweckte. Grinsend fasste er ihn am Handgelenk der Hand, mit der er das Shirt fest hielt und zog ihn zu sich. „Nein, lass das...!“, peinlich berührt wollte er mit der anderen Hand sein Shirt wieder hinunter zerren, wobei ihm das Buch wegrutschte und zu Boden fiel. Damit es jedoch nicht auf einen seiner Füße landete, war Robin einen Schritt zur Seite gegangen und direkt gegen den Schwarzhaarigen gekracht. Mit säuerlicher Miene sah er zu dem anderen auf, der mit einem süffisanten Grinsen zurückblickte. „Du hast eine Latte.“ „Das geht dich nichts an.“, blockte sein Gast ab und versuchte sich von ihm zu lösen, was Laurin jedoch nicht zuließ. Er behielt sein Handgelenk im Griff und senkte seinen Kopf, um dem anderen ins Ohr flüstern zu können: „Lass mich dir diesen Gefallen tun.“ Robin wurde ganz heiß, ein Schauer jagte durch seinen Körper und er spürte, wie er noch härter wurde. Manchmal erwachte er nachts mit einer Erektion, je länger er mit keinem Intimitäten ausgetauscht hatte, desto häufiger passierte es. Das Angebot seines Kommilitonen war in diesem Moment ziemlich verlockend für ihn, sodass er ernsthaft über sein Angebot nachdachte. Er wollte seine Distanz nicht brechen, die ihm den Halt gab, den er brauchte. Sein Gastgeber hatte unterdessen begonnen, an seinem Hals zu knabbern. Oh Gott, er würde gleich die Kontrolle verlieren... Als Robin seine Hand unter seinem Shirt spürte, war es um seine Beherrschung dahin. Mehr als willig drückte er sich seiner Hand entgegen und krallte sich mit der freien Hand in das Shirt seines Gegenübers fest. Laurin wiederum schob seine Hand tiefer, bis er in der Shorts des Kleineren landete und umschloss dessen Erregung. Ein helles Aufkeuchen entfloh Robin. Wie lange war es her, das jemand ihn berührt hatte? Zwei, drei Jahre? Der Größere massierte ihn sanft und pumpte sein bestes Stück, immer schneller und fester. Es dauerte keine Minute, da ergoss sich der Braunhaarige in die Hand des anderen, während er an dessen Brust gedrückt laut aufstöhnte. Laurin überraschte es, das er so schnell kam, der Kleine schien ganz schönen Druck zu haben. Er zog seine Hand zurück und wischte die Spuren des Orgasmus an einem Taschentuch ab, während er einfach breit grinste. Das versprach noch sehr interessant zu werden. Robin schob sich mit hochrotem Kopf von ihm, um mit leicht zittrigen Beinen ins Bad zu tapsen. „Wenn du mehr willst, dann sag Bescheid.“ Wie vom Blitz getroffen blieb Robin vor dem Bad stehen, ehe er schnell darin verschwand. Oh ja, Laurin war bewusst, das es ihm sehr peinlich war. Doch das war ihm egal, er würde den Braunhaarigen schon noch locker kriegen, da war er sich sicher. Am nächsten Morgen weckte das Geräusch der Dusche Laurin. Er war es nicht gewohnt, diese aus einem anderen Zimmer zu hören. Gähnend streckte er sich und stand schließlich auf. Es war bereits halb zehn und die Sonne schien mit ihrer ganzen Kraft zu den Fenstern hinein. Nur mit einer Shorts bekleidet ging er in die Küche, um sich etwas Kühles zu trinken aus dem Kühlschrank zu nehmen. Eine Limo war noch da. Er musste dringend einkaufen gehen, das stand fest. Zum Glück war heute keine Vorlesung, er hatte also den ganzen Tag dafür Zeit. Sobald er sich dafür aufraffen konnte. Er machte sich eine Schüssel Müsli und lehnte sich dabei an die Küchenzeile. Ein paar Minuten später lief Robin an der Küche vorbei. „Guten Morgen.“, rief der Schwarzhaarige ihm hinterher. Dieser kam einen Moment später in die Küche und vermied es angestrengt, den Größeren anzuschauen. „Morgen.“, kam es monoton von ihm. Er brachte ein Glas mit, aus dem er schon am Abend getrunken hatte und füllte es sich mit Leitungswasser. Er trank es in einem Zug leer und füllte sich ein zweites auf. Anschließend lehnte er sich, wie Laurin, ebenfalls an die Küchenzeile. „Davon wirst du nicht satt.“, kommentierte der Schwarzhaarige und schob ihm das Müsli rüber. Robin besah sich die Packung und schüttelte den Kopf: „Ich hab dir schon genug weggegessen.“ „Blödsinn. Wenn du es nicht magst, dann trink wenigstens Milch, dann kippst du mir nicht um, bis wir einkaufen waren.“ Überraschenderweise lugte Robin tatsächlich interessiert zur Milchpackung, die der Größere nun auch zu ihm schob. „Hast du Kakaopulver?“ Mit dem Löffel im Mund nickend öffnete Laurin einen oberen Schrank und reichte ihm eine Dose. Dankend nahm sein Gast diese an und nahm sich aus der Schublade einen Teelöffel. Er kippte das Wasser weg und löffelte sich dann das braune Kakaopulver in das Glas. Laurins Geschmack nach viel zu viel. Doch der Kleinere kippte unbeirrt anschließend Milch darauf und rührte grob um. Viele kleine Kakaopulverkugeln schwammen nun an der Oberfläche, die er nun eine nach der anderen raus fischte und naschte. „Krieg bloß keinen Zuckerschock.“, scherzte Laurin und grinste. Robin schüttelte den Kopf und löffelte munter weiter, bis nichts mehr nach oben trieb. Dann rührte er um und hatte einen ganz normalen, trinkfertigen Kakao. „Darin bist du wohl geübt.“, schloss der Größere seine Beobachtung ab und stellte seine leere Müslischüssel hinter sich ab. „Schlechte Angewohnheit.“ „Was soll's, hat nicht jeder schlechte Angewohnheiten?“ Der Kleinere trank sein süßes Getränk ebenfalls in einem Zug leer und schaute dann zu Laurin, der ihn angrinste. Robin fand das etwas unverschämt, sein Gastgeber wirkte so erhaben und dennoch freundlich. Zudem stand er auch noch halb nackt da! Und wenn der Kleinere nicht gehörig auf seine Gedanken aufpasste, hätte er gleich wieder ein Problem in seiner Hose. Der Zwischenfall der letzten Nacht hatte seine Spuren hinterlassen, die Dusche am Morgen hatte er dringend gebraucht. „Ich geh auch mal duschen, danach können wir ja einkaufen gehen. Der Kühlschrank ist fast leer.“ Laurin spürte die zwanghafte Abweisung des Kleineren deutlich. Er beantwortete nur sporadisch seine Fragen und wenn es möglich war, nickte oder schüttelte er den Kopf. Und nie sah er ihm in die Augen. Robin tat alles, um ihm so gut wie möglich aus dem Weg zu gehen. Als sie wieder zurückkehrten, hatte Laurin genug von dem Theater. Seufzend stellte er die Tüten mit den Einkäufen in der Küche ab und sah zu seinem Gast: „Hör mal. So geht das nicht. Nur weil ich dir einen runtergeholt habe, musst du hier nicht auf Eisprinzessin machen.“ Da krabbelte sichtbar die Röte wieder in das Gesicht des anderen. „Ist doch nichts dabei.“ „Nichts dabei?!“, krächzte der andere entgeistert, „Entschuldige mal, aber für mich ist das nicht normal!“ Der Schwarzhaarige rollte mit den Augen: „Stell dich doch nicht so an. Wir hatten keinen Sex. Und selbst das fände ich jetzt nicht dramatisch.“ Unruhig rückte der Kleinere seine Brille zurecht: „Vielleicht solltest du das.“ Ein schelmisches Grinsen legte sich auf Laurins Lippen: „Ich würde es nicht so lange wie du ohne Sex aushalten. Wenn ich nicht mindestens alle zwei Wochen abschießen kann, würde ich die Wände hochgehen.“ Seine letzten Worte führten wieder zu der ultimativen Rotfärbung in Robins Gesicht. „Du hast keinen Freund.“, stellte der Kleinere fest, „Du holst dir immer einen von der Straße?“ Entgeisterung. Der andere nickte: „Aber nicht von der Straße. Was sich im Lokal so anbietet.“ „Aber du kannst dir doch nicht sicher sein, ob die dir was anschleppen?“ Laurin brach in schallendes Gelächter aus: „Ich habe in meinem ganzen Leben nur mit einem ohne Kondom geschlafen. Würde mich wundern, wenn ich irgendetwas habe.“ „Und wenn es mit dem schon passiert ist?“, gab Robin zu bedenken. Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf: „Ich war sein erster.“ Nachdenklich schwieg der Kleinere nun. „Was ist mit dir? Machst du es dir immer selbst? Irgendwann reicht das doch nicht mehr, oder?“ Peinlich berührt sah der Angesprochene zur Seite. „Keinen Freund? Oder Spielgefährten?“ „Ich teile das Bett wohl nicht so oft wie du mit Fremden.“ „Aber du tust es?“ „Das bringt nur Ärger.“, gab er schroff zurück. Fragend legte Laurin den Kopf schief: „In wie fern? Haben sich die anderen immer mehr von dir erhofft? Oder du dir von ihnen?“ „Hm... schwer zu sagen.“, antwortete Robin ehrlich, „Egal. Es ist Vergangenheit.“ „Aber sie macht dich zu dem, was du in der Gegenwart bist.“, Laurin ging auf ihn zu und legte ihm seine Hand auf den braunen Schopf, „Du siehst alles scheinbar sehr verbissen, werd mal lockerer!“ Sanft wuschelte er ihm durchs Haar. Unsanft stieß Robin seine Hand weg: „Lass den Blödsinn.“ „Genau das meine ich. Dir bricht schon kein Zacken aus der Krone.“, er legte unbeirrt ihm wieder die Hand auf die Haare und sah ihm grinsend in die Augen. Robin seufzte: „Ich mag es nicht, wenn man mich wegen meiner Größe wie ein Kind behandelt.“ „Ich würde ein Kind bestimmt nicht so anfassen, wie ich dich letzte Nacht angefasst habe.“, der Schwarzhaarige beugte sich zu ihm runter und verharrte mit dem Gesicht dicht an seinem Ohr, „Ich kann dich gerne noch mehr wie einen Mann behandeln.“ Bei dieser Ansprache stellten sich die Nackenhaare des Kleineren auf. Er war wirklich gefangen zwischen seiner so dringend benötigten Distanz, seinen Bedürfnissen und zur absoluten Krönung auch seiner Scham. „Können wir etwas kochen?“, fragte Robin mit eiserner Disziplin. Überrascht vom Themawechsel stellte Laurin sich wieder auf, nickte dann aber: „Ja klar.“ Kapitel 30: nachgeben --------------------- Nach einigen Tagen hatte sich eine gewisse Routine zwischen ihnen eingestellt. Robin bestand darauf, immer die Einkäufe zu bezahlen, da er ja praktisch kostenlos bei seinem Kommilitonen unterkam. Der Größere hatte Gefallen daran gefunden, mit dem für ihn immer noch fremden Freund fast den ganzen Tag zu verbringen. Der Braunhaarige ging nie aus, seine Wege führten ihn nur zur Universität oder zum einkaufen. Auf Fragen zu seiner Familie oder ob er hier denn keine Freunde hätte, reagierte er wie immer abweisend und mit nichtssagenden Antworten. Laurin bemerkte eh schnell, das der Kleinere zwar immer antwortete, aber man danach genauso schlau war, wie zuvor. Im Gegenzug wollte Robin aber auch nichts von ihm wissen. Wenn sie sich nicht über Themen zu ihrem Studium unterhielten, waren es seichte Gespräche, die aber nie tiefer in die Materie gingen. „Ich frag mich, was dein Problem ist.“, schoss es Laurin eines Tages mitten in einer Diskussion über Formeln aus dem Mund. Der andere blinzelte kurz verwirrt: „Wie kommst du jetzt darauf? Wir müssen an dem Text weiterarbeiten!“ Der Größere ließ sich nach hinten aufs Sofa fallen und streckte sich: „Wir haben noch so viel Zeit für die Ausarbeitung. Erzähl mir endlich mal was über dich.“ Robin rückte wie immer genervt seine Brille zurecht: „Ich bin klein, ich bin 23, ich bin schwul. Befriedigt das deine Neugierde?“ „Bis auf dein Alter war mir der Rest bekannt. Und dein Alter ist irgendwie auch einschätzbar. Sag schon. Was hast du vorher so gemacht? Ausbildung oder so? Rumgelümmelt?“, der Schwarzhaarige verschränkte die Arme am Hinterkopf und sah zum anderen. „Weder das eine, noch das andere.“, kam prompt von Robin. Laurin rollte mit den Augen: „Du gibst immer Antworten, die nichts aussagen.“ „Und du bohrst in Dingen rum, die dich nichts angehen. Können wir jetzt weitermachen?“ Der Größere setzte sich auf und nahm seinem Gast alle Unterlagen ab, um sie dann geschlossen auf den Tisch vor ihnen zu stapeln: „Nein, wir haben heute schon fast vier Stunden daran gearbeitet, es reicht. Was willst du essen?“ „Du und deine Arbeitsmoral... Wie hast du nur das Abi geschafft?“, der Kleinere hielt sich kurz die Stirn und sah etwas wehleidig seinem Buch nach. „Nudeln oder Pizza?“, überging Laurin seine Frage und stand auf. Robin seufzte: „Nudeln...“ Nachdem sie gegessen hatten, saßen sie wieder auf dem Sofa und schauten zusammen einen Film. Robin hatte sich zu Beginn gesperrt, er wollte weiter lernen, doch Laurin hatte gnadenlos die Unterlagen auf seinen Schreibtisch verbannt und einen Film eingeschmissen. Je dunkler es wurde, um so müder wurde der Braunhaarige. Da die Sonne mittlerweile recht flott unterging, schlief der Kleinere mitten im Film ein, trotz der Stehlampe, die nur leicht gedimmtes Licht von sich gab. Laurin bemerkte es erst, als der Film fast vorbei war. Robin seufzte immer mal wieder im Schlaf auf und bewegte sich ein bisschen. Schließlich lag er auf dem Sofa, ein Bein angewinkelt angelehnt, das andere vom Sofa runter gestreckt. Eine Hand ruhte auf seinem Bauch, die andere neben seinem Gesicht. Der Größere warf ihm immer öfter neugierige Blicke zu. Zum Ende des Filmes bemerkte er, das der Schlafende anscheinend einen sehr anzüglichen Traum hatte, denn dieser atmete leise hin und wieder stoßweise und die Beule in seiner Hose sprach Bände. Dieser Anblick zog den Schwarzhaarigen immer mehr in den Bann, als der Film vorbei war, konnte er nicht mehr die Augen von ihm lassen. Achtlos schaltete er den Fernseher aus und legte Robin anschließend eine Hand auf das Knie des aufgestellten Beines: „Robin?“ Ein leises Murren entrann ihm, ehe er sich mit einer Hand unter die Brille fuhr, um sich den Sand aus den Augen zu reiben. Als er damit fertig war, sah er auf und schaute direkt in das Gesicht des anderen. Irgendwie war ihm ziemlich warm. Mal wieder. Robin musste nicht an sich runter schauen, um zu wissen, was passiert war. Beschämt zog er das andere Bein hoch und winkelte es ebenfalls an, um seine Latte zu verbergen. Mit einer leichten Röte im Gesicht, sah er zur Seite. „Du hast wohl gut geträumt, was?“, neckte ihn der andere. „Spar dir deine Kommentare.“, gab er bissig zurück. Laurin schob seine Hand sanft zwischen Robins Knie: „Ich helf dir gerne...“ Wortlos schüttelte der Liegende den Kopf. Seit dem er ihm einen runtergeholt hatte, war es noch schlimmer mit seinem Problem geworden. Es wurde immer schwieriger für ihn, morgens nicht den Verstand zu verlieren, wenn er nach seinen turbulenten Träumen erwachte. Er fühlte sich so ausgehungert, doch der Braunhaarige wollte seinem Trieb eigentlich nicht erliegen. Robin spürte, wie Laurin sich bewegte und sah wieder zu ihm. Der Größere drückte seine Beine leicht auseinander, um sich dann über ihn zu beugen. Vorsichtig stützte er sich mit einer Hand neben dem Kleineren ab und schaute ihm in die Augen: „Bist du dir sicher?“ Er war ihm so nahe und sein Blick fesselte Robin geradezu. Langsam schüttelte er den Kopf wieder. Ohne noch etwas zu sagen, ließ Laurin die Lippen an seinen Hals sinken und küsste ihn sanft. Sofort schloss der Kleinere die Augen und seufzte wohlig auf. Zum Teufel mit all seiner Selbstbeherrschung, wieso sollte er das nicht zulassen? Fordernd legte er die Beine um die Hüfte seines Kommilitonen und drückte sich an ihn. Okay, damit hatte Laurin nicht gerechnet. Doch er freute sich darüber. Grinsend erhob sich der Schwarzhaarige leicht und zog sich sein Shirt über den Kopf. Anschließend knöpfte er das Hemd von Robin auf. Dieser setzte sich auf, zog es sich von den Schultern und machte sich an Laurins Hose zu schaffen. Verblüfft von seiner Hektik sah er dem Braunhaarigen zu, griff dann aber selbst nach Robins Hose und zog sie ihm komplett aus. Der Kleinere war zwar schmächtig, hatte aber eine schöne Körperform. Laurin beugte sich wieder zu ihm hinunter, um an seinem Hals zu saugen. Seufzend ließ Robin sich ins Sofa drücken und vergrub eine Hand in den schwarzen Haarschopf. Immer tiefer küsste sich der Größere, saugte kurz an einer Brustwarze, um dann unbeirrt noch tiefer zu wandern. Nebenbei umschloss er Robins Erregung und streichelte leicht über die Eichel. Der Braunhaarige stöhnte auf und krallte sich kurz in seinem dunklen Haar fest. Mit seiner Zunge tauchte Laurin kurz in seinem Bauchnabel ab, sank noch tiefer und bedachte sein Glied mit einem Kuss. Er hörte es am Keuchen des Liegenden, er konnte die Spannung kaum ertragen. Als er seine Lippen um seine Erektion schloss, entwich Robin ein lauter Stöhner. Das letzte Mal war viel zu lange her. Er rekelte sich unter dem Größeren und zitterte vor Erregung. Wenn er nicht gleich aufhörte, würde er direkt kommen. Doch Laurin entging die Spannung nicht, die sich immer stärker in Robin aufbaute und beugte sich wieder hoch zu ihm auf Augenhöhe. Grinsend stellte er seine Standardfrage: „Hart oder sanft?“ Etwas verlegen blickte Robin zurück und antwortete schüchtern: „Bitte sanft... Ist zu lange her.“ „Okay.“, Laurin streichelte an Robins Seite hinunter, bis zu seinem Hintern. In sanften Bewegungen versenkte er einen Finger in ihn. Wie lange war es bei ihm her, das er seinen Partner vorbereiten musste? Und er spürte deutlich, das der andere es brauchte. Es wunderte ihn immer weniger, das sein Gast solche Träume hatte, wenn er schon so lange keinen Sex mehr hatte. Er wäre schon lange eingegangen. Beim zweiten Finger stöhnte der andere noch mehr. Wie hatte er das Gefühl vermisst. Es war so intensiv und fremd, aber auch vertraut. Laurin knabberte unterdessen an seinem Ohr und lauschte den Tönen, die er von sich gab. Der Braunhaarige wandt sich unter ihm und klammerte sich an den Größeren fest. Er wollte es, unbedingt und sofort. „Lou bitte!“, entfloh es ihm keuchend. Laurin war bereits auch mehr als hart, eiligst angelte er aus der Seitentasche des Sofabezugs ein Kondom hervor und riss die Folie auf. Überrascht sah der andere ihm zu, wie er sich das Kondom überzog. Bestimmend packte der Schwarzhaarige Robin an der Hüfte und zog ihn noch ein Stück tiefer. Mit einem letzten fragenden Blick schaute er zu dem Liegenden, der als Antwort seine Beine um ihn legte. Langsam glitt Laurin in seine Tiefe und konnte nicht anders, als direkt laut zu stöhnen. Robin war ziemlich eng, das war er überhaupt nicht gewohnt. Auch der Braunhaarige stöhnte ergeben, er genoss es so sehr, jede einzelne Bewegung jagte ihm Schauer durch den Körper und ließ ihn erzittern. Je hektischer ihre Bewegungen wurden, desto lauter wurden sie. Es dauerte nicht lange, da kam der Kleinere mit einem leisen Aufschrei, ohne das Laurin auch nur massiert hatte. In diesem Moment zog sich alles um den Schwarzhaarigen zusammen, das auch er laut stöhnend tief ihm anderen kam. Keuchend blieben sie liegen. Robin fühlte eine gewisse Erleichterung in seinem Körper. Wie hatte er diesen Rausch vermisst. Laurin lachte leise und flüsterte ihm ins Ohr: „Du hattest es wohl dringend nötig. Wann war dein letztes Mal?“ Der Braunhaarige seufzte leise. Er genoss noch immer das Nachbeben des Orgasmus, das durch seinen Körper zog. „Ich weiß nicht. Vor drei Jahren?“, antwortete er schließlich und fuhr sich durchs Haar. Laurin stand auf und reichte ihm ein Taschentuch, damit er sich die Spuren vom Bauch abwischen konnte: „Das klingt hart.“ Der Kleinere zerknüllte das benutzte Tuch und zog sich seine Hose wieder an: „Gewohnheitssache.“ „Wer will sich denn schon daran gewöhnen, keinen Sex zu haben? Ich meine, dir hat es ja anscheinend auch nicht gut getan.“ „Es hat sich halt nie was ergeben...“, murmelte Robin und schnappte sich sein Hemd. Laurin befreite sich von dem Kondom, stieg in seine Hose und warf sich sein Shirt vorerst über die Schulter: „Nie ergeben? Alter, so wie du aussiehst, findest du doch überall jemanden!“ Es legte sich mal wieder eine leichte Röte auf Robins Gesicht. War das ein Kompliment? „Also wenn du nochmal Schmacht hast, dann stell ich mich gerne zur Verfügung.“, er zwinkerte dem anderen zu. „Hau ab, du Trottel!“, der Braunhaarige warf ihm ein Kissen entgegen und drehte sich peinlich berührt weg. Warum hatte er nur die Kontrolle über sich verloren? Lachend ging der Größere ins Bad. Nach diesem Abend war Robin mehr den je bestrebt, so viel Etikette und Distanz wie nur möglich zu wahren. Was mir Laurin in Kombination allerdings nicht so einfach war. Allein durch ihr Studium verbrachten sie viel Zeit miteinander, aber da Robin auch noch bei ihm wohnte, waren sie praktisch den ganzen Tag zusammen. Der Kleinere hatte schon alles abgesucht, aber nirgends eine günstige Bleibe gefunden. Er wohnte jetzt schon seit über einem Monat bei dem Schwarzhaarigen und fühlte sich immer unwohler bei dem Gedanken, seine Gastfreundschaft so weit zu nutzen. Doch was sollte er machen? „Hallo...“, Robin begrüßte Laurin, der gähnend in die Küche tapste. Es war bereits später Nachmittag, Laurin hatte die Nacht zuvor gearbeitet und würde auch die folgende wieder hinter der Theke stehen. „Tag auch, Kleiner.“, grüßte Laurin zurück und vergriff sich am Kühlschrank. Etwas unruhig rutschte sein Gast auf seinem Stuhl herum und legte seinen Stift auf den Block: „Ehm, Lou...“ „Ja?“ „Ich hab da ein kleines Problem...“ „Wenn du Sex willst, dann haben wir maximal fünf Minuten.“ Knallrot japste Robin auf: „Bitte?! Ich meine was ganz anderes!“ Grinsend setzte sich Laurin mit einem geschmierten Brötchen zu ihm an den Tisch: „Welches denn?“ Der andere atmete einmal kurz durch, dann sprach er weiter: „Ich finde einfach kein Zimmer. Es ist alles voll.“ „Und?“ „Ich belagere dein Wohnzimmer?“ „Und?“ „Ich störe?“ „Tust du nicht.“ Seufzend lehnte sich der Braunhaarige zurück: „Ich werde Miete zahlen. Sonst fühl ich mich schlecht.“ „Es reicht, wenn du die Einkäufe bezahlst.“, bestimmte Laurin und biss von seinem Brötchen ab. Dem Kleineren war klar, das sie diese Diskussion noch ewig so weiterführen konnten, aber Laurin ihn nicht weiter kommen ließ. Er seufzte geschlagen und widmete sich wieder seinen Aufgaben. Als Laurin aufgegessen hatte, erhob er sich: „Ich muss heute eher in den Laden, Vorräte checken und sowas. Wird wohl auf vier oder fünf Uhr hinauslaufen.“ Robin hatte kurz zu ihm aufgesehen und nickte: „Okay.“ Kapitel 31: die Narbe --------------------- Es war knapp zwei Uhr morgens, als Robin erwachte. Im Flur rumpelte etwas. Hatte der Schwarzhaarige nicht gesagt, er würde gegen vier oder fünf kommen? Zitternd stand Robin auf und nahm sich das erstbeste, was er vom Tisch ergreifen konnte. Leise tapste er zur Wohnzimmertür, um durch einen Spalt in den Flur zu schauen. Es brannte kein Licht und er sah auch niemanden. Hatte er sich alles nur eingebildet? Unsicher schob er tonlos die Tür auf und schlich weiter in den Flur. Genau in diesem Moment kam jemand aus der Küche. Panisch holte er aus und traf jemanden am Kopf. „Ah scheiße, Robin!“, fluchte Laurin ungehalten und ergriff den Kleineren genervt am Handgelenk. Unwirsch entledigte er ihn des Gegenstandes. Ein Handy leuchtete auf und strahlte auf das Ding, was Laurin nun in der Hand hielt. „Formeln der gehobenen Mathematik?!“, er strahlte mit dem Handy zu Robin, „Kannst du bitte aufhören, mich in meiner eigenen Wohnung mit Mathebüchern zu schlagen?“ Etwas verwirrt sah der Braunhaarige Laurin an: „Ich dachte, du seist...“ „Ich bin noch immer kein Einbrecher, verdammt! Hier bricht niemand ein! Wir sind im dritten Stock, ich habe keinen Balkon und die Tür hat ein Sicherheitsschloss! Mal abgesehen davon, das niemand einen Studenten ausraubt, da gibt’s nichts zu holen!“, meckerte Laurin, knallte das Buch auf die Kommode im Flur und ging weiter in sein Schlafzimmer, „Scheiße, tut das weh...“ Mit schlechtem Gewissen folgte ihm Robin: „Tut mir wirklich leid... Warum hast du denn kein Licht angemacht?“ „Stromausfall. Der gesamte Stadtteil ist betroffen, weswegen das Lokal vorzeitig schließen musste.“, er rieb sich die Stelle am Kopf, wo Robin ihn getroffen hatte und setzte sich auf die Kante seines Bettes. Der Kleinere stellte sich ihm gegenüber, nahm ihm sein leuchtendes Handy ab und besah sich mit diesem die Stelle am Kopf genauer. „Es tut mir so leid, Lou, ich wollte dir wirklich nicht weh tun.“, jammerte er beschämt und strich durch die schwarzen Haare. Zum Glück hatte er durch das dicke Buch keine Platzwunde bekommen, aber eine Beule war schon jetzt deutlich zu fühlen. Kommentarlos hatte der Größere ihn machen lassen und schaute an Robin runter, der vom Licht des Handys angestrahlt wurde. „Ich wüsste da was, wie du das wieder gut machen kannst.“, es bildete sich ein süffisante Grinsen auf den Lippen des Sitzenden. Fragend schaute Robin zu ihm runter, als der andere ihn auch schon packte und zu sich aufs Bett zog. Mit einem überraschenden Laut landete der Kleinere auf dem Rücken und sah hoch zum anderen, der bereits über ihm hockte. „Du hast eh einen Ständer.“, kommentierte dieser und schob sein Shirt hoch. „Warte!“, meinte der andere, doch da entlockte Laurin ihm schon einen Stöhner, in dem er ihm eine Hand um seine Erregung legte. Sein Problem hatte sich nicht wirklich gemildert, seit dem er mit ihm geschlafen hatte. „Robin... Hart oder sanft?“, fragte der Schwarzhaarige neckend und strich mit etwas Druck über seine Spitze. Der Kleinere schmolz wie Eis in der Sonne dahin, futsch war seine Disziplin bei den kleinen Streicheleien: „Sanft...“ Laurin zog ihm das Shirt aus und warf seines direkt hinterher: „Du Kätzchen...“ Am nächsten Morgen wachte Laurin als erstes auf. Fasziniert stellte er fest, das er nicht alleine in seinem Bett lag. Robin lag eng an ihm gekuschelt da, mit dem Gesicht allerdings abgewandt. Sie waren beide so müde gewesen, das sie kurz nach dem Sex eingeschlafen waren. Der Kleinere hatte nicht mal seine Brille abgenommen. Der Schwarzhaarige gähnte kurz und sah dann an ihnen runter. Wieso hatte sein Gast schon wieder eine Latte? Dieses Pensum hatte er nicht mal während der Pubertät erreicht. Grinsend schob er die Decke zurück, um sich dann über den anderen zu hocken. Mit sanften Küssen arbeitete er sich von seinem Hals hinab. Kleine Seufzer kamen vom Liegenden: „Lou...“ Immer tiefer küsste er sich und strich währenddessen seine Seiten hinunter, über sein Becken zu den Beinen. Da Robin keine Shorts trug, konnte er seine Erregung direkt mit einem Kuss begrüßen. Ein Stöhner kam von oben. Robin zog das eine Bein an, wodurch Laurin mit seiner Hand erst über das Knie und dann über das Schienbein strich. Abrupt stoppte er in seinem Tun und löste sich von Robins Erektion. Was fühlte er da mit seinen Fingern an Robins Schienbein? Im wurde heiß und kalt zugleich, das war mehr als verrückt! Er kannte dieses Gefühl genau! Er setzte sich auf und packte Robins Bein am Knöchel, um sich die gefühlte Stelle auf dem Bein genauer anzusehen. Die Haut war an einer Stelle deutlich vernarbt, er musste es sehen! Verwirrt schaute Robin unterdessen auf. Er verstand nicht, warum der Größere so plötzlich aufgehört hatte und sich scheinbar mehr für sein Bein interessierte. Entgeistert starrte dieser auf das Schienbein. Da war eine Narbe. Diese Narbe. Ungläubig stand ihm der Mund offen, als er schon fast mit leichtem Entsetzen zu Robin blickte. Der sah fragend zurück. Etwas grob nahm Laurin ihm die Brille von der Nase, wodurch er den Kleineren leicht an der Nase kratzte: „Aua, was soll das?“ Laurin wusste nicht, was er sagen sollte: „Oh mein Gott...“ „Kannst du mir mal sagen, was das soll?“, der Kleinere verstand seine Reaktion nicht und wollte sich aufsetzen, doch der andere ließ sein Bein nicht los, folglich konnte er nur liegen bleiben. „Deine Narbe, woher hast du sie?“ „Was?“, verwirrt schaute Robin an sich runter, „Die am Bein?“ „Woher hast du sie?“, fragte der Größere lauter mit Nachdruck. „Ich bin als Jugendlicher von einem Klettergerüst gefallen und hab mir das Bein gebrochen.“, sagte der Kleinere schnell, sein Kommilitone machte ihm jetzt doch langsam Angst. „Du lügst.“ „Was?“ „Du lügst, stimmts?!“, Laurin ließ sein Bein los, packte ihn an den Schultern und drückte ihn ins Bett, „Sag die Wahrheit!“ Robin verstand gar nichts mehr. Woher wusste er, das er gelogen hatte? „Woher willst du wissen, das ich gelogen habe?“, wollte der Braunhaarige wissen und hielt sich etwas schützend die Unterarme vor die Brust. Die Sache wurde noch unverständlicher für den Liegenden, als er Tränen in den Augen des anderen aufsteigen sah. „Weil ich genau weiß, wie du dir das Bein gebrochen hast. Weil du an dem Abend bei mir warst, bevor dein verschissener Stiefvater dich angefahren hat! Weil ich diese Narbe immer und immer wieder auf deinem Bein gefühlt habe, wenn wir Sex hatten!“ Der Kleinere wurde kreidebleich. Mit einer immensen Kraft drückte er den anderen hoch, setzte sich auf und rückte in die Ecke des Bettes an die Wand, wobei er nur ungläubig den Kopf schüttelte. Das konnte nicht sein, das war unmöglich! „Du lügst! Du weißt überhaupt nichts von mir!“, schrie er zitternd und zog die Beine an. Laurin fuhr sich durch die Haare und atmete durch. Die ganze Situation schoss ihm so viel Adrenalin durch die Adern, das sein Herz raste. Wie oft hatte er anfangs Nino in irgendwelchen anderen Männern gesehen, mit denen er geschlafen hatte? Allein deswegen hatte er seine erste Liebe tief in seinem Herzen vergraben und sich abgewöhnt, ihn in anderen Liebhabern zu sehen, es war zu schmerzlich. Und der Größere vermutete, das es dem Braunhaarigen ebenso erging. „Du hast deswegen Angst vor Einbrechern, weil dein Stiefvater fast deine Zimmertür eingeschlagen hat. In der Nacht, in der wir zum ersten Mal miteinander geschlafen haben.“, erzählte der Größere weiter und ignorierte dabei die vereinzelten Tränen, die ihm über die Wangen liefen, „Und du bist mit deiner Mutter an Neujahr einfach gegangen. Nach der Nacht, wo wir das letzte Mal miteinander geschlafen haben.“ Der Kleinere schüttelte noch immer den Kopf und vergrub dabei die Hände in seine hellbraunen Haare: „Geh weg, fass mich nicht an!“ „Nino!“, fest griff Laurin sein Gesicht mit seinen Händen und zog ihn näher zu sich, „Nino, sieh mich an!“ Wie lange hatte er diesen Namen nicht mehr gehört? Der Kleinere krallte seine Hände in die von Laurin und wehrte sich mit Leibeskräften, doch er konnte sich nicht vom anderen trennen. Der Stress in ihm wuchs immer mehr an, ihm wurde so übel. Ein Würgen entrann seiner Kehle. Die Gefahr erkennend ließ Laurin von ihm ab, woraufhin sich der Braunhaarige über die Bettkante beugte und nach Luft schnappte, um sich zu beruhigen. Der Größere betrachtete ihn. Je länger er ihn ansah, desto klarer erkannte er ihn wieder. Nino war nie größer geworden. Er war nur von einem Jungen zu einem Mann geworden. Und, was Laurin wohl nie bemerkt hatte, seine natürliche Haarfarbe war hellbraun. „Du hättest mich nach meinem Namen fragen sollen.“, stellte der Schwarzhaarige seufzend fest und wischte sich die Tränen fort. Nino unterdessen ließ sich erschöpft auf die Matratze sinken und fing bitterlich an zu weinen. Das war doch ein schlechter Scherz? Er konnte es nicht glauben. Vorsichtig legte Laurin ihm eine Hand auf den Rücken: „Verstehst du es? Ich bin Laurin.“ Keine Reaktion vom anderen. „Bitte sieh mich an, Nino.“, bat er ihn und strich ihm liebevoll über den Rücken. Langsam hob der Braunhaarige den Kopf an und sah zu ihm. Stumm musterte er die Gesichtszüge des anderen. Laurins Gesicht war kantiger geworden und meine Güte, wieso war er so unverschämt groß geworden?! Zaghaft setzte sich Nino auf und blickte unsicher seinen alten Freund an. Röte schoss ihm ins Gesicht. Er hatte einfach so mit ihm geschlafen, ohne zu wissen, wer er war. Es fühlte sich so an, als hätte er Laurin betrogen. Mit ihm selbst. Sachte legte Laurin eine Hand an Ninos Wange: „Du hast dich so verändert... Ich hab dich mit der Brille nicht erkannt. Du hast mir nie gesagt, das du deine Haare gefärbt hast.“ Ein müdes Lächeln bildete sich auf Ninos Lippen und auch er wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht: „Du hast nie gefragt.“ „Nie gefragt?“, jetzt lachte Laurin auf, „Oh Gott, Nino...“ Er zog ihn in seine Arme und drückte ihn fest an sich: „Ich hatte die Hoffnung schon lange aufgegeben, dich jemals wiederzusehen. Und dann finde ich dich in meinem Bett!“ Nino schlang die Arme um ihn und klammerte sich ebenso fest an ihn: „Es tut mir so leid, Laurin... Ich wollte nicht gehen, aber ich musste mit. Ich wollte dir Bescheid sagen, aber das durfte ich auch nicht.“ „Warum hast du dich nie gemeldet?“, fragte der Schwarzhaarige und strich ihm durch sein Haar. „Weil er bis vor einem Jahr noch immer hinter uns her war.“, begann Nino zu erzählen, „Es war der absolute Horror. Wir konnten nie länger als drei Monate irgendwo bleiben, er hat uns immer gefunden. Meine Mutter konnte nicht arbeiten gehen, das ging mit den falschen Papieren nicht. Wir waren auf ein Hilfsnetzwerk angewiesen und sind ständig umgezogen. Zeitweise waren wir sogar in Frankreich und den Niederlanden. Meine Mutter und ich sind vor drei Jahren getrennte Wege gegangen, aber er hat uns trotzdem beide aufgespürt. Sie ist jetzt im Ausland, ich weiß nicht wo. Ich bin selbst alle paar Wochen umgezogen, quer durch Deutschland und als ich ihn dann ein Jahr lang nirgends mehr gesehen habe, wollte ich mich endlich um mein Leben kümmern und studieren.“ „Aber du konntest es nicht unter deinem Namen, weswegen du kein Bafög beantragen kannst und erst recht nicht auf Lohnsteuer arbeiten kannst...“, nun verstand Laurin das ganze Ausmaß, „Von welchem Geld lebst du eigentlich?“ „Ich bekomme einen kleinen Betrag Bargeld von dem Netzwerk. Dafür beteilige ich mich wiederum am Netzwerk.“, erklärte der Kleinere. „Wenn er dich oder deine Mutter gefunden hat, was hat er dann getan?“, Laurin fürchtete sich vor der Antwort. Traurig schloss Nino die Augen: „Er hat sie zwei Mal erwischt und verprügelt. Mich hat er nie zu Fassen gekriegt. Ich hab mich immer in Menschenmengen bewegt, das war ihm wohl zu gefährlich.“ „Deine arme Mutter.“, er seufzte innerlich. Wenigstens hatte er Nino nicht weiter verletzen können. „Laurin?“, fragte Nino mit unsicherer Stimme. „Hm?“ „Es tut mir so leid...“ „Das muss es nicht. Wir können beide nichts dafür.“ Schluchzend drückte sich der Kleinere von ihm: „Und ich hab einfach so mit dir geschlafen, ich hab dich betrogen...“ Beschämt hielt sich nun Laurin die Stirn: „Nino... Wie hoch war die Chance, das wir uns jemals wiedersehen? Das hier ist ein absolutes Wunder! Ich bin der Letzte, der dir böse ist, weil du mit jemand anderem geschlafen hast! Zumal ich wahrscheinlich viel mehr auf dem Kerbholz habe, als du.“ Unsicher schaute Nino zu ihm auf: „Ich finde es trotzdem scheiße von mir.“ „Wie viele, Nino? Werf einfach mal eine Zahl in den Raum.“ Der Braunhaarige blinzelte. „Ähm... Dich als Lou eingeschlossen... Vier?“ „Ich kann dir bei mir nicht mal eine Zahl sagen. Anfangs war es nur kleine Ausrutscher, alle paar Monate. Aber als ich mit der Schule fertig war und anfing zu jobben, passierte es immer öfter. Bis ich schließlich als Barkeeper anfing. Ich hab mindestens jede Woche einen abgeschleppt, ich hab nicht mal nach den Namen gefragt.“, Er vergrub sein Gesicht in den Händen und ließ sich nach hinten fallen, „Mir tut es leid.“ Überfordert blieb der Kleinere zwischen seinen Beinen sitzen und dachte nach. War er enttäuscht, gar böse, das Laurin so extrem aktiv war? „Hattest du... hattest du zwischenzeitlich eine Beziehung?“, wollte Nino wissen. Laurin schüttelte energisch den Kopf: „Nein.“ Umsichtig kletterte er über den Liegenden und setzte sich auf sein Becken. Fragend blickte der andere auf. Zielstrebig beugte sich Nino runter und legte seine Lippen zärtlich auf Laurins. Es war ein unglaubliches Gefühl, beide hatten so lange darauf gewartet. Ein kleines Schnauben entfloh Laurin. Seine Gedanken waren so kitschig, das er grinsen musste. Wieder schloss er die Arme um den anderen und drückte ihn fest an sich. Nino japste auf: „Zu fest!“ „Ich hab tierischen Hunger nach der Aufregung. Was sagt dein Magen?“ „Ich könnte auch etwas vertragen...“, antwortete der Braunhaarige mit einem Lächeln. Kapitel 32: Frühstück --------------------- Ein paar Minuten später saßen sie in Shorts am kleinen Küchentisch bei Brot und Tee. Nachdem Nino die erste Scheibe Brot mit Käse verdrückt hatte, arbeitete sein Kopf wieder klarer. „Was ist mit den anderen? Mit Anne und Kathrina?“, kam es neugierig von ihm. „Anne studiert Pädagogik, hat einen leichten Öko-Touch, sie hält mir bei jedem Telefonat Vorträge, das es wichtig ist, regelmäßig Kontakt zu halten und das eine Beziehung besser ist, als One-Night-Stands. Wenn ich sie besuche, kocht sie immer vegetarisch, sie liebt Brokkoli, wusstest du davon?“, Laurin lachte auf, als er an seinen letzten Besuch bei Anne dachte, „ Tja und Kathrina könnte man mittlerweile als Mannsweib betiteln, wobei sie nicht danach aussieht. Sie arbeitet für eine große Firma und hat da eine führende Position. Da kommt ihre Persönlichkeit gut zu tragen. Sie verprügelt ständig irgendwelche Kerle, weil sie sie angeblich angefasst haben. Ich meine, kann gut sein mit dem passenden Alkoholpegel. Aber sie schlägt so fest zu, das sie Nasen bricht.“ Etwas fassungslos starrte Nino ihn an: „Wirklich?“ „Aber hallo.“, Laurin stand auf und verschwand kurz in seinem Schlafzimmer, um sein Handy zu holen. Er wischte auf dem Display hin und her und hielt es anschließend Nino hin, „Hier, so sehen die beiden heute aus.“ Nino nahm das Handy dankbar an und besah sich seine zwei Freundinnen genauer. Anne trug ihre blonden Haare lang und offen auf dem Bild, ihr Gesicht war nicht mehr so rundlich wie in ihrer Jugend, sondern viel fraulicher. Ebenso Kathrina, die eine dunkelbraune leicht wellige Mähne trug und keck einen Arm um Anne gelegt hatte und an sich drückte. Beide grinsten breit. Was hatte er nur alles verpasst. Wieder rollten ein paar Tränen über seine Wangen. „Und Lukas und Kim?“ Der Größere aß den letzten Happen seines Brotes und nahm seinem Gegenüber das Handy ab, um wieder etwas zu suchen: „Kim ist jetzt Rettungssanitäter im Hubschrauber, er fliegt das Teil sogar. Er und Lukas führen noch immer eine ziemlich verkorkste Beziehung, mal lieben sie sich, mal streiten sie sich, beziehungsweise Lukas macht Stress, bis aufs Blut. Lukas ist eine richtige Diva geworden, immer perfekt gestylt und wenn ihm etwas nicht passt, dann macht er Kim eine Szene, auch mitten in einer vollen Einkaufspassage. Aber Kim ist ihm völlig verfallen, er macht wirklich alles für ihn.“ Wieder hielt er ihm das Handy unter die Nase. Dieses Mal sah er Kim, der seine dunkelbraunen Haare auch kurz trug und frech die Zunge raus streckte. Mit den Unterarmen stützte er sich auf den minimal kleineren Lukas ab, der seine dunkelblonden Haare seitlich kurz geschoren, oben auf dem Kopf aber etwas länger trug und diese perfekt locker zur Seite gestylt hatte. Sein Blick verriet sein Gemüt, nämlich zu dem Zeitpunkt der Aufnahme des Fotos hochgradig genervt. „Das die beiden noch ein Paar sind...“, verblüfft musterte er die beiden noch immer. „Das fragen wir uns alle, wie die beiden das geschafft haben. Aber eigentlich ist Lukas gar nicht so übel. Er ist für mich ein guter Freund geworden.“, Laurin trank einen Schluck Tee und sah anschließend in das warme Getränk, während er sich erinnerte, „Als du weg warst, war ich so fertig. Und obwohl wir zu diesem Zeitpunkt ja nicht so wirklich Freunde waren, hat er mich verstanden. Er hat sich mit mir hingesetzt, hat sich alles angehört und mit mir getrunken. Gott, ich hab davor noch nie so viel getrunken. Danach übrigens auch nie wieder. Ich weiß nicht mal, ob ich Kim die Bude vollgekotzt habe.“ „Ich hab so viel verpasst...“, Nino legte Laurins Handy ab, „Ich hätte dich so gerne angerufen.“ Der Größere stützte seinen Kopf auf und seufzte leise: „Ich hab wegen dir niemals die Handynummer gewechselt. Ich habe mehrmals den Anbieter gewechselt und immer wieder ordentlich Geld bezahlt, damit ich meine Nummer mitnehmen kann. Ich hatte bis zum Schluss die Hoffnung, das du dich meldest. Irgendwann.“ Nino brachte ein dankbares Lächeln zustande: „Ich hab deine Nummer immer im Kopf. Ich hab sie auswendig gelernt. Ich durfte ja nichts bei mir haben, was mich irgendwie erkennbar macht. Ich musste alle Verbindungen kappen.“ „Aus eurer damaligen Wohnung fehlten aber ein paar Sachen. Ward ihr an dem Tag nochmal da und habt was abgeholt?“ Der Kleinere schüttelte den Kopf: „Meine Mutter hat über das Hilfswerk einige Sachen aus der Wohnung geholt, Dokumente, Fotos, Erinnerungsstücke. Aber die kamen nicht zu uns, die sind quasi eingelagert worden. Klamotten und sowas haben wir alles zurück gelassen, es wäre sonst noch leichter für ihn gewesen, uns zu erkennen. Ich hab eigentlich gar nichts mehr von früher.“ Er nippte gedankenversunken an seinen Tee und schaute in die Tasse. „Hm... Und du hast trotzdem dein Abi machen können? Ich meine, mit irgendwas musst du dich ja bei der Uni beworben haben, oder?“ „Ja... Ich hab immer wieder den Namen wechseln müssen. Und wir mussten für jeden Umzug das Zeugnis fälschen. Weißt du eigentlich, das du der erste seit Jahren bist, der mich bei meinem richtigen Namen nennt?“, der Kleinere stellte seine Tasse ab und blickte auf. Laurin schaute ihn leicht verträumt an: „Ich komm mir vor wie ein Teenie, wenn ich dich so ansehe.“ Verlegen kratzte sich Nino am Hinterkopf: „Du könntest ja aufhören?“ „Aufhören?“, Laurin zog ungläubig eine Augenbraue hoch, „Ich hab fünf Jahre auf dich gewartet, ich hab viel nachzuholen. Es sein denn...“ In seiner Euphorie stoppend fuhr sich der Größere durchs Haar. „Es sei denn, du möchtest es nicht. Ich will ehrlich zu dir sein. Ich war damals so Hals über Kopf in dich verschossen und war nicht von dir abzubringen, obwohl du keine Ahnung hattest, ob du was mit dem gleichen Geschlecht anfangen kannst. Ich hab dich geliebt, wie ein Jugendlicher halt lieben kann und war total am Boden, als du fort warst. Es hat ein halbes Jahr gedauert, bis ich für mich den Schritt gewagt habe, mich geistlich von dir zu trennen, um einfach weiterzuleben. Vergessen hab ich dich aber nie. Ich könnte dir jetzt nicht sagen, das ich dich liebe, weil ich gar keinen Bezug zu diesem Gefühl habe.“, seufzend schob er seinen Teller von sich, „Ich bin grade einfach nur überglücklich, dich wiederzuhaben.“ Verständnisvoll nickte Nino. „Wir haben uns beide verändert.“, der Kleinere dachte an die vielen Momente mit dem vermeintlichen Lou zurück, wie Laurin sich bei ihm an den Tisch gesetzt hatte, um Infos zum Studium zu bekommen. Wie er ihn ständig neckte, wenn sie bei den Vorlesungen saßen. Wie er ihm in der einen Nacht einen runtergeholt hatte. Laurin war sehr wagemutig, freizügig geworden. „Du bist eine kleine Zicke geworden.“, grinste der Schwarzhaarige, „Aber noch genauso schüchtern und empfindsam wie früher.“ Jetzt war es Nino, der eine Augenbraue hochzog: „Das sagst du nur, weil ich nicht sofort auf deine Anmache eingegangen bin und keinen harten Sex wollte.“ „Hattest du schon mal harten Sex?“ Da war sie wieder, diese neue Seite, die er nun auch zu seinem Bild von Laurin dazu addieren musste. Beschämt hielt sich der Braunhaarige die Stirn: „Vielleicht hab ich meine Grenzen nicht so ausgereizt wie du...“ Laurin sah das ganz entspannt: „Das heißt ja nicht, das wir das nicht nachholen können.“ Der Kleinere stand auf und stellte sein Geschirr in die Spüle: „Du machst mich wahnsinnig.“ Der andere erhob sich ebenfalls und stellte sich dicht hinter Nino, um ihm ins Ohr zu flüstern: „Das hast du schon mal gesagt. Kurz, bevor ich dich das erste Mal geküsst habe.“ Laurins raue Stimme verpasste ihm eine Gänsehaut und brachte sein Blut in Wallung. Nicht gut, gar nicht gut, dachte sich Nino und kniff die Augen zusammen. Weiche Lippen legten sich an seinen Nacken und verteilten sanfte Küsse. Er war schon damals hilflos dem Größeren verfallen, obwohl er nicht ein mal wusste, auf was er sich einließ. „Laurin...“, säuselte der Kleine genüsslich. „Ja?“, kam es von ihm, während er seine Hände an Ninos Becken legte, um ihn an sich zu ziehen. „Was tust du da?“ Verdutzt über die Frage, stoppte er seine Handlung. „Ehm... Ich versuche grade meinen Ex-Nicht-Ex-Freund zu verführen?“ „Was bin ich denn jetzt? Ex oder Nicht-Ex?“, Nino drehte sich um und sah Laurin in seine blaugrauen Augen. Grübelnd legte sich Laurin eine Hand in den Nacken: „Haben wir je richtig Schluss gemacht...?“ Der andere schüttelte den Kopf: „Aber wirklich zusammen waren wir auch nicht mehr. Andererseits hätten wir uns gegenseitig betrogen.“ Ungeduldig ergriff Laurin sein Gesicht und küsste ihn fordernd, ehe er gegen seine Lippen sprach: „Nino, willst du es nochmal mit mir probieren?“ Mit einer guten Röte auf den Wangen antwortete der Braunhaarige: „Einen Kuss probieren?“ „Mehrere Küsse, Sex, eine richtige Beziehung?“, steigerte der Schwarzhaarige seine Aussage. „Wenn du sanft zu mir bist.“ Laurin grinste breit: „Ich pass schon auf dich auf. Und sorge dafür, das du nicht mehr so ein großes Problem mit deiner Morgenlatte hast.“ Mehr als beschämt wollte sich Nino abwenden, doch Laurin hielt ihn zurück und küsste ihn wieder intensiv: „Vertrau mir, lass dich fallen.“ Auf die Lippen des Größeren schauend flüsterte der andere: „Ich habe dir immer blind vertraut und tue es auch jetzt.“ Zufrieden legte Laurin wieder die Lippen auf die des Kleineren und wanderte mit seinen Händen an seinen Seiten hinunter. Wohlig seufzte Nino in den Kuss. Sie hatten zwar erst vergangene Nacht miteinander geschlafen, aber mit dem Wissen, das es Laurin war, der ihn da grade küsste, war es etwas ganz anderes. Seine Haut kribbelte unter den Berührungen des anderen. Schnell fand seine Hand den Weg in die Shorts des Braunhaarigen, der sich ergeben an ihn drückte. Nino fühlte sich zurückversetzt in die Silvesternacht, in der sie miteinander geschlafen hatten. Es war so intensiv gewesen und voller Gefühle füreinander. Aber er spürte nun noch etwas anderes in sich. Er wollte mehr und nun, mit Laurin an seiner Seite, fühlte er sich sicher und geborgen für das, was er sich mit Fremden nicht zutraute. Aber es war ihm peinlich, seinen Wunsch auszusprechen. „Nino...“, hauchte der Schwarzhaarige gegen seine Lippen, „Was möchtest du?“ Laurin wollte nicht wie sonst seine so direkte Frage stellen. Nino war schließlich viel mehr Wert, als eine schnelle Nummer, die er sich sonst immer mit nach hause nahm. Der Kleinere versuchte nachzudenken, doch es war gar nicht so einfach, klar im Kopf zu bleiben. Schlussendlich ergab sich Nino seinem Bedürfnis, er hatte keine Lust mehr, seine Scham zu ertragen: „Zeig mir mehr.“ „Wie viel mehr?“, wollte der Größere wissen. „Geh mit mir an neue Grenzen.“, forderte Nino und sah ihm fest in die Augen. Laurin wusste, das er darauf vertrauen konnte, das Nino ihm zeigen würde, wo seine Grenzen waren. Bestätigend versiegelte er ihre Lippen zu einem stürmischen Kuss, den der Braunhaarige überrascht, aber zufrieden erwiderte. Flink hatte Laurin ihm die Shorts runter gezogen, die an seinen schlanken Beinen hinunter zu seinen Füßen rutschte. Gezielt legte er seine Hände an Ninos Becken und hob ihn mit Leichtigkeit auf die Arbeitsplatte der Küchenzeile. Der zog überrascht die Luft ein, als er sich auf der kalten Platte wiederfand. Grinsend zog Laurin die Knie von ihm auseinander und beugte sich hinunter zu dem nun frei zugänglichen besten Stück des Sitzenden. Neckend fuhr er mit der Zunge über dessen Spitze, was der Kleinere sofort mit einem keuchen quittierte. Das Spiel, welches der Schwarzhaarige begann, brachte ihn fast um den Verstand. Immer wieder war er kurz vorm Höhepunkt, doch Laurin ließ unmittelbar davor von ihm ab und bedeckte sein Unterleib mit Küssen, zwickte mit den Zähnen in die leicht blasse Haut, um dann erneut von vorn zu beginnen. Die Hitze in seinem Körper nahm zu, Nino hatte das Gefühl, gleich zu zerfließen. Als er erneut kurz vorm Orgasmus war, legte er ruckartig den Kopf zurück in den Nacken und stöhnte auf. Nicht nur, das Laurin wieder stoppte, er stieß sich auch noch den Hinterkopf an der Wand an. Den Schmerz ignorierend, krallte er eine Hand in den dunklen Schopf seines Liebhabers fest und bedachte diesen mit einem flehenden Blick. Er zitterte am ganzen Leib und wollte endlich kommen. Mit einem erhabenen Grinsen zog Laurin ihn von der Arbeitsplatte, drehte ihn und drückte ihn grob mit den Oberkörper auf den Tisch hinunter. Aufgrund seiner Größe stand Nino nur noch auf Zehenspitzen, während er seinen Hintern dem anderen entgegen streckte. Keuchend und verblüfft von diesem schnellen Ortswechsel, wollte sich Nino mit den Händen abstützend aufrichten und zum anderen schauen, als dieser ihn hart mit der Hand zwischen den Schulterblättern zurück auf die kalte Tischplatte presste. So herrisch hatte er Laurin noch nie erlebt. Den Kopf auf die linke Seite drehend sah er mit glasigem Blick zu dem Größeren, der sich über Zeige- und Ringfinger leckte. Allein bei dem Anblick wurde ihm kochend heiß und er spürte, wie unbarmherzig das Blut in seinen Lenden drückte. Laurin führte die Finger zwischen seine Backen in die Tiefe. Doch statt in ihn einzudringen, massierte er nur leicht den Muskelring. Nino machte es verrückt, was hatte er vor? Wie lange musste er noch warten? Andererseits genoss er dieses neue Erlebnis in vollen Zügen. Der Schwarzhaarige nahm seine Hand zurück und wieder sah Nino fragend nach hinten, wobei er sich leicht aufrichtete. Sofort drückte der Größere ihn bestimmend zurück und zeigte ihm deutlich, das er sich nicht aufrichten durfte. Betört durch seine Dominanz ließ Nino seine Unterarme dicht neben seinem Kopf ruhen und wartete auf das, was der Stehende als nächstes mit ihm tat. Zufrieden auf den Kleineren herabschauend befreite Laurin seine nach Aufmerksamkeit schreiende Erregung und fasste den anderen am Hintern. Fordernd drückte er die Backen des Braunhaarigen auseinander, um sich dann in ihn zu schieben. Leicht schockiert stöhnte Nino und bäumte sich leicht auf. Damit hatte er nicht gerechnet. Es war das erste Mal, das jemand ohne Vorbereitung in ihn eindrang. Den Namen des Größeren keuchend drückte der Braunhaarige die Fingernägel in das Holz des Tisches und kniff die Augen zusammen. Stück für Stück rutschte Laurin tiefer in den Kleineren hinein, die Enge raubte ihm fast den Verstand. Es kostete ihn viel Selbstbeherrschung, sich nicht einfach gnadenlos in ihn hinein zu bohren. Wimmernd hielt Nino immer für einen Moment die Luft an, grade als er dachte, er könnte es nicht mehr ertragen, streifte der Schwarzhaarige seinen empfindsamen Punkt. Ein langer Stöhner entwich seiner Kehle und sofort drückte er sich ihm gierig entgegen. Ohne Vorwarnung versank Laurin nun komplett in ihm, was auch diesem ein überraschendes, lautes Stöhnen entlockte. Er begann einen zügigen Rhythmus, wobei der Kleinere kaum zu Atem kam, hektisch versuchte er, sich irgendwo Halt zu verschaffen, doch seine Hände rutschten immer wieder weg, so schwitzig waren sie. Der Tisch ächzte unter ihrem Spiel, bei jedem Stoß ruckten die restlichen Frühstückssachen über die Tischplatte. Die Kante des Holzes rieb bei jeder Bewegung des Größeren an seinem Unterleib und brannte bereits leicht, als er endlich Laurins Hand um seine pochende Erregung spürte. Grob massierte er ihn, bis Nino laut aufstöhnte und die Welle über ihn einbrach. Um Laurin zog sich alles zusammen, hart versenkte er sich noch zwei Mal, bis auch er laut stöhnend kam und sich in dem anderen ergoss. Keuchend beugte er sich zu Nino runter, um seinen Kopf auf dessen Rücken abzulegen. Ihrem Keuchen folgte ein Klirren. Leicht benebelt hob Laurin den Kopf und sah neben dem Tisch zu Boden. Dort lag seine Teetasse in Scherben. Er lachte kurz auf. Das war ihm auch noch nie passiert. „Was war das?“, fragte Nino erschöpft, während er regungslos unter ihm liegen blieb. „Meine Tasse.“, beantwortete Laurin seine Frage und löste sich wieder von ihm. Der Größere streckte sich ausgiebig und besah sich seinen Gast. Der rührte sich noch immer nicht. Grinsend strich er ihm über den Rücken und zwickte ihn in den Hintern: „Du darfst dich wieder bewegen, Kleiner.“ Leicht schnippisch wendete der Braunhaarige den Blick ab, um sich dann wieder richtig auf seine Füße zu stellen. Vorsichtig strich er sich über den Unterleib, wo ein roter Striemen auf der Haut zurück geblieben war. Noch immer brannte die Haut. Auch sein Hintern zeigte nun die Konsequenz des harten Spieles. Doch Nino konnte nicht bestreiten, das es ihm sehr gefallen hatte. Mit einem wissenden Grinsen auf den Lippen drehte er sich von Laurin weg und verließ die Küche: „Ich geh duschen.“ Kapitel 33: Ferien ------------------ Während Nino das Bad belegte, räumte Laurin die Küche auf. In Gedanken versunken hob er die Scherben seiner Tasse auf und wischte den Boden sauber, auch um Ninos Spuren zu entfernen. Wie sollte es nun mit ihnen weitergehen? Für den Schwarzhaarigen war klar, das Nino bei ihm wohnen bleiben würde. Wo sollte er denn auch sonst hin? Er würde nicht zulassen, das er noch einmal in solch einer Bruchbude unterkam, das hatte er weder nötig, noch verdient. So konnte er ein angenehmes Studentenleben führen, was ihm auch mehr als zustand. Immer auf der Hut sein, jederzeit bereit sein, alles stehen und liegen zu lassen, um zu flüchten, war kein Leben. Die letzten Jahre hatten bestimmt tiefe Wunden in seiner Seele hinterlassen. Auch das Nino nicht wusste, wo seine Mutter war, stellte sich Laurin schmerzhaft vor. Er konnte ja nicht sicher sein, das es ihr gut ging. Vielleicht hatte sein Stiefvater sie doch ausfindig gemacht? Seufzend stellte Laurin das dreckige Geschirr in den Spüler und sah auf die Uhr. Gut, das sie heute frei hatten. Mit einem verschmitzten Lächeln stellte der Schwarzhaarige jedoch fest, das Nino sich und ihn garantiert zurück an die Ausarbeitung orderte. Ohne Fleiß kein Preis, wie es so schön hieß. Und Laurin hatte nie einen anderen getroffen, der so strebsam lernte und arbeitete, wie Nino. Tatsächlich hatte der Braunhaarige ihn sofort ins Wohnzimmer bestellt, nachdem er frisch geduscht und angezogen aus dem Bad kam. „Wir haben doch Zeit...“, lamentierte der Schwarzhaarige leicht genervt und setzte sich grummelnd neben ihm aufs Sofa. Nino schob seine Brille zurecht: „Jammer nicht rum, von alleine wird das nichts! Und grade weil wir Zeit haben, sollten wir uns ran halten. Falls wir auf ein Problem stoßen, haben wir noch genug Raum, um damit fertig zu werden.“ Der Größere zog eine Augenbraue hoch: „Ich dachte, du hast die Brille nur als Tarnung getragen?“ Eine sanfte Röte legte sich über die Nase des anderen, während er leicht bissig drein blickte: „Nein, ich kann ohne sie mittlerweile nicht mehr richtig lesen.“ Laurin verkniff sich ein Lachen, aber ein Grinsen legte sich dennoch auf seine Lippen. Der Kleinere fand das alles andere als lustig und schloss leicht genervt die Augen: „Schreib du die Zusammenfassung vom ersten Text, den können wir als Einleitung nehmen.“ „Was?“, kam es überrumpelt von Laurin. Planlos schaute er in das Buch, was Nino ihm reichte. „Spinnst du?! Das sind insgesamt 17 Seiten!“, entfuhr es ihm bleich. Nun war es Nino, der spitzbübisch grinste: „Na dann halte dich ran, die Zusammenfassung sollte nicht länger als zwei Seiten sein.“ „Kann es sein, das du Spaß daran hast, mich zu quälen?“, fragte Laurin sarkastisch und zückte einen Marker aus seiner Federmappe. Der Kleinere setzte sich wieder bequem im Schneidersitz auf das Sofa und ging eine Liste durch, wo er hinter einigen Punkten Notizen machte: „Das sagt der Richtige.“ Vertieft in seinen Papieren entging Nino ein belustigtes Grinsen des Schwarzhaarigen. Es war seltsam, auf welche Art und Weise sich ihr Alltag nun einspielte. Denn obwohl sie gegenseitig einige Macken und Eigenschaften von früher wieder erkannten und diese mit in ihrem Umgang einbauten, waren doch auch viele andere Dinge dabei, die sie immer wieder stutzig machten. Wie Laurin es sagte, war es nicht das gleiche wie früher. Sie waren beide erwachsen geworden, waren an ihren Lebenserfahrungen gereift. Doch war es möglich, das sie wieder zusammen wachsen würden? Beiden fiel es irgendwie schwer, einen Mittelweg zu finden, denn sie waren weder ein Paar, noch war es eine normale Freundschaft zwischen ihnen. Mal schliefen sie miteinander, küssten sich und genossen die Zärtlichkeiten des anderen. Dann herrschte wieder eine freundschaftliche Atmosphäre zwischen ihnen. Belustigt stellte Nino irgendwann fest, das wenn sie an ihren Ausarbeitungen für das Studium saßen, er ganz klar den Ton angab und Laurin ihm blind gehorchte. Trotz der irgendwie schwer zu definierenden Beziehung zwischen ihnen, hatten sie ein tiefes Vertrauen zueinander. Der Dezember kam und mit ihm ein Vorschlag von Laurin, dem Nino nicht so wirklich behagte. „Ich verspreche dir, ich pass auf dich auf, dir wird bestimmt nichts passieren.“, beteuerte Laurin schon zum vierten Mal. Der Kleinere sortierte seufzend seine frische Wäsche in einen kleinen Schrank, den Laurin für ihn im Wohnzimmer aufgebaut hatte: „Ich weiß nicht. Ich hab keine Ahnung, wo er sich rum treibt. Er könnte noch immer in Potsdam jemanden kennen und ab und zu dort sein.“ „Nino, es ist Weihnachten, das Fest der Liebe! Meinst du nicht, das du es dir verdient hast, diese Tage wieder mit Leuten zu feiern, die dich gern haben? Ein größeres Geschenk kannst du unseren Freunden nicht machen! Und dir selbst erst recht nicht!“, der Schwarzhaarige legte viel Kraft in die Betonung seiner Gründe. „Aber was, wenn er mich da findet? Es wird super einfach für ihn sein, dann herauszufinden, das ich hier im Hamburg mit dir studiere. Und dann muss ich wieder untertauchen.“, bedrückt senkte Nino den Blick, „Und muss dich wieder verlassen.“ Mit einer wegwischenden Geste futchtelte Laurin vor der Nase des Kleineren rum: „Papperlapapp, er wird dich nicht kriegen. Und ich lasse garantiert nicht zu, das er dich terrorisiert. Wenn er dich wirklich findet, dann hab ich genügend Möglichkeiten, um ihn ins Nirvana zu jagen.“ Leicht geschockt blickte der Braunhaarige ihn an. Laurin verdrehte die Augen: „Nicht das endgültige Nirvana, keine Sorge.“ Etwas erleichtert atmete Nino durch. Das letzte, was er wollte, war das Laurin für ihn straffällig wurde. Der Größere zog ihn in seine Arme und grinste ihm keck an: „Komm schon... Lass uns Weihnachten zuhause feiern. Du, ich, meine Mutter und unsere Freunde. Sie werden sich so freuen, dich endlich wiederzusehen. Da wird sogar Kathrina weinen!“ Ergeben schloss Nino die Augen: „Ich hoffe, sie bricht mir nicht die Nase...“ „Yes!“, glücklich hob Laurin ihn hoch und drückte ihn fest an sich, „Das wird genial! Pack deine Sachen, wir fahren in einer Stunde los!“ Leicht würgend schnappte der Kleinere nach Luft: „Heute? Ich dachte morgen?“ „Nein, wir fahren heute! Bevor du es dir anders überlegst!“, der Schwarzhaarige ließ ihn los und ging mit wippenden Schritt vergnügt in sein Schlafzimmer, um seine Tasche zu packen. Nino warf einen besorgten Blick auf seine Klamotten, die er grade eingeräumt hatte. Er hoffte sehr, das es zu keinem Zwischenfall kam. Es war bereits kurz nach sieben Uhr, als ihr Zug in Potsdam am Bahnhof einfuhr. Draußen war es dunkel und Schneematsch zog am Fenster vorbei. Wie lange war er nicht mehr in seiner Heimatstadt gewesen? Irgendwie war Nino schlecht. Nicht nur die Gefahr, seinen Stiefvater zu begegnen, sorgte für ein flaues Gefühl im Magen. Laurin hatte noch niemandem davon erzählt, das er ihn wiedergefunden hatte. Was würden ihre Freunde sagen? Würden sie wütend sein? Sich von ihm abwenden? „Oh Gott ich kotz gleich...“, murmelte der Kleinere und ließ den Kopf hängen. Er zitterte am ganzen Körper und hatte schlichtweg Angst vor der Begegnung mit seinen alten Freunden. „Jetzt mach hier nicht auf Drama. Heute triffst du doch nur meine Mutter und die wird garantiert heulen vor Freude.“, Laurin hob sein Gesicht am Kinn an und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen, „Ich bin gespannt, ob sie dich erkennt.“ Der Zug hielt an und der Schwarzhaarige erhob sich. „Komm!“, er reichte Nino eine Hand und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. Zusammen verließen sie den Zug und betraten den Bahnsteig. Zittrig umklammerte Nino den Griff seines Rollkoffers. Selbstsicher zog ihn Laurin mit sich in eine Richtung. Er hatte seine Mutter direkt entdeckt, die dick eingemurmelt auf ihn wartete. „Wenn das nicht mein verschollener Sohn ist!“, begrüßte sie ihn breit grinsend und umarmte ihn herzlich. Da Laurin die Hand des Braunhaarigen keine Sekunde losgelassen hatte, fiel ihr Blick danach sofort auf den anderen jungen Mann: „Und wen hast du da mitgebracht?“ Verlegen sah Nino zu seinen Füßen und vergrub sein Gesicht bis zur Nasenspitze in seinen Schal. Der Schwarzhaarige lächelte: „Einen sehr guten Freund.“ „Einen sehr schüchternen Freund, wie mir scheint.“, scherzte sie und versuchte dem anderen ins Gesicht zu blicken. Als Nino aufsah und ihr in die Augen blickte, erkannte er sie wieder. Ihre warme Art hatte er nicht vergessen. Überrascht hielt sie sich die Hand vor dem aufklappenden Mund: „Ach du meine Güte...“ Im Gegensatz zu Laurin erkannte sie ihn sofort. Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie ihn stürmisch in die Arme zog und an ihn an sich drückte: „Junge, du bist wieder da!“ Der Braunhaarige wusste nicht so recht, was er tun sollte. Die Situation überforderte ihn ein wenig. „Ma, würdest du ihn wieder loslassen? Wir sollten erst einmal nach hause fahren. Lass ihn ankommen.“ „Wir müssen Kakaopulver kaufen! Ich hab kein Kakaopulver im Haus!“, gab sie entrüstet von sich, „Das geht nicht!“ Sie wischte sich die Tränen mit dem Ärmel ihres Mantels von den Augen, ergriff Ninos Hand und zog ihn hinter sich her zum Ausgang des Bahnhofs. Entgeistert sah Laurin ihr und Nino nach, der verwirrt zurück schaute. Ließ sie grade tatsächlich ihren eigenen Sohn stehen? Kopf schüttelnd, aber grinsend, folgte er den beiden. Nachdem sie unterwegs kurz angehalten hatten, um noch einige Dinge zu kaufen, die seine Mutter für elementar wichtig hielt, nachdem sie nun wusste, welch besonderen Besuch sie hatte, kamen sie endlich in ihrer Wohnung an. Es war noch immer die gleiche, die Nino kannte. Laurins altes Zimmer hatte sich nur leicht geändert, es gab ein großes Bett, einen Schrank und einen Schreibtisch. Und es war sehr ordentlich. Nachdem Laurins Mutter die Einkäufe verstaut hatte, wendete sie sich wieder ihrem Überraschungsgast zu. „Ich hab mir seit diesem Tag so große Sorgen um euch gemacht. Wie geht es deiner Mutter?“ Die jungen Männer setzten sich zu ihr an den Tisch und Nino begann zu erzählen. Das er nicht wusste, wo seine Mutter derzeit war. Wie die letzten Jahre verliefen. Wo sie überall gewesen waren. Und wie er sie immer wieder aufgespürt hatte. Und das er befürchtete, das er noch immer hinter ihm her war, um über ihn an seine Mutter zu kommen. Laurins Mutter saß schweigend da und lauschte seinen Worten. Sie riss sich zusammen und unterdrückte ihre Tränen, denn ihr war klar, das sie Nino dadurch nur schadete. „Weißt du...“, fing sie schließlich an und sah in ihre Tasse Tee, „Ich finde es gut, das du wieder zurück bist. Nach hause gekommen bist. Du hast so viel erlebt in den letzten Jahren und das in deinem jungen Alter. Du hast dir ein wirklich tolles Weihnachten so sehr verdient! Wir werden uns ein paar tolle Tage machen, wir werden uns vollfressen bis wir platzen, wir werden lachen und Spaß haben und ein tolles Silvester feiern! Und im neuen Jahr wirst du ganz entspannt mit Laurin zurück nach Hamburg fahren.“ Ihre Worte berührten ihn und entlockten ihm, wie auch Laurin, ein Lächeln. „Aber sag mal, mein Junge...“, sie beäugte ihn gewitzt, „Wachsen wolltest du wohl nicht mehr, was?“ Nun musste er lachen: „Irgendwie nicht...“ Sie hatten einen angenehmen Abend, Laurins Mutter kochte und tischte fast schon zu viel auf, doch sie wollte es sich nicht nehmen lassen, für Nino das zu kochen, von dem sie wusste, das er es sehr gerne aß. Also gab es als Vorspeise eine Sternchensuppe, zum Hauptgang Lasagne und zum Nachtisch süßen Quark mit Früchten. „Oh man ich platz gleich!“, Laurin lehnte sich mehr als gesättigt zurück, „Dabei ist noch nicht mal Weihnachten! Was willst du uns dann da auftischen?“ Grinsend legte seine Mutter ihren Löffel in die leere Schüssel: „Also Heiligabend gibt’s Kartoffeln, Rotkohl und Hähnchenschenkel. Und Schokoladenpudding! Ich musste mir was Einfaches überlegen, schließlich kommen ja noch deine Freunde! Am ersten Weihnachtstag, dachte ich mir, machen wir Pizza...“ „Und am zweiten Weihnachtstag fasten wir!“, sprach der Schwarzhaarige ihr dazwischen, „Sonst rollen wir zurück nach Hamburg!“ „Ach so ein Blödsinn!“, sie machte eine Geste mit der Hand und redete dann weiter, „Schaut euch doch mal an! Ihr seid so dünn, vor allem Nino! Ein bisschen mehr auf den Rippen schadet euch wirklich nicht!“ Mit einem angenehmen, zufriedenen Gefühl lauschte der Braunhaarige dem weiteren Gespräch zwischen Laurin und seiner Mutter. Diese Normalität hatte er so vermisst, es tat so gut, hier zu sein! Nach dem Essen folgten einige Runden Monopoly. Sie lachten so viel, das Nino irgendwann Seitenstechen hatte. Dieses berauschende Gefühl vom Leben durchströmte ihn und er genoss jede Sekunde! Kapitel 34: alte Freunde ------------------------ Nino fühlte sich in alte Zeiten zurück versetzt. Es war ein unglaublich tolles Gefühl, das Gefühl von Heimat, zuhause sein. Potsdam kannte er schon immer gut und jede Kleinigkeit, die ihm bekannt war, wiederzusehen, war Balsam für seine Seele. Leicht kopfschüttelnd lachte er innerlich über sich selbst, als er an einem Morgen mit Laurin Brötchen vom Bäcker holte und ihm dabei ein abgebrochener Bordstein auffiel. Bevor er mit seiner Mutter untergetaucht war, war der Bordstein auch schon so gewesen. „Und was macht ihr heute?“, fragte Laurins Mutter, während sie einige Sachen vom Frühstückstisch in den Kühlschrank beförderte. „Großes Wiedersehen mit alten Freunden, die nichts ahnen.“, antwortete ihr Sohn und grinste breit. Nino hingegen wurde flau im Magen bei der Vorstellung. Was würden seine Freunde dazu sagen? Hatte er sie nicht alle enttäuscht, weil er sich nie bei ihnen gemeldet hatte? „Jetzt guck nicht so, als würdest du zum Schafott laufen!“, Laurins Mutter hatte Nino ein Geschirrhandtuch zugeworfen, was ihn etwas im Gesicht traf und dann in seinem Schoss landete. Sie schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln: „Sie werden alle ganz aus dem Häuschen sein!“ Der Braunhaarige seufzte schwer: „Ich weiß nicht...“ „Dabei fällt mir ein, dass ich bei all der Aufregung gar nicht gefragt habe, wie ihr euch wiedergefunden habt!“ Laurin fuhr kurz mit der Hand durch sein Gesicht: „Du hast ihm so viele Fragen gestellt, meinst du nicht, dass es reicht?“ Sie hob eine Augenbraue: „Wenn du so reagierst, willst du scheinbar nicht, dass ich es erfahre.“ „Naja, ich bin unter falschen Namen an der Uni, er hat im Sommer dort auch angefangen zu studieren. In dem Haus, in dem ich vorher gewohnt habe-“ „Haus?! Bruchbude!“, unterbrach Laurin ihn. Nino seufzte: „Jedenfalls gab es dort einen erheblichen Schaden am Gebäude und ich konnte dort nicht mehr bleiben. Da hatte Laurin mir angeboten, dass ich bei ihm vorübergehend wohnen könnte.“ „Und du hast ihn davor nicht erkannt?“, fragte sie ihren Sohn. „Nein, er trug ja eine Brille, schaute mich selten bis gar nicht direkt an und war nicht gerade freundlich. Ich wusste nicht mal seinen falschen Namen zu dem Zeitpunkt, als ich ihm das Angebot gemacht habe.“ Laurins Mutter lachte: „Ein unfreundlicher Gnom also. Aber du hast ein zu großes Herz. Oder aber Anne hat recht und du bist zu flapsig.“ „Flapsig?“, nun hob der Schwarzhaarige eine Augenbraue. „Willst du jetzt wirklich, dass ich als deine Mutter das ausspreche?“ Nino verschluckte sich an seinem Kakao und hustete kurz. „Jedenfalls kam dann ein Zufall zum anderen und Laurin hat mich erkannt.“, beendete der Kleinere und stellte sein Glas wieder auf den Tisch. „Ich freu mich einfach sehr für euch! Und ich bin mir sicher, dass die anderen sich auch riesig freuen, dich wiederzusehen! Anne wird bestimmt weinen, vielleicht sogar Kathrina.“ „Das werden wir jetzt herausfinden!“, Laurin stand auf und wuschelte kurz Nino durch Haar, „Lass uns starten!“ Das unbehagliche Gefühl blieb in Ninos Bauch. Er war so unsicher und hatte ein Stück weit tatsächlich auch Angst vor der Begegnung mit seinen alten Freunden. Laurin hingegen war positiv aufgeregt und hielt Ninos Hand fest in seiner, um ihm den Halt zu geben, den er brauchte in dieser Situation. Je näher sie dem vereinbarten Treffpunkt kamen, desto tiefer rutschte Nino mit der Nase in seinen dicken Schal. Als sie um die nächste Ecke bogen, war das Café in Sicht und davor ihre Freunde, die sich bereits unterhielten. Eine Welle der Hitze überkam das Herz des Braunhaarigen, zusammen mit der Angst, abgelehnt zu werden. Plötzlich lachte Kathrina laut auf und hielt sich den Bauch, wobei sie sich leicht bog und den Bauch hielt. Kim lachte ebenfalls sehr, scheinbar hatte er gerade etwas Komisches erzählt, was sie so sehr zum Lachen brachte. Als Kathrina sich wieder beruhigt hatte, schaute sie in die Richtung von Laurin und erkannte den Schwarzhaarigen. „Hey Laurin!“, rief sie und hob die Hand zum Gruß. „Tag auch!“, antwortete er ihr und erwiderte ihre Geste mit einem breiten Grinsen. Die anderen drei schauten nun ebenfalls in ihre Richtung. „Wen hast du denn mitgebracht?“, fragte Anne neugierig, weil Nino noch immer das Gesicht halbwegs versteckt hielt und zu Boden schaute. Laurin lächelte selig und drehte sich leicht zu Nino, ohne etwas zu sagen. Überraschenderweise war es Lukas, der einfach die Hand in Ninos Schal schob, ihn am Kinn fasste und sein Gesicht hob. „Oh mein Gott!!!“, kreischte Kathrina und fiel Nino sofort um den Hals. Anne schossen die Tränen in die Augen: „Nino!“ Überglücklich schloss sie sich der Umarmung an und schluchzte laut: „Endlich bist du wieder da!“ „Da bringst du ein richtiges Weihnachtswunder mit, Laurin.“, Kim konnte auch nicht anders und legte Nino eine Hand auf den Kopf, „Der kleine Gnom ist wieder zurück! Unglaublich!“ Nino hingegen war mittlerweile auch am heulen. Er hatte die Arme um seine beiden Freundinnen geschlungen und drückte sie eng an sich. Wie hatte er die beiden vermisst! „Wo warst du nur? Wir haben uns so große Sorgen um dich gemacht!“, kam es mit zitternder Stimme von Anne, „Gehts dir gut? Wo ist deine Mutter?“ „Jetzt lasst Nina doch mal Luft holen.“, warf Lukas ein und benutzte mit Absicht Ninos ungeliebten Spitznamen aus den alten Tagen, um die Stimmung wieder etwas zu lockern. Die Frauen lösten sich von dem Braunhaarigen und dieser bedachte Lukas mit einem Lächeln: „Ich hörte, du bist eine riesige Diva und Zicke geworden?“ Der perfekt gestylte Blondschopf schnalzte mit der Zunge. „Ach was, von wegen!“, dennoch grinste er, „Du schaust aber auch etwas nach Diva aus.“ „Was?“, Nino hob die Hände an die Haare. Laurin lachte kurz: „Also ganz unrecht hat Lukas nicht, du brauchst auch viel Zeit im Bad. Und zickig ist er ebenfalls geworden!“ Die Freunde lachten herzlichst. Durchatmend wischte sich Anne die Tränen aus dem Gesicht: „Lasst uns reingehen! Wir haben alle garantiert verdammt viele Fragen an dich, Nino!“ Bis zum Nachmittag saßen die sechs im Café. Nino erzählte viel von den letzten Jahren, während die anderen ihn immer mit neuen Fragen löcherten. Irgendwann mittendrin drehte der Braunhaarige den Spieß um und stellte seinerseits Fragen. Die Rechnung wurde ziemlich lang, als sie gegen drei Uhr das Café verließen. Anne und Kathrina machten sich auf den Weg zu Annes Eltern, wo sie erwartet wurden. Der Rest spazierte in Richtung Wohnung von Kim und Lukas. „Das ist echt erstaunlich, dass ihr euch wiedergefunden habt.“, sprach Kim und schloss die Wohnungstür auf, „Allerdings interessiert mich schon, wieso du ihn erst nicht erkannt hast, Laurin.“ „Tja...“, begann der Schwarzhaarige und legte im Flur, wie alle anderen, seine Winterjacke ab und schlüpfte aus seinen Schuhen. Sie setzten sich gemütlich in die Küche, wo auch ein großes Sofa stand. Lukas machte es sich dort gemütlich, auch Laurin ließ sich in die Kissen fallen. Nino hingegen setzte sich auf einen der Stühle, den er zum Sofa gedreht hatte und stellte einen Fuß auf die Sitzfläche, um seinen Kopf auf das Knie abzustützen. Kim füllte den Wasserkocher auf, um Tee zu kochen. „Das Ding war ja, dass ich es schlichtweg verdrängt habe. Ich habe zu Beginn in jedem, der von seiner Statur war, Nino gesehen. Das hat mich irgendwann abstumpfen lassen. Zudem trug er eine Brille und hat mir nicht gerne ins Gesicht geguckt. Und unhöflich war er!“, erklärte Laurin und musste kurz lachen. „Woran hast du ihn dann schlussendlich erkannt?“, wollte Lukas wissen. „An seiner Narbe am Bein. Die ist einfach einzigartig, ich kannte einfach das Gefühl, wenn man drüber fährt mit der Hand.“ Kim entfloh ein Lachen: „Aha, du hast ihn erkannt, als ihr es miteinander getrieben habt.“ Laurin hob fragend eine Augenbraue, während Kim sich zu ihnen drehte. Der hob nur kurz die Hand zu einer Geste, dass für ihn das klar war: „Wie sonst kommt deine Hand an seinen Knöchel? Also ich als Sani fummel Leute an ihren Beinen nur bei der Untersuchung an und Lukas, wenn wir Sex haben. Ansonsten wäre es sinnfrei, Leute zu begrabbeln.“ Nino schüttelte kurz den Kopf, eine leichte Röte legte sich über seine Wangen, während er sich mit der Hand kurz ins Gesicht fasste, um seine Reaktion etwas zu verbergen. „Man sollte meinen, dass dir das Thema Sex nichts mehr ausmacht, Kleiner.“ Ein Seufzen kam über seine Lippen: „Du warst schon immer sehr mitteilsam, was das Thema angeht. Wenn man auf der Flucht ist, hat man keinen Platz für Beziehungen oder dergleichen.“ „Ich kann es mir vorstellen. Ich hätte vermutlich viele One-Night-Stands in der Situation.“, entgegnete der Sanitäter und stellte vier Tassen Tee mit heißem Wasser auf den Tisch vor dem Sofa und dazu ein Tablett mit diversen Teepackungen. „Also das, was Laurin praktisch betreibt.“, warf Lukas ein und suchte sich einen Tee aus und beförderte den Beutel in eine Tasse. Die anderen taten es ihm gleich. „Das ich kein unbeschriebenes Blatt bin, weiß Nino bereits.“ „Kommst du damit klar?“, fragte Kim Nino. Dieser zuckte mit den Schultern: „Warum sollte ich damit ein Problem haben? Ich war nicht da und ich hatte wenige Male auch woanders das Vergnügen gesucht, was solls.“ „Na Hallo, der Zwerg ist erwachsen geworden.“, kommentierte Lukas. „Du hättest an seiner Stelle eine riesige Szene gemacht!“, Kim bedachte seinen Liebsten mit einem wissenden Seitenblick. „Ich wette mit dir, dass du rot vor Eifersucht im Gesicht wirst, wenn ich jetzt sage, zu welchem Leckerbissen sich Nino entwickelt hat, den man gerne flach legen würde.“, kam es locker über Lukas Lippen, wobei er Kim nicht aus den Augen ließ. Laurin und Nino hielten fast zeitgleich stumm die Luft an und musterten den Größten aus der Runde. Der wurde tatsächlich minimal rot um die Nase: „Du bist wie immer ein kleines Aß. Aber ja, Nino ist wirklich heiß und ich wette, Laurin hat bestimmt seinen Spaß mit ihm.“ „Bitte?!“, kam es wütend von Lukas. Nino war es, der mit seinem Lachen die Situation entspannte: „Laurin hatte mir schon erzählt, dass du sehr schnell eifersüchtig wirst und an die Decke gehst.“ „Pah.“, gab Lukas beleidigt von sich, der erst nach seiner Reaktion bemerkte, dass Kim ihm ganz bewusst provoziert hatte. „Keine Sorge, um nichts in der Welt würde ich dich hergeben, meine kleine Diva.“, neckte Kim ihn. „Ich hab mich tatsächlich gewundert, als Laurin mir erzählte, dass ihr noch immer ein Paar seid.“, entgegnete Nino ehrlich und zupfte an seinem Teebeutel. „Ja, manchmal fragen wir uns auch, wie es dazu kam.“, Kim setzte sich auf die Küchenzeile und zog seinen Teebeutel aus der Tasse, um diesen dann in das Spülbecken zu legen, „Es war definitiv kein leichter Anfang.“ „Wie könnte es auch, du hast mich im Krankenhaus in einem Bad gevögelt.“ „Was?!“, brach es überrascht aus Nino raus, „Du hast ihn damals an dem Tag- Du warst da noch hetero, oder?“ Lukas trank etwas von seinem Tee, ehe er antwortete: „Ja, war ich.“ Diese entspannte Haltung von Lukas war neu für Nino. „Es ist kein Geheimnis, dass ich damals ein Idiot war. Und ich hab mich ziemlich unterirdisch verhalten, als ich dir an jenem Tag die Hausaufgaben gebracht habe. Und als mich dann dieser große Krankenpfleger aus deinem Zimmer in ein Bad gezerrt hat, wurde mir echt anders.“ Kim legte leicht den Kopf schief: „Du warst ein Häufchen Elend. Andererseits war es von mir auch nicht schlau gewesen, du hättest mich damals anzeigen können.“ „Hätte ich wohl.“ „Warum hast du es nicht getan?“, fragte Laurin nach. Die Chance, irgendwann mal wieder mit Lukas so ein Gespräch zu führen, war direkt Null, also nutze er die Möglichkeit. Kurz schwieg der Blondschopf, ehe er hörbar die Luft einzog und weiter erzählte: „Nino und ich sind bereits zusammen auf die gleiche Grundschule gewesen. Ich hab ihn also fast täglich gesehen und seine Entwicklung. Es war unglaublich frustrierend, dass er in der Pubertät einfach sein Ding gemacht hat und allen Hänseleien zum Trotz seiner Linie treu geblieben ist. Den Mut hatte ich nicht. Ich war gefangen in dem Bild, was die Gesellschaft um einen rum erwartet.“ Nino schaute ihn baff an: „Das klingt, als hättest du mich bewundert.“ „Ich war neidisch. Und wütend. Das war mir damals nur nicht bewusst, ich fands scheiße unfair, das du einfach du sein konntest, ich aber nicht. Und deswegen habe ich sehr gerne auf dir rumgehackt, so war ich näher an dir dran.“, Lukas blickte dem Braunhaarigen nun direkt in die Augen, „Ich bin nicht der Typ für große Gefühlserklärungen. Aber du bist wieder da und ich will mich einfach für den Mist entschuldigen.“ Kim hielt sich die Hand vor den Mund und lachte ungläubig: „Du liebe Güte!“ Nino wusste erst gar nicht, was er sagen sollte. Schließlich grinste er, was Lukas grinsen ließ. „Dafür darfst du mich gerne öfter Nina nennen, dann erinnern wir uns alle immer an dieses Gespräch!“ Lukas schüttelte grinsend den Kopf. „So und damit ich deine Entschuldigung annehme, erzählst du nun noch den Rest, wie du mit Kim zusammen gekommen bist und wie das bei euch hält!“ „Dein Ernst?“, fragte der Blonde. „Aber sowas von, das ist echt spannend!“ „Nur dieses eine mal!“, meinte Lukas und stellte seine mittlerweile leere Tasse auf den Tisch ab, „Nachdem Kim mich ja erst hilflos mit einer Latte in diesem Bad zurück gelassen hatte, kam er später wieder.“ „Ich wollte mich umziehen und nach hause, ich wusste nicht, dass du noch da bist!“, warf Kim ein und hob unschuldig die Hände. „Jedenfalls kam er rein, grinste, schloss ab und zog sein komisches Kittelteil aus. Ich weiß nicht genau, was ich dachte, ob er nun weitermachen wollte oder so. Mir ist jedenfalls eine Sicherung durchgebrannt, ich hatte keine Lust mehr, etwas zu unterdrücken.“ „Besser als jede Telenovela!“, flüsterte Laurin und trank noch einen Schluck. Nino schaute zu ihm: „Wir erinnern uns, er mag keine Telenovela.“ „Schon klar, ihr genießt das.“, Lukas rollte mit den Augen. „Weiter!“ Bei der Aufforderung warf der Blonde Nino einen leicht genervten Blick zu. Kim lächelte selig: „Er klebte plötzlich an mir, das wars. Er war so süß. Jedenfalls wollte ich danach mit ihm reden über das Ganze, aber er wollte irgendwie nicht. Über Wochen und Monate kam er immer wieder zu mir, ständig hatten wir Sex, aber nie haben wir dieses verdammte Gespräch beendet.“ „Das war das Gespräch, was du mit ihm nach dem Erste-Hilfe-Kurs in der Schule beenden wolltest?“, fragte Nino nach. „Ja genau.“ „Aber da hast du ihm ja auch nur nach dem Mund gesprochen.“, erinnerte Laurin ihn, „Habt ihr das Gespräch jemals beendet?“ „Ich würde sagen, mit der Zeit haben wir es ohne Kommunikation geklärt. Er ist bei mir geblieben und nach über einem Jahr 'Nicht-Beziehung' bezeichneten wir uns als Paar.“ Nino lächelte: „Das ist schon eine coole Geschichte, die ihr beiden habt.“ „Ach was, eure ist der Burner. Wer findet seine erste Liebe schon beim Sex wieder?“, gab Kim zurück. „Es ist so toll, wieder bei euch allen zu sein. Ihr habt mir alle so sehr gefehlt.“, der Braunhaarige trank auch den Rest Tee und stellte seine Tasse zu den anderen auf den Tisch. „Was wirst du jetzt machen?“, fragte Kim. Nino wurde still. Darüber hatte er noch keinen Gedanken verschwendet, seitdem er wieder in Potsdam war. „Ich weiß es nicht... Ich habe keine Ahnung, in wie weit ich noch in Gefahr bin. Ich will euch jedenfalls nicht gefährden!“ „Glaubst du, er würde soweit gehen?“, fragte der Größte. Auch hier zuckte Nino mit den Schultern: „Keine Ahnung. Mir ist ja so schon ein Rätsel, wie er uns ständig wiedergefunden hat.“ „Naja, aber irgendwann willst du doch wieder unter deinem richtigen Namen leben, oder?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)