First Time von __Sleepwalker (~*Für Robin*~) ================================================================================ Kapitel 1: First Time - Standalone ---------------------------------- Schleierförmige Wolken ziehen über die himmelblaue Unendlichkeit. Es riecht nach frischem Tau auf dem Rasen. In der Ferne kann man Kinder lachen hören. Es ist ein schöner Tag. Das Wetter ist perfekt. Genau richtig um mit seinem Partner spazieren zu gehen, um Spaß zu haben mit Freunden. Aber ich habe im Moment nichts von beiden hier. Ich liege einfach nur still im Gras und beobachte die Wolken dabei, wie sie schnell über den Himmel ziehen. Sie sind so frei und schwerelos. Sie können dorthin ziehen wo sie wollen. Ich muss dagegen hier bleiben. Muss mein Leben so leben wie es ist. Voller Hass und Elend. Keiner ist da, der mit mir etwas unternimmt, weil sie alle zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind. Mein Herz wurde zu oft gebrochen, als dass ich gerade eine Beziehung eingehen möchte. Obwohl ich gestehen muss, dass ich verliebt bin. Verliebt in einen Jungen, der etwa 500 Kilometer von mir entfernt wohnt. In einen Jungen, der eigentlich das krasse Gegenteil von mir ist. Da wäre ich. Ein 18-jähriges Mädchen, das viel zu melancholisch ist und nichts mit seinem Leben anzufangen weiß. Ein Mädchen, das in ihren Augen genug Elend ertragen musste. Und dann wäre da noch er. Ein 18-jähriger Punk, der kurz davor ist 19 zu werden und ein sehr rebellisches Leben führt. Ein Mensch, der so viel erlebt hat. So viel Schlechtes. Zu viel Schlechtes. Ein Junge, der so liebenswert und süß ist. Der einem hilft wo es geht, obwohl er selber genug Probleme hat. Ein Junge, der ein Mädchen liebt, das ihn schlecht behandelt. Es bricht mir jedes Mal das Herz, zu erfahren wie viel Mühe er sich für sie gibt und sie schätzt es nicht. Wie kann man mit solch einem Menschen so umgehen? Er hat auf jeden Fall etwas Besseres verdient, aber das will er nicht. Er will nur SIE! Also bleibt mir nichts weiter übrig, als an ihn zu denken und mir Dinge auszumalen, die eh nie passieren werden. Wir hatten es einmal versucht, aber das wurde nichts. Vielleicht war die Entfernung dran Schuld. Vielleicht war ich es. Vielleicht war er es. Ich weiß es nicht, aber es hatte einfach nicht geklappt. Also lebte ich einfach weiter mit meinen Gefühlen für ihn, die nie versiegen werden. Gefühle, von denen er nicht weiß, dass sie noch existieren. Aber wie heißt es doch so schön?! Was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß. Also ist das ja auch egal. Er soll versuchen mit seiner ach so tollen Freundin glücklich zu werden. Ich habe da keine Hoffnung, aber er hat sie. Er hofft noch immer, dass sie sich vielleicht mal um ein paar Grad wendet. Was soll’s. Ich sollte mir darüber eigentlich gerade nicht den Kopf zerbrechen. Ich sollte vielleicht eher darüber nachdenken, was ich ihm zum Geburtstag schenke. Immerhin ist dieser nur noch eine Woche entfernt und das ist wirklich nicht viel. Wahrscheinlich eh viel zu wenig für mich, da ich im Geschenke machen so schlecht bin und er mir so viel bedeutet, da sollte es schon etwas besonderes werden. Nur was könnte ich ihm denn schenken? Ich habe wirklich keine Ahnung, aber ich sollte mich ranhalten. Eine Woche kann schneller vergehen als man denkt. Das habe ich schon mehr als oft bemerkt. Also Isi – streng dein kleines süßes Köpfchen an und lass dir schleunigst etwas einfallen, immerhin ist es – oder er – dir wichtig. Da solltest du dich wirklich anstrengen. * Ein paar Tage sind nun vergangen. Jetzt ist es draußen kalt. Es schneit und die Temperaturen sind im Keller. Leider bleibt der Schnee nicht liegen. Aber das ist ja jetzt auch egal. Irgendwann wird es kalt genug sein. Immerhin ist es ja erst November. Da hat der Schnee noch Zeit liegen zu bleiben. Ich stehe gerade am Bahnhof. Will mir ein Ticket für den 30.11.2008 kaufen. Eigentlich hasse ich es zu warten, aber ich glaube, dass es sich diesmal lohnt. Zumindest hoffe ich das. Immerhin ist es für mich wichtig und ich habe lange darüber nachgedacht. Das heißt, wenn man die paar Tage als lange Zeit bezeichnen kann. Für mich vergingen sie jedenfalls langsam, also war es für mich eine lange Zeit. Aber was ich mich gerade frage: Was kann eigentlich so lange dauern, wenn man sich einfach nur ein Zugticket kaufen möchte. Man muss doch lediglich wissen an welchem Tag, zu welcher Uhrzeit und wohin man fahren will und wann es zurückgeht. Das kann doch nicht eine halbe Ewigkeit dauern. Vor und hinter mir fangen die Menschen auch schon an zu nörgeln. Es geht quasi nur in Millimeterschritten voran und wenn das so weitergeht dann stehe ich in 364 Tagen immer noch hier rum. Am liebsten würde ich nun wirklich meine Stimme erheben und die ganzen lahmarschigen Leute da vorne nieder machen und mich beschweren, aber das ist nicht meine Art, deswegen lasse ich das lieber. Nicht, dass ich nachher noch im Krankenhaus lande, dann habe ich auch nichts gekonnt. Mehr oder minder geduldig stehe ich also meine Zeit ab. Langsam habe ich schon meine komplette Musikliste auf meinem Handy durchgehört, so lange wie das hier dauert und das sind wirklich nicht wenige Songs. 199 um genau zu sein. Ich hab schon etwa 160 durch. Nach etwa eineinhalb Stunden ist dann nur noch eine Person vor mir. Echt erstaunlich wie flink diese Gesellschaft doch ist. Noch flinker und sie schläft ein. Obwohl die Bahnmitarbeiter auch nicht gerade die schnellsten und vor allem nicht die hellsten Leuchten sind. Wie kann so was nur einen Job in solch einem Unternehmen bekommen? Das ganze System der Bahn ist ohnehin beschissen. Wie dieses Buch „’Senk ju vor träwelling’: Wie Sie mit der Bahn fahren und trotzdem ankommen“. Das soll ja echt gut sein. Und der Wahrheit entsprechen. Ich sollte es mir kaufen und lesen, das ist bestimmt mal eine Investition wert. Jetzt bin ich endlich mal dran. Das wurde echt Zeit, ich wäre fast eingeschlafen oder was weiß ich. Ich zeige als diesen Schnarchnasen jetzt mal wie schnell so was gehen kann. „Guten Tag. Was kann ich für sie tun?“ Diese Bahnmitarbeiterin hat ein ganz schön gequältes Lächeln auf den Lippen und versucht nett zu sein, aber gelingen tut ihr das irgendwie nicht wirklich. Nach solch einem Tag habe ich nicht mal mehr Lust dazu, so was vorzutäuschen. Und „Guten Tag“ trifft schon gar nicht mehr zu, eher „Guten Abend“ oder fast „Gute Nacht“. „Ich hätte gerne ein Ticket nach Bochum für den 30.11.08 ab 12Uhr. Und ICE bitte.“ „Okay, kleinen Moment.“ Sie fängt an meine Daten in ihren Computer zu tippen, fragt mich noch kurz nach meinem Namen und wann ich denn zurückfahren möchte und dann habe ich schon alles was ich haben wollte. Das hat keine fünf Minuten gedauert und bei all den anderen schnellen Menschen hat das Jahrhunderte gedauert. „Auf wieder sehen…“, lasse ich noch kurz von mir hören, nachdem ich bezahlt habe und diese Frau mich verabschiedet hat und dann bin ich auch schon wieder weg. War das nun wirklich so schwer? Nein, eigentlich nicht, aber für all die anderen Intelligentsbolzen schon. Wenn Dummheit fahren könnte, würden all diese Leute bergauf bremsen. * Große dicke Schneeflocken fallen aus den mächtigen Wolken über mir auf die Erde und decken alles zu. Die Bäume glitzern bunt in der Sonne, die sich hier und da durch die Wolken drängt. Alles sieht so wunderschön aus. Die perfekte Winterlandschaft. Da kommt sofort die hoffnungslose Romantikerin in mir auf. Die ganze Umgebung gibt sofort dieses weihnachtliche Gefühl und man hofft, dass es zu Weihnachten noch genau so aussieht wie jetzt. Hier sieht alles so viel schöner aus als bei mir zu Hause in Jeßnitz. In Bochum ist es auch viel kälter, aber trotzdem scheinen die Menschen hier nicht zu frieren. Ich hingehen friere mir sprichwörtlich den Arsch ab. Diese Temperaturunterschiede sind echt unglaublich. Es fühlt sich an als wären es hier vielleicht -5°C. Aber was beschwere ich mich hier eigentlich? Ich habe mir das doch selbst ausgesucht, also sollte ich mich auch nicht aufregen, sondern es hinnehmen wie es ist. Taxis anzuhalten oder zu bekommen ist hier auch ganz schön schwierig. Na gut, ich bin hier ja auch in einer Großstadt und nicht in so einem Kuhkaff wie Jeßnitz oder keine Ahnung. Die Leute hier laufen alle hastig den mit Schnee bedeckten Asphalt der Gehwege und die Autos fahren eilig die Straßen entlang und passen trotzdem auf nicht doch - trotz des Winterdienstes - wegzurutschen. Was ich mich jedoch frage: Wo wollen all diese Leute an einem Sonntag – dem 1. Advent noch dazu – hin? Gibt es ihr irgendwo etwas umsonst? Ich glaube kaum, dass so viele Menschen heute, an einem eigentlich normalen Sonntag, bei ihren Familien sein wollen. Hier muss doch mindestens halb Bochum unterwegs sein. Großstädte sind für mich echt gewöhnungsbedürftig. Nach einer viertel Stunde Fußmarsch – wohin auch immer – habe ich es endlich geschafft ein Taxi zu bekommen. Ich dachte schon, dass das nie mehr was wird. Dann wäre ich etwas aufgeschmissen gewesen. Ich nenne dem Fahrer Debbies Adresse, in der Hoffnung sie kann mir weiterhelfen. Vielleicht erkennt sie mich auch gar nicht, aber ich hoffe es. Denn alles was ich will ist morgen bei ihm zu sein. Ich möchte nichts weiter als meiner großen Liebe zeigen, was ich alles tun würde um bei ihm zu sein. Ich hätte mein letztes Hemd dafür gegeben und das nur um an seinem Geburtstag bei ihm zu sein. Denn eines habe ich im Laufe der letzten Jahre gelernt – man sollte für das was man will kämpfen. Vor allem aber sollte man für seine Liebe kämpfen und das würde ich nun tun. Vielleicht ist es sinnlos, weil er eh nur Augen für seine „Göttin“ hat, aber ich werde nicht gehen bevor ich es nicht versucht habe. Ich werde nicht kampflos untergehen. * Nervös zitternde Hände. Stockender Atem. Füße so schwer wie Beton. Angst in den Augen. Angst in allen Blutbahnen. Angst in jeder einzelnen Faser meines Körpers. Noch nie habe ich so viel Angst gehabt. Dabei bin ich „nur“ bei Debbie, was soll das dann erst werden, wenn ich bei Robin bin? Falle ich dann um? Ob tot oder ohnmächtig ist erstmal egal. Jedenfalls würde ich es nicht ertragen. Natürlich nicht im negativen Sinne gesehen. Aber Isi, du musst dich zusammenreißen, sonst schaffst es nie bis zu Robin. Wahrscheinlich nicht mal in dieses Haus vor mir. Langsam wandert meine Hand Richtung Klingel. Noch immer zittert diese vor Angst und Nervosität. Ich habe kaum noch Kontrolle über mich. Am liebsten würde ich nun anfangen zu weinen. Würde am liebsten weglaufen, doch hier steht zu viel auf dem Spiel. Ich zögere noch. Ich muss versuchen die Angst zu verringern, sonst halte ich es wirklich nicht aus. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen. Ein…Aus…Ein…Aus. Okay, das muss jetzt reichen. Ich nehme all meinen Mut zusammen und betätige den Knopf. Das Läuten ist bis nach draußen zu hören. Es ist nicht sonderlich laut hier draußen, aber man hört es noch. Warten. Ich hasse warten. Vor allem jetzt. Zwei Minuten später – es könnten auch mehr oder weniger sein – geht die Tür dann endlich auf. Ein junges Mädchen – etwa in meinem Alter – steht vor mir. Sie hat glänzendes, glattes, braunes Haar und ein Piercing in der Lippe. Mir ist sofort klar wer dort vor mir steht. „Hey…kann ich was für dich tun?“, fragt sie mich leicht verwirrt und legt dabei ihren Kopf schief. Ihre Augen glänzen richtig. Sie haben diesen fragenden und verwirrten Ausdruck. „Ehm…ja kannst du. Erstmal…ich bin’s…Isi…“ Ich mache eine Pause. Warte auf ihre Reaktion. Sie sieht nachdenkend aus. Dann scheint es klick zu machen. „Oh…was machst du denn hier?!“ Sie scheint wirklich sehr überrascht und erstaunt zu sein. Sie zieht mich erstmal in ihre Arme und nachdem sich der erste Schock deswegen etwas gesetzt hat, umarme ich sie ebenfalls. „Ich…ich bin wegen Robin hier.“ „Achso…“ „Ich dachte, du kannst mir vielleicht sagen oder zeigen wo er wohnt…ich wollte ihn überraschen. So als Geburtstagsgeschenk.“ „Das ist ja süß. Er ist gerade hier. Also…falls du ihn jetzt schon überraschen willst.“ „Oh…ehm…“ „Ich kann dich ja auch nicht hier draußen stehen lassen. Also musst du wohl reinkommen.“ „Okay…“ Das ist mal wieder typisch mein Glück. Eigentlich wollte ich ihn erst morgen sehen. Damit ich mich noch etwas darauf vorbereiten konnte. Aber daraus wird ja nun nichts. Mist. „Dann komm mal rein.“, lächelt Debbie mich an. Sie ist echt nett. Ich kannte sie ja auch bisher nur von Animexx. Durch Robin. Jetzt stehe ich hier vor ihr. Bin Robin gleich sehr nah. Sehe ihn zum ersten Mal live. Verdammt ich bin so nervös und aufgeregt. Ich kann mich gar nicht mehr bewegen. Isi, reiß dich zusammen. Langsam gehe ich ins Haus und sofort erschlägt mich die Wärme. Es ist echt ein so wunderbares Gefühl im Warmen zu sein. Vor allem bei diesen Temperaturen draußen. Ich sehe mich kurz um. Das Haus ist schön. Es wirkt schon von den Farben her warm und es sieht gemütlich aus. „Dann zieh dich erstmal aus und dann komm mit.“ Ich tue wie mir befohlen und stelle meine Tasche an die Seite. Ich öffne meine Jacke und ziehe diese aus, genau wie meine Schuhe. Dann sieht Debbie mich lächelnd an und nimmt meine Hand. Ich weiß nicht wo sie mich hinführt, aber ich denke mal zu Robin. Immerhin bin ich ja wegen ihm hier. „Warte kurz hier. Ich hol dich dann.“, und kaum hat sie das gesagt lässt sie meine Hand los und geht in den Raum vor dem wir stehen geblieben waren. „Hey Robin. Da draußen steht jemand, der dich gerne sehen würde.“ „Ach ja? Und wer sollte das sein?“ „Du wirst bestimmt überrascht sein. Ich hol sie mal.“ „Aha. Wer kommt jetzt? Mein schlimmster Albtraum? Irgendein Emomädel das glaubt mich zu lieben? Isi? Beti? Die Frau vom Weihnachtsmann?“ „Lass dich überraschen.“ Ich kann alles mit anhören was die beiden bereden. Kann dieser Junge hellsehen? Klar war das Ironie, aber ich bin ja immerhin hier. Ich will ihn ja sehen. Also hat er ja Recht gehabt. Das mit dem Emomädel könnte auch hinhauen. Ich bin jetzt nicht der extreme Emo, ich bin’s nur innerlich etwas. Ich höre wieder Schritte auf die Tür zukommen. Das heißt: Noch einmal sehr tief durchatmen und allen Mut zusammen nehmen, der mir noch geblieben. „Komm rein.“, lächelt Debbie mich dann wieder an, als sie vor mir steht. Ich nicke nervös. Beiße mir leicht auf die Unterlippe. Schon wieder habe ich kaum Kontrolle über mich. Angst macht sich wieder breit und das alles wegen einem Jungen. Alles wegen ihm. Er macht mich so verdammt verrückt. Langsam schaffe ich es meine Beine in Bewegung zu setzen und tapse vorsichtig ins Zimmer. Irgendwie bin ich gerade eingeschüchtert. Ich werde glaube noch verrückt. Ich schaue mich kurz im Zimmer um bis ich Robin entdeckt habe. Ich sehe ihn schüchtern und ängstlich an. Er zieht eine Augenbraue hoch. Scheint nachzudenken. Wahrscheinlich woher er dieses Gesicht kennt. Dann sieht er nervös aus. Er macht den Mund auf um etwas zu sagen, aber es kommt nichts raus. Also macht er ihn wieder zu. Er sieht kurz zu Debbie. Dann wieder zu mir. „Ich lass euch mal alleine.“, kommt es dann von Debbie und bevor ich Einspruch erheben kann, ist sie schon weg. Verdammt, warum geht sie jetzt einfach? Sie kann mich doch nicht mit ihm alleine lassen. Das halte ich doch nie im Leben aus. „Isi?“ „Hey Robin…“ „W-was machst du denn hier?“ Er ist wirklich erstaunt. Damit hat er wohl am wenigstens gerechnet. Wer glaubt auch schon, dass ich so verrückt bin? Einfach hier aufzukreuzen, also echt Isi. „Ich…ich wollte dich überraschen…zum Geburtstag. Ich…wusste ja nicht, dass du…heute hier bist. Das habe ich nicht mit eingeplant…“ „Oh…“ „Es gibt einfach so viel, was ich die sagen will…persönlich…“ Langsam kommt all mein Mut wieder. Nach und nach schaffe ich es durchgehend zu reden und nicht zu stocken. Ich atme noch einmal tief durch. „Und das wäre zum Beispiel?“ Er hat diesen fragenden Ausdruck in den Augen. Er sieht so süß aus, wenn er so guckt. Da werde ich gleich wieder schwach. „Ehm…ich weiß nicht wie und wo ich anfangen soll…“ Ich mache eine kurze Pause. Überlege was ich sagen könnte. Wie ich anfangen könnte. „Fang am Anfang an…“ Er versucht zu scherzen, grinst dabei auch leicht, aber irgendwie scheint er selbst zu merken, dass das nicht so der Brüller war. „Mhm…also…eigentlich bin ich hier um deinen Geburtstag mit dir zu verbringen und…weil…ich für das kämpfen möchte, was mir wichtig ist, auch wenn es sinnlos erscheint…“ „Du willst für das kämpfen, was du möchtest? Was denn?“ Wieso muss er mich das jetzt fragen? Das ist nicht fair. Ich kann ihm das doch jetzt nicht sagen. Na gut, ich muss es ihm sagen, aber dazu habe ich gerade echt nicht den Mut. Ich sitze in der Klemme. Was tue ich nun? Ich muss es ihm sagen. Dann habe ich es hinter mir. Also Isi, egal wie viel Angst du hast, du schaffst das. Du kannst nichts verlieren. „Ich habe gerade wirklich Angst. Es ist immer schwer etwas zu finden, was man wirklich möchte und dann ist man lieber alleine, aber ich möchte nicht alleine sein. Ich habe gefunden was ich möchte. Aber ob ich es kriege ist die Frage. Ich glaube wenig daran. Jetzt stehe ich hier vor dir, sehe dich an und kann kaum atmen. Ich habe wirklich Angst. So viel Angst hatte ich noch nie. Ich weiß, dass das dumm von mir ist, aber ich möchte für meine Liebe kämpfen. Für die Liebe, die ich einmal hatte und nie wieder kriegen konnte. Die Liebe, die ich nie vergessen konnte.“ „Für mich also?!“ Ich nicke nur. Ich senke meinen Kopf und starre den Boden an. Ich habe so viel gesagt, aber erreicht habe ich damit wahrscheinlich nichts. Wäre ja auch zu schön gewesen. Plötzlich legen sich starke Arme um mich und halten mich fest. Drücken mich fest an einen Körper. Ich hebe meinen Kopf und sehe Robin verwirrt an. Ja, ich bin gerade wirklich verwirrt. „Das ist süß von dir…“ Süß? Was ist daran süß? Das ist dumm und nicht süß. Immerhin liebt er mich nicht. Er liebt seine Freundin nicht mich. Da ist kein Platz mehr für mich. „Wenn du meinst…“ „Ja, meine ich…“, lächelt er sanft und küsst mich auf den Kopf. Mein Herz schlägt schneller. Mir wird warm. Er drückt mich noch etwas mehr an sich. Ich schmiege mich leicht an ihn. Er strahlt eine richtige Wärme aus und er riecht gut. Sehr gut sogar. Ich verliebe mich immer mehr in ihn, falls das überhaupt noch geht. „Das hat noch nie jemand für mich getan…“ Flüstert er dann noch leise. Noch nie. Da kannt er mal sehen, was ich nicht alle für ihn tue. Und ich würde noch so viel mehr tun. Nun schweigen wir beide. Wir stehen einfach nur so da. Halten uns gegenseitig im Arm. Mein Kopf lehnt an Robins Brust und meine Augen sind geschlossen. Ich genieße einfach nur den Moment. Es ist so schön ihn endlich ganz nah bei mir zu haben. Richtig mit ihm zu reden und nicht nur zu chatten. Es ist so schön ihn zu spüren. Ich will nicht, dass das jemals endet. „Hey Schaatz!“ Robin lässt mich sofort los, als er diesen Satz hört. Ich habe eine wage Vermutung wer das ist und es gefällt mir nicht. „Hey…“ „Sorry, ich habe versucht sie aufzuhalten, aber sie war schneller.“ Ich sehe zu Debbie. Dann zu dem anderen Mädchen. „Schon okay…“, antwort Robin ihr. Debbie nickt und geht dann wieder. Sie scheint die Flucht zu ergreifen. „Ich hab mich schon gewundert wo du bist.“ Pause. „Wer ist denn das?“ Das andere Mädchen scheint echt arrogant zu sein. „Ne Freundin…“ „Willst du uns nicht vorstellen?“ Ich kann an ihrem Blick sehen, dass sie angewidert von mir ist. Wahrscheinlich weil ich nicht aussehe wie sie oder Robin. Weil ich durchschnittlich gekleidet bin und durchschnittlich aussehe. Dazu muss ich sagen, dass ich von ihr auch angewidert bin, aber ich habe meine Gesichtausdrücke unter Kontrolle. „Das ist Isi…“ „Achso…“ Sie wendet ihre Blicke von mir ab und sieht zu Robin. „Ich dachte wir wollten heute was unternehmen?!“ „Ja wollten wir, aber DU hast ja MICH versetzt. Also habe ich nun leider keine Zeit mehr für dich.“ Ob die beiden immer so miteinander reden? Aber ich weiß genau, warum ich diese Frau nicht leiden kann. Sie hat einfach eine Art, die mir nicht gefällt und macht Robin dauernd fertig. Sie hat ihn keineswegs verdient. Ich weiß nicht, wieso er so einen Menschen liebt. Ich werde nie dahinter kommen, aber ich hoffe, dass er bald merkt, was sie für ein Mensch ist. Dass er etwas viel besseres verdient als sie. „Pah…Arschloch. Dann hab doch mit deiner kleinen Freundin da Spaß.“ Und schwups ist sie wieder weg. Was für eine Zicke. Wird sie jemals etwas richtig machen? Ich glaube kaum, dass das jemals passieren wird. Robin sollte wirklich endlich einsehen, dass ihn diese Beziehung nur kaputt macht. „Tut mir Leid…“ Ich versuche ihm zu zeigen, dass er mir wirklich Leid tut. Das tut er wirklich, bei so einer Zicke. „Ach ist schon okay…ich bin diese Zickerein von ihr gewohnt…“ „Du hast das echt nicht nötig…“ „Ich weiß, Bambi. Aber gegen Liebe kann man nichts tun.“ „Ist es wirklich Liebe oder willst du nur, dass es Liebe ist?“ Nun sieht er weg. Er weiß die Antwort auf diese Frage, aber er will es sich nicht eingestehen. „Du willst es nur, Robin, aber das bringt dir doch alles nichts. Sieh doch endlich ein, dass sie dich nicht glücklich machen kann.“ „Ja, aber…“ „Nicht ‚aber’. Es gibt kein wenn und aber. Du musst dich der Realität stellen.“ „Das stellst du dir so leicht vor. Wenn man all die Jahre nicht die Person haben kann, die man will, dann ist einem alles egal. Ich habe einmal den Versuch gestartet dich in mein Leben zu lassen und es hat nicht funktioniert. Weil ich jemanden brauche, der jeden Tag hier bei mir ist. Vielleicht auch nicht jeden, aber jemanden, dem ich nicht nur über den PC sagen kann, dass ich ihn liebe. Sie liebe.“ „Ja, glaubst du, ich brauche das nicht?! Ich habe so oft versucht jemanden anderen an mich heran zu lassen. Aber wie du gesagt hast: Gegen Liebe kann man nichts machen. Ich habe dich von Anfang an geliebt und ich werde nicht eher gehen, bevor du nicht wenigstens einsiehst, dass SIE dir kein bisschen gut tut.“ Er sieht mich an. Angst ist in seinen Augen. Angst, Verzweiflung und Schwäche. Sein Brustkorb hebt und senkt sich schnell. Ich kann ihn atmen hören. Unsere Blicke treffen sich und wir versinken beide in den Augen des anderen. Ich stehe einfach nur da und bewege mich nicht. Ich kann mich nicht bewegen. Seine Augen haben mich gelähmt. Er hat so wunderschöne Augen. Ich würde am liebsten jeden Tag in ihnen versinken. Ich muss den Augenkontakt ganz kurz unterbrechen und schließe meine Augen und noch bevor ich sie wieder öffnen kann werde ich geküsst. Weiche Lippen legen sich auf meine und bewegen sich nicht. Sie ruhen einfach dort. Ich öffne kurz meine Augen und sehe Robin genau vor mir. Seine Augen sind geschlossen. Er zittert ein wenig. Ich bin so perplex, dass ich erst gar nicht weiß was ich tun soll. Dann legt er sanft eine Hand auf meinen Arm. Zögernd erwidere ich den Kuss. Ein zaghafter, aber doch so schöner Kuss. Vorsichtig lege ich meine Arme um seinen Hals und er zieht mich nur noch näher an sich. Er vertieft den Kuss etwas und ich gehe mit. Ich könnte das jetzt ewig tun. Einfach nur so dastehen und ihn küssen. Mehr nicht. Das ist alles was ich gerade will. Was ich die letzten drei Jahre von Anfang an tun wollte. Ihn einfach nur küssen. Langsam löst er sich wieder von mir. Nein, er soll nicht aufhören. Ich will ihn noch etwas weiter küssen. Will noch ein bisschen seine weichen Lippen spüren. Nur noch ein bisschen. „Vielleicht sollte ich dir…uns…eine Chance geben…“, kommt es als Flüstern von seinen Lippen gegen meine. Er lehnt seine Stirn an meine und öffnet die Augen langsam. Er hat ein Lächeln auf den Lippen. Wie ich dieses Lächeln liebe. Er lächelt viel zu wenig. Zumindest auf Bildern. Dabei ist dieses Lächeln so wunderschön. „Noch eine Chance…“ nun muss ich auch lächeln. Ich hätte nicht gedacht, dass das so einfach wird. Ich dachte ich müsste mehr tun. Zum Glück muss ich es nicht. Ich bin froh darüber, wie es jetzt ist. Eine Chance. Noch eine Chance. Ich werde alles dafür tun, dass es diesmal gut geht. Denn alles was ich will ist ihn glücklich zu sehen. Ich will bei ihm sein und ihm zeigen wie schön Liebe sein kann. Wahre Liebe. Liebe vermittelt so viel und ich weiß, dass ich es schaffen kann ihm das zu zeigen, wenn ich mich bemühe. Vielleicht bin ich nicht die beste Freundin, wenn es um Beziehungen geht, aber ich gebe dennoch mein bestes um es zu schaffen. „Ich liebe dich so sehr…“ „Ich dich auch, mein kleines Bambi.“ Ich liebe es, wie er Bambi zu mir sagt. Er spricht es so sanft und süß aus. Er macht den Namen damit nur noch süßer, als er so oder so schon ist. * „Happy Birthday, HaZi!“, lächle ich Robin an, als ich neben ihm in seinem Bett liege und er aufwacht. Er sieht so verdammt niedlich aus, wenn er schläft oder wenn er so verschlafen aussieht, wenn er aufwacht. „Dankeschön…“, lächelt er zurück und streicht mir über den Kopf. „Ich war etwas einkaufen und dachte, ich bring dir dein Frühstück ans Bett.“ Ich setze mich auf und hole das Tablett mit dem Frühstück vom Boden auf das Bett. Robin sieht mich ganz erstaunt an. Als wäre ich ein Geist oder so. „Wie süß. Das hat noch nie jemand für mich gemacht.“ „Na, dann bin ich jetzt die erste. Dein Kühlschrank ist jetzt auch mit den wichtigsten Sachen ausgestattet.“ „Wow. Danke. Du bist echt ein Engel“ „Ach was. So etwas mache ich doch gerne und außerdem hast du Geburtstag, da hast du so was verdient. Und an allen anderen Tagen im Jahr natürlich auch.“ „Dankeschön…“ Dann fängt er an zu essen. Er sieht so glücklich aus. Es scheint wirklich noch nie jemand so etwas für ihn getan zu haben. Das ist so traurig. Aber jetzt hat er ja mich. Ich weiß was er verdient und das bekommt er auch. Egal ob er Geburtstag hat oder nicht. Ich will es ihm jeden Tag im Jahr bieten können. Aber das bedarf noch etwas Zeit. Nur noch etwas. „Ich hoffe du bist zufrieden?!“ „Mehr als zufrieden…ich glaube, das erste Mal in meinem Leben habe ich die richtige Entscheidung getroffen. Gegen Liebe kann man halt nichts machen.“ „Nein, das kann man nicht und das sollte man auch nicht. Ich liebe dich und werde es immer tun.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)