Kindermund... von abgemeldet (One-Shotsammlung) ================================================================================ Was ist Liebe? -------------- Für Carcajou. Es war Ende August, die größte Hitze des Sommers überstanden, aber dennoch warm genug, um dafür zu sorgen, dass Ah-Un den etwas kühleren Schatten der Bäume der sonnendurchglühten Luft des ungeschützten Felsplateaus ebenso vorzog wie Jaken, der erschöpft an einem Baum am Rand der Anhöhe lehnte und sich mit einem Blatt Kühlung zufächelte, während der unangefochtene Anführer der kleinen Gruppe von der Hitze und der Erschöpfung seiner Begleiter anscheinend vollkommen unberührt am Rand des Felsplateaus stand und das unter ihm befindliche, sich weit erstreckende Land betrachtete. Kurz darauf kam auch Rin zwischen den Bäumen hervor, zögerte einen Moment und trat schließlich entschlossen neben den weißhaarigen Hundedämon. Konzentriert spähte das kleine Mädchen ebenfalls eine zeitlang auf die scheinbar endlose Ebene hinab, die Arme auf dem Rücken verschränkt, bevor es das Schweigen brach und um Aufmerksamkeit bittend fragte: „Sesshōmaru-sama?“ Ruhig wandte der Angesprochene den Kopf und sah das Kind neben sich abwartend an, nichts Böses ahnend. Aus vertrauensvollen Augen erwiderte Rin den Blick ihres Ziehvaters und erkundigte sich unschuldig: „Sesshōmaru-sama, was ist Liebe?“ Weder Haltung noch Ausdruck verrieten, was der Dämon von dieser Frage hielt, während seine einzige Reaktion in der knappen Entgegnung bestand: „Frag Jaken.“ „Das habe ich schon, aber er konnte es mir nicht richtig erklären“, erwiderte Rin mit der konzentrierten Ernsthaftigkeit eines Kindes, das einem Geheimnis auf die Spur kommen will. Sesshōmaru schien von ihrer Erklärung allerdings wenig beeindruckt und befahl stattdessen nur gleichmütig: „Frag jemand Anderen.“ Mit unerschütterlichem Glauben an den Hundedämon und einem treuherzigen Lächeln erklärte Rin daraufhin völlig ungerührt: „Aber ich frage Euch doch gerade.“ Dem geballten Charme und Wissensdurst des kleinen Mädchens war wohl selbst der Daiyoukai nicht gewachsen, denn nachdem er einen unpassenden Seufzer unterdrückt hatte, erwiderte er schließlich mit der Situation angemessenem Ernst in der Stimme: „Liebe ist unwichtig.“ „Warum?“, verlangte Rin umgehend neugierig zu wissen, jedem Wort Sesshōmarus aufmerksam zuhörend. „Sie ist eine Schwäche, die einen nur behindert“, erklärte der Yōkai mit gelassener Überzeugung, ohne im Geringsten an der Richtigkeit seiner Meinung zu zweifeln. Allerdings genügte dieser Satz nicht, um Rin zufrieden zu stellen, denn diese konfrontierte ihren Ziehvater umgehend mit der nächsten wissbegierigen Frage: „Wobei behindert sie?“ „Bei allem“, lautete die kurz und bündig vorgebrachte Erwiderung, die Rin jedoch nicht wie erhofft zum Schweigen brachte. Stattdessen erkundigte sie sich unbekümmert: „Dann liebt ihr InuYasha?“ Es war das erste Mal, dass der Stimme Sesshōmarus etwas wie Gefühl anzumerken war, als er sehr energisch klar stellte: „Nein!“ Rin bewies in diesem Moment, dass sie ebenso unempfindlich gegen die Stimmung Anderer sein konnte, wie ihr Ziehvater, denn unbeeindruckt von der unterdrückten Wut in dessen Stimme, bohrte sie weiter nach, um der Sache endgültig auf den Grund zu gehen: „Aber warum schafft ihr es dann nicht, ihn zu besiegen und ihm Tessaiga wegzunehmen?“ Da Rin einzig und allein verbissenes Schweigen als Antwort erhielt, fragte sie nun doch leicht besorgt: „Sesshōmaru-sama…?“ Während das einzige Zeichen dafür, dass sich die Geduld des Hundeyōkai in diesem Moment erschöpft hatte, nur eine minimal zuckende Augenbraue war und Sesshōmaru gleichzeitig mit abweisend kühler Stimme bedenkenlos den Satz äußerte: „Frag deine Mutter.“ Rins Augen wurden bei diesen Worten groß vor Erstaunen, bevor es freudig aus ihr herausplatzte: „Ihr wollt heiraten, Sesshōmaru-sama?!“ Für Sekunden starrte der Hundedämon das kleine Menschenmädchen in unverhüllter Verblüffung an; wie war sie nur auf diese unsinnige Schlussfolgerung gekommen? Statt jedoch diese Frage zu stellen, verneinte er wieder nur mit eiserner Selbstbeherrschung Rins Frage und wandte anschließend den Kopf ab, als Zeichen, dass er das Gespräch als beendet betrachtete. Doch so leicht ließ Rin sich nicht abfertigen: „Aber wenn ihr nicht heiratet, wen soll ich denn dann fragen?“ In diesem Moment bekam Sesshōmaru etwas, von dem er sich beinahe sicher war, es nie zuvor gespürt zu haben: Kopfschmerzen. Statt jedoch schmählich vor einem Menschenkind die Flucht zu ergreifen - was er durchaus für einen kurzen Moment ernsthaft als mögliche Option in Erwägung zog -, tat er letztendlich das, was ein Mann in seiner Position zu tun hatte: Er delegierte. „Jaken!“ In so energischem Tonfall rief Jakens Herr selten und so beeilte sich der Kappa hastig, trotz seiner Erschöpfung, zu dem Hundedämon zu gelangen und erkundigte sich gleich darauf devot: „Sesshōmaru-sama?“ „Sorg dafür, dass sie versteht was Liebe ist.“ Jaken schaute seinen Herrn aus großen Augen an und wirkte etwas hilflos. Er wagte es jedoch nicht dem Hundeyōkai zu widersprechen, sondern wandte sich stattdessen an Rin, zog sie am Arm zur Seite und grummelte dabei: „Was hast du Sesshōmaru-sama jetzt wieder für einen Unsinn erzählt? Ich habe dir doch längst gesagt, dass Liebe wie Schokolade ist…“ „Aber ich weiß doch gar nicht was Schokolade ist“, widersprach Rin in einem leicht klagenden Tonfall, während sie sich widerstandslos mitziehen ließ. Jaken seufzte entnervt und befahl anschließend brummig: „Dann stell es dir wie Mochi vor: Es ist nicht übel, aber zu viel davon kann dich umbringen.“ „Dann liebt Sesshōmaru-sama seinen Bruder also ein bisschen, aber nicht zu viel“, schlussfolgerte Rin zufrieden mit sich selbst, ohne Jakens entsetzten Blick zu beachten oder auf dessen heiser vorgebrachten Einwand zu hören: „Sag so etwas nie in seiner Nähe!“ Stattdessen legte das kleine Mädchen den Kopf schief sah Jaken neugierig an und erkundigte sich unbekümmert: „Magst du Mochi, Jaken-sama?“ Der Kappa wurde angesichts dieser Frage sichtlich verlegen, bevor er gleich darauf ärgerlich schimpfte: „Das geht dich gar nichts an!“ „Ich mag Mochi und Sesshōmaru-sama bestimmt auch, wenn er es probieren würde“, erklärte Rin in arglosem und zugleich vollkommen überzeugt klingendem Tonfall, während sie sich inzwischen aus dem Griff des Kappa befreit und ihre Arme erneut locker auf ihrem Rücken verschränkt hatte. Jaken war wie stets gänzlich anderer Ansicht als Rin und erklärte herablassend: „Sesshōmaru-sama nimmt keine minderwertige Menschennahrung zu sich und er lässt sich ebenso wenig von solch lächerlichen Gefühlen wie Liebe beeinflussen, merk dir das, Mädchen! - Und jetzt hör auf solchen Unsinn zu reden und such dir lieber etwas zu essen, wenn du nicht hungrig schlafen gehen willst.“ Da Rin tatsächlich allmählich immer stärker werdenden Hunger verspürte, tat sie, was ihr der Kappa befohlen hatte, murmelte aber dennoch mit einer Mischung aus Trotz und echtem Glauben an ihre Meinung leise: „Und er würde es doch mögen!“ Shinnen omedetō. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)