Sternchensuppe von Berrii ================================================================================ Kapitel 14: die Wahrheit ------------------------ Nino rannte. Er achtete nicht auf den Weg, aber er lief auch nicht nach Hause, schließlich war dort noch seine Mutter und diese würde Fragen stellen, wenn er viel zu früh wieder nach Hause kam. Immer wieder schossen ihm die Tränen in die Augen und rollten über seine Wangen. Irgendwann stand er vor einem Flussufer, weit und breit keine Menschenseele. Fertig mit den Nerven warf er seine Tasche von sich und setzte sich ins weiche Gras, was noch leicht nass war vom Morgentau. Die Beine angezogen und die Arme darauf gelegt, stütze er den Kopf auf die Arme und weinte hemmungslos. Das war alles einfach zu viel für ihn. Zum einen Kathrina, eine seiner besten Freundinnen, wohl bemerkt seit der Grundschule, war plötzlich in ihn verliebt?! Er hatte ihr dafür nie einen Anlass gegeben, wie sie schon sagte, er war kein Junge, in den sich ein Mädchen verlieben würde. Er war meist kleiner als die Mädchen, war wesentlich schlechter in Sport als sie und war schüchtern wie eine Parkbank. Und Laurin. Verdammt er war so sauer auf ihn! Zugleich aber auch tief enttäuscht. Was sollte das vorhin denn? Er solle gefälligst handeln? Wie er das ausgesprochen hatte, so sarkastisch, als ob er immer viel zu lang nach dachte. Tat er das denn? Worüber dachte er schon nach. Ironisch stellte Nino fest, das er nachdachte, über was er alles nachdachte. Was war das letzte gewesen? Laurin. Intimeres mit Laurin, das war es gewesen. Ob er ungeduldig war? Wusste er das Nino sich viele Gedanken darüber machte? Beschämt kniff Nino die Augen zu. Er wollte nicht mehr deswegen weinen. Aber grade dieser Gedanke ließ ihn weinen. Was, wenn Laurin nun nichts mehr von ihm wissen wollte? Er war schließlich derjenige von beiden, der sich Zeit ließ. Und er war auch derjenige, der gesagt hatte, er wäre nicht vergeben. Sie beide hatten total über reagiert, aber was wenn sie beide jetzt dafür zahlen mussten? Verweint schaute Nino hoch in den Himmel. Es war so ein schöner Sommertag. Der Himmel war strahlend blau und die Sonne trocknete alle Wiesen vom Morgentau. Und er saß hier und heulte. Die Tränen liefen einfach immer weiter, es war kein Ende in Sicht. Aber er musste aufhören, irgendwas musste er tun, um aus dieser ganzen verdrehten Sache wieder raus zu kommen. Die Schlüsselfrage war nur, was tun? >Die Wahrheit..<, dachte sich der Kleine. Die Wahrheit war immer der beste Weg. Er würde zu Kathrina gehen und ihr sagen, das er mit Laurin zusammen war, er würde mit ihr die ganze Sache klären. "Wenn ich es dann noch bin..", traurig stand er auf. Innerlich flehte er darum, das Laurin ihn nicht hasste. Auch mit ihm würde er Klartext reden, er würde ihm seine Gedanken mitteilen, das er ihn auch besser verstehen konnte. Langsam versiegten seine Tränen und er wischte die letzten Spuren aus seinem Gesicht. Trotzdem sah man ihn an, das er geheult hatte und das nicht zu knapp. Seine Ärmel von seiner Jacke waren nass, der Stoff war etwas dunkler als der Rest. Wo fand er Kathrina? Zuhause war sie auch garantiert nicht, ihre Mutter arbeitete nicht und würde sie postwendend zurück in die Schule bringen. Nino lief etwas ratlos durch die Straßen. Wo ging ein Mädchen hin, wenn sie alleine sein wollte und vielleicht weinen musste? Eigentlich an so einen Ort wie er vorhin war, doch am Flussufer war sie nicht. Er lief in den Park, vielleicht hatte er dort mehr Glück. Überall schaute er nach ihr, doch Kathrina war nicht zu finden. Verzweifelt verließ er den Park wieder und ging weiter durch die Stadt. Traurig schaute er auf die Uhr am Busbahnhof. Schon nach halb 11. Ob er sie heute noch finden würde? "Was machst du hier?", wie aus allen Wolken gefallen stand das Mädchen hinter ihm, was er die ganze Zeit suchte. Als er sich umdrehte und ihr in die Augen sah, stellte er fest, das auch sie viel geweint haben musste. Ihre leichte Schminke war weg und ihre Augen gerötet. "Ich hab dich gesucht..", gab er zurück. Auch sie bemerkte seine geröteten Augen. Sie ließ den Kopf leicht hängen und starrte zu Boden. Nino meinte ein leises Schluchzen von ihr zu hören. Dann fiel sie ihm plötzlich um den Hals und drückte sich an ihn. "Kathrina..", hilflos flüsterte er ihren Namen. Er hatte doch keine Ahnung von Mädchen, erst recht nicht wenn sie weinten. "Ich muss mit dir reden.. Irgendwo wo wir alleine sind." Das Mädchen löste sich und schaute kurz weg. Nachdem sie sich anscheinend ein paar Tränen weg gewischt hatte, schaute sie wieder zu ihm und nickte. Sie gingen auf einen Spielplatz, der mitten im Park war. Kaum ein Mensch kam vorbei und so setzten sie sich auf die Schaukeln. Kathrina sagte nichts, sie wartete darauf das Nino das Wort ergriff, der sich aber nicht so recht traute. Aber er war der Junge, er musste den ersten Schritt machen. Schweigen umhüllte die beiden. Kathrina seufzte: "Du bist doch echt nicht normal." Nino schaute zu ihr, dann wieder zu Boden: "Da hast du recht. Kathrina, ich-" "Wie konnte ich nur so doof sein und- ach, ist doch alles für den Arsch!", regte sich das Mädchen auf und schaute in eine andere Richtung, Hauptsache von Nino weg. "Hatten die Jungs heute Morgen recht?" Zögerlich nickte das Mädchen: "Eigentlich dachte ich du siehst das irgendwann. Sogar Anne hat das schnell erkannt, aber du bist blinder als der blindeste Mensch auf der Welt. Und seitdem Laurin da ist, klebst du nur noch an ihm." Der Name ließ ihn erröten. Kathrina schaute zu ihm: "Du hast all die Jahre nichts gemerkt. Wäre dieser doofe Laurin nicht aufgetaucht, wäre ich nie so auffällig geworden und du wüsstest es jetzt noch nicht!" "Es tut mir leid.. Aber ich hab für sowas halt keinen Blick... Und was Laurin angeht, ich- ähm-" Der Junge kam ins Stottern. Wie sollte er ihr denn sagen das er mit ihm zusammen war? Das Mädchen würde aus allen Wolken fallen, Laurin wahrscheinlich nach dem Leben trachten oder ihn für immer bis in alle Ewigkeit verabscheuen und hassen. "Was? Hatten die Jungs mit dir heute Morgen etwa auch recht? Nennen sie dich vielleicht zurecht Nina? Bist du schwul und lässt dich von Laurin prell'n?", sie sprach es so abwertend aus. "Nein, sie nennen mich nicht zurecht Nina. Ich fühl mich als Junge und das will ich auch bleiben. Ich weiß nicht ob ich schwul bin." Jetzt sah das Mädchen ihm direkt ins Gesicht. Sie erkannte den Scham, der Junge war ganz rot. "Aber bi bin ich auf jeden fall, da ich mit.. Laurin zusammen bin...", er hatte es gesagt und dachte innerlich nur, >Oh mein Gott, gleich killt sie mich!< Das Mädchen starrte ihn ungläubig an: "Bitte was?!" Es klang wieder sehr verletzend und abwertend. War schwul oder bi sein denn sowas abscheuliches? Nino schaute traurig zu Boden, wieder kamen ihm die Tränen in die Augen. Jetzt würde sie ihn hassen, vorbei war es mit der guten Freundschaft. Oder lag es mehr daran das sie nichts gegen Laurin ausrichten konnte? Es war ganz deutlich, was er hatte und sie nicht, weshalb Nino ihn vorzog, von daher erübrigte sich die klischeehafte Frage, was er hatte und sie nicht. Das Mädchen musste erstmal durchatmen. Ihr große Liebe war also an einen anderen Kerl vergeben?! Hatte sie das jetzt richtig verstanden? Sie konnte es nicht fassen und fragte wieder nach: "Du lässt dich von Laurin ficken?!" Nino stand heulend auf: "Man, hör auf das so abwertend zu sagen! Nein wir hatten noch keinen Sex, obwohl wir schon fast drei Monate zusammen sind, weshalb ihm vorhin wohl auch der Kragen geplatzt ist und er mich jetzt wohl auch hasst, so wie du mich, weil ich mit ihm zusammen bin oder war, was auch immer!" Das Mädchen zuckte etwas ängstlich zusammen, doch verstand sie, das ihre vorigen Aussagen nicht ganz ok waren. "Entschuldige..", nuschelte sie verlegen und schaute in den Sand unter ihren Füßen. Nino setzte sich wieder und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. "Seit wann seit ihr zusammen?", fragte das Mädchen kleinlaut. "Ungefähr seitdem ich wieder aus dem Krankenhaus bin.", flüsterte er niedergeschlagen. Wenn er dann noch mit Laurin zusammen war. "Und warum ist er sauer? Weil du mir nach bist?" Nino schüttelte den Kopf: "Weil ich so viel nachdenke.." Das Mädchen sah ihn fragend an. Das verstand sie nicht. "Ich hab über dich nachgedacht, ich hab das alles nicht verstanden. Ich hatte ihm vorher zwar erzählt was alles passiert ist, aber als die Jungs dann meinten, ich wäre zu blöd zu erkennen, das du in mich verliebt bist, wusste er auch nicht mehr was er davon halten sollte. Ich hab mir halt weiter den Kopf zerbrochen und beim Sport nicht aufgepasst. Er hat mir einen Federball auf den Kopf geschlagen und ich hab ihn dann angezickt." "Und dann habt ihr euch gestritten?", etwas behutsamer fragte Kathrina nach. Nino nickte traurig: "'Ich hab ihn angemeckert was das sollte, wobei er ja eigentlich nichts getan hat, es war ja meine Schuld. Ich stand da und hab nicht geschaut nach dem blöden Ball. Er hat dann gesagt ich soll gefälligst die Augen aufmachen und aufhören an dich zu denken. Ich meinte dann das ich das gar nicht getan habe, worauf er meinte, das es sehr offensichtlich ist, das ich das tue, man würde mir immer ansehen, wenn ich nachdenke. Und er sagte, das ich gefälligst weniger nachdenken und endlich handeln sollte." "Und weiter?" Der Junge seufzte etwas bitterlich: "Ich hab ihn sauer gefragt ob ich mir dich an den Hals schmeißen soll, worauf er meinte ich solle aufhören dir schöne Augen zu machen und dir mitteilen, das ich vergeben bin." "Das hast du ja jetzt getan..", stellte das Mädchen beiläufig fest, "Warum sollte er dich jetzt hassen? Müsste er nicht zufrieden sein?" "Ich hab ihm an den Kopf geworfen, das ich nicht vergeben bin.", schwer seufzend malte Nino mit dem Fuß Kreise in den Sand, "Alle haben uns angestarrt und zugehört, jeder hat das Gespräch oder besser gesagt Angeschreie mitbekommen, ich war so sauer, dass ich das einfach gesagt habe." "Ähm.. Ich glaub eher er ist am Boden zerstört..", nuschelte Kathrina. Nino schaute auf: "Ist er nicht eher sauer auf mich?" Das Mädchen stand auf: "Ich bin sauer auf dich, weil du mit ihm zusammen bist. Und ich verspüre eine tiefe Abneigung gegenüber Laurin, weil er dich hat. Aber da ich auch eine normale Freundin von dir bin sage ich dir: er heult sich wahrscheinlich grade auch die Augen aus dem Kopf, weil du ihm vermittelt hast, das ihr nicht mehr zusammen seid." Sie nahm ihre Tasche: "Ich geh jetzt nach Hause, ich muss nachdenken." "Kathrina, was ist jetzt mit.. mit unserer Freundschaft?", fragte er vorsichtig. Sie sah ihn an. Den Blick verstand er nicht. Weder sauer noch fröhlich: "Was soll schon sein? Du hast mir das Herz gebrochen, aber ich bin eine einfache Freundin von dir und das bleiben wir, einfache Freunde." Sie drehte sich wieder weg und ging. Nino schaute ihr nach und wandt dann den Blick auf die Uhr seines Handys. Bald war es ein Uhr. Seine Mutter musste mittlerweile auf ihrer Arbeit sein. Wann er wohl mit Laurin reden konnte? Ob er wirklich traurig war? Oder doch eher sauer? Gedanken versunken lief Nino mit seiner Tasche nach Hause. Wenigstens mit Kathrina hatte er alles geklärt. >Ach Laurin..< Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)