Schnee von ZombieOnTour ================================================================================ Kapitel 4: Zerstörte Hoffnung ----------------------------- Ich fühle mich seltsam träge als ich aufwache, versuche den Kopf zudrehen, mich um zusehen, doch ich kann weder ihn, noch einen anderen Teil meines Körpers großartig bewegen, merke, dass ich an eine Art Tisch gefesselt bin. Ich schließe wieder die Augen, versuche meinen zitternden Körper zu beruhigen, die Panik zu verdrängen. Wie hatte ich nur so dumm sein können! Ganz einfach, weil du es nicht besser wusstest, sagt eine Stimme in meinem Kopf. Ja, das stimmt. Ich hatte es vergessen. Den Grund, warum man Eden nicht trauen darf. Viel mehr beschäftigt mich die Frage, warum ich so erpicht darauf gewesen war, mit ihm zu reden, so sehr gehofft hatte, dass er sich an mich erinnert. Weil er der einzige Teil ist, der von meiner Vergangenheit übrig geblieben ist. Weil ich schuld an seinem Schicksal bin. Na prima. Scheinbar bin ich einmalig darin mich selbst aufzumuntern, immerhin vergesse ich so, dass ich wieder ein Gefangener bin. (Ich sollte Unterricht darin geben, sich selber in Panik zu versetzen!) Ich versuche nicht mehr daran zu denken, mich auf den hektischen Schlag meines Herzens zu konzentrieren, ihn zu beruhigen, zu entspannen. Eine Tür öffnet sich, Schritte erklingen in dem stillen Raum. Ich zwinge mich, ruhig zu bleiben. Gleichmäßig Atmen … nicht in Panik geraten … lass sie denken, du würdest noch schlafen, lausche auf das, was sie tun, was sie sagen. Wieder diese leise Stimme … entweder werde ich allmählich verrückt, oder es ist ein Teil des Programms, dass Jason mir gegeben hat. Ich hoffe auf letzteres. „Er scheint noch zu schlafen, Mam'.“ Eine fremde Stimme, jung, dennoch älter als Jason. „Scheinbar war die Dosis zu hoch. Wir könnten trotzdem anfangen.“ „Nein. Ich will warten, bis er wach ist. Und schafft mir Jason endlich her!“ Eine Frau … Ich kenne ihre Stimme. Natürlich! Sie war dabei gewesen, als ich das erste Mal aufgewacht bin. Der Klang der rauen, befehlenden Stimme lässt mir einen Schauer über den Rücken laufen. Ich lausche weiter. Erneut öffnet sich die Tür, jemand stolpert in den Raum, stürzt zu Boden. „Das nächste Mal etwas freundlicher, wenn es geht“, brummt Jason, versucht damit, seine Angst zu überspielen, doch sie ist so deutlich, dass ich stark bezweifle, dass er irgendjemanden der Anwesenden täuschen kann. Die Gefühle in seiner Stimme lassen auch meine Panik wieder aufflammen. Anfangen … womit? Nein, ich will keine Antwort! Ich brauche es nicht, denn Jason hatte es mir gesagt, was passiert, wenn ich mich widersetze. „Nun, ich dachte, dass du vielleicht dabei sein willst, wenn wir ihn löschen. Damit du zusiehst, wie deine jämmerliche Hoffnung zerbricht“, sagte die Frau kalt, lacht leise. Jason schweigt. „Hast du wirklich geglaubt, wir wissen nicht, was du tust? Wie naiv bist du eigentlich?“ „Ich habe nichts getan“, antwortet Jason leise, mit zitternder, verzweifelter Stimme. Zorn mischt sich unter meine Angst, doch ich zwinge mich, ruhig zubleiben. „Deine Werkstatt wird genauso überwacht wie alles andere hier. Doch keine Sorge, wir werden dir nichts tun, aber ich denke, das weißt du auch so. Du wirst nur an die Leine gelegt. Und du hast uns sicher die ganze Zeit belauscht, nicht wahr?“ Ihre Stimme ist direkt über mir. Ich öffne die Augen, blicke in ein Gesicht, dessen Alter ich nicht einschätzen kann, dessen Augen mich mit einer unglaubliche Vorfreude auf das gleich Geschehene ansehen. „Du brauchst mich nicht so hasserfüllt anstarren Junge, du bist selber Schuld an der ganzen Sache. Probanden, die sich nicht unterordnen können werden eliminiert. Und da es zu schade wäre, dich zu töten, löschen wir einfach dein Bewusstsein erneut aus und dieses mal komplett. Bin ich heute nicht großzügig? Ich lasse dich leben, auch wenn du davon nichts mehr haben wirst.“ Ich merke, wie ich wieder anfange zu zittern, ziehe an den Fesseln, versuche mich los zu reißen, ohne Erfolg. Die Frau wendet sich von mir ab, an den jungen Forscher, der neben einem Kontrollpult steht. Ich lasse meinen Blick schweifen, versuche soviel von meiner Umgebung zu erhaschen wie möglich, entdecke Eden, wie er hinter den anderen steht, den Blick abwendet, als ich ihn ansehe. Schuldbewusst beißt er sich auf die Unterlippe, schlingt die Arme um sich. Jason sitzt noch immer auf dem Boden, zitternd, ängstlich. Ich begreife, dass er alles auf eine Karte gesetzt hatte, dass er bis jetzt fest überzeugt gewesen ist, mit meiner Hilfe von hier zu verschwinden. Ich schließe die Augen, will das nicht mehr mit ansehen, will nicht beobachten, wie sie alles vorbereiten, um mich auszulöschen. Vergeblich ziehe ich ein letztes Mal an den Fesseln. Wie hatte ich nur so dumm sein können zu glauben, von hier fliehen zu können. So unglaublich es auch für mich ist, ich kann Eden nicht dafür hassen, dass er mich in diese Falle gelockt hatte. Alles was ich spüre ist Mitleid mit ihm und die Panik, die Gewissheit, nicht wieder aufzuwachen. „Ha! Ich hab dich gefunden! Jetzt bist du dran!“ „Du bist gemein, du hast gemogelt!“ Das Mädchen lacht nur über meine Worte. Sie weiß genau wie ich, dass ich nicht verlieren kann. Trotzig verschränke ich meine Arme vor der Brust, schiebe die Unterlippe vor und sehe demonstrativ weg, doch sie lacht noch immer. Ich kann nicht anders, als ebenfalls zu grinsen. Sie legt den Kopf zur Seite, sieht mich herausfordernd mit ihren saphirblauen Augen an, streckt mir die Zunge raus. „Zähl bis hundert“, flüstert sie mir zu, ehe sie lachend davon rennt. Ich halte mir die Hände vor das Gesicht, linse zwischen meine Finger hindurch um zu sehen, wohin sie rennt und fange an zu zählen. „Lass die Augen zu! Nin, ich meine es ernst. Hör auf zu schummeln.“ Ich muss über ihren Versuch ernst und streng zu klingen leise lachen. Es passt nicht zu ihrer sanften Stimme, zu ihrem Wesen. „Lachst du mich etwa aus?“, fragt sie mit gespielter Empörung. „Nein, nein, keine Sorge, das würde ich niemals wagen“, stritt ich kopfschüttelnd ab, spüre, wie sie mir einen leichten Schlag zwischen die Rippen verpasst, muss nur noch mehr lachen. „So geht das nicht! Ich hab dir die Regeln doch erklärt“, brummt sie beleidigt. Ich ziehe sie zu mir, verliere mich in ihrem Blick. „Soso, die Regeln also. Wenn ich mich recht erinnere, änderst du sie immer zu deinem Besten, da darf ich doch wohl ein bisschen schummeln, oder?“, frage ich lächelnd. „Sonst wäre es ja unfair und du gewinnst am Ende noch.“ „Das ist ja der Sinn des Ganzen. Du änderst die Regeln so, dass du gewinnst oder du verlierst, wenn du es nicht tust“, antwortet sie, spielt mit einer Strähne ihres blonden Haares. „Kann man es nicht ändern, damit alle als Sieger hervor gehen?“ „Ich denke nicht. Einer muss der Verlierer sein, sonst gibt es keinen Gewinner. Aber du solltest dafür sorgen, dass du ersteres bist. Und jetzt mach die Augen zu und entspann dich. Glaub mir, hinterher ist alles wieder gut.“ Sanft drückt sie mich zurück, schenkt mir einen flüchtigen Kuss, ehe sie mir eine Hand auf die Augen legt und leise lacht. „Weißt du was? Du bist viel zu stur um einfach aufzugeben, aber diesmal wirst du nicht gewinnen“, flüstert sie leise in mein Ohr. Übrig bleibt nur Stille. Stille und ein unendliches Nichts. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)