Harry Christmas Everyone von Glasschmetterling (Weihnachts-One-Shot-Sammlung) ================================================================================ Kapitel 1: Der Sturm im Marmeladenglas -------------------------------------- Pairing: Ron Weasley/Pansy Parkinson von Luthien82 Der Sturm im Marmeladenglas Der frisch gefallene Schnee knisterte unter seinen Füßen, als er nach draußen trat, über die Ländereien schritt, hinunter zum See, unsichtbar, verborgen unter Harrys Tarnumhang, den er sich ausgeliehen hatte. Gut, Harry wusste nicht, dass er ihn genommen hatte, aber er würde ihn zurücklegen, bevor er aufwachte... und bis dahin konnte er hier draußen allein sein, einfach allein. Eines von Hermines kleinen Taschenfeuern, blaue Flammen in einem Marmeladenglas, wärmte seine Finger, gemeinsam verborgen mit ihm, während die schneidende Kälte der windstillen Nacht durch seinen Umhang kroch, in seine Beine stach und seine Zehen langsam taub machte. Ein Zauber ließ ihn keine Fußspuren hinterlassen, während er durch den tiefen Schnee stapfte, sein Atem kondensierte in kleinen Wölkchen vor seinem Gesicht, und für einen Augenblick lang fühlte er sich frei. Zumindest für einen Augenblick. Harry Potter hatte Cho Chang geküsst. Wieder stieg ein merkwürdiges Gefühl in ihm auf, Scham, vielleicht Minderwertigkeit, er wusste es nicht... Jeder in seiner Stufe war die meiste Zeit damit beschäftigt, auf die Jagd nach einem Date zu gehen, selbst Hermine hatte ihren Viktor, dem sie Briefe schrieb, aber er... da war niemand. Niemand, der sich für ihn interessiert hätte. Bis jetzt hatte er sich keine Sorgen gemacht, denn Harry war genauso unbedarft gewesen wie er, vielleicht sogar noch mehr, denn er hatte keine älteren Brüder, die ihm haarklein aus ihrem Liebesleben berichten konnten. Aber jetzt...? Er schüttelte den schon vertrauten und doch so unangenehmen Gedanken ab, trat stattdessen auf den vereisten See hinaus, auf der spiegelglatten Fläche lag eine dünne Schneeschicht, und vorsichtig setzte er einen Schritt vor den anderen, ging immer weiter hinaus. Er wusste, dass es dumm war, obwohl es schon seit mehr als einem Monat kalt und frostig war, konnten sich noch immer schwache Stellen unter dem Schnee verbergen, Risse, und wenn er einbrach, mitten in der Nacht, dann konnte er nicht damit rechnen, vor März gefunden zu werden. Die Gefahr zerrte an seinen Nervenenden, schärfte seine Sinne, während er mutiger wurde, über das Eis rutschte, das so faszinierend glatt unter seinen Füßen dalag, er achtete auf jedes Geräusch, jedes Knacken unter ihm, jeden Windstoß. Trotzdem hätte er das leise Schluchzen fast überhört, das vom Ufer, genauer gesagt vom Rand des verbotenen Waldes über den See schlich. Verdutzt blickte er hinüber in die Schatten unter den ersten Bäumen, die das Mondlicht warf, doch er konnte nur eine zusammengekrümmte Gestalt erkennen, die im Schnee kniete. Für einen Moment zögerte er, doch dann siegte die Neugier über seine Angst, entdeckt und verpetzt zu werden, und er bewegte sich langsam auf das Ufer zu. Immerhin trug er noch seinen Tarnumhang, der Zauber auf seinen Schuhen ließ ihn keine Fußabdrücke hinterlassen, also was sollte schon passieren... Je näher er kam, desto deutlicher konnte er die Gestalt erkennen, ihre dunklen Haare und ihre Hände verdeckten ihr Gesicht, doch es war eindeutig, dass ein Mädchen dort saß, ein Mädchen, das wohl in seinem Alter war. Nach allem, was Hermine an diesem Abend über das Gefühlsleben von weiblichen Wesen erzählt hatte, wunderte es ihn nicht, dass es herzerweichend schluchzte, aber was sollte ein emotionaler Teelöffel wie er schon davon verstehen... der Kommentar brannte noch immer wie Feuer, wenn er daran dachte, immerhin war es Hermine gewesen, ausgerechnet Hermine, die ihn damit getroffen hatte... So leise er konnte kletterte er in einigem Abstand von der jungen Frau die Böschung hoch, schlich sich unter den Bäumen hindurch auf sie zu, ihre Schultern zitterten und bebten unter Schluchzern, und vorsichtig, in der Deckung eines Busches, legte er den Tarnumhang ab und stopfte ihn in seine Tasche. Dies war seine Chance, sich selbst zu beweisen, dass er nicht das Gefühlsleben eines Teelöffels hatte, dass er jemanden trösten konnte, wenn es sein musste, auch ein Mädchen... und wenn er versagte, würde es niemand erfahren. Langsam ging er auf sie zu, doch sie hörte seine Schritte nicht, so sehr war sie in sich versunken, bis er direkt neben ihr stand, sich unsicher durchs Haar fuhr und zu ihr hinabbeugte. Seine Arme und Beine fühlten sich plötzlich viel zu lang an, er hatte das Gefühl, jeden Moment über seine eigenen Füße zu fallen, und er schluckte. „Hallo.“ „Lass mich... in Ruhe“, brachte sie stockend hervor, gleichzeitig wütend und erstickt, und er war schon fast dabei, ihren Rat zu befolgen, als ihm einfiel, was Hermine einmal gesagt hatte... dass sie vielleicht gar nicht meinte, was sie sagte. „Was ist denn passiert?“, fragte er so vorsichtig und beruhigend wie möglich, doch sie schluchzte nur laut auf, eine Reaktion, mit der er nicht gerechnet hatte. Trotzdem beschloss er, einen neuen Versuch zu starten, er hatte bemerkt, dass sie keinen Winterumhang trug, sondern nur ihre dünne Schulrobe, und vorsichtig hielt er ihr das Marmeladenglas mit dem kleinen, blauen Feuer hin. „Dir ist doch sicher kalt.“ „Ja...“, murmelte sie, löste die Hände von ihrem Gesicht und griff danach, barg es zwischen ihren blassen Fingern. Eine Weile starrte sie auf die tanzenden Flammen, während Ron unschlüssig daneben stand und nicht wusste, was er tun sollte. Einerseits wollte er wieder ins Schloss, aber der Rückweg würde ziemlich kalt werden ohne sein Taschenfeuer, und so blieb er und wartete, bis sie es ihm wieder zurückgab. „Danke“, meinte sie leise, nun gefasster, und Pansy Parkinson blickte zu ihm hoch, hielt ihm das Marmeladenglas entgegen. Für einen Moment starrten sie sich nur an, alle beide schienen sich entscheiden zu müssen, ob sie jetzt ihren Zauberstab zogen, und eine klirrende Spannung lag in der Luft, doch dann griff Ron vorsichtig nach dem Glas und nahm es Pansy aus der Hand. Für einen Moment spielte er mit dem Gedanken, ins Schloss zurückzukehren, sich in sein warmes Bett zu kuscheln und einfach nur zu schlafen, aber irgendwie ließ ihn der Vorsatz, den er gefasst hatte, nicht los, und er ließ sich neben sie in den Schnee sinken. „Was ist passiert?“, fragte er leise und vorsichtig, um sie nicht zu verschrecken, doch sie fing sofort wieder an zu weinen. „Das... das sagst du doch nur... damit du mich morgen mit... mit deinen Gryffindor-Freunden auslachen... kannst...“ „Natürlich nicht“, antwortete er schicksalsergeben, was sollte er denn schon anderes tun – da kümmerte man sich ein Mal, ein einziges Mal um ein Mädchen, und schon unterstellte es einem die schlimmsten Absichten. Wirklich merkwürdige Wesen. „Sicher?“ Sie linste ihn von der Seite aus an, wirkte verheult und zerzaust und trotzdem so verdammt... misstrauisch. „Ganz sicher. Was du sagst, bleibt unter uns.“ „Versprochen?“ „Versprochen.“ Er hielt ihr die Hand hin, und sie griff danach, ihre schmalen Finger waren feucht von Tränen und noch dazu eiskalt; vorsichtig gab er ihr das Marmeladenglas. Trotzdem schien sie noch zu zögern, sie wärmte ihre Finger an den blauen Flammen und starrte hinaus auf den See, und Ron wurde langsam kalt, widerstand aber der Versuchung, aufzustehen und mit den Armen um sich zu schlagen, um sich aufzuwärmen. Doch die Zeit zog sich dahin, und gerade, als er unruhig herumzurutschen begann, meinte sie leise: „Draco... Draco hat mir einen Korb gegeben...“ Er konnte gerade noch ein trockenes Lachen unterdrücken, verschluckte sich aber dabei und hustete hart und erstickt. Doch plötzlich fühlte er eine schmale Hand, die hart auf seinen Rücken klopfte, bis er sich wieder beruhigt hatte und ein wenig überrascht zu Pansy blickte. „Danke.“ Sie lächelte ein wenig verlegen und nuschelte etwas, das wie „keine Ursache“ klang, dann, ganz plötzlich, so als hätte jemand einen Schalter an ihrem Hinterkopf umgelegt, blickte sie ihn misstrauisch an, mit schräg gelegtem Kopf. „Und was machst du eigentlich um diese Zeit hier draußen?“ Für einen Moment war er versucht, reflexartig „Das geht dich nichts an“ zu fauchen, so als ob ihr Slytherinabzeichen ihn zu dieser Reaktion trieb, so wie die Anwesenheit Snapes Neville zu Schweißausbrüchen, doch dann hielt er mit offenem Mund inne. „Das... ich meine, ich musste über etwas nachdenken.“ Sie betrachtete ihn von der Seite, aber nun nicht mehr wie ein verängstigter kleiner Vogel, sondern ehe wie ein Falke oder ein Adler, der eine Beute erspäht hatte. „Und über was?“ „Ich...“, machte er, und er kam sich vor wie ein Narr in diesem Augenblick, er schaffte es nicht, seine Gedanken in Worte zu fassen, zu... kindisch wären sie ihm vorgekommen. „Das... das würde ich lieber nicht erzählen...“ „Wieso nicht? Ich hab dir doch auch alles erzählt...“ Sie sah ihn aus großen Augen an, in denen wieder kleine Tränen schimmerten, und er versuchte, sich aus der Affäre zu winden. „Aber... das wäre eine längere Geschichte... das kann ich nicht in einem Satz abhandeln wie du...“ Für einen Moment schien sie zu überlegen, gedankenverloren hielt sie das warme Marmeladenglas an ihre Wange, die vor Kälte zu glühen schien, dann meinte sie leise: „Dann... dann erzähle ich dir die ganze Geschichte, und du mir deine... und... und wenn einer von uns auf die Idee kommt, weiterzuerzählen, was er hier gehört hat, dann erfährt die ganze Schule auch von der anderen Geschichte...“ Er zögerte, der Gryffindor’sche Hausalarm klingelte wie verrückt, sie war eine Slytherin, und Slytherins führten immer etwas im Schilde, etwas, das normalerweise nicht gut für die Gesundheit oder den Ruf von Gryffindors war... „Warum bietest du mir das an?“ Sie zögerte einen Moment, schmiegte sich an das warme Glas, hinter dem die Flammen tänzelten. „Weil... weil ich jemanden zum Reden brauche, der mir zuhört... in Slytherin sind doch alle so damit beschäftigt, Draco wegen seines so fürchterlich berühmten Vaters in den Arsch zu kriechen, dass sie weglaufen, sobald ich etwas Negatives über ihn sagen möchte... und bei dir... ist das anders, glaube ich.“ Er nickte, auch ihm ging es nicht anders, mit Hermine würde er über dieses Thema sicherlich nicht reden, und Harry – er wollte sich dessen Reaktion nicht vorstellen, nicht einmal im Ansatz. „Ja... vielleicht brauche ich auch jemanden...“ Kurz starrte sie ihn ab, so als ob er ihr seine unbändige, ewige Liebe gestanden hätte, dann meinte sie, so als ob sie ihrer eigenen Reaktion nicht trauen würde: „Dann... dann kannst du ja anfangen.“ Und er erzählte ihr alles, dass Harry Cho geküsst hatte, seine Eifersucht, bei der es nicht um die hübsche Ravenclaw ging, sondern darum, dass Harry immer Dinge bekam, die er nicht hatte, dass alle ihn bewunderten... es war ein angenehmes, auch ein wenig befreiendes Gefühl, keine Angst haben zu müssen, dass jemand eine schlechte Meinung von ihm bekam wegen der dunklen Regungen, die tief in ihm schlummerten, denn er war davon überzeugt, dass Pansy ihn ohnehin abgrundtief verabscheute... Alles sprudelte aus ihm heraus, bevor er begriffen hatte, was passierte, und als er es endlich bemerkte, da schloss er verlegen den Mund und blickte sie an, wartete auf das unvermeidliche, überhebliche Grinsen, den typischen Slytherin-Gesichtsausdruck, den verletzenden Kommentar, doch nichts davon tauchte auf. Sie blickte nur hoch zu den Sternen, dann meinte sie leise: „Ich... ich bin... ich war... ach, ich weiß nicht... auf jeden Fall, ich mochte Draco seit der Sache mit dem Hippogreif in der dritten Klasse... vorher war er immer so perfekt und unnahbar, und da hatte er plötzlich Angst... und war plötzlich nur noch ein Mensch, aber einer, in den ich mich verliebte...“ Sie machte eine Pause, um zu schlucken, dann fuhr sie fort: „Als... als er mich vor einem Jahr auf den Weihnachtsball einlud da dachte ich... dachte ich, dass er mich vielleicht auch mag, aber nichts passierte...“ „Und... und heute hielt ich seine verdammten Andeutungen nicht mehr aus... sein wissendes und irgendwie verführerisches Lächeln... seine zweideutigen Aussagen... seine Berührungen... und sagte ihm, was ich für ihn empfinde... in einer versteckten Ecke der Kerker... und er... er lachte nur... und es hallte von den Wänden wider... durch den Gang...“ Sie schluchzte erstickt auf, vergrub wieder ihr Gesicht in ihren Händen. „Und... und es tat so weh... ich lief einfach weg, ich wollte dieses Lachen nicht mehr hören... aber es blieb... ich kann es einfach nicht vergessen...“ Unsicher wrang er seine Hände, er hatte keine Ahnung, was er sagen sollte, und so legte er einfach vorsichtig seinen Arm um ihre Schultern, rückte näher an sie heran. Sie versteifte sich kurz, doch dann ließ sie sich einfach fallen, lehnte sich an ihn, und er spürte, wie durchgefroren sie war, wie dünn ihr Umhang, flüchtig fragte er sich, wie lange sie schon hier draußen saß... Nur langsam beruhigte Pansy sich, ihr Oberkörper schüttelte sich nicht mehr, und mit einem durchweichten Taschentuch, das sie aus ihrem Umhang zog, wischte sie sich die Tränen von den Wangen. „Ich will ihn vergessen... einfach vergessen... irgendwie“, murmelte sie leise, er konnte sie kaum verstehen. Er zuckte zusammen, als er ihre halb erfrorene Hand an seinem Halsansatz spürte, vorsichtig drehte sie sein Gesicht, bis er sie ansah, grenzenloses Erstaunen auf seinen Zügen festgefroren, ihre Augen wirkten noch immer ein wenig glasig, doch bevor er überlegen konnte, was sie vorhatte, schmiegten sich ihre Lippen an die seinen, kalt wie die einer Toten und doch so unheimlich lebendig... Unbeholfen erwiderte er den Kuss, bevor er merkte, was er tat, mehr aus Reflex als aus irgendeinem anderen Grund, ließ seine Hand von ihrer Schulter in ihren Nacken wandern. Er spürte ihre Zunge an seinen Lippen und öffnete sie, überließ ihr ganz die Führung, ihre Finger vergruben sich in seinem Haar und zogen ihn näher an sich, die Kälte, die von ihnen ausging, ließ ihn frösteln, doch es war nicht nur das... zögerlich, aber doch neugierig begann er, ihre Bewegungen nachzuahmen, spielte mit ihrer Zunge... Der Kuss endete ebenso abrupt, wie er begonnen hatte, sie löste sich von ihm, starrte ihn einen Moment mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck an, dann erhob sie sich in einer fließenden Bewegung und blickte auf ihn herab. „Ja... ja, jetzt habe ich ihn vergessen...“, meinte sie leise, drehte sich um und lief ein wenig steifbeinig den Weg zum Schloss hinauf. Sein Marmeladenglas stand noch immer im Schnee und sein bläulicher Schein brach sich an den kleinen Kristallen. Kapitel 2: Romulus und Remus ---------------------------- Pairing: Remus Lupin/Severus Snape gewünscht von Serena Malfoy Romulus und Remus „Sagen Sie, Lupin, Sie haben nicht zufällig einen Bruder?“ Remus Lupin, seines Zeichens Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei, blickte missmutig von seinem Tagespropheten hoch und fixierte Severus Snape, Professor für Zaubertränke an derselben Lehranstalt, mit einem überraschten Blick aus seinen hellen Augen. „Nein. Wieso fragen Sie? Ihr Interesse für mein Privatleben hielt sich bis jetzt ja auch in Grenzen...“ „Wäre auch zu schön gewesen“, murmelte der andere missmutig und widmete sich wieder hingebungsvoll seiner zweiten Tasse schwarzem Kaffee an diesem Morgen. Sie saßen allein im Lehrerzimmer, neben dem Ticken der Uhr störte nur das gelegentliche Rascheln von Lupins Zeitung oder das Klirren des kleinen Löffels auf dem Porzellan in Snapes Hand die morgendliche Stille. Sie beide waren früh aufgestanden, Lupin, weil er wegen der bevorstehenden Verwandlung in einen Werwolf nicht schlafen konnte, Snape aus welchen Gründen auch immer, und hatten sich im Professorenzimmer getroffen. Die Stimmung war angespannt, trotz des Feuers, das gemütlich im Kamin prasselte, und der Weihnachtsgirlanden aus Tannenzweigen, die sich an den Wänden entlangzogen, doch keiner der beiden Männer war bereit, auch nur einen Millimeter nachzugeben, und schon gar nicht, das warme Lehrerzimmer gegen die zugigen Gänge des Schlosses zu tauschen. „Also, wieso sollte ich einen Bruder haben?“ Snape knurrte unwillig, da Lupin so energisch eine Antwort einforderte, und nahm einen tiefen Schluck aus seiner Tasse. „Am besten einen Bruder mit einer Axt, der noch dazu Romulus heißt – was halten Sie davon?“ Überrascht blickte Lupin vom Tagespropheten, dessen Lektüre er sich vorgeblich gewidmet hatte, auf, und sah Snape an, er hatte weder gewusst, dass sich der finstere Zaubertrankprofessor für römische Mythologie interessierte, noch, dass er überhaupt andere Hobbies außer Zaubertränken und Dunklen Künsten hatte. Er faltete die Zeitung zusammen, lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander, dann betrachtete er Snape. „Wo wir schon bei Namen sind... 'streng', 'hart' und 'grausam' sind sicherlich Adjektive, die definitiv auf sie passen...“ „Sie haben nachgeschlagen!“, stieß dieser hervor und richtete sich in seinem Stuhl auf, wohingegen Lupin zufrieden lächelte. „Natürlich habe ich das, schon in unserer Schulzeit...“ „Für so etwas hatten Sie Zeit, Lupin? Ich dachte, Sie wären während Ihrer gesamten sieben Jahre gemeinsam mit Potter und Black damit beschäftigt gewesen, Toiletten in die Luft zu jagen und Stinkbomben durch die Gänge zu werfen.“ Der Werwolf ging nicht auf den Satz ein, sondern betrachtete gedankenverloren das Fenster, die untere Hälfte war weiß und blind von dem Schnee, der auf dem Fensterbrett lag, die obere hingegen vollkommen schwarz, noch nicht einmal die Dämmerung hatte jetzt, kurz vor Weihnachten, um fünf Uhr morgens eingesetzt. Direkt daneben leuchtete jedoch der kleine Weihnachtsbaum, den Professor Dumbledore im Lehrerzimmer aufgestellt hatte, gegen den energischen, aber doch eher symbolischen Protest von Professor McGonagall, dass dieser sie doch nur von der Arbeit ablenken würde. Trotzdem hatte sie dazu beigetragen, ihn zu schmücken, in ihrem Fall mit Christbaumkugeln, die ständig ihre Form veränderten, genauso wie alle anderen Lehrer eine Dekoration entsprechend ihres Faches heraufbeschworen hatten. Nur Snape und er selbst fehlten, mit gutem Grund, wie er fand, denn was sollte er schon auf den Baum hängen? Gefährliche Tierwesen? Und auch sein Gegenüber schien nicht den Ehrgeiz zu haben, sich an der Dekoration zu beteiligen. Für einen Moment schmunzelte er bei dem Gedanken, dass der griesgrämige Professor kleine Phiolen mit Tränken an den Baum hängte, bei denen sich, wenn man sie schluckte, entschied, welche schreckliche Krankheit man bekam... „Sagen Sie, Lupin, was bewegt sie eigentlich dazu, mich so unheimlich... amüsant zu finden?“ Die Stimme an seinem linken Ohr ließ ihn zusammenzucken, nun spürte er Snapes Präsenz hinter sich, doch zuvor war er von seinen Gedanken zu abgelenkt gewesen, um – selbst mit den Sinnen des Werwolfes, der immer stärker in ihm wurde - zu bemerken, dass sich der Mann herangeschlichen hatte. Er versuchte, sich zu erheben, doch ein Paar langfingriger, doch überraschend kräftiger Hände legte sich auf seine Schultern und drückte ihn wieder in seinen Stuhl, wenigstens gelang es ihm diesmal, ein Zusammenzucken zu verhindern. „Ich will eine Antwort, Lupin.“ Wieder diese Stimme, der Atem, der über sein Ohr und seinen Halsansatz strich, genervt versuchte er, diese Hände abzuschütteln, doch es gelang ihm nicht. „Ich finde Sie nicht amüsant, Snape“, fauchte er, ungehalten über diese enervierende, zudringliche Berührung, und riss sich schlussendlich los, wirbelte herum. Mit klopfendem Herzen lehnte er sich an den Tisch und starrte den Zaubertränkelehrer an, der entspannt dastand, die Unterarme auf die Stuhllehne gestützt, und ihn mit hochgezogenen Augenbrauen musterte. „Und das soll ich Ihnen glauben, Lupin? Ich sage etwas, Sie grinsen – aber nicht über mich? Gryffindors sind wirklich nicht sehr talentiert darin, Ausreden zu finden...“ Heftig packte er seinen Tagespropheten und ließ sich in einen der Stühle neben dem Christbaum sinken, bestrebt, Abstand zwischen sich und Snape zu bringen, doch der lächelte nur spöttisch. „Sie flüchten, Lupin, merken Sie das nicht?“ „Ich flüchte nicht“, antwortete er indigniert, während er den Tagespropheten wahllos aufschlug, um sich hinter dessen großen Seiten verstecken zu können. „Ich bringe Abstand zwischen mich und eine zudringliche... einen zudringlichen Zaubertrankprofessor.“ Er war noch immer entschlossen, höflich zu bleiben, obwohl dieser Vorsatz inzwischen Risse bekam, und begann desinteressiert, einen Artikel über den neusten Empfang im Zaubereiministerium zu lesen. „Zudringlich bin ich also...“ Die Stimme war leise und dunkel, er starrte auf die Buchstaben, konzentrierte sich krampfhaft auf sie, um nicht zu hören, was Snape sagte, doch er nahm nicht wahr, was dort stand, vermochte einfach nicht, sich loszureißen. „Was meinen Sie, was Sie und die anderen Rumtreiber damals waren. Meinen Sie nicht, dass, wer im Glashaus sitzt, nicht mit Steinen werfen sollte, Lupin?“ Er schüttelte leicht den Kopf, er wusste, dass sie nicht nett gewesen waren, oh nein, und mittlerweile schämte er sich für die Dinge, die er damals aus jugendlichem Leichtsinn und falsch verstandenem Freundschaftsgefühl getan hatte, aber das würde er nicht zugeben. Nicht hier, nicht jetzt, und schon gar nicht vor Snape. Und vor allem nicht, nachdem er ein Mal, ein einziges Mal nett zu ihm gewesen war, bewiesen hatte, dass er nicht derselbe, leichtsinnig-grausame Tyrann war wie Sirius und James, wenn auch nur aus schlechtem Gewissen. Er hatte das Leuchten in diesen schwarzen Augen nicht vergessen können in all den Jahren... Snape war im Krankenflügel gelegen, im Bett neben ihm, nachdem er ihn fast ermordet hätte in seiner Werwolfsgestalt, ängstlich und verwirrt. Remus’ Tisch war übergequollen von Süßigkeiten, Geschenke von Freunden, doch der blasse Junge an seiner Seite hatte nichts gehabt, und er hatte ihm, als sie allein waren, alles angeboten. „Es ist meine Schuld, dass du hier bist“, hatte Remus schüchtern gemurmelte und eine große Schokofroschpackung auf dessen Nachttisch abgelegt, gefolgt von Bertie Botts Bohnen in allen Geschmacksrichtungen und einer großen Schachtel Pralinen. Snape hatte nur gestarrt, und Remus, der gedacht hatte, es wäre zu wenig gewesen, das er angeboten hatte, hatte mehr und mehr der Süßigkeiten zu ihm getragen, bis nur noch eine kümmerliche Packung Bubbels Bester Blaskaugummi auf seinem Nachttisch lag. Auch die hatte er genommen und zu Snape gebracht, dessen Augen immer größer geworden waren und der ihn jetzt angestarrt hatte. „Das... das ist doch sicher... schlecht, oder?“, hatte er gemurmelt, doch Lupin hatte einen Lakritzzauberstab in zwei Hälften gebrochen und die eine dem Slytherin gereicht, dann an der anderen gelutscht, um zu beweisen, dass sie nicht mit Rhizinusöl oder etwas ähnlichem versetzt war wie der Kuchen, den James und Sirius Snape vor einigen Wochen geschickt hatten. Auf dieselbe Art und Weise hatten sie während ihres Aufenthalts im Krankenflügel den gesamten Berg von Süßigkeiten verputzt, und als der Slytherin schließlich entlassen worden war, war so etwas wie ein Hauch von Bedauern in seinem Inneren entstanden, der aber durch die ständigen Streitereien danach vollkommen verschwunden war... Und dafür schämte er sich, ausgesprochen, aber das würde er noch weniger zugeben... aber trotzdem, ein Zugeständnis musste er machen, sonst würde Snape ihn niemals in Ruhe lassen. „Sie mögen Recht haben, dass wir uns nicht immer korrekt verhalten haben, aber ich denke wirklich, dass Sie langsam beginnen sollten, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Ich kann nichts mehr ändern, und Sie ebenso wenig, also sollte das, was geschehen ist, unserer kollegialen Zusammenarbeit nicht mehr im Wege stehen“, erklärte er steif, er wusste selbst, dass er klang wie ein Narr, aber zumindest versuchte er, eine Brücke zu schlagen zu diesem Mann, der ihn hasste, weil James Potter sein bester Freund gewesen war, genauso, wie er Harry hasste, weil ebendieser James Potter sein Vater war. Stille breitete sich im Lehrerzimmer aus, er wagte es nicht, hinter seiner Zeitung hervor auf Snape zu lugen, das Feuer prasselte, die Standuhr tickte, und doch hätte er jeden Atemzug, jedes Fallen einer Stecknadel vernommen in diesem vollkommenen Fehlen jedes menschlichen Geräusches. „Sie sind ein Narr, Lupin“, krächzte Snape schließlich, und er vergaß vor lauter Schreck über diese plötzlichen Worte, den Tagespropheten schützend vor sein Gesicht zu halten. Wie in Zeitlupe sanken seine Hände herab, gaben den Blick frei auf fettige Haare, auf eine blasse Stirn, auf schwarze Augen, auf ein Gesicht, das vor unterdrückten Gefühlen fast zitterte, ein gänzlich ungewohnter Anblick bei Snape. „Sie sind ein Narr, Lupin, wenn Sie denken, dass ich das, was geschehen ist, einfach zur Seite schieben könnte...“, meinte er leise, dann wandte er sich ab und trat auf die Tür zu, legte die Hand auf die Klinke, hielt aber inne, genau unter dem Mistelzweig, der aberwitzig fröhlich wirkte mit seiner übergroßen roten Schleife über Snapes Kopf. „Haben Sie jemals darüber nachgedacht, dass wir immer diejenigen hassen, die wir einmal gemocht haben? Denn sie sind die einzigen, die uns nahe genug kommen konnten, um uns wirklich zu verletzen...“ Er starrte ihn an, wusste nicht, ob er jetzt eine Antwort erwartete, seine Kehle fühlte sich trocken an. „Gelegentlich.“ „Dann tun Sie’s noch einmal, Lupin.“ Er öffnete die Tür und trat hinaus. Kapitel 3: Wasser und Schaum ---------------------------- Pairing: Sirius Black/James Potter, gewünscht von HP-Alley Wasser und Schaum Leise Schritte hallten durch die Gänge Hogwarts’, bewegten sich, hielten manchmal inne, doch ein zufälliger Beobachter hätte niemanden entdecken können, wenn er den Kopf aus den warmen Schlafsälen und Privatgemächern der Lehrer gesteckt hätte. Nun, Mitte Dezember, war es knirschend kalt zwischen den alten Steinmauern des Schlosses, die wenigsten Schüler verbrachten mehr Zeit als nötig außerhalb der warmen Gemeinschaftsräume und selbst der Hausmeister saß lieber in seinem Büro, anstatt auf die Jagd nach Übeltätern zu gehen. Das war möglicherweise ein Fehler, denn die beiden schlimmsten Rumtreiber Hogwarts’ scherten sich nicht um die Kälte, sondern hatten einfach einen zweiten, dickeren Umhang über den ersten geworfen und dicke Wollsocken angezogen. Unheil war jahreszeitenunabhängig, fanden sie, einzig der Mangel an potentiellen Opfern machte ihnen zu schaffen, allerdings hatten sie auch für dieses Problem Abhilfe gefunden. „Tatze, stell dir vor, Remus hat uns wirklich das Passwort für das Badezimmer der Vertrauensschüler gegeben...“, wisperte James unter dem Tarnumhang in das Ohr seines besten Freundes, was ihm nicht weiter schwer fiel, da sie beide in den Ferien gewachsen waren und nun kaum mehr gemeinsam Platz hatten. Trotzdem, sie waren dadurch nur gutaussehender geworden, zumindest beeilte Sirius sich immer, das zu betonen, wenn das Thema „Größe“ zur Sprache kam. „Natürlich hat er das“, grinste dieser nur zurück. „Immerhin liegt unser guter Freund Moony auf der Krankenstation und kann nicht auf uns aufpassen, und da dachte er wohl, im Badezimmer der Vertrauensschüler können wir weniger anstellen, als wenn wir wieder mal versuchen, einen Liebestrank zu brauen...“ „Es war nicht meine Schuld, dass der Kessel explodiert ist“, verteidigte James sich schnell, aber nicht besonders vehement, obwohl sie unter dem Tarnumhang in Sicherheit waren und ganz Hogwarts in eine winterliche Kältestarre gefallen zu sein schien, war es niemals ratsam, nach der Ausgangssperre laut in den Gängen zu brüllen. „Natürlich nicht, es war doch nur ein unglücklicher Zufall, dass die gehackten Veilchenblätter genau im ungünstigsten Moment hineingefallen sind...“ James rollte mit den Augen, sagte aber nichts, denn in diesem Moment erreichten sie die Statue von Boris dem Bekloppten, neben dem die Tür lag, von der Remus gesprochen hatte, und Sirius flüsterte das Passwort, „Fichtengrün“, dann traten sie ein, schoben den Riegel vor und warfen den Tarnumhang ab. „Nicht schlecht hier, so richtig pompös“, bemerkte James, als er sich umsah und das große Marmorbecken in der Mitte des Raumes entdeckte, die flauschigen Handtücher in der Ecke und das Bildnis der blonden Meerjungfrau an der Wand. Er betrachtete sie für einen Moment, doch Sirius schlug ihm mit der Hand auf die Schulter. „Ja, mit der würd’ ich auch gerne mal nach Hogsmeade.“ Die Meerjungfrau hatte sie offenbar gehört, denn sie verschwand mit einem indignierten Schlagen ihrer Schwanzflosse von ihrem Felsen und tauchte ins Wasser. „Na, auch egal.“ James grinste jedoch. „Meinst du, ich kann Evans hierher einladen?“ „Dummkopf. Sie ist Vertrauensschülerin, sie kennt das Bad seid eineinhalb Jahren.“ „Ja, aber mit Kerzen und Rosenblättern und Erdbeeren...“ „Glaub mir, dadurch wirst du ihr auch nicht sympathischer“, entgegnete Sirius trocken, bückte sich und drehte probeweise an einem der vielen Wasserhähne, die aus dem Rand des Beckens ragten. Sofort knirschte Schnee unter seinen Füßen, und kleine Flocken tanzten von der Decke des Raumes, sein Atem kondensierte plötzlich zu kleinen Wölkchen, und er drehte ihn schnell wieder zu. Gemeinsam begannen sie, die verschiedenen Drehknöpfe auszuprobieren, die Möglichkeiten gingen fast ins Unendliche, von Honigmilch, die ins Becken floss, bis zu einem Hahn, aus dem Eiswürfel ins Wasser platschten, von roten Seifenblasen, die zerplatzten und Tulpenduft verströmten, bis zu exotischeren Düften wie Holz und etwas, das verdächtig nach brackigem Seewasser roch. Trotzdem gelang es ihnen überraschend schnell, das große Becken, das eher einem Swimmingpool glich, zu füllen, und der heiße Dampf beschlug den silberumrahmten Spiegel in der Ecke und wärmte langsam den Raum auf. James schälte sich hastig aus seinen beiden, dicken Umhängen, für die zugigen Gänge des Schlosses mochten sie vielleicht genau richtig sein, aber hier im warmen Badezimmer waren sie eindeutig zu warm. Auch Sirius erging es nicht anders, und schon bald standen sie nur noch in dem Hemd und der Hose ihrer Schuluniform da, und James betrachtete einen Wasserhahn mit einem eingelassenen roten Rubin. „Hm, was meinst du, passiert, wenn ich den nehme?“ Allerdings wartete er nicht auf eine Antwort seines Freundes, sondern beugte sich vor, um ihn zu drehen, als er für einen Augenblick den Druck von zwei Händen an seinem Rücken spürte... und gleich darauf prustend aus dem Schaum auftauchte. „Heeey...“, meinte er gedehnt, seine Beschwerde war nicht wirklich darauf bezogen, dass Sirius ihn ins Wasser geworfen hatte, sondern eher darauf, dass dieser nun neben dem Schwimmbecken stand und sich vor Lachen kaum auf den Beinen halten konnte. James nutzte diesen Moment der Ablenkung und spritzte seinen besten Freund von oben bis unten nass, bevor dieser auch nur reagieren konnte, und grinste breit, als Sirius sich schüttelte wie der große, schwarze Hund, in den er sich verwandeln konnte. Dann betrachtete er für einen Moment das Schwimmbecken, zuckte mit den Schultern und landete mit einem Platschen, das den Schaum bis auf die vorbereiteten Handtücher spritzen ließ, neben James im Wasser. „Tja, Tatze, das hast du nun davon“, bemerkte er trocken und deutete auf ihre klatschnasse Kleidung, doch den angesprochenen schien das nicht besonders zu stören, er lehnte sich zurück und paddelte gemütlich mit den Füßen. „Wieso? Macht doch Spaß?“ Er ließ eine Handvoll Schaum in James' Gesicht klatschen und sah dabei aus wie an dem Tag, an dem sie das erste Mal nachts aus dem Gemeinschaftsraum geschlichen waren, doch dieser ließ das nicht auf sich sitzen und schlug mit einer der großen, violetten Blasen, die überall schwebten schwebten, zurück. Schon bald war eine heftige Schlacht entbrannt, die die Hälfte des Badezimmers der Vertrauensschüler unter Wasser setzte, was irgendwelche unschuldigen Hauselfen sicherlich wieder zu bitteren Beschwerden über „Potter und Black“ veranlassen würde. Gerade, als James Sirius noch eine Hand Schaum nachwerfen wollte, tauchte dieser unter, für einen Moment wusste er nicht, was er machen sollte, wo sein Freund war, doch gerade, als er einen Schritt zur Seite machen wollte, spürte er etwas neben sich, zwei Hände auf seinen Schultern, und er schluckte Wasser. Kurz drohte Panik sich in seiner Brust breitzumachen, doch er wusste, es war nur Tatze, der ihn sicherlich nicht ertränken wollte, und er versuchte, sich aus dessen Griff zu befreien. Und tatsächlich gelang es ihm, er tauchte hoch, schnappte hastig Luft und drückte Sirius unter Wasser, gerade noch nahm er dessen Lachen wahr, bevor sie beide untertauchten, in einem Wirbel aus Schaum. Doch schließlich tauchten sie fast gleichzeitig auf, beide keuchten erschöpft, James hatte noch immer seine Hände auf den Schultern des anderen, sein nasses Hemd klebte an seiner Brust und seinem Hals, und er grinste zufrieden. Auch Sirius sah zufrieden aus, wenn er auch ebenso außer Atem war wie er selbst, aber wenigstens war jener vage Schatten aus seinem Gesicht verschwunden, der fast immer über seinen Zügen lag und den er zu verdecken suchte durch sein ständiges Lachen, seine andauernden Streiche... Doch noch während der Gedanke durch seinen Kopf raste, kehrte die Dunkelheit zurück, kleine Falten legten sich in seine Augenwinkel... „Sieh nicht so drein, Tatze“, meinte er leise, er schaffte es nicht, den gewohnten, fröhlichen Ton in seine Worte zu legen. Er grinste nur schwach. „Wenn du so fürchterlich ernst aus der Wäsche schaust, Krone?“ James nahm seine nasse Hand von seiner Schulter und versuchte, Sirius durch die Haare zu wuscheln, doch irgendwie blieben seine Finger an dessen Hinterkopf hängen, wie eingefroren, erstarrt, als er diesen Blick in seinen dunklen Augen sah, der traurig und doch irgendwie sehnsüchtig wirkte... „Sirius?“, wisperte er, er hatte eigentlich spöttisch klingen wollen, doch seine Stimme gehorchte ihm nicht mehr, er konnte nicht anders, als diesen merkwürdig intensiven Blick zu erwidern, plötzlich wurde ihm bewusst, dass seine Schuluniform nass an seinem Körper klebte, ihn nach unten zog, wie nahe er seinem besten Freund war... Ihre Lippen trafen sich fast unbeabsichtigt, er zog Sirius näher an sich, vergrub seine Finger nun tiefer in dessen Haar, fühlte die angenehme Wärme des Wassers, als sie sich aneinander schmiegten, die Augen geschlossen, so als wäre all das hier nicht real... Doch es war real, dieses Badezimmer war real, der Kuss war real, genauso wie das laute Pochen an der Tür, gepaart mit einem leisen, aber durchdringenden „Hey!“. Erschrocken fuhren sie auseinander, Sirius Verlegenheit war fast greifbar, und eine zarte Röte legte sich über seine blassen Wangen, James spürte, wie sein Herz klopfte, spürte noch immer diese Lippen auf seinen eigenen... „Hey! Ich hab euch das Passwort gegeben, es ist nicht fair, mich hier draußen stehen zu lassen!“ Sirius schlüpfte mit einem letzten, bedauernden Blick aus dem Wasser, um Remus Lupin hereinzulassen. Kapitel 4: Weiße Weihnachten ---------------------------- Pairing: Harry Potter/Ginny Weasley gewünscht von GinnyFan94 Weiße Weihnachten Lautlos und sanft segelten die Flocken vom Himmel, begruben die kleine Ortschaft Godric's Hollow langsam, aber sicher unter einer weißen, weichen Decke, türmten sich höher und höher auf, während Ginny Potter aus dem Fenster blickte und mit einem Lächeln auf den Lippen die Kaffeekanne vom Feuer nahm. Sie liebte den Morgen, die Stille, bevor die Welt erwachte, wenn alle Geräusche noch gedämpft erschienen und selbst die Vögel noch dösten, mochte es, aus dem Fenster zu sehen und ihren Garten zu betrachten, sich einfach für einen Moment zu entspannen... allerdings war diese Ruhe nie von großer Dauer. Und an diesem, speziellen Tag noch weniger. Ihre Tochter Lily war die Erste, die die morgendliche Ruhe störte, auf leisen Sockensohlen tapste sie in die Küche und schloss unbeholfen die Tür hinter sich, bevor sie sich mit verschlafenen Augen ihrer Mutter zuwandte. Sie trug noch ihren Löwenpyjama und blinzelte kurz ins Licht, bevor sie eine Schnute zog. „Mum... es ist kalt.“ Ginny lächelte leicht und griff nach der Milch, füllte sie in einen Topf und hängte sie über das helle Feuer, das sie in der Küche entfacht hatte. „Komm zum Kamin, Liebling. Magst du Kakao?“ Lily nickte nachdenklich und zog ihren Stuhl näher an die Flammen, legte ihre Füße hoch, obwohl Ginny und Harry ihr oft genug gesagt hatten, dass sie sich noch die Zehen verbrennen würde. „Was ist mit deinen Brüdern?“ „Schlafen noch“, erwiderte Lily und blickte drein, als ob das das größte Verbrechen der Zaubereigeschichte sei. „Genauso wie Dad. Ich hab nachgesehen.“ Ginny lächelte leicht, nur vage hatte sie bemerkt, wie Harry in der letzten Nacht nach Hause gekommen war, auch im Aurorenbüro brach vor den Weihnachtsfeiertagen der Stress aus und er meinte, er wäre froh, dass er es so früh geschafft hätte... oder zumindest hatte sie vermeint, das zu hören, als sie sich unter der Bettdecke an ihn kuschelte. Mit einem Schlenker ihres Zauberstabs füllte sie die Milch in Lilys Frühstücksbecher, auf dem rastlos kleine, magische Feen herumschwirrten, über das Porzellan tanzten und ihre Tochter nickte zufrieden und wackelte mit den Zehen auf dem Kaminsims. „Es hat geschneit“, stellte sie mit einem noch immer verschlafenen Blick aus dem Fenster fest, doch mittlerweile kroch das erste, typische Funkeln in ihre grünen Augen, die denen ihres Vaters so sehr ähnelten und sie grinste. „Wenn Albus und James aufwachen, können sie was erleben.“ Ginny widersprach nicht, auch wenn die Erfahrung gezeigt hatte, dass Lilys beide ältere Brüder in den wilden Schneeballschlachten im Hause Potter meist auf dem längeren Ast saßen, so trug ihre Jüngste doch meist den moralischen Triumph davon, indem sie sich auf den Standpunkt stellte, dass sie es ihnen schon zeigen würde, wenn sie dann nach Hogwarts ging und zaubern durfte. Schweigen senkte sich über die Küche, Lily schien sich im Moment damit zu begnügen, den fallenden Schneeflocken zuzusehen und ihren Kakao zu trinken, während Ginny sie beobachtete, die kleinen, schokoverschmierten Finger ihrer Tochter zeigten ihr, dass sie bereits ihren Adventkalender geplündert hatte, das letzte Stück Schokolade gegessen... denn heute war der 24. Dezember, der Heilige Abend – und für ihre Kinder vor allem der Tag, bevor es Geschenke gab und sie alle zu ihren Großeltern in den Fuchsbau zum großen Weihnachtsessen eingeladen waren. Die wohltuende Stille in der Küche der Potters war allerdings nicht von großer Dauer, denn schon nach wenigen Minuten erschütterte ein grauenvoller Schrei die Mauern des Hauses, gefolgt von einem schrillen Quieken, und schließlich polterten zwei Paar Füße die Treppe hinunter und ihr jüngerer Sohn, Albus, riss die Tür auf und stürmte herein. „Mum! Mum, James hat meinen Adventkalender aufgegessen!“ Ginny hob die Augenbrauen, der Gedanke, dass ihr Älterster den Papierkalender mit Stumpf und Stil verschluckt haben könnte, erweckte ein leichtes Grinsen in ihr, doch sie unterdrückte es, denn die Empörung Albus' war echt. „Hab ich gar nicht!“ Auch James war nun durch die Tür in die Küche gestürmt, sowohl seine Haare als auch die Schulterpartie seines Pyjamas waren vollkommen durchnässt und nun ahnte Ginny, was den markerschütternden Schrei von zuvor verursacht haben könnte. „Ich war doch noch gar nicht wach, also kann ichs auch nicht gewesen sein.“ Albus funkelte seinen Bruder wütend an, ein Blick, den dieser mit Zinsen zurückgab, und Ginny hob die Augenbrauen, sah zwischen ihren beiden Söhnen hin und her, die sich mit einem Ausdruck der bitterlichsten Feindschaft musterten, von dem sie allerdings wusste, dass er sich spätestens morgen legen würde, sobald sie sich gegen Hugo und Rose, ihren Cousin und ihre Cousine, verbünden mussten, um sich zu behaupten. Auch Lily beobachtete ihre beiden Brüder misstrauisch, ihre kleine Stirn war in Falten gelegt und sie wirkte, als ob sie angestrengt nachdenken würde. „Albus?“ „Ja, Mum?“ Sein Gesicht zeigte deutlich, dass er damit rechnete, dass seine Mutter ihm nun Recht geben würde, doch in diesem Punkt musste sie ihn zweifelsohne enttäuschen. „Was auch immer James getan oder nicht getan hat, es ist kein Grund, ihm eine von den magischen Wasserbomben deines Onkels auf den Kopf zu werfen. Sie sind für den Sommer, für den Garten – und nicht für den Tag vor Weihnachten.“ „Ja, Mum.“ Albus wirkte bereits um einiges kleinlauter, als er zu ihr aufblickte, doch trotzdem wies er anklagend auf James. „Aber was ist mit...“ Ginny schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, ob dein Bruder deinen Adventkalender geplündert hat oder...“ „Hat er nicht.“ Die kleine Stimme hatte fast trotzig geklungen und sie blickte auf, Lily war von ihrem Stuhl am Feuer geschlüpft und blickte nun entschlossen zu ihr auf. „Ich wars.“ „Du?“ Ginny hob die Augenbrauen und betrachtete ihre Tochter, sie wirkte weniger schuldbewusst, sondern vielmehr entschlossen und fast ein wenig wütend, während sie einen Seitenblick auf Albus warf. „Aber warum hast du das denn gemacht?“ „Weil Albus gestern meine Schokolade gegessen hat“, entgegnete sie trotzig und blickte trotzig zu ihrer Mutter auf. „Aber warum hast du denn nichts gesagt?“ Ginny blickte ihre Tochter überrascht an, doch sie kniff nur die Lippen zusammen und runzelte die Stirn. „Weil ich keine blöde Petze bin wie Albus.“ Langsam schüttelte sie den Kopf, langsam fragte sie sich, was ihre Tochter ihr noch alles verschwieg, doch darüber musste sie ein anderes Mal mit Lily sprechen und leise seufzte sie. „Ihr entschuldigt euch jetzt... alle. Und dann helft ihr mir, das Frühstück zu machen.“ Die Mahlzeit verlief in relativem Schweigen, Albus hatte Lily wohl noch immer nicht verziehen und auch James schien noch immer nicht mit der Art, wie er aus dem Schlaf gerissen worden war, versöhnt, doch nachdem sie die Teller und Tassen abgeräumt hatten, gab es für die Kinder kein Halten mehr. Sie wollten nach draußen, hinaus in den vielen, flockigen, frisch gefallenen Schnee und Ginny lächelte, während sie ihre Rasselbande durch das Küchenfenster beobachtete, wie sie sich gegenseitig jagten und Schneeengel in der weißen Pracht formten. „Morgen.“ Zwei Arme schlangen sich um ihren Bauch und sie lächelte, ließ sich nach hinten fallen, als Harry ihr einen Kuss auf die Haare drückte und seinen Kopf auf ihrer Schulter ablegte. „Du bist auch schon wach?“ „Mehr oder weniger“, schränkte er ein und sie lachte leise. „Aber Kaffee würde mir sicherlich beim Aufwachen helfen...“ Sie wandte sich um und deutete auf die Kanne, die von einem Zauber warm gehalten wurde, und Harry nutzte die Gelegenheit, um ihr einen Kuss auf die Lippen zu drücken, seine schwarzen Haare standen zerzaust von seinem Kopf ab und sie lächelte leicht. „Warst du gestern noch in der Winkelgasse und hast die Pakete abgeholt?“ Harry nickte langsam, während er sich eine Tasse mit Kaffee füllte und sie in einem Zug herunterstürzte, eine Angewohnheit, die er aus seiner Ausbildung zum Auror behalten hatte. „Ja... meine Kollegen waren zwar irgendwie ein wenig verwundert von den vielen Schachteln, aber sie haben's doch mit Gelassenheit aufgenommen. Bis auf Ron... als er darübergestolpert ist.“ Ginny kicherte leise und schenkte sich ebenfalls Kaffee nach,selbst die Arbeit im Ministerium hatte nicht viel an der Tatsache geändert, dass ihr Bruder manchmal ein wenig... tollpatschig sein konnte und vorsichtig rührte sie Zucker und Milch ein. „Was müssen wir noch machen?“ Harry betrachtete sie neugierig und sie lächelte. „Truthahn, Plumpudding, den Weihnachtsbaum...“ „Also alles?“ Er zog eine Schnute und sie stieß ihn mit dem Ellbogen in die Seite. „Zieht nicht so ein Gesicht... aber ja – so gut wie alles.“ „Schlafen sie?“, fragte Ginny müde und blickte vom Sofa auf, als Harry zurück ins Wohnzimmer kam, und er lächelte leicht. „Tief und fest.“ „Endlich... kaum zu glauben, wie viel Energie sie noch hatten, nachdem sie den halben Tag im Garten herumgelaufen sind...“ Nachdenklich ließ sie sich zurücksinken, zog ihre Decke enger um sich, während sie das Chaos, das in dem Raum herrschte, resigniert betrachtete. Spielzeug lag auf dem Teppich vor dem Kamin verstreut, gemeinsam mit Bonbonpapier, denn die Kinder hatten die ersten Süßigkeiten von dem prächtig dekorierten Weihnachtsbaum gepflückt und sich darum gekabbelt, wer von den untersten Ästen naschen dufte. Die magischen Christbaumkugeln spiegelten die Glut des Feuers wieder, das nun langsam ausging und sie lehnte sich an Harry, als er neben ihr auf das Sofa kroch. „Erschöpft?“, murmelte er in ihr Ohr und sie nickte, schloss genießerisch die Augen, als seine Hände ihren Weg zu ihren Schultern fanden, er sanft ihre Schultern massierte und seine geschickten Finger die verspannten Knoten in ihren Muskeln aufstöberten. „Ja...“ Das Essen war wunderbar gewesen, sowohl der Truthahn als auch der Plumpudding waren ihr gut gelungen, auch wenn sie nicht bezweifelte, dass ihre Mutter am nächsten Tag ein Menü zaubern wurde, mit dem ihre Kochkünste definitiv nicht mithalten konnten... aber das war ihr egal. Sie würde ihre Freunde und ihre Familie wiedersehen, sogar Charlie würde aus Rumänien kommen und die Kinder würden ihren Spaß haben... definitiv. „Woran denkst du?“, wisperte Harry über ihre Schulter hinweg und sie lächelte, ließ sich nach hinten sinken und blickte zu ihm auf. „Nur an Morgen... es wird sicher anstrengend.“ Er lachte leise auf und sein Atem strich über ihren Nacken. „Zwölf Weasley-Kinder auf einem Fleck? Selbstverständlich wird es anstrengend...“ Harrys Finger zerzausten ihre Haare, er zwirbelte eine ihrer roten Strähnen um seinen Zeigefinger und sie lächelte, kuschelte sich an ihn und schloss genießerisch die Augen. „Ja... aber bis dahin ist noch Zeit...viel Zeit...“ Die Holzscheite im Kamin knackten leise, während die Glut in sich zusammenfiel und Harry und Ginny Potter gemeinsam auf dem Sofa im Wohnzimmer einschliefen. Kapitel 5: Zwischen Eimern und Besen ------------------------------------ Pairing: Rose Weasley/Scorpius Malfoy gewünscht von hermine-lily Zwischen Eimern und Besen Eigentlich hatte sie doch nur auf die Toilette gewollt. Und jetzt das. Peeves. Hastig blickte Rose Weasley über die Schulter nach hinten und zog gleich darauf im Laufen den Kopf ein, als der Poltergeist einen Mistelzweig nach ihr warf, die Dekoration prallte hinter ihr auf den Boden. Sie legte noch einen Zahn zu und flitzte um die nächste Ecke, auch ihr Vertrauensschülerabzeichen hatte Peeves nicht beeindruckt – das tat es eigentlich nie, aber immerhin konnte man doch hoffen – und... da. Eine Tür. Ihre Rettung. Hastig rannte sie darauf zu und drückte die Klinke hinunter, flitzte hinein in die absolute Dunkelheit und lehnte sich an das beruhigend kühle Holz hinter ihrem Rücken. Draußen auf dem Gang schlug der Poltergeist fröhlich mit seinem Spazierstock gegen die Wände und bei jedem dumpfen Knall zuckte sie zusammen, während sie versuchte, ihren schnellen Atem zu beruhigen und angespannt lauschte. „Rosierosierosie... wo ist sie denn, die kleine Weasley-Göre... wohin ist Miss Superschlau denn verschwunden... Rosierosierosie...“ In diesem Moment flammte ein Zauberstab in der absoluten Dunkelheit direkt vor ihrem Gesicht auf und sie konnte ein leises Quieken nicht unterdrücken, als sie die überschatteten Züge von Scorpius Malfoy erkennen konnte. „Was zum Teufel...“ Sie brach ab, als sie sich der plötzlichen Stille auf dem Gang vor dem kleinen Raum, den sie nun als Besenkammer identifizierte, gewahr wurde, und bat stumm, aber inbrünstig und gegen jede Wahrscheinlichkeit, dass Peeves verschwunden wäre... „Uhuuuuuu... Rosierosierosie und Scorpiscorpiscorpi sitzen in der Besenkammer...“ Die kreischende, durchdringende Stimme des Poltergeistes schien durch den ganzen Gang zu hallen und Rose zuckte bei der Andeutung in seinen Worten zusammen. „Was sie wohl dort machen... vielleicht vergnügen sie sich ja... wenn ich das dem Hausmeister erzähle, jaja...“ Sie konnte hören, wie Peeves sich entfernte, das klopfende Geräusch seines Stockes verblasste langsam und sie blickte zu Scorpius, der sie resigniert betrachtete, den Zauberstab noch immer in der Hand. „Worauf wartest du? Lass uns hier verschwinden, bevor Filch auftaucht!“ Sie wollte schon instinktiv nach dem Arm des Slytherin greifen, doch sein abwartender Gesichtsausdruck, den sie vage im Halbdunkel der Besenkammer ausmachen konnte, ließ sie inne halten. „Was ist?“ Scorpius grinste sarkastisch und wies auf die Tür hinter ihr. „Versuchs doch...“ Nun nachdenklicher drehte sie sich um und griff nach der Klinke, vorsichtig drückte sie sie nach unten, doch nichts geschah, auch nicht nach dem zweiten oder dritten Versuch und langsam blickte sie auf. „Das kann doch nicht wahr sein. Hast du einen Alohomora probiert?“ Der Slytherin schnaubte und bedachte sie mit einem Blick, als ob er sie für vollkommen dämlich halten würde. „Natürlich... und es hat nicht funktioniert. Sonst wäre ich nicht mehr hier.“ Rose seufzte leise auf und lehnte sich wieder an die Tür, ließ sich langsam zu Boden sinken und blickte sich um, die Regale des kleinen Raumes waren vollgestellt mit Putzmitteln und Kübeln, aus denen gräulich verfärbte Putzlappen hingen. „Und was machen wir jetzt?“ „Nun... warten?“, schlug Scorpius sarkastisch grinsend vor, während er auf einem der Eimer Platz nahm und zu ihr hinunterblickte. „Es ist ja nicht so, als ob wir eine Wahl hätten...“ Nachdenklich lehnte sie den Kopf an die Wand hinter sich, in der Ferne hörte sie die Musik von der Weihnachtsfeier für die höheren Klassen, die McGonagall widerstrebend erlaubt hatte und sie schüttelte den Kopf. Verdammter Poltergeist... „Hoffentlich geht er wirklich zu Filch... dann kommen wir hier wenigstens raus.“ Scorpius zuckte mit den Schultern. „Ich bezweifle es... ich sitze seit einer Stunde hier und es war kein Hausmeister in Sicht – und wenn er einen Regelverstoß wittert, dann entwickelte er eine Geschwindigkeit, die man einem Mann seines Alters gar nicht mehr zutrauen würde...“ „Na toll...“ Rose verschränkte die Arme vor der Brust und starrte schicksalsergeben zur Decke der kleinen Besenkammer, Spinnennetze ringelten sich in den Ecken des Raumes und sie konnte gerade noch ein großes, achtbeiniges Etwas entdecken, das sich hinter einem der Putzeimer in Sicherheit brachte. Was für ein Glück, dass mein Vater nicht in der Nähe ist... Das Schweigen dehnte sich zwischen ihnen, noch immer erleuchtete Scorpius' Lumos notdürftig die kleine Besenkammer, der Lichtkegel wanderte im Kreis, während er gelangweilt seinen Zauberstab zwischen den Fingern drehte und sie versuchte, die flackernden Schatten nicht zu beachten, schloss vergeblich die Augen... „Verdammt noch mal, hör endlich auf damit!“ „Womit?“ Er lächelte, hielt allerdings in seiner Bewegung inne und sie verdrehte die Augen. „Das weißt du ganz genau.“ „Weiß ich das?“ Sie stöhnte genervt auf, während Scorpius wieder dazu ansetzte, seinen Zauberstab kreisen zu lassen und hastig streckte sie den Arm aus, packte sein Handgelenk und funkelte ihn an. „Ja, das weißt du.“ Er versuchte, sich ihrem Griff zu entwinden, doch sie hielt ihn unerbittlich fest, bis er schließlich inne hielt und sie überrascht betrachtete. „Wo hast du das gelernt?“ Jetzt war es an ihr, nachdenklich die Brauen zu heben. „Was meinst du?“ „Andere Leute so festzuhalten.“ Abrupt lockerte sie ihren Griff, ließ ihn los, und er rieb sich nachdenklich das Handgelenk, während sie trocken grinste. „Ich habe elf Cousinen und Cousins... ich könnte dich zu Brei schlagen, wenn du es darauf anlegen würdest.“ Scorpius hob die Augenbrauen. „Was hat das damit zu tun? Ich hab auch eine Cousine und sie kann trotzdem niemanden verprügeln...“ Rose schüttelte langsam den Kopf. „Ach... Familie Malfoy ist zu fein für eine gelegentliche Rangelei unter Verwandten? Oder habt ihr alle Spielsachen in doppelter Ausfertigung bekommen?“ Der beißende Sarkasmus in ihrer Stimme wurde ihr erst bewusst, als sie die Worte ausgesprochen hatte, und langsam schüttelte sie den Kopf, Scorpius hatte nur neugierig und unwissend geklungen, nicht aber spöttisch, und sie bereute bereits, was sie gesagt hatte. „Ich... tut mir leid. Ich wollte nicht...“ „Ist schon gut.“ Er winkte ab und sie schwieg, starrte still zu Boden, mittlerweile waren die Stimmen und die Musik aus der Großen Halle verstummt und nachdenklich starrte sie auf ihre Uhr... es war spät. Verdammt spät – sie hockte wohl schon länger in diesem Besenschrank, als sie eigentlich gedacht hatte. Langsam streckte ihre Beine so gut es ging aus, das lange Sitzen mit angezogenen Knien schmerzte langsam und in der Enge des kleinen Raumes stieß sie mit ihren Füßen gegen Scorpius' Putzeimer. „'Tschuldigung“, nuschelte sie und er blickte auf, lächelte leicht. „Willst du schlafen?“ Langsam schüttelte sie den Kopf, sie fühlte sich nicht müde, eher... wütend – auf Peeves. Immerhin war der dämliche Poltergeist schuld daran, dass sie jetzt nicht gemütlich im Gemeinschaftsraum saß und gemeinsam mit ihren Freunden den Abend ausklingen ließ, sondern in einer verdammten Besenkammer hockte, in die zudem die Kälte des unbeheizten Hogwarts-Ganges kroch. „Nein... es wurde nur langsam unbequem.“ Er lachte trocken auf. „Hier ist alles unbequem...“, entgegnete er und schob seinen Eimer zur Seite, versuchte, sich an die Regale mit Putzutensilien zu lehnen, schreckte aber gleich wieder hoch. „Wirklich alles.“ „Die Tür ist halbwegs auszuhalten“, bemerkte sie abwesend und rückte ein Stück zur Seite, um Platz für Scorpius zu machen, der zu ihr kroch und sich neben ihr an das raue Holz lehnte, langsam den Kopf nach hinten sinken ließ. „Stimmt...“ Für einen Moment schwiegen sie, dann spürte sie, wie der Blick des Slytherin auf ihr ruhte und nachdenklich blickte sie zur Seite. „Was ist?“ „Was ich schon immer fragen wollte... wie sind deine Eltern? Und dein Onkel, Harry? Ich meine... mein Vater hat mir von ihnen erzählt, aber ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass sie wirklich so... naja, eben so sind, wie er gesagt hat.“ Rose hob die Augenbrauen. „Was hat er denn gesagt?“ „Ich...“ Scorpius zögerte für einen Moment, dann schüttelte er den Kopf. „Das ist doch jetzt nicht wichtig, oder?“ „Hm...“ Sie konnte sich lebhaft vorstellen, was Draco Malfoy über ihre Eltern und ihren Onkel erzählt hatte, nach allem, was sie gehört hatte, hatte er die Ereignisse vor mehr als zwanzig Jahren niemals überwunden und kaute noch immer an der Niederlage, die er eher als eine persönliche zu betrachten schien als die des schrecklichsten Schwarzmagiers aller Zeiten. „Meine Eltern sind eben wie alle Eltern... ich weiß auch nicht, was ich über sie sagen soll. Mum ist nett und klug und hat kaum Zeit und Dad ist nett und manchmal ein bisschen peinlich und hat auf uns Kinder aufgepasst, wenn Mum mal wieder kaum aus dem Ministerium nach Hause gekommen ist... sie sind eben ganz normale Eltern.“ Scorpius betrachtete sie interessiert, seine Auffassung von ganz normalen Eltern schien sich sichtlich von ihrer zu unterscheiden, das konnte sie an dem überraschten Ausdruck in seinen Augen erkennen. „Und Harry Potter?“ „Onkel Harry?“ Sie lächelte leicht. „Er hat uns Kinder immer verwöhnt und tut es immer noch... wenn Mom und Dad sich beschweren, sagt er dann immer, es wäre nur ein Ausgleich zu seinem eigenen Onkel... aber natürlich ist er fast immer im Aurorenbüro und deswegen nur sehr selten zu Hause... und auf Teddy hatte er es besonders abgesehen... immerhin haben sie ja beide ihre Eltern verloren, als sie noch klein waren...“ Langsam wandte sie sich um, blickte Scorpius an und für einen Moment vermeinte sie, Wehmut in seinen Augen zu erkennen, ein merkwürdiger Ausdruck auf dem Gesicht des sonst so kühlen, gefassten und arroganten Slytherins. „Was hast du?“ „Ich...“ Er schüttelte langsam, fast bedächtig den Kopf und winkte danach ab. „Ach... es klingt nur so... so friedlich, so harmonisch... ganz anders als bei mir zu Hause, wo Mutter immer auf irgendwelchen Bällen und Feiern ist und Teegesellschaften gibt und Vater manchmal tagelang nicht nach Hause kommt...“ Rose kicherte. „Ich glaub, du hast da eine ganz falsche Vorstellung... und bist noch nie zwölf Kindern begegnet, die am zweiten Weihnachtstag über ihre Verwandten herfallen, um sich zu beschweren, dass der jeweils andere das größere und bessere Geschenk bekommen hat...“ Scorpius lächelte matt. „Da hast du wohl recht...“ Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus und Rose blickte nachdenklich auf ihre Uhr, es war bereits nach Fünf und langsam kroch die Müdigkeit unter ihre Augenlider, sie ließ sich nach hinten fallen und kuschelte sich tiefer in ihren Festumhang, um der Zugluft vom Gang zu entkommen. Vage bemerkte sie noch, dass auch Scorpius versuchte, es sich so bequem wie möglich zu machen, doch schließlich und endlich fiel sie in einen unruhigen Schlaf. „Was, bei Merlin, haben Sie hier zu suchen!“ Rose schreckte auf, als die Tür hinter ihr geöffnet wurde und sie fast auf den Gang dahinter purzelte, mit durch die Streiche ihrer Cousins geschulten Reflexen sprang sie auf und starrte verdattert auf eine ausgesprochen wütende Professor Minerva McGonagall, die sie und Scorpius mit ihrem glühenden Blick zu durchbohren schien. „Ich...“ Verdattert fuhr sie sich mit den Fingern durchs zerzauste Haar, wich instinktiv in die Besenkammer zurück, um der zornigen Schulleiterin zu entgehen, und der Slytherin an ihrer Seite folgte ihr unauffällig. „Wir waren hier eingesperrt, Professor... auf der Tür muss irgendein Zauber liegen...“ McGonagall schnaubte abfällig und machte einen drohenden Schritt auf die beiden Übeltäter zu. „Von Außen war sie jedenfalls problemlos zu öffnen... wirklich, von Vertrauensschülern wie Ihnen hätte ich Besseres erwartet, als sich eine Nacht in einem... einem... einem Besenschrank um die Ohren zu schlagen und hier was weiß ich zu machen...“ Rose spürte, wie ihre Ohren rot anliefen, und sie warf einen kurzen Blick zu Scorpius, der Slytherin sah ebenfalls leicht zerzaust aus und erst jetzt kam ihr zu Bewusstsein, dass sie eben mit dem Kopf an seiner Schulter aufgewacht war, spürte wieder die angenehme Wärme... abwesend starrte sie zu Boden. „Professor, Peeves hat uns über den Gang gejagt und wir haben hier Schutz gesucht – und danach ging die Tür nicht mehr auf.“ Scorpius schaffte es irgendwie, ruhig und gelassen und vollkommen unschuldig zu klingen, etwas, das ihr in jetzt, in diesem Moment, sicherlich nicht gelungen wäre, und für einen Moment blickte sie zu ihm, wich McGonagalls wütendem Blick auf – bis ein leises Klicken sie hochschrecken ließ. Die Tür des Raumes war ins Schloss gefallen und sie spürte, wie die Panik in ihr hochkroch... „Es ist mir egal, was für abstruse Ausreden Sie erfinden – diese Tür ist eine ganz normale Tür und niemand hätte einen Grund gehabt, sie irgendwie zu verhexen. Und Ihre schreckstarren Blicke können Sie sich auch sparen – Sie kommen mit mir in mein Büro. Die halbe Schule hat nach Ihnen gesucht und dafür werden Sie die Konsequenzen tragen müssen.“ Die Schulleiterin wandte sich um und legte die Hand auf die Klinke, drückte sie hinunter – doch nichts geschah. Rose warf einen kurzen, schadenfrohen Blick zu Scorpius, der sarkastisch lächelte und zu McGonagall hochblickte. „Haben Sie es schon mit einem Alohomora versucht?“ Kapitel 6: Es weihnachtet sehr ... ---------------------------------- Pairing: Severus Snape/Minerva McGonagall gewünscht von HP-Alley Es weihnachtet sehr ... „Minerva, nehmen Sie sich zusammen!“ Missbilligend – nun gut, zumindest so missbilligend, wie er es gerade noch vermochte – betrachtete Severus Snape die Hauslehrerin von Gryffindor, die fröhlich neben ihm durch den Schnee, der die Ländereien von Hogwarts bedeckte, taumelte. „Aber... wieso senn?“ Die Art, wie Minerva nuschelte und angestrengt versuchte, ihn mit ihren sonst so strengen Augen zu fixieren, ließ ihn nichts Gutes ahnen und für einen Moment überlegte er, wie viele heiße Feuerwhiskey mit Honig sie eigentlich gehabt hatte... doch irgendwo bei fünf hörte seine Zählung auf. Wenn er sich richtig erinnerte, dann lag das höchstwahrscheinlich nicht daran, dass sie aufgehört hatte zu trinken, sondern daran, dass auch er selbst dem Alkohol zugesprochen hatte. „Diese verdammte Lehrerweihnachtsfeier...“, murmelte er abwesend, während Minerva sich in eine Schneewehe fallen ließ und fröhlich mit den Armen wedelte. „Ich bin ein Engel, ich bin ein Engel!“ „Bei Merlin, Minerva!“, zischte er, doch wurde er das Gefühl nicht los, dass sein üblicher, scharfer Tonfall durch den Alkohol an Wirkung verloren hatte. „Wenn die Schüler Sie so sehen!“ „Sie Süler wissen... wie ein Besrunkener aussieh...“, bemerkte sie abwesend und blickte zu ihm hoch. „Ganz sicher...“ „Kommen Sie.“ Er packte Minerva am Arm und zog sie aus dem Schnee, das weiße Pulver haftete an ihrem Umhang und sprenkelte ihren Schal mit Schottenmuster, doch während er sie noch betrachtete, taumelte sie und stürzte gegen ihn. „Hilf mir, Severus... ich kann soch... nicht laufen...“ Snape schüttelte den Kopf und legte ihren Arm um seine Schulter, hielt sie fest, während er zum Schloss hinaufschwankte. Auch er selbst war nicht mehr besonders nüchtern, doch irgendwie schienen ihre Taumelbewegungen sich gegenseitig auszugleichen und sie vor einem Sturz zu bewahren. „Diese verdammte Lehrerweihnachtsfeier..“ „Was hassu gesag?“ Minerva blickte ihn aus großen, irgendwie unfokussiert wirkenden Augen an, doch er winkte ab und schüttelte den Kopf. „Nichts.“ „Sas glaub ich sir nich...“ Sie blieb stehen und hielt ihn fest, starrte ihn an. „Su wollses mir was sagen... was wichsiges.“ Snape verdrehte die Augen ob ihres Versprechers und zog sie weiter, den Hügel hinauf nach Hogwarts. Jetzt wusste er, was Flitwick hatte sagen wollen, als er erklärt hatte, dass Minerva „manchmal ein wenig merkwürdig“ wäre, wenn sie getrunken hatte. Allerdings war es nicht so, dass er die große Wahl gehabt hatte, denn der Gedanke, sich vor dem Strohhalm Ziehen zu drücken, indem er plötzliche Übelkeit vortäuschte, war ihm leider zu spät gekommen. Und selbstverständlich hatte er Pech gehabt... und durfte nun Minerva in ihr Bett bringen, wenn ihm das denn gelang. Eigentlich hätte er Übelkeit nicht einmal vortäuschen müssen, bemerkte er abwesend in seinen Gedanken, während er gemeinsam mit Minerva zum Schloss hinaufschwankte, irgendwie fühlte sich sein Magen durch die unstete Bewegung sehr rebellisch an. „Seeeveruuus.“ Die Art, wie die Hauslehrerin von Gryffindor seinen Namen betonte und am Ärmel seines Umhangs zerrte, ließ ihn nichts Gutes ahnen und schicksalsergeben wandte er sich ihr zu. „Ja?“ „Su wolles was sagen...“ Irgendwie gelang es ihr, ihre Augen trotz ihrer Brille so riesengroß wie die von Trelawney erscheinen zu lassen, was den merkwürdig ernst-betrunkenen Blick, den sie ihm zuwarf, nur noch irritierender machte. „Ganz beschimm... be... be...“ Sie schüttelte ihren Kopf, wie um klar zu werden, und fixierte ihn dann wieder. „Ganz sicher.“ „Wollte ich nicht, Minerva“, nuschelte er zur Antwort und festigte seinen Griff um ihren Arm, den sie um seine Schultern geschlungen hatte. „Und jetzt komm weiter.“ „Nasürlich wollses su sas!“ Die Bestimmtheit in Minervas Stimme wurde nur durch das Fehlen jeglicher d- und t-Laute geschmälert, doch die Schüler aller Klassen hätten ihn problemlos wiedererkannt. Was sie allerdings noch nie gesehen hatten war der lange, spitze Zeigefinger ihrer Professorin, der sich fordernd in Snapes Seite bohrte. „Su wollses mir sicher sagen, sass su keine Freundin has... beschimms!“ Snape hätte diese Tatsache zwar nicht leugnen können, aber dass er sie Professor McGonagall mitteilen wollte, war ihm vollkommen neu, und das sagte er ihr auch. „Sürlich wollses su sas!“, entgegnete Minerva mit der absoluten Gewissheit, die Alkohol manchmal verlieh, und klammerte sich noch enger an ihn, was sie beide fast in den Schnee stürzen ließ. „Aaaaaachsung!“, quiekte Minerva vergnügt und wedelte mit den Armen, was ihr bedrohliches Taumeln noch verstärkte, doch Snape gelang es rechtzeitig, sie an der Hüfte zu packen und sie am Umfallen zu hindern. „Um Merlins Willen, Minerva, reiß dich zusammen – stell dir vor, du brichst dir etwas und Madame Pomfrey müsste dich zusammenflicken!“ „Poppy's auch besrunken“, nuschelte die Hauslehrerin von Gryffindor, so als ob diese Tatsache irgendetwas besser machen würde, ließ sich aber dazu bewegen, die letzten Meter auf dem Weg zum großen Tor von Hogwarts zurückzulegen. Snape benötigte zwei Anläufe, um einen der großen, schweren Flügel aufzustemmen, was ihn ärgerte – er musste betrunkener sein als er eigentlich dachte, wenn es ihm nicht einmal mehr gelang, die Tür zu seinem Zuhause zu öffnen. Trotzdem war er froh, nach drinnen zu kommen, die stechenden Schmerzen in seiner Nase und seinen Fingern, die er zuvor nicht bemerkt hatte, zeigten ihm deutlich, dass diese Dezembernacht viel zu kalt war, um draußen zu bleiben. Auch Minerva schien zu demselben Schluss gekommen zu sein, trotz ihrer gemurmelten Worte, dass sie doch noch einen Schneeengel machen wollte, und er konnte das Tor hinter ihnen beiden schließen, erleichtert, endlich die Kälte auszusperren. Eigentlich hatte Snape die Hoffnung gehabt, dass Minerva jetzt, wo sie im Schloss waren, den Weg zu ihrem Büro alleine finden würde und er sich selbst in die Kerker zurückziehen konnte. Doch in den wenigen Augenblicken, in denen er mit der Türklinke beschäftigt war, war es Minerva gelungen, einige, taumelnde Schritte auf die große Treppe zuzugehen, ein amüsiertes Quieken auszustoßen und sich spektakulär auf den Hosenboden zu setzen. Snape seufzte auf und begrub diese Hoffnung ebenso schnell, wie sie aufgekommen war. „Ausch“, nuschelte Minerva und blickte aus großen Augen zu ihm hoch, sie schien den Ausruf eher aus Prinzip ausgestoßen zu haben als weil ihr wirklich etwas geschehen war und Snape zog sie hoch, wobei sie ihn fast ebenfalls zu Boden riss – wieder einmal. „Als Kasse wär mir sas nich passiers...“ Allein schon der Gedanke, dass sie in ihrem Zustand versuchte, sich in ihre Animagusform zu verwandeln, ließ bei Snape alle Alarmglocken schrillen, und so zog er sie hastig weiter, gemeinsam stolperten sie die große Treppe hinauf. Er hoffte nur, dass sich kein Schüler verbotenerweise in die Gänge hinausgeschlichen hatte, denn wenn irgendjemand Professor McGonagall – oder noch schlimmer, ihn – voll wie einen Hauselfen nach einer Flasche Butterbier durch die Gänge torkeln sah, wäre ihr Ruf bei den Schülern für alle Zeiten dahin. „Nich so hassich“, widersprach Minerva energisch, als er versuchte, sie weiterzuzerren, und stemmte die Hacken so fest in den Boden, dass es ihm – selbst angeheitert, wie er war – nicht gelang, sie vom Fleck zu bewegen und er sich resigniert gegen die kühle Wand lehnte. „Ich komm schon noch früh genug in mein Bess...“, erklärte sie und blickte sich verträumt um, auch die Bewohner der Gemälde schienen dem gemalten Alkohol zugesprochen zu haben und ein Burgfräulein im rosa Kleid prostete ihr fröhlich zu. „Schlafen ist überbewertet, meine Liebe, wirklich überbewertet!“ „Na toll“, murmelte Snape schicksalsergeben und ließ sich an der Wand entlang zu Boden sinken, jetzt hatte Minerva auch noch eine ebenso betrunkene Freundin gefunden, mit der sie sich austauschen konnte, und würde es nie bis in ihre privaten Räume schaffen. „Hassu was gesags?“ Trotz ihres erhöhten Alkoholpegels waren Minervas Professoreninstinkte noch intakt, denn sie hatte seine geflüsterten Worte offensichtlich gehört und wandte sich ihm zu, ließ sich wackelig vor ihm auf die Knie fallen. „Was über seine Freunsin?“ „Er hat eine Freundin?“, wandte das Burgfräulein interessiert ein und versuchte, ihren Kopf aus dem Bild zu recken, um einen genaueren Blick auf ihn zu erhaschen. Merlin. Jetzt sind sie zu zweit. „Um diese Tatsache ein für alle Mal klarzustellen: Nein, ich habe keine Freundin.“ Minerva giggelte und piekste ihn wieder in die Seite, offensichtlich eine Angewohnheit von ihr, wenn sie betrunken war – und eine, die er jetzt schon hasste. „Sollses sir aber eine sulegen, Seeeeveruuuus.“ Die Professorin musterte ihn ein wenig unstet von oben bis unten – kein Kunststück, immerhin saß er auf dem Boden – und schüttelte den Kopf. „Krieg is vorbei, Junge, und Frauen schehen auf sragische Geschichsen.“ „Tun sie schon seit tausend Jahren, Junge, lass dir das gesagt sein.“ Das Burgfräulein schien ebenfalls der Ansicht zu sein, dass er Rat in Sachen Beziehungen brauchte, und auch ihre Freundinnen, die an einem Tisch im Hintergrund saßen, begannen, sich für das Gespräch zu interessieren. Zwar war die Wand hinter ihm angenehm kühl und die Versuchung, einfach hier sitzen zu bleiben, sehr groß, doch diese Horde kichernder Frauen – Minerva miteingeschlossen – löste in ihm einen stärkeren Fluchtreflex aus als der Dunkle Lord an einem seiner schlechteren Tage. Mühsam stemmte er sich hoch. „Du musst ins Bett, Minerva. Ganz dringend.“ „Aber hier is soch so bequem...“ Zweifelnd musterte Snape den harten Steinboden, auf dem die Verwandlungslehrerin gerade saß. „Un außersem hab ich gras Freunse gefunsen!“ „Minerva!“ Der Tonfall, den er eigentlich hatte anschlagen wollen, brachte normalerweise Erstklässler zum Weinen, doch ihr entlockte er nur ein weiteres, mädchenhaftes Giggeln. „Su sis ech süß, wenn su sas machs!“ „Ich bin nicht süß. Und jetzt steh auf!“ Unsanft packte er sie am Arm und tatsächlich gelang es ihm, sie hochzuziehen, ohne selbst wieder hinzufallen, allerdings landete sie direkt in seinen Armen und die mittelalterlichen Damen kicherten im Chor. Während sie weiter den Gang entlangtaumelten, verfolgte sie das Geräusch, eigentlich hatte Snape gehofft, dass die Burgfräuleins zu betrunken wären, um von einem Bild zum nächsten zu laufen, doch da er immer wieder einen Blick auf rosa Schleier und Kleider erhaschte, hatte er sich in dieser Hinsicht offensichtlich getäuscht. Der Weg zu Minervas Büro kam ihm endlos vor, so als ob er mit jedem Schritt, den er nach vorne taumelte, zwei nach hinten gezogen würde, doch schließlich konnte er die vertraute Tür vor sich erkennen und seufzte erleichtert auf. Neben ihrem Kamin stand ein großer, bequemer Lehnstuhl, in dem er sie ohne schlechtes Gewissen zurücklassen konnte, bevor er sich selbst in sein eigenes Bett verkroch und hoffte, dass der folgende Morgen nicht allzu elend ausfallen würde. Gerade hatte er es trotz der Tatsache, dass Minerva noch immer um seinen Hals hing und mit den Burgfräuleins plauderte, geschafft, die Tür zu ihrem Büro zu öffnen, als ein Quieken, das aus einem Bild direkt hinter ihm kam, ihn aufschrecken ließ. „Mistelzweig!“ Überrascht blickte er hoch und erblickte die grünen Äste mit den weißen Beeren direkt über seinem – und Minervas – Kopf, bevor er die Augen verdrehte und weitergehen wollte. Er hatte noch nie viel von diesem dämlichen Brauch gehalten und auch heute nicht vor, sich davon ablenken zu lassen, doch in dem Moment, in dem er Minerva weiterziehen wollte, bemerkte er unerwarteten Widerstand. „Aaaaaber Seeeeveruuuus...“ Ihre Stimme klang anklagend, und er versuchte, das Stöhnen zu unterdrücken, das sich einen Weg nach draußen bahnen wollte. „Ja?“ „Wiiiir sehen unser einem Miselsweig!“ Snape holte tief Luft und zählte innerlich bis zehn, um einen Wutanfall zu verhindern, während im Hintergrund die „Küssen! Küssen! Küssen!“-Rufe der Burgfräuleins immer lauter wurden. „Und?“ „Oooohne Kuss geh ich hier nich wes!“ „Aber ich“, entgegnete Snape kalt und wandte sich ab, wollte sich auf den Weg zu seinen eigenen Räumen machen und zum Teufel mit Verantwortung und Albus' mahnendem Blick, den er ihm sicher zu... er spürte, wie ihn schmale, kräftige Finger am Arm packten und herumdrehten, bevor Minerva ihm einen sehr feuchten Kuss auf die Wange drückte. „Wenn su wegläufs, bekomms nie n Mädchen!“, erklärte sie ihm mit einem ernsten Blick, bevor sie die Tür zu ihrem Büro hinter sich schloss und Snape mit den giggelnden Burgfräuleins alleine ließ. Kapitel 7: Wie Hund und Katz ---------------------------- Pairing: Pairing Sirius Black/Minerva McGonagall in Animagusform, gewünscht von Satansbratn Wie Hund und Katz Der Schneesturm hatte an Stärke zugenommen und aus den weichen, weißen Flocken waren kleine Eiskristalle geworden, die mit unerbittlicher Härte durch die Luft peitschten, in Gesichter schnitten und sich in Haar festsetzten... oder in Fell. Die kleine, getigerte Katze duckte sich gegen den Wind, während sie durch die tiefen Spuren huschte, die die Schüler während des Tages im hohen Schnee auf den Ländereien hinterlassen hatten, wurde von den Böen fast zurückgetrieben und hielt doch unbeirrt auf den Rand des Verbotenen Waldes zu. Fast verschwand sie in den Wehen, als sie die ausgetretenen Wege verlassen musste, nur noch die spitzen Ohren und die kleine, rosa Nase, die sie nach oben reckte, um Luft zu bekommen, waren zwischen ihren einzelnen Sätzen, mit denen sie sich fortbewegte, zu erkennen, doch schließlich wurde die Schneedecke dünner, lag auf Tannennadeln und nicht auf dem grauen, wie tot wirkenden Gras der Wiesen. Langsam wandte die Katze sich um, blickte aus schimmernden Augen zurück auf das Schloss mit seinen Lichtern, die sich wie Mondstaub auf dem Eis des zugefrorenen Sees widerspiegelten, dann drehte sie sich mit zuckender Schwanzspitze um, setzte ihren Weg in den Verbotenen Wald fort. Ihre Pfoten fanden geschickt den Weg durch das tote Unterholz, wichen Löchern im Boden aus, die vom alten, trockenen Laub des Vorjahres und dem Schnee verdeckt wurden, während sie sich wachsam umblickte, sich immer der Gefahr bewusst war, die von den vielen Bewohnern des Verbotenen Waldes ausging. Die meisten von ihnen nahmen keine Rücksicht auf das Weihnachtsfest, kümmerten sich nicht um das Glück und die Vorfreude, die in den Schlafsälen des Schlosses herrschte, wo die Kinder kaum zu Bett gehen wollten in Erwartung all der Geschenke, die der morgige Tag bringen würde. Auch die Katze interessierte sich gerade nicht dafür, oder vielleicht doch, denn es war eben diese fröhliche Stimmung, die sie den Weg in den Wald hatte finden lassen auf der Suche nach Ruhe und Frieden, einer anderen Art von Besinnlichkeit als jener, die die geschmückten Flure und weihnachtliche Dekoration in Hogwarts vermitteln konnten. Die Stille des Waldes in der Dunkelheit war mehr nach ihrem Geschmack, auch das Pfeifen des Windes hatte hier nachgelassen und bis auf das gelegentliche, rutschende Geräusch des Schnees, der von einem der Äste fiel, war es hier still. Nicht besinnlich – aber still, und genau das war es, das die Katze gerade wollte. Nachdenklich setzte sie sich in einen Haufen trockenen Laubes, der vom alles verschlingenden Weiß verschont geblieben war, und begann, ihre Pfoten und ihr Fell zu säubern, während sie aufmerksam in die Nacht hinauslauschte. So friedlich der Wald auch zu dieser späten Stunde wirkte, für einen Moment seine Gefahren zu vergessen konnte tödlich sein für ein Geschöpf, das so klein und schutzlos war wie eine Katze. Manche seiner Räuber und Feinde jagten auch nachts, auch in der Heiligen Nacht, und wenn sie nicht immer wachsam blieb, konnte es sein, dass sie möglicherweise ihr Opfer wurde. Doch auch dies war ein Grund, wieso die Katze hierher kam. In Hogwarts wäre sie einer der Räuber, eine von jenen, die andere aufspürten und jagten – doch hier im Wald wurde sie immer wieder daran erinnert, dass auch sie zum Wild werden konnte, dass auch sie nicht unverwundbar war und eines Tages Gefahren gegenüberstehen konnte, aus denen sie vielleicht nicht mehr entkommen würde. Ein leises Rascheln ließ die Katze in ihrer Bewegung innehalten, wie erstarrt lauschte sie hinaus in die Dunkelheit der leeren Äste und Tannenzweige, wartete darauf, dass das Geräusch sich wiederholte. Sie wusste nicht, ob das, was sie gehört hatte, real war oder nur ihren Instinkten entsprungen, doch als sie vernahm, wie Blätter raschelten, so als ob sich etwas über sie hinwegbewegte, zog sie sich tiefer in die Schatten zurück. Was auch immer es war, es schien schnell zu sein, Schritt folgte auf Schritt folgte auf Schritt und das öfter, als sie es mit der Bewegung von Beinen – selbst ihren flinken Pfoten – in Verbindung bringen konnte, und doch... das Rascheln kam langsam näher, zu langsam für das Tempo, das die fremden Füße vorzugeben schienen. Und da war noch ein anderes Geräusch, das vom Waldrand kam, doch zu weit entfernt, als dass sie es genauer bestimmen konnte – die Katze drehte ihren Kopf in die andere Richtung, blickte weiter mit ihren leuchtenden Augen in die Dunkelheit. Mit dieser Bedrohung würde sie sich auseinandersetzen, sobald sie hier war. Nun galt es, einem anderen Feind entgegenzusehen, und mit pochendem Herzen und der beruhigenden Präsenz des Baumstammes in ihrem Rücken wartete die Katze darauf, dass die viel zu schnellen Schritte sie endlich erreichten. Für einige Herzschläge geschah nichts und schon fast hatte sie zu hoffen begonnen, dass die Gefahr an ihr vorübergegangen wäre, dass auch das leise Klicken, das sie nun hörte, nur ihrer Einbildung entstammte. Doch dann bewegten sich die Äste einer großen Tanne, Schnee rutschte von ihnen herab, schlug mit einem klatschenden Geräusch auf dem Waldboden auf und ein langes, haariges Bein mit einem knotigen Gelenk schob sich zwischen ihnen hervor. Für einen Moment wirkte die Katze wie erstarrt, wusste nicht, wo sie diesen Anblick einordnen sollte, dann folgte ein weiteres Bein und noch eines, bevor sich langsam ein großer, schwarzer Körper zwischen den Zweigen hervorschob und eine funkelnde Traube von Augen sie anstarrte. Für eine Acromantula war die Spinne nicht groß, sie erreichte nicht einmal die Größe eines erwachsenen Menschen, doch die Katze überragte sie turmhoch. Ihre Kneifzangen klickten überrascht und sie wandte sich um, trat mit ihren trippelnden und doch schweren Schritten auf die Katze zu, die ein wenig aus ihrem Versteck zwischen den Wurzeln hervorkam, sich dem riesigen Gegner stellte. Für einen Moment schien die Katze wie erstarrt, fixiert von der riesigen Spinne, doch bevor sie sich noch von ihrem Schreck erholen konnte, sprang etwas Großes, Schwarzes zwischen den unbelaubten Büschen hervor und riss die Acromantula um. Gelbliche Fänge bohrten sich in den haarigen Leib der Spinne, ihre Kneifzangen klickten wütend, doch so sehr sie auch mit ihren Beinen zappelte, sie konnte ihren Angreifer doch nicht erreichen. Und ebenso schnell, wie der riesige Hund auf sie losgegangen war, sprang er auch wieder zurück, stellte sich schützend vor die Katze und fletschte seine Zähne. Auch die Katze erwachte nun aus ihrer Starre, fauchte auf, doch ob ihr Unmut sich mehr gegen die Acromantula oder den Hund richtete, schien sie selbst nicht zu wissen, denn sie bedachte beide mit einem gleichermaßen feindseligen Blick. Sie kannte den Hund, hatte ihn schon früher auf den Ländereien von Hogwarts gesehen, doch das war vor Jahren gewesen, mehr Jahren, als das Leben eines Hundes normalerweise dauerte. Wütendes Gebell schlug die riesige Spinne endgültig in die Flucht, die klaffende Wunde an ihrem Leib hatte ihr die Entscheidung offensichtlich vereinfacht und schwarze Augen wandten sich nun der Katze zu, musterten sie forschend, wissend. Sie erwiderte den Blick, wo der Hund auf den ersten Blick riesig und überwältigend gewirkt hatte, sah sie nun, wie struppig sein Fell war, wo es früher geglänzt hatte, und wie sehr er abgemagert war. Vorsichtig trat er auf sie zu, schnupperte an ihr, bevor er schließlich mit dem Schwanz wedelte und offensichtlich beschloss, dass von ihr keine unmittelbare Gefahr ausging. Nun, wo die Acromantula verschwunden war, bemerkte die Katze erst, wie sehr ihr Herz pochte und wie kalt es war, während ihrer Auseinandersetzung musste der Sturm an Stärke zugenommen haben, denn auch der noch recht lichte Wald an dieser Stelle bot keinen ausreichenden Schutz mehr vor ihm. Der Wind rüttelte durch die Zweige, ließ Schnee von ihnen herabrutschen, der sich mit den frischen Flocken vermischte, die ihnen in die Gesichter peitschten und in den Fellen festfroren. Nun bereute die Katze es, aus der Sicherheit und Wärme des Schlosses hier nach draußen gekommen zu sein, doch eine Rückkehr würde ihr nicht gelingen – zu stark war der Wind, zu heftig der Schneefall, als dass sie es bis an die großen Tore geschafft hätte. Und außerdem war da noch dieser Hund... etwas an ihm kam ihr merkwürdig vor, sein Blick hatte gerade fast menschliche Intelligenz enthalten – und bei der Gefahr, die im Moment für das Schloss und seine Bewohner drohte, war jede Anomalie von Interesse. Auch der Hund schien ähnlich über die Kälte zu denken, denn er hatte sich von ihr abgewandt, war fast zwischen den niedrigen Zweigen der Bäume verschwunden... doch gerade, als sie glaubte, ihn ganz aus ihrem Gesichtsfeld zu verlieren, wandte er sich um – als ob er auf sie warten würde. Sein Blick schien sie zu rufen, sie zu bitten, mit ihm zu kommen, und für einen Moment zögerte die Katze, nicht sicher, ob sie ihm folgen sollte. Er war kein gewöhnlicher Hund, genauso, wie sie keine gewöhnliche Katze war, dessen war sie sich sicher, und doch schien er ihr freundlich gesinnt zu sein, zumindest für den Moment. Ein harscher Windstoß, der sie traf, machte ihr die Entscheidung einfacher, und so schnell ihre Pfoten sie tragen konnten, huschte sie hinter ihm her, folgte ihm durch die Breschen, die sein großer, schwerer Körper in das Unterholz des Verbotenen Waldes bahnte. Immer weiter liefen sie zwischen den Bäumen hindurch, und erst, als die Erschöpfung bereits nach der Katze griff, hielt der Hund an. Ein umgestürzter Baum hatte eine Lichtung geschaffen und sein Stamm lag noch immer auf dem Waldboden, nun bedeckt von Schnee. Der Wind hatte zugenommen, sobald sie zwischen den schützenden Zweigen und Nadeln hervorgetreten waren, und missmutig fragte sie sich, warum er sie hierher geführt hatte, wo es doch noch kälter war als im Wald selbst, bis der Hund mit der Schnauze auf eine fast vom Schnee bedeckte Kuhle wies. Der Baumstamm war tatsächlich hohl, und als die Katze hineinkroch, bemerkte sie, dass sein Bodem mit weichem, noch immer trockenem Laub gefüllt war. Der Hund folgte ihr, verschloss den Eingang mit der Masse seines Körpers und nach wenigen Momenten schon fühlte die Katze, wie die Kälte langsam zu verschwinden begann, und noch mehr, als der Hund näher an sie heranrückte. Sein schwarzes Fell war räudig und verfilzt, doch die Wärme darunter war ihr höchst willkommen, und vorsichtig kuschelte sie sich an, zuerst misstrauisch, doch dann immer entspannter, als der schwere, dunkle Kopf sich neben sie legte. Auch der Hund schien seinen Argwohn zu verlieren, sein Atem ging langsamer und regelmäßiger, beruhigte auch die Katze, die spürte, wie die Müdigkeit ganz von ihr Besitz ergriff, die der lange Marsch durch den Sturm und den Wald hervorgerufen hatte. Schließlich schloss sie, fast gegen ihren Willen, die Augen, schmiegte sich näher an den Hund an und hatte gerade den festen Vorsatz gefasst, nicht einzuschlafen, als sie in die Welt der Träume davonglitt. Kapitel 8: Die einfachen Dinge ------------------------------ Pairing: Harry Potter/Draco Malfoy gewünscht von Vivianne Die einfachen Dinge Mit gerunzelter Stirn blickte Harry an dem Londoner Backsteingebäude empor, das vor ihm aufragte wie ein rötlicher, vom vielen Nebel verschleierter Klotz. Ohne nachzudenken konnte er sich viele Plätze vorstellen, an denen er Draco Malfoys Wohnung eher erwartet hätte als hier, und doch – der Name seines alten Feindes stand auf der Klingel, und die Adresse stimmte mit der auf dem zerknitterten Brief überein, den er in seine Tasche gestopft hatte, bevor er sich auf den Weg hierher gemacht hatte. Noch länger hier zu stehen und die Tür anzustarren bringt dich auch nicht weiter, bemerkte sein Gewissen, das merkwürdigerweise sehr nach Hermine klang, mahnend. Ich meine, was ist schlimmer? Draco Malfoy zu begegnen oder hier festzufrieren? Harry befahl der kleinen Stimme in seinem Hinterkopf, die stur Draco Malfoy wisperte, die Klappe zu halten, und drückte den Klingelknopf. „Ja?“ Malfoy klang blechern und sehr ungewohnt, was vielleicht auch mit der Tatsache zusammenhing, dass Harry nie erwartet hätte, ihn über eine Muggel-Gegensprechanlage zu hören, und er räusperte sich, unsicher, was er sagen sollte. „Ähm... Harry ist hier.“ Die Tür summte ohne ein weiteres unnötiges Wort und er machte sich auf den Weg über die Treppen nach oben, bis er schließlich Malfoy entdeckte, der lässig im Rahmen einer grünen Tür stand, die noch immer nach neuer Farbe roch. Etwas an der Haltung des Slytherins wirkte merkwürdig, gezwungen, und nach einem Moment entdeckte Harry die Anspannung, die sich hinter der gelassenen Miene verbarg. Harry bezweifelte, dass jemand, der weniger Duelle und weniger Quidditch-Spiele mit Draco Malfoy ausgetragen hatte, seine Unruhe bemerkt hätte, aber mehr als sieben Jahre tödlicher Feindschaft brachten eine gewisse... Vertrautheit mit sich, die auch durch die ungewohnte Muggelkleidung nicht zunichte gemacht wurde. „Malfoy.“ Er war sich nicht sicher, ob es eine Feststellung oder eine Begrüßung sein sollte, hatte aber keine Zeit, darüber nachzudenken, während er die letzte Stufe überwand und mit einigem Abstand auf dem Treppenabsatz stehen blieb. „Potter.“ Malfoy wirkte unsicher, während er einen Schritt zurück machte und mehr oder minder einladend auf den kleinen, beengten Flur wies. „Komm doch herein.“ Harry wusste nicht, was er von dem Angebot halten sollte, aber Malfoy sah nicht so aus, als ob er im nächsten Moment auf ihn losgehen würde, also trat er an der Muggellichterkette an der Tür, die für ihn an der ganzen Situation am merkwürdigsten wirkte, vorbei und in die Wohnung. Von seinen Gedanken hatte sich wohl mehr auf seinem Gesicht abgezeichnet als gewünscht, denn Malfoy grinste ein wenig, als er ihn weiter ins Wohnzimmer bat – ein angespanntes Grinsen, aber immerhin. „Meine Mutter hat die Idee von den Nachbarn, und nachdem sie auf Malfoy Manor kaum eine Lichterkette aufhängen kann, wurde mir diese Ehre zuteil.“ Harry musste ein Lachen unterdrücken bei der Vorstellung, dass Narzissa Malfoy Dekoideen mit Malfoys Muggelnachbarn austauschte, aber es gelang ihm, mit einem einigermaßen gefassten Gesichtsausdruck auf dem Sofa Platz zu nehmen. „Kann ich dir etwas anbieten? Tee, Butterbier, Feuerwhiskey, oder etwas anderes?“ Harry zuckte mit den Schultern. „Ich denke, Butterbier ist eine gute Idee.“ Während Malfoy in die Küche verschwand, hatte Harry Gelegenheit, sich in dem Raum umzusehen, der ihm, sehr zu seiner Überraschung, sogar recht gut gefiel. Nichts war hier von der düsteren, staubigen Atmosphäre von Malfoy Manor zu spüren, obwohl London im Dezember nicht gerade der heiterste Ort der Welt war, wirkte die Wohnung hell und freundlich. Die großen Portraits von Ahnen der Familie fehlten ebenso wie die purpurnen Tapeten, nur einige Fotos von Malfoys Eltern standen auf dem Sims des kleinen Kamins, der nicht so aussah, als ob in letzter Zeit ein Feuer in ihm gebrannt hatte. Dass Malfoy selbst in die Küche gegangen war und keinen Hauselfen geschickt hatte, war nur ein weiterer Teil des Puzzles, genauso wie das Sofa, auf dem er saß und das genauso wie der Rest der Einrichtung sehr modern wirkte, nicht so wie die altmodischen Möbel im Salon des Manors oder selbst die gemütlichen Stühle im Gemeinschaftsraum der Gryffindors auf Hogwarts. „Hier.“ Malfoy war mit zwei Flaschen Butterbier zurückgekehrt und reichte eine davon Harry, bevor er sich selbst auf den Sessel auf der anderen Seite des Couchtisches setzte. Sie beide nippten daran, während peinliche Stille sich über den Raum ausbreitete, die Harry allerdings mehr Zeit gab, sein Gegenüber zu mustern. Malfoy war tadellos gekleidet, wie immer, seine Haare gekämmt und seine Wangen frei selbst vom leisesten Schatten eines Bartes. Trotzdem wirkte er... anders, wollte nicht so recht der Erinnerung entsprechen, die Harry an seine Schulzeit hatte und die noch immer jedes Mal in ihm aufstieg, wenn er seinen Namen hörte – arrogant, überheblich, von sich selbst überzeugt. Nein, dieser Draco Malfoy wirkte eher wie der, den er nach der Schlacht von Hogwarts aus dem Augenwinkel beobachtet hatte, wie er mit seinen Eltern an einem der Tische in der Großen Halle saß. Erleichtert, ja, aber auch unsicher und nicht mehr davon überzeugt, mit seinem Namen und seinem guten Aussehen jede Konversation zu bestimmen, jeden Raum zu beherrschen. Während er Malfoy beobachtete, spürte Harry, wie er seinerseits intensiv gemustert wurde, und schließlich seufzte sein Gegenüber hörbar auf und stellte seine Flasche mit einem Klirren auf dem niedrigen Glastisch ab. „Du fragst dich sicher, wieso ich dich eingeladen habe?“ Die Betonung machte aus der Aussage eine Frage, und Harry nickte langsam, nicht sicher, wohin dieses Gespräch führen sollte. „Natürlich tue ich das, Malfoy.“ Es war ihm nicht gelungen, den Sarkasmus ganz aus seiner Stimme zu halten, doch der Slytherin schüttelte nur leicht den Kopf, wie um der Spitze ihre Kraft zu nehmen. „Bitte. Nenn mich doch Draco.“ Nun gelang es Harry nicht mehr, seine Überraschung zu verbergen, doch er zerquetschte sie ebenso schnell wie den Impuls, augenblicklich abzulehnen – wenn Malfoy den ersten Schritt gemacht hatte, dann konnte er ihm genauso gut entgegenkommen. „Wenn du mich Harry nennst … Draco.“ Aus seinem Mund klang der Name ungewohnt, fremd, doch zu seiner Überraschung entlockte er Malfoy damit ein leichtes Lächeln. „Wenn du das möchtest, gerne.“ Er genehmigte sich einen weiteren Schluck Butterbier, vielleicht um Zeit zu schinden, dann lehnte er sich zurück und seufzte auf. „Ich muss gestehen, es war eigentlich die Idee meiner Mutter, dich einzuladen. Sie fand, es wäre noch ein Dank von meiner Seite ausstehend, dafür, dass du mein Leben gerettet hast.“ Malfoys Finger fuhren rastlos durch seine Haare, zerzausten sie, doch nach einer kleinen Pause gelang es ihm, Harry wieder anzublicken. „Ich glaube, ich hätte es trotzdem nicht getan, wenn es da nicht eine Frage gäbe, die mich seit der letzten Schlacht quält und auf die ich keine Antwort finden kann...“ Er schluckte schwer, und irgendwie fiel es Harry nicht schwer, ihm zu glauben. „Warum? Nach allem, was ich getan habe … warum hast du mir das Leben gerettet?“ Für einen Moment fühlte sich Harry überrollt von der Frage und allem, was sie andeutete, dann zuckte er mit den Schultern, gab die erste Antwort, die ihm einfiel. „Weil ich es konnte.“ „Weil du es konntest?“ Malfoy starrte ihn an, während die Sekunden sich dahinzogen, und Harry spürte, wie die Spannung zwischen ihnen einen neuen Höhepunkt erreichte. „Und das alles?“ Mit dem letzten Satz verpuffte die Energie, und Malfoy ließ sich wieder in seinen Sessel zurücksinken, während Harry überlegte, fieberhaft versuchte, sich die kurzen Augenblicke im Raum der Wünsche, die erfüllt gewesen waren von Angst und Feuer und Rauch, noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, obwohl er sie in den letzten Monaten nur hatte verdrängen wollen. „Es stimmt“, antwortete Harry ruhig, er hoffte, dass Malfoy merkte, wie ernst er seine Frage nahm. „Es ging alles so schnell... ich hatte nur Sekunden, um mich zu entscheiden – da war keine Zeit, lange zu überlegen. Und naja... hättest du irgendjemanden, von Voldemort vielleicht abgesehen, in der Hölle zurückgelassen?“ Es war vielleicht das deutlichste Zeichen für den erstaunlichen Wandel, den Draco Malfoy im letzten halben Jahr durchgemacht hatte, dass er auf diese Frage keine Antwort gab, sondern nur mit den Schultern zuckte. „Ich weiß es nicht.“ Harry seufzte und nahm noch einen Schluck von seinem Butterbier. Er hatte das, was er getan hatte, für selbstverständlich gehalten, für etwas, das er tun musste, wenn er wollte, dass er auch am nächsten Tag noch in den Spiegel sehen konnte. Dass Malfoy – aufgewachsen in einer anderen Welt, in der ihm jeder Wunsch von den Augen abgelesen wurde, in der aber Werte genauso gefehlt hatten wie die Art von beständiger Freundschaft, die ihn mit Ron und Hermine verband, das nicht so sehen könnte, dieser Gedanke war ihm gar nicht gekommen. Im Nachhinein war es klar, dass Malfoy alle möglichen anderen, vielleicht finsteren Motive hinter seiner Rettung vermutet hatte, und Harry schämte sich fast, nicht von selbst mit ihm gesprochen zu haben. Fast. „In unserem zweiten oder dritten Schuljahr hätte ich vielleicht gezögert, bevor ich dir geholfen habe“, gab er mit fast schon sanfter Stimme zu und Malfoy, der blicklos auf die zugezogenen Vorhänge gestarrt hatte, zuckte zusammen und starrte ihn an. „Aber damals dachte ein Teil von mir noch, dass Hogwarts die ganze Welt wäre und Hauspunkte und der Quidditch-Pokal die wichtigsten Dinge im Leben, obwohl ich es eigentlich hätte besser wissen müssen.“ Harry seufzte auf und nahm noch einen Schluck Butterbier. „Ja, wir standen auf verschiedenen Seiten. Ja, wir waren Rivalen. Aber auf Malfoy Manor, als es darauf ankam – als wirklich etwas auf dem Spiel stand und nicht nur kleine Steine in großen Gläsern – wolltest du uns helfen. Und das ist es, was wirklich zählt.“ Malfoy schluckte. „Aber ich habe es nicht geschafft.“ „Nein, das hast du nicht.“ Jede Lüge wäre sinnlos gewesen und hätte nur Dobbys Opfer kleiner gemacht, weniger wert. Doch zu Harrys Überraschung reagierte Malfoy nicht wütend oder ablehnend, sondern seufzte nur auf, während er sich aus seinem Sessel erhob und offensichtlich tief in Gedanken zum Fenster hinüber trat. Für einen Moment starrte er auf die schweren, grünen Vorhänge, dann fuhr er sich in einer unbewussten Geste wieder durch die Haare, bevor er schließlich einen Zipfel des Stoffes zur Seite zog und nach draußen auf die Straße blickte. Von fern konnte Harry das Rauschen des Verkehrs und das Hupen der Autos hören, Geräusche, von denen sich sein Verstand noch immer weigerte, sie mit Draco Malfoy zu verbinden – und doch waren sie beide hier, hatten ein für ihre Verhältnisse geradezu friedliches Gespräch geführt. „Weißt du“, klang Malfoys Stimme langsam und nachdenklich vom Fenster her, „eigentlich gefällt es mir hier.“ Er starrte noch immer auf die Straße hinunter und Harry musste sich anstrengen, um seine Worte zu verstehen – was ihren Sinn allerdings nicht klarer machte. „Hier?“, fragte er langsam und sah, wie Malfoy nickte. „In dieser Wohnung – in diesem Haus – in der Muggelwelt.“ Das Eingeständnis klang ruhiger, weniger gepresst, als Harry erwartet hätte, und der Slytherin warf ihm einen kurzen Blick über die Schulter zu, bevor er wieder nach draußen starrte. „In der Zauberwelt, im Ministerium werde ich entweder gehasst für das, was meine Familie – nein, was ich getan habe, oder bewundert. Und ich habe es satt.“ Früher hätte der Gedanke, dass Draco Malfoy Verehrung satt haben könnte, Harry im tiefsten Unglauben zurückgelassen, heute trug er ihn über den grünen Teppich hinweg bis ans Fenster, wo er ebenfalls nach draußen blickte, auf die hell erleuchteten Fenster des Hauses gegenüber, auf die orangen Kugeln der Straßenlaternen, die zu ihnen nach oben strahlten. „Hier bin ich einfach der stille junge Mann aus dem vierten Stock. Ohne dunkle Vergangenheit, ohne einflussreiche Familie, ohne Dunkle Künste.“ Harry fühlte, wie plötzlich Sympathie in ihm aufwallte. Schon oft genug hatte er selbst gewünscht, nicht Harry Potter zu sein, sondern irgendeiner der unzähligen anderen Hogwartsschüler, die mit keinen größeren Sorgen als der Angst vor Professor McGonagalls Unmut belastet waren. Vorsichtig riskierte er einen Blick zur Seite, Malfoys Gesicht wirkte im dumpfen Licht der Straße älter und zerfurchter als nur noch wenige Momente zuvor. Es schien zu jemandem zu gehören, der viel zu viel Zeit auf der Flucht vor seinen Dämonen verbrachte, und nachdem sie lange geschwiegen hatten, seufzte Harry leise. „Funktioniert es?“ Obwohl er kein Wort darüber verloren hatte, schien Draco genau zu wissen, was er meinte. „Manchmal“, antwortete er mit einem kleinen, fast verzweifelt wirkenden Schulterzucken. „Manchmal auch nicht.“ Die Stille, in die sie einen Moment später zurückglitten, fühlte sich fast kameradschaftlich an, und als eine blasse Hand sich auf seine Schulter schob und vorsichtig zudrückte, wusste er, dass er mit diesem Gefühl nicht alleine war. Kapitel 9: Kanarienkrem ----------------------- Pairing: Hermine Granger/Ginny Weasley gewünscht von Ennairam und derkleineweißeball Kanarienkrem Hermine beobachtete abwesend, wie einer der Gartengnome der Weasleys durch den tiefen Schnee zu seinem Loch stapfte, schwer beladen mit etwas, das aussah wie eine sehr zerquetschte Kanarienkremschnitte, als die Tür sich hinter ihr öffnete und schloss und Ginny eintrat. „Das ist so lächerlich“, schnaubte ihre Freundin, schon nicht mehr wütend, sondern eher frustiert und resigniert, was Hermine ihr ohne Weiteres nachfühlen konnte. „Mum hat mich im Bademantel auf dem Weg hierher gesehen – im Bademantel – und mich gefragt, ob ich Harry hier und jetzt auf dem Flur verführen möchte.“ Hermine wandte sich um und verdrehte die Augen. Seit der Schlacht um Hogwarts waren Ginny und sie nun mit Harry und Ron zusammen, und Mrs Weasley bestand nun, zu Weihnachten, noch immer darauf, dass sie in einem Jungenzimmer und einem Mädchenzimmer schliefen. Obwohl sie alle volljährig waren. Obwohl zwei von ihnen das letzte halbe Jahr damit verbracht hatten, Todesserverstecke auszuräuchern und in Prozessen vor dem Zaubergamot auszusagen. Und – in Hermines Augen am lächerlichsten von allen – obwohl sie fast ein ganzes Jahr mit Ron und Harry gemeinsam in einem Zelt geschlafen hatte, und das ohne aufmerksame elterliche Überwachung. „Du weißt, dass sie es nur gut meint“, versuchte sie beschwichtigend zu erklären, obwohl sie selbst nicht ganz bei der Sache war und eine gewisse Frustration empfand. Sie sah Ron ohnehin viel zu selten, und jetzt konnte sie in den Weihnachtsferien nicht einmal jeden möglichen Augenblick mit ihm verbringen, weil seine Mutter sie mit Argusaugen beobachtete. Manchmal war sie kurz davor, zu ihren Eltern nach Hause zu fahren und Ron einfach mitzunehmen. Ginny schnaubte und begann, ihr nasses, rotes Haar aus seinem Turban zu befreien und es vielleicht heftiger als wirklich nötig abzutrocknen. „Wenn ich einen von diesen Bademänteln hätte, die Lavender ab und zu im Gemeinschaftsraum vorgeführt hat – du weißt schon, diese Seidentaschentücher – dann würde ich Mum ja verstehen... aber so?“ Selbst wenn Hermine den Wunsch gehabt hätte, diese Tatsache zu bestreiten – was sie im Angesicht von Ginnys schlechter Laune sicherlich nicht wollte – war besagter Bademantel sehr lang, sehr warm und sehr flauschig, wie Hermine aus eigener Erfahrung wusste – aber sicherlich nichts, das sie mit dem Wort erotisch in Verbindung gebracht hätte. Während sich Hermine den Kopf zerbrach, was sie – außer diffusen zustimmenden Geräuschen, natürlich – darauf sagen sollte, das ihrer Gastgeberin gegenüber nicht äußerst unfreundlich wäre, warf Ginny ihren Bademantel achtlos ab und Hermine keuchte auf. Nicht, weil ihre Freundin plötzlich in Unterwäsche vor ihr stand – sie hatten oft genug zusammen in diesem Zimmer übernachtet, um diesen Anblick nicht sehr überraschend zu machen – sondern wegen des großen, bläulich-violett verfärbten Blutergusses an ihrer Schulter. „Was hast du gemacht!“, rief sie aus und stürzte auf sie zu, was Ginny erst dazu brachte, aufzublicken und sie für einen Moment irritiert anzusehen, bevor schließlich der Groschen fiel und ihre Finger vorsichtig über ihre Wunde wanderten. „Oh... das.“ Für einen Moment wirkte Ginny in ihrer Verlegenheit fast ein wenig wie Ron, dann zuckte sie mit den Schultern, so als ob sie das Gefühl ebenso abstreifen wollte wie ihren Bademantel. „Klatscher im Quidditchtraining“, erklärte sie kurzangebunden und Hermine seufzte. „Warum bist du nicht in den Krankenflügel gegangen?“ „Als wir noch in Hogwarts waren, war es nicht so schlimm... aber während der Fahrt tat es dann mehr und mehr weh, wahrscheinlich, weil der Zug so geruckelt hat.“ „Und warum hast du nicht deine Mutter gefragt? Sie kann blaue Flecken doch ohne Probleme heilen!“ An dieser Stelle ließ sich Ginny zu einem Schnauben hinreißen, während sie sich wieder in ihren Bademantel wickelte und sich auf das Bett fallen ließ – und dabei vor Schmerz zusammenzuckte. „Mum? Das ist nicht dein Ernst, oder? So, wie sie sich im Moment benimmt, hätte sie mich wahrscheinlich gefragt, ob Harry mich verprügelt, oder mir verboten, jemals wieder Quidditch zu spielen!“ Hermine seufzte und nahm neben ihrer Freundin auf dem Bett Platz. So undankbar es sich Mrs Weasley gegenüber auch anfühlte, so zu denken, aber Ginnys Einschätzung war wahrscheinlich richtig. Mrs Weasley hatte ganz offensichtlich große Probleme damit, dass auch ihr Nesthäkchen nun erwachsen wurde und sein eigenes Leben leben wollte, und bei einer so starken Persönlichkeit wie Ginny waren in dieser Situation Probleme vorprogrammiert. Hermine seufzte. „Du weißt, dass das ziemlich dämlich ist? Und dass ich dir eigentlich eine Ganzkörperklammer auf den Hals hetzen und dich dann zu deiner Mutter schleifen sollte?“ Ihre Worte klangen zu resigniert, um eine wirkliche Spitze zu enthalten, und Ginny schaffte es sogar, ein kleines Lächeln auf ihre Lippen zu zaubern. „Ja.“ Sie klang unangemessen fröhlich, während sie das zugab, und Hermine seufzte abermals, bevor sie ihren Zauberstab zog. „Accio Perlenhandtasche!“ Ihr kleiner Begleiter flog aus ihrem Hogwartskoffer auf sie zu, während Ginnys Augen sich überrascht weiteten, und landete sicher in ihrer Hand, bevor sie den silbernen Verschluss öffnete und mit einem weiteren Accio einen kleinen Cremetiegel aus seinen Tiefen zum Vorschein brachte. „Du hast sie noch immer? Mit Inhalt?“ Hermine zuckte mit den Schultern, während sie das kleine Glasgefäß aufschraubte und prüfend an seinem Inhalt roch. „Gewohnheit“, antwortete sie und wusste doch, dass es eine Lüge war, dass der Krieg Narben hinterlassen hatte, die tiefer reichten als zu einem albernen Tick und dass die kleine, perlenbesetzte Handtasche ihr Sicherheit verlieh, auch wenn sie das niemals zugegeben hätte. Zwar blickte Ginny zweifelnd drein, allerdings sagte sie nichts, fragte nicht, und Hermine war ihr dankbar dafür, so wie Ginny dankbar war, geweckt zu werden, wenn sie nachts wieder tränenüberströmt nach Harry rief. Für einen Moment saßen sie nebeneinander auf dem Bett, jede von ihnen in ihre eigenen Gedanken versunken, bevor Ginny schließlich auf den noch immer geöffneten Tiegel deutete, der schlaff und fast vergessen in Hermines Händen lag. „Ist sie noch gut?“ Sie zuckte zusammen, als sie so plötzlich aus ihren Gedanken gerissen wurde, doch nach einem Moment, den sie brauchte, um wieder in die Gegenwart zurückzufinden und zu verstehen, was Ginny meinte, nickte sie langsam. „Ja. Ich denke schon.“ Ohne ein weiteres Wort zog Ginny den Stoff ihres Bademantels von ihrer Schulter, und jetzt, wo Hermine wusste, worauf sie achten musste, bemerkte sie das leichte Verziehen des Gesichtes, die Art, wie ihre Bewegung schwerfälliger wirkte als gewohnt, und fragte sich, wieso ihr das nicht früher aufgefallen war. „Sag mir, wenn es zu sehr wehtut“, wisperte sie fast sanft und Ginny nickte mit einem dankbaren Lächeln, bevor Hermine begann, ihr Schlüsselbein abzutasten. Vorsichtig fuhren ihre Finger über die zerschrammte Haut, bemüht, nicht zu fest zu drücken, und doch konnte sie nicht verhindern, dass ihrer Freundin der eine oder andere Schmerzenslaut entwich. Erst als sie die gesamte Länge des Knochens entlanggewandert war, seufzte sie erleichtert auf und griff nach dem Tiegel, den sie auf ihrem Schoß abgestellt hatte. „Der Knochen fühlt sich heil an.“ „Oh, wunderbar!“ Der Sarkasmus in Ginnys Stimme zeigte ihr, wie sehr ihre Untersuchung eigentlich geschmerzt haben musste, und sie verbiss sich jeden Kommentar, der die Worte Krankenflügel und Madame Pomfrey enthalten hätte. Es hätte ohnehin nichts geändert, nur Streit provoziert, und den wollte sie im Moment am wenigsten. Anstatt einer Antwort nahm sie einen Finger voll Creme und begann, sie vorsichtig auf der wütenden, blau-violetten Schwellung zu verteilen, die einmal Ginnys Schulter gewesen war. Ihre Finger wanderten zuerst leicht über die nur geröteten Stellen an ihrem Oberarm und ihrem Rückenansatz, dann suchten sie sich ihren Weg tiefer über die schon ein wenig verheilten Bereiche am Rand der Prellung, die in allen Nuancen von Gelb und Grün schimmerten, bis in die Mitte der Verletzung, zu Stellen, an denen Hermine fast spüren konnte, wie sehr jede stärkere Berührung Ginny wehtun würde. Obwohl sie sich große Mühe gab, so vorsichtig wie möglich zu sein, zuckte Ginny schließlich zusammen, als sie die feurig purpurnen Spuren an ihrem Schlüsselbein erreichte, dort, wo der Klatscher den Knochen getroffen hatte. Hermine hielt inne, strich vorsichtig über die unverletzte Haut an Ginnys Rücken, bis sich die verspannten Muskeln unter ihren Fingern wieder lockerten, bevor sie weitermachte. Ginnys Haut glühte und fast meinte sie, ein Pochen zu spüren, von dem sie nicht wusste, ob es von ihrer Freundin kam oder von ihrem eigenen Puls in ihren Fingerspitzen. Auch die Hitze schien sich zu ihr auszubreiten, sich ihren Platz in ihrem Kopf zu erobern, doch sie achtete nicht darauf, ließ ihre Finger weiter über die Verletzung wandern, bedeckte jeden einzelnen Zentimeter davon mit Salbe, auch die Stellen, die sich von Ginnys Schulter bis auf ihre Brust hinabzogen. Ginny gab einen kleinen, zufriedenen Laut von sich, der Hermine in ihrem Eifer nur noch bestärkte, und erst als sie die am übelsten aussehenden Prellungen eingecremt hatte, erlaubte sie es sich, inne zu halten und einen vorsichtigen Blick auf den noch verbleibenden Inhalt des Glases zu werfen. Ihre Vorräte gingen zwar langsam zur Neige, aber sie wollte ganz sicher gehen – einige Stellen an Ginnys Schulter sahen zwar nicht besonders schwer geprellt aus, aber immer noch ein wenig geschunden. Wortlos tanzten ihre Finger weiter, Ginnys Haut fühlte sich samtig und weich an unter ihren Fingern, nicht so zerschrammt wie die Partien, die sie eben eingecremt hatte, und auch nicht so heiß. Im Gegenteil, sie spürte, wie sich eine leichte Gänsehaut ausbreitete, wie sich die feinen Härchen in Ginnys Nacken aufstellten, und instinktiv wanderten ihre Augen zu ihrem Gesicht, ein wenig überrascht, ein wenig verwundert, bis sich ihre Blicke trafen. Für einen Moment spiegelte sich ihre Überraschung in der anderen, bis die Erkenntnis durch Hermine rauschte wie heißes Wasser, ihren Magen in flüssiges Blei verwandelte, und ein Funkeln in den braunen Tiefen von Ginnys Augen zeigte ihr, dass es ihr genauso ging – sie mochte, was sie tat, und nicht, weil sie damit einer Freundin helfen konnte, sondern weil... Ein lauter Knall aus dem Garten ließ sie beide zusammenzucken und bevor Hermine wusste, was sie tat, war sie ans Fenster gestürzt, spähte vorsichtig und angespannt über den Rahmen nach draußen, bevor Erleichterung sie durchflutete und sie auflachte. „Was ist?“, fragte Ginny langsam, doch Hermine bedeutete ihr nur, neben sie zu treten, was sie mit einem Kichern auch tat. Lachend beobachteten sie, wie der Gartengnom durch den Schnee hetzte und gelbe Federn hinterließ, bevor er sich schließlich von einem Kanarienvogel wieder in seine wirkliche, hässliche Gestalt zurückverwandelte und Ginny kicherte. „Das ist wirklich keine Verbesserung!“ Hermine nickte nur ob der Doppeldeutigkeit ihrer Aussage und blickte wieder nach draußen, nun nachdenklich geworden. Kapitel 10: Im finsteren Tal ---------------------------- @LittleJojox: Ja, Draco in der Muggelwelt ist wirklich eine sehr interessante Vorstellung, und er und Harry sind vielleicht die zwei Charaktere, deren Verhältnis sich während der Bücher am meisten ändert, bis zur letzten Szene am Bahnsteig die im ersten Band unvorstellbar gewesen wäre :) Und für Draco-Fans kommt hier der nächste interessante One-Shot :) *** Pairing: Draco Malfoy/Luna Lovegood gewünscht von DasWindspiel 10. Im finsteren Tal Er war alleine. Es war Weihnachten, er war alleine, und sein kleiner Sieg schmeckte schal und bitter auf seiner Zunge, nicht so triumphal, wie er es sich erhofft hatte. Malfoy Manor war so leer, wie er sich seit Wochen, nein, Monaten fühlte, kein Dunkler Lord, der am Kopfende des Tisches im Salon saß, so als ob ihm das ganze Haus gehören würde, keine Todesser hinter jeder Tür, hinter jeder Statue, selbst in den abgelegensten Winkeln des Gartens, in denen er sich als Kind immer versteckt hatte. Auch seine Tante Bellatrix war nirgends zu sehen, bereit, auf das kleinste Zucken des schlangengleichen Gesichtes hin den Willen ihres Meisters zu erfüllen, oder sein Vater, blass und nur noch ein Schatten des Mannes, an den sich Draco noch aus seiner Kindheit erinnerte. Sie alle waren nicht hier, streiften stattdessen durch die Welt der Muggel, um unsichtbare Angst und formlosen Schrecken zu verbreiten an einem Abend, der eigentlich glücklich und fröhlich sein sollte, voller roter Wangen und leuchtender Kinderaugen und Geruch nach Bratäpfeln und Keksen. Und Draco war hier, um die beiden Gefangenen zu bewachen, einen alten, hilflosen Mann und ein junges Mädchen, dessen Entführung er, wenn schon nicht ausgeführt, dann doch zumindest geplant hatte. Es sollte eine Strafe sein, das wusste er, denn wer würde zu Hause bleiben wollen für eine langweilige, aber dennoch notwendige Aufgabe, wo dort draußen doch so viele Opfer warteten, die man foltern, quälen, töten konnte? Aber manchmal waren Strafen das beste, was man bekommen konnte, und wenn Draco auch keine Ausrede eingefallen war, um in Hogwarts zu bleiben – denn selbst die Hölle, die das Schloss seit einem Jahr für ihn war, war besser, als zu sehen, wie Malfoy Manor dem Dunklen Lord praktisch gehörte – so konnte er doch hier zurückgelassen werden. Ein kleiner Hinweis an seine Tante hier, eine Bemerkung da, wie gerne er doch Muggel jagen würde, und sie hatte ihm befohlen, hierzubleiben, vorauseilender Gehorsam gegenüber den Wünsche ihres Herrn. Der Dunkle Lord wollte die Malfoys für ihr Versagen bestrafen, für seines und für das seines Vaters, und Bellatrix führte seinen Willen aus, denn was konnte wichtiger sein? Doch keine Prinzipien, keine Loyalität zu ihrer Familie, zu ihrem eigenen Blut. Nur sich selbst bestrafte sie nicht, ihre Interpretation seines Willens war makellos, sie würde ihn nie enttäuschen. Manchmal kostete es Draco all seine Selbstbeherrschung, um die Verachtung aus seinem Blick fern zu halten, und er war froh, dass er einen so großen Teil des Jahres in Hogwarts verbrachte. Doch in sechs Monaten würde ihm auch dieser letzte Fluchtweg verwehrt sein, denn dann hätte er sein siebtes Jahr beendet, wäre für immer gefangen in Malfoy Manor unter dem Dunklen Lord anstatt in Hogwarts unter Severus Snape. Und er wusste genau, welche der beiden Möglichkeiten er bevorzugte. Manchmal, in den Momenten, in denen er glaubte, wahnsinnig werden zu müssen unter all der Angst und all dem Druck und all der Verzweiflung, hatte er überlegt, Snape nach einer Lehrerstelle zu fragen, ihn zu bitten, ihn anzuflehen, ihm zu helfen, ihn aus dem Alptraum zu retten, in den sich sein Zuhause verwandelt hatte. Aber die Idee starb immer ebenso schnell, wie seine Vernunft zurückkehrte. Snape war loyal. Der Dunkle Lord vertraute Snape. Dumbledore war tot und der Unbrechbare Schwur aufgehoben. Es gab nichts, das Snape an ihn band, nichts außer einem Gefühl der Zusammengehörigkeit nach sechseinhalb Jahren als sein Schüler, das Draco sich vielleicht auch nur einbildete. Und wenn er in seiner Einschätzung falsch lag, würde nicht nur er leiden, sondern auch seine Familie – und seine Mutter hatte schon genug gelitten in den letzten Monaten und Jahren. Die Tränen kamen plötzlich, wie immer in diesen seltenen Momenten, in denen er sich gestattete, zu fühlen und nicht nur zu funktionieren, um nicht irgendwann den Verstand zu verlieren wegen all der angestauten Emotionen, und doch konnte er sich nicht fallen lassen. Selbst während sein Körper zitterte und bebte, während er sich auf sein Bett warf und in sein Kissen schluchzte, war da doch dieser eine Teil seiner selbst, abgeschottet und distanziert vom schreienden, brüllenden Rest, der nach draußen lauschte, nach lauten, groben Stimmen, nach den Geräuschen ankommender Todesser, die ihm sagen würden, dass er seine Maske wieder anlegen musste. Doch nichts geschah während der langen Minuten – Stunden? Tage? - in denen er weinte, und schließlich verebbten die Tränen und er fühlte sich, obwohl ausgelaugt und erschöpft und noch immer verzweifelt, ein wenig ruhiger, ein wenig... reiner als zuvor. „Master Draco?“, fragte eine leise, piepsige Stimme neben ihm und er blickte langsam auf, betrachtete die kleine Hauselfe mit den großen Ohren und der zierlichen Nase neben ihm, die sich, schon seit er sich erinnern konnte, um ihn und um sein Zimmer kümmerte. „Billy?“ Seine Stimme klang rau, krächzend, und er rollte sich langsam auf den Rücken, starrte für einen Moment die hohe, bemalte Decke an, bevor er den Tee auf seinem Nachttisch roch und sich langsam aufrichtete. „Ja, Master Draco?“ Sie klang eifrig, nicht so eingeschüchtert und ängstlich wie noch am Morgen, und er realisierte, dass nicht nur er diese Pause gebraucht hatte. Und dann traf ihn die Erkenntnis. „Billy?“, fragte er erneut, leise, während er nach der Tasse griff und einen kurzen, vorsichtigen Schluck Tee nahm, auch wenn er schon lange nicht mehr glaubte, dass das irgendwelche Probleme lösen würde. „Könntest du mir Sandwiches bringen und Tee und vielleicht ein paar Kekse dazu? Für zwei“, fügte er leise hinzu, und die Hauselfe sah ihn aus großen, ängstlichen Augen an, während er hoffte, betete, ihre Loyalität nicht falsch eingeschätzt zu haben. Für einen Moment zitterten ihre großen, ausdrucksstarken Ohren wie Laub im Wind, bis sie begriff, doch ihrem leisen Keuchen folgte ein heftiges, entschlossenes Nicken. „Ja, Master Draco.“ Sie zögerte nur einen Augenblick, bevor sie mit Angst in ihrer Stimme fragte: „Soll ich... soll ich das Tablett nach... nach unten bringen?“ Ihre Stimme schrie, dass sie ihn verstanden hatte, und Draco nickte langsam. „Aber achte darauf, ob jemand kommt.“ Wie traurig war es, dass er nicht mehr sagen musste? Die Hauselfe nickte erneut und verschwand mit einem Krachen, und Draco seufzte auf, nahm noch einen Schluck Tee, um seine trockenen Lippen zu befeuchten, bevor er seinen Zauberstab zückte und mit einer kurzen Bewegung die Spuren seiner Tränen verschwinden ließ – ein Spruch, den er schon früh gelernt hatte. Ein Malfoy weinte nicht – und vielleicht glaubte sein Vater das ja sogar selbst. Mit dem bitteren Gedanken im Kopf trugen ihn seine langsamen Schritte aus seinem Zimmer, die Treppen hinunter bis in den dunklen, kalten Korridor mit der groben Holztür, hinter der er zwei verzweifelte Seelen eingesperrt hatte. „Wer schweigt, stimmt zu“, hatte sein Vater immer gesagt, wenn seine Mutter ihn wieder einmal gebeten hatte, angefleht hatte, seine Ansichten nicht in der Öffentlichkeit zu vertreten, damals, als sie noch nicht wieder in Mode waren nach dem ersten Krieg, und Draco glaubte, dass dieser Satz stimmte. Doch wenn er das glaubte, machte er sich automatisch mitschuldig – er könnte fliehen, könnte den beiden zur Freiheit verhelfen, und doch glaubte er, dass der Schmerz, den die Konsequenzen mit sich bringen würden, schwerer wogen als die Schuld, die er durch seine Untätigkeit auf sich lud. Für seinen Verrat würde seine Familie sterben, und auch wenn sein Vater sich selbst in Gefahr begeben hatte, so hatte seine Mutter doch niemals das Dunkle Mal angenommen, sondern war durch die Entscheidungen ihrer Familie in diese Situation gekommen. Sie war auf eine kranke, verdrehte Art und Weise unschuldig, oder zumindest so unschuldig, wie jemand, der täglich Folter und Morde mitansah und nichts dagegen tat, sein konnte, und er wollte nicht, dass sie für seinen Verrat bestraft wurde. Auch wenn der Preis dafür seine Seele war. „Master Draco!“ Mit einem leisen Ploppen war Billy neben ihm aufgetaucht, auf ihren schmalen, knotigen Fingern balancierte sie ein großes Silbertablett, auf dem er eine Teekanne und zwei Tassen und einen Teller mit Weihnachtskeksen erkennen konnte, aber auch einige der kleinen, leichten Lunchpakete, die er als kleiner Junge immer bekommen hatte, wenn er den ganzen Tag draußen spielen wollte und die mehr enthielten, als ihre geringe Größe andeuteten. Für einen Moment brannten seine Augen mit den unterdrückten, glücklichen Erinnerungen seiner Kindheit, dann drängte er das Gefühl zurück in seinen Schrank und verschloss ihn mit einem Krachen. „Danke, Billy. Und ich verbiete dir, mit jemandem – irgendjemandem, selbst meiner Mutter oder meinem Vater – darüber zu sprechen, was hier heute passiert ist.“ Die kleine Hauselfe nickte. „Danke, Master Draco.“ Sein Befehl würde sie schützen, denn so konnte sie nicht verraten, was sie getan hatte, und dafür auch nicht bestraft werden. „Warne mich, wenn jemand kommt.“ „Ja, Master Draco!“ Mit einem erneuten Ploppen verschwand sie und er nahm einen tiefen Atemzug, stählte sich für Vorwürfe, für Schreie, für körperliche Angriffe, bevor er langsam die Tür öffnete und in den Kellerraum trat, in dem sein Vater früher seine schwarzmagischen Artefakte versteckt hatte. „Hallo Draco.“ Luna Lovegood starrte ihm aus dem Halbdunkel entgegen, ihre großen, silbergrauen Augen vollkommen ruhig und ihr Gesicht gefasst, und er fragte sich, ob sie jetzt vollkommen den Verstand verloren hatte oder ob ihr eigener Wahnsinn sie gerade davor bewahrt hatte. „Erm... Hallo.“ Egal, wie er sich diese Situation, diesen Moment vorgestellt hatte, das war nicht, was er erwartet hatte, und ihre Ruhe brachte ihn aus dem Konzept, irritierte ihn. Seine Überraschung musste sich auf seinem Gesicht oder in seiner Körperhaltung abgezeichnet haben, denn sie zuckte mit den Schultern, sodass ihre Radieschenohrringe baumelten. „Ich habe gewusst, dass du kommst.“ Sie klang vollkommen ruhig, vollkommen sicher, auf jene Art, die normalerweise Betrunkene oder Verrückte auszeichnete und um sich Zeit zu kaufen schwang er seinen Zauberstab, beschwor einige Kerzen herauf, die unter der niedrigen Decke schwebten und ihr flackerndes Licht in dem kalten, schmutzigen, nassen Kellerraum verstreuten. „Hast du?“, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen und wollte sarkastisch klingen, schaffte es aber nur bis zu resigniert und müde. Sie nickte und strich sich eine Strähne schmutzigen, zerzausten blonden Haares hinter ihr Ohr. „Ja. Das ist doch dein Haus, oder?“ Er nickte langsam und machte vorsichtig einen Schritt weiter nach drinnen und noch einen, während das Tablett hinter ihm herschwebte. „Ja.“ „Also ist es doch logisch, dass du irgendwann hierherkommen würdest.“ Ihre Gewissheit hatte nicht nachgelassen und verwirrte ihn noch mehr in einer Welt, in der nichts schwarz und weiß war, sondern alles nur grau und dunkel. „Und du bist nicht wie die Männer, die mich hierhergebracht haben, also war es logisch, dass du alleine kommst – weil du dann nett sein kannst.“ Er starrte sie an und sie starrte hinauf zu ihm, mit diesen hervorstehenden, hellen Augen, die ihn anleuchteten wie die Christbaumkugeln, die in diesem Jahr nicht auf Malfoy Manor hingen, und plötzlich war er froh, dass selbst seine Tante Bellatrix das Konzept der Geisel so gut verstanden hatte, dass Luna nicht allzu viel passieren würde. „Du denkst, dass ich nett bin?“ Sie schüttelte den Kopf, noch immer auf dem kalten, schmutzigen Boden sitzend, und er machte den letzten Schritt auf sie zu, ließ sich vor ihr auf die Knie sinken. „Dass du nett sein kannst. Du bist nicht immer nett.“ Selbst mit dieser Einschränkung fühlten ihre Worte sich an wie eine Auszeichnung und mit einem Mal hatte er einen Kloß im Hals, wollte sie nehmen und mit ihr apparieren und alles hinter sich zurücklassen – aber nur für einen Moment. Danach kehrte die Realität zurück, und mit ihr ein merkwürdiges Widerstreben, zu tun, wofür er hierher gekommen war. Weil es bestätigen würde, was sie sagte, oder weil alles, was er danach tun würde, beweisen würde, dass sie Unrecht hatte, er wusste es nicht. „Ich bin nie nett.“ Er wollte kalt klingen und wieder klang seine Stimme selbst in seinen eigenen Ohren resigniert. „Vielleicht. Aber du bist auch nicht immer gemein. Manchmal bist du auch einfach nur einsam.“ Mit einem Mal wirkten ihre Augen nicht mehr lächerlich, sondern mindestens genauso scharfsichtig wie Snapes, und er fühlte sich nackt unter ihrem Blick. „Und du warst nie gemein zu mir, weil ich Loony Lovegood bin. Du warst gemein, weil ich eine Ravenclaw war, weil ich in Dumbledores Armee war, weil ich gegen die Todesser gekämpft habe. Das macht dich vielleicht nicht nett, aber sehr viel weniger scheinheilig als sehr viele andere.“ Er blickte sich in dem kahlen Raum um, nur um sie nicht ansehen zu müssen, um ihrem Blick auszuweichen, und erst jetzt entdeckte er den alten Mann, der in einer Ecke lag, den Wasserkrug neben sich, den Kopf auf seine Arme gebettet und mit Lunas Hogwartsumhang zugedeckt. „Lass ihn schlafen“, sagte sie nur leise. „Er schläft viel zu selten.“ Draco verstand, was sie meinte, und dachte, dass er wahrscheinlich auch Albträume hätte, wenn der Dunkle Lord ihn gefoltert hätte, bevor er mit einer leisen, zaghaften Geste das Tablett nach vorne schob. „Für dich. Für euch“, meinte er sanft und glaubte, seine Stimme würde brechen unter dem ungewohnten Tonfall, doch Luna nickte nur und lächelte – ohne Überheblichkeit, ohne Ich-habs-doch-gesagt in ihrem Blick. „Danke.“ Er beobachtete aufmerksam, wie sie sich Tee einschenkte und bedächtig nach einem Keks griff, ohne ein Anzeichen des Hungers, den sie spüren musste, so als ob sie sich gerade in einem Café getroffen hätten, in einer anderen Welt, in einer anderen Zeit, und nicht auf dem kalten, schmutzigen Boden eines Kellers hocken würden, an dessen Wänden das Wasser entlangrieselte. Sie wirkte ruhig, so wie sie da saß, und zufrieden, auf eine merkwürdige Art und Weise, die er nicht einmal in den Momenten seines Lebens verstanden hatte, als er gedacht hatte, alles zu haben, das es auf dieser Welt gab – gutes Aussehen, Reichtum, jedes Geschenk, das er sich nur wünschen konnte. Vielleicht war es das, was sie so merkwürdig wirken ließ – diese Sicherheit, dass sie die Welt kannte, dass alle anderen falsch lagen, wenn sie sie verrückt nannten, vielleicht war es das, was sie von anderen jungen Menschen unterschied. Er hatte den Gedanken gerade zu Ende gedacht, als sie sich in seine Arme stürzte und begann, gegen seine Schulter zu schluchzen. Er war über Überraschung hinaus – er hatte so oft gedacht, dass es keine schlimmere Grausamkeit geben konnte, und war jedes Mal von neuem eines Besseren belehrt worden, hatte so oft gedacht, dass er nicht mehr ertragen konnte – und das weinende Mädchen in seinen Armen war auf absurde, kranke Art beruhigend für ihn. Es war, was er erwartet hatte, als er hierhergekommen war, und es war jemand, der keine Angst davor hatte, ihn zu berühren, jemand, der sich weich und warm und lebendig anfühlte, dessen Atem er auf der Haut seines Nackens spüren konnte als Beweis dafür, dass er nicht tot war. Dass er noch immer atmete. Dass er noch immer fühlte. Und dass er nicht alleine war mit seiner Qual, auch wenn sie das – zumindest hoffte er das – nicht wissen konnte. Unsicher tätschelte er ihren Rücken, streichelte über ihr verfilztes Haar, murmelte nichtssagende, beruhigende, sanfte Lügen in ihr Ohr – Lügen darüber, dass alles gut werden würde, dass man sie von hier wegholen würde, dass sie ihren Vater wieder sehen würde – und vergaß die Zeit, vergaß seine schmerzenden Knie, vergaß, dass er eigentlich Angst haben müsste, entdeckt zu werden, bis er schließlich bemerkte, dass ihr Atem ruhiger ging, dass ihre Schultern nicht mehr unter seinen Fingern zuckten, dass die Tränen an seinem Hals nachgelassen hatten. Vorsichtig bewegte er sich unter ihr, um sie nicht zu wecken, und wirklich, sie murmelte nur etwas an seinem Hals, das ein Dank sein konnte oder auch nicht, bevor er sie so zart und bequem auf dem harten Steinboden ablegte, wie er es nur vermochte. Sie hatte zwar alle Kekse gegessen, doch die Lunchpakete lagen noch immer unangetastet auf dem Tablett und er schob sie in die Tasche ihrer dicken Wolljacke – sie würde Bescheid wissen und sie teilen, dessen war er sich sicher. Fast scheu warf er noch einen Blick auf sie, sie sah unschuldig aus und sehr verletzlich mit ihren geschlossenen Augen und etwas krampfte sich in seiner Brust zusammen, als er daran dachte, dass sie sich in seinen Armen sicher genug, geborgen genug gefühlt hatte, um einzuschlafen. Er wollte sich schon erheben, war sich sicher, dass die Todesser bald zurückkommen würden, und doch nahm er sich diesen einen Moment, um ihr Bild in seinen Gedanken einzubrennen, bevor er ihr aus einem dummen Gryffindorimpuls, von dem dachte, dass er schon längst gestorben wäre, einen vorsichtigen Kuss auf die Stirn hauchte. Für einen Moment bewegte er sich nicht, saugte das Gefühl seiner Lippen auf ihrer Haut auf, bevor er sich erhob, mit einer Bewegung seines Zauberstabes die Kerzen und das Tablett verschwinden ließ und leise die Tür hinter sich schloss. Kapitel 11: Von Löwen und Schlangen ----------------------------------- Pairing: Theodore Nott/Dean Thomas gewünscht von Kijadra 11. Von Löwen und Schlangen Er hatte keine Angst mehr, schon lange nicht. Angst, erwischt zu werden, Angst, dass er nicht auftauchen würde, Angst, dass sein Vater davon erfahren könnte. Oder zumindest versuchte er, sich das einzureden. Der kleine Knoten in seine Magen, die Art, wie er sich am Zusammenzucken hindern musste bei jedem unerwarteten Geräusch, das war keine Angst – das war nur wohlbedachte Vorsicht im Angesicht von gravierenden Risiken. Und der Verlust von Hauspunkten für Slytherin war nur das geringste davon. Wobei... wenn er es richtig einrichtete... Nein. Er schob den Gedanken zur Seite, bevor er noch richtig Form angenommen hatte und duckte sich hinter eine mit Stechpalmen behangene Rüstung, um den Korridor entlangzuspähen. Dean vertraute ihm, und er würde dieses Vertrauen, das er sich so hart hatte erarbeiten müssen, nicht wegwerfen, nicht für dreißig Punkte Abzug für Gryffindor – das war es nicht wert. Vor allem weil das, was sie hatten – was auch immer es war – im selben Moment sterben würde wie Deans Glaube an seine Ehrlichkeit. Der Korridor, der zum Gryffindorturm hinaufführte, war verlassen, lag vergraben unter dieser merkwürdig dichten Art von Stille, die nur der Schnee und die Kälte draußen zu erzeugen vermochten, so als ob jedes Geräusch ersticken würde unter der weißen Pracht. Wie weit entfernt spürte er, wie sich sein Magen noch enger zusammenzog, während sein Atem wie Nebel vor seinem Gesicht schwebte. Was, wenn Dean nicht kam? Was, wenn er dieselbe Idee gehabt hatte wie er und Filch im nächsten Moment hinter ihm stehen würde, seine schwere, schmutzige Hand auf seiner Schulter? „Theo!“ Eine Stimme in seinem Rücken – die richtige Stimme, und er stieß den Atem, von dem er nicht gewusst hatte, dass er ihn angehalten hatte, mit einem Zischen aus, das fast zu laut war für die gefrorene Stille des Korridors. „Dean.“ Er antwortete ruhiger, gemessener – er war keiner von diesen lauten, enthusiastischen Gryffindors, die ihr Herz auf der Zunge trugen, obwohl er manchmal kein Problem damit hatte, mit einem von ihnen zusammen zu sein. Besonders in Nächten wie dieser. Er wandte sich um, ein kurzer Blick, ein gemessenes Nicken und sie verschwanden gemeinsam in die andere Richtung, Dean ein wenig nervös, er selbstbewusster, so als ob er jedes Recht hätte, in diesem Moment in diesem Korridor zu sein, bis sie schließlich hinter einem Wandteppich verschwinden konnten, der ihnen ein wenig Schutz bot und ihre Stimmen dämpfte. „Peeves wirft gerade Stinkbomben auf die Statue von Godric Gryffindor – deswegen der Umweg“, erklärte Dean fast ein wenig rechtfertigend und Theo konnte den Anflug eines Kicherns nicht unterdrücken – Slytherin blieb eben Slytherin. „Wohin gehen wir?“, fragte er leise, nachdem sie für einen Moment gemeinsam auf ein leises Kratzen im Korridor gelauscht hatten, das vielleicht von den Schritten eines Lehrers stammte oder auch nicht und in ihm den Wunsch weckte, an einen geschützteren Platz zu gelangen. Dean zuckte mit den Schultern. „Wir könnten in die Küche gehen, oder wieder nachsehen, ob der Raum der Wünsche frei ist, oder ins Badezimmer der Vertrauensschüler.“ Deans Teint verbarg es meist gut, doch mittlerweile konnte Theo erkennen, wann er errötete, und dies war einer der Augenblicke – und zu seiner eigenen Überraschung hatte er Mitleid mit ihm. Wenn auch nur ein bisschen. „Besser in den Raum der Wünsche“, erklärte er flüsternd und grinste leicht. „Ich meine, stell dir vor wir würden Draco begegnen...“ Der Gedanke war witzig, zumindest, wenn man nur an das überraschte Gesicht dachte, das Malfoy machen würde, und nicht an die Konsequenzen, die aus seiner Entdeckung folgen würden – und so weit ließ er ihn gar nicht kommen, sondern schob ihn zuvor zurück in seinen Hinterkopf, wo er hingehörte. Immerhin hatte er keine Angst, und das sollte auch so bleiben. Gemeinsam und doch alleine schlichen sie durch die Gänge, Dean ein Stück vor ihm, sodass der andere verschwinden konnte, wenn einer von ihnen von einem Lehrer entdeckt würde, oder einem Vertrauensschüler, oder Mrs Norris, oder Filch, oder Peeves, oder... Auch diesen Gedanken unterdrückte er resolut – es hatte keinen Zweck, sich über all die Möglichkeiten, wie sie ihren kleinen Ausflug ins Chaos oder schlimmeres stürzen konnten, Gedanken zu machen, bevor eine dieser Möglichkeiten vor ihnen auftauchte. Und falls das geschah, musste er einen kühlen Kopf bewahren – nicht gemeinsam erwischt zu werden war wichtiger, als nicht erwischt zu werden, und für den Fall, dass man sie nahe beieinander aufgriff, hatten sie sich eine hübsche Geschichte ausgedacht, die starken Bezug nahm auf die Gryffindor-Slytherin-Rivalität und die möglicherweise sogar irgendjemand glauben würde. Hagrid vielleicht – eigentlich schade, dass er nicht im Schloss patrouillierte. Dean erreichte das glatte, vollkommen normal aussehende Stück Wand, das die Tür zum Raum der Wünsche verbarg, vor ihm und begann, nach einem kurzen, scheuen Blick zu ihm, davor auf und ab zu gehen, die Augen fast geschlossen vor Konzentration. Er sah... interessant aus, das musste Theo zugeben, auch wenn er es eigentlich nicht wollte, doch erst als er näher kam, an einer bis zur Unkenntlichkeit geschmückten Statue vorbei, konnte er hören, was Dean sagte. „Ich brauche einen Raum, um mich mit Theo zu treffen, ich brauche einen Raum, um mich mit Theo zu treffen...“ Und zu seiner Überraschung – denn das letzte Mal, als sie hier gewesen waren, in der Kälte und der Nervosität, war nichts geschehen und sie waren danach in die Küche geschlichen – erschien eine Tür in der Wand und Dean schoss ein schnelles Grinsen auf ihn ab, in dem mindestens ebenso viel Erleichterung mitschwang, wie er selbst fühlte. Dean hielt die Tür für ihn auf mit einer kleinen Verbeugung, die ungeübt und grob auf ihn wirkte, da er als Reinblüter mit diesen Gesten aufgewachsen war und trotzdem ein kleines Feuer in seinem Bauch entfachte, als er an ihm vorbei in den Raum trat. Trotz des Bedürfnisses, möglichst schnell den ungeschützten Korridor zu verlassen, konnte er nicht verhindern, dass sein Schritt für einen Moment stockte, als er seinen Blick über das Zimmer schweifen ließ, ein kleiner Moment, der auch von Dean nicht unbemerkt blieb. „Was...?“, fragte er leise, vorsichtig, doch die Frage in seiner Stimme ebbte in dem Augenblick ab, als er die Tür hinter ihnen geschlossen hatte und neben Theo getreten war – und sah, was für einen Raum er sich gewünscht hatte. Diesmal musste er die Röte auf Deans Wangen nicht sehen, denn er konnte die Hitze fast spüren, die von seinem... was eigentlich? Freund? er konnte es nicht sagen – ausging, und das süffisante Grinsen sprang von alleine auf sein Gesicht. „Das ist für dich also ein Raum, in dem wir uns treffen können?“, fragte er mit einem Unterton, der viel zu... erleichtert klang, um seinem Scherz die nötige Schärfe zu verleihen, und Dean schnaubte. „Das nächste Mal wünschst du dir etwas. Und bevor du fragst, daran hab ich nicht gedacht“, entgegnete er in einem Tonfall, der irgendwann, in einem anderen Leben vielleicht, hätte trocken sein sollen, und deutete auf das große Himmelbett mit der roten Bettwäsche und den silbernen Pfosten – und wie klischeehaft war das denn? – das halb hinter einem Vorhang verborgen in einer Ecke des Raumes stand. „Na gut, vielleicht eine halbe Sekunde lang“, relativierte Dean, während er auf die kleine Sitzecke zusteuerte und für einen Moment unschlüssig wartete, bis Theo ihm folgte und ihn mit einer kleinen Geste einlud, Platz zu nehmen. „Eine halbe Sekunde, ja?“ Er grinste ein wenig, während er sich auf einen der Sessel fallen ließ und seine langen, dünnen Beine von sich streckte, doch er war viel zu erleichtert und zu froh, um Dean weiter zu necken, wie es sich für einen guten Slytherin, dem eine solche Gelegenheit geboten wurde, gehörte. Es war schon ein Erfolg gewesen, dass Dean überhaupt zugestimmt hatte, sich mit ihm zu treffen und sich nur mit ihm zu unterhalten, und doch hatte er die nagenden Zweifel – nicht Angst! – in seinem Inneren nicht vertreiben können. Dass er ihn nur ausnutzen wollte, um sich mit seinen Gryffindor-Freunden über ihn lustig zu machen. Dass er Slytherin im Hauspokal schaden wollte. Dass er einen Streich plante, der ihn vor der ganze Schule lächerlich machen würde. Und schließlich, als er langsam begann, vertrauen zu fassen, sah, dass Dean ihn auch mochte – denn kein Gryffindor konnte so gut schauspielern – war die schlimmste Angst von allen gekommen. Dass Dean nur mit ihm befreundet sein wollte, nicht mehr und nicht weniger. Alles andere hätte er irgendwie ertragen, die Demütigung, die Schmach, die Häme der anderen Slytherins, doch der Gedanke, dass sie sich weiter treffen würden, einmal die Woche oder auch zweimal, und doch nicht mehr zwischen ihnen sein würde, dieser Gedanke hatte ihn fast dazu gebracht, Dean zu sagen, dass er ihn nie wieder sehen wollte. Und jetzt hatte er eine Antwort. Ohne damit gerechnet zu haben, ohne sie erwartet zu haben, ohne mit einer größeren Erwartung hierhergekommen zu sein als der, dass sie sich unterhalten würden und lachen und Dean über Fußball erzählen und Theo über die Reisen, die er mit seinem Vater unternommen hatte, noch bevor seine Welt aus den Fugen geraten war. Und irgendwie machte die Überraschung dieses Gefühl – dieses wunderbare, überraschte, erleichterte, glückliche Gefühl in seinem Bauch, das versuchte, jede Zelle seines Körpers auszufüllen – noch kostbarer und wertvoller, als wenn er es erwartet hätte. Jetzt musste er nur noch herausfinden, was er mit diesem neugewonnenen Wissen anstellen konnte. Dean wirkte noch immer verlegen und schien es nicht zu wagen, ihn anzusehen, und noch während Theo überlegte, was er jetzt sagen konnte, das nicht peinlich oder kitschig oder abgedroschen oder alles zusammen klingen würde, begriff er, wieso. Seine neugewonnene Sicherheit, das Wissen über die Absichten des anderen, das ihn gerade so immens erleichtert hatte – Dean besaß es nicht und fühlte sich wahrscheinlich wie Theo noch vor wenigen Minuten, genauso nervös, genauso unsicher. Es war ein Zeichen für die fortschreitende Erosion all seiner Slytherin-Ideale, dass er keine Sekunde brauchte, um einen dummen, hitzköpfigen, enthusiastischen, gryffindor-mäßigen Plan zu fassen und den ersten Teil davon auszuführen: Neben Dean auf der Couch Platz zu nehmen. Theo ließ ihm nur einen Moment, die Überraschung, die sich auf seinem Gesicht abzeichnete, zu überwinden, bevor er erneut grinste. „Ich mag es“, meinte er trocken mit einer kleinen Kopfbewegung in die Richtung des Bettes, „und wer weiß, vielleicht brauchen wir es ja auch eines Tages.“ Eine Sekunde, zwei, drei, um das Gesagte einsinken zu lassen, dann zuckte er mit den Schultern und lächelte nonchalant. „Falls ein Lehrer genau vor der Tür patrouilliert und wir nicht nach draußen können ist es sicher praktisch.“ Theo hatte keine Zeit gehabt, über seinen Plan nachzudenken, herauszufinden, was er eigentlich sagen wollte, und jetzt, da die Worte ihren Weg nach draußen gefunden hatten, er sie nicht mehr zurücknehmen konnte, spürte er, wie die Unsicherheit wieder in ihm hochkroch. Hatte er sich zu weit nach vorne gewagt, zu viel von seinen Gefühlen preisgegeben? Dean schnaubte. „Du bist ein Idiot, Theo.“ Die Worte gruben sich tief, schmerzten, für einen Augenblick oder zwei, bis ihr Tonfall schließlich in seinen bewussten Verstand vordrang. Sie klangen nicht verletzend, eher... neckend, und er hatte einen Moment, zu erkennen, dass er mit seinen eigenen Waffen geschlagen worden war, bevor eine Hand in seinen Haaren ihn unerbittlich zu Dean hinüberzog. „Zumindest manchmal.“ Zwei Worte, ein Blick aus diesen dunklen Augen, der den seinen einfing und ein kurzer Moment, in dem er versuchte zu begreifen, dann trafen sich ihre Lippen und Theodore Nott verschob das Nachdenken auf später... viel später. Kapitel 12: Unter Eichen ------------------------ @Littlejojox: Freut mich, dass ich deine Meinung ändern konnte, auch wenn Shonen Ai/Slash jetzt normalerweise nicht das Genre ist, in dem ich schreibe (aber ab und zu gerne lese ;)) Und die beiden haben sich halt ein wirklich beschissenes Timing ausgesucht, um sich näher zu kommen, mitten im zweiten Krieg... aber irgendwie schaffen sies schon, auch das Positive zu sehen ;) *** Pairing: James Potter/Lily Evans gewünscht von ScorpiusMalfoy und ginnygirl_95 A/N: Viel Spaß besonders an ScorpiusMalfoy, immerhin hat sie sich dieses Pairing gewünscht :) 12. Unter Eichen Sie war wunderschön. Der Anblick des Schlosses, dessen Fenster warm in der Dunkelheit leuchteten, der Wald, der vor ihnen schimmerte, die einzelnen, tanzenden Schneeflocken und die von ihrer Pracht herabgedrückten Äste – nichts konnte mithalten mit dem Lächeln auf ihren Lippen, dem Funkeln in ihren grünen Augen und der Röte auf ihren Wangen. „Ist es noch weit?“, fragte sie mit einem Lachen in der Stimme und hielt inne, um ihre Arme um ihn zu schlingen und ihre kalte Nase an seinem Hals zu vergraben, und er glaubte, dass es nichts schöneres geben konnte, als sie so nahe bei sich zu spüren. „Nein“, antwortete er sanft und hatte das Gefühl, dass seine Stimme so anders klang, so viel weicher, als wenn er mit seinen Freunden sprach. „Siehst du die große Tanne dort vorne? Dort müssen wir abbiegen, und dann nur noch ein paar Schritte.“ Er hielt einen Moment inne, um über ihren Rücken zu streicheln, dann löste er sich widerwillig von ihr und griff nach ihrer Hand. „Ist der Schnee zu tief für dich?“ Sie lachte – das schönste Geräusch der Welt, zumindest in seinen Ohren – und zog ihn weiter, lief mit ihm den Pfad am See entlang mit diesem fröhlichen Enthusiasmus, der mit jedem Schritt, jedem Kichern hinausschrie, wie sehr sie das Leben liebte. Und er liebte sie dafür. Hand in Hand legten sie die letzten Schritte am Ufer des vereisten Sees zurück, bevor sie schließlich abbogen, einem kleinen, gewundenen Pfad folgten, der in der Dunkelheit zwischen Bäumen und hohen Büschen entlangführte. James' Zauberstab leuchtete ihnen den Weg, doch der Lumos konnte die Schatten zwischen den kahlen, von Schnee bedeckten Ästen nie ganz durchdringen und er spürte, wie Lily hinter ihm seine Hand fester hielt und näher an ihn heranrückte. Er bezweifelte, dass sie ihre eigene, unterbewusste Reaktion überhaupt bemerkt hatte und wusste, dass sie ihn auslachen würde, wenn er sie erwähnte, und doch grollte dieser urtümliche Teil seiner selbst, der seine Frau beschützen wollte, zufrieden auf. Auch wenn er ihr das niemals sagen würde. Einen Augenblick später brachen sie durch die letzten Äste und traten hinaus auf eine Lichtung, weißer Schnee glitzerte zu ihren Füßen und zog sich die letzten Meter hinauf bis zu der riesigen Eiche, die die Hügelkuppe überragte. Selbst ohne ihre Blätter, die Rinde dunkel von Feuchtigkeit und die Äste schwer vor Schnee, wirkte sie majestätisch und Lily hielt einen Moment inne, nahm die ganze Größe des Baumes in sich auf, bevor sie James folgte, der bereits vorausgestapft war. Breit und gigantisch wie ein Fels ragte der Stamm des Baumes vor ihnen auf, während er ihn gemeinsam mit Lily betrachtete. „Was meinst du, wie alt sie ist?“, fragte sie leise, doch James konnte nur mit den Schultern zucken. „Ich weiß es nicht. Aber ich fand es immer schön, mir vorzustellen, dass die Gründer genau hier standen, an diesem Baum, auf diesem Hügel, über den See blickten und sich sagten: 'Dort bauen wir unser Schloss!'“ Lily lächelte und er badete in dem Gefühl, diesen Ausdruck auf ihr Gesicht gezaubert zu haben, doch nach einem Moment legte James seine Hände auf ihre Schultern und drehte sie sanft um. Am Fuße des Abhanges, den sie gerade erstiegen hatten, schimmerte der zugefrorene See und auf seiner anderen Seite leuchteten die Fenster des Schlosses warm und gelb in der Dunkelheit, verbreiteten eine Wärme, die sie in ihren Herzen spüren konnten anstatt auf ihrer Haut. „Es ist wunderschön hier“, flüsterte Lily leise, fast ehrfürchtig, und er zog sie noch näher an sich, schlang seine Arme um ihren Bauch, sodass sie sich an ihn kuscheln konnte und ihre wollene Mütze seine Nase kitzelte. „Das ist es“, antwortete er leise in ihr Ohr, spürte, wie ihre Wärme sich einen Weg durch seinen und ihren Winterumhang erkämpfte, nur um bei ihm anzukommen – so wie er gekämpft hatte, um sie zu erreichen. Im Nachhinein war es vielleicht keine schlechte Sache – sie hatte ihn dazu getrieben, über sich hinauszuwachsen, ein besserer Mensch zu werden, seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche für die anderer zurückzustecken. Und natürlich verdiente er sie nicht, aber wer hatte schon etwas dagegen, etwas trotzdem zu bekommen, auch wenn er es nicht verdiente? Zufrieden spürte er, wie sie sich entspannte, sich gegen ihn lehnte, und gemeinsam genossen sie die Aussicht, sahen zu, wie die kleinen, hellen Stecknadelknöpfe der Fenster einer nach dem anderen erloschen, bis schließlich das ganze Schloss zu schlafen schien. Es war immer ein berauschendes Gefühl, die Geheimnisse der Nacht zu ergründen, während alle anderen in ihren Betten lagen, die einzigen zu sein, die die Stille und die Dunkelheit durchbrachen. Die Magie des Schnees um sie herum, die Kälte, die versuchte, unter ihre Kleidung zu kriechen und die ihre Wangen rötete, machten diese Momente nur noch überwältigender, doch der wirkliche Unterschied, das wusste er, der wirkliche Unterschied war Lily. So aufregend es auch war, mit seinen Freunden die Regeln zu brechen und über die Ländereien zu stromern, um Abenteuer zu erleben – es war nicht zu vergleichen mit dem Gefühl, mit ihr hier zu stehen, um das Schloss und die Sterne zu betrachten und sich in den Armen zu halten. Er musste sich wohl bewegt haben bei dem Gedanken, denn Lily legte den Kopf in den Nacken, um zu ihm hochzublicken, eine stumme Frage in ihren Augen. Die einzigen Antworten, die er gab, waren ein sanfter, vorsichtiger Kuss und seine kalten Finger, die sich auf ihre Wangen schlichen. Ihre Haut fühlte sich weich und warm und lebendig an auf der seinen, fremd und neu und wunderbar und doch auf eine merkwürdige Art und Weise vertraut, so als ob sie nie etwas anderes getan hätten als unter einer uralten Eiche zu stehen und sich zu küssen. So als ob sie schon immer zu ihm und er schon immer zu ihr gehört hätte. Schließlich, als er glaubte, das viele Glück nicht mehr zu ertragen, löste sie sich von ihm, wandte sich ganz ihm zu und nahm sein Gesicht in ihre Hände, streichelte mit ihren Daumen über den Schatten eines Bartes, der sich auf seinen Wangen abzeichnete. Sie war nachdenklich geworden, das konnte er in ihren Augen sehen, die ihn schon immer fasziniert hatten, schon damals, als sie beide noch nicht mehr als zwei Kinder gewesen waren. Da war etwas in ihnen, dieses sanfte, grüne Leuchten, das direkt aus ihrem guten Herz zu kommen schien und jedem, der nur hinzusehen vermochte, verriet, was für ein wundervoller Mensch sie war, und er konnte sich nicht sattsehen an ihnen. „Du bist anders“, flüsterte sie leise und ihr Atem hing wie eine kleine, weiße Wolke zwischen ihnen, bevor der Nachtwind sie davontrug. „Anders?“, fragte er vorsichtig, trug all seinen Mut zusammen, bevor die Angst vor ihrer Antwort überhand nehmen konnte. Sie lächelte nur und drückte einen dieser sanften, vorsichtigen Küsse auf seine Lippen. „Anders, als ich mir dich vorgestellt hätte.“ „Ist das schlimm?“, fragte er atemlos, während die Nervosität seine Brust zusammendrückte und ihre Finger beruhigend durch den Ansatz seiner Haare strichen. „Schlimm?“ Sie lachte, ein leises, fast unsicheres Geräusch. „Nein. Nur anders...“ „Wie anders?“ Der Gedanke ließ ihm keine Ruhe, er wollte eine Antwort, wollte wissen, was sie meinte – bis er spürte, wie ihr Brustkorb sich unter einem leisen Seufzen hob und er seine Frage bereute. Für einen Moment sah sie zur Seite, zu den Sternen, die über den Baumwipfeln des Verbotenen Waldes schimmerten, bevor sie ihn nachdenklich anblickte. „Ich kenne dich schon so lange, James... und ich habe dich mit so vielen anderen Mädchen gesehen, und irgendwie... hab ich gedacht, dass du bei mir so ähnlich wärst wie bei ihnen. Und das bist du nicht. Du bist... anders.“ Sie hielt inne, die grünen Augen dunkler als sonst, während sie in sich zu blicken schien und nicht in sein Gesicht. „Du nimmst ernst, was ich sage. Du lachst mich nicht aus. Und du siehst mich anders an als sie... ganz anders.“ Seine Finger schlichen sich an ihre Wangen, ohne, dass er den bewussten Gedanken gefasst hatte, vergruben sich in ihren roten Haarsträhnen, während die Erleichterung als Welle durch seinen Körper schwappte. „Weißt du, wieso?“, flüsterte er rau, ob vor Aufregung oder vor Kälte konnte er nicht sagen, und sie schüttelte ganz leicht den Kopf, der von seinen Händen eingerahmt wurde. Trotzdem leuchteten ihre Augen und er beugte sich nach vorne, schmiegte seine Lippen an die ihren in einem Kuss, der mehr versprach, bevor er sich vorsichtig zurückzog und mit seinem Daumen über ihre Mundwinkel streichelte. „Weil ich dich liebe, Lily.“ Sie wirkte nicht überrascht, und trotzdem antwortete sie nicht sofort, hastig, sondern nahm sich die Zeit, ihn anzulächeln – ihn anzustrahlen – bevor sie ihre Arme um ihn schlang und ihre Nase hinter seinem Ohr vergrub. „Ich liebe dich auch, James.“ Er hörte ihre Worte nicht nur, er spürte sie auch, ihren warmen Atem an seiner Haut, ihre Haare, die seinen Halsansatz kitzelten, und er hielt sie fest, fest, fest, während über ihnen die Zweige der Eiche im Wind knarrten und die Sterne leuchteten, unberührt vom Glück der Hexe und des Zauberers, die sich in ihrem Licht umarmten. Kapitel 13: Wünsche und Prophezeiungen -------------------------------------- @_StrawHat_Luffy_: Da hast du mir ja einiges zum Antworten dagelassen, ich hab mich auf jeden Fall sehr über die vielen Kommentare gefreut :) Minerva ein wenig durch den Kakao zu ziehen hat bei der Sache mit der Besenkammer viel Spaß gemacht, und genauso in der Szene, wo sie sich betrunken hat - aber dass Minerva gerne Alkohol trinkt sieht man ja auch an der einen Szene mit der Weihnachtsfeier, wo sie Hagrid einen Kuss gibt ^.^ Draco kann Luna leider nicht befreien, ich hab mir, als ich mit den One-Shots angefangen hab, vorgenommen, dass sie alle Canon sein müssen, also laut den Büchern so passiert sein könnten, und wenn Draco Luna befreit wird da doch einiges durcheinandergewirbelt... ^^ Freut mich trotzdem, dass dir so viele Stories gefallen haben... und da du ja lustige Sachen magst, könnte auch die nächste Story etwas für dich sein :) *** Pairing: Lavender Brown/Cedric Diggory gewünscht von Ellareen 13. Wünsche und Prophezeiungen „Heute wirst du das, was du dir schon immer gewünscht hast, bekommen.“ Professor Trelawneys Worte hallten noch immer in ihr nach, während sie die vielen Treppen, die von ihrem Turmzimmer hinabführen, hinunterhastete. „Heute wirst du das, was du dir schon immer gewünscht hast, bekommen.“ Lavender wusste, was sie sich schon immer wünschte, na gut, zumindest seit zwei Jahren, und das war doch eigentlich immer, oder? Sie wünschte sich, dass Cedric Diggory sie ansah, sie anlächelte, vielleicht sogar Cho Chang einen Korb gab, um mit ihr auf den Weihnachtsball zu gehen. Und Professor Trelawneys Prophezeiungen stimmten immer, das wusste Lavender, seit ihre Lehrerin den Tod ihres Kaninchens vorhergesagt hatte. Atemlos erreichte sie die Eingangshalle, die goldenen Strahlen der tiefstehenden Wintersonne fielen durch die hohen Fenster herein und sie blickte sich um. Halb und halb hatte sie erwartet, Cedric hier und jetzt über den Weg zu laufen, doch anscheinend meinte es das Schicksal nicht gut mit ihr – aber beim Abendessen, beim Abendessen ganz bestimmt! Aus Monaten der Beobachtung wusste sie, dass Cedric meist früh aß, damit er mit seinen Freunden zusammensitzen konnte, und so hastete sie die Treppen hinauf in den Gryffindorturm, um ihre Tasche dort abzustellen. Auf dem Weg begegnete sie Parvati, und unter vielem Kichern und Giggeln erzählte sie ihr, was geschehen war und was sie erhoffte. Ihre Freundin nickte enthusiastisch. „Ja, ganz bestimmt! Und er sieht so gut aus! Und stell ihn dir erst im Festumhang vor!“ Lavender musste sich bei dem Gedanken davon abhalten, kleine, fröhliche Pirouetten über den Flur zu drehen, aber dafür wäre heute Abend im Schlafsaal noch genug Zeit, auch wenn Hermine Granger ihr dann wieder diesen bösen, abwertenden Blick zuwerfen würde, den sie nicht leiden konnte. Gemeinsam hasteten die beiden Mädchen die Treppen wieder hinunter und nahmen am noch leeren Gryffindor-Tisch Platz, den Blick auf die Tür zur Eingangshalle gerichtet, um den Auftritt des Helden nicht zu verpassen. „Meinst du, er kommt?“, wisperte sie Parvati zu und ihre Freundin nahm sie beruhigend in den Arm. „Natürlich kommt er!“ „Und dann? Was soll ich dann machen? Ihn ansprechen? Und was, wenn seine Freunde die ganze Zeit um ihn herumstehen?“ Doch bevor Parvati eine Antwort geben konnte, schlug die Tür zur Großen Halle auf und herein trat Cedric Diggory – doch nicht in Begleitung seiner Freunde, wie Lavender befürchtet hatte, sondern Arm in Arm mit Cho Chang. „Merlin!“, wisperte sie nur, während sie spürte, wie all ihre Hoffnungen zerbrachen. Sie war sich so sicher gewesen – so überzeugt von Professor Trelawneys Prophezeiung – dass sie nicht einmal daran gedacht hätte, dass er noch mit Cho ausging, und jetzt standen sie gemeinsam vor ihr, kichern, schmachtend, lachend. Sie spürte, wie Parvati beruhigend ihre Hand drückte und doch konnte sie nicht verhindern, dass ihr die Tränen in die Augen schossen. Wenigstens tauchte in diesem Moment das Essen auf den Haustischen auf, was die anderen anwesenden Schüler von ihr ablenkte, und teilnahmslos nahm tat sie sich ein wenig auf, um nicht aufzufallen. Konnte es sein? Konnte es sein, dass Professor Trelawneys Vorhersagen nicht immer zutrafen? Aber das war doch unmöglich! „Vielleicht streiten sie sich noch?“, fragte Parvati hoffnungsvoll, aber trotz ihrer Zuversicht passierte während des Essens nichts und Lavender schob sich lustlos einen Löffel oder zwei in den Mund, während sie vor Tränen kaum ihren Teller sehen konnte. Schon wollte sie in den Gryffindorturm zurücklaufen und sich dort in ihrem Bett verkriechen, einfach die ganze Welt vergessen, als Cho vom Ravenclawtisch zu Cedric hinüberging und sich verabschiedete und ihr damit neue Hoffnung gab. Was immer auch passieren würde, ein Hindernis auf dem Weg zu ihrem Traumprinzen war nun beseitigt, und nun brachte sie es sogar über sich, ihr Aussehen in ihrem kleinen Taschenspiegel zu überprüfen. Wie erwartet sah sie ziemlich verweint aus, aber wenigstens waren ihre Haare noch immer in Form und ein paar Minuten würden auch die letzten Spuren ihrer Tränen beseitigen. „Parvati? Mein Umhang?“ Ihre Freundin zupfte noch ein paar Haare und Flusen von dem schwarzen Stoff, bevor sie sie schließlich noch einmal drückte und ihr ein überzeugtes „Du schaffst es!“ ins Ohr flüsterte, gerade als Cedric vom Hufflepufftisch aufstand und die Große Halle verließ. Lavender beeilte sich, ihm zu folgen, da sie nicht wusste, wo er seinen Gemeinschaftsraum hatte, doch zu ihrer Überraschung bog er am Eingang des Schlosses ab, lief hinaus auf die Ländereien, obwohl die Sonne gerade unterging und der Schnee abseits der Wege kniehoch lag. Wenigstens ist es romantisch! Doch auch dieser Gedanke konnte sie nicht warm halten, im Gegensatz zu Cedric trug sie nur ihren Hogwartsumhang und nicht ihren Winterumhang, aber vielleicht – nur vielleicht – würde er ihr ja seinen leihen. In einem der Romane, die sie gelesen hatte, machte der Held das, und Cedric war doch ein Held, wie er im Buche stand, oder sogar noch ein bisschen besser, immerhin war er der Champion Hogwarts' für das Trimagische Turnier. Nach einigen Minuten stellte Lavender überrascht fest, dass Cedric langsamer wurde, der Schnee nicht mehr so um ihn herumflog, während er lief, und schließlich auf einer Bank in der Nähe der Gewächshäuser Platz nahm, hinter deren angelaufenen Fenstern die Umrisse exotischer und gefährlicher Pflanzen hevorschimmerten. Unsicher, was sie tun sollte, stockte ihr Schritt, aber trotzdem fand sie den Mut, immer weiter zu gehen – wenn sie jetzt stehen blieb, würde ihr Traum vielleicht nie in Erfüllung gehen. Cedric bemerkte sie erst, als sie direkt vor ihm stand, und hob langsam den Kopf, ein nachdenklicher Ausdruck auf seinem Gesicht. Vielleicht hatte er sich mit Cho gestritten und sah deswegen so traurig aus? Hoffnung keimte in Lavender auf. „Darf ich... darf ich mich neben dich setzen?“ Sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg – nicht einmal richtig sprechen konnte sie in seiner Gegenwart, so verrückt machte er sie! - doch zu ihrer Überraschung nickte er und rückte sogar ein wenig auf der steinernen Bank zur Seite, damit sie Platz nehmen konnte. „Danke.“ Doch entgegen allem, was sie erwartet hatte, begann er nun kein interessantes, anregendes Gespräch mit ihr, erzählte von seinen Heldentaten bei der ersten Aufgabe oder von den Quidditch-Spielen im letzten Jahr, sondern starrte nachdenklich nach vorne, ohne überhaupt Notiz von ihr zu nehmen. So konnte das nicht weitergehen, immerhin war der romantische Sonnenuntergang schon fast vorbei und sie begann zunehmend zu frösteln. „Ähm...“ Nicht gerade das intelligenteste, was sie sagen konnte, doch wenigstens wandte Cedric sich ihr nun zu und betrachtete sie aus ihren grauen Augen. „Ja?“ „Ähm...“ Fieberhaft überlegte sie, was sie sagen sollte, was sie fragen sollte, bis es schließlich, um nicht wie ein absoluter Vollidiot vor ihm zu sitzen, aus ihr herausbrach: „Bist du noch immer mit Cho Chang zusammen?“ „Ja.“ Cedric runzelte nachdenklich die Stirn. „Wieso?“ „Und... und gehst du mit ihr auf den Weihnachtsball?“ Auf seinem Gesicht breitete sich nun etwas aus, das Lavender nicht so genau bestimmen konnte, und doch machte es sie unruhig und nervös, weil es anzudeuten schien, dass dieses Gespräch nicht den Ausgang nehmen würde, den sie sich wünschte. „Und was geht dich das an? Wer bist du überhaupt?“ Sie spürte, wie die Tränen wieder versuchten, sich auf ihre Wangen hinabzukämpfen, doch sie nahm all ihren Mut und ihre Entschlossenheit zusammen. „Ich bin Lavender Brown. Und willst du nicht lieber mit mir auf den Ball gehen?“ „Ich...“, machte Cedric und plötzlich sah er so hilflos aus, dass sie ihn am liebsten in den Arm genommen hätte – für einen Augenblick. „Ich kann ihr doch nicht einfach absagen! Und außerdem kenne ich dich gar nicht und sie ist meine Freundin! Du siehst wirklich aus wie ein süßes, nettes Mädchen, und ich bin sicher, du wirst jemanden finden, der mit dir geht, aber ich kann nicht!“ Keine Sekunde länger hielt sie es auf dieser Bank aus, und ohne darauf zu achten, was er noch sagte oder wie er dreinsah, stürzte sie davon, den Weg zum Schloss hinauf. Sie bemerkte weder ihre kalten Füße noch ihre eisigen Finger, doch nicht, weil sie vor Glück schwebte, wie sie eigentlich erwartet hatte, sondern weil sie nichts spürte vor Schmerz in ihrem Inneren. Sie erinnerte sich nicht daran, wie sie die Treppen hinauf lief oder der Fetten Dame das Passwort sagte oder durch den Gemeinschaftsraum hastete, bemüht, ihre Tränen zu verbergen, und kam erst wieder zu sich, als sie in ihrem Bett lag, die Decke bis ans Kinn gezogen, und in ihr Kissen schluchzte. Sie hatte Unrecht gehabt. Professor Trelawney hatte Unrecht gehabt, und sie hatte sich vor Cedric Diggory zum Idioten gemacht. Er wusste nicht einmal, wer sie war. Wie konnte sie da glauben, dass er je mit ihr reden würde, oder mit ihr ausgehen, oder zum Weihnachtsball? Und wieso hatte sie ihn nicht einfach weiter aus der Ferne bewundert? Es dauerte nur ein paar Minuten, und sie hörte, wie Parvati zu ihr in den Schlafsaal kam, sich zu ihr aufs Bett kuschelte und sie in den Arm nahm, wie echte Freundinnen das taten, damit sie sich an ihrer Schulter ausweinen konnte. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie dort lagen, bis ihre Tränen langsam versiegten und schließlich ein leises Klopfen an der Fensterscheibe sie beide aufschrecken ließ. Noch immer fühlte sie sich viel zu zittrig, um zu öffnen, also stand Parvati auf und ließ das schöne, braun gefiederte Tier herein, das Lavender sofort als ihre Familieneule erkannte. „Für mich!“, rief sie überrascht aus und nahm Cassandra – sie hatte den Namen selbst ausgesucht – das kleine Päckchen an ihrem Bein ab. „Von meiner Mutter!“ Vorsichtig riss sie das dicke, braune Papier auf und Autogrammkarten der Schicksalsschwestern fielen heraus, für jedes der Bandmitglieder eine, und alle waren sie unterschrieben. „Wow. Die hab ich mir ja schon immer... gewünscht...“ Erst als sie sprach, begriff sie, was sie da gerade gesagt hatte, und beendete den Satz leise, bevor sie sich wieder auf ihr Bett warf und den Tränen freien Lauf ließ. Kapitel 14: Vom Kriege ---------------------- Pairing: Blaise Zabini/Fred Weasley gewünscht von Kijadra 14. Vom Kriege Die dunkle Gestalt unter dem schweren, wollenen Umhang stand am ersten Ferientag vor der Tür von Weasleys Zauberhafte Zauberscherze, noch bevor die Sonne aufgegangen war, noch bevor die aufgeregten Schulkinder am ersten Tag ihrer Weihnachtsferien trotz der Gefahr durch die Gasse strömten, um sich Scherzartikel zu kaufen. Ein verschlafener Fred Weasley spähte zuerst durch das Fenster der Wohnung im zweiten Stock hinunter, bevor er die Treppe hinabeilte und durch die in die Tür eingelassene Scheibe lugte: „Wer ist da?“ Die Person unter dem Umhang zuckte bei dem lauten Ruf sichtlich zusammen und machte zwei kleine Schritte nach vorne, bis ihre Nase fast gegen das kalte, angelaufene Glas drückte: „Nicht so laut!“ Für einen Moment lüpfte sie ihre Kapuze, zeigte Fred ihr Gesicht, doch das schien ihn nicht zu überzeugen, denn er schnaubte nur. „Und was, bei Merlin, hast du hier verloren? Solltest du nicht eher bei einer Soiree deiner Mutter sein oder dich bei deinen reinblütigen Todesserfreunden herumtreiben?“ Der Mann unter dem Umhang blickte die Winkelgasse entlang, so als ob er Angst hätte, gesehen zu werden, doch abgesehen von einer verirrten Katze, die in den Mülltonnen hinter dem Laden nach Futter suchte, konnte er kein lebendes Wesen erkennen und er wandte sich wieder seinem Gesprächspartner zu. „Hör zu, Weasley, ich bin nicht zu meinem Vergnügen hier. Du kannst mich hereinlassen und erfahren, was ich zu sagen habe, oder nicht, und dann gehe ich wieder. Aber wenn ich nicht glauben würde, dass den Orden interessiert, was ich zu sagen habe, hätte ich deine – und vor allem meine – Zeit gespart!“ Sein eindringlicher Zischton ließ Fred aufhorchen, und nach einem kurzen Moment des Zögerns entriegelte er die Ladentür und ließ den Fremden herein, führte ihn ohne zu zögern in den hinteren Teil des Ladens, der nicht von der Winkelgasse her eingesehen werden konnte. Nun nahm sein Gast seine Kapuze ab und enthüllte schwarzes Haar und dunkle Haut, während Fred mit einem Schlenker seines Zauberstabes die Kerzen entfachte. „Spucks aus, Zabini“, bemerkte er in einem fast gelangweilten Tonfall und lehnte sich an einen der Tische, die überquollen vor Scherzartikeln in allen Farben, Formen und Größen – eine Umgebung, die keinen größeren Kontrast zu Blaise Zabinis düsterem Gesichtsausdruck hätte bilden können. „Luna Lovegood wurde nach der Ankunft des Hogwarts-Expresses in London von Todessern entführt.“ Er sprach die Worte emotionslos und kühl aus und trotzdem schien etwas in seinen Augen zu funkeln, das Fred zweifeln ließ an seiner gespielten Ruhe. „Und woher weißt du das?“ „Ich hab es gesehen.“ „Ach.“ Fred schnaubte. „Und was machst du dann hier, zu dieser gottlosen Uhrzeit, in dieser lächerlichen Verkleidung? Hättest du ihnen nicht eher den Mantel halten und zujubeln sollen?“ Er legte all seine Abneigung, all seine Verbitterung, all seine Wut in die wenigen Worte und konnte den kleinen Triumph auskosten, Zabini wenigstens zusammenzucken zu sehen, wenn auch nur ein bisschen. Für einen Moment schien der Slytherin um seine Beherrschung zu ringen, zeigte seinen eigenen Zorn, doch dann glitt sein Gesicht wieder zurück in die überhebliche, ausdruckslose Maske, die die Mitglieder seines Hauses anscheinend vom Sprechenden Hut angehext bekamen, wenn er über ihre Augen rutschte. „Du hast keine Ahnung, Weasley. Von mir, von meiner Mutter, von den Dingen, an die ich glaube. Also sei ein braver kleiner Blutsverräter und erzähl weiterhin dumme Gerüchte, die du gehört hast – zu mehr reichen deine Gehirnzellen ohnehin nicht.“ Zabini wollte sich zum Gehen wenden, doch Fred hatte ihn am Kragen gepackt, bevor er selbst überhaupt bemerkte, dass er einen Muskel gerührt hatte. „Wen nennst du hier Blutsverräter? Wenn ich mir deine Mami ansehe, die jeden Mann heiratet, der nur genügend Galleonen hat...“ Einen Herzschlag, nachdem das letzte Wort über Freds Lippen geschlüpft war, spürte er, wie sich Blaises Zauberstab in die weiche Haut an seinem Hals bohrte. Die Spannung zwischen ihnen schien als eigene Entität im Raum zu stehen und ihre Zähne zu fletschen, bis Fred begriff, das seine Faust nur ein unzureichender Schutz gegen einen Fluch war und sein Verstand begann, nach etwas – irgendetwas – zu suchen, das Blaise ablenken würde. „Wieso bist du überhaupt hier?“, zischte er, weit entfernt von dem beruhigenden Tonfall, den er eigentlich hatte verwenden wollen, und doch schien Blaise für einen Moment zu zögern und sogar ernsthaft über die Frage nachzudenken. „Was auch immer ich von Blutsverrätern und Schlammblütern halten mag, niemand – absolut niemand – verdient es, von diesen verdammten Sadisten gefoltert zu werden!“ Ein intensiver Blick aus dunklen Augen, der Fred erschauern ließ, dann riss sich Blaise von ihm loß und steckte seinen Zauberstab in einer fast widerwilligen Geste in seinen Umhang. „Also tut verdammt noch mal was dagegen!“ War das ein Schatten von Verzweiflung an dem sonst so kontrollierten, kühlen Jungen? Fred wusste es nicht – aber die Aura von Dringlichkeit, das Gefühl der Intensität, das den Slytherin umwaberte wie eine Wolke... Fred seufzte. Jemand, der sich in so große Gefahr brachte, um Informationen an Hexen und Zauberer zu überbringen, die er nicht einmal mochte oder auch nur respektierte, verdiente Ehrlichkeit, so sehr sie auch schmerzen mochte. „Ich glaube nicht, dass wir das können.“ Für einige Herzschläge starrte Blaise ihn an, ohne einen Muskel zu rühren, schien unwillig, das Gehörte zu verstehen, doch dann, langsam, sickerte der Sinn der Worte in seinen Geist und der Junge versteifte sich. „Was meinst du damit, ihr könnt nicht! Ihr seid doch Mitglieder des Ordens, oder nicht? Ihr kämpft gegen ihn, ihr leistet ihm doch Widerstand! Oder... oder zumindest kennt ihr jemanden!“ Der Ausbruch dauerte nur Momente und so schnell, wie er sie verloren hatte, gewann der Slytherin seine Selbstkontrolle zurück. „Du willst mir doch nicht erzählen, dass dein Bruder sein Ohr bei einem verdammten Unfall verloren hat!“ Sein Tonfall klang noch immer abschätzig genug, war aber kein Vergleich zu ihrer gemeinsamen Zeit auf Hogwarts oder selbst dem Beginn ihres Gespräches. Fred seufzte erneut. „Ich werde nicht deine Intelligenz beleidigen, Blaise, indem ich das behaupte – sie ist immerhin die einzige deiner Qualitäten, für die ich die Hand ins Feuer legen würde.“ Die Beleidigung kam automatisch über seine Lippen, so wie eine einstudierte Bewegung eines Tanzes, doch der Slytherin reagierte kaum, machte nur eine wegwerfende Geste, bevor Fred weitersprach. „Aber du musst doch sehen, wie vollkommen irrsinnig es ist, das Hauptquartier von Du-weißt-schon-wem anzugreifen, während es bis zur letzten Dachkammer vollgestopft ist mit verdammten Sadisten, wie du sie so eloquent genannt hast.“ Er hielt einen Moment inne, während sich ein Verdacht in seinen Kopf schlich, doch er unterdrückte den Gedanken als zu absurd, um ihn weiterzuverfolgen. Blaise und Luna? Eher würde Bellatrix Lestrange die Ordensmitglieder zum Kaffeekränzchen einladen! „Verdammt, wenn sogar ich als hitzköpfiger Gryffindor verstehe, dass manche Dinge nicht funktionieren, dann solltest du das als berechnende Schlange doch erst recht können!“ Blaise antwortete nicht, blickte sich stattdessen wie hilfesuchend in dem Verkaufsraum um, an dessen Regalen Girlanden aus Stechpalmen hingen, ergänzt von einigen Mistelzweigen und Christbaumkugeln, die unter der Decke herumschwebten. Auf Anhieb konnte Fred sich keine Umgebung ausdenken, die einen stärkeren Kontrast zu dem Gespräch gebildet hätte, das sie hier führten, doch bevor er noch Zeit hatte, dem Gedanken zu folgen, seufzte Blaise – eine merkwürdig verwundbare Geste für einen Slytherin. „Ein Mal, ein einziges Mal nur, will man das Richtige tun, und dann findet man heraus, dass es nicht einmal etwas ändern wird.“ Er klang, als ob er mit sich selbst sprechen würde, und in Fred breitete sich dieses merkwürdige Gefühl aus, dass er gerade in einen privaten Moment eindrang, den Blaise lieber für sich behalten hätte. „Verdammt.“ „Ich bin mir sicher, für Luna ändert es etwas“, entgegnete Fred leise, unsicher, ob er überhaupt etwas sagen sollte – eine beeindruckende Leistung für jemanden mit seinem Mundwerk. „Sie wird es doch nicht einmal erfahren! Sie wird in diesem beschissenen Keller sterben, und wessen Schuld wird es sein? Natürlich meine!“ „Halt die Klappe und hör auf, solchen Mist zu reden!“ Fred klang harsch und rau, während er auf Blaise zuging und seine Schultern packte. „Wenn sie stirbt, dann ist es die Schuld der verdammten Sadisten, die sie getötet haben, aber nicht deine. Du willst etwas ändern? Schön! Dann hör auf, dich für Dinge zu zerfleischen, an denen du nicht schuld bist, und tu etwas!“ Blaise starrte ihn aus diesen großen, exotischen Augen an und Fred sah den Schmerz und die Angst, die direkt hinter ihnen lauerten, nur unzureichend verborgen durch eine Fassade aus Wut und Arroganz. „Wir können sie nicht alle retten“, erklärte er schließlich fast sanft, nach endlosen Momenten, in denen sie sich einfach nur angesehen hatten, und Blaise schluckte. „Wir können sie nicht alle retten – es wird immer jemanden geben, der leidet, der gefoltert oder sogar getötet wird, weil wir nicht schnell genug, nicht stark genug, nicht mutig genug waren. Aber das bedeutet nicht, dass wir nicht alles tun müssen, was in unserer Macht steht, damit wir auch morgen früh noch in den Spiegel sehen können.“ Er hielt einen Moment inne, betrachtete den Slytherin vor ihm, bevor er vorsichtig seine Schulter drückte und einen Schritt zurücktrat. „Unsere Tür steht dir offen, Blaise. Es liegt an dir, ob du auch hindurchgehen möchtest.“ Ein Nicken – oder war es nur ein Rucken des Kopfes? Fred wusste es nicht – und er begleitete den Slytherin durch den Laden nach hinten, öffnete mit einem Wink seines Zauberstabes den Lieferanteneingang, der auf den Hof hinausführte. „Aber tu mir einen Gefallen und nimm beim nächsten Mal die Hintertür, ja?“ Ein heiserer Laut der Belustigung, der tief aus Blaises Kehle zu kommen schien, drang zu Fred hindurch, bevor der Slytherin seine schwere Kapuze wieder aufsetzte und zwischen den prall gefüllten Mülltonnen disapparierte. Kapitel 15: Der See zu ihren Füßen ---------------------------------- Pairing: Hermine Granger/Harry Potter gewünscht von Hermi1990 15. Der See zu ihren Füßen „Meinst du, es ist schon Weihnachten?“ Langsam, fast widerwillig blickte Harry auf, riss seine Augen von der stahlgrauen, sturmgepeitschten Oberfläche des Sees wenige Meter unter ihm los, um Hermines kläglichen Versuch eines Lächelns zu betrachten. Steif zuckte er auf ihre Frage hin mit den Schultern, zu lange hatte er hier draußen auf dem kleinen Campingstuhl gehockt und die dicken, schweren Schneeflocken beobachtet, die in dichten, weißen Vorhängen vom Himmel gefallen waren, und ab und zu einen Zauber gesprochen, damit ihr Zelt nicht vollkommen unter der weißen Pracht verschwand. „Hier“, meinte Hermine leise und reichte ihm eine große, dampfende Tasse Tee, die er dankbar zwischen seine trotz der Handschuhe durchgefrorenen Finger nahm, bevor sie sich neben ihn setzte und seinem Blick folgte. Gemeinsam beobachteten sie die dunklen Wellen, die vereinzelten Eisschollen, während das erste, graue Tageslicht langsam über die Hügelkuppen der Umgebung sickerte und die Sterne vom Himmel vertrieb. „Kannst du nicht schlafen?“, fragte er leise, nur um etwas anderes zu hören als das Rauschen des Windes und das rastlose Gluckern des Sees zu ihren Füßen. Stumm schüttelte sie den Kopf, sodass ihre buschigen Haare in alle Richtungen flogen, und in dieser einen Geste allein lagen mehr Verzweiflung und Einsamkeit, als sie in den Tagen und Wochen seit Rons Verschwinden mit Worten zum Ausdruck gebracht hatte. „Ich auch nicht“, antwortete er leise, trotz der bleiernen Müdigkeit, die auf seinen Augenlidern lag, so wie die schweren, dunklen Wolken den Himmel herabzudrücken schienen, bis er fast die Hügelkuppen berührte, rasten seine Gedanken so sehr, dass er ihnen kaum folgen konnte, drehten sich ohne Unterbrechung im Kreis. Das Schwert, die Horkruxe, Ginny, Ron, Ginny, seine Eltern, die Horkruxe, das Schwert, seine Eltern, Voldemorts tote Schlangenaugen... Er schüttelte den Kopf, um dieses Bild loszuwerden, und Hermine legte ihre weiche, warme Hand auf seinen Arm, die sich so unglaublich lebendig anfühlte, wie ein Talisman gegen die Kälte und die Angst und den Tod, der ihn bis in seine Träume verfolgte. „Danke“, flüsterte er, fast unhörbar gegen den Wind, und sie schenkte ihm ein zerbrechliches Lächeln, bevor sie schließlich aufseufzte. „Kaum zu glauben, dass ich Schnee einmal mochte“, meinte sie leise und Harry wusste, dass sie nur sprach, um die bedrückende Stille des frühen Morgens zu übertönen, in der sich noch nicht einmal die Vögel regten, nur der See unter ihnen an die Küste der kleinen Insel schwappte. Unwillkürlich drängte sich eine andere in Insel in einem anderen See in seinen Verstand, und die toten, modernden Leiber, die aus ihm hervorgestiegen waren... „Ja, aber auf Hogwarts konnten wir nach unserer Schneeballschlacht nach drinnen gehen, zum Weihnachtstee, und uns mit Dumbledores Zitronenbrausebonbons vollstopfen.“ Es überraschte ihn, dass es seine Stimme war, die gesprochen hatte, doch wenn er sich ganz fest konzentrierte, glaubte er, die fröhlichen Laute des Schlosses zu hören, das Lachen von Kindern, das Klappern von Besteck, selbst Peeves' schrilles Gackern. Das Heimweh, das diese Gedanken aus seinem Winterschlaf weckte, die merkwürdige Leere hinter seinem Brustbein, waren immer noch besser, als Dumbledore noch einmal am Boden zu sehen, flehend, vor Schmerzen gekrümmt. Hermine streckte ihre Hand aus und drückte vorsichtig seine Finger, die er noch immer fest um die Tasse geschlungen hielt. „Tee haben wir auch hier“, meinte sie leise und seinem Hals entkam ein Laut, verzweifelt und bitter, der in einem anderen Leben vielleicht ein Lachen hätte sein sollen. „Ja“, entgegnete er trotz allem und reichte die Tasse an Hermine zurück, die sie für einen Moment festhielt, in der Wärme badete, bevor sie vorsichtig einen Schluck nahm, aufseufzte und sie an ihn zurückgab. „Trink, du warst länger hier draußen als ich.“ Er nickte folgsam, starrte aber trotzdem weiter in die Ferne, auf die schneebedeckten Hügel auf der anderen Seite des Sees, deren Kuppen sich langsam dunkel vom Stahlgrau des Himmels abzuheben begannen. „Wärst du gerne bei deinen Eltern?“, fragte er schließlich, leise und nachdenklich, und doch spürte er, wie Hermine sich neben ihm rührte. Fast ängstlich warf er einen Blick auf sie und sah, was er vermutet – befürchtet – hatte: Ihre Augen schimmerten wässrig und sie wollte zurück ins Zelt fliehen, doch seine Hand schoss mit den geübten Reflexen eines Suchers hervor und packte sie am Arm. „Nicht“, wisperte er nur und sie ließ sich mit einem heiseren Aufschluchzen auf ihren Campingstuhl zurückfallen, ohne ihre Tränen weiter verbergen zu wollen. Harry hatte keine große Erfahrung mit weinenden Mädchen und fand sie eigentlich ziemlich nervtötend, doch Hermine hatte wohl mehr Recht, aufgelöst vor ihm zu sitzen, als alle anderen, selbst Ginny. „Shhh“, machte er unbeholfen und zog sie in seine Arme, die sich klobig und fremd anfühlten in seiner Winterjacke, und schließlich, nach einem Moment der Steifheit, entspannte sie sich und schmiegte ihren Kopf an seinen Schal, schluchzend. Es war ein merkwürdiges Gefühl, sie so festzuhalten, zu spüren, wie ihr Brustkorb unter ihrem dicken Mantel erzitterte, wieder und wieder und wieder. Wenn er wenigstens mit ihr hätte weinen können – doch ihm war nicht nach Tränen, seine Augen brannten nicht einmal. Trotzdem hätte er sie der sirrenden, vibrierenden Einsamkeit in seinem Inneren vorgezogen, diesem Gefühl, das er am Anfang fast mit Hunger verwechselt hatte, so leer fühlte es sich an. „Shhh“, machte er noch einmal und er wusste nicht, ob er damit Hermine trösten oder den Abgrund in seinem Herzen vertreiben wollte, doch der Abgrund lächelte nur kalt und blieb, wo er war. Hermine hingegen hörte langsam auf, zu zittern, ihre verzweifelten Schluchzer ebbten ab und Harry zog sie fester in seine Arme, vergrub seine Nase in ihrem dichten, buschigen Haar, das langsam wieder von weißen Flocken gesprenkelt wurde. Der Schneefall der Nacht hatte wieder eingesetzt, doch nun fühlte er sich fast sanft an, wie eine federleichte Liebkosung, und nicht mehr wie der wütende, peitschende Sturm, der ihnen so zu schaffen gemacht hatte. Für einen Moment überlegte Harry, nach drinnen zu gehen, entschloss sich aber schließlich dagegen – er wollte Hermine nicht stören, die sich gerade beruhigt zu haben schien, und außerdem fühlten sich der Schnee und die Kälte gerade nicht an wie ein Feind, sondern eher wie ein Freund, der all den Schmerz in seinem Inneren wenigstens für Momente einfror. Gemeinsam saßen sie da, Hermine in Harrys Armen, bis das morgendliche Licht an Intensität gewann und die Farben in ihre Welt zurückkehrten, zumindest auf Hermines Mütze und Harrys Schal, während der Rest der Welt in Grau und Weiß zu verschwimmen schien. „Danke“, wisperte Hermine fast unhörbar und ihre Stimme klang wie die fast unmerkliche Liebkosung der herabfallenden Schneeflocken. Harry drückte sie nur einen Moment fester, zum Zeichen, dass er sie gehört hatte, bevor er sie ein Stückchen von sich schob, um ihr ins Gesicht blicken zu können. Ihre Augen gerötet, das Gesicht ein wenig zerdrückt von all der Zeit, die sie sich an seine Schulter gepresst hatte, sah sie noch immer geknickt und hilflos aus und trotzdem hätte sich Harry niemand anderen an seiner Seite gewünscht, niemanden gewusst, der mutiger für ihn eingestanden wäre, als diese junge Frau, die er nun fast schon sein halbes Leben lang kannte. Sie musste die Nachdenklichkeit in seinem Blick bemerkt haben, denn sie legte den Kopf schief, nur eine kleine, vorsichtige Geste, die doch alles aussagte, was sie übermitteln wollte, und er lächelte leicht. Trotzdem wirkte sie für einen Moment bedrückt und weit, weit entfernt, so als ob ihre Gedanken sich nur mit Mühe in die Gegenwart zurückkämpfen wollten, doch dann griff sie nach seinen Händen und drückte sie, ihre Finger eisig selbst durch den Stoff ihrer und seiner Handschuhe hindurch. „Danke“, wiederholte sie, diesmal fester, und schließlich schaffte sie es auch, die bläulichen Lippen zu einem Lächeln zu verziehen, das klein und zerbrechlich wirkte wie eine Schneeflocke und jeden Moment wieder wegzuschmelzen drohte. „Dafür sind Freunde da“, entgegnete er ruhig und hob seine Hand, bedeckte ihre eisige Wange mit seinen Fingern und sie schmiegte sich in seine Berührung, vertrauensvoll und traurig zugleich. Sie sah einsam aus, fand er – nicht auf dieselbe Art wie er, anders, aber deswegen nicht weniger alleine. Im Gegensatz zu ihm hatte Hermine eine Wahl – sie wurde von keiner Prophezeiung gebunden, sie konnte dieses Land, diesen Kampf, diesen Krieg hinter sich lassen, wenn sie es denn nur wollte, und ihre Entscheidung lastete manchmal schwer auf ihr. Ohne zu überlegen, ohne es zu wollen, beugte sich Harry nach vorne, drückte einen vorsichtigen Kuss auf ihren Haaransatz, auf ihre Stirn, auf ihre Schläfen, bevor er sie wieder in seine Arme schloss, seinen Kopf auf den ihren bettete und einen fast unhörbares Dank in ihre Haare flüsterte. Kapitel 16: Winterrosen ----------------------- Pairing: Draco Malfoy/Astoria Greengrass gewünscht von Charly1991 16. Winterrosen Das Licht der kristallenen Luster brach sich an den schimmernden Eisskulpturen, bedeckte den verschneiten Garten vor den großen Flügeltüren mit glitzernden Kristallen, bevor es sich schließlich in der Dunkelheit verlor. In ebendieser Dunkelheit konnte Draco Malfoy eine schmale Gestalt in einem smaragdgrünen Festumhang ausmachen. „Astoria“, sagte er leise, seine Stimme ebenso sanft wie die gedämpfte Musik aus dem Ballsaal, und die junge Frau drehte sich um. „Draco“, lächelte sie und machte einen Schritt auf ihn zu, weg von der Skulptur, die sie betrachtet hatte, und er trat neben sie, reichte ihr seinen Arm. „Möchtest du ein paar Schritte gehen?“ Ihre Hand fühlte sich kalt an, selbst durch den Stoff hindurch, und doch lächelte sie – lächelte und nickte. „Gern.“ Der Garten sah malerisch aus unter dem Mondlicht, seine Mutter schenkte der Dekoration zu jedem Weihnachtsball, den sie veranstaltete, große Aufmerksamkeit und doch hatte er den Eindruck, dass der Garten in diesem Jahr noch romantischer war als im letzten. Wenn er ein wenig darüber nachdachte, war das auch gar nicht so unwahrscheinlich – immerhin wusste seine Mutter von seinem Vorhaben. Fast unwillkürlich strichen seine Finger über die kleine Wölbung seines Umhanges, versicherten sich, dass das Kästchen noch immer da war, bevor er Astoria anlächelte, ihr einen Blick schenkte, den nur sehr wenige Menschen zuvor zu Gesicht bekommen hatten. Sie strahlte zurück und für einen Moment hielten sie inne, sahen sich nur an, spiegelten ihr Glück in den Augen des anderen, bevor Astoria schließlich einen zögerlichen Schritt nach vorne machte. „Es ist wunderschön hier“, flüsterte sie, unwillig, die Stille des Gartens zu stören, und er nickte langsam, streichelte über ihre zarten Finger, die noch immer auf seinem Arm lagen. „Das ist es“, antwortete er und zu seiner Überraschung dachte er wirklich, was er sagte. Schon als Kind hatte er den Garten gemocht, sich hinter den Hecken und Büschen versteckt, war über die Wiesen getollt – und in Momenten wie diesen, in denen die Bäume von Zuckerguss überzogen schienen und die Schneekristalle genauso schimmerten wie die Sterne über ihm, kehrte diese unschuldige Faszination zurück. Einer der weißen Pfaue seines Vaters brach aus der Hecke neben ihnen hervor und betrachtete sie für einen Moment aus schwarzen Knopfaugen, bevor er den Kopf reckte und über einen anderen Pfad davonstolzierte, das schmale Haupt stolz erhoben. Für einen Moment, als das Rascheln aus den Büschen zu ihnen drang, spürte er, wie sich Astorias Finger an seinem Arm verkrampften, doch als sie das Tier sah, leuchteten ihre Augen auf. „Sie sind wirklich süß“, meinte sie leise und auch wenn Draco ihr nicht zustimmen konnte, würde er um ihretwillen nicht nur einen, sondern sogar fünfzig Pfaue ertragen. „Mh“, machte er nur anstatt einer Antwort, konzentrierte sich lieber darauf, ihre Finger mit den seinen zu wärmen, denn es war trotz allem, was Magie für sie tun konnte, empfindlich kalt. Astoria lachte. „Du bist so durchschaubar, Draco!“ „Autsch. Das tat weh“, murmelte er gespielt gekränkt und warf ihr einen jener verletzten Blicke zu, von denen er wusste, dass sie ihnen nicht widerstehen konnte. Sie kicherte und ihre Finger flogen zu seiner Wange, streichelten kalt über die vom Frost gerötete Haut. „Ich bin mir sicher, dein Slytherin-Stolz wird mir verzeihen“, antwortete sie neckisch und küsste ihn. Er antwortete darauf, indem er seine Arme um sie schlag, während sie ihre Finger in seinen Haaren vergrub und ihn näher an sich zog. Ihre Lippen fühlten sich eisig an und doch bekam er nicht genug von ihr, wollte sie nicht wieder loslassen, bis schließlich der dumpfe Schrei eines Pfaues – vielleicht desselben wie zuvor? - zu ihnen hinüberdrang und ihn Astoria vorsichtig von sich schob. „Lass uns weitergehen“, murmelte sie, ein wenig von der Kälte war aus ihren Wangen gewichen, gemeinsam mit einem Teil der noblen Blässe. Wieder bot Draco ihr seine Arm an und er spürte, wie sie ihn in den hinteren Teil des Gartens zog, weiter weg vom Lachen und der Musik, die aus dem Ballsaal fluteten. Er war sich sehr sicher, dass sie die Wege und Bänke für sich alleine hatten, seine Mutter hatte ihm zugezwinkert, als er Astoria nach draußen gefolgt war, und das war ihm nur recht. Manche Dinge waren nur für Astoria bestimmt und für niemand anderen. „Du bist so still heute“, bemerkte sie leise und er spürte, wie die Nervosität in seinem Bauch flatterte – ihm war gar nicht aufgefallen, dass er weniger sprach als sonst, so sehr lenkte ihn das Gefühl ab. „Bin ich das?“, antwortete er vorsichtig und sie nickte. „Bist du. Wieder mehr wie der kühle Mr Malfoy, den ich damals kennengelernt habe.“ Er hielt auf dem Pfad inne, den sie gerade entlangspazierten, und nahm sie in seine Arme, seine Nasenspitze nur Zentimeter von der ihren entfernt. „Hätte Mr Malfoy dich so angesehen?“, fragte er leise und bemühte sich, all die Zärtlichkeit, die er für sie empfand, in seinen Blick zu legen, bevor er einen sanften, ja fast vorsichtigen Kuss auf ihren Lippen zurückließ. „Oder dich so geküsst?“ Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern führte sie die wenigen Schritte bis zu einer steinernen Bank neben dem Weg, hinter der noch immer ein Rosenbusch blühte, jedes einzelne der blutroten Blütenblätter eingefasst von einem Band aus Eis. „Setz dich“, flüsterte er und nahm neben ihr Platz, streichelte abwesend ihre Finger, die er noch immer in seiner Hand geborgen hatte. Es hatte keinen Zweck, es zu leugnen, er war nervös, doch noch während er sich bemühte, seinen Mut zu sammeln, schlich sich Astorias Hand an seine Wange und brachte ihn sanft dazu, sie anzusehen. „Das hier ist wunderschön“, flüsterte sie und er konnte ihr nur zustimmen, das glückliche Leuchten in ihren Augen war das bezauberndste, das er in seinem ganzen Leben gesehen hatte. „Das ist es“, antwortete er, während die Schmetterlinge in seinem Bauch mit den Flügeln schlugen, fester und immer fester, und seine Worte wie eine kleine Wolke zwischen ihnen schwebten, bevor sie sich schließlich auflösten. Vorsichtig nahm er Astorias Hände in die seinen, bemerkte, dass sie keinen einzigen Ring trug, obwohl es ihr doch an Schmuck nicht mangelte, und hob sie schließlich an seine Lippen. Sein warmer Atem brach an ihren Fingern und trotzdem verteilte er vorsichtig Kuss um Kuss auf ihren Handrücken, bevor er es mit einem zärtlichen und doch bangen Blick wagte, ihr wieder ins Gesicht zu sehen. Ein kleines, fast unmerkliches Lächeln umspielte ihre Lippen, so als ob sie beide Mitwisser desselben Geheimnisses wären, und diese Erkenntnis war es, die ihn schließlich vor ihr auf die Knie gehen ließ. Unter seinem Umhang knirschte der Schnee und widerwillig löste er eine seiner Hände von den ihren, um sie auf die Reise zu dem kleinen Juweliersschächtelchen zu schicken, das er in der Tasche seines Festumhanges verborgen hatte. „Astoria, ich kenne dich schon so lange und trotzdem entdecke jeden Tag eine neue, wunderbare, faszinierende Seite an dir. Jedes Mal, wenn ich in dein Gesicht sehe, wenn ich durch deine Haare streiche, fühlt es sich neu und wunderbar an, und wenn wir uns sehen, wünsche ich mir, dass du nie wieder gehen musst. Astoria Greengrass, würdest du mir diesen Wunsch erfüllen und zustimmen, meine Frau zu werden?“ Mit den letzten Worten zog er die samtumschlagene Box aus seiner Tasche und öffnete sie vor Astoria, er sah, wie ihre funkelnden Augen für einen Moment zu dem Diamantring huschten, bevor sie schließlich wieder mit den seinen verschmolzen. „Ja“, flüsterte sie und ihre Stimme klang rau, Tränen formten sich unter ihren Wimpern, doch sie verbannte sie mit einem energischen Blinzeln und lächelte schließlich. „Ja“, wiederholte sie und er ließ widerwillig ihre kalten Hände los, um den Ring vorsichtig aus seinem samtenen Bett zu heben. Für einen Moment funkelte er mit den Eiskristallen um die Wette, verstreute Licht in allen Farben des Regenbogens und strahlte doch nicht heller als Astorias faszinierte Augen. Fast körperlich konnte er die Intensität ihres Blickes spüren, wie sie jeder seiner Bewegungen folgte, während er nach ihrer Hand griff und mit seinem Daumen vorsichtig über die zarte, helle Haut strich. Für einen Augenblick starrte er auf ihre verwobenen Finger, ihre klein und schmal, seine kräftiger, und doch beide hell und blass, bevor er nach oben blickte in Astorias Gesicht. „Ich liebe dich“, wisperte er und die Worte, die er noch nie zuvor zu ihr gesagt hatte, kamen so einfach, so natürlich über seine Lippen, dass er zuerst glaubte, sie nur gedacht zu haben. „Und ich liebe dich“, antwortete sie leise und erst da begriff er, dass er wirklich gesprochen hatte, dass er die Worte geformt hatte, vor denen er sich immer gefürchtet hatte, da sie Verletzlichkeit bedeuteten, Verletzlichkeit und Schwäche. Doch merkwürdigerweise, ohne es erwartet zu haben, fühlte er sich nun nicht angeschlagen und verwundbar, sondern stärker denn je, während sein Glück ihn ausfüllte und ihm die Kraft gab, den Ring mit einer sanften, vorsichtigen Bewegung über Astorias kalte Finger zu streifen. „Ich liebe dich“, wiederholte er und die Worte fühlten sich besser und besser an mit jedem Mal, das er sie sagte, doch Astoria lächelte nur und zog ihn von den Knien hoch. Ihre Finger, an denen der Diamant funkelte, verschränkten sich mit den seinen und er drückte einen vorsichtigen Kuss auf ihre Hände, bevor er sie in seine Arme schloss. „Ich liebe dich.“ Kapitel 17: Ein Familienfest ---------------------------- Pairing: Ted Lupin/Victoire Weasley gewünscht von Francis 17. Ein Familienfest Der Fuchsbau lag hinter ihnen und die verschneiten Hügel und Wege um Ottery St. Catchpole vor ihnen, und Ted Lupin drückte vorsichtig die Finger von Victoire Weasley, die sicher und geborgen in seiner Hand lagen. Gemeinsam waren sie der Enge des Hauses entflohen, sobald sie sich beide angekommen waren. So gerne Teddy das alte, verwinkelte Gebäude auch mochte – immerhin hatte er einen großen Teil seiner Kindheit hier verbracht – jetzt, wo es voll war mit Victoires Cousins und Cousinen und Onkeln und Tanten und Eltern und Großeltern, würde es ihnen nicht die Privatsphäre bieten, die sie sich wünschten. Immerhin hatten sie sich seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen, seit ihrem Abschied auf dem Bahnhof King's Cross. „Man könnte meinen, man gewöhnt sich daran...“, seufzte Victoire neben ihm auf und legte ihren Kopf für ein paar Schritte auf seine Schulter. „Woran?“, fragte er leise und sie blickte zu ihm hoch, melancholisch und traurig – und dennoch war sie in diesem Moment und auch in allen anderen das mit Abstand schönste Wesen auf dieser Welt. „An die Trennung... es ist jetzt schon mein zweites Jahr alleine in Hogwarts, und trotzdem vermisse ich dich jedes Mal so unglaublich, und wenn wir uns sehen haben wir nie genug Zeit miteinander.“ Seine behandschuhten Finger streichelten ein wenig unbeholfen über ihre Haare, durch den Stoff fühlte sie sich anders an als sonst, fremder und viel zu weit weg für seinen Geschmack. „In einem halben Jahr ist das vorbei... und wir sehen uns ja zu Ostern.“ Sie seufzte erneut, diesmal tiefer, und er merkte, wie ihr Blick nachdenklich in die Ferne wanderte. „Mir geht es doch wie dir, Victoire... Ich vermisse dich mit jedem Tag mehr und nicht weniger.“ Er legte seinen Arm um ihre Schultern und sie kuschelte sich näher an ihn, während sie durch den Schnee stapften und die wärmenden Strahlen der Sonne genossen, die in diesem Winter bis jetzt viel zu selten durch die dichte Wolkendecke gebrochen waren. Doch Teddys melancholische Stimmung konnte dem Licht und der Wärme nicht lange widerstehen. Welche Trennungen die Zukunft auch immer für sie bereithalten mochte, jetzt waren sie hier, waren zusammen, und sogar der tiefblaue Himmel über ihnen schien diesen Tag, diese Stunden, diese Minuten perfekt machen zu wollen. Auch Victoire lächelte bald wieder zu ihm hoch, mit diesen leuchtenden, blauen Augen, die ihn immer dazu brachten, ebenfalls glücklich zu sein. Schon bald sprachen sie wieder über fröhlichere Dinge, über die Weihnachtsgeschenke, die sie bekommen hatten, über ihre Freunde, über ihr Pläne nach dem Ende des Schuljahres. Schließlich erreichten sie, lachend und ein wenig außer Atem, denn der Schnee lag hoch auf den Feldwegen, die Kuppe eines der nahen Hügel und blickten gemeinsam über die verschneite Landschaft hinweg. Hinter einigen Anstiegen und Abhängen konnten sie die Gebäude und Rauchschwaden von Ottery St. Catchpole entdecken, das aus der Ferne aussah wie eine Ansiedlung von Hauselfen, die in Lebkuchenhäusern wohnten, und wenn sie ihren Blick nur ein wenig weiterwandern ließen, sahen sie, fast hinter einer Hügelflanke verborgen, die verwinkelten, verwitterten Anbauten und schiefen Dächer des Fuchsbaues. Erst hier, erst jetzt, fühlte Teddy sich wirklich sicher vor und unbeobachtet von den vielen neugierigen Blicken ihrer Familie, und er vergrub seine Finger – endlich – in Victoires Haaren und küsste sie. Für einen Moment wirkte sie überrascht und ihre Augen weiteten sich, doch dann schien sie in seinen Armen zu schmelzen und kuschelte sich so dicht an ihn, wie es ihre dicken Jacken, ihre Schals, Handschuhe und Mützen nur ermöglichten. „Ich hab dich vermisst“, wisperte er zwischen zwei atemlosen Küssen und sie nickte nur, bevor sie ihre kalte Nase hinter seinem Ohr vergrub und mit ihren Lippen seinen Halsansatz liebkoste. „Mh“, machte er leise, ein fast schon unbewusster Laut, doch zu seiner Frustration kicherte Victoire einen Moment später und ihr Gesicht kam wieder aus seinem Schal zum Vorschein. „Deine Haare sind rot geworden“, lachte sie und Teddy verdrehte die Augen. „Man könnte meinen, dass du dich daran schon gewöhnt hast, nachdem du jetzt mehr als eineinhalb Jahre mit einem Metamorphmagus zusammen bist“, schnaubte er und konzentrierte sich, damit seine Strähnen wieder das durchschnittliche Braun annahmen, das er meistens trug, was Victoire wieder zum Giggeln brachte. „Es gibt Dinge, an denen kann man sich einfach nicht sattsehen“, behauptete sie im Brustton der Überzeugung und doch irgendwie amüsiert. „Und dein Gesicht, wenn du deine Haarfarbe änderst, ist einfach nur süß. Du verziehst dann die Nase ein bisschen und siehst so nachdenklich und konzentriert aus.“ Bei jeder anderen Person hätte Teddy – wie jeder junge Mann, der Wert auf seine Selbstachtung legte – energisch gegen das Adjektiv „süß“ protestiert, aber bei Victoire brachte er es einfach nicht übers Herz, zu faszinierend sah sie aus in ihrer Begeisterung. Und immerhin hatte sie ihn nicht „putzig“ genannt wie den Minimuff, den Rose dieses Jahr zu Weihnachten bekommen und heute der ganzen Verwandtschaft gezeigt hatte. Aber trotzdem... „Ich bin nicht süß“, widersprach er mehr aus Prinzip als weil er sich einen wirklichen Erfolg davon erhoffte, was Victoire in einem erneuten Anfall von mädchenhaftem Kichern versinken ließ. „Bist du doch“, lachte sie und er verzog das Gesicht in einer gespielt verletzten Grimasse. „Bin ich nicht“, entgegnete er und um sie an einer Erwiderung zu hindern, zog er sie in seine Arme und küsste sie erneut, heftiger diesmal, bis ihnen beiden die Luft wegblieb und Victoire ihn mit einem Blick ansah, der bewies, dass sie an andere Dinge dachte als daran, ihn süß zu nennen. Für einen Moment hielten sie inne, der raue Stoff ihrer Handschuhe streichelte sanft über seine Wange und er schmiegte sich in die Bewegung, verschlang ihr Gesicht mit seinen Augen – bis sich sein Blickwinkel radikal und unerwartet veränderte, als ein gut gezielter Schneeball auf seinem Hinterkopf aufschlug. Fast reflexartig brachte er Victoire hinter sich und wandte sich um, um den Übeltäter auszumachen, was ihm einen weiteren Treffer einbrachte, diesmal ins Gesicht. Er blinzelte, um seine Sicht zu klären, und spuckte den Schnee aus seinem Mund, er hatte einen gewissen Verdacht, wer hinter dieser heimtückischen Attacke stecken konnte, der einen Augenblick später auch bestätigt wurde. „Ihr seid so eklig“, quietschte James Potter nur einen Moment, bevor er einen neuen Schneeball warf, dem Teddy aber ausweichen konnte, indem er sich und Victoire zu Boden warf und schon reflexartig seine Handschuhe in den weichen Untergrund trieb, um zum Gegenangriff anzusetzen. „Sie knutschen, sie knutschen, sie knutschen“, leierte sein junger Cousin Hugo und warf einen relativ kleinen, relativ ungezielten Schneeball, der einige Fuß weiter landete und den Abhang hinter ihnen hinunterkugelte. Die drei Jungen – denn auch Albus Potter befand sich unter den Übeltätern, Teddy konnte seinen dunklen Haarschopf entdecken – hatten sich hinter der Bank unter dem krummen, im Moment sehr kahlen Apfelbaum verschanzt, die Teddy und Victoire eigentlich als das Ziel ihres Spazierganges ausgemacht hatten, bis sie so rüde unterbrochen worden waren. Die Rückenlehne bot gute Deckung, doch es gelang Teddy mit einem hohen Schneeball, hinter die Barrikade zu gelangen – und dem quietschenden, ausgesprochen unmännlichen Geräusch nach zu urteilen, das er gleich darauf hörte, hatte er auch jemanden getroffen. Trotzdem wusste er, dass seine Chancen relativ schlecht standen, James, Albus und Hugo waren ihm zahlenmäßig überlegen und hatten, der Geschwindigkeit ihres Feuers nach zu urteilen, hinter ihrer Bank einen ganzen Vorrat an Schneebällen angelegt. Neben ihm spürte er, wie sich Victoire aufrappeln wollte, und er versuchte, sie wieder hinter ihm in Deckung zu drücken, doch sie schnaubte nur und schüttelte seine Hand ab. „Jungs“, murmelte sie und zog ihren Zauberstab, etwas, an das er gar nicht gedacht hatte – und die nächsten Schneebälle ihrer Cousins prallten an ihrem nonverbalen Protego ab. „Ihr schummelt!“, kreischte James auf, empört, weil er seinen eigenen Zauberstab nicht benutzen durfte – in seinem Fall ergab der Erlass zur vernunftgemäßen Beschränkung der Zauberei Minderjähriger wirklich Sinn, besonders, weil seine Vernunft das Wort „Beschränkung“ noch nie gehört hatte, doch Teddy tat es Victoire nur gleich und schickte mit einem Grinsen gleich eine ganze Salve von Schneebällen los. Schon nach wenigen Sekunden sahen die drei Jungen die Aussichtslosigkeit ihrer Situation ein und machten sich davon, so schnell ihre Füße sie nur tragen konnten, verfolgt von einigen verhexten Schneebällen, die Victoire ihnen mit einem letzten, empörten Schnauben hinterher geschickt hatte und die ihnen nun mit magischer Treffsicherheit um die Ohren flogen. „Wir haben gewonnen“, bemerkte Teddy überflüssigerweise und trat – endlich – auf die Bank zu, die sie eigentlich hatten erreichen wollen und die sie nun in einem dramatischen Kampf zurückerobert hatten. Mit einem schnellen Wink seines Zauberstabes befreite er sie von Schnee und Eis, damit sie sich darauf setzen konnten, und gemeinsam nahmen sie Platz, kuschelten sich aneinander und blickten hinaus über die Hügel, die im strahlenden Sonnenlicht glitzerten. Victoire legte ihren Kopf auf seine Schulter, ihr langes, blondes Haar fiel über ihre Schultern herab und sie grinste trocken. „Natürlich haben wir das, Teddy. Was meinst du denn, wieso ich Victoire heiße?“ *** Weihnachten ist vorbei, und damit findet auch Harry Christmas Everyone für dieses Jahr sein Ende. Ich hoffe, dass euch auch die letzte Geschichte gefällt, und möchte allen von euch, die diese Story gelesen, zu ihren Favoriten hinzugefügt oder kommentiert haben, noch einmal herzlich danken. Ich habe mich über jeden Klick, jedes Alert und jedes Mal, wenn ich einen neuen Fav-Eintrag gesehen habe, gefreut, und hoffe, dass es euch auch so gegangen ist, wenn ihr ein neues Kapitel gesehen habt. Deswegen bleibt mir jetzt nur noch, euch einen guten Rutsch ins Jahr 2012 zu wünschen und zu hoffen, dass ihr vielleicht auch im nächsten Jahr wieder dabei seid, wenn Harry Christmas Everyone in sein sechstes Jahr geht. Kapitel 18: In geheimer Mission ------------------------------- Pairing: Ron Weasley/Draco Malfoy, gewünscht von Lonny_Lovegood 18. In geheimer Mission Draco Malfoy zog sich die Kapuze seines Umhangs tiefer ins Gesicht und blickte aufmerksam die Winkelgasse entlang, die noch immer im Dunkel des frühen Morgens lag. Den Straßenlaternen gelang es kaum, die Nebelfetzen, die sich zwischen den Häusern versteckten, zu durchdringen, und auch den weihnachtlichen Kränzen und Girlanden in den Fenstern und dem hässlichen, neongrünen Pinguin mit Weihnachtsmannmütze, der im Schaufenster des Weasley-Ladens hing, gelang es nicht, die düstere Stimmung zu durchbrechen. Draco war das recht so. Immerhin hatte er sowohl die Tageszeit, als auch den Wochentag, als auch seine Kleidung so ausgesucht, um die Wahrscheinlichkeit, erkannt zu werden, zu minimieren... nicht auszudenken, was passieren würde, wenn er bei seinen Geschäften beobachtet würde. Sein Ruf wäre ruiniert – er wäre der Spott der feinen, reinblütigen Gesellschaft... und doch hatte er keine Wahl. Auf der anderen Straßenseite drehte eine Gestalt, kaum sichtbar hinter dem Nebel, der sich auf das Glas der Tür gelegt hatte, das Schild von „Geschlossen“ auf „Offen“, und er nahm einen letzten, tiefen Atemzug. Das war seine Chance – die Winkelgasse leer, nur der Besitzer des Ladens anwesend... er hob trotzig seine Schultern und überquerte die Straße mit hastigen Schritten, dann öffnete er die Tür zu Weasleys Zauberhafte Zaubescherze. Die Glocke über ihm klingelte leise, und Ronald Weasley, auf dem Weg in die hinteren Räume und offensichtlich überrascht von seinem Kunden, wandte den Kopf. Seine Brauen hoben sich, als er den Zauberer in dem dunklen Umhang bemerkte, dann sah Draco, wie Anspannung sich in Weasleys Schultern schlich und seine Hand zu seinem Zauberstab wanderte – beide Reflexe Überreste des Krieges, in dem er gekämpft hatte, und seiner Aurorenausbildung. Für einen Moment zögerte Draco, blickte sich um, um sicher zu gehen, dass Weasley die einzige Person in dem kleinen Laden war, dann streifte er sich die Kapuze vom Kopf, doch nicht, bevor er nicht seine arroganteste Maske aufgesetzt hatte. Weasley klappte die Kinnlade herunter, als er ihn sah, doch er brachte seine Überraschung schnell unter Kontrolle und sie wich einem abwehrenden Gesichtsausdruck, während er seine Arme vor der Brust verschränkte. „Was willst du hier?“ Die Art, wie Weasley seinem Blick folgte, so als ob er ihn herausfordern wollte, etwas Abwertendes über den Laden zu sagen, über die Regale, die mit Scherzartikeln und Weihnachtsdekoration überquollen, über die Plakate an den Wänden und die kleinen Minimuffs, die quiekend und gurrend durch ihre Käfige wuselten, ließ Draco fast seinem Wunsch folgen, genau das zu tun, doch dann erinnerte er sich, wieso er hier war, und hielt seine Zunge im Zaum. Fast. „Manchmal, Weasley, frage ich mich wirklich, wie du es durch die Aurorenausbildung geschafft hast, ohne dich und alle in einem Umkreis von zwanzig Metern versehentlich in Einzelteile zu hexen.“ Draco hielt für einen Moment inne, sah zu, wie Weasleys Gesichtsfarbe einen Hauch von Rosa annahm, der sich fürchterlich mit seiner Haarfarbe biss, und fuhr dann kühl fort: „Dies ist ein Laden – und nachdem ich kaum für einen Freundschaftsbesuch hier bin, möchte ich logischerweise etwas kaufen.“ Nur die Tatsache, dass er ein Kunde war – oder zumindest so tat – schien Weasleys Temperament im Zaum zu halten, und er schaffte es tatsächlich, auf ihn zuzutreten, die Arme immer noch verschränkt. „Kann ich dann etwas für Sie tun?“ Der Satz hätte verbindlich klingen können, freundlich sogar, doch die Art, wie Weasley ihn sagte, machte ihn zu einer Beschimpfung – nicht, dass Draco sich großartig angegriffen fühlte. Die Weasleys mochten durch ihren Laden zu Geld gekommen zu sein, doch Draco hatte trotz der Verluste seiner Familie im Krieg noch immer Malfoy Manor und den ausgedehnten Besitz, der dazugehörte, und kein schäbiges, kleines Loch in der Nähe eines Ortes, den niemand kannte. „Ich suche ein Geschenk für meinen Sohn.“ Weasley hob erneut die Brauen, und Draco fragte sich, ob der Idiot gedacht hatte, er, Draco Malfoy, wollte tatsächlich so etwas wie den Zehn-Sekunden-Pustel-Entferner oder einen Patentierten Tagtraumzauber für sich selbst kaufen. Für einen Moment starrten sie sich über den Minimuffkäfig und die Theke hinweg an, dann lockerte Weasley seine Schultern in einer steifen, gezwungenen Bewegung, bei der Draco glaubte, seine Schulterblätter knirschen zu hören, und trat nach vorne, in den Laden, auf seinen Kunden zu. „Und für was genau interessiert Ihr Sohn sich? Er ist ungefähr so alt wie meine Tochter Rose, nicht wahr?“ Malfoy nickte steif, auch wenn er nicht leugnen konnte, dass die Versuchung, Weasley noch ein bisschen länger kriechen zu lassen, fast stärker war als sein Wunsch, seinem Sohn das Weihnachtsgeschenk zu kaufen, das er sich wünschte. Fast... dann erinnerte er sich an diese großen, grauen Augen, die seinen so ähnlich sahen, und er nahm sich zusammen. „Ja“, entgegnete er steif, und Weasley warf einen kurzen, prüfenden Blick durch seinen Laden, wahrscheinlich mehr, um Draco nicht mehr ansehen zu müssen, als weil er sein Sortiment überprüfen musste. „Wie wäre es dann mit dieser Auswahl an Feuerwerkskörpern?“ Alleine bei dem Gedanken daran, was für Gesichter seine Frau und – bewahre! – seine Mutter machen würden, wenn sie dieses Geschenk unter dem Tannenbaum entdeckten, zuckte er innerlich zusammen... aber Scorpius würde es gefallen. Definitiv. Und wenn er Astoria nur lange und schnell genug erklärte, dass Scorpius sie ja nur benutzen würde, wenn ein Erwachsener in der Nähe war, und natürlich nicht im Haus... „Ich nehme sie.“ Weasley schien ein wenig überrascht, dass Draco ihm keine weiteren Umstände machte, und beförderte die Packung mit einem Schwung seines Zauberstabs auf den Tresen, dann begann er, ihm die anderen Produkte für Jungen in diesem Alter zu zeigen, steif und ohne den Enthusiasmus, den Weasley normalerweise an den Tag legte, wenn er sich um seine Kunden kümmerte. Dass sie sich, nach allem, was in ihrer Schulzeit und während des zweiten Krieges gegen den Dunklen Lord zwischen ihnen vorgefallen waren, auch jetzt noch nicht ausstehen konnten, war kein Wunder. Dass Weasley aber nach all diesen Jahren noch immer den instinktiven Reflex verspürte, das, was er war und tat, gegen Malfoy zu verteidigen... er schüttelte innerlich den Kopf. Dabei sollte doch alleine die Tatsache, dass er hier war und etwas kaufte, obwohl der Laden von zwei Weasleys geführt wurde, für sich sprechen! Eine große Packung magischer Süßigkeiten folgte den Feuerwerkskörpern, doch abgesehen davon konnte nichts seine Aufmerksamkeit erringen, während er sich in dem Geschäft umsah und suchte, wofür er eigentlich gekommen war. Raketen und Naschereien konnte er auch woanders kaufen... aber das, was sein Sohn sich wirklich wünschte, gab es nur hier, war der Grund, wieso er sich zu nachtschlafender Zeit in einen kalten, nebligen Londoner Morgen hinausgewagt hatte. Draco entdeckte die kleinen, roten Spielzeugautos in einer Ecke des Ladens, und wartete darauf, dass Weasley sie ihm zeigen würde, doch der Moment kam nicht – er ging direkt von den selbstkorrigierenden Federn auf der einen Seite zum wiederverwendbaren Galgenmännchen auf der anderen Seite über, ohne die Autos auch nur mit einem Wort zu erwähnen. Eigentlich hätte Draco es sich denken können – wer erwartete schon von ihm, einem Malfoy, dass er sich für etwas interessierte, das nur annähernd mit Muggeln zu tun hatte? Im Grunde hatte er das selbst nicht gedacht... bis sein Schwager, verflucht sei seine Seele, im letzten Sommer zwei der kleinen, feuerroten Aviatomobile angeschleppt hatte, und Scorpius und sein Cousin, Peneus, Tage damit verbracht hatten, Rennen im Rosengarten auszutragen. Natürlich sehr zum Missfallen seiner Mutter, die nicht nur die abgebrochenen Blütenköpfe, sondern auch den schrecklichen Blutsverrätereinfluss auf seinen Sohn beklagte. Draco rollte innerlich mit den Augen. Sie hatte leicht reden – sie war auch nicht diejenige, der sein Sohn seit Monaten mit seinem Wunsch in den Ohren lag, sein eigenes kleines Spielzeugauto zu bekommen. „Was ist mit denen?“, fragte er, und Weasley hielt in seiner Beschreibung der verzauberten Quidditchspieler inne, die tatsächliche Spiele austragen konnten. „Denen?“, entgegnete Weasley, die Überraschung auf seinem Gesicht festgefroren, als Draco auf die beiden roten Aviatomobile deutete, die sich unter der Decke des Ladens ein Rennen lieferten. „Ja, die. Bist du nicht nur dumm, sondern auch blind?“ Die Tatsache, dass Weasley ihn so mit der Nase darauf stieß, dass er ein verzaubertes Muggelgefährt deutete, ließ ihm die Beleidigung entkommen, doch ganz entgegen seiner normalen Art schien Weasley sie nicht zu bemerken. „Du interessierst dich dafür?“ Draco zuckte mit den Schultern. „Mein Sohn will eines haben.“ „Und das für den kleinen, reinblütigen Erben des Hauses Malfoy.“ Weasleys Stimme klang, so als ob er sich nicht recht zwischen Unglauben und Sarkasmus entscheiden konnte, und Draco spürte, wie sich sein Geduldsfaden dehnte. „Pack einfach eines ein.“ Er hielt für einen Moment inne, während Weasley, mit einem kurzen Blick auf das doch sehr hohe Preisschild des Aviatomobils, eine Schachtel zu den anderen Geschenken schweben ließ. Ein Auto machte nicht wirklich Sinn für ein Rennen... „Oder besser zwei.“ Weasleys Augenbrauen schienen fast unter seinem Haaransatz zu verschwinden, und Draco versuchte stark, zu vergessen, was es über ihn als Vater aussagen würde, wenn er etwas, das sein Sohn sich so dringend wünschte, nicht kaufen würde, nur, weil es aus dem Laden einer Familie stammte, die er verachtete, und etwas darstellte, das er noch nie in seinem ganzen Leben gesehen hatte. „Okay. Sonst noch etwas?“ Draco sah sich um, dann schüttelte er den Kopf. „Nein.“ Er folgte Weasley zur Kasse und zog den Beutel mit Galleonen aus seiner Umhangtasche, um zu bezahlen, während Weasley die Einkäufe verpackte und auf eine handliche Größe schrumpfte. Er hatte bereits seine Hand gehoben, um die Preise einzutippen, dann hielt er inne und langte unter die Theke, um ein kleines, längliches Päckchen mit einem Juxzauberstab hervorzuziehen. „Für den Jungen. Geht aufs Haus“, meinte er nur knapp, die Ohren leicht rosa, und Draco nickte langsam. „Er wird sich freuen.“ In der stillen Dunkelheit des Weihnachtsmorgens tapsten kleine, nackte Füße über die kalten, steinernen Fliesen des großen Schlafzimmers von Malfoy Manor. „Daddy!“, flüsterte eine leise, hohe Kinderstimme, während Scorpius' eiskalte Hand nach seinem Vater griff. „Daddy!“ „Mh?“, machte Draco verschlafen, versucht, dem Wunsch nachzugeben, sich einfach im Bett umzudrehen und unter der Decke zu verschwinden. „Daddy, die Geschenke sind da!“ „Mh“, erwiderte er, während Scorpius auf die Bettkante kletterte und sich zu seinem müden, stoppeligen Gesicht hinunterbeugte. „Können wir schon eines aufmachen? Bitte? Bitte? Bittebittebitte?“ Der Wunsch, weiterzuschlafen, wurde stärker, aber gleichzeitig sank auch die Wahrscheinlichkeit, dass er das tun konnte – sein Sohn war hellwach und aufgedreht, wie das nur ein Sechsjähriger am Weihnachtsmorgen sein konnte, und keine Macht der Welt würde ihn dazu bringen, sich wieder still ins Bett zu legen. Neben ihm regte sich bereits Astoria, und wenn Scorpius so weitermachte, würde er auch sie wecken – und Draco wusste genau, wie unausstehlich seine Frau war, wenn sie nicht ausschlafen konnte. „Aber nur eines, ja?“ Er wich Astorias Arm aus, der versuchte, ihn zurück zu ihr zu ziehen, als er die Decke zurückschlug und aus dem Bett kletterte, dann nahm er seinen Sohn in die Arme und trug ihn hinunter in den Salon, wo eine große Tanne ihren Wipfel zur hohen Decke reckte. Scorpius hatte Recht – die Hauselfen hatten die zahlreichen, großen Päckchen bereits unter den Zweigen verteilt, auch jene, die er bei Weasleys Zauberhafte Zauberscherze gekauft hatte, und sein Sohn zappelte in seinen Armen vor Ungeduld. „Ich hab schon nachgesehen, es sind ganz viele für mich dabei!“ Draco lächelte nachsichtig und setzte ihn auf dem Teppich ab, doch nicht, bevor er einen Wärmezauber auf Scorpius' nackte und eiskalte Füße – die er natürlich unter das Hemd seines Pyjamas gestreckt hatte – gezaubert hatte. „Und? Welches möchtest du haben?“ Scorpius runzelte nachdenklich die Stirn, während er seine kleinen Hände über die verschiedenen Päckchen wandern ließ und sich schließlich auf eines festlegte, das, in grünes Papier mit tanzenden Schneemännern eingeschlagen, ein wenig hinter den anderen versteckt stand. „Das hier!“ Draco stöhnte innerlich – wenn er nicht vollkommen falsch lag, war es das mit der Auswahl an Feuerwerkskörpern, das er, wenn er ehrlich war, mit einigen Bauchschmerzen gekauft hatte. Aber jetzt konnte er auch nicht mehr zurück – wenn er sagte, dass Scorpius sich etwas aussuchen konnte, dann musste er auch sein Wort halten. „Okay. Aber vorsichtig.“ Der Junge nickte und zerrte es unter dem Baum hervor, dann ließ er sich auf den dicken Teppich fallen und Draco schloss sich ihm an, genoss die Neugier seines Sohnes und erinnerte sich an andere, bessere Tage, als er selbst jung und unschuldig gewesen war und die Welt noch schwarz und weiß, und nicht voll von diesen komplizierten Grautönen. Mit einer Konzentration, die Draco in dem Alter nicht aufgebracht hätte, machte Scorpius sich an dem magischen Klebeband zu schaffen und löste einen Verschluss nach dem anderen, dann faltete er er das Papier auf und strahlte, als er den Schriftzug dahinter entdeckte. „Oh Daddy! Hast du das gekauft? Hast du das wirklich gekauft?“ Draco hatte kaum Zeit zu nicken, bevor sich eine doppelte Armvoll kleiner Junge auf ihn stürzte und ihn fast zu Boden warf. „Danke danke danke!“ Liebevoll zerzauste er Scorpius' Haare, doch diesmal wollte sein Sohn sich nicht festhalten lassen wie sonst, sondern zappelte, bis Draco ihn schließlich wieder absetzte. „Können wir sie ausprobieren? Nur einen?“ „Du weißt, dass deine Mutter und deine Großmutter das nicht wollen.“ Scorpius starrte aus großen, grauen Augen zu ihm hoch. „Aber Daddy... die beiden schlafen doch! Und wenn wir ganz leise sind...“ Der kleine, lange vergessene Teil von Draco, der noch immer ein bisschen Kind war, zwang ihn dazu, zu nicken, und Scorpius fiel ihm erneut kurz um den Hals. „Danke!“ Dann machten sie sich gemeinsam daran, die große, schwere Schachtel zu öffnen und die große Anzahl an Feuerwerkskörpern zu betrachten, die sich darin verbarg. „Können wir den hier ausprobieren, Daddy?“ Ganz der Slytherin, der er einmal sein würde, hatte Scorpius auf die größte der Raketen gezeigt, die bedrohlich gebogen in ihrem Fach in der Mitte der Schachtel lag. „Einen kleineren, Scorpius – du möchtest doch nicht, dass Mommy aufwacht und hier hereinplatzt.“ „Dann... den hier!“ Draco verkniff sich ein Grinsen – natürlich war es der zweitgrößte geworden! Er schüttelte den Kopf und griff danach, betrachtete ihn argwöhnisch, dann zuckte er mit den Schultern und zog seinen Zauberstab aus der Tasche seiner Schlafanzughose. Der Rakete genügte ein kleines Tippen, dann schoss sie durch den Raum davon, bevor sie in einem rot-grünen Lichtregen explodierte, und Draco konnte seine Enttäuschung nicht verbergen. Nach seinen Erlebnissen in seinem fünften Jahr hatte er mehr von den Weasleys erwartet, doch hier rieselten die Funken nur zu Boden... bis sie auf eine feste Oberfläche trafen. Dann glommen sie auf und wuchsen, trieben Wurzeln in den Teppich und in die Sofas, aus denen Stämme und schließlich Äste sprossen, bis sie in einem Wald aus roten und grünen Bäumen standen, an deren Zweigen nun die ersten Weihnachtskugeln und glühenden Mistelzweige erschienen. Scorpius starrte mit großen, leuchtenden Augen nach oben, während er durch das Wohnzimmer lief, das sich so verwandelt hatte, und beim Anblick seines Sohnes dachte Draco abwesend, dass Weasleys vielleicht doch nicht so schlecht waren. Dann, plötzlich, explodierte der weihnachtliche Wald, und kleine Wichtel flitzten mit lautstarkem Kichern durch das Wohnzimmer, rüttelten an allem, das sie finden konnten, und schlugen einen Krach, der auch Tote wecken konnte – und Draco zuckte zusammen, als er die Stimme seiner Frau aus dem oberen Stockwerk hörte. „WAS ist das, bei Merlin?“ Kapitel 19: Bildnis in Schwarz ------------------------------ Pairing: Harry Potter/Tom Riddle, gewünscht von strify09 19. Bildnis in Schwarz „Wo sind sie denn?“, murmelte Professor Flitwick und schob mit äußerster Anstrengung eine große Kiste mit Weihnachtsdekorationen zur Seite. „Damals in den Vierzigern hatten wir doch diese wundervollen Girlanden... wo sind die denn nur hingekommen?“ Er kletterte auf einen altmodischen Polstersessel, der ächzte und kleine Staubwolken abgab, als er ihn berührte. „Vielleicht hinter diesem Bild?“ Der Rahmen, größer als er, war von schwarzem Tuch verhüllt, das fast magisch knisterte, als er es berührte. „Ah, hier sind sie doch!“, quiekte er vor Freude und hob die Schachtel mit einem Schwenk seines Zauberstabes an, bevor er sich auf den beschwerlichen Weg zurück zur Tür des Dachbodens machte. Hinter ihm fiel das schwere Laken, das über dem Portrait gehangen hatte, zu Boden, und Tom Riddle, Schulsprecher und Held der Kammer des Schreckens, klopfte sich den Staub von der Kleidung, bevor er sich auf Wanderschaft begab. Das Schloss war größer als in seiner Erinnerung, oder vielleicht kam es ihm auch nur so vor, weil er so lange in seinem engen Bilderrahmen, nur mit dem Hauspokal und seinem Schulsprecherabzeichen zur Gesellschaft, eingesperrt gewesen war. Es mussten Jahre gewesen sein, und sein erster Wunsch war, herauszufinden, wie viele. Der Kalender im verlassenen Büro des Schulleiters, zu dem er sich schlich, um die anderen Portraits nicht aufzuwecken, gab ihm Auskunft – er befand sich im Jahr 2000, kurz vor Weihnachten, und das Schloss brummte vor Vorfreude. Die Kinder und auch die Lehrer beteiligten sich daran – Flitwick war ein leuchtendes Beispiel dafür... aber wenn er bedachte, dass dieser dumme Enthusiasmus der Grund war, wieso er nun frei war, dann konnte er sich nicht so recht aufregen. Diese Überzeugung wurde ein wenig aufgeweicht, als er im Portrait der Fetten Dame landete, die gerade mit ihrer Freundin Violet eine Schale Punsch vernichtete und dazu Weinbrandpralinen aß. Die beiden Frauen waren schon recht angeheitert, und einige Schüler aus Gryffindor standen ratlos vor dem Portraitloch, während der Bilderrahmen, in dem Tom sich befand, sanft hin und her schwankte, sich aber nicht öffnete. Für einen Moment amüsierte er sich über die schockierten Gesichter der Kinder, aber dann passierten zwei Dinge gleichzeitig. Die Fette Dame entdeckte ihn und schlang nach ein paar schwankenden Schritten auf ihn zu ihren voluminösen Arm um seinen Hals, und ein schlaksiger junger Mann mit zerstrubbelten schwarzen Haaren stürzte von der anderen Seite der Leinwand auf sie zu, offensichtlich gehetzt. „Lässt du sie schon wieder nicht hinein?“, fragte er anklagend, und der Bilderrahmen klappte mit einem Klicken auf, damit die Schüler zu ihren Betten gelangen konnten. Für einen Moment schien der Junge sich zu entspannen, dann spürte Tom, wie sein Blick auf ihn fiel und er ihn ungläubig und schockiert anstarrte. Er keuchte auf und riss die Fette Dame von Tom los, wofür er sich eigentlich bedanken wollte, bis der junge Mann ihn rüde am Umhang packte und aus dem Bild drängte, weg von den beiden betrunkenen Frauen, und hinein in einen kleinen Bilderrahmen, der in einem verlassenen Besenschrank quer über einem Putzeimer lag. Tom starrte hinunter auf den schmutzigen Rest von Wasser, auf dem eine dünne Staubschicht schwamm, während der junge Mann ihn mit seinem ganzen Gewicht gegen den Bilderrahmen gedrückt hielt. Das Herz schlug ihm bis zum Hals – er war ein Portrait, und er hatte keinen Zauberstab, wie ihm in den langen Jahren, die er in seinem Bilderrahmen verbracht hatte, schmerzhaft bewusst geworden war. In seiner Erleichterung, endlich befreit zu sein, hatte er seine Vorsicht sträflich vernachlässigt – und das war der Preis, den er dafür bezahlte. Für einen Moment hörte er nichts als das Wasser, das unter ihnen plätscherte, seinen eigenen Stakkatoherzschlag und den angestrengten Atem seines Angreifers in seinem Ohr, dann spürte er, wie die Hände an seinem Arm und seiner Schulter ein wenig locker ließen, wahrscheinlich, weil er keine Anstalten machte, sich zu wehren. Der kleine Junge in ihm, der in mehr als eine Balgerei im Waisenhaus verwickelt gewesen war, bevor seine magischen Kräfte schließlich zu Tage traten, warf sich mit seinem ganzen Gewicht zurück, und sein Angreifer taumelte und stieß scharf den Atem aus. Tom nutzte die Gelegenheit und wirbelte herum, stieß ihn noch weiter von sich, bevor er sich wieder zurückzog und zum ersten Mal die Gelegenheit hatte, den jungen Mann näher zu betrachten. Er schien nicht viel älter zu sein als er selbst, aber dafür klein und schmal, mit leuchtend grünen Augen hinter einer Brille, die schief auf seiner Nase saß. „Was machst du hier?“, stieß er wütend hervor und ballte die Fäuste abwehrbereit vor sich, während Tom innerlich vor Erleichterung darüber seufzte, dass der andere ebenfalls keinen Zauberstab hatte. „Was ich hier mache?“, entgegnete er spöttisch, bevor er grinste. „Wer bist du, um mich das zu fragen?“ Sein Gegenüber machte einen kleinen, wütenden Schritt auf ihn zu, bevor er sich offensichtlich eines Besseren besann. „Wer ich bin? Du hast meine Eltern umgebracht!“ Tom runzelte die Stirn. Außer dieser kleinen Idiotin Myrte, die dem Basilisken begegnet war, hatte er niemanden umgebracht... auch wenn er vorhatte, seinen Vater und seine Großeltern zu töten, wenn er sie jemals finden würde. Sich bewusst, dass der andere junge Mann ihn noch immer anstarrte, schnaubte er. „Erleuchte mich.“ „Die Potters! Du hast die Potters umgebracht, weil du mich töten wolltest!“ Tom fragte sich, wieso er einen so schmalen Jungen, wahrscheinlich ohne außergewöhnliche magische Fähigkeiten, überhaupt als Bedrohung gesehen hatte, und lachte. „Und was willst du jetzt von mir? Dich für einen Mord rächen, an den ich mich nicht einmal erinnere, weil er begangen wurde, nachdem dieses Bild gemalt wurde?“ Potter stutzte, und Tom korrigierte seine Schätzung seines Intelligenzquotienten um noch ein paar Punkte nach unten. „Offensichtlich ein Gryffindor – vielleicht solltest du es dir angewöhnen, zuerst zu reden und dann auf andere Portraits loszugehen.“ Der kalte Spott in seiner Stimme schien Potter nur noch wütender zu machen, und Tom grinste, als er auf den jungen Mann hinabsah, der ihn mit zusammengebissenen Zähnen und fest geballten Fäusten anstarrte. Kleiner Idiot... warum er sich dazu herabgelassen hatte, auf einen dummen Jungen wie ihn loszugehen, würde er sein zukünftiges Ich fragen müssen, wenn er ihm einmal begegnete. Und für den Moment... nun, Hass war er gewohnt, und wie er mit den Idioten spielte, die meinten, sich ihm in den Weg stellen zu müssen, hatte er auch schon vor langer Zeit gelernt. „So ist es besser, Potter. Einfach schön die Zähne zusammenbeißen, damit kein Mucks herauskommt, und vielleicht bemerkt dann niemand, was für ein kleiner Dummkopf du bist.“ Trotz all seinen Erfahrungen traf ihn der Faustschlag ins Gesicht überraschend, und er riss seinen Arm einen Sekundenbruchteil zu spät nach oben, um ihn noch abzufangen. Stattdessen konnte er sich nur seinen schmerzenden Kiefer halten und das Blut abwischen, das von seiner aufgeschlagenen Lippe auf sein Kinn tropfte. „Potter!“ Der Junge grinste ihn an, während er seine offensichtlich schmerzenden Finger ausschüttelte – ein Schlag ins Gesicht des Gegners war ein guter Weg, sich die eigenen Knochen zu brechen, aber davon hatte Potter offensichtlich noch nie etwas gehört. „Du siehst besser aus ohne das arrogante Grinsen, Riddle.“ Wo Potter zuvor nur ein kleiner Idiot gewesen war, der es gewagt hatte, sich ihm in den Weg zu stellen, war er nun, wo er ihn geschlagen – geschlagen! – hatte, zu etwas anderem aufgestiegen – einem Feind. Und Tom Riddle wusste, wie er mit seinen Feinden umzugehen hatte, auch wenn er gerade zu wütend war, um sich darum zu kümmern, dass er weder einen Zauberstab noch einen Plan hatte... aber Potter hatte auch keinen, und war zu dumm, sich einen auszudenken. Der Bilderrahmen schwankte bedrohlich auf dem Putzeimer, als Tom auf Potter losstürmte, das Gesicht zu einer wütenden Fratze verzogen, doch zu seiner Überraschung nahm Potter die Herausforderung nicht an, wie es jeder gute Gryffindor tun sollte, sondern... wich zurück. Tom folgte ihm, aus dem leeren Rahmen hinaus und in das nächste Bildnis hinein, wo Potter sich vor seinem Schlag wegduckte und unter einem Tisch mit einer Obstschale Deckung suchte, bevor er schließlich weiter davonlief. Tom knirschte mit den Zähne... Gryffindor, pah. Nichts weiter als ein kleiner Feigling war der Junge, nicht willens oder in der Lage, sich ihm entgegenzustellen, weil er, selbst ohne Zauberstab, größer und stärker war als er... aber er würde ihn kriegen. Seine Größe verlieh ihm einen Geschwindigkeitsvorteil, und der Saum von Potters Umhang kam immer näher, während sie durch die Portraits aufgebrachter Damen und Herren hetzten, bis er ihn schließlich zu fassen bekam und Potter zu sich hinzog. „Hiergeblieben.“ Der Schlag in den Magen ließ Potter taumeln, während er sich nach vorne krümmte und würgte, und Tom machte einen Schritt zurück, genoss, wie sein Gegenüber sich unter Schmerzen wand, und bereute nur, keinen Zauberstab für den Cruciatus-Fluch zu haben. „Nicht mehr so eloquent, Kleiner?“ Potter starrte zu ihm hoch, Hass in diesen so grünen Augen, und richtete sich mühsam auf, bevor er auf ihn zuschoss und ihn an den Armen packte, ihm für einen Moment ins Gesicht starrte. Tom starrte zurück, nicht nur, weil er seinen Gegner sehen wollte, wenn er ihm den letzten Schlag verpasste, sondern auch, weil da irgendetwas war... in Potters Augen, in seiner Miene, das lange verdrängte Instinkte in ihm wachrief – Instinkte, die er bis jetzt nur gebraucht hatte, wenn er kurz vor der Niederlange stand. Dann schlug Potters Stirn auf seiner Nase auf und Schmerz schoss durch sein Gesicht, während er zurückgestoßen wurde, aus dem Rahmen des Bildes hinaus, und auf dem Boden eines staubigen Zimmers landete, das er nur zu gut kannte. Er war wieder dort, wo er für so lange Zeit gefangen gewesen war... und das statische Knistern des Zaubers, der ihn an sein Portrait band, ließ ihn aufschreien. „Nein!“ „Doch.“ Potters Stimme war schmerzverzerrt, und doch konnte Tom den Triumph in ihr hören, als er aufblickte und Professor McGonagall entdeckte, den Zauberstab in der einen und ein Bild in der anderen Hand, aus dem Potter ihm entgegenblickte. Hastig versuchte Tom, den Blutfluss aus seiner Nase zu stillen, presste sich den Ärmel vor das Gesicht, während McGonagall den jungen Mann in dem Portrait tadelnd ansah. „War das wirklich nötig, Mr Potter?“ „Darauf habe ich seit acht Jahren gewartet, Professor.“ Kapitel 20: Von Mäusen und Männern ---------------------------------- Pairing: Abraxas Malfoy/Alastor Moody, gewünscht von Se.Ka.Ya. 20. Von Mäusen und Männern Abraxas Malfoy verschränkte seine Arme vor sich und lehnte sich auf dem harten, unbequemen Holzstuhl zurück, als Alastor Moody, der junge Auror, der die Dreistigkeit gehabt hatte, ihn tatsächlich zu verhaften, eintrat, und die Tür hinter sich zuknallen ließ. Sehr beeindruckend. Wirklich. Noch hatte er sich in der Gewalt, noch trat sein Sarkasmus nicht nach außen, als der junge Mann sich vor ihm aufbaute und mit einem Blick auf ihn hinuntersah, der fast vor Verachtung sprühte, der Abraxas aber nur den Hauch eines verächtlichen Lächelns entlockte. „Musste das wirklich sein?“, fragte er mit gespielt milder Stimme, gerade als der Auror ansetzen wollte, ihm eine scharfe Anschuldigung an den Kopf zu werfen. Für einen Moment sah er, wie er Moody damit aus dem Gleichgewicht brachte, seine Strategie des sofortigen Angriffs in Frage stellte, dann fing der jüngere Mann sich und nahm stattdessen auf dem Stuhl ihm gegenüber Platz, mit dem Rücken zur Tür, die aus dem Verhörraum hinausführte in das hektische Gewusel der Aurorenzentrale. „Bei den Anschuldigungen gegen Sie – ja“, entgegnete Moody mit mehr Ruhe, als Malfoy ihm bei seiner offensichtlichen Jugend und Unerfahrenheit zugetraut hätte. Auch wenn der Einfluss der alten, reinblütigen Familien in den letzten Jahren stetig zurückgegangen war, noch zählte der Name Malfoy etwas – genauso wie das Gewicht, den er mit sich brachte und das Abraxas' Frau gerade einsetzte, um ihn aus dieser unangenehmen Situation zu befreien. „Und das vor meinem kleinen Jungen und meinem Vater – am Weihnachtsabend!“, fuhr er ungerührt fort, mehr an die unzweifelhaft anwesenden Zuschauer hinter der großen Glasscheibe gewandt als an den jungen Mann, der ihm gegenüber saß. „In seinem Alter hätte der Schock ihn töten können!“ Und wäre das nicht fürchterlich tragisch, wenn ich endlich die Kontrolle über das Malfoy-Vermögen übernehmen könnte? Moody zuckte nicht einmal. „Ich bin sicher, er wäre nach einem langen, vom Studium der Dunklen Künste erfüllten Leben gestorben.“ Ein schmales, dünnlippiges Lächeln des Amüsements zuckte über Abraxas' Lippen. Entweder war dieser Junge ausgesprochen dumm, oder beeindruckend kaltblütig. Er musste wissen, über welchen Einfluss er gebot, musste wissen, dass jeden Moment einer seiner Vorgesetzten durch die Tür platzen und verkünden konnte, dass eine tragische Verwechslung passiert war und Mr Malfoy jetzt mit einer Entschuldigung des Ministers nach Hause gehen konnte... und trotzdem saß er da, als hätte er alle Zeit der Welt, und kümmerte sich nicht darum, dass er gerade ein ehemaliges Mitglied des Zaubergamot beschuldigt hatte, in illegale Aktivitäten verwickelt zu sein. „Das ist ein schwerwiegender Vorwurf, Mr... Moore, ja? Haben Sie dafür auch Beweise?“ Auch die persönliche Beleidigung perlte an Moody ab wie Wasser. „Ich habe Beweise genug, um Sie hinter Gittern verschwinden zu lassen... Aemilius.“ Abraxas' Augenbrauen schossen nach oben, als der junge Auror neben seinem Bluff auch wie beiläufig seine Beleidigung zurückgab. Denn es musste ein Bluff sein, seine Verwicklung in den Verkauf dieses kleinen, unscheinbaren Amuletts, das dem Träger Macht über andere verlieh, und das ganz ohne den Imperius-Fluch, konnte nicht bekannt sein... genauso wie der beeindruckende Profit, den er dabei eingestrichen hatte. Trotzdem... der Junge hatte Courage, und wenn es eines gab, das Abraxas in den letzten Jahren mit Verachtung erfüllt hatte, dann war es die servile Ehrerbietung, die ihm nun, da er langsam die Zügel von seinem Vater übernahm, von den Lakaien des Ministeriums und der anderen Zaubererfamilien entgegengebracht wurde. „Für mich sieht das hier nicht wie eine Zelle aus, sondern eher so, als ob andere Ihre Überzeugung nicht teilen, Mr Moody.“ Abraxas warf einen zweiten, weitaus genaueren Blick auf den jungen Auror, sah nicht nur die Augen, in deren Tiefen eine Abscheu für ihn und die Dunklen Künste, mit denen er sich befasste, funkelte, sondern auch das braune Haar, die gerade Nase, die kantigen, entschlossenen Gesichtszüge, die sich weiter verhärteten, während er sprach. Moody richtete sich auf seinem Stuhl auf und beugte sich nach vorne, die Hände vor ihm auf dem Tisch verschränkt, und Abraxas konnte spüren, wie seine studierte, undurchdringbare Nonchalance an den Nerven des jungen Auroren zu zerren begann. „Sind Sie mit Mr Thaddeus Dinglewater bekannt?“ Nur Jahre der Erfahrung, zuerst mit seinem Vater, dann in Hogwarts, später mit den Auroren, erlaubten es ihm, seinen inneren Fluch zu verbergen, als Moody ihn auf den Mann ansprach, der das Geschäft für ihn vermittelt hatte. Wenn der Junge nicht nach Strohhalmen griff, dann wusste er doch mehr, als Abraxas vermutet hatte – aber das trug nur dazu bei, den Reiz dieses kleinen Spiels zu erhöhen. Er verbarg ein Lächeln und wedelte stattdessen herrisch mit einer Hand, so als ob er nicht ganz verstehen würde, was diese absurde Frage eigentlich sollte. „Was ist mit ihm?“ Moody erlaubte sich ein Grinsen, das nicht ganz so kalt war wie Abraxas', sondern einen Hauch von hungrigem Raubtier beinhaltete. „Er sitzt in einer dieser Zellen, auf die Sie eben so abschätzig angespielt haben.“ Ein interessanter junger Mann, in der Tat – einer mit Potenzial. Nicht so wie seine Kollegen, von denen viele schon in Angstschweiß ausbrachen bei dem bloßen Gedanken, dem großen Abraxas Malfoy die Stirn zu bieten. „Das ist bedauerlich.“ Moody führte in einer gespielten Geste der Nachdenklichkeit seinen Finger an seine Lippen, doch diese kalten, hungrigen Augen blieben auf Abraxas gerichtet, beiden wohl bewusst, dass Moodys Geste weniger ein Täuschungsversuch war und mehr ein Versuch, die Machtverhältnisse in dem Raum klarzustellen. „Was wird er sagen, meinen Sie, wenn ich mich hier mit ihm treffe?“ „Wenn ich bedenke, welch zweifelhafte Moralvorstellungen Mr Dingelwater bewiesen hat, indem er die Gastfreundschaft Ihres Hauses in Anspruch nehmen muss, denke ich, dass er alle seine Mitwisser benennen wird wie die kleine Ratte, die er ist.“ Geben wir dem Jungen etwas, mit dem er arbeiten kann – auch wenn er es tragischerweise nicht schaffen wird, meinen wohlplatzierten Obliviate zu durchbrechen. Das kalte Leuchten in Moodys dunklen Augen und die Art, wie er die Lippen hob, eine Geste, die mit einem Lächeln nichts mehr zu tun hatte, belohnte Abraxas, und er beschloss, den Weg dieses jungen Mannes weiter zu verfolgen, und das nicht nur, weil er versprach, gefährlicher zu werden als alle seine Vorgesetzten, mit denen Abraxas bereits bekannt war und die er in seine Tasche gesteckt hatte. „Und was denken Sie – wird ein gewisser Mr Abraxas Malfoy auf der Liste dieser Mitwisser und Geschäftspartner auftauchen?“ „Selbstverständlich nicht.“ Er sagte es mit all der Arroganz, über die ein Malfoy gebieten konnte, und mit dem gekränkten Stolz eines Mannes, der zu Unrecht beschuldigt wird, und Moody erlaubte sich ein kaltes, bellendes Lachen ohne jegliches Amüsement. Es blieb seine einzige Antwort, während er sich über den Tisch nach vorne beugte und Abraxas ansah, nach einem Zeichen der Unsicherheit suchte, während die Sekunden mit jedem Ticken der Uhr verrannen, laut in dem ansonsten stillen Raum, der das hektische Gewusel der Aurorenzentrale vollkommen aussperrte. Abraxas erlaubte sich keines und zahlte Moody seine intensive Musterung mit Zinsen zurück, und doch gelang es ihm nicht, seinen Blick so frostig und undurchdringlich erscheinen zu lassen, wie es ihm lieb gewesen wäre. Genauso, wie der Auror nicht verhehlen konnte, dass er das Jagdfieber spürte, das Spiel mit ihm genoss, auch wenn seine Chancen auf Erfolg gering waren, fühlte Abraxas, wie sein eigenes, kaltes Verlangen in ihm aufstieg. Schon lange wollte er nicht mehr, dass Antigone ihren Einfluss spielen ließ, um seine Freilassung zu erwirken – er wollte hier bleiben und diesen jungen Mann, der zweifelsohne dachte, am längeren Hebel zu sitzen, noch ein wenig länger in seiner Falle zappeln lassen... Die Tür schlug mit einem Krachen auf und ein unvertrautes Gefühl von Bedauern stieg in ihm auf – zu oft hatte er bekommen, was er wollte, und das, ohne dafür kämpfen zu müssen, aber vielleicht war es besser so, wenn er jetzt ging. So sehr er dieses Spiel genoss, er würde weder seine Freiheit, noch seinen Namen oder sein Vermögen riskieren, um weiter hier zu bleiben. „Mr Malfoy, ich bitte Sie vielmals um Verzeihung... es muss eine bedauerliche Verwechslung passiert sein.“ Der persönliche Assistent des Zaubereiministers stand in der Tür und wrang verlegen seine Hände, peinlich berührt von der Situation, in die sein junger, heißblütiger Kollege den großen Abraxas Malfoy gebracht hatte. „Mr Moody hier hat zweifelsohne seine Kompetenzen überschritten, als er eigenmächtig in Ihr Haus eindrang, um Sie zu verhaften, aber dieses Problem ist jetzt gelöst. Wenn Sie mit mir kommen würden, der Minister wartet auf Sie, um sich persönlich bei Ihnen zu entschuldigen...“ Moody erhob sich mit ihm, als er aufstand, um in das Büro des Zaubereiministers geleitet zu werden, doch als Abraxas bereits beinahe die Tür erreicht hatte, packte der junge Auror ihn am Arm. Der Assistent des Ministers hatte schon den Mund geöffnet, um ihn anzuherrschen, doch Abraxas brachte ihn mit einer kleinen, herrischen Handbewegung zum Schweigen. „Du weißt, dass deine Freunde dich nicht immer aus dem Gefängnis holen können“, knurrte Moody fast, und Abraxas lächelte kalt. „Ich weiß.“ „Und wenn du dich einmal nicht herauswinden kannst, Schlange, dann werde ich da sein.“ Ein letzter Blick auf den jungen Mann und sein kantiges, entschlossenes Gesicht, dann nickte Abraxas langsam. „Ich freue mich darauf.“ Kapitel 21: Mesalliance ----------------------- Pairing: Draco Malfoy/Hermine Granger, gewünscht von Pigwidgeon 21. Mesalliance Sie trafen sich schon eine ganze Weile, auch wenn Hermine immer dann, wenn sie zurückblickte, feststellte, dass ihre Affäre ihr kürzer vorkam, als sie tatsächlich war, vielleicht um ihr schlechtes Gewissen gegenüber Ron und den Kindern zu beruhigen. Aber die Kinder waren erwachsen... und sie und Ron waren niemals das Traumpaar gewesen, das sie sich gewünscht hatten, nicht wie Ginny und Harry... sie seufzte auf und wickelte die Decke enger um sich, bevor sie näher an das prasselnde Feuer im Kamin rückte. Draußen vor dem Fenster tobte der Schneesturm, verwischte alle Spuren ihrer Gegenwart, und selbst das Licht, das durch die Ritzen der geschlossenen Läden nach draußen drang, war nach wenigen Metern nicht mehr zu sehen. Wenn sich die Muggel, deren Hütte im nördlichen Norwegen sie gemietet und im Voraus bezahlt hatte, wunderten, wie sie hierher gelangt war, hatten sie kein Wort davon gesagt – und Hermine hatte sich nicht bemüßigt gefühlt, sich zu erklären. Wahrscheinlich hätte nicht einmal ein Zauberer sie hier, in dieser abgeschiedenen Gegend, erkannt, aber sie fühlte sich wohler, wenn sie die Heimlichkeit, die ihr zur Gewohnheit geworden war in diesen letzten Jahren, nicht ablegte – nicht einmal vor Menschen, die weder wussten, wer sie war, noch sie jemals wiedersehen würden, und deren Gedächtnis sie im Notfall verändern konnte. Sie hatte keinen Weihnachtsbaum mitgebracht, noch vermisste sie einen – sie würde genug Weihnachtsdekoration sehen am nächsten Tag, wenn sie alle im Fuchsbau zum Essen eingeladen waren und sie und Ron wieder das perfekte Paar spielten, ihre Kinder herzten und diskutierten, welcher der Weasleys Molly und Arthur das erste Mal zu Urgroßeltern machen würden. Sie seufzte erneut und schlang ihre Arme um sich selbst, um das aufsteigende Gefühl der Schuld zu unterdrücken, weil sie sich wie eine Verräterin fühlte, eine Verräterin an der Familie, die sie aufgenommen hatte, als sie herausfand, dass es keine Möglichkeit gab, den Gedächtniszauber auf ihren Eltern rückgängig zu machen. Sie liebte ihre erweiterte Familie, sie liebte ihre Kinder, sie liebte sogar Ron, aber das Feuer zwischen ihnen war lange erloschen, wenn es jemals existiert hatte, und seit sie Zaubereiministerin geworden war – nun, mit Macht kam nicht nur Verantwortung, sondern auch Einsamkeit, vor allem, seit Ron sich aus der Arbeit in der Aurorenzentrale zurückgezogen hatte und sich an Weasleys Zauberhafte Zauberscherze beteiligte. Wenn sie versuchte, mit ihm zu sprechen, ihm begreiflich zu machen, wie Politik funktionierte, dann hörte er ihr zwar zu, aber sie wusste, dass genau das, was sie so faszinierte, der Grund war, wieso er sich schließlich aus dem Ministerium in die Privatwirtschaft verabschiedet hatte. Der Knall der Apparation, kaum zu hören über dem Rauschen des Windes, ließ sie zusammenzucken und herumwirbeln, und für einen Moment stieg die wohlbekannte Furcht vor Entdeckung in ihr auf, bevor die Tür sich öffnete und Draco eintrat, das silbrig blonde, zurückweichende Haar unter einem schwarzen Reiseumhang verborgen. Sie lächelte kurz, dann wandte sie sich wieder dem Feuer zu und griff nach der Flasche Rotwein, die auf dem Beistelltisch wartete, und goss ihnen zwei Gläser ein. Draco war... anders. Nicht nur, dass er Politik und Intrigen bereits mit der Muttermilch eingesogen hatte, er hatte auch in den Jahren seit ihrer Schulzeit aufgeschnappt, wie Diplomatie funktionierte, und konnte ihr Gryffindor-Temperament in seine Schranken weisen, wenn sie drohte, über die Stränge zu schlagen. Das, und die Tatsache, dass er und seine Fraktion der Reinblüter noch immer über großen Einfluss in der Zaubererwelt geboten, machten ihn zu Hermines wichtigstem politischem Verbündeten, neben dem Chef des Aurorenbüros, der zufälligerweise auch ihr bester Freund war. Bevor sie begriffen hatte, wie Lobbying funktionierte, hatte Hermine sich immer gewundert, wie es vergleichsweise wenig Hexen und Zauberern so effektiv gelang, die öffentliche Meinung zu kontrollieren – jetzt war sie froh, diese Einflussmöglichkeit an ihrer Seite zu wissen im Kampf gegen die radikalen Hardliner beider Lager, die entweder die Rechte der Muggelgeborenen oder die der Reinblüter beschneiden wollten. Dass ihr Bündnis mit Draco, genauso wie ihre Affäre, selbst im besten Fall nur vorübergehend sein würde, war ihr klar – aber schon vor vielen Jahren, in der Abteilung für magische Strafverfolgung, hatte sie gelernt, mit dem zu arbeiten, was sie hatte, um das zu bekommen, was sie wollte. Sie lächelte, als Draco schließlich nur in Hemd und Hose auf sie zu trat, den Reiseumhang abgeworfen, und reichte ihm sein Glas. Und sie wusste, was sie wollte... hatte es schon immer gewusst, oder sie hätte es nie auf den wichtigsten Stuhl der britischen Zaubererwelt geschafft, es wäre ihr nie gelungen, ihren ehemals stärksten politischen Gegner auf ihre Seite zu ziehen. Sie starrte in die Flammen und nippte von ihrem Wein, mehr weil sie wusste, dass sie sollte, als weil sie in den letzten Jahren einen wirklichen Geschmack für das Getränk entwickelt hatte, bevor sie schließlich fragte: „Was hat dich so lange aufgehalten?“ „Meine Frau, natürlich – letzte Fragen wegen dem Weihnachtsball morgen Abend, die sie auch gut hätte alleine klären können.“ Er seufzte, dann sah er sie über den Beistelltisch hinweg an. „Du wirst doch kommen, oder?“ Hermine nickte langsam. Ein Teil von ihr bezweifelte, dass das eine gute Idee wäre, aber der Ball der Malfoys war auch eines der wichtigsten politischen Events der Zaubererwelt, und sie war bereits vor einem Jahr gemeinsam mit Ron dort gewesen, ohne dass sich Probleme ergeben hatten. Ron wusste, dass er den perfekten Ehemann zu spielen hatte, damit er ihre politische Karriere nicht gefährdete, wusste, dass sie immer noch das Geringste von vielen Übeln war, die sich für den Posten des Zaubereiministers beworben hatten... wusste, dass ihre Affäre ihm die Rechtfertigung gab, seine eigene weiter zu verfolgen, ohne dass er riskierte, von ihr enttarnt zu werden. Hermine zuckte innerlich mit den Schultern. Was zwischen ihr und Ron einmal gewesen war, war verschwunden, ihre Ehe lange tot, und dass sie nun beide mit jemand anderem schliefen... nun, es war nur der letzte Nagel im Sarg ihrer Beziehung, machte es sozusagen offiziell, dass sie nur noch zusammen waren, um den Skandal und Molly Weasleys Zorn zu vermeiden. Was auch immer Hermine in ihrem Privatleben tat, sie wusste – wusste – mit absoluter Sicherheit, dass sie im Moment das Beste war, das der Zaubererwelt passieren konnte... aber Hexen und Zauberer waren sehr konservativ. Eine Trennung von Ron würde sie wahrscheinlich ihr Amt kosten, und falls ihre Affäre mit Draco an die Öffentlichkeit geriet... nun, ihre politischen Gegner würden die Gelegenheit nutzen und über sie beide herfallen wie Wölfe über ein Lamm. Nur, dass sie in diesem Fall alles andere als unschuldig war. Sie seufzte langsam und ließ sich in ihrem Stuhl nach hinten fallen. Schon so lange hatte sie ihre Seele verkauft in der Hoffnung, dadurch die Reformen in Gang bringen zu können, die die Zaubererwelt so dringend brauchte – und doch war ihre Affäre das, was ihr, in den langen, einsamen Nächten, wenn sie wach lag und die Decke anstarrte, am Meisten zu schaffen machte. Schmutzige Kampagnen, Kompromisse, die keine mehr waren, geopferte Überzeugungen... mit all dem hatte sie gerechnet, aber nicht damit, dass sie sich ihr persönliches Glück um den Preis ihres Gewissens erkaufen musste, weil sie wusste, dass sie jetzt nicht aufhören konnte... weil zu viel auf dem Spiel stand. Und in einem halben Jahr, oder einem Jahr, oder länger, würde es genauso sein – abgesehen davon, dass Draco kein Mann war, mit dem sie sich eine längere Beziehung vorstellen konnte. Aber er vertrieb die Einsamkeit, und wenn sie eine Nacht oder zwei in der Woche nicht in ihrem Schlafzimmer – getrennt von Rons – sondern in Dracos Wohnung in London verbrachte, wen kümmerte es? Draco lächelte langsam, bevor er das Glas abstellte und wie zufällig auf sie zu trat, mit seinen großen Händen die Decke abstreifte und vorsichtig begann, ihre Schultern zu massieren. Sie lehnte sich mit einem Seufzen, das diesmal von anderen Gefühlen herrührte als der Last ihres Amtes und ihres Lebens, zurück, und genoss seine Finger, die ihre verspannten Muskeln kneteten, nach den Knoten suchten und sie wegschmelzen ließen. „Du weißt doch, dass du nicht die Stirn runzeln sollst – das macht Falten.“ Während ihrer Schulzeit hätten seine Worte sie getroffen, doch sie hatte ihn während der letzten Jahre kennen gelernt, besser, als sie jemals erwartet hätte, und wusste, dass das seine Art war, ihr zu sagen, dass sie sich keine Sorgen machen sollte. Sie grinste. „Ich bin eine Gryffindor – manche Dinge muss man uns sehr oft sagen, bis wir sie verstehen.“ „Wie die Tatsache, dass du nicht hier bist, um die Welt zu retten, und das auch gar nicht kannst?“ Er beugte sich nach vorne und schob ihr kaum berührtes Weinglas zwischen ihre Finger, und sie nahm einen großen Schluck in der Hoffnung, ihre Schuldgefühle zu betäuben, auch wenn Draco hinter ihr das Gesicht verzog. „Und dass dieser Wein teuer war, und wirkliche Genießer viel Geld dafür bezahlen würden, ihn trinken zu können?“ Seine gespielt empörten Worte brachten sie schließlich zum Lachen, auch wenn es nur ein kurzer Laut war. Sie hatte schon immer gewusst, dass Draco ein Snob war, alles an ihm von den akkurat frisierten Haaren, über die akribisch manikürten Fingernägel bis hin zu den maßangefertigten Roben und Schuhen schrie das heraus, aber sein Geschmack, was Wein anging, übertraf das alles noch. Aus Trotz nahm sie einen weiteren, tiefen Schluck, leerte ihr Glas in einem Zug, und stellte es auf dem Tisch ab, bevor sie sich in ihrem Stuhl umdrehte. „Ich bin nicht für den Wein hier, und das weißt du.“ Das selbstgefällige Grinsen auf seinen Lippen verriet ihr, dass er das sehr wohl tat, und seine Finger vergruben sich in ihren Haaren, zogen ihr Gesicht näher an ihn heran. „Ich auch nicht.“ Kapitel 22: Das Lied der Wichtel -------------------------------- Pairing: Harry Potter/Luna Lovegood, gewünscht von Goldsnake und Lilly-Potter 22. Das Lied der Wichtel Die Massen von Schülern und Gästen hatten sich bereits etwas gelichtet, als Harry zu Slughorns Party zurückkehrte, und sich auf die Zehenspitzen reckte auf der Suche nach einem wohlbekannten, braunen Haarschopf. Hermine konnte er allerdings nirgends entdecken – dafür stand nach wenigen Sekunden Cormac McLaggen vor ihm, der offensichtlich auch auf der Suche nach seiner Begleitung für den Abend war. „Wo ist sie?“ Harry runzelte die Stirn. „Wer?“ „Hermine natürlich! Sie hat mich gefragt, ob ich ihr noch ein Glas Met bringen kann, und als ich wieder zurückgekommen bin, war sie weg! Das kann doch nicht sein!“ Harry dachte bei sich, dass das sehr gut möglich war, und hoffte, dass Hermine schon im Gemeinschaftsraum war, damit er sie nicht noch einmal vor dem Jungen retten musste, aber was er antworten sollte... er hatte keine Ahnung. Hermine war in letzter Zeit so angespannt und gereizt, dass er es nicht wagte, McLaggen zu erklären, dass sie eigentlich kein Interesse an ihm hatte, aus Angst, sie würde ihm dann die Freundschaft aufkündigen... warum auch immer. Mädchen waren manchmal sehr merkwürdig. „Harry!“ Luna schwebte auf ihn zu, eine Flasche mit Butterbier in der Hand und die blassen Wangen verdächtig gerötet, bevor sie ihren Arm um seinen schlang. „Da bist du ja! Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, dass du mit Sanguini verschwunden wärst!“ McLaggen warf ihr einen wütenden Blick zu. „Schön, dass wenigstens eine von uns ihre Begleitung für den Abend wiedergefunden hat.“ Luna sah mit großen Augen zu ihm hoch, und Harry konnte fast sehen, wie der Sickel bei ihr fiel und sie begriff, wieso McLaggen so schlecht gelaunt war. „Ach, Hermine ist sicherlich nur kurz verschwunden, um die rotgeflügelten Windwisperwichtel zu beobachten. Sie brüten auf der Mädchentoilette einen Stock höher, weißt du, und ihre Gesänge bei Nacht sind wirklich wunderschön.“ McLaggen starrte sie entgeistert an, suchte offenbar nach irgendeinem Anzeichen in ihrem Gesicht, dass sie ihn gerade veralberte, aber der totale Ernst in ihren hellen Augen hielt ihn davon ab, weitere Fragen zu stellen, und er wandte sich stattdessen Harry zu und hob fragend die Augenbrauen. Harry zuckte nur mit den Schultern, so wie wenn er sagen wollte, Siehst du, jetzt weißt du, wo sie hin ist. - er würde lieber eigenhändig einen Liebesbrief an Romilda Vane schreiben, mit Umbridges verdammter Feder, wenn es sein musste, als McLaggen eine Antwort zu geben. „Ahm... okay. Ich... ich glaube, ich geh dann mal wieder zum Buffet.“ Harry und Luna sahen dem Jungen gemeinsam hinterher, wie er durch die Menge verschwand, und sobald er außer Hörweite war, stieß Harry einen tiefen Seufzer aus. „Danke. Das mit Hermine und McLaggen ist... kompliziert, und ich weiß nie, was ich sagen soll, damit sie mir nicht böse ist.“ Luna schüttelte den Kopf. „Du meinst, das mit Hermine und Ron ist kompliziert, oder? McLaggen hat damit doch eigentlich nur ganz wenig zu tun.“ Harry zuckte mit den Schultern, während er wieder einmal bewunderte, wie Luna es schaffte, aus den spärlichen Informationen, die sie von Ginny bekam, ein stimmiges Bild zu zeichnen. „Eigentlich schon. Es ist einfach alles ziemlich kompliziert...“ Luna nahm den letzten Schluck aus ihrem Butterbier. „Es ist doch alles kompliziert, oder?“ Harry nickte, und für einen Moment standen sie in vereintem Schweigen zwischen den anderen Schülern, bevor Luna nach seiner Hand griff. „Willst du tanzen?“ Ein wenig verdattert nickte Harry, ließ sich aber von ihr zwischen die anderen Gäste ziehen, die sich zu den Klängen eines verzauberten Radios wiegten, und Harry griff nach ihrer zweiten Hand. Er hatte den Weihnachtsball in seinem vierten Schuljahr überlebt, er würde auch das hier überstehen, und im Idealfall sogar, ohne Luna die Füße komplett zu zertreten... oder sich zum Idioten zu machen. Er konnte die Blicke vieler anderer Mädchen in seinem Rücken spüren, denn auch wenn Romilda Vane es nicht geschafft hatte, eine Einladung zu ergattern, waren noch immer genug ihrer Gesinnungsgenossinnen eifersüchtig auf Luna, um ihn zu beobachten. Mehr um sich von ihrem Publikum abzulenken, als aus wirklichem Interesse, fragte er: „Was ist eigentlich ein rotgeflügelter Windwisperwichtel?“ Luna verdrehte die Augen. „Sei nicht albern, Harry. Es gibt doch keine rotgeflügelten Windwisperwichtel!“ Wenn Harry bedachte, dass Luna gerne von schrumpfhörnigen Schnarchkacklern erzählte, und mit ihrem Vater eine Expedition unternommen hatte, um eines dieser Wesen aus Schweden mitzubringen, dann waren rotgeflügelte Windwisperwichtel in den Mädchentoiletten nicht vollkommen abwegig. Trotzdem schaffte Luna es mit ihrem durchdringenden Blick, dass er sich ein wenig vorkam wie in Professor McGonagalls Unterricht, wenn er eine Frage nicht beantworten konnte, und er räusperte sich verlegen. „Okay.“ Luna schüttelte den Kopf. „Meinst du wirklich, mir ist nicht aufgefallen, dass alle – sogar du und Ginny und Neville – finden, dass ich ein bisschen verrückt bin? Ich bin nicht dumm, Harry, und auch nicht blind.“ Sie schluckte. „Auch wenn es manchmal wehtut, in Situationen wie gerade eben ist es ganz praktisch, wenn alle denken, ich hätte einen an der Waffel. Wir sind McLaggen losgeworden, und er nimmt sowieso nicht ernst, was ich gesagt habe, also kann Hermine selbst mit ihm klären, was heute Abend passiert ist.“ Sie warf einen kurzen Blick über ihre Schultern, um sich zu vergewissern, dass niemand in Hörweite war. „Und ich musste ihm nicht sagen, dass sie sich nur mit ihm verabredet hat, um Ron eifersüchtig zu machen – das hätte ihm nämlich wahrscheinlich wehgetan.“ Harry nickte langsam – auch wenn er kein besonderes großes Mitleid mit McLaggen hatte, er war froh, sich diese Szene erspart zu haben. „Zum Glück.“ Luna antwortete nicht, und sie tanzten schweigend, während Harry über ihre Schulter hinweg beobachtete, wie ein bereits ziemlich angetrunkener Professor Slughorn mit einer drallen Hexe in einem viel zu engen, pinken Umhang mit Rüschen flirtete, der Harry an Pansy Parkinsons Balloutfit vor zwei Jahren erinnerte, das ihm wegen seiner besonderen Hässlichkeit in Erinnerung geblieben war. Luna hingegen starrte verträumt nach vorne, der Blick leer, so als ob sie gerade an etwas ganz anderes denken würde, bis sie schließlich bemerkte, dass er sich stark für etwas hinter ihrem Rücken interessierte und sich ebenfalls umwandte. „Schau, da ist Professor Trelawney.“ Harrys Blick wanderte ungefähr zwei Meter nach rechts und er entdeckte seine ehemalige Lehrerin für Wahrsagen, die ihren unsteten Blick über die inzwischen doch sehr ausgedünnte Menge wandern ließ. „Ähm... Luna? Willst du noch lange hierbleiben?“ Sie runzelte die Stirn. „Wieso?“ „Ich will nicht unbedingt wieder mit Professor Trelawney reden... es wird irgendwann langweilig, alle zehn Minuten deinen eigenen Tod vorhergesagt zu bekommen, weißt du?“ „Versteh ich...“ Luna nickte und zog ihn von der Tanzfläche, hinter eine Gruppe schnatternder Mädchen, die allesamt schon mehr Met getrunken hatten, als gut für sie war, aber einen brauchbaren Sichtschutz abgaben, dann holte sie eine Uhr aus ihrem Umhang. Bunte Feen drehten sich im Rund und wurden von zwölf Zeigern verfolgt, die sie gelegentlich zur Seite schoben, damit sie ihren Kunstflugfiguren nicht im Weg waren, doch Luna störte sich daran nicht. „Ich glaube, es ist auch Zeit, zurück in den Gemeinschaftsraum zu gehen – ist schon spät.“ Harry hatte keine Ahnung, wie spät, doch obwohl Luna keine Anstalten machte, eine Uhrzeit zu sagen, glaubte er, dass die Party nicht mehr lange dauern würde... Slughorn schien kurz davor zu stehen, umzufallen, und dann wäre wahrscheinlich die ganze Stimmung dahin. „Ja.“ Allerdings machte Luna keine Anstalten, sich auf den Weg zu machen, und der peinliche Moment zog sich in die Länge, bevor sie schließlich mit den Schultern zuckte. „Weißt du, Trelawney ist eigentlich ganz nett. Vielleicht ein bisschen merkwürdig, aber nett. Und sie hat den Mädchen, die mich Loony genannt haben, eine Strafarbeit gegeben.“ Harry seufzte innerlich – eigentlich hatte sie ja Recht... Trelawney war eigentlich nur anstrengend, und man durfte das, was sie sagte, nicht besonders ernst nehmen... aber war Luna nicht im Grunde so ähnlich? Der ernste, fast tadelnde Blick in ihren grauen Augen zeigte ihm, dass sie wusste, was er dachte, und sich dieser Ähnlichkeit durchaus bewusst war, bis er schließlich langsam nickte. „Hast ja Recht.“ Sie lächelte. „Ich weiß. Hab ich eigentlich immer, auch wenn ihr mir das manchmal nicht glauben wollt.“ Harry konnte nicht anders, er musste lachen, und Luna lachte mit ihm, bevor er sich zum Gehen wandte... doch ihre Stimme hielt ihn zurück. „Eine Sache noch, bevor wir ins Bett können.“ Sie deutete nach oben, und Harry entdeckte den Mistelzweig, der an einer prächtigen roten Schleife im Türrahmen über ihnen hing, und er seufzte. „Wirklich?“ Luna warf ihm einen tadelnden Blick zu. „Ja.“ Sie kniff die Augen zusammen und sah nach oben. „Man kann sich nie sicher sein, weil sie sich so ähnlich sind, aber ich glaube, das ist eine magische Mistel, und wenn man sich unter denen nicht küsst, hat man sieben Jahre lang Pech in der Liebe.“ Harry wusste nicht, ob sie ihn gerade veralberte oder ihre Worte ernst meinte – sie hatte McLaggen immerhin im selben Tonfall erklärt, dass Hermine auf der Suche nach nichtexistenten Tierwesen die Mädchentoiletten im fünften Stock durchstöberte – aber er wollte nicht, dass wieder diese enttäuschte Ausdruck in ihre Augen trat. „Ähm... okay? Du weißt aber, dass wir nur als Freunde hier sind und...“ Luna verdrehte die Augen. „Natürlich weiß ich das – aber du willst doch, dass das mit Ginny klappt, oder? Also solltest du besser nicht den Fluch der magischen Mistel riskieren.“ Harry schoss die Röte in die Wangen. „Woher weißt du das?“ „Also bitte, Harry, du könntest dir ein Schild umhängen und es wäre nicht weniger offensichtlich als jetzt.“ Noch während er seine Gedanken sortierte, reckte sie sich auf die Zehenspitzen und drückte ihm mit einem Grinsen einen Kuss auf die glühende Wange. „Siehst du, war doch gar nicht so schlimm, oder?“ Harry nickte stumm, noch immer zu verdutzt, um zu antworten. „Jetzt du.“ Er beugte sich nach vorne und hielt einen Moment inne, sich bewusst, dass die giggelnden Mädchen hinter ihnen sie anstarrten, und küsste Luna schließlich unbeholfen auf die Wange. „Nacht, Luna.“ „Nacht, Harry.“ Sie lächelte und verschwand im dunklen Korridor, während er noch versuchte, zu verarbeiten, was gerade passiert war, und als er schließlich vor Slughorns tratschenden Partygästen floh, war sie bereits fort. Kapitel 23: Mit leichtem Schritt -------------------------------- Pairing: Hermine Granger/Millicent Bulstrode, gewünscht von Vivianne 23. Mit leichtem Schritt Hermine Granger wollte eigentlich nichts anderes, als nach Hause zu apparieren, sich in ihr Bett fallen zu lassen und zu schlafen – im Idealfall tief und lange – und sich nicht auf einer Party, die langweilig angefangen hatte und dann stetig im Niveau abgesunken war, die Beine in den Bauch zu stehen. Leider hatte sie in der Hinsicht keine Wahl – als eines der dienstjüngsten Mitglieder der Abteilung für magische Strafverfolgung hatte sie natürlich bei der Einteilung der Dienste für die Weihnachtsfeier den Schwarzen Peter gezogen und war dafür zuständig, nach dem Ende der Party aufzuräumen und das Büro wieder in einen halbwegs geordneten Zustand zu bringen, damit am Montag alles seinen geregelten Gang gehen konnte. Als Hermine den Plan gesehen hatte, hatte sie das nicht besonders gestört, immerhin war ihre Abteilung nicht gerade dafür bekannt, aus besonders wilden Partygängern zu bestehen, im Gegenteil – ihre Kollegen gehörten mit zu den langweiligsten Menschen, die Hermine je getroffen hatte. Oder zumindest hatte sie das gedacht. Hermine seufzte tief und genehmigte sich einen Schluck aus ihrer Tasse mit Tee, das einzige alkoholfreie Getränk, das an diesem Abend ausgeschenkt wurde, und warf einen Blick auf die Tanzfläche, wo nun, um fünf Uhr morgens, noch immer Mr Weatherly, sicher über hundert und normalerweise vollkommen humorlos, mit Mrs Featherwhite tanzte, dass Hermine im Kopf schon die Erste-Hilfe-Zauber durchging. Einige ihrer Kollegen, ebenfalls bereits sehr angetrunken, standen um sie herum und feuerten sie an, die Gläser noch in der Hand, und Hermine verzog das Gesicht. Nach allem, was sie bis jetzt aufgeschnappt hatte, war das hier ein jährliches Ritual der Abteilung, bei dem alle ihre überschüssigen Energien abbauen konnten, um den Rest des Jahres so trocken und bürokratisch wie der zweite Unterausschuss des Vorstands der Union der unionierten Kobold-Verwaltungsfachangestellten zu sein, mit dem Hermine im letzten Monat wegen einer Angleichung der Rechtsnormen verhandelt hatte. „Am liebsten würde ich mich auch betrinken, aber Haushaltszauber und Alkohol vertragen sich nicht so wirklich.“ Hermine wandte den Kopf, als sie die resignierte Stimme neben sich hörte, und erblickte Millicent Bulstrode, ihre Kollegin, die gemeinsam mit ihr im Sommer ihren Dienst angetreten hatte und nun unter demselben Los litt wie Hermine auch – bis zum Schluss hierbleiben zu müssen und danach aufzuräumen. So wenig Hermine die ehemalige Slytherin auch mochte, so anstrengend die Zusammenarbeit mit ihr normalerweise auch war – keine von ihnen hatte den Tag in Lockharts Duellierclub vergessen, als Millicent Hermine in den Schwitzkasten genommen hatte – heute waren sie sich einig in ihrem Leiden. „Was meinst du, was mich abhält?“, fragte Hermine düster, und Millicent lachte, bevor sie an ihrem Butterbier nippte, um es weiter zu strecken. „Nicht die anregenden Gespräche oder das Niveau der Gesellschaft, da bin ich mir sicher.“ Hermine nickte langsam. „Meinst du, wir können sie langsam rauswerfen?“ Millicent schüttelte den Kopf und deutete in die Menge. „Der Chef ist noch hier, und ich will ihm ehrlich gesagt nicht erklären müssen, dass er jetzt wirklich genug Feuerwhiskey hatte und aufhören soll, alle fünfzehn Minuten zum Kotzen in die Kaffeeküche zu verschwinden.“ Hermine verzog das Gesicht. „Ugh, wirklich?“ „Wirklich.“ Auch wenn Hermine normalerweise alles, was ihre Kollegin sagte, mit großem Misstrauen betrachtete, nun war ihr Tonfall so angeekelte, dass sie ihr jedes Wort glaubte, und im Kopf übte sie schon mal die Reinigungszauber, die sie von Mrs Weasley aufgeschnappt hatte und die sie mit zugehaltener Nase ausführen konnte. „Ich wäre ja schon zufrieden, wenn sie wenigstens Celestina Warbeck ausschalten würden – diese Frau hat eine Stimme wie ein Reibeisen, und in diesem Fall ist das eine Beleidigung für jedes Reibeisen in der magischen Welt... die haben sicher besseren Geschmack als sie. Wenn ich noch einmal Ein Kessel voller heißer, starker Liebe hören muss, dann kotze ich.“ Hermine, die von langen Sommerferien in Mrs Weasleys Küche gestählt war, konnte trotz der kruden Wortwahl trotzdem nicht anders, als ihr zuzustimmen, was ihr an diesem Abend öfter passiert war als in den sechs Monaten, in denen sie nun schon zusammen mit Millicent arbeitete. Vielleicht steckte ja Absicht hinter dieser Party, eine Art verquerer Teambildungsmaßnahme? Der Gedanke starb, bevor er richtig Form angenommen hatte, als Mr Dancingbloom, der Abteilungsleiter und Hermines und Millicents Vorgesetzter, vom geplünderten Buffet zur Tanzfläche zurückstolperte und dabei laut fluchend einen randvollen Kelch Punsch samt Früchten über seinem einst blütenweißen Festumhang verteilte. Nein... sie war in der Gesellschaft von Verrückten gelandet, und Millicent war die einzige andere neben ihr, die bei klarem Verstand war. Anstatt einen Reinigungszauber zu sprechen wie jeder anständige Zauberer es getan hatte, kaschierte Mr Dancingbloom sein Missgeschick, indem er eine der Stechpalmengirlanden wie eine Stola um seinen Hals schlang und über seine Brust hängen ließ, trotz der Kratzer, die er sich damit selbst zufügte, und Hermine seufzte tief. Dieser Abend war jetzt schon zu lang, und sie befürchtete, dass er noch viel schlimmer werden würde. Der letzte Gast, den sie verabschiedeten, war Mr Farthingworth, der Leiter des Postaustauschdienstes mit dem Aurorenbüro, der um sieben Uhr morgens von seiner übernächtigten Frau im Atrium des Zaubereiministeriums abgeholt wurde, dann hatten Hermine und Millicent ihre Abteilung endlich wieder für sich... oder zumindest das, was davon übrig war. Ihre Kollegen hatten ganze Arbeit dabei geleistet, das Stockwerk zu verwüsten, von der Kaffeeküche, über deren Zustand Millicent ihr bereits berichtet hatte, bis hin zu den Toiletten, die deprimierenderweise ähnlich aussahen. Hermine seufzte. Auch wenn sie an einer großen Anzahl an Quidditch-Siegesfeiern im Gryffindor-Turm teilgenommen hatte, hatte sie keine Ahnung, wie man die Überreste einer feuchtfröhlichen Party am besten beseitigte, und sie sah sich ein bisschen verloren in dem Chaos um, in dem sich auch irgendwo ihr Schreibtisch versteckte. Millicent hingegen machte sich zielstrebig auf den Weg zum noch immer schnulzige Melodien vor sich hindüdelnden magischen Radio und zückte ihren Zauberstab. „Hast du was dagegen, wenn ich andere Musik anmache? Meine Ohren brauchen die Erholung.“ Hermine bedeutete ihr, zu tun, wie ihr beliebte, und rieb sich die verquollenen Augen, während ihr übermüdetes Gehirn beschloss, dass Kaffee eine gute Idee wäre, falls sie die Kaffeemaschine finden konnte. Einen Moment später zuckte sie allerdings zusammen, als die Melodie eines bekannten Rocksongs laut und klar durch den Raum schallte – eines Muggelrocksongs! Millicent reagierte auf ihr ungläubiges Starren allerdings nur mit einem Augenrollen. „Was? Du willst doch nicht etwa behaupten, das magische Programm hätte dir besser gefallen, oder?“ „Eigentlich nicht...“ Um genau zu sein, hatte Hermine die Nase gestrichen voll von Celestina Warbeck und hätte alles lieber gehört als noch einen Song von ihr, aber dass Millicent in ihrer Abneigung so weit ging, stattdessen lieber Muggelmusik zu hören, überraschte sie dann doch. „Aber was?“ Millicent wandte sich um und machte ein paar wütende Schritte auf Hermine zu, bevor sie bemerkte, dass sie noch immer ihren Zauberstab trug und ihn hastig wegsteckte. „Aber Slytherin-Kinder wachsen immer als perfekte Kopien ihrer Eltern auf? Aber Slytherins lehnen sich nie gegen die Reinblüter-Tradition auf? Aber Slytherins haben nie eine rebellische Phase? Blödsinn.“ Hermine nickte stumm, mehr aus Scham, weil sie das Offensichtliche wieder einmal nicht gesehen hatte, als aus wirklicher Zustimmung, und Millicent rollte mit den Augen. „Und fang jetzt bloß nicht an, meine beste Freundin zu spielen, nur weil du Schuldgefühle hast – das ist noch schlimmer als diese kaum verhohlene Gryffindor-Überheblichkeit.“ Sie wandte sich ab und begann, herumliegende Butterbierflaschen einzusammeln und auf einem der Schreibtische zu stapeln, während Hermine versuchte, zu verstehen, was gerade passiert war und was das für ihre zukünftige Zusammenarbeit bedeutete. So wütend und... verletzt?... Millcent auch geklungen hatte, ihr kurzer, einseitiger Ausbruch hatte Hermine mehr über sie verraten, als die sechs Monate, die sie nun zusammenarbeiteten. Näher waren sie nie daran vorbeigeschrammt, über private Themen zu sprechen, auch wenn Hermine nichts von sich preisgegeben hatte, und als sie sich ihrer Kollegin dabei anschloss, erst einmal den herumliegenden Müll zu beseitigen, wirkte die Stille zwischen ihnen anders als sonst... entspannter, kollegialer, nicht mehr so wütend und von alten Ressentiments vergiftet. Und abgesehen davon musste Hermine zugeben, dass der Sender, den Millicent ausgewählt hatte, nicht einmal schlecht war und sie den größten Teil der Songs, die gespielt wurden, tatsächlich mochte. Als der Muggel-Moderator die Acht-Uhr-Nachrichten und den Wetterbericht für London verlas, streckte Millicent sich und steckte ihren Zauberstab weg. Zumindest die Büroräume hatten sie mit der Hilfe von Magie wieder in einen präsentablen Zustand gebracht, und vor der Glastür konnten sie bereits die Schatten der ersten unermüdlichen Ministeriumsmitarbeiter vorbeihuschen sehen, die auch an einem Samstag im Dezember nicht zu Hause blieben, sondern zur Arbeit kamen. „Pause?“, fragte Hermine, und Millicent nickte. „Klingt nach einer guten Idee. Möchtest du Kaffee?“ Ein paar Minuten später wehte der Duft des frisch aufgebrühten Pulvers durch das Büro und Hermine schlang dankbar ihre Finger um die Tasse, die Millicent ihr reichte, während der Moderator ihnen fröhlich einen Guten Morgen wünschte und vermutete, dass sie alle gerade beim Frühstück saßen. „Schön wärs“, murmelte Hermine, während sie sehnsüchtig an die kleine, gemütliche Küche der Wohnung dachte, die sie mit Ron teilte, und stattdessen an einem übriggebliebenen, trockenen Scone knabberte, von dem sie hoffte, keiner ihrer Kollegen hätte ihn zuvor in der Hand gehabt. Millicent gab sich mit ihrem schwarzen Kaffee zufrieden und stützte ihren Kopf mit ihrem Arm ab, während sie in die Ferne starrte und dem Radiomoderator dabei zuhörte, wie er die aktuelle politische Situation in Großbritannien diskutierte. Hermine runzelte die Stirn. „Verstehst du eigentlich, wovon er redet?“ „Ein bisschen. Am Anfang war ich natürlich vollkommen ahnungslos, aber ich glaube, das sind alle Teenager bis zu einem gewissen Grad, wenn sie zum ersten Mal mit Politik konfrontiert werden. Jetzt kenne ich zumindest die wichtigsten Parteien und Politiker...“ Hermine nickte langsam. Durch die viele Zeit, die sie zuerst in Hogwarts und dann in der Zaubererwelt verbracht hatte, fühlte sie sich ähnlich, und wenn sie bei ihrer Familie zu Hause war und ihre Verwandten über Politik diskutierten, fühlte sie sich meistens erschreckend ahnungslos, ein Gefühl, das sie nicht mochte und das sie so schnell wie möglich beheben wollte. Immerhin sollte sie in drei Jahren bereits selbst wählen, und bis dahin musste sie doch wissen, was sie tat! „Wahrscheinlich, ja... und mittlerweile hab ich das Gefühl, mehr in der Zaubererwelt zu Hause zu sein als in der Muggelwelt, also geht es mir nicht anders.“ Millicent zuckte mit den Schultern. „Es geht nichts darüber, seinen Horizont zu erweitern.“ Die Aussage, so beiläufig gesagt, überzeugte Hermine, dass Millicent von mehr sprach, als an der Oberfläche ersichtlich war, und ihr übermüdetes Gehirn nahm die Herausforderung an und begann, zu überlegen, als ihre Kollegin weitersprach. „Und ein Gutes hatte es, dass ich nicht so war, wie meine Eltern mich haben wollten... ich bin nicht mit Greg verlobt. Immerhin kann man dem edlen, reinblütigen Haus Goyle ein Mädchen wie mich nicht antun.“ Hermine verschluckte sich fast an ihrem Kaffee. „Greg? Du meinst Gregory Goyle?“ Millicent richtete sich aus ihrer halb liegenden Position auf, als sie zu husten begann, um ihr zu helfen, wenn nötig, und sank erst wieder in ihren Stuhl zurück, als Hermine sich erholt hatte. „Ja. Unsere Eltern meinten, wir würden ein wunderbares Paar abgeben...“ Der Sarkasmus tropfte nur so aus ihrer Stimme. „Ich hab ihnen aus naheliegenden Gründen widersprochen und ihnen erklärt, dass ich kein Interesse an ihm habe. Gar keins, niemals.“ Hermine konnte nur zu gut verstehen, wieso – während weder Gregory noch Millicent besondere Schönheiten war, besaß Millicent einige Eigenschaften, die ihrem Slytherin-Kollegen vollkommen abgingen, unter anderem Fleiß, Kompetenz und ein funktionierendes Gehirn. Und für jede denkende Frau wäre es eine Strafe, Mrs Goyle zu werden. „Zum Glück“, antwortete Hermine, und Millicent lächelte sie an – zum ersten Mal. „Finde ich auch.“ Sie nahm den letzten Schluck aus ihrer Kaffeetasse und stand auf. „Ich glaube, wir sollten weitermachen, oder?“ Hermine nickte, und während sie den Rest des Büros aufräumten, glaubte sie, dass Millicent sich mit mehr Elan als sonst bewegte, und definitiv mehr lächelte, während sie die Weihnachtslieder im Radio mitsummte. Kapitel 24: Im Sternbild des Wolfes ----------------------------------- Pairing: Sirius Black/Remus Lupin, gewünscht von Fantasygirl98 24. Im Sternbild des Wolfes Zuerst dachte Sirius, er hätte sich das schwache Klopfen an der Tür des alten Hauses nur eingebildet, ein Klopfen, das nicht einmal seine Mutter in ihrem unsäglichen Portrait gehört hatte, doch als es erneut ertönte, noch leiser, noch besser verborgen zwischen dem Prasseln der Flammen im Kamin vor ihm und dem heulenden Wind vor der Tür, stemmte er sich aus seinem Stuhl nach oben. Es konnte nicht schaden, nachzusehen... wirklich nicht, und genau genommen hatte er auch nichts besseres zu tun. Bis auf das gelegentliche Ordenstreffen und die wenigen Nächte, an denen Remus Lupin sein Haus benutzte, um dort zu übernachten, war er alleine... und er konnte nicht nach draußen, weil der kleine Malfoy ein paar dumme Kommentare gemacht hatte, die so klingen sollten, als ob er mehr wusste, als er wirklich tat. Missmutig stapfte er aus der Küche und die Treppe nach oben, die Flasche mit Feuerwhiskey, aus der er eben getrunken hatte, noch in der Hand, und durchquerte auf Zehenspitzen den Flur, um seine Mutter nicht zu wecken. Hier heulte der Wind noch lauter als im Keller, wo er nur die schlimmsten, lautesten Schläge hörte, wenn die Bäume im kleinen Garten gegen die Fensterläden knallten, und durch den Wind und den Schneeregen konnte er überhaupt nichts erkennen, als er durch die Fenster der großen Eingangstür nach draußen spähte, nicht einmal den Umriss eines Reiseumhangs. Also musste er wohl oder übel nachsehen. Sirius packte seinen Zauberstab, verborgen von seinem Ärmel, streckte die Hand aus und drehte den Türknopf. Augenblicklich wurde ihm die Tür aus der Hand gerissen, als der Wind danach griff und sie nach innen drückte, und er konnte nur noch zur Seite springen, als sie so heftig gegen die Wand des Flures stieß, dass der Knall seine Mutter aufweckte. „Verdammt.“ Der eiskalte Schneeregen, der die dünne, schlammig-braune Schneedecke auf dem Grimmauld Place wegschwemmen wollte, schlug ihm ins Gesicht, und er kniff die Augen zusammen, als er nach draußen starrte – nichts. Niemand stand vor seiner Tür... er musste sich das Klopfen nur eingebildet haben. „Sirius.“ Die schwache, raue Stimme, kaum hörbar über dem wütenden Gezeter von Mrs Black, lenkte seinen Blick nach unten, auf die Türschwelle, wo Remus Lupin sich mit blutverschmierten Händen die Seite hielt und versuchte, die Wunde zu bedecken, die ein Fluch dort geschlagen hatte. „Scheiße, Remus.“ Er kniete im eiskalten Matsch, bevor er begriff, was er eigentlich tun wollte, und versuchte, seinen Freund vom Boden hochzuziehen. „Was ist passiert?“ Remus hustete Blut, und Sirius spürte mit Entsetzen, wie kalt er war, wie durchnässt seine Kleidung. Wie lange hatte er sich schon durch die Winternacht geschleppt, bevor er hierher hatte apparieren können? Eigentlich wollte er es gar nicht wissen. „Kleine... Meinungs... Meinungsverschiedenheit.“ Der matte Sarkasmus in Remus' Stimme, der viel zu sehr nach Gleichgültigkeit klang, ließ Sirius schlucken, und er schlang den Arm seines Freundes, mit dem dieser nicht seinen Magen hielt, um seine Schulter. Schwebezauber standen ganz außer Frage... er war zu betrunken, und langjährige Erfahrung hatte ihn gelehrt, wie vorsichtig er dann mit seiner Magie sein musste, um nicht mehr kaputtzumachen, als er dadurch bewirken konnte. Nein, seine Zauber musste er für den Teil dieses Notfalls aufheben, den er nicht ohne Magie bewältigen konnte, und dann hoffen, dass er Glück hatte und Remus nicht damit umbrachte. „Kannst du laufen?“ Remus' unterdrücktes Wimmern, als Sirius seinen Körper aus der eingerollten Position auf dem Boden aufrichtete, war Antwort genug, und Sirius biss die Zähne zusammen und zwang sich, den ersten, vorsichtigen Schritt nach vorne in den Flur zu machen. Er schwankte wie ein Boot im Sturm, nicht nur, weil er Remus mehr tragen musste, als dass er ihn stütze, sondern auch, weil das Haus um ihn herum sich drehte, und er bereute bereits jetzt, dass er zu stolz gewesen war, um Schniefelus um ein paar Ausnüchterungstränke zu bitten. Jeder seiner beißenden Kommentare wäre angenehmer gewesen als zu wissen, dass Remus nun litt, weil er sich nicht hatte zurückhalten können und sich mit einer Flasche Feuerwhiskey in seinem Elend gesuhlt hatte, anstatt wie jeder vernünftige Zauberer um diese Uhrzeit zu schlafen. Andererseits... vielleicht hätte er dann das matte Klopfen an der Tür über den heulenden Wind hinweg nicht einmal gehört. Auch wenn Sirius spürte, dass Remus ihm nach Kräften half, ihren Kurs durch den Flur und zur Kellertür hin stabil zu halten, prallte er mehr als einmal gegen die Wände, und konnte nur mit Mühe verhindern, dass Moony über den hässlichen Schirmständer stolperte, der regelmäßig Nymphadora Tonks zum Verhängnis wurde. Er brachte nicht einmal die Koordination auf, um die Vorhänge vor dem Portrait seiner Mutter zu schließen, zu sehr befürchtete er, dass er und Remus dann fallen würden, und erst, als sich die Kellertür hinter ihnen schloss, wurde ihre ohrenbetäubende Stimme ein wenig gedämpft. Schon als sie losgeschwankt waren, hatte Sirius die Idee verworfen, Remus die Treppe nach oben zu einem der Schlafzimmer zu schleppen, und der Speisesaal, der einzige andere Raum im Erdgeschoß, war nicht beheizt. Schon jetzt konnte er spüren, wie Remus unter seinem tropfnassen Umhang, der langsam auch Sirius' Kleidung durchnässte, fröstelte, also war die Küche die einzige Option, die zudem den Vorteil hatte, dass er dort das Feuer im großen Herd brennen gelassen hatte. Die Treppe war ihr einziges Hindernis, und Sirius schob sich vor Remus in der Hoffnung, dass sein Freund, falls sie fielen, wenigstens weich landen würde, doch seine Vorsicht erwies sich zu seiner Erleichterung als unnötig. Langsam, aber stetig, nahmen sie Stufe um Stufe, während Sirius Remus mit dem Gewicht seines Körpers stützte, und schließlich erreichten sie den dunklen, höhlenartigen Raum, dem das Feuer das einzige Licht spendete und wo Sirius die Abende der letzten, stetig dunkler werdenden Wochen verbracht hatte. Den Geruch nach Alkohol nahm er, wenn er alleine war, kaum mehr wahr, doch jetzt, wo er Remus bei sich hatte, dessen Sinne schon immer so viel besser gewesen waren, erinnerte er sich daran – aber dafür war keine Zeit. Remus brauchte seine Hilfe, und auch wenn er, müde und betrunken, nicht der beste Kandidat war, um sie zu leisten... er war hier, und alle anderen nicht, und Remus war sein Freund, verdammt! Sirius' Schulter protestierte, als er den Stuhl am Feuer erreichte, in dem er vor wenigen Minuten noch selbst gehangen war, und Remus darauf absetzte, doch auch darauf konnte er nicht achten... hastig schälte er Remus aus seinem Reiseumhang, versuchte, das Blut zu ignorieren, das seine Seite verklebte und noch immer zwischen seinen Fingern hervorquoll, das Blut und die Angst, die in seinem Inneren aufstiegen. Er hatte so viel verloren in den letzten Jahren... Remus war der einzige seiner Freunde, der noch lebte, abgesehen von Harry, und der Gedanke, dass der Krieg ihm ihn auch noch wegnehmen könnte, schnürte ihm die Kehle zu, seine Reaktion noch verstärkt durch den Alkohol, der durch seine Adern pulsierte. „Bleib bei mir, Moony!“ Remus zog matt einen Mundwinkel nach oben. „Ist... ist nicht so schlimm, dass ich gleich den... Löffel abgebe.“ Jahrelange Erfahrung hatte Sirius gelehrt, dass Remus ein Meister des Understatements war, besonders, wenn es um seine eigenen Verletzungen ging, und er begann, auch das zerrissene Hemd aufzuknöpfen, das nass und kalt an seiner Brust klebte. „Das sagst du. Ich floh gleich nach Madame Pomfrey, wenn ich mit dir fertig bin.“ Remus schüttelte den Kopf. „Aufpäppeltrank. Blut stillen. Wunde schließen. Alles gut.“ Sirius bezweifelte diese Einschätzung stark, besonders, da er Remus' Verletzung nicht mit seinem Zauberstab verschließen konnte – oder zumindest nicht, ohne mehr Schaden anzurichten, als seine Versuche nutzen würden – aber für den Moment widersprach er nicht, sondern warf Remus' Hemd auf den Boden und hastete zu der kleinen Vorratskammer neben der Küche. Zumindest der Aufpäppeltrank war eine gute Idee, und sobald Remus wieder klar denken konnte, konnte er ihm auch sagen, was er tun musste... denn je mehr er versuchte, sich zu konzentrieren, desto mehr vernebelten Panik und Alkohol seine Gedankengänge. Das kleine Fläschchen fühlte sich beruhigend fest und kühl an unter seinen Fingern, ein Fixpunkt in einem sich drehenden Universum, und er stolperte zurück zu Remus, der sich kreidebleich am Stuhl festhielt, das Blut auf seinen Händen, Armen und seinem Torso ein harter Kontrast zum beängstigend weißen Ton seiner Haut. „Hier.“ Remus versuchte, die Hand auszustrecken, aber die Bewegung endete, bevor sie über Brusthöhe hinausging, und Sirius trat nach vorne und führte die kleine Phiole an seine Lippen. „Trink.“ Zu seiner Erleichterung schluckte Remus, anstatt zu husten, und Sirius konnte sehen, wie die Farbe in ihn zurückkehrte, sein flacher, gehetzter Atem leichter ging und der Schleier über seinen Augen sich lichtete. „Danke.“ Seine braunen Augen huschten umher, über die Feuerwhiskeyflaschen auf dem Boden, das Geschirr in der Spüle, den Staub auf dem Tisch und über Sirius selbst, der unrasiert und in der Kleidung von vor Tagen vor ihm kniete, und auch wenn er seine Missbilligung verbergen wollte, Sirius sah sie trotzdem. Jahre der Freundschaft hatten ihn gelehrt, sie in diesem normalerweise so sanften Blick zu entdecken, und dass Remus sie jetzt, wo er blutend und zitternd vor dem Feuer saß, noch immer spürte, tat mehr weh als jeder abfällige Kommentar von Schniefelus. Sirius schluckte, als ihm Tränen in die Augen stiegen, die er nicht wollte und die ihn sich nur noch mehr fühlen ließen wie ein nutzloses Wrack von einem Mann, und rückte Remus' Stuhl näher an das viel zu hell und heiß lodernde Feuer. „Blutung stillen, ja?“ Seine Stimme klang belegt, und er vermeinte, Mitleid in Remus' Augen zu sehen, als er nickte, und auf seinen Umhang deutete. „Zauberstab.“ Sirius rutschte fast in der Pfütze aus, die sich unter Remus' Reiseumhang gebildet hatte, als er in der Masse an schwarzem Stoff wühlte, und schließlich den Zauberstab hervorzog und ihn Remus reichte, bevor er zu dem Schrank hastete, in dem Poppy immer Pflaster, Salben und andere Mittel aufbewahrte, selbst wenn sie nicht im Hauptquartier war. Der Orden des Phönix war noch nie eine Organisation gewesen, die wenig Verletzungen zu beklagen hatte, und Sirius konnte es nur auf seine Angst und den Alkohol schieben, dass er nicht weit genug gedacht hatte, um den Verbandskasten sofort zu holen. Doch jetzt, wo Remus schon besser aussah und nicht mehr zitterte wie Espenlaub, verschwand zumindest seine Furcht, er würde ihm unter den Händen wegsterben, und ließ nur noch den Nebel in seinem Kopf zurück, der von zu viel Feuerwhiskey verursacht wurde. Mit dem Schock war allerdings auch diese erzwungene Art der Nüchternheit gewichen, die von zu viel Adrenalin im Blut verursacht wurde, und er spürte, wie seine Bewegungen wieder langsamer und fahriger wurden, weil nicht mehr so viel von seiner Stärke und Präzision abhing. Der Verbandskasten klapperte auf dem Tisch, als Sirius ihn darauf abstellte und nach Bandagen wühlte, während Remus seinen Zauberstab auf seine eigene Seite richtete in dem Bemühen, sowohl den Schmerz als auch die Blutung zu stillen und die klaffende Wunde zu schließen, und Sirius biss die Zähne zusammen. Jetzt, wo der Notfall vorbei war, wo Remus sich selbst helfen konnte, wurde ihm erst bewusst, wie viel ihm daran gelegen hatte, dass er gebraucht wurde, wie wichtig es für ihn war, bedeutend und nützlich zu sein, und dass es schmerzte, wenn er wieder in die Rolle des Statisten zurückgedrängt wurde, der nichts tun konnte außer zu beobachten. Er wollte etwas tun, er musste etwas tun, und erst jetzt spürte er, dass ihm sogar die schwere Verletzung seines besten Freundes tief in seinem Inneren Genugtuung bescherte, wenn sie es ihm nur erlaubte, seine Fähigkeiten, so bemitleidenswert sie auch sein mochten, einzusetzen. „Ich bin so ein Arschloch.“ Remus blickte nicht einmal von seinem Zauberstab und seinen fahrigen Bewegungen auf, sondern nickte nur, eine langsame, abgelenkte Geste. „Schon immer gewesen.“ Der matte Sarkasmus in seiner Stimme machte Sirius wütend, weil Moony nicht begriff, dass das kein Scherz unter Freunden war, sondern dass er es ernst meinte, dass er wirklich ein schlechter Mensch war, und nutzlos noch dazu, und dass er ihm wirklich zustimmen musste und nicht nur neckend. „Das ist nicht witzig!“ Nur Stille antwortete auf seinen wütenden Ausbruch, und er bereute ihn, sobald sie aus seinem Mund gekommen waren. Remus war verletzt, und er brauchte seine Konzentration, um seine Verletzungen zu versorgen, und er hatte nichts besseres zu tun, als ihn mit seinen eigenen Sorgen zu belästigen. Nur ein weitere Beweis dafür, was für ein fürchterlicher Freund er war, dafür, dass Moony es verdient hätte, dass James überlebte anstatt ihm, jemand, der für ihn da sein konnte... kein Wrack wie er, der ein Drittel seines Lebens in Askaban verbracht hatte, während sein bester Freund von der Zauberwelt ausgestoßen wurde. Erst als der Blutstrom unter seinen Fingern versiegte und die Wunde sich notdürftig geschlossen hatte, blickte Moony auf, und die dunklen Ringe unter seinen Augen, die Müdigkeit in seinem Blick, ließen Sirius seine harschen, wütenden Worte nur noch mehr bereuen. „Du bist betrunken, Sirius.“ Die simple Feststellung, mehr müde als tadelnd oder abweisend, trieb den Dolch nur noch tiefer in Sirius' Seite, und anstatt zu antworten, reichte er Moony eine Rolle magischen Verbandes. „Hier.“ Remus' weiche, braune Augen musterten ihn für einen Moment, und Sirius wusste, dass sein Freund versuchte, abzuschätzen, wie betrunken er war, wie wütend, wie unberechenbar. Zu oft hatte er ihn in den letzten Monaten in einem Zustand wie diesem gefunden, zu oft hatte er auf die harte Tour herausgefunden, dass mit Sirius nicht zu spaßen war, wenn er zu viel Feuerwhiskey getrunken hatte, und die Entschuldigung am Morgen danach machte nichts besser. Sirius biss die Zähne zusammen und wartete auf sein Urteil. „Du musst mir helfen.“ Die Worte trafen ihn unerwartet, und er runzelte die Stirn, als Remus ihm die Rolle Verband wieder entgegenstreckte. „Wenn ich mich zu sehr bewege...“ Sirius nickte langsam und streckte seine Hand aus, schlang seine Finger um den Stoff, dessen Magie auf seiner Haut prickelte, und kniete dann neben Remus' Stuhl, bemüht, die vielen Narben auf seinem Torso nicht zu bemerken, die vielen Kratzer und Schnitte, die verheilt waren, manche zu blassen Strichen, manche zu rosa Flächen, andere zu hässlichen Wulsten in wütendem Rot. „Es tut mir leid.“ Remus antwortete nicht, doch Sirius sah, wie sich seine Hand um die hölzerne Lehne krampfte, und das nicht wegen physischem Schmerz – er hatte Remus noch nicht einmal berührt. Doch jetzt suchten seine Hände nach der Schulter seiner unverletzten Seite, halfen ihm, sich nach vorne zu lehnen, damit Sirius die Bandage über die notdürftig verschlossene Wunde abrollen konnte. Remus war von einem Fluch getroffen worden, und die Kanten des hässlichen, gezackten Schnitts pulsierten noch immer in Übelkeit erregendem Grün. Für einen Moment überlegte er, doch noch nach Madame Pomfrey zu flohen, aber er wollte Remus' Urteil nicht in Frage stellen, wollte sich nicht auch noch als offen illoyal erweisen anstatt nur in den Abgründen seines eigenen Herzens. Mit Runde für Runde der Bandage verschwand mehr von Remus' Verletzung an Remus' Seite, und Sirius konzentrierte sich auf die Arbeit seiner Hände, wagte es nicht, nach oben zu sehen, während sein Mund sich fast wie von selbst bewegte, angetrieben von dem Feuerwhiskey, den er getrunken hatte, die Worte geformt von den Ängsten in seinem Inneren. „Ich bin nutzlos, Remus – nutzlos. Ich sitze hier in diesem verdammten Haus, mit nichts als diesem verdammten Hauselfen und dem Portrait meiner sadistischen Mutter als Gesellschaft, während alle anderen dort draußen kämpfen und sterben... sogar du wärst heute fast gestorben, Remus... und ich kann das nicht. Ich kann hier nicht bleiben, damit ich in Sicherheit bin, während alle anderen ihr Leben riskieren. Sogar Harry und seine Freunde kämpfen gegen diese verdammte Schulleiterin... und was mache ich? Ich kämpfe gegen Staubwolken, wenn es hochkommt!“ Seine Wut wollte seine Hände zittern lassen, aber er zwang sich, sie ruhig zu halten, wollte Remus keine Schmerzen zufügen, wo es nicht notwendig war. „Und jetzt, wo du hier bist, hab ich nichts besseres zu tun, als neidisch zu sein auf dich... weil ich eine Aufgabe möchte, einen Auftrag, irgendetwas, sogar wenn es mich umbringt, einfach, damit ich hier nicht rumsitzen muss... das Haus fühlt sich manchmal schlimmer an als Askaban, weil ich gedacht hab, ich hätte es geschafft, ich wäre frei... aber Dumbledore ist der schlimmste Gefängniswärter von allen. Der schlimmste.“ Er wollte einen weiteren Schluck aus seiner Feuerwhiskeyflasche nehmen, aber die Erinnerung an die Trauer in Remus' Augen und die Tatsache, dass er sie irgendwo auf dem Treppenabsatz im Schnee verloren hatte, als er auf die Knie fiel, hielten ihn davon ab, und stattdessen rollte er die letzten Inches der Bandage ab und schob das Ende unter die anderen Lagen. „Ich bin so ein Arschloch, Remus – ich bin ein schrecklicher Mensch.“ Er hätte es noch immer nicht gewagt, die Augen zu heben, hätte nicht ein langgezogener Seufzer seine Aufmerksamkeit erregt, doch als er den Blick hob, sah er, dass Remus' Lider geschlossen waren. Für einen Moment kroch die Wut in seine Brust – wie konnte er es wagen, ihn einfach zu ignorieren, wenn er sein Herz ausschüttete! – aber noch bevor er den Mund öffnete, war sie verflogen. Remus sah... friedlich aus. Die Augen geschlossen, die harten Linien in seinem Gesicht, die sich viel zu früh dort eingegraben hatten, entspannt, der Schmerz, der seine Schultern zusammengekrampft hatte, verschwunden und seine Pose entspannt... Remus strahlte eine Ruhe aus, die Sirius bei sich selbst schon seit Jahren vermisste, und ein Bisschen... ein klitzekleines Bisschen davon strahlte auf ihn über und beruhigte den Aufruhr in seinem Inneren, versprach ihm, dass er kein schlechter Mensch war, dass, zumindest für diesen Abend, alles gut war. Trotz des Krieges, trotz des Wissens, dass sie am Ende alle für sich selbst fochten, trotz der Tatsache, dass Remus es nicht einmal geschafft hatte, für ihn da zu sein, als er es am nötigsten brauchte... genauso, wie Sirius nicht für ihn da gewesen war. Sirius schluckte und wandte sich um, schlich sich die Treppe hinauf, und zehn Minuten später hatte er Remus' Füße hochgelegt und seine schlafende Form unter einer der dicken Decken aus den Schlafzimmern verborgen, bevor er für sich selbst einen Platz auf dem Boden neben ihm fand wie der Hund, als der er sich manchmal fühlte. Kapitel 25: Familie ------------------- Pairing: Hermine Granger/Ron Weasley, gewünscht von Sunny-, Hermine+Ron forever und RoseWeasley :)) 25. Familie Es fiel selten Schnee in London, doch in einer Welt, in der die Magie die schnöde Realität nach den Wünschen des Zaubernden formen konnte, wäre er wahrscheinlich nicht einmal aufgefallen zwischen all den ausgefallenen Dekorationen ihrer Nachbarn. Echte, weiße Flocken hätten nur abgelenkt von Mrs. Stevensons Kunstschnee, der in akribisch magisch gezeichneten Mustern in den Fenstern ihrer Wohnung rieselte und Kätzchen und Elche, Weihnachtsbäume und Sternschnuppen formte. Auch der künstliche, tanzende Schneemann mit der roten Mütze, der ihnen von Mr. Bennywicks Balkon zuwinkte, würde nur unter einer Schicht echtem Schnee verschwinden und dann nicht mehr zu sehen sein, genauso wie die zahllosen anderen Weihnachtsdekorationen in ihrem Seitenarm der Winkelgasse, wo sie und Ron sich vor einigen Monaten eine Wohnung genommen hatten. Und trotzdem... Hermine konnte nicht leugnen, dass sie sich echten Schnee wünschte wie in ihrer Kindheit und nicht nur die graue, neblige Kälte Londons, nur durchbrochen von zahllosen, kitschig magischen Lichtern, während sie die Schultern hochzog und sich tiefer in ihren Schal kuschelte. „Da bin ich.“ Ron nahm die letzten Stufen der Treppe im Sprung, die Mütze, gestrickt von seiner Mutter, schief auf dem Kopf, und Hermine beobachtete mit einem Lächeln, wie er die Tür hinter sich abschloss und dann auf sie zukam. „Fertig?“ Hermine lachte und griff nach seiner behandschuhten Hand, die er ihr hinstreckte. „Nein, ich stehe zum Spaß vor der Tür.“ Ron schüttelte nur grinsend den Kopf über sie und gemeinsam gingen sie die Straße entlang, durch den Schein der magischen Lichter, die ihre Nachbarn an den Fassaden angebracht hatten, und hinaus in die Winkelgasse, wo die Einkäufer noch immer die letzten Besorgungen erledigten, Angestellte sich auf den Weg nach Hause machten und die ersten Hexen und Zauberer den Beginn des Wochenendes feierten. Gemeinsam mit Ron drängelte sie sich durch die hektischen Menschenmassen, hielt sich an seiner Hand fest, während er mit seiner größeren Gestalt den Weg bahnte hinüber zum Tropfenden Kessel, wo sie sich mit Harry und Ginny treffen wollten, das letzte Mal, bevor sie sich in wenigen Tagen im Fuchsbau wiedersehen würden, zum traditionellen Weasley-Weihnachtsessen. Die Feiertage würden ihr guttun, nach all dem Stress im Büro, nach all den Tagen, an denen sie Ron nur kurz bei einer gemeinsamen Tasse Kaffee am Morgen gesehen hatte, bevor sie zur Arbeit im Ministerium mussten und sich im Atrium trennten, nur um zu viele Stunden später todmüde nebeneinander ins Bett zu fallen. Aber das war das Leben, das sie sich ausgesucht hatte, zumindest für den Moment, und die Reformen, die Kingsley Shacklebolt angestoßen hatte, waren es wert, so viel Zeit für sie zu opfern... selbst wenn sie Ron dadurch viel zu selten sah. Gemeinsam mit ihm schob sie sich durch die Tür des Tropfenden Kessels, hinein in den Pub, in dem sich bereits die Hexen und Zauberer drängten, und seufzte, als sie die Wärme spürte und ihr der Geruch nach Zimt und Anis in die Nase stieg. Bevor sie sich zu Hause mit Ron getroffen hatte, hatte sie die letzten Weihnachtseinkäufe für dieses Jahr erledigt, und sie war immer noch durchgefroren von der Stunde, die sie in der Winkelgasse damit verbracht hatte, von einem Geschäft zum anderen zu hetzen. Aber jetzt... jetzt hatten sie den Abend über Zeit, und sie musste nicht mehr zu der Masse an Menschen dort draußen gehören, die noch immer nicht alles erledigt hatten, was es zu erledigen gab. Gemeinsam mit Ron drängelte sie sich zur Bar hindurch, wo Tom sie mit einem zahnlosen Grinsen begrüßte und ihnen zwei Flaschen Butterbier reichte, ohne dass sie überhaupt bestellen mussten, ein untrügliches Anzeichen dafür, wie viel ihrer Freizeit sie im Tropfenden Kessel verbrachten und wie viele Mittagspausen sie hierher führten, weil weder Ron noch Hermine Zeit zum Kochen fanden. Neben ihr reckte Ron sich auf die Zehenspitzen, sah sich nach dem roten Haarschopf seiner Schwester um, die es wie alle Weasleys schaffte, aus jeder Menge herauszustechen, doch als er weder sie noch seinen besten Freund entdeckte, schob er sich auf den Barhocker neben ihr, seine warme Butterbierflasche in der Hand, und nahm einen tiefen Schluck. Auch an ihm war der Stress der letzten Monate nicht spurlos vorübergegangen, er wirkte erschöpft, aber von jener bodenlosen Verzweiflung, die sie alle während ihrer Jagd auf die Horkruxe erfasst hatte, war nichts zu sehen... nein, genauso wie sie wusste er, dass ihre Arbeit einen Sinn hatte, und sie beide gingen mit dem Gefühl nach Hause, etwas getan und geleistet zu haben, das wergeschätzt wurde, selbst wenn sich dadurch ihr Feierabend um ein paar Stunden nach hinten verschob. „Konntest du das Päckchen für deine Eltern noch wegschicken?“ Hermine nickte. Sie hatte am Nachmittag eine halbe Stunde lang am Eulenpostamt angestanden, um eine Ferneule nach Australien zu buchen, damit ihre Eltern, die sich entschlossen hatten, dort zu bleiben, weil das Klima so viel angenehmer war, ihre Geschenke noch rechtzeitig zum Weihnachtstag erhielten, aber die Wartezeit war es wert gewesen. „Ja. Ich hoffe, ihre Geschenke gefallen ihnen... auch wenn ich nicht glaube, dass sie für die beiden Pullover, die deine Mutter ihnen gestrickt hat, besonders viel Verwendung haben werden.“ Ron lachte. „Ich glaube nicht, dass sie von uns wirklich erwartet, dass wir sie tragen... sie sind eher so eine Art Familienmitgliedskarte, und nachdem Mum deine Eltern jetzt endlich kennen gelernt hat und praktisch jede Sekunde damit rechnet, dass wir entweder heiraten oder unser erstes Kind bekommen, findet sie, dass sie auch schon dazugehören. Und du und Harry sowieso.“ „Was ist mit mir und Hermine?“ Unbemerkt von ihnen hatten sich Harry und Ginny von hinten an sie herangeschoben, beide mit geröteten Wangen von der Kälte und strahlenden Augen, und ihr bester Freund grinste sie nun an. „Sag schnell etwas, bevor Ginny auf falsche Gedanken kommt!“ Ron lachte. „Ich hab nur festgestellt, dass du und Hermine zur Familie gehören, egal, ob ihr verheiratet seid oder nicht.“ Harry grinste, während er sich neben Ron auf einen Barstuhl schob und Tom zuwinkte, damit er seine Bestellung aufgeben konnte. „Gut... dagegen kann sie nichts sagen. Zumindest hoffe ich das.“ Der bange Blick zu seiner Freundin hin bestätigte seine Worte, und Ginny schüttelte den Kopf. „Was soll ich dagegen sagen? Auch wenn mir früher vor dem Tag gegraust hat, an dem ich das zugeben muss, aber damit hat Ron ausnahmsweise Recht. Ihr gehört dazu, und ihr werdet uns Weasleys auch nicht mehr los.“ Hermine lachte, während Ginny neben ihr Platz nahm und begann, ihr ihr Leid zu klagen – Molly war der Ansicht, dass ihre Tochter ihr bei den Weihnachtsvorbereitungen helfen sollte, worauf Ginny nun so gar keine Lust hatte nach anstrengenden Tagen voll mit Quidditch-Training – aber sie konnte nicht leugnen, dass Rons und Ginnys Worte für sie wertvoll waren. Auch wenn sie versucht hatte, sich selbst einzureden, dass sie nur das Beste für ihre Eltern tat und ihnen die Angst und die Sorge um ihre Tochter nehmen und für ihre Sicherheit sorgen wollte, auch wenn sie den Schmerz darüber verdrängt hatte, dass sie in diesen langen Monaten der Jagd nach den Horkruxen niemanden gehabt hatte, gar niemanden, zu dem sie gehörte und bei dem sie sich zu Hause fühlte... die Narben waren geblieben. Dass Ron und Ginny nun so beiläufig aussprachen, dass sie zur Weasley-Familie gehörte, egal, wie ihre Beziehung mit Ron sich entwickelte, besänftigte Ängste, von denen sie nicht gewusst hatte, dass sie sich in ihrer Seele versteckten... gab ihr ein Gefühl der Sicherheit, das sie nicht missen mochte in ihrem hektischen Alltag. Die Weasleys waren nicht nur rote Haare und der Fuchsbau und Chaos, sondern auch Liebe, Geborgenheit und Zusammenhalt, ein Zusammenhalt, der nicht einmal durch Freds Tod geschmälert worden war. Sie gehörten zusammen, sie alle würden füreinander einstehen, wenn sie sich brauchten, selbst Percy hatte das schlussendlich begriffen, auch wenn es bei ihm länger gedauert hatte als bei allen anderen, und Hermine badete in der Sicherheit, die diese Familie ihr bot. Ohne dass sie es wollte, spürte sie, wie ihr die ersten Tränen in die Augen stiegen, und Ginny stockte mitten im Satz, als sie sah, wie Hermine die Hand vor den Mund presste und heftig schluckte. „Hermine?“ Sie blinzelte heftig, und Ginny wandte sich um, tippte Ron an und machte dann Platz für ihn, damit er ihr die Butterbierflasche aus der Hand nehmen und sie festhalten konnte. „Was ist denn los?“ Auch wenn sie eigentlich nicht traurig war, sondern nur gerührt, seine Umarmung war willkommen und sie schmiegte ihren Kopf an seine Schulter, sog seinen Duft ein, während seine großen Hände über ihren Rücken und ihre immer noch viel zu buschigen Haare streichelten. „Ich...“ Statt eines Satzes kam nur ein langes Seufzen heraus – sie fand keine Worte für das, was sie sagen wollte, konnte Ron, dem Kind aus dieser großen, geborgenen Familie nicht erklären, was sie empfand, die sie ohne Geschwister, Cousins und Cousinen oder Onkel und Tanten aufgewachsen war, und so schüttelte sie nur den Kopf. „Ich... ich bin nur froh, dass ihr da seid. Du und Harry und Ginny und alle anderen...“ Seine Finger fanden ihre Wange und vorsichtig schob er sie von sich, damit er ihr ins Gesicht sehen konnte. „Bist du dir sicher, dass das alles ist?“ Sie nickte und brachte schließlich das Lächeln hervor, das sie ihm zeigen wollte und von dem sie wusste, das er es sehen wollte, das Lächeln, das einen Teil der Geborgenheit und Rührung, die sie spürte, weitergeben sollte. „Ja. Ich bin nur... mir ist nur gerade klar geworden, dass ich genau da bin, wo ich eigentlich sein möchte. Hier. Bei dir. Bei euch allen... ich bin endlich zu Hause angekommen.“ Ron runzelte die Stirn, und sie wusste, dass er nicht ganz verstand, was sie bewegte, aber das war in Ordnung so, und sie lächelte und reckte sich, um ihn zu küssen, damit er wusste, dass er sich keine Sorgen um sie machen musste. Sie war nicht alleine, und ihre Familie würde auf sie aufpassen. Kapitel 26: Minne ----------------- Pairing: Die Fette Dame/Sir Cadogan, gewünscht von Arual 26. Minne „Das kann nicht so weitergehen!“ Albus Dumbledore nahm sich noch ein Zitronenbrausebonbon aus der Schale auf dem Tisch neben ihm, der gerade noch so in sein Portrait im Büro der Schulleiterin gepasst hatte, und reagierte auf Professor McGonagalls Tirade mit einer Gelassenheit, die in Sir Cadogan Wut weckte. Das war doch keine Art, mit einer Dame umzugehen! Und der Schulleiterin! Ihr gebührte der Respekt aller Portraits in Hogwarts, sogar der der ehemaligen Schulleiter! „Es wird mit jedem Jahr schlimmer, und die Lehrer haben angefangen, sich zu beschweren, Albus. Schüler kommen zu spät in den Unterricht, die Stunden werden gestört, sogar St. Mungos hat uns eine Eule geschickt, dass Dilys letzte Woche betrunken durch ihr Portrait getaumelt wäre und die Patienten dazu aufgefordert hätte, den medizinischen Alkohol auszutrinken!“ Sir Cadogan schüttelte den Kopf – ein unmögliches Benehmen, und einem Portrait Hogwarts gänzlich unwürdig. Er selbst würde doch niemals etwas tun, das die Würde des Schlosses und der altehrwürdigen Institution so verletzte! Gut, er war letzte Woche über seine Lanze gestolpert und hatte dann seine Hose verloren, und ja, das war auch vor ein paar Hufflepuff-Drittklässlerinnen auf dem Weg zum Wahrsageunterricht passiert, aber das war doch wohl kaum seine Schuld, oder? Und doch kein Grund, so einen Aufstand zu machen... „Die Portraits brauchen Beschäftigung, Albus – eine Beschäftigung, die keinen Alkohol und keine nicht jugendfreien... Entblößungen vor irgendwelchen Schülern erfordert, zumindest bis Weihnachten. Während der Ferien überlegen wir uns dann, wie wir weiter vorgehen können.“ Sir Cadogan schüttelte den Kopf – Beschäftigung, wozu sollte das gut sein? Sie alle hatten doch genug damit zu tun, sich in ihren Portraits zu besuchen und in die Schlacht gegen Bäume zu reiten und ihre Kampffertigkeiten zu üben, wozu brauchten sie da noch mehr Beschäftigung? Zwei Tage später erreichte ihn die Nachricht, dass alle Portraits Hogwarts' sich in dem großen Landschaftsgemälde in der Eingangshalle einzufinden hatten, dem einzigen Ort im Schloss, an dem sie sich alle versammeln konnten, und Sir Cadogan sattelte missmutig sein Pferd. Dieser verrückte Aufruf hatte sicherlich mit der Beschäftigung zu tun, die Professor McGonagall für sie gefordert hatte, und auch wenn ihr sein ganzer Respekt gebührte, an die Sinnhaftigkeit des Vorhabens glaubte er nicht. Was sollte Professor Dumbledore schon eingefallen sein, das sie tun konnten? Sicherlich nichts Sinnvolles, nichts, mit dem er sich anfreunden konnte... nein, es würde eines dieser merkwürdigen modernen Dinge sein, die der Professor so mochte und mit denen er natürlich nichts anfangen konnte. Sir Cadogan schüttelte den Kopf, während er sein Pferd zum Grasen an einer Lichtung zurückließ und auf die Bergwiese hinaustrat, auf der sich die Portraits versammelt hatten, es hatte sich bereits ein großer Auflauf von Gestalten aller Art gebildet und er reckte sich auf die Zehenspitzen, um einen Blick auf eine massige Gestalt im rosa Kleid erhaschen zu können. Sicherlich wäre sie heute hier – ein solches Großereignis konnte sie nicht verpassen, natürlich nicht! Alle Portraits von Hogwarts versammelt! Da musste sie dabei sein, auch wenn dann die Gryffindor-Schüler ein paar Minuten auf den Einlass in ihren Turm warten mussten. Er wanderte durch die Menge an Portraits, die sich um einen kleinen Hügel versammelt hatte, auf dem bereits Professor Dumbledore und einige andere der ehemaligen Schulleiter mit großen Schüsseln in der Hand auf sie warteten, immer auf der Suche nach seiner Angebeteten. Wenn er nur daran dachte, dass er sie vielleicht niemals getroffen hätte! Nur ein Zufall hatte ihn in ihre Ecke des Schlosses, hoch oben im Gryffindor-Turm, geführt, als er wieder einmal auf seinem Pferd eingeschlafen war und deswegen am Gemälde von Ignus dem Irrwitzigen falsch abgebogen war, und dann hatte er sie gesehen... Perfektion in einem rosa Kleid! Er hatte doch gar keine andere Wahl gehabt, als sich in sie zu verlieben, und doch hatte er bis jetzt nicht den Mut gefunden, ihr seine Gefühle zu gestehen. Sie hatten ein paar Worte gewechselt zu Halloween, als alle Portraits die Feierlichkeiten in der Großen Halle mitverfolgt hatten, doch sie wusste nun nur, dass er Kürbispasteten genauso mochte wie sie, nicht, dass sein Herz in ewiger, unabänderlicher Liebe für sie entflammt war. Sir Cadogan seufzte tief. Er war so schüchtern und so tollpatschig, dass sicherlich jeder Versuch, zu ihr von seiner ewigen Liebe zu sprechen, im Desaster enden würde, und dann würde sie ihn für immer hassen. Nein, er konnte ihr nicht gestehen, sondern er musste sie aus der Ferne bewundern, die Perfektion ihres Lachens und ihres Kleides und ihrer Kurven. Dumbledores magisch verstärktes Räuspern hallte über die Wiese und riss ihn sowohl aus seinen Gedanken als auch aus seiner Suche, und er stellte sich auf die Zehenspitzen und stützte sich auf seinem Schwert ab, um besser sehen zu können, was der Professor da vorne tat. „Meine Damen und Herren, vielen Dank, dass Sie sich hier und heute eingefunden haben, um zu erfahren, was Sie in den nächsten drei Wochen bis Weihnachten tun werden. Meine Kollegen und ich haben uns lange beraten und sind dann zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Portraits Hogwarts' mehr mit sich selbst beschäftigen müssen, damit die Schüler weniger gestört werden. Daher haben wir die Namen aller Bilder des Schlosses auf kleine Papierstreifen geschrieben, und jeder von Ihnen wird nun einen Namen ziehen. Für die Person, die Sie gezogen haben, müssen Sie ein Weihnachtsgeschenk besorgen – eine Kleinigkeit, mit der Sie der Person eine Freude machen können. Natürlich müssen Sie sich dafür ins Zeug legen, und versuchen, möglichst unauffällig herauszufinden, was ihre beschenkte Person gerne mag, denn Sie dürfen nicht verraten, wen Sie beschenken sollen, sondern das muss bis Weihnachten ein Geheimnis bleiben.“ Sir Cadogan schüttelte den Kopf, während die Portraits um ihn herum in aufgeregtes Gemurmel ausbrachen. Wieder so neumodisches Zeug, das er nicht verstand. Wieso sollte er jemandem etwas schenken? Und noch dazu jemandem, den er vielleicht gar nicht kannte, und das noch dazu, ohne zu verraten, wem er etwas schenken sollte? Das war verrückt... aber so wie Professor McGonagall geklungen hatte, konnte er sich dieser albernen Veranstaltung wohl nicht entziehen, und so reihte er sich wohl oder übel in eine der langen Schlangen ein, die sich zögerlich vor den ehemaligen Schulleitern mit den Lostöpfen in den Händen gebildet hatten. Ein Gutes hatte dieses Theater wenigstens, zwei Schlangen weiter konnte er nun endlich seine Angebetete entdecken, wie sie mit ihrer Freundin Violet giggelte und darauf wartete, auch einen Namen ziehen zu können. Er hob die behandschuhte Hand zum Gruße, aber leider bemerkte sie ihn nicht, weil sie zu sehr damit beschäftigt war, das Portrait von Franziskus dem Freimütigen zu beobachten, der nur schändlich spärlich bekleidet in der Wiese lag und sich sonnte. Sir Cadogan ballte die Fäuste. Wie konnte dieser Widerling nur... wie konnte er es nur wagen, die Aufmerksamkeit seiner Angebeteten in solcher Weise auf sich zu ziehen? Skandalös! Fürchterlich Er, Sir Cadogan, musste ihn zum Duell fordern, um dieses ehrlose Verhalten zu bestrafen und seine eigene Schande zu tilgen! Gerade als er nach seinem Schwert griff und aus der Reihe stürmen wollte, um Franziskus zum Zweikampf auffordern zu wollen, räusperte sich die Person vor ihm, und er stellte fest, dass er in seiner Wut gar nicht bemerkt hatte, dass er ganz vorne bei Professor Dumbledore angekommen war. Und wenn er schon hier war, konnte er ja eigentlich... beherzt steckte er seine Hand in die Schüssel und fischte nach einem Stück Papier, etwas unbeholfen wegen der Plattenpanzerung, und als er endlich eines ergriff, zwinkerte Professor Dumbledore ihm verschmitzt zu. Sir Cadogan machte ein paar Schritte zurück und fummelte den Papierstreifen auseinander, im Moment zu neugierig, um noch an sein Duell mit Franziskus dem Freizügigen zu denken, und als er den Namen darauf sah, stockte ihm der Atem. Sie! Er hatte sie gezogen, sie, die eine, der sein Herz gehörte und seine Gedanken galten, sie, von der er nachts träumte! Was für ein Glück, was für ein unglaublicher Glücksfall! Er war wahrlich gesegnet! In seinem Überschwang gelang es ihm gerade noch, nicht zu seiner Angebeteten hinüberzusehen und so zu verraten, wen er gezogen hatte, und stattdessen wandte er sich ab und starrte über das Gipfelpanorama hinweg. Auch wenn er geglaubt hatte, dass dieses alberne Spiel nichts für ihn war, vielleicht hatte er sich doch getäuscht. Er wusste zwar nicht, wie er irgendwelche Fremden beschenken sollte, die er nicht kannte, doch wie er eine Dame glücklich machte, das wusste er, und so konnte er sich über sie erkundigen und sie danach beschenken, ohne dass er sich zum Narren machte – immerhin hatte Dumbledore sich dieses Spiel ausgedacht. Und vielleicht... vielleicht, am Ende, wenn ihr seine Geschenke gefielen und seine Werbung zusagte, würde sie dann... er seufzte. Nein, er durfte nicht so hastig sein. Er musste erst einmal ein Geschenk für sie finden, eine Überraschung, die sie überzeugen würde, eines Ritters wie ihm und einer feinen Dame wie ihr würdig, und danach konnte er sich überlegen, wie er es ihr überbrachte und wie er ihr dabei vielleicht sogar seine Liebe gestand. Franziskus der Freizügige war vollkommen vergessen, als er sich auf den Weg zurück zu seinem Pony machte, die Gedanken voll von diesen edlen Dingen, die Damen so sehr zusagten. Rosen... ja, er würde ihr Rosen schenken, so viele Rosen, wie er in dem Rosengarten mit dem Springbrunnen, der im siebten Stock hing, nur pflücken konnte, und Blumen... alle Blumen aus all den Landschaftsgemälden, die er nur finden konnte, zu einem Bouquet gebunden und zum Kranze gewunden... und Pralinen, ja, er wusste, dass sie Pralinen mochte, er hatte sie schon oft genug mit ihnen in der Hand gesehen, wenn er scheu vom Stillleben nebenan in ihr Portrait spähte und doch nicht den Mut zusammennehmen konnte, sie anzusprechen. Vielleicht auch ein paar Kleinigkeiten aus einem der Bankettgemälde, die unten beim Eingang in die Küchen hingen? Sie aß gerne... zumindest glaubte er das... er seufzte. Er musste mehr über sie herausfinden, um ganz genau zu wissen, womit er ihr eine Freude machen konnte, womit er sie überraschen konnte, und die Person, die er am Besten dafür ansprechen konnte, war Violet, ihre Freundin. Zwar hatte er gewisse Bedenken, was ihre Verschwiegenheit anging, aber damit seine Werbung erfolgreich sein konnte, brauchte er ihre Informationen, und so ritt er am nächsten Abend mit einer Flasche Wein, die er aus dem römischen Gemälde im vierten Stock entlehnt hatte, hinunter in die Kammer neben der Großen Halle, wo Violets Portrait hing. „Seid gegrüßt, holde Maid. Ich hätte ein Anliegen an Euch, und hoffe, dass mein Geschenk Euch gnädig stimmen kann, damit Ihr Nachsicht walten lasst und mein Verlangen erfüllt.“ Die Hexe zog die Augenbrauen hoch, doch als er von seinem Pferd stieg und ihr mit einer Verbeugung die Flasche Wein überreichte, lächelte sie und bedeutete ihm, doch Platz zu nehmen. Der gepolsterte Stuhl ächzte bedrohlich unter seinem Gewicht und dem der Plattenrüstung, die er trug, und Violet schenkte jedem von ihnen ein Glas Wein aus der Flasche ein, die er ihr gebracht hatte. „Gut, was kann ich für Sie tun?“ Für einen Moment ergriff die Befürchtung ihn, dass sie alles ihrer Freundin erzählen und seinen Plan verraten würde, und so räusperte er sich. „Ihr müsst verstehen, Madame, dass all dies, was ich nun mit Euch besprechen möchte, unter das äußerste Siegel der Verschwiegenheit fällt. Niemals, unter keinen Umständen, darf dies, was hier besprochen wird, an das Subjekt unserer Konversation gelangen. Habe ich Ihr Wort darauf, holde Maid?“ Er konnte sehen, dass er Violet neugierig gemacht hatte, und sie lehnte sich in ihrem Stuhl nach vorne, als sie nickte. „Selbstverständlich.“ „Nun gut... wie Ihr wisst, hat Professor Dumbledore gestern den Auftrag vergeben, dass jedes Portrait dieses Schlosses einem anderen ein Geschenk machen muss. Wie das Schicksal es so wollte, habe ich nun Ihre Freundin, die holde Maid, die den Gryffindor-Turm vor finsteren Eindringlingen und unberechtigten Zudringlingen schützt, aus seinem Lostopf gezogen. Da ich mit dieser Dame nicht so gut bekannt bin, wie ich es mir wünschen würde, wollte ich nun um Ihre Hilfe dabei bitten, ein angemessenes Geschenk zu finden.“ Sir Cadogan konnte nicht vermeiden, dass er beim letzten Satz errötete, doch er hoffte, dass Violet seine Intentionen nicht sofort erraten würde – zwar hatte er sie zur Verschwiegenheit verpflichtet und sie hatte ihm ihr Wort gegeben, aber es wäre vielleicht ein wenig peinlich für ihn, wenn seine Werbung nicht dazu führte, dass er das Herz seiner Angebeteten eroberte. „Oh, natürlich!“ Violet strahlte ihn an. „Natürlich werde ich Ihnen helfen, ich finde es wirklich nett von Ihnen, dass Sie so motiviert sind und ihr eine Freude machen wollen! Was möchten Sie denn wissen?“ Er hielt sich gerade noch davon ab, ihr zu sagen, dass er alles über ihre Freundin wissen wolle, und richtete sich stattdessen auf seinem Stuhl auf, um seine gesetzte, würdevolle Haltung zu bewahren. „Nun, welches sind denn die Geschenke, mit denen ich Ihre Freundin beglücken könnte? Ich dachte bereits an Blumen, da Blumen jede Dame erfreuen, und an Pralinen, da Ihre Freundin ein ganz besonderes Verlangen nach ihnen zu verspüren scheint, doch dies ist wohl kaum ein ausreichendes Geschenk für eine solch edle Dame zum uns bevorstehenden Hochfest.“ Violet giggelte. „Ich bin mir sicher, dass sie sich darüber freuen würde... damit gehen Sie schon in die richtige Richtung, wenn Sie verstehen, was ich meine. Sie mag auch kandierte Äpfel und Weihnachtsgebäck...“ Sir Cadogan schüttelte den Kopf. „Verzeihen Sie, holde Maid, doch dies sind alles Dinge, die in diesem Schloss recht leicht zu beschaffen sind. Haben Sie keinen Auftrag für mich, vielleicht die Suche nach einem besonderen Gegenstand, den Ihre Freundin gerne zu besitzen wünscht? Ein edler Ring, oder ein Diadem, oder der Kopf eines fürchterlichen Drachen, könnte dies sie vielleicht erfreuen?“ „Ich weiß nicht, ich glaube nicht, dass sie tote Monster besonders gerne mag. Aber Schmuck? Ich glaube, das könnte ihr gefallen. Sie beschwert sich noch immer, dass der Ring, den sie so gerne getragen hat, verschwunden ist, seit Sirius Black sie damals attackiert hat.“ „Oh ja, dieser Schuft, dieser elende, der es gewagt hat, in die heiligen Hallen des Schlosses einzudringen! Ich wünschte, ich könnte ihn zum Duell herausfordern, damit dieser Fleck der Schande auf meiner weißen Weste getilgt wird!“ Violet machte eine wegwerfende Bewegung. „Schon gut... was ich sagen wollte, wenn Sie vielleicht einen schönen Ring für sie finden, einen mit einem Rubin, Sie wissen schon, für Gryffindor, fände sie das sicherlich nett.“ „Natürlich! Ich werde mich sofort auf den Weg machen, um den gewünschten Gegenstand zu finden, und noch vor Weihnachten zurückkehren, um ihn Ihrer Freundin zum Geschenk zu machen!“ Er griff nach seinem Plattenhelm, verbeugte sich, und rannte zurück zu seinem Pony, um Pläne zu schmieden und seinen Feldzug vorzubereiten, um das Herz seiner Angebeteten zu erobern. Entgegen seiner Ankündigung ritt er allerdings nicht sofort los, um einen Ring für sie zu suchen, sondern nutzte erst die Gelegenheit, im Dunkel der Nacht ein paar rote Rosen, die er in einem der gemalten Gärten Hogwarts' geschnitten hatte, in ihrem Portrait vor dem Gryffindor-Turm zu hinterlassen, als Zeichen seiner Liebe und Hingabe. Zwar hatte Dumbledore gesagt, dass er bis Weihnachten nicht verraten durfte, wer er war, aber nicht, dass er seiner Geliebten keine zusätzlichen Geschenke hinterlassen konnte, um sie seiner Bewunderung zu versichern und ihr Herz zu gewinnen. Während der kommenden Wochen, während er das ganze Schloss durchsuchte und jede Besenkammer durchstöberte in dem Wunsch, einen Ring zu finden, der der holden Maid, die er liebte, würdig war, vergaß er kein einziges Mal, ihr eine kleine Aufmerksamkeit zu hinterlassen, sobald sie ihr Portrait verließ, um ihre Freunde zu besuchen. Einmal hinterließ er Nüsse und Früchte, dann wieder kandierte Äpfel und Weihnachtskekse, dann einen Kranz aus Wildblumen von den immerblühenden Almen im Südkorridor, der die nächsten Tage ihr wundervolles Haar zierte, wie er feststellte, als er sie aus der Ferne bewunderte. Auch sein nächster Besuch bei Violet gab ihm Hoffnung, denn sie verriet ihm, dass ihre Freundin sich sehr über seine Geschenke freute und sehr gespannt wäre, wer denn ihr heimlicher Verehrer sei und wann sie ihn kennenlernen würde. Vielleicht... vielleicht wäre sie nicht abgeneigt, vielleicht würde er ihr nicht nur einen Ring, sondern auch seine Hand in der Ehe antragen können... aber dafür musst er erst einen Ring finden, der zu ihr passte, und mit jedem Tag, der verfloss, verließ ihn mehr und mehr die Hoffnung. Kein Ring, den er fand, war ihrer würdig, und mit jedem Tag, der Weihnachten näherrückte, wurde er nervöser – zwar überraschte er sie jeden Tag, doch all diese Gesten wären nur von Wert, wenn er sie mit einem wirklichen Geschenk krönen konnte, einem, das sie noch mehr überraschen würde als alles, was er bisher getan hatte... einem, das einer edlen Dame wie ihr und einem mutigen Ritter wie ihm würdig wäre. Und nun, zwei Tage vor Weihnachten, er stand mit leeren Händen da. Es war eine Katastrophe! Zuerst war er noch voller Energie und Hoffnung gewesen, doch mittlerweile hatte er jedes Gemälde des Schlosses durchsucht, von der obersten Turmspitze bis zum tiefsten Kerkergewölbe, und nichts gefunden, das zu seiner Angebeteten gepasst hätte. Seufzend sattelte er sein Pferd, um einen letzten Ausritt zu wagen, nachdem er eine besonders große Portion Kirschpralinen in ihrem Portrait hinterlassen hatte, und machte sich auf den Weg, Hogwarts seine letzten Geheimnisse zu entreißen. Irgendwo hier musste doch ein Ring sein! Ein Ring mit einem wunderschönen roten Stein, vielleicht mit einem Löwenkopf darauf, den er ihr geben konnte, um ihr seine Hand in der Ehe anzutragen... aber er hatte nichts gefunden in diesen letzten Wochen, und mittlerweile wurde die Anstrengung auch ihm, einem standhaften, würdigen Ritter, zu viel. Tagsüber den Schülern den Weg zu Weisen und sie zum Duell herauszufordern und nachts nach einem Geschenk für seine Angebetete zu suchen hatte ihn sehr müde und sehr erschöpft zurückgelassen, und so wunderte er es ich kaum, als er, nach einem besonders langen und langweiligen Stück Weg durch ein Wandgemälde im Erdgeschoß plötzlich den Kopf hochriss, der ihm auf die Brust gesunken war, und sich fragte, wo zum Teufel er sich befand. Sein Pferd musste irgendwo falsch abgebogen sein, denn diese abgelegene Besenkammer lag garantiert nicht auf seinem Weg, genauso wie das Bild, das hier deponiert worden war und ganz offensichtlich darauf wartete, restauriert zu werden. Vorsichtig, um nicht an die zerschnittene, heruntergerissene Leinwand zu fassen, schob er sich nach vorne und warf einen Blick nach unten – und erstarrte. Das Bild zeigte eine Schatzkammer, eine, die er noch nie zuvor im Schloss gesehen hatte, und da... da war der Ring, der eine, perfekte Ring, den er in den letzten Wochen so verzweifelt gesucht hatte. Direkt vor seiner Nase! Er reckte sich nach vorne, hinunter in die Tiefen des beschädigten Bildes, auf den kleinen Fetzen Leinwand zu, der unbeschädigt war und auf dem der Ring aufgemalt war, und doch konnte er ihn nicht erreichen... aber er musste! Er musste einfach! Er schob sich ein kleines Stück weiter nach vorne, gefährlich nahe an den Abgrund heran, und sein Panzerhandschuh rutschte von seinen Fingern und purzelte hinunter, verschwand in dem Abgrund hinter dem beschädigten Bilderrahmen. Sir Cadogan unterdrückte einen Fluch, der eines Ritters wie ihm nicht würdig gewesen wäre. Er musste... er musste... er musste... er hing bereits über dem Abgrund, als er endlich, endlich einen Hauch von Gold unter seiner Haut spürte, und mit einer letzten Anstrengung gelang es ihm, den Ring zwischen seinen Fingerspitzen zu fassen zu bekommen und sich wieder nach oben zu ziehen. Triumph durchflutete ihn, als er das kleine Schmuckstück in seiner Hand betrachtete – es war perfekt. Golden mit kleinen Rubinen, wie geschaffen für eine Gryffindor wie seine Angebetete, und ein würdiges Geschenk, das von so einem tapferen Recken wie ihm an seine Holde gegeben werden konnte. Vorsichtig ließ Sir Cadogan den Ring in seine Tasche gleiten. Weihnachten konnte kommen. Eigentlich hatte er vorgehabt, seine Angebetete am Weihnachtsmorgen zu überraschen und ihr seine Identität zu enthüllen, doch seine Ungeduld, eine sehr unritterliche Eigenschaft, wie er fand, machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Zu sehr verlangte es ihn danach, in ihr geliebtes Gesicht zu sehen und herauszufinden, ob seine Bemühungen um sie, die in den letzten Wochen den größten Teil seiner Zeit eingenommen hatten, von Erfolg gekrönt sein würden, als dass er noch eine Nacht länger warten konnte. Also stand er hier, seine Plattenrüstung auf Hochglanz poliert, einen großen Strauß Rosen in der Hand und den Ring, den er mit solcher Mühe für sie gefunden hatte, in einem kleinen Holzkästchen in seiner Tasche, und sammelte seinen ganzen Mut zusammen, um die letzten Schritte zu gehen und in ihr Bild zu treten. Er, Sir Cadogan der Mutige, aus dem Hause Gryffindor, brachte nicht den Willen auf, sich seiner Angebeteten zu nähern... er schüttelte den Kopf und stolperte nach vorne, bis er schließlich in ihr Portrait trat, die Röte bereits im Gesicht. Zum Glück war sie auch anwesend, war nicht bei ihrer Freundin Violet, um mit ihr Weihnachten zu feiern, und wandte elegant den Kopf, um ihn zu mustern. „Ja?“ Sir Cadogan glaubte, dass seine Zunge sich verknotet hatte, und die kleine Rede, die er vorbereitet hatte, war vollkommen verschwunden. „Ähm... ja... ich...“ Er räusperte sich. „Teuerste, würdet Ihr mir... hättet Ihr vielleicht die Ehre, mir einen Moment Eurer Zeit zu schenken?“ Sie hob die Augenbrauen, nickte aber. „Gerne.“ Er streckte die Hand mit dem Rosenstrauß aus und sie nahm ihn an, stellte ihn in die Vase neben sich, wo schon andere seiner Blumengeschenke warteten, und er wischte sich unauffällig die Handfläche ab, dankbar über die kleine Pause. „Wie Ihr... wie Ihr vielleicht schon erraten habt, bin ich derjenige, der Euch in den letzten Wochen... hoffentlich... mit seinen Geschenken erfreuen konnte, Teuerste.“ Ihr Gesicht hellte sich auf. „Oh ja, danke. Ich hab mich wirklich gefreut, es waren so schöne Überraschungen dabei! Und ich muss zugeben, vielleicht bin ich Violet ein bisschen öfter als sonst besuchen gegangen, damit Sie mir etwas hinterlassen konnten.“ Sir Cadogan errötete noch mehr, diesmal vor Freude und nicht vor Verlegenheit, und richtete sich noch ein wenig höher auf. „Ich kann mit Worten nicht beschreiben, wie glücklich mich dieses Euer Glück macht, meine Holdeste. Mein Leben war in den letzten Wochen dem Wunsch gewidmet, Euch bestmöglichst zu dienen.“ Auch seine Angebetete wirkte nun ein wenig verlegen, und er machte ein paar Schritte auf sie zu und griff nach dem Kästchen in seiner Tasche. „Doch all diese kleinen Aufmerksamkeiten, die Euch zu vermachen ich mir zur Aufgabe gemacht habe, sind nichts gegen das Geschenk, das ich unter größten Mühen und ohne eine Anstrengung zu scheuen für Euch gefunden habe, meine Dame. Ich... wenn Ihr mir die Ehre erweisen würdet...“ Er streckte ihr das Kästchen mit dem Ring hin und sie ergriff es, ihre Wangen zart gerötet wie der Stoff ihres Kleides. „Oh, dankeschön.“ „Bitte, würdet Ihr mir die Ehre erweisen und vielleicht hineinsehen?“ „Liebend gern.“ Sie öffnete den Deckel und der Ausdruck auf ihrem Gesicht war Belohnung genug für ihn, selbst wenn sie seine Hand nicht annehmen würde – diese Freude, diese Verzückung, diese Begeisterung. „Das ist wunderschön, danke! Ich hab mir schon immer gewünscht, wieder einen Ring zu haben...“ Sie lächelte und nahm ihn aus seinem Satinbett, um ihn sich an den Finger zu stecken, und betrachtete ihre Hand bewundernd. „Da, sieht er nicht wundervoll aus?“ Sie streckte ihm ihre Hand hin, und Sir Cadogan ergriff sie in einem Anflug von Verwegenheit – jetzt war der Zeitpunkt gekommen! Er sank auf die Knie, und die Dame seines Herzens blickte auf ihn herab. „Holdeste, vielleicht habt Ihr... möglicherweise konntet Ihr in Eurer grenzenlosen Klugheit schon erkennen, dass meine Aufmerksamkeiten zartere Gefühle als die der Freundschaft und der Bewunderung für Euch zum Ausdruck bringen möchten... könntet Ihr... würdet Ihr mir... wollt Ihr mir also die Ehre erweisen, meine Frau zu werden?“ Er zitterte, während sie ihn überrascht ansah, doch nach einem Moment, in dem sie von seinem Angebot schier überwältigt schien, nickte sie schließlich. „Liebend gern.“ Kapitel 27: Zu den Drei Besen ----------------------------- Pairing: Ronald Weasley/Madame Rosmerta, gewünscht von Francis 27. Zu den Drei Besen Die Tür schlug hinter dem letzten anderen Gast zu und sperrte den kalten schottischen Winterabend aus, mit dem eisigen Wind und den wirbelnden Schneeflocken, die der Luftzug hereingetragen hatte, und Ron Weasley seufzte. Nun saß er alleine in den Drei Besen und starrte in sein Glas Feuerwhiskey, all seine Freunde und Bekannten, diejenigen, mit denen er sich oft nach der Arbeit auf ein Glas traf, waren zu Hause bei ihren Frauen und Familien, so wie es sich am Weihnachtsabend gehörte... nur er nicht. Er schüttelte den Kopf und nahm einen weiteren Schluck, der in seiner Kehle brannte, während er über die vielen leeren Tische und Stühle hinwegblickte, hinüber zu der zweiten Gaststube, in der die Lichter und das Feuer bereits gelöscht waren, während er von seiner Einsamkeit schier erdrückt wurde. Warum musste Hermine auch so stur sein? Er sollte zu Hause bei ihr sein, bei den Kindern, noch ein wenig mit ihnen spielen und ihnen vorlesen, bevor sie mit leuchtenden Augen ins Bett gingen und vor Vorfreude auf den Weihnachtstag und ihre Geschenke kaum einschlafen konnten. Stattdessen saß er alleine in seiner Stammkneipe und betrank sich, und in ein paar Stunden, wenn der Alkohol seinen Reiz verloren hatte, würde er Charlie aus dem Bett werfen, damit er auf seiner Couch übernachten konnte – denn dass Hermine ihn heute noch hereinließ, und noch dazu in seinem Zustand, war völlig ausgeschlossen. Worüber sie gestritten hatten, hatte er bereits vergessen und verdrängt, ihm war nur in Erinnerung geblieben, dass es irgendeine dumme Kleinigkeit war, irgendeine erbsenzählerische Angelegenheit, die nicht wichtig genug war, um sich gegenseitig eine Stunde lang anzuschreien, bevor ihm ihre keifende Stimme zu viel geworden war und er schließlich aus dem Haus geflüchtet war. Er schüttelte den Kopf – so sehr er Hermine liebte, manchmal... manchmal war sie einfach fürchterlich, mit diesem perfektionistischen Anspruch, den sie so gerne vor sich hertrug. Es war ja schön und gut, wenn sie ein perfekter Mensch war, der nie etwas falsch machte, nie etwas vergaß, und nie etwas Undurchdachtes tat, aber musste sie diesen verdammt hohen Anspruch dann auch an alle anderen stellen? Konnte er nicht einfach einmal nach Hause kommen, ohne dass sie ihn anmeckerte, weil er etwas vergessen hatte, das sie irgendwann einmal vor drei Tagen morgens vor seiner ersten Tasse Kaffee gesagt hatte? Wirklich? Er warf die Quidditchzeitung, die er vorgegeben hatte zu lesen, bevor seine Freunde ihm mitleidig auf die Schulter klopften und ihm versicherten, dass ihre Frauen ganz genauso schlimm wären, zur Seite, und nahm den letzten Schluck aus seinem Glas. Vielleicht sollte er jetzt schon zu Charlie apparieren und sich damit die verschlafene Missbilligung seines Bruders ersparen, eine Tirade in vierundzwanzig Stunden reichte ihm eigentlich... oder sollte er sagen, zwei? Hermine hatte sicherlich schon seiner Mutter gepetzt, was er diesmal wieder verbrochen hatte, und die würde ihm morgen, beim alljährlichen Familienessen zu Weihnachten, wahrscheinlich ihre Meinung geigen wie damals, als er noch in der zweiten Klasse gewesen war und sie ihm einen Heuler geschickt hatte, weil er das Auto seines Vaters gegen die Peitschende Weide geflogen hatte. „Noch immer da?“ Madame Rosmerta, die Wirtin, war aus der Küche gekommen, wo sie für den Abend aufgeräumt hatte, wenn ihre letzten Gäste sie nicht brauchten, und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab. „Ärger mit Hermine?“ Ron nickte stumpf – Rosmerta, wie er sie nennen durfte, seit er hier Stammkunde war, wusste wahrscheinlich mehr über seine Ehekrache als sein bester Freund, vor allem, weil ihre Kneipe der Ort war, an den er dann flüchtete, wenn Hermine wieder einmal einen ihrer schlechten Tage hatte. Seine Freunde hier, die er beim Quidditch im Hobbyverein kennengelernt hatte, boten ihm Trost, wenn alle anderen Weasley-Männer sich gegen ihn verbündeten, weil sie Angst vor dem Zorn ihrer Frauen hatten... denn aus irgendeinem Grund waren die immer der Ansicht, dass Hermine Recht hatte. Er seufzte – dabei musste doch jeder vernünftige Mensch einsehen, dass sie andauernd aus Mücken Erumpents machte. „Das wird schon wieder.“ Rosmerta nahm sein fortgesetztes Schweigen zum Anlass, ihm noch ein Glas Feuerwhiskey hinzustellen, und Ron fragte sich, wieso nicht alle Frauen sein konnten wie sie? Sie hatte offensichtlich kein Problem, wenn die Männer um sie herum ein wenig angetrunken waren, oder einmal einen derben Witz machten, oder nicht perfekt rasiert waren... sie jammerte nicht, sie meckerte nicht, sie war einfach da, und obwohl sie gut zwanzig Jahre älter war als er, sah sie immer noch ziemlich gut aus. Ein wenig reifer, ja... aber im Grunde war sie immer noch die hübsche Hexe, die er damals, bei seinem ersten Ausflug nach Hogsmeade, zum ersten Mal gesehen hatte. „Danke.“ Damals war er nicht wenig in sie verliebt gewesen, seine erste Schwärmerei, und hatte immer, wenn er mit Harry und Hermine in den Drei Besen saß, die Getränke geholt, nur damit er ein paar stotternde Worte mit ihm wechseln und dabei rot werden konnte, aber das lag nun alles so weit in der Vergangenheit, dass er sich kaum daran erinnerte. Er war jetzt ein erwachsener Mann und kein unerfahrener Teenager, der entsprechende Oberweite für das beste Attribut hielt, das eine Frau haben konnte, und obendrein verheiratet mit einer Frau, die er liebte... zumindest dann, wenn sie ihn nicht in den Wahnsinn trieb. Rosmerta nickte ihm zu und machte sich dann daran, die Gläser, die vom letzten Geschäft des Tages übrig geblieben waren, zu spülen, während er sie beobachtete, mehr, um etwas zu tun zu haben, als weil er wirkliches Interesse an der langweiligen Tätigkeit verspürte. Wartete jemand zu Hause auf sie? Wollte sie einfach nur Feierabend machen, hielt er sie davon ab, Zeit mit ihren Lieben zu verbringen, oder war sie genauso alleine, wie er sich im Moment fühlte, ohne jemanden, zu dem er gehen konnte, um dieses Familienfest zu verbringen? Er wusste es nicht... so viel Zeit er auch in ihrer Gesellschaft verbrachte, Madame Rosmerta hörte ihren Gästen mehr zu, wie sie ihr ihr Leid klagten – auch über ihre Ehefrauen – als dass sie über sich selbst erzählte, und er seufzte. „Halte ich dich von irgendetwas ab? Wartet jemand auf dich?“ Rosmerta blickte von dem Glas, das sie auf die altmodische Art mit einem Tuch poliert hatte, auf, und musterte ihn mit schräggelegtem Kopf, die Überraschung auf ihren hübschen Zügen offensichtlich. „Mich? Nein... auf mich wartet nur eine kalte Wohnung und meine Katze.“ Er nickte und wünschte sich, dass auf ihn wenigstens eine Katze warten würde und nicht nur sein Bruder Charlie, der die meiste Zeit sehr gut auf seine Gesellschaft verzichten konnte und auch heute Abend nicht besonders begeistert davon wäre, ihn zu sehen, besonders, weil er getrunken hatte. „Dann... kann ich noch ein wenig bleiben?“ Rosmerta nickte nur verständnisvoll. „Hermine hat dich hinausgeworfen?“ Eigentlich war das so nicht ganz richtig, das wusste Ron auch noch in seinem angetrunkenen und wütenden Zustand, immerhin war er gegangen, etwas, das Hermine ihm morgen sicherlich zum Vorwurf machen würde. Sie würde sich darüber aufregen, dass er der Konfrontation lieber auswich, als die Dinge vernünftig auszudiskutieren, und dass die Kinder ihn vermisst hatten und nach ihm gefragt hatten, und dass er nicht einfach so gehen konnte, weil er ja auch nicht so einfach aus seinem Leben verschwinden konnte... die ganze Tirade, die er sich schon so oft hatte anhören müssen in so vielen Jahren. Aber das alles zu erklären, hätte zu weit geführt, und so nickte Ron nur, bevor er einen weiteren, tiefen Schluck aus seinem Glas nahm. „So ungefähr.“ Rosmerta polierte das letzte Glas und stellte es auf seinen Platz im Regal, bevor sie ihren Zauberstab zückte und mit einem Schlenker die Stühle auf die Tische hochstellte, damit ihr verzauberter Mop seine Arbeit tun konnte, während sie sich ein Butterbier nahm. Nur die Barhocker waren auf dem Boden geblieben, und mit einem Seufzen, das zeigte, wie müde sie schon war und wie lang der Tag für sie gewesen war, ließ sie sich auf den neben Ron sinken. Er wusste die Geste zu schätzen – er fühlte sich nicht mehr so, wie wenn er alleine trinken würde, und war außerdem dankbar, dass sie für ihn länger hierblieb, damit er nicht in den Schneesturm hinausmusste, um zu Charlie zu apparieren. Charlie, der ihm vielleicht die Tür aufmachen würde... vielleicht. „Danke.“ Rosmerta schüttelte nur den Kopf. „Wofür denn? Dafür, dass ich einen meiner treusten Kunden nicht in die Nacht hinauswerfe? Du solltest mich besser kennen, Ron... und ich muss zugeben, für dich hatte ich schon immer eine besondere Schwäche.“ Er lachte, als sie das sagte, ein wenig verschmitzt, wie wenn sie ihm ein Geheimnis verraten würde, und er beugte sich zu ihr nach vorne. „Vielleicht hatte ich auch schon immer eine Schwäche für dich?“ Die Worte waren über seine Lippen gekommen, bevor er über sie nachdachte, und der Alkohol in seinem Magen, der ihm zu Kopf gestiegen war, sorgte dafür, dass er sie nicht bereute. Und zuzugeben, dass er jemanden einmal, vor vielen Jahren, gemocht hatte, war kein Hochverrat, oder? Wobei... Hermine würde es sicherlich so auslegen, aber auch wenn sie das gerne glaubte, sie war nicht die einzige, die die Gesetze der Welt bestimmte und sich ein Urteil bilden konnte! Bildete er es sich nur ein, oder sah er da einen Hauch von Rot auf Rosmertas Wangen? Wenn ja, musste er wahrscheinlich vom warmen Butterbier kommen. Für einen Moment schwieg sie, schien unentschlossen, spielte mit dem Verschluss ihrer Flasche, bevor sie sich schließlich wieder ihm zuwandte. „Weißt du was? Wenn du möchtest, kannst du bei mir übernachten. Ich hab ein Gästebett frei, und wenn du sonst niemanden hast...“ Ron dachte an Charlie und an seinen abschätzigen Blick, den er ihm zuwerfen würde, wenn er wieder einmal vor seine Tür gekrochen kam, und blickte dann zu der hübschen Frau hinüber, neben der er saß, die so offensichtlich gewillt war, ihm zu helfen. Nein... eigentlich war es keine schwere Entscheidung, und vielleicht...? „Du rettest mir gerade das Leben. Danke.“ Ron nickte, und Rosmerta lächelte. Kapitel 28: Der Geist der zukünftigen Weihnacht ----------------------------------------------- Pairing: Fred Weasley/Katie Bell, gewünscht von vivixd 28. Der Geist der zukünftigen Weihnacht Das dumpfe, graue Licht des Wintermorgens sickerte langsam durch die halb zugezogenen Gardinen, und Fred Weasley wünschte sich, er könnte einfach die Augen schließen und noch einmal in den Schlaf abdriften, wie früher, in seiner Schulzeit, als er und sein Bruder bedenkenlos das Frühstück und die ersten paar Minuten des Unterrichts geopfert hatten, nur um eine halbe Stunde länger schlafen zu können. Leider waren diese sorglosen Jahre lange vorbei, und auch wenn heute Sonntag war und er nicht arbeiten musste, sein Kopf machte ihm trotzdem einen Strich durch die Rechnung. Ein eigenes Geschäft zu gründen wäre für ihn und seinen Bruder zu jeder Zeit eine große Aufgabe gewesen, selbst mit Harrys Startkapital, aber nun, da Voldemort die ganz Großbritannien mit Terror überzog, gestaltete ihr Projekt sich als eine ganz besondere Herausforderung. Bis jetzt wurden sie in Ruhe gelassen, ja, trotz ihrer mehr als aufmüpfigen Haltung gegenüber Du-weißt-schon-wem, aber tief in seinem Innersten... tief in seinem Innersten, unter der fröhlichen Fassade, die er seiner Familie und manchmal selbst George gegenüber aufrecht erhielt, rechnete er mit dem Schlimmsten. Seine ganze Familie kämpfte gegen Voldemort, und die Todesser wussten, dass sein Bruder eng mit Harry Potter befreundet war... vielleicht standen sie jetzt nicht hoch genug auf der Liste der Prioritäten, um belangt zu werden, aber dieser Tag würde, kommen. Und dann würde es eine neue Generation Weasley-Kinder geben, die ihre Onkel oder vielleicht sogar ihre Tante oder Großeltern nur aus vagen Erinnerungen und vergilbten Fotos kannten... oder vielleicht gar keine Weasley-Kinder mehr. Er schluckte und blinzelte die Tränen weg, die bei dem Gedanken in seine Augen gestiegen waren, mehr wegen seiner Geschwister und seiner Eltern, als weil er Angst vor seinem eigenen Tod hatte, dann wandte er sich der schlafenden Gestalt unter der Bettdecke neben ihm zu. George war die Nacht und den Tag über im Fuchsbau, bei seinen Eltern, und auch wenn es seiner Mutter am liebsten gewesen wäre, wenn die ganze Familie wieder bei ihnen einziehen würde, hatte er seinen Bruder vorgeschickt, um ihren Zorn zu ertragen, weil er zu Hause geblieben war. Offiziell musste er sich um das Geschäft kümmern... inoffiziell war das, was er und seine Freundin gemeinsam aufzubauen versuchten, noch viel zu neu und ungeschliffen, um seiner Mutter und seinem Vater davon zu erzählen. Selbst ohne dass er ihnen etwas von seiner Beziehung verriet, konnte er ihre mahnenden, zur Vorsicht ratenden Worte fast in seinem Kopf hören, wie sie sich fragten, ob es klug wäre, in Zeiten wie diesen eine Freundin zu haben, ob er nicht sich oder sie in Gefahr brächte... er seufzte. Natürlich brachte er sie in Gefahr – seine ganze Familie war eine gottverdammte lebende Zielscheibe, und sobald seine Beziehung mit ihr publik wurde, würde auch sie in den Personenkreis miteingeschlossen, dem Du-weißt-schon-wer schaden wollte! Neben seinen Zweifel, wohin ihre Beziehung sie führen würde, war das der zweite Grund, aus dem niemand außer seinem Bruder wusste, was er an seinen Sonntagen tat, und wieso sie die Geheimhaltungstechniken, die sie in Jahren des Regelbrechens auf Hogwarts gelernt hatte, nun auf ihre heimlichen Besuche in seiner Wohnung anwandte. Die junge Frau neben ihm rührte sich im Schlaf, wahrscheinlich, weil sie bemerkt hatte, dass er nicht mehr neben ihr unter der Decke lag, sondern ans Kopfende des Bettes angelehnt dasaß, und schließlich öffnete Katie Bell ihre schokoladenbraunen Augen. „Fred?“, murmelte sie schlaftrunken, und unwillkürlich, trotz seiner düsteren Gedanken, schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht. „Ja?“ „Komm wieder unter die Decke.“ Er folgte ihrer Bitte, kuschelte sich wieder zu ihr und vergrub seine Nase in ihren feinen, dunklen Haaren, aber die Anspannung wollte nicht aus seinem Körper weichen, als er versuchte, wieder einzuschlafen oder wenigstens noch ein bisschen zu dösen. Auch Katie fand keine Ruhe, das konnte er an der Art spüren, wie sie sich immer wieder unter seinem Arm, den er um sie geschlungen hatte, bewegte, und schließlich drehte sie sich um und sah ihn an, die dunklen Augen plötzlich erstaunlich wach. „Machst du dir wieder Sorgen?“ „Ich mache mir keine Sorgen, ich denke nach.“ Er erkannte den Versuch, durch seinen Scherz von seinen Ängsten abzulenken, so wie er das schon viel zu oft getan hatte in den letzten Monaten, und schüttelte den Kopf. Mit seinen Eltern und seinen Brüdern mochte das vielleicht funktionieren, mit George eher weniger, und mit Katie... sie schien ein Talent zu haben, ihn in dieser Hinsicht zu durchschauen, was vielleicht auch erklärte, wieso sie sich schließlich gefunden hatten. Seine Witze und seine Scherze machten ihn nicht nur bei seinem Umfeld beliebt, sondern hielten ihn in gewisser Weise auch auf Distanz, weil viele seiner Freunde und Schulkollegen glaubten, dass er nicht in der Lage wäre, irgendetwas ernst zu nehmen, doch Katie sah die Wahrheit, selbst wenn er sich einmal nicht dazu durchringen konnte, sie auszusprechen. Das bedeutete allerdings nicht, dass er immer damit durchkommen konnte, nicht auszusprechen, was er wirklich dachte... und nun war einer dieser Momente, wo er reden musste, auch wenn es ihm schwerfiel. „Tut mir leid... ich hab das manchmal.“ Sie lächelte, aber er konnte sehen, dass sie das fast gegen ihren Willen tat, trotz des Scherzes, den er gemacht hatte, und nicht deswegen. „Ich weiß.“ Seine Hand fand ihre Wange und er zog sie zu sich heran, um ihre Stirn zu küssen. „Was ich damit sagen möchte... ja, ich mache mir Sorgen – ich müsste ein Übermensch sein, um das nicht zu tun.“ „Auch um mich.“ Ihre Worte waren eine Feststellung, keine Frage, und auch wenn er wusste, dass ihr seine Antwort nicht gefallen würde, nickte er schließlich, fast ein bisschen zaghaft. „Ganz besonders um dich.“ Ihr Blick verfinsterte sich, wie er befürchtet hatte, und er streichelte ihre Wange, um sie von ihrem Missmut abzulenken – auch wenn er zugeben musste, dass sie es nicht schaffte, besonders bedrohlich auszusehen, mit vom Schlaf zerzausten Haaren und noch immer schweren Lidern. „Hatten wir darüber nicht gesprochen?“ Er seufzte leise. „Hatten wir... aber dass ich Angst habe, nicht nur um meine Familie, sondern auch um dich, lässt sich nicht einfach abstellen, Katie.“ Sie runzelte die Stirn, aber seine Antwort schien sie milder gestimmt zu haben als zuvor, denn sie zog ihn in ihre Arme und streichelte langsam, fast abwesend über seinen Rücken. „Ich weiß...“ Er nickte und überlegte für einen Moment, wie er sagen konnte, was er sagen wollte, ohne dass es harsch und abweisend klang – und entschloss sich, als er an dem Versuch scheiterte, es schließlich trotzdem zu sagen. „Es ist nur... manchmal frage ich mich, ob wir wirklich das Richtige tun.“ Ihr Körper unter seinen Fingern spannte sich an und sie schob ihn von sich weg, um ihm in die Augen sehen zu können. „Was meinst du?“ Die Angst in ihrem Blick brachte ihn fast dazu, zu behaupten, dass alles in Ordnung wäre und dass sie ihm nicht zuhören sollte, aber seine Ehrlichkeit verhinderte, dass er sie so anlog, wenn auch nur dadurch, dass er ihr seine Ängste verschwieg. „Ich... vielleicht wäre es besser für dich, wenn ich... wenn wir... wenn wir nicht...“ Er kannte die steile Falte, die sich zwischen ihren Augenbrauen bildete, und er schluckte, nicht nur, weil er sich ihrer Wut gegenübersah, sondern auch, weil ihm bewusst wurde, was er da gerade vorgeschlagen hatte – ein Leben ohne Katie – und wie sehr er sie vermissen würde... nicht ihre pure Gegenwart alleine oder die Art, wie sie direkt in ihn hineinsah, ohne sich um die abweisende Schale aus Scherzen und Leichtlebigkeit zu scheren, sondern auch die Kleinigkeiten... die Art, wie sie lächelte, wie sie die Stirn runzelte, wie sie ihn morgens ansah, wenn sie viel zu selten neben ihm aufwachte. Fred schluckte. „Was meinst du damit?“ Trotz seiner eigenen Angst, sie zu verlieren, sprach er weiter, wusste, dass er nicht mit sich würde leben können, sollte ihr etwas geschehen, und das nur, weil sie den großen Fehler gemacht hatte, sich in Fred Weasley zu verlieben. „Dass... dass wir uns vielleicht... ach verdammt, es gibt doch keinen guten Weg, das zu sagen. Dass du mit mir zusammen bist, macht dich zur Zielscheibe, Katie! Ohne mich würde sich Du-weißt-schon-wer nicht die Bohne für dich interessieren, aber sobald er herausfindet, dass wir zusammen sind, und er seine Hetzjagd auf die Weasleys beginnt... ich will nicht, dass du so endest wie meine beiden Onkel!“ Auch wenn er bezweifelte, dass es eine bewusste Reaktion war, sah er, wie sie trotzig die Unterlippe vorschob. „Sind das nicht ein bisschen viele vielleichts, um die Entscheidung für oder gegen eine Beziehung darauf zu gründen? Was, wenn Du-weißt-schon-wer nie erfährt, dass wir zusammen sind? Was, wenn deine Familie niemals zum Ziel wird? Was, wenn dieser Krieg vorbei ist, bevor irgendjemandem von uns etwas geschehen kann?“ Fred biss die Zähne zusammen. Verstand sie denn nicht? Wusste sie nicht, was für einem Risiko sie sich aussetzte, alleine dadurch, dass sie die Nacht im selben Haus wie er verbrachte, vom selben Bett nicht zu sprechen? Die Uhr in der Küche des Fuchsbaus, über die er und George immer dumme Witze gemacht hatten, besonders ihrer Mutter gegenüber, hatte nun, im Krieg, neue, besondere Aktualität genommen, und wenn Fred dort war, vermied er es, auch nur einen Blick darauf zu werfen... denn alle Zeiger seiner Familie zeigten auf Tödliche Gefahr, und dasselbe galt für alle diejenigen, die ihnen nahe waren. Auch für Katie... und alleine der Gedanke drehte ihm den Magen um. „Aber...“ Er beendete den Satz nicht, weil sie sich, statt ihm zu widersprechen, nach vorne beugte und ihn küsste, ein Kuss, den er mit der Angst und der Verzweiflung im Bauch, die sein Dilemma brachten, erwiderte. Katie durfte nicht gehen... weder, weil er sich von ihr trennte, noch, weil sie von Du-weißt-schon-wems Schergen getötet wurde... und er wusste nicht, wie er das anstellen konnte. Schließlich, als sie sich von ihm löste und so tat, als würde sie die Tränen nicht bemerken, die in seinen Augenwinkeln schimmerten, zog sie ihn in ihre Arme. „Jede Hexe und jeder Zauberer, die auch nur einen Funken Anstand haben, sind in Gefahr, Fred, und das weiß ich auch – aber trotzdem hoffe ich, dass ich dazu gehöre, egal, ob ich mit dir zusammen bin oder nicht. Ich bin nicht blind, und ich weiß, wie gefährlich es im Moment ist, seinen Kopf zu weit aus dem Fenster zu lehnen... aber gleichzeitig will ich nicht, dass meine Angst oder deine alle unsere Entscheidungen diktieren. Du fragst dich, ob du mich in Gefahr bringst, wenn du mit mir zusammen bist... ich frage, mich...“ Sie schluckte und er sah, wie sie mit den Tränen kämpfte. „Ich frage mich, ob die Chance, die wir jetzt haben, vielleicht die einzige ist, die wir je bekommen werden... entweder weil dir oder weil mir etwas passiert in diesem Krieg. Und genauso wie du dir nicht verzeihen könntest, wenn ich sterbe, weil ich mit dir zusammen bin... weil ich dich liebe... könnte ich mir nicht verzeihen, wenn wir diese Chance, die wir jetzt haben, verschwenden, weil wir zu viel Angst haben.“ Sie blinzelte heftig, und er zog sie in seine Arme. „Wir sind Gryffindors, Fred... also wo bleibt dein Mut?“ Er schluckte und versuchte, zu lächeln, aber auch wenn er sich gerade gar nicht mutig fühlte, spürte er, wie erleichtert er war. Sie hatten eine Entscheidung getroffen, und Katie würde bei ihm bleiben... was auch immer geschehen würde. Er zog Katie noch näher an sich heran und vergrub seine Nase in ihren dunklen Haaren. „Ich dich auch, Katie... ich dich auch.“ Kapitel 29: Der Tag des Otters ------------------------------ Pairing: Luna Lovegood/Neville Longbottom, gewünscht von Pigwidgeon 29. Der Tag des Otters Neville Longbottom zog unbeholfen eine Rolle des ungewohnten Papiergeldes der Muggel aus der Tasche und hielt sie hilflos der jungen Dame hinter dem Tresen hin. „Ähm... wie viel macht das jetzt? Und was davon brauchen Sie dafür?“ Die Kassiererin musterte ihn skeptisch, so als ob sie seinen durchaus sehr englischen Akzent mit seiner Unkenntnis der britischen Währung in Verbindung bringen wollte, doch Neville beantwortete die unausgesprochene Frage nicht, sondern grinste nur hilflos, bis sie schließlich nach dem Geld griff. „Also... Tageskarten für zwei Personen... macht zweiundvierzig Pfund.“ Sie zählte die Scheine vor seiner Nase ab, genauso wie das Wechselgeld, das er dafür bekam, und Neville folgte ihren Bewegungen fasziniert mit den Augen in der Hoffnung, zu verstehen, was sie da genau machte, scheiterte aber. „Hier sind Ihre Tickets und ich wünsche Ihnen einen schönen Tag im Zoo von London.“ Er nickte und nahm das Wechselgeld sowie die Karten zurück, bevor er sich an den wartenden Muggeln vorbei auf den Weg hinüber zu Luna machte, die sich vor dem Zoo umgesehen hatte, während er ihre Karten kaufte. „Ich hab sie!“, erklärte er triumphierend, als er sie erreichte, und wedelte mit den Tickets vor ihrer Nase herum. Luna lächelte. „Können wir dann endlich hinein? Ich bin schon ganz gespannt, was die Muggel hier für Tiere haben.“ Neville nickte und führte sie hinüber zu den Drehkreuzen, die den Weg in den Zoo versperrten, und beobachtete fasziniert die Muggel, die ihre Karten in kleine Schlitze schoben, um hineingelassen zu werden. „Weißt du, wie das funktioniert?“ Luna schüttelte den Kopf, aber trotzdem reihten sie sich hinter den anderen ein, und schließlich, als sie das Drehkreuz erreichten, gelang es ihnen sogar nach einigen Versuchen, ihre Karten so hineinzuschieben, dass der merkwürdige Apparat sie akzeptierte und durchgehen ließ. Nachdem dieses Hindernis genommen war und sie endlich im Zoo selbst angekommen waren, war Neville allerdings fast überrascht, wie einfach alles war. Keine weiteren Schranken oder Schlangen oder Muggelautomaten warteten auf sie, sondern sie konnten einfach durch den Tiergarten laufen und sich umsehen. Allerdings hatte Neville nicht so viel Zeit, die verschiedenen Tierarten zu bewundern – zu sehr war er damit beschäftigt, Luna davon abzuhalten, in Mauern oder Menschen zu laufen, weil sie so fasziniert von der einen oder anderen Spezies war, dass sie alles um sich herum vergaß. Nur die Hand, mit der sie immer noch abwesend seine hielt, rettete sie mehr als einmal davor, in einen Zaun zu krachen oder ein Kleinkind umzuwerfen, und Neville lächelte, während er ihre geistige Abwesenheit ausglich. Am Anfang hatte er daran gezweifelt, dass ein Besuch im Zoo in London das richtige Weihnachtsgeschenk für Luna wäre, aber außer der magischen Menagerie, in der sie schon als Kind Stunden verbracht hatte, gab es in London keinen Ort, an dem man viele Tierwesen auf einem Fleck beobachten konnte. Zum Glück erstreckte sich ihre Faszination allerdings auch auf vollkommen unmagische Kreaturen, und die Art, wie sie sich hier umsah wie ein kleines Kind am Weihnachtstag, und das trotz der Massen an Muggeln, die an den Feiertagen in den Zoo strömten, zeigte ihm, dass er sie glücklich gemacht hatte. Ein weiterer, positiver Effekt, auch wenn er kaum glaubte, dass Luna das in ihrem momentanen Zustand der Entzückung überhaupt bemerkte, war, dass hier niemand starrte, so wie in der Winkelgasse, wenn sie dort mit ihren Radieschenohrringen und ihrer Kette aus Butterbierkorken um den Hals herumlief... hier schien das vollkommen normal zu sein, oder zumindest nicht so auffällig, dass es einen zweiten Blick wert gewesen wäre, was Neville, als er einen Moment Zeit fand, um die Menschen um sich herum zu beobachten, nicht besonders überraschend fand. Wenn er mit pinken Schuhen aus merkwürdigem Material mit Löchern und Fell darin unterwegs gewesen wäre, hätte er auch niemanden angestarrt, der nur große, rote Ohrringe trug! Auch wenn Luna immer wieder behauptete, dass die schrägen Blicke, die ihr in der Zaubererwelt zugeworfen wurden wie damals auf Hogwarts, nichts ausmachten, so konnte er doch sehen, dass die Ablehnung und Verwirrung ihrer Mitmenschen sie doch belastete. Wenn er alleine mit ihr war, war sie viel fröhlicher, offener, lachte mehr und machte sich nicht so viele Gedanken darum, wie sie auf andere wirkte, und auch wenn ihre Verrücktheit ihn manchmal verwirrten, so war ihm eine entspannte Luna doch lieber als eine, die sich die ganze Zeit über die Schulter sah... und so entspannt, so selbstsicher wie heute, hatte er sie in den ganzen sechs Monaten, seit sie zusammen waren nicht, gesehen. Neville beschloss, in den nächsten Wochen mehr Ausflüge in die Muggelwelt anzusetzen, auch wenn er dafür wohl endlich lernen musste, mit diesen verdammten, kleinen Papierscheinchen umzugehen, die ihn schon vorhin so überfordert hatten, und folgte Luna weiter auf ihrer rastlosen Wanderung durch den Zoo, von einem Gehege zum anderen, während ihre Wangen sich vor Kälte röteten und ihre Augen glühten. Nach einer weiteren halben Stunde, in der sie weder ihn noch den Rest ihrer Umwelt richtig bemerkte, war es allerdings die Kälte, die sie aus ihrer Trance riss und sie dazu brachte, sich wieder Neville zuzuwenden, der sie mit einem nachsichtigen Lächeln auf dem Gesicht ansah. „Ähm... hast du hier irgendwo vielleicht ein Café gesehen... mir ist kalt, und ich hätte wirklich Lust auf einen Kakao.“ „Ich glaube, hinten bei den Lamas war ein Café und ein Shop.“ Luna nickte und rieb sich die Finger, die bereits von der Dezemberkälte gerötet waren, weil sie wieder einmal vergessen hatte, ihre Handschuhe anzuziehen, und Neville zog sie zu sich heran und umfasste ihre Hände mit den seinen. Am liebsten hätte er einen Wärmezauber gesprochen, aber obwohl er seinen Zauberstab im Ärmel hatte, eine alte Gewohnheit aus diesem letzten, schrecklichen Jahr auf Hogwarts, wagte er es nicht, vor so vielen Muggeln zu zaubern. Und er musste zugeben, Lunas Hände zu halten, während sie durch die Menschenmassen am Löwengehege vorbeispazierten, gehörte nicht zu den unangenehmsten Nebenwirkungen dieser Tatsache... ganz im Gegenteil. Erst als sie das Café betraten und Luna nicht mehr von immer neuen, zwar unmagischen, aber unglaublich faszinierenden Kreaturen abgelenkt wurde, fand sie die Zeit, sich ihm zuzuwenden, und während sie in der Schlange standen und ihr Tablett weiterschoben, brachen all die Eindrücke der vergangenen Stunden aus ihr heraus. Von den Affen bis zu den Zebras, alles hatte ihr Interesse erweckt, aber besonders verliebt hatte sie sich in die niedlichen Otter, die sich, ganz entgegen ihrem normalen Verhalten, tatsächlich in ihrem Gehege gezeigt hatten. Neville musste grinsen, als sie plastisch ihre Eskapaden beschrieb, von denen er nicht viel mitbekommen hatte, weil er sich ausgiebig bei einem sehr großen, sehr breiten Vater entschuldigt hatte, dessen Tochter Luna den Platz weggenommen hatte, ohne es überhaupt zu bemerken. Nachdem er diese kleine Katastrophe abgewendet hatte, hatte Luna ihn auch schon zu den Rentieren weitergezogen, ohne dass er viel von den Ottern gesehen hatte, aber die Art, wie sie begeistert von den Tieren erzählte, ließen ihn vermuten, dass sie sie heute wahrscheinlich noch einmal besuchen würden, bevor sie nach Hause gingen. Sie erreichten den Anfang der Schlange, und diesmal gelang es Neville sogar, den Betrag, den die Dame ihnen nannte, in annähernd den richtigen Scheinen abzuzählen, um Lunas große heiße Schokolade mit viel Sahne und seinen Kaffee zu bezahlen, bevor er nach ihrem Tablett griff und es an einen der wenigen, freien Tische trug. Alle anderen Besucher des Zoos schienen den gleichen Gedanken gehabt zu haben wie sie, denn obwohl kein Schnee lag, war das Wetter doch sehr grau und sehr kalt, und auch wenn sie in vielen der Häuser gewesen waren, begann man draußen doch sehr schnell zu frieren. Lunas Hände verloren ihren rötlichen Ton, als sie sie um ihre große Tasse schlang und sie daran aufwärmte, während sie an ihrem Kakao nippte, und Neville beobachtete sie lächelnd dabei. Sie sah hübsch aus mit ihren blonden Haaren und blassem Gesicht, das von der Kälte gerötet war, und wenn ihre Augen leuchteten wie heute und sie ihn anstrahlte, wurde dieser Eindruck nur noch verstärkt. „Es gefällt dir also hier,“ meinte er schließlich, als ihr atemloser Enthusiasmus für einen Moment dadurch gedämpft wurde, dass sie sich einen großen Löffel voll mit Sahne in den Mund schob, und Luna nickte, nachdem sie geschluckt hatte. „Oh ja! Es ist so schön hier... auch wenn hier so viele Leute sind. Aber die Tiere... ich wusste gar nicht, dass es etwas wie diesen Zoo hier überhaupt gibt! Und das in London!“ Das Pärchen am Nebentisch warf ihnen einen merkwürdigen Blick zu, den sowohl er als auch Luna ignorierten, auch wenn der Grund dafür heute ausnahmsweise nicht in Lunas gewöhnungsbedürftigem Geschmack bei Kleidung und Schmuck lag, und er wandte sich wieder seiner Freundin zu. „Ich wusste auch nichts davon, bis ich Hermine gefragt hab... und da wusste ich, das ist das perfekte Geschenk für dich!“ Luna lächelte selig und drückte seine Hand mit ihren immer noch eiskalten Fingern, die auch die große, heiße Tasse nicht hatte aufwärmen können. „Danke, Neville. Dass du dir so viele Gedanken gemacht hast... normalerweise tut das niemand.“ Neville lächelte und griff nach ihren schmalen Fingern, um sie zwischen seinen großen Händen aufzuwärmen. „Dann gewöhn dich besser dran.“ Kapitel 30: Ein unmoralisches Angebot ------------------------------------- Pairing: Lily Evans/Bellatrix Lestrange, gewünscht von DasWindspiel 30. Ein unmoralisches Angebot Lily Evans zog sie die Kapuze des groben Reiseumhangs tiefer ins Gesicht, als sie aus dem heftigen Winterregen in die obskure Kneipe am Rande der Nokturngasse trat, und umfasste ihren Zauberstab fester. Angst simmerte in ihrem Inneren, während sie sich, ohne nach vorne zur Bar zu gehen und zu bestellen, in eine dunkle Ecke verzog, den Blick abwechselnd auf den Eingang und die anderen Gäste gerichtet und bemüht, niemandem zu lange den Rücken zuzuwenden. Weder James noch ihr hatte es gefallen, dass ein Kontakt des Ordens um ein Treffen mit ihr gebeten hatte, und vor allem hier, in der Nokturngasse, wo Muggelgeborene wie sie schon gelyncht worden waren, allein, weil sie es gewagt hatten, diesen Sündenpfuhl auch nur zu betreten. Aber der Informant hatte bis jetzt immer zuverlässig und akkurat berichtet, oder zumindest hatte Dumbledore das behauptet, und so wollte der Orden ihm seine Bitte, sich mit ihr zu treffen und nicht wie gewöhnlich mit Mundungus Fletcher, nicht abschlagen. Zu sehr waren sie auf Nachrichten aus dem gegnerischen Lager angewiesen, als dass sie es riskieren konnten, diesen Kontakt zu verlieren, und so hatte Lily sich unter den besorgten Blicken ihrer Freunde und besonders James' auf den Weg gemacht. Sie seufzte innerlich, während sie sich auf eine der harten, schäbigen Bänke in einer der Nischen gleiten ließ und dort ihren Platz mit dem Rücken zur Wand einnahm. Offene Kämpfe war sie gewohnt, aber diese Heimlichkeit, die ständige Angst, gesehen oder entdeckt zu werden... dafür war sie nicht gemacht, und sie fürchtete, dass sie ihr Unbehagen mit ihrer Körpersprache nur allzu deutlich ausstrahlte. Und Unsicherheit und Angst machten sie hier zum Ziel, das war ihr in dem Moment klar geworden, als sie die Kneipe betreten und die grimmigen Gesichter der anderen Gäste gesehen hatte, genauso wie die junge Kellnerin, die vielleicht im selben Alter war wie sie und schon erschöpft und verhärmt aussah. Lily seufzte und versuchte, ihre Schultern, die sich hart wie ein Brett anfühlten, ein wenig zu entspannen, auch, damit sie schneller reagieren konnte, sollte sich für sie die Notwendigkeit ergeben, sich zu verteidigen. Zwar wartete eine Eingreiftruppe des Ordens nur ein paar Straßen weiter darauf, dass sie sie mit ihrem Patronus herbeirief, aber in den wenigen, kritischen Sekunden, die sie brauchen würden, um zu reagieren, wäre sie auf sich gestellt... kein besonders ermutigender Gedanke. Auch wenn Lily Vertrauen in ihre Fähigkeiten als Hexe hatte und wusste, dass sie sich im Notfall auch gegen mehrere Gegner behaupten konnte, hatte sie doch zu viele ihrer Kollegen im Orden sterben sehen – gute Magier, manche von ihnen besser als sie selbst – um noch an die eigene Unsterblichkeit zu glauben. Eine Gestalt, die, genau wie sie, einen schweren, schwarzen Umhang trug und die Kapuze tief ins Gesicht gezogen hatte, erregte am anderen Ende der Kneipe ihre Aufmerksamkeit. Wer auch immer sich darunter befand, saß an der Bar, und soweit Lily das in den Schatten unter dem dunklen Stoff erkennen konnte, blickte er oder sie sich um – ein markanter Gegensatz zu den anderen Gästen, die sich mehr auf ihre Gläser und Humpen konzentrierten und nur den einen oder anderen verstohlenen Blick auf ihre Kameraden warfen. Offensichtlich war die Gestalt die Heimlichkeit genauso wenig gewöhnt wie sie, fühlte sich in dieser Umgebung ebenso unbehaglich, und als ihr wandernder Blick schließlich Lily traf, spannte sie sich unter ihrem Umhang an. Lily umfasste ihren Zauberstab fester und schluckte die Furcht hinunter, die aus ihrem Bauch aufsteigen wollte, während sie die andere Person dabei beobachtete, wie sie sich zwischen den Tischen und Stühlen hindurchschlängelte. Je näher sie kam, desto mehr fühlte Lily, dass hier etwas nicht stimmte, und runzelte die Stirn in dem Versuch, herauszufinden, was es war – bis ihr auffiel, dass unter dem schweren Umhang, soweit sie das eben erkennen konnte, eine Frau zu stecken schien. Zwar kannte sie den Namen ihres Informanten nicht, aber sie wusste, dass es sich dabei um einen Mann handelte, und aus ihrer Angst wurde etwas, das sie unbehaglich an Panik erinnerte. Nur mit Mühe unterdrückte sie den Instinkt, ihren Zauberstab zu heben, ihren Patronus loszuschicken und so ihre Tarnung aufzugeben, aber sie schaffte es gerade noch, sich daran zu erinnern, dass sie nicht entdeckt worden war... noch nicht. Vielleicht wollte die Frau auch nur in eine ganz andere Richtung, war auf dem Weg zu einem anderen Gast in einer der Nischen... Lilys konfuse Gedanken brachen ab, als die Gestalt im dunklen Umhang zielgerichtet auf ihren Tisch zukam und sich neben ihr in eine der Bänke gleiten ließ. „Guten Abend.“ Mit dem Gesicht hätte Lily vielleicht nichts anzufangen vermocht, da Du-weißt-schon-wems Todesser immer Masken trugen, doch die Stimme kannte sie viel zu gut, und sie ließ ihr einen Schauer über den Rücken laufen. Bellatrix Lestrange, Sirius' Cousine, die schon viel zu oft versucht hatte, ihn zu töten... was machte sie hier? Wie hatte sie sie entdeckt? Ihre Finger fassten aus eigenem Antrieb fester nach ihrem Zauberstab, und sie hatte den Fluch schon auf den Lippen, bereit, ihn loszulassen, sollte die Todesserin einen Versuch wagen, sie anzugreifen. „Bella.“ Sie legte so viel kalte Verachtung und Wut in ihre Stimme, wie sie nur vermochte, und trotzdem hatte sie das Gefühl, dass die Angst in ihrem Inneren hindurchschimmerte; Bellatrix' Lachen bestätigte das nur. „Hast du dich also tatsächlich hierhergetraut?“ „Ich bin nicht hier, um mit Todessern zu sprechen“, entgegnete sie kühl, was Bellatrix nur noch mehr zum Lachen brachte, ein tiefer Laut, der hätte warm sein können, wäre der Charakter der Frau, der ihn hervorbrachte, nicht so verdorben gewesen. „Natürlich bist du das, Evans. Was denkst du, wo euer kostbarer Kontakt seine Informationen denn her hat... oder sollte ich sagen, hatte?“ „Hatte?“ Ihr Kopf, überfordert von den Eindrücken und ihrer Angst, fand die richtige Schlussfolgerung einen Moment zu spät, als sie schon gesprochen hatte, und Bellatrix beugte sich zu ihr nach vorne. „Hatte. Der Dunkle Lord duldet keine Verräter in seinen Reihen.“ Lily schluckte hart, als Bellatrix aussprach, was sie schon begriffen hatte, und versuchte, ihre Prioritäten neu zu sortieren. Ihre eigentliche Mission war gescheitert, der Informant, den sie hatte treffen sollen, war tot, und nun ging es nur noch darum, mit heiler Haut aus der Falle, in die sich die Kneipe unversehens verwandelt hatte, zu entkommen. Wieder spielte sie mit dem Gedanken, die Anderen zu Hilfe zu rufen, doch Bellatrix war eine der wenigen Personen, bei denen sie sich nicht zutraute, sich zu verteidigen, bis die Kavallerie kam... sie verfügte über dasselbe, gefährliche Talent wie Sirius, aber ihr fehlten die moralischen Skrupel, die ihn davon abhielten, die gefährlicheren Flüche, die er kannte, einzusetzen. Noch bevor es ihr gelang, eine Antwort zu formulieren, fuhr Bellatrix fort, der schwere Stoff der Kapuze war nach hinten gerutscht und enthüllte schwerlidrige Augen, die vor Enthusiasmus glommen, und ein Gesicht, das hätte hübsch sein können und doch nur von Hass verzerrt wirkte. „Ja, mein Herr ist hart zu denen, die seine Ideale verraten... aber seine Diener... seine Diener belohnt er reich, kleine Evans.“ „Und alle anderen zahlen den Preis dafür.“ „Oh ja.“ Lily schluckte, als sie das kranke Feuer in ihren Augen glühen sah, dieses Glimmen, das vom Leid so vieler anderer Menschen nicht einmal berührt schien. „Aber was kümmern mich diese sich windenden Würmer? Sie sind nur Staub unter meinen Füßen... und auch du müsstest dich nicht mehr darum kümmern, wenn du die Gelegenheit nur ergreifen würdest.“ Bellatrix durchbohrte sie mit einem Blick, der fast irre wirkte in seiner Intensität, während sie überlegte, was diese kryptischen Worte meinen konnten... das, was sie bei jedem anderen gedacht hätte, konnte es nicht sein. „Warum sollte ich? Muggelgeborene werden von dir und deinesgleichen mit Füßen getreten.“ „Ja... aber bei manchen Schlammblütern ist der Dunkle Lord bereit, über ihre Herkunft hinwegzusehen, weil er ihre Talente schätzt... weil er sie in seinen Reihen sehen möchte.“ Bellatrix lächelte kalt. „Schlammblütern wie dir.“ Lily biss die Zähne heftig zusammen. „Ich bin nicht interessiert.“ „Bist du dir sicher, Evans? Dir könnte eine große Zukunft bevorstehen an der Seite des Dunklen Lords... du könntest deine bescheidenen Anfänge hinter dir lassen, genauso, wie es dein Freund, Severus, getan hat.“ Sie ignorierte den Kommentar über Severus, der noch immer stach, nach all diesen Jahren, und beugte sich nach vorne. „Und was soll ich dann tun? Gegen all diejenigen kämpfen, die mir lieb und teuer sind, nur für ein paar Brotkrumen an Macht und Einfluss, die dein Herr mir vielleicht abgeben möchte? Meine Freiheit aufgeben, um nur ein Schoßhündchen zu sein, damit ich an etwas teilhaben kann, das mir den Magen umdreht, wenn ich nur daran denke? Ich bitte dich, Bella, das kann nicht dein Ernst sein.“ Zum ersten Mal durchbrach ein anderer Ausdruck die überlegene Selbstsicherheit auf Bellas Gesicht, und Lily war überrascht, dort Verwirrung zu sehen. Doch nachdem sie einen Moment darüber nachgedacht hatte, erschien die Idee ihr nicht mehr so abwegig – Bellatrix war so davon überzeugt, auf der richtigen Seite zu stehen, so vernarrt in den Weg, den sie eingeschlagen hatte, dass sie sich nicht vorstellen konnte, wie man ihrem Herrn nicht dienen wollte. „Falls sich deine Bedenken auf Potter beziehen... auch er ist in unseren Reihen willkommen. Wie auch nicht, wo er dir doch in Talent ebenbürtig ist, und zudem noch aus einer alten, angesehenen Zaubererfamilie stammt, die ihre Linie bis zu den Peverells zurückverfolgen kann... um seine Sicherheit müsstest du dir dann keine Gedanken machen.“ Zorn verdrängte Lilys Angst, und sie beugte sich über den Tisch nach vorne und stemmte sich Bellatrix' Verachtung entgegen. „Und du denkst wirklich, jetzt, wo du hier sitzt und mir das in all deinem salbungsvollen Stolz vorschlägst, werde ich wie ein Hündchen zu deinem Herrn gekrochen kommen? Selbst für jemanden wie dich, der nur in vagem Kontakt zur Realität steht, ist das ein neuer Tiefpunkt!“ Heftig schlug sie die Hand auf die Tischplatte und hörte, wie die Gespräche in der Kneipe verstummten, als sich alle Köpfe nun ihr zuwandten und sie mit durchdringenden Blicken gemustert wurde. Auch Bellatrix bemerkte die ungewollte Aufmerksamkeit und sah sich für einen Moment um, bevor sie sich wieder Lily zuwandte, die mittlerweile zitterte – ob vor Wut oder vor Angst, vermochte sie nicht zu sagen. „Du schlägst also unser großzügiges Angebot aus? Dummes Mädchen... du weißt nicht, was dir noch blüht. Du wirst den Preis zahlen für deine Sturheit.“ Auch wenn sie Bellatrix sonst kein Wort geglaubt hatte, dass ihre Ablehnung den Zorn des Dunklen Lords erregen musste, war ihr klar... aber es gab Dinge, die durfte man nicht für ein bisschen Macht oder Reichtum opfern, und ihre Prinzipien gehörten dazu. „Vielleicht... und vielleicht wird dein Meister dafür bezahlen, dass er versucht hat, sich zur Macht aufzuschwingen.“ Bellatrix starrte sie an, so als ob ihr dieser Gedanke noch niemals gekommen wäre, während Lily sich langsam aus der Bank schob. Die anderen Gäste hatten sich, nach der ersten, kleinen Unterbrechung, bereits wieder ihren Gesprächen zugewandt, und Lily wusste, dass sie hier nichts mehr erreichen konnte, außer Bellatrix' Temperament zu reizen, auch wenn der Gedanke verführerisch wirkte, so wütend war sie selbst. „Oh, flieh, flieh, kleines Mädchen“, gackerte Bellatrix nun hämisch hinter ihr, und Lily hastete zum Ausgang, während hinter ihr die ersten Zauberstäbe gezückt wurden, weil die Worte der Todesserin ihre Tarnung zunichte gemacht hatten. „Und vielleicht kommst du ja doch noch angekrochen!“ Sie zuckte zusammen, als ein erster Fluch neben ihr in den Türstock einschlug, und noch während sie in Sicherheit disapparierte, fasste sie den Entschluss, dass sie das niemals tun würde, und wenn ihr Leben davon abhinge. Kapitel 31: Flucht nach vorne ----------------------------- Pairing: Severus Snape/Gilderoy Lockhart, gewünscht von irm63 31. Flucht nach vorne Severus Snape starrte missmutig auf die Wand des Lehrerzimmers, wo dunkle Flecke, die Filch nicht ganz hatte entfernen können, noch von der Explosion von Flitwicks Tintenfass letzte Woche kündeten, und versuchte, das Drama auf dem Tisch vor sich zu vergessen. Die Zweitklässler hatten soeben ihre letzte Hausaufgabe vor den Weihnachtsferien eingereicht, und wie zu erwarten gewesen war, waren die Ergebnisse ein einziges Desaster. Besonders Potter und Longbottom hatten sich wieder einmal durch besondere Dummheit hervorgetan und es geschafft, aus den wunderschönen, eleganten Zaubertränkerezepten, die er sie im Unterricht gelehrt hatte, entstellte Gebräue zu machen, die wahrscheinlich nicht einmal dazu gut waren, um den Putz von den Mauern zu ätzen. Seufzend zog er mit roter Tinte einen ausladenden Strich über Longbottoms ganzen Aufsatz, und anstatt einen längeren, beißenden Kommentar darunter zu schreiben, der an den Jungen ohnehin verschwendet wäre, weil er zwei linke Hände und kein Gehirn hatte, beließ er es bei ein paar simplen Worten, die vielleicht sogar diesem Idioten klar machen würden, wie unzufrieden er mit seiner Leistung, oder eher Nicht-Leistung war. Zehn Punkte Abzug für Gryffindor. Gerade als er sich Potters Aufsatz zuwenden und ihm eine ähnliche Behandlung angedeihen lassen wollte, schlug die Tür des ansonsten vollkommen leeren Zimmers hinter ihm auf und Professor Lockhart rauschte in einer Wolke aus blondem Wallehaar und billigem Parfum, das seine tränkegeschulte Nase beleidigte, herein. Severus fluchte innerlich – er konnte Lockhart schon seit dem Moment nicht leiden, in dem Dumbledore ihn in den Sommerferien dem Kollegium als neuen Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste vorgestellt hatte, und das nicht nur, weil der inkompetente Vollidiot auf genau dem Posten saß, den Severus sich gewünscht hätte. Nein, Gilderoy Lockhart war einfach genau der Typ Mensch, den Severus nicht leiden konnte... der, der meinte, alle Welt wäre ihm wohlgesonnen und er wäre das größte Geschenk an die Menschheit, seit die ersten Zauberer vor zehntausend Jahren ihre magischen Fähigkeiten entdeckt hatten. „Severus, mein Freund, warum sitzen Sie hier so alleine? Das Kollegium trifft sich doch in Professor Flitwicks Büro zum Kaffeetrinken, warum sind Sie denn nicht dort?“ Severus musste die Zähne zusammenbeißen, so viel an dieser Aussage regte Widerspruch in ihm, oder eher den Drang, Lockhart seinen eigenen Zauberstab schlucken zu lassen, nachdem er ihn mit ein paar der widerlichsten Flüche, die er kannte, belegt hatte. Eine ganze Reihe von Antworten schoss ihm durch den Kopf, von Ich bin ganz sicher nicht Ihr Freund, über Sehe ich so aus, als würde ich mich brennend für soziale Interaktion interessieren? und ein schlichtes Verpissen Sie sich einfach! bis hin zu Ficken Sie sich ins Knie! Nachdem allerdings jede dieser Antworten seine anderen Probleme mit Lockhart an den Rand gedrängt hätte und der Mann seinen Protest wahrscheinlich ohnehin ignoriert hätte, wandte er sich nur wieder seiner Korrektur der Zweitklässler-Aufsätze zu und zog Potter für seine grauenvolle Arbeit gleich satte dreißig Punkte ab. „Severus? Haben Sie mich überhaupt gehört?“ Abwesend fragte er sich, wann er Lockhart eigentlich erlaubt hatte, seinen Vornamen zu benutzen – wahrscheinlich gar nicht – und beugte sich tiefer über sein Pergament. Doch alle seine Bemühungen, Lockhart zu ignorieren, nutzten nichts, der andere Mann kam auf ihn zugegangen, nachdem er irgendetwas aus seinem Schrank am anderen Ende des Lehrerzimmers geholt hatte, und lehnte sich schließlich direkt neben ihm an den Tisch, um neugierig auf das Pergament vor ihm hinuntersehen zu können. „Oh, die Arbeit des überaus brillianten Mr Potter – in dem jungen steckt ein Potenzial, das wahrscheinlich außer mir noch niemand gesehen hat.“ Die Vorlage war zu verführerisch, als dass er sie hätte ignorieren können, und so legte er seine Feder zur Seite und sah zu Lockhart auf. „In der Tat. Die Ehre, Mr Potters Potenzial zu entdecken, gebührt ganz Ihnen – ich habe sicherlich noch nichts davon in dem Jungen gesehen.“ Bildete er es sich ein, oder konnte er Lockhart gerade unter seinem himmelblauen Zaubererhut mit einer obszön großen Feder darauf erröten sehen? Bitte nicht... „Das ist wirklich ganz wundervoll von Ihnen, dass Sie das sagen, Severus, aber ich bin sicher, in Ihrer Genialität haben Sie schon in dem Moment, in dem der Junge zum ersten Mal Ihr Klassenzimmer betrat, sein Talent erkannt... ich weiß doch, was Sie für einen Blick für sowas haben!“ Sein Sarkasmus war offensichtlich vollkommen an Lockhart abgetropft – wenn er ehrlich war, hatte er auch nichts anderes erwartet, sehr zu seinem Leidwesen – und er warf einen Blick auf den einen, noch verbleibenden Aufsatz auf seinem Stapel. Es war der von Hermine Granger, ein wie immer Monster von einem Text, das er sich, wie üblich, bis ganz zum Schluss aufgehoben hatte, weil er nach einem ihrer Essays nicht mehr die geringste Lust verspürte, die Werke ihrer Klassenkollegen zu lesen. Eigentlich sollte er sich jetzt noch gute zwanzig Minuten damit beschäftigen, aber zwanzig weitere Minuten in der Gesellschaft von Lockhart... nein, das würde er nicht aushalten. Und der Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste machte, trotz seines vorherigen Hinweises auf das Kaffeekränzchen bei Flitwick, das in ein bis zwei Stunden wahrscheinlich in eine feuchtfröhliche Party ausarten würde, keine Anstalten, sich wieder zu den anderen Kollegen zu trollen und ihn in Ruhe zu lassen. Er streckte die Hand aus, um nach Grangers Aufsatz zu greifen, doch Lockhart kam ihm zuvor und rollte das ellenlange Stück Pergament auf. „Oh, ein Aufsatz von der charmanten Miss Granger... hat alle meine Bücher ganz ausführlich gelesen, das Mädchen, wirklich vorbildlich.“ Severus schnaubte. „Ich bin mir sicher, sie kann die Schlüsselstellen sogar zitieren und murmelt sie manchmal im Schlaf vor sich hin...“ „Wirklich?“ Lockhart starrte ihn mit einem ehrlich erfreuten Gesichtsausdruck an, der in Severus einen Würgreiz weckte, den er sogar in all seinen Jahren der Arbeit für den Dunklen Lord nicht gespürt hatte. „Aber bei einem so ausgezeichneten Werk wie meinem lässt es sich natürlich nicht vermeiden, dass bestimmte, entscheidende Stellen besser im Gedächtnis bleiben als andere... wenn ich da nur an Tanz mit einer Todesfee denke...“ Er machte ein paar Schritte zurück und richtete sich auf, bevor er die Augen schloss und sich theatralisch die Hand auf die Brust legte. „Die Angst schoss mir durch den Körper, bis ich zu zittern begann, aber trotzdem hielt ich meinen Zauberstab fest ergriffen und trotzte den widerspenstigen Gefühlen, die meinen Kampf gegen die grausame Kreatur zu sabotieren drohten. Selbst im Angesicht des Todes gelang es mir schließlich, die Fassung zu bewahren, und...“ Severus packte Grangers Aufsatz, den Lockhart unbeachtet auf den Tisch hatte fallen lassen, als sich die Gelegenheit ergab, aus einem seiner grausamen Machwerke zu zitieren, und rollte ihn hastig auf, bevor er nach seiner Feder griff. Er hatte zwar kein Wort davon gelesen, aber Grangers Aufsätze waren ohnehin alle gleich, und er kritzelte ein paar generische Sätze darunter, während er ignorierte, wie Lockhart aus seinem Buch zitierte, die Augen noch immer geschlossen. Den Müll, den er redete, konnte er ignorieren – immerhin gelang ihm das auch jeden Tag mit dem belanglosen Gequassel seiner Schüler und vor allem Schülerinnen – und er war erleichtert, dass Lockhart wenigstens von ihm abgerückt war und nicht mehr praktisch auf seiner Schulter hing. Wer auch immer dieses Parfum gemischt hatte – er konnte, selbst wenn er sich bemühte, es nicht zu beachten, gleichzeitig Vanille, Moschus, Sanddorn, Apfelblüten, Heu und einige andere, weniger appetitliche Zutaten riechen – hatte keine Ahnung von seinem Job und versehentlich sogar ein paar Ingredienzien benutzt, die zusammen sehr unerwartete Wirkungen entfalten sollten, wie beispielsweise Ausschläge. Der Gedanke an Lockhart, der mit juckenden, lila Pusteln im Gesicht vor gar nicht mehr so schmachtenden Schülerinnen unterrichtete, heiterte seine Stimmung momentan auf, während er seine Sachen packte und die Pergamentrollen, die ihm die Zweitklässler in die Hand gedrückt hatten, zusammensammelte. Lockhart war immer noch abgelenkt von seiner theatralischen Pose und der zweifelhaften Poesie seines Buches, das noch schlechter war, als Severus nach den ersten drei Sätzen, die er über die Schulter einer Drittklässlerin hinweg gelesen hatte, vermutet hatte, und das war seine Chance, zu entkommen... und seine Gelegenheit. Zwar hatte Dumbledore ihm ausdrücklich verboten, Flüche auf Lockhart abzufeuern – was der einzige, und wirklich der einzige Grund war, warum er es noch nicht getan hatte – aber ein kleiner Zauber nebenbei... vor allem einer, der nicht zu ihm zurückverfolgt werden konnte und Lockharts Unterricht in den nächsten Wochen vor Weihnachten um so viel spannender machen sollte, und noch dazu seinen Rückzug decken würde... konnte sicherlich nicht schaden. Severus zückte seinen Zauberstab richtete ihn auf Lockharts Kopf, bevor er unhörbar Muffliato murmelte und am Zucken von Lockharts Augenlidern erkennen konnte, dass das unerklärliche Summen, das den Fluch charakterisierte, eingesetzt hatte. Mit einem zufriedenen Grinsen auf dem Gesicht machte er sich auf den Weg zur Tür, während Lockhart noch immer monologisierte, und schlug sie mit Schwung hinter sich zu – was der Mann natürlich ebenfalls nicht bemerkte. Erst drei Korridore später, als er über einen Schleichweg schon fast in der Eingangshalle angekommen war, hörte er Schritte sehr weit hinter sich. „Severus? Wo sind Sie denn hingekommen? Severus? Sie können doch nicht einfach verschwinden, Sie haben doch die spannendste Stelle verpasst, in der die Todesfee versucht, mir...“ Das Portrait, das den Geheimgang bewachte, glitt hinter ihm wieder in seine Fassung, und Lockharts anstrengende Stimme wurde durch gnädige Stille ersetzt. Severus Snape seufzte zufrieden. Kapitel 32: Frost ----------------- Pairing: Ronald Weasley/Neville Longbottom, gewünscht von Lilly-Potter 32. Frost Die Ländereien versanken unter dem frisch gefallenen Schnee, und die Dekorationen der Lehrer hatten Hogwarts wie jedes Jahr in ein Winterwunderland verwandelt, aber bei Ron Weasley wollte keine rechte Feierstimmung aufkommen. Er wusste nicht mehr so recht, wann es passiert war, aber Hogwarts war irgendwann, als er nicht hingesehen hatte, kompliziert geworden... Politik, Umbridge, Vertrauensschüler, ZAGs, die Rückkehr von Du-weißt-schon-wem... all das lastete schwer auf seinen Schultern, genauso wie das Misstrauen seiner Mitschüler und des Ministeriums gegenüber Harry. Selbst heute, nur ein paar Wochen vor Weihnachten, trafen sich die DA noch, um zu trainieren für einen Kampf, für den sie nur unzureichend vorbereitet waren... und Harry war nicht da. Hermine hatte ihn genötigt, seine Zauberkunsthausaufgaben fertigzumachen („Eine halbe Stunde ist nichts im Vergleich zu der Strafarbeit, die du sonst morgen bekommst, Harry!“), und so hatten er und Neville sich alleine auf den Weg in den siebten Stock gemacht, um den Raum der Wünsche für ihr heutiges Treffen vorzubereiten. Beide kannten sie, nach so vielen Wochen, jede Abkürzung und jeden Geheimgang auswendig, beiden war es in Fleisch und Blut übergegangen, vor jeder Ecke einen Blick auf die Karte des Rumtreibers zu werfen, um nach Lehrern oder – fast noch schlimmer – Draco Malfoy und seinen großkotzigen Inquisitoren Ausschau zu halten, und auch der Anblick des Wandteppichs von Barnabas dem Bekloppten irritierte sie nicht mehr im Geringsten, auch wenn besagter Zauberer wirklich sehr verrückt aussah. „Was wollen wir heute machen? Hat Harry dir etwas gesagt?“, fragte Neville, während sie gemeinsam das leere Stück Wand anstarrten, aus dem hoffentlich gleich eine Tür werden würde, und Ron zuckte mit den Schultern. „Ähm... ich glaube, er hat etwas von Schockzaubern gemurmelt, während wir in Zauberkunst saßen, aber so sicher bin ich mir da nicht...“ Ron spürte, wie die Röte in seine Ohren schoss, er war viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, seinen Aufsatz für Professor McGonagall fertigzuschreiben, um Harry wirklich zuzuhören, und wenn er sich jetzt irrte, würde Hermine wahrscheinlich gleich wieder meckern. „Okay... also den Raum, in dem wir immer sind, Teppich auf dem Boden, ein paar Kissen und ein bisschen Eis, falls Dennis wieder stolpert und sich eine Beule holt. Hab ich etwas vergessen?“ Neville hatte Ron, abgelenkt, müde und bedrückt wie er war, in einer gedanklichen Staubwolke zurückgelassen, und anstatt zu versuchen, seinen Gedankengang nachzuvollziehen, schüttelte er einfach nur den Kopf. „Ich glaube, du hast alles...“ „Gut. Möchtest du den Raum erschaffen, oder soll ich?“ „Ich mach schon“, entgegnete Ron, er wollte wenigstens etwas tun, um sich nicht vollkommen nutzlos zu fühlen, wenn er in der Planungsphase schon versagt hatte. „Gut.“ Neville warf ihm ein aufmunterndes Grinsen zu und trat zur Seite, und Ron seufzte innerlich. Wenn sogar Neville bemerkt hatte, dass es ihm nicht besonders gut ging, war es ein Wunder, dass Hermine ihn nicht schon auf seine gedrückte Stimmung angesprochen hatte, und wahrscheinlich war ihm das nur erspart geblieben, weil sie sich um Harry und seine Hausaufgaben kümmern musste. Wenigstens diesmal hatte Schule also gute Seiten... Er schob den Gedanken fort, in den hintersten Winkel seines Kopfes, oder zumindest glaubte er das, bevor er die Augen schloss und sich konzentrierte, um den Raum der Wünsche für Dumbledores Armee zu beschwören. Teppich... Bücherregale... Kissen... Eis... er runzelte die Stirn vor Anstrengung, während er vor dem Wandteppich hin und her ging, verfolgt von den misstrauischen Blicken von Barnabas dem Bekloppten, und versuchte, jegliche Ablenkung aus seinem Geist zu verbannen. Teppich... Bücherregale... Hermine, nein! Kissen... Harry, falsch! Eis... innerlich seufzte er, als er das leise Wispern von Magie spürte und neben ihm die Tür zum Raum der Wünsche auftauchte. „Geschafft.“ Neville nickte und trat auf die Tür zu und öffnete sie, bevor er einen Blick auf den Raum dahinter warf. „Sieht gut aus.“ Ron trat neben ihn, und er konnte nicht leugnen, wie zufrieden er mit sich war. Dicker, flauschiger Teppich bedeckte den Boden, in den Bücherregalen stapelte sich Literatur über Verteidigung gegen die Dunklen Künste, und ein Meer aus großen, weichen Kissen breitete sich vor ihnen aus – der perfekte Raum für ihr Training. Neville schloss die Tür hinter ihnen, um neugierige Augen von einer Kammer fernzuhalten, die eigentlich nicht existierte, und runzelte dann die Stirn. „Wo ist das Eis?“ „Ähm...“ Ron blickte sich suchend um. Er war sich sicher, an Eis gedacht zu haben, aber der Raum schien die Schüssel und die Tücher, die sie brauchten, falls sich jemand wieder einmal den Kopf anschlug oder eine andere Beule holte, nicht bereitgestellt zu haben... er runzelte die Stirn. „Hey! Was war das?“ Nevilles Aufschrei ließ Ron herumfahren, und er sah, wie sein Freund seine Arme um sich schlang, so als ob er frösteln würde. „Was ist denn?“ Doch bevor Neville antworten konnte, traf auch Ron ein eisiger Windstoß, und fassungslos sah er zu, wie die ersten Schneeflocken von der Decke des Raums der Wünsche rieselten. „Was zum...“ Neville zog den Kragen seines Hogwartsumhangs hoch und versuchte, sich gegen die plötzliche Kälte zu schützen. „Ähm... Ron... ich weiß nicht, wie ich das sagen soll, aber ich glaube, wir sollten lieber nach draußen gehen und es nochmal versuchen...“ In den meisten anderen Situationen hätte Ron sich durch diese Worte gekränkt gefühlt, aber mittlerweile begannen seine Zähne zu klappern, und er wollte nur zurück in die relative Wärme des Flures, wo Neville sich dann des widerspenstigen Raumes annehmen konnte. „Okay...“ Gemeinsam wandten sie sich um – und erstarrten. Dort, wo eben noch die Tür gewesen war, befand sich nun kalte, glatte Mauer, die langsam von Eiskristallen überzogen wurde, und Ron schluckte. „Scheiße.“ Neville wirkte nicht so, als ob er ihm bei seiner Einschätzung der Situation widersprechen wollte, auch wenn in seinem Blick mehr Angst als die Wut lag, die Ron selbst spürte. „Was machen wir jetzt?“ „Ähm...“ Ron runzelte die Stirn. Heute war nicht sein bester Tag, und der Schnee, der nun in kleinen, harschen Flocken zu fallen begann und vom kalten Wind stechend in sein Gesicht getrieben wurde, half nicht gerade beim Nachdenken. „Vielleicht können wir den Raum bitten, das wieder in Ordnung zu bringen?“ Neville runzelte zweifelnd die Stirn, schien aber, genauso wie er selbst, keine bessere Idee zu haben, und schloss in Konzentration seine Augen. Ron tat es ihm gleich, versuchte, sich über das Klappern seiner Zähne und das Zittern seiner Muskeln zu konzentrieren, darauf, dass er hier weg wollte, dass der Raum einen Weg freigeben musste, um sie nach draußen zu lassen, dass seine Freunde ihn suchen würden... er schüttelte den Kopf. Er wollte hier raus – warum erkannte der Raum das denn nicht? Es war doch der Raum der Wünsche, und im Moment wünschte er sich nichts sehnlicher, als im Gryffindor-Gemeinschaftsraum am warmen Feuer zu sitzen... und doch hing er mit Neville hier fest. Verdammt, verdammt, verdammt! Auch Neville hatte keinen Erfolg, und öffnete schließlich die Augen, ein geschlagener Ausdruck in seinem Blick. „Es hat nicht funktioniert...“ Ron schüttelte den Kopf. Der Schnee verschluckte mittlerweile den dicken Teppich und wurde vom Wind zu kleinen Wechten zu ihren Füßen und an den Kissen aufgetürmt, und Ron schlang seine Arme um sich, um sich besser warmhalten zu können. „Nein... was machen wir denn jetzt?“ Neville zuckte mit den Schultern. „Auf Harry und Hermine warten? Andere Möglichkeiten haben wir doch kaum... ich glaube nicht, dass wir uns den Weg durch die Wand freisprengen können, und wenn der Raum nicht auf unsere Kommandos reagiert...“ Ron nickte missmutig und griff nach einem der Kissen, seine Finger erstarrten fast beim Kontakt mit dem durchgefrorenen Stoff, doch trotzdem begann er, eine Wand gegen den schneidenden Wind zu bauen, hinter der sie sich verstecken konnten. „Mh...“ Neville schloss sich ihm mit einem düsteren Blick an. „Du hättest Bescheid sagen können, dass du dich heute nicht richtig konzentrieren kannst... du weißt doch, dass der Raum immer das macht, was ich möchte.“ Ron biss die Zähne zusammen und schüttelte den Schnee von einem letzten Kissen, damit sie sich darauf setzen konnten. „Offensichtlich nicht immer.“ Neville warf ihm einen Blick zu, der eindeutig zeigte, wem er die Schuld an diesem Desaster gab. „Wenn du dir etwas anderes gewünscht hast, kann ich auch nichts mehr machen, Ron!“ Er hielt einen Moment inne, während seine Gedanken zu dem, was er gesagt hatte, aufholten. „Sag bloß, du hast dir gewünscht, in einem Schneesturm mit mir hier eingeschlossen zu sein?“ „Natürlich nicht!“ Zum ersten Mal in seinem Leben war ihm die Röte, die ihm in die Ohren stieg, willkommen, weil sie sie auch wärmte, und Ron ließ sich auf das Kissen fallen, das er vorbereitet hatte, bevor er auf den Platz neben sich deutete. „Hermine und Harry sind sicher in ein paar Minuten da, und bis dahin möchte ich nicht erfrieren.“ Neville schien immer noch beleidigt, setzte sich aber neben ihn, und Ron zog eines der Kissen als improvisierte Decke über sie, um sie gegen den Schneesturm zu schützen. „Ist ja doch nicht so schlimm.“ Neville nickte mit zusammengebissenen Zähne und starrte in die andere Richtung. Harry und Hermine fanden sie eine halbe Stunde später, die Kissen, unter denen sie sich verborgen hatten, tief im Schnee vergraben, redend und lachend, und dass es wirklich nicht so schlimm gewesen war, wie sie vermutet hatten, sahen sie an ihren Gesichtern. Kapitel 33: Stille Nacht ------------------------ Pairing: Remus Lupin/Nymphadora Tonks, gewünscht von NymphadoraLupin und Schnuffelchen 33. Stille Nacht Remus Lupin wusste nicht, welcher rachsüchtige Gott dafür gesorgt hatte, dass er seine nächtliche Schicht bei der Bewachung von Ophelia DuPres ausgerechnet mit Nymphadora Tonks teilen musste, aber er war überzeugt, dass er Werwölfe nicht mochte. Nicht, dass Remus ihm da einen großen Vorwurf machen konnte – immerhin mochte er selbst Werwölfe auch nicht besonders, und sich selbst nahm er dabei nicht einmal aus – aber warum musste sich das Schicksal gerade diese besonders exquisite Art von Folter aussuchen, die seine momentane Partnerin darstellte? Es wäre ihm lieber gewesen, wenn er Tonks für eine unangenehme Person hätte halten können, sie nicht mögen, ja vielleicht sogar hassen, oder wenn ihn ihre Manierismen in den Wahnsinn getrieben hätten... so blieb ihm nichts weiter, als sie durch die Stille der Weihnachtsnacht hinweg zu beobachten und zu versuchen, seine verräterischen Gedanken und Wünsche im Zaum zu halten. Ihr Auftrag war eine Möglichkeit dazu, und so rief er sich noch einmal ins Gedächtnis, wieso sie in einer Nacht, in der der Rest Englands mit Freunden und Familie vor dem Feuer saß und sich auf die Geschenke am nächsten Morgen freute, in einer eiskalten Gartenhütte im Norden Schottlands hockten und froren. Ophelia DuPres war die Schwester einer der einflussreichsten Angestellten der Abteilung für magische Strafverfolgung, und die Todesser hatten in den letzten Wochen eine Reihe von Drohungen gegen sie ausgestoßen. In einer perfekten Welt wäre das Grund genug für das Zaubereiministerium gewesen, eine Patrouille von Auroren abzustellen, um ihr Haus zu bewachen, bis der Fidelius-Zauber, der sie schützen sollte, vorbereitet werden konnte – aber leider war die Welt nicht perfekt. Rufus Scrimgeour war der Ansicht, dass die Gefahr nicht groß genug war, um zu rechtfertigen, zwei Auroren von ihren Positionen zum Schutz des Ministeriums abzuziehen... und so war die Aufgabe dem Orden des Phönix zugefallen. Nicht, dass Remus sich mit der Aufgabe, die Unschuldigen zu beschützen – und Mrs DuPres, ihr Mann und ihre Kinder waren zweifellos unschuldig – nicht identifizieren konnte... aber es ärgerte ihn, dass Scrimgeour den Orden durch seine Untätigkeit förmlich dazu zwang, in die Lücken zu springen, die die Auroren hinterließen. Und diese Lückenfüllertätigkeit hielt sie davon ab, gegen die Todesser aktiv zu werden, anstatt sich nur zu verteidigen... was dazu führte, dass Du-weißt-schon-wer viel zu viel Zeit hatte, sich damit zu beschäftigen, was er anderen antun konnte, anstatt damit, wie der Orden ihm schaden konnte. Und dass er in einer eiskalten Gartenhütte hockte und sich wichtige Teile abfror, während Scrimgeour in seinem warmen Büro saß, trug nicht unbedingt dazu bei, seine Stimmung zu verbessern. „Remus?“ Tonks hatte sich neben ihm auf das Feldbett fallen lassen, das einer ihrer Vorgänger aufgestellt hatte, und musterte ihn aus großen Augen, in denen zu viel Sorge und Mitgefühl lagen, als dass er sie ignorieren konnte. „Ja?“ „Ist... ist alles okay mit dir?“ Wie sie fragte, wie sie ihn ansah, wie sie ihm die Hand auf die Schulter legte, zögerlich und scheu, alles schrie hinaus, dass sie ihn nicht nur als Kampfgefährten im Orden sah, dass sie ein größeres Interesse an seinem Wohlergehen hatte, und Remus schluckte hart. Ihm war nicht verborgen geblieben, wie ihre Magie sie seit diesem einen, desaströsen Gespräch im letzten Sommer im Stich ließ, wie müde und abgehärmt sie aussah und wie sie sich in mehr Schichten einteilen ließ, als gut für sie war, nur um zu vergessen... aber was sollte er tun? Was sie jetzt empfand, war nur ein Schatten dessen, was auf sie wartete, wenn sie wirklich mit ihm, einem Werwolf, zusammen wäre... die Ausgrenzung der magischen Gemeinschaft, die Armut, die viel zu langen Nächte, wenn er im Keller seines Hauses wütete... und schließlich und endlich der Tod, der doch auf alle wartete, die er zu lieben wagte. Er sachte den Kopf. „Ja. Nur ein paar düstere Gedanken.“ Tonks runzelte die Stirn, und er konnte ihr zögern spüren, während sie ihre geröteten Hände vor sich aneinanderrieb, um die Kälte daraus zu vertreiben. Eigentlich mussten sie schon dafür dankbar sein, dass sie nicht draußen in der Kälte Schottlands und dem kniehohen Schnee ausharren mussten, den der Wind vor sich hertrieb, aber das Gartenhaus bot nur einen ungenügenden Schutz gegen die Elemente, und der Frost kroch durch die Ritzen herein und formte Eisblumen auf den dünnen Fensterscheiben. Trotzdem konnten sie nur hier sein, weil sie das Haus und das Grundstück der DuPres' mit genug Bannen versehen hatten, um die Umgebung aufleuchten zu lassen wie einen der Neon-Weihnachtsbäume der Muggel, sollte ein Todesser in ihre Nähe geraten, und im Moment war Remus dankbar für die Vorbereitungen ihrer Ordenskollegen. Zwar war er durch seine Krankheit resistenter gegen Kälte als viele andere Zauberer, aber da war immer noch Tonks, und sie fror ganz offensichtlich stark – er wollte sich nicht vorstellen, wie es ihr gehen würde, wenn sie dort draußen ausharren würden. Tonks hatte nicht auf seine ausweichende Erwiderung – denn genau das war es, und nicht einmal eine besonders gute – geantwortet und starrte nun durch die vereisten Scheiben hinüber zu den warmen, freundlichen Lichtern des Hauses, ihre Augen so grau wie ihre Haare, und er glaubte, sie verdächtig glitzern zu sehen. Remus schluckte – mehr als nur eine normale, menschliche Reaktion auf ihren Schmerz, sondern Zeichen seines Interesses an... zumindest ihrem Wohlergehen, wenn schon nicht ihr als potentieller Partnerin. Nein, verdammt... er war interessiert an ihr, und doch gab es nichts, das er tun konnte... er würde sie in Gefahr bringen, ihr Leben ruinieren... und ein bisschen momentanes Unglück war immer noch besser, als für den Rest seines Lebens als die Frau eines Werwolfs gebrandmarkt zu sein. Und irgendwann würde auch Tonks das einsehen... Remus seufzte und schlüpfte aus seinen dicken, gefütterten Handschuhen, bevor er sie Tonks in den Schoß legte, und sie sah überrascht auf. „Nimm sie. Du brauchst sie dringender als ich.“ Sie nickte, langsam und fast scheu, eine Reaktion, die so konträr zu ihrer eigentlichen Persönlichkeit war, dass es Remus fast das Herz brach, vor allem, weil sie sich ihm gegenüber schon seit dem Sommer verhielt, als ob sie auf Zehenspitzen gehen würde, aber dann schlüpfte sie in die Handschuhe und er hörte ein leises Seufzen. Ihre Finger verschwanden fast in dem Leder, aber Tonks störte sich nicht daran, sondern genoss die Wärme seiner Hände, die die Handschuhe gespeichert hatten. „Danke.“ Ihre Stimme klang erstickt, und Remus wandte sich ab, trat zu der Teekanne hin, die sie in einer Ecke der Hütte aufgestellt hatten, und berührte sie mit seinem Zauberstab, mehr, um ihr einen Moment zu geben, um sich wieder zu fassen, als weil er wirklich durstig war. Der Teekessel pfiff, als ein Strahl Dampf daraus hervorschoss, und Remus kramte zwei Teebeutel aus einem kleinen Kästchen und warf sie in zwei abgewetzte, nicht zusammenpassende Tassen, die ein anderes Ordensmitglied hier zurückgelassen hatte, bevor er das heiße Wasser darübergoss. Die Kälte hatte auch seine rauen, vernarbten Hände gerötet, und er betrachtete sie für einen Moment nachdenklich, bevor er sich zu Tonks umwandte, deren große Augen ihm nun durch die Hütte folgten, während er auf sie zuging. „Hier.“ Sie nahm ihm die Teetasse mit vorsichtigen Bewegungen ab, und er konnte durch das Leder seiner Handschuhe ihre schmalen, schlanken Finger unter seinen spüren, für einen Moment nur, aber lange genug, um die Berührung in sein Gedächtnis einzuprägen. Remus seufzte, während er sich auf das Feldbett fallen ließ, und nippte vorsichtig an seinem brühend heißen Tee, um sich von der Frau neben ihm abzulenken – die offensichtlich andere Ideen hatte. „Remus?“ Fast widerwillig wandte er sich ihr zu, und in ihren Augen sah er dieselbe ängstliche Zaghaftigkeit, die sich auch in seiner Bewegung ausgedrückt hatte. „Ja?“ Sie antwortete nicht sofort, nahm stattdessen einen Schluck aus ihrer Tasse, aber Remus befürchtete, dass sie noch etwas sagen sollte, und nahm seinen Blick nicht von ihr. Sie war schön... selbst mit mausgrauem Haar und ebenso grauen Augen, blasser Haut und diesem unendlich traurigen Ausdruck in ihrem Blick, und er wollte nichts mehr, als seine Hand an ihre Wange zu legen und sie an sich heranzuziehen – nur dass er das nicht konnte, weil es die Bemühungen der letzten Monate, sie zu überzeugen, dass er nicht der Richtige für sie war, zunichte gemacht hätte. Sie seufzte und schüttelte den Kopf, schien nicht die richtigen Worte für das finden zu können, was sie sagen wollte, und stellte ihre Tasse zur Seite, bevor sie näher an ihn heranrückte. In jeder anderen Situation wäre er nun aufgestanden, oder ausgewichen, hätte alles getan, um aus ihrer Nähe zu entkommen, aber ihre Augen hielten seinen Blick fest, und er schaffte es nicht einmal, von ihr wegzusehen... wie sollte er da fliehen können? Schmale Finger schlüpften aus seinen Handschuhen, bevor sie sich nach der Tasse reckten, an der er sich noch immer festhielt, und sie sanft aus seinem Griff lösten und zur Seite stellten, ohne dass ihre Augen, in denen nun ein dunkler Funken glomm, sich von seinem Gesicht lösten. „Tonks?“, fragte er, leise, unsicher, aber sie schüttelte nur in einer schmalen Geste den Kopf, bevor ihre Finger den Weg an seinen Nacken fanden und die vernarbte Haut berührten. Er seufzte – eine unwillkürliche Reaktion, die aus der Spannung des Moments geboren war – und lehnte sich in die Berührung, sich bewusst, dass es viel zu lange her war, dass jemand den Kontakt zu ihm gesucht hatte, freiwillig und ohne hintergründige Motive, einfach, weil er er war... und bevor er seinen Körper wieder in seine Gewalt bringen konnte, war aus dem Funken in ihren Augen ein Waldbrand geworden. Sie zog ihn an sich heran und küsste ihn, und er war zu einsam, zu müde, zu erschöpft von zu vielen Kämpfen, als dass er noch die Kraft gefunden hätte, sie noch einmal wegzuschieben... der kleine, rationale Teil seines Gehirns, der darauf bestand, das das hier eine dumme Idee war, schwieg für einen kurzen Moment der Perfektion, als ihre Lippen sich berührten und seine Finger durch ihre Haare strichen, die ihm plötzlich und unerwartet wieder in Kaugummipink entgegenleuchteten. Aber der Augenblick verging, und langsam, zögerlich, löste er sich von ihr und schob sie sanft von sich weg, auch wenn es ihn alle Kraft kostete, die er in diesem Moment noch hatte. „Tonks, wir können nicht...“ Ihr Finger fand seine Lippen und er verstummte, während sie sanft den Kopf schüttelte. „Bitte nicht, Remus... nicht jetzt.“ Er sah die Tränen, die in ihren Augen glitzerten, sah, wie die leuchtende Farbe ihrer Haare wieder zu einem stumpfen Mausgrau verblasste, und er konnte ihr diesen Wunsch nicht abschlagen – nicht, wenn die kleine Gartenhütte im Norden Schottlands nun ein unendlich ärmerer, kälterer, trostloserer Ort war als noch vor wenigen Momenten. Nicht, wenn er verstand, warum sie die Stille vorzog, besonders in dieser einen, besonderen Nacht. Langsam nickte er und erhob sich, kämmte mit seinen Fingern durch seine Haare in einem Versuch, seine Gedanken zu klären, und als das nicht funktionierte, machte er sich auf den Weg zur Tür der Hütte. „Es ist Zeit für meine Patrouille.“ Tonks nickte stumm und er wandte sich ab, aber als er schon die Finger auf die Klinke gelegt hatte, spürte er ihre Präsenz an seiner Seite, und sie reichte ihm seine Handschuhe. „Hier.“ Ein trauriges Lächeln spielte für einen Moment um seine Lippen. „Danke.“ Als er eine halbe Stunde später aus dem heulenden Wind und dem Schneefall in die Gartenhütte zurückkehrte, hatte Tonks sich auf dem Feldbett eingerollt und schlief, die Spuren getrockneter Tränen auf dem Gesicht, und Remus schluckte, bevor er sich neben sie setzte. „Es tut mir leid...“, wisperte er, doch sie rührte sich nicht, und er blinzelte heftig, um seinen eigenen Schmerz und seine eigene Verzweiflung im Zaum zu halten. „Es tut mir so leid... und es wird mir noch viel mehr leid tun, wenn einer von uns stirbt, ohne dass du weißt...“ Seine eiskalten Finger fanden ihre Wange, und langsam, vorsichtig streichelte er ihr Gesicht, versuchte, sich jede Linie und jeden Zug ins Gedächtnis einzuprägen, während sie sich im Schlaf in seine Berührung lehnte und er versuchte, die Tränen zurückzuhalten, die ihm über die Wangen rollen wollten. Ein Teil von ihm wollte sie wecken, wollte ihr sagen, was er fühlte, wollte das Glück kosten, wenn auch nur für ein paar Tage oder Wochen oder Monate... aber ihr Leben war wertvoller als seines, und er wollte nicht noch einen Menschen begraben müssen, der ihm zu wichtig war. Also schwieg er, riss sich von ihrem Anblick los und trat ans Fenster, um in die Stille der Heiligen Nacht hinauszustarren und auf ein Wunder zu warten. Kapitel 34: Die Schwarze Lady ----------------------------- Pairing: Harry Potter/Bellatrix Lestrange, gewünscht von Goldsnake 34. Die Schwarze Lady „Sie möchte mit dir reden.“ Minerva McGonagall blickte über ihre Fingerspitzen hinweg auf Harry Potter, der auf der anderen Seite ihres Schreibtisches unruhig auf ihrem Stuhl herumrückte, und runzelte die Stirn. „Wieso?“ Echte Neugier mischte sich in Harrys Stimme mit Argwohn, und Minerva seufzte auf. „Wenn ich das wüsste...“ Sie hielt für einen Moment inne, starrte an die gegenüberliegende Wand des runden Büros, das einst Albus Dumbledore gehört hatte, über Harrys Kopf hinweg, und er runzelte die Stirn. Minerva hatte nach der Schlacht von Hogwarts ein schweres Erbe angetreten – die Schule zerstört, viele Schüler, Lehrer und Ordensmitglieder tot, das Zaubereiministerium im Chaos, während es versuchte, herauszufinden, wer nun Todesser, Mitläufer oder Opfer war. Doch trotz all dieser Widrigkeiten hatte sie die Schule mit sicherer Hand durch die nächsten Jahre geführt... und nicht die geringste dieser Widrigkeiten war Bellatrix Lestrange gewesen. Zu seiner Beschämung hatte Harry es nicht über sich gebracht, Mitleid mit ihr zu verspüren, nachdem Molly Weasley die ehemalige Todesserin in ihrem letzten Duell in Hogwarts getötet hatte. Das einzige Gefühl war Erleichterung gewesen, Erleichterung, dass sie nun fort war und sie ihm und seinen Freunden nie wieder wehtun konnte – dass Hermine nun besser schlafen konnte, weil die Frau, die sie gefoltert hatte, tot war... doch diese Erleichterung war in pures Entsetzen umgeschlagen, als er, Tage später, als die Zauberwelt nach dem letzten, kataklysmischen Kampf wieder zur Normalität zurückkehrte und er erfuhr, dass Bellatrix Lestrange überlebt hatte. Zumindest in einem gewissen Sinne. Das Schloss hatte den Kampf, der um es herum tobte, nicht ohne Beschädigungen überstanden, und der selten genutzte und instabile Nordflügel war durch die Wucht der verwendeten Zauber und den Angriff der magischen Kreaturen komplett eingestürzt. Und dort hatte sich der Geist von Bellatrix Lestrange eingenistet, nachdem sie sich geweigert hatte, aus dem Reich der Lebenden in die Welt der Toten hinter dem Vorhang überzugehen. Harry konnte sich noch an seine Überraschung erinnern. Trotz ihrer großspurigen Selbstbenennung als Todesser hatten die Anhänger Voldemorts, genauso wie ihr Meister, mehr Angst vor dem Tod gehabt als ihre Opfer, auf die sie so hämisch hinuntersahen... und dass Bellatrix, als seine selbsternannte, treueste Anhängerin, diese Furcht teilte, nein, dass sie bei ihr noch ausgeprägter war als bei ihren Kampfgefährten, war eigentlich nur natürlich, wenn er darüber nachdachte. Nichts von diesen Überlegungen hatte allerdings Harrys Schock gemildert, als Minerva McGonagall ihm vom neuesten Geist von Hogwarts berichtet hatte – doch zum Glück erwiesen sich seine schlimmsten Befürchtungen, was die Zukunft des Schlosses anging, als unbegründet. Schon vor ihrer Entdeckung hatten Minerva und das Ministerium den Wiederaufbau des zerstörten Nordflügels zugunsten der Restaurierung der weniger beschädigten Teile des Schlosses zurückgestellt. Nachdem Bellatrix sich einigen zu Tode erschrockenen Zweitklässlern offenbart hatte, war aus dem Provisorium ein permanentes Arrangement geworden, und der Nordflügel, durch dessen Ruinen sie meist streifte, ohne den Rest des Schlosses überhaupt eines Blickes zu würdigen, wurde zerstört belassen. Die meisten Schüler, genauso wie die Lehrer, waren zufrieden damit, sie zu ignorieren und sie in Ruhe zu lassen, eine Einstellung, die Bellatrix merkwürdigerweise erwiderte – was Harry zur aktuellen Situation zurückbrachte, denn sie ließ ihren Wunsch, mit ihm zu sprechen, noch merkwürdiger erscheinen. Minerva räusperte sich. „Wenn sie in irgendeiner Position wäre, dir zu schaden, hätte ich ihre Bitte nie an dich weitergeleitet... aber so ist es deine Entscheidung, Harry.“ Die Schulleiterin schien froh darüber zu sein, dass dieser Kelch an ihr vorübergegangen war, und Harry konnte es ihr nicht verdenken. Selbst für ihn war es ein schwieriger Weg gewesen, bis er schließlich nach Hogwarts aufgebrochen war, unter den finsteren Blicken von Ginny, die seine Entscheidung, Bellatrix' Wunsch nachzukommen, nicht verstehen konnte, so sehr er auch versucht hatte, es ihr zu erklären. Es war keine simple Neugier, die ihn nach Hogwarts getrieben hatte – auch wenn sie sicherlich hineinspielte – sondern auch das Gefühl, dass hier ein Kapitel seines Lebens auf einen endgültigen Abschluss wartete, dass ein Überrest des Kampfes noch immer in ihm steckte, solange er Bellatrix nicht gegenübergetreten war. „Ich weiß“, antwortete er leise und nahm einen Schluck aus der Tasse, die Minerva ihm zuvor gereicht hatte. „Und ich werde mit ihr sprechen.“ Überraschung und Respekt mischten sich in Minervas Gesicht, bevor sie schließlich nickte. „Ich hatte nichts anderes von dir erwartet, Harry.“ Er stellte leerte seine Teetasse und stellte sie zur Seite, bevor er sich erhob, auch nach all den Jahren noch immer etwas peinlich berührt von dem Lob, das so viele ältere und weisere Zauberer über ihn ausschütteten. „Ich mache mich dann am Besten auf den Weg.“ Minerva nickte. „Du findest den Nordflügel?“ „Natürlich.“ Sein Weg trug ihn durch die auch nach so vielen Jahren vertrauten Gänge und Korridore von Hogwarts und die Eingangshalle nach draußen, und er war erleichtert, der Stille entkommen zu sein, als der Schnee und der Kies unter seinen Füßen knirschten. Das Schloss wirkte immer ein wenig schaurig, wenn es nicht von Schülern bevölkert wurde, und nun, in den Weihnachtsferien, wenige Tage vor dem Heiligen Abend, waren die meisten von ihnen zu Hause bei ihren Familien. Der viele Schnee auf den Ländereien verbarg zwar die Konturen der Landschaft und der Vegetation, aber die eingestürzten Ruinen des Schlosses waren kaum zu übersehen, und Harry hielt sich an den kalten, steinernen Mauern, bis er den Nordflügel erreichte, aus dessen Geröll noch immer von Zeit und Feuer geschwärzte Holzbalken ragten, die nun von Eis überzogen wurden. Für einen Moment spürte er Unruhe – was sollte er nun tun? Nach Bellatrix rufen? Einfach hier warten, bis sie sich an ihre Bitte erinnerte und seine Präsenz bemerkte? Doch noch bevor er Zeit hatte, seine Arme um sich zu schlingen, um der eisigen Kälte Schottlands zu entkommen, glitt der durchscheinende, silbrig schimmernde Geist der ehemaligen Todesserin durch den Schnee auf ihn zu. Für einen Moment gewannen alte Reflexe die Oberhand und seine Finger flogen ohne sein Zutun zu seinem Zauberstab, doch dann setzte die Erinnerung ein und das Bild von Bellatrix, die tot auf dem Boden der Großen Halle lag, kehrte in sein Gedächtnis zurück und seine Schultern entspannten sich. Sie hatte keine Macht mehr außer der, die er ihr gab, und er hatte nicht die geringste Absicht, ihr diesen Gefallen zu tun. „Bellatrix.“ Ihre durchscheinenden, noch immer schwerlidrigen Augen weiteten sich, als er sie zuerst ansprach, und für einen Moment kämpfte sie um ihre Fassung. „Potter.“ Harry nickte langsam und vergrub seine Hände in seinen Taschen, bemüht, den eiskalten Wind und die harten Schneeflocken, die er gegen seine Wangen trieb, zu ignorieren, während er die Lippen zusammenkniff. Bellatrix wollte etwas von ihm – aber er würde verdammt sein, wenn er ihr dieses Gespräch weniger schwierig machen würde als es ohnehin schon für sie war. Die Frau vor ihm war nicht die Todesserin, die er so gehasst hatte, sondern nur ihr blasser Abklatsch, durchscheinend und fast unsichtbar vor dem weißgrauen Hintergrund von Schnee und abbröckelnden Mauern, aber das bedeutete nicht, dass er sie mochte oder bereit war, ihr irgendetwas von dem zu vergeben, was sie getan hatte. Sie starrten sich durch die fallenden Flocken hindurch an, während Harry versuchte, die Kälte zu ignorieren, die Bellatrix nicht fühlen konnte, doch zu seiner Überraschung war sie es, die den Blickkontakt abbrach und zuerst sprach, ihre Stimme uncharakteristisch leise und unsicher. Ja, die alte Arroganz war noch da, genauso wie ihre fast königliche Haltung, ein Produkt ihrer Erziehung im Hause Black, aber dahinter lag... Angst? Unsicherheit? Harry wusste es nicht. „Ich...“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich wollte mit dir sprechen, Potter.“ Harry nickte langsam, die Geste mehr Bestätigung der Fakten als Zustimmung, und seine Stirn legte sich in ärgerliche Falten. Wofür hatte sie ihn so kurz vor Weihnachten von seiner Familie weggeholt und hinaus in die Kälte geschickt, wenn das alles war, was sie herausbrachte? „Und?“ Sie schien die Ungeduld in seiner Stimme zu hören und machte eine kleine, wegwerfende Handbewegung. „Ich hatte sehr viel Zeit... hier draußen... und... und vielleicht hatte ich doch nicht so Recht, wie ich gedacht habe.“ Harry starrte sie für einen Moment an, bevor er seinen Gesichtsausdruck wieder unter Kontrolle brachte und Jahre der Abneigung und des Hasses seine Überraschung verdeckten. „Und das ist alles? Dafür hast du mich hierherbestellt? Damit du das sagen kannst?“ Ihr Blick bohrte sich in seinen, und er hatte das Gefühl, dass sie auf der Suche nach etwas in seinen Augen war... und es nicht fand. Ihre Schultern sackten hinab – aber sie konnte doch nicht ernsthaft geglaubt haben, dass er ihr vergab – dass er ihr Sirius' Tod vergab! – nur weil sie plötzlich zu zweifeln begann... nein. „Es ist sehr einsam hier draußen.“ Ihre Stimme klang fast entschuldigend, ein Tonfall, den Harry nicht von ihr kannte. „Der Tod soll auch sehr einsam sein, habe ich gehört.“ Die schneidenden Worte schossen hervor, bevor er sie zurückhalten konnte, nein, bevor er überhaupt über sie nachgedacht hatte. Sie nickte langsam, traurig, und der Funken an Hoffnung, den er in ihren Augen hatte erkennen können, erlosch langsam. „Das ist er, Harry... das ist er.“ Für einen Moment schnürte ihm die Schuld fast die Kehle zu, dann erinnerte er sich daran, wie Sirius durch den Torbogen verschwand, ein Ausdruck der Überraschung auf seinem Gesicht festgefroren, und schluckte das schlechte Gewissen hinunter, bevor er sich umwandte und durch den Schnee davonstapfte. „Dann solltest du dich nicht wundern, wenn du alleine bist.“ Kapitel 35: Ein Herz aus Stein ------------------------------ A/N: Eigentlich soll diese Story ja „Snowbells and a Heart of Flint“ heißen, aber nachdem der Witz auf Deutsch verloren geht, musst es doch etwas anderes werden. Pairing: Marcus Flint/Katie Bell, gewünscht von Fleur-delicate und Goldenbones 35. Ein Herz aus Stein Der Schnee des Quidditchstadions lag weiß und unberührt unter ihren Füßen, während Katie Bell ihre Runden zwischen den Torringen drehte und den frostigen Wind in ihrem Gesicht genoss. Weihnachten war immer schon eine magische Zeit in Hogwarts gewesen, nun, da der Schatten des Krieges von Großbritannien gewichen war, noch mehr als während ihrer eigenen Schulzeit, und auch wenn der Zauber der Kindheit für sie für immer verloren gegangen war... sie liebte die Winternacht, die Stille, den Schnee, die Lichter, die vom Schloss herüberschienen... und die Geschwindigkeit, wenn all das verschwamm, während sie auf ihrem Besen vorbeiraste. „Bell.“ Die harsche Stimme ließ sie mitten in einer besonders gewagten Kurve anhalten, und wütend starrte sie auf Marcus Flint hinunter, der im Eingang der Umkleidekabinen stand, seinen eigenen Rennbesen in der Hand, und sie von unten herauf anfunkelte. „Was?“ Er machte sich nicht die Mühe, erneut über die Meter zwischen ihnen hinwegzubrüllen, sondern stieg auf, mit der spielenden Leichtigkeit, die man einem Mann von seiner Statur niemals zugetraut hätte und die sie schon an ihm bewundert hatte, als er noch für das Slytherin-Team gespielt hatte. Sein Besen hielt erst inne, als er auf ihrer Höhe war, nein, noch ein bisschen höher, und er auf sie herabsehen konnte, und Katie widerstand der Versuchung, selbst aufzusteigen, um ihm diesen Vorteil zu nehmen. Sie waren doch keine Kinder mehr, die hier Häuserrivalitäten austrugen! „Was zur Hölle machst du hier?“ Katie biss die Zähne zusammen und reckte das Kinn vor. Nachdem sie sich so viele Jahre mit allen Mitteln bekämpft hatten, sowohl auf dem Feld als auch daneben – man denke nur an seine Dementorenverkleidung, mit der er Harry hatte einschüchtern wollen – war kein Platz mehr für Formalitäten zwischen ihnen, auch wenn sie mittlerweile Muggelkunde unterrichtete und Flint Flugunterricht gab, nachdem Madame Hooch den Rennbesen an den Nagel gehängt hatte. „Ich fliege, ist das nicht offensichtlich?“ Ihre Antwort, gegeben in einem Tonfall, der zumindest vorgab, nicht zu wissen, was er meinte, ließ nun ihn die Brauen zusammenkneifen, und er schwebte näher auf sie zu. „Auf meinem Feld?“ Sie rollte mit den Augen. „Im Gegensatz zu den Schülern brauche ich keine Genehmigung, um hier fliegen zu können – eine Tatsache, die wir schon besprochen hatten. Wenn ich mich richtig erinnere, hast du sogar Professor McGonagall um ihre Intervention gebeten, aber sie hat dir erklärt... lang und breit... dass du keine Handhabe hast, mich vom Feld zu verbannen.“ Gegen Ende ihrer Erklärung hatte sich ein triumphierender Unterton in ihre Stimme geschlichen, aber nach all den Diskussionen, die sie bereits mit Flint geführt hatte... wie konnte sie es da nicht genießen, Recht zu haben? Flint schnaubte. „Das weiß ich doch, Bell. Aber ich weiß auch, dass Unfälle passieren... vor allem beim Quidditch, selbst den talentiertesten Fliegern... und du weißt doch, wie viel Papierkram eine gefrorene Leiche in meinem Quidditchstadion geben würde – nicht schön.“ Auch wenn sie es hatte verhindern wollen, für einen Moment starrte Katie ihn fassungslos an, bevor sie es schaffte, ihren Mund wieder zu schließen. Hatte er wirklich gerade gesagt, was sie dachte...? Wirklich? Besaß er tatsächlich diese Dreistigkeit...? „Was, bei Merlin, soll das heißen?“ Der Ausdruck auf ihrem Gesicht und die Schärfe ihrer Worte ließ ihn wieder zurückweichen, und er schüttelte den Kopf. „Das, was ich gerade gesagt habe – oder hast du keine Ohren?“ Katie schnaubte, während sie langsam versuchte, ihre innere Balance wiederzufinden. „Und du denkst wirklich, dass es eine besonders kluge Idee ist, einem Mitglied des Kollegiums mit Mord zu drohen, nur weil du dein teures, wundervolles Quidditichstadion nach der Ausgangssperre für dich haben möchtest?“ „Was?“ Nun entglitt ihm sein Gesichtsausdruck, und Katie zog ein gewisses Maß an perverser Genugtuung daraus, während sie vorsichtig ihre rechte Hand vom Bestenstil löste und ihren Zauberstab zückte. In einem hatte er Recht, denn Fliegen war tatsächlich gefährlich, und jeder Angriff seinerseits... „Wie kommst du denn darauf?“ Sein vollkommen ungläubiger Tonfall weichte die Gewissheit auf, dass er ihr soeben gedroht hatte, zumindest ein bisschen, obwohl sie es nicht wollte, und sie zwang sich dazu, vorsichtig zu bleiben, während sie antwortete – ruhiger, als sie von sich selbst gedacht hatte, und fast ein wenig sarkastisch. „Wenn ein Slytherin mir etwas von tragischen Unfällen erzählt...“ Flint schüttelte so hastig und so erschrocken den Kopf, dass sie sich Sorgen machte, er könnte seine Balance auf dem Besen verlieren trotz all seiner Jahre an Flugerfahrung. „Nein... nein! Ich würde doch nie...“ „Du würdest nie was?“, entgegnete sie, bevor sie wusste, was sie tat, überrascht von ihren eigenen Worten und der Intensität, die sie angenommen hatten – der Wichtigkeit, die die Antwort plötzlich für sie hatte. Für einen Moment bohrten seine dunklen Augen sich in ihr Gesicht, suchend und fast ein wenig bange, bevor er schließlich den Atem ausstieß und den Kopf schüttelte. „Egal.“ Er wandte sich um und beschleunigte, zurück zu den Kabinen, doch Katie war nicht umsonst eine der besten Jägerinnen gewesen, die Gryffindor jemals gesehen hatte. Obwohl er so viel mehr Zeit auf dem Besen verbrachte als sie, holte sie ihn mühelos ein, blockierte ihm den Weg, und er konnte gerade noch abbremsen, bevor er in sie krachte. „Was?“ „Es ist nicht egal.“ Dass sie ihn nicht anlog, überraschte sie selbst, auch wenn sie diese Wahrheit erst begriff, als sie die Worte ausgesprochen hatte. „Es ist nicht egal, was du... was du tust.“ Die Art, wie er zusammenzuckte, als sie ihn ansah, die Intensität, mit der er ihren Blick erwiderte, verriet ihr, dass sie hier auf etwas gestoßen war, das sie nicht kannte, etwas, von dem sie nicht wusste, wie tief es ging – aber etwas, das sie interessierte. Sehr. „Ich...“ Er holte tief Luft, wie wenn er sich für das, was gleich kommen würde, stählen müsste, und schloss für einen Moment die Augen, bevor er sie wieder ansah. „Ich könnte dir nie wehtun, Katie. Und... und ich hatte eigentlich gedacht, dass du das auch weißt.“ Zuerst glaubte sie, sich über das Heulend des Windes, der in dieser Höhe um die Torstangen pfiff, verhört zu haben, doch schließlich sickerte die Gewissheit ein, und sie schluckte langsam. „Du... Marcus...?“ Er hatte die Frage in ihrer Stimme gehört und nickte langsam, fast schüchtern, während die ersten Flocken aus dem grauen Dezemberhimmel auf sie hinabsegelten und sich in ihren Haaren und ihrem Schal verfingen. „Ja...“ „Seit wann?“, fragte sie, leise, atemlos, und sah zu ihrem Erstaunen, wie sich seine Wangen rötlich färbten, was natürlich auch von der Kälte und dem Wind und ihrer kurzen Verfolgungsjagd herrühren konnte. „Ich weiß es nicht... schon lange.“ Für einen Moment starrte er hinaus in die Dunkelheit, zum Schloss hin, wo langsam die Lichter ausgingen und nur noch Finsternis zurückließen, doch dann wandte er sich wieder ihr zu, steuerte ihren Besen auf sie zu, bis er sie hätte berühren können, hätte er nur die Hand ausgestreckt. „Viel zu lange...“ Katie schluckte, als sie die Wehmut in seiner Stimme hörte, das Echo von langen Jahren, in denen sie sich nur getriezt, geneckt und gestritten hatten, ganz im Zeichen der alten Häuserrivalität, durch die sie sich damals kennengelernt hatten, anstatt wirklich miteinander zu reden... und vielleicht hätten sie das heute auch nicht getan, wäre ihre Fantasie nicht mit ihr durchgegangen. Der Schneefall hatte zugenommen, und mittlerweile bedeckten die weißen Flocken nicht nur ihre dunklen Haare und ihren alten Gryffindorschal, den sie sich um die Schultern geschlungen und vors Gesicht drapiert hatte, um die Kälte abzufallen, sondern türmten sich auch auf ihren Schultern und sammelten sich in den Falten ihres Winterumhangs. „Ich... lass uns nach drinnen gehen.“ Marcus nickte langsam und riss seine Augen von der einen Strähne los, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte und ihr nun ins Gesicht hing, bevor er seinen Besen langsam auf den Eingang der Umkleidekabinen zulenkte. Er hatte sich, als er zu ihr hinaufgeschossen war, um sie zur Rede zu stellen, nicht damit aufgehalten, die Tür hinter sich zu schließen, und so hatte der Wind die Wärme aus dem Raum gesogen und Schnee auf den gefliesten Boden geweht, und Katie fühlte die Kälte, als sie eintrat, und schlang ihre Arme um sich. „Ist dir kalt?“, fragte Marcus, nachdem sie ihre Besen im Schrank weggeschlossen hatten, und sie nickte langsam, fast schüchtern und ein wenig bange, was nun folgen würde, nachdem dieser erste Schritt getan war. „Würdest... würdest du dann vielleicht mit in mein Quartier kommen? Ich bin sicher, die Hauselfen könnten uns heißes Butterbier bringen, und...“ Sein Blick war ebenso zurückhaltend wie ihrer, seine Stimme zögerlich, was ihr ein Lächeln entlockte, das seine Zweifel zur Seite wischte. „Gerne... das würde ich wirklich sehr gerne. Und vielleicht... vielleicht können wir dann auch... reden?“ „Das können wir.“ Marcus nickte und schloss die Tür zum Quidditchstadion hinter ihnen ab, bevor er den Arm um sie schlang und sie den langen, verschneiten Weg zum Schloss hinaufführte. Kapitel 36: Katzenpfoten ------------------------ Pairing: Krummbein/Mrs Norris, gewünscht von Francis 36. Katzenpfoten Die Wege aus dem Gryffindor-Turm waren zahlreich, zumindest für diejenigen seiner Bewohner, die vier Beine hatten, und Krummbein hatte sie in seiner ersten Woche auf Hogwarts alle gefunden. Viele von ihnen waren allzu schlecht verborgen und so einfach zu finden, dass es ihn wunderte, dass sie den Zweibeinern, die doch für alle Arten von Schabernack zu haben waren, noch nicht aufgefallen waren – aber ein Zweibein hatte sie gefunden, auch wenn er im Moment in einer vierfüßigen Form durch die Hallen des Schlosses schlich. Warum er das tat, wusste Krummbein nicht... was er aber wusste, war, dass diese Ratte keine guten Absichten hatte. Seine Boshaftigkeit dünstete aus ihm aus, wie ein schlechter Geruch, den er nicht aus der feinen Nase fernhalten konnte, und es hätte nicht einmal seine kaum verhohlene Grausamkeit den anderen Tieren des Turms gegenüber gebraucht, um Krummbein zu seinem Feind zu machen. Dass der Hund, der große, schwarze Hund, den er so oft am Waldesrand getroffen hatte, dasselbe sagte und ihm den Auftrag gegeben hatte, auf ihn zu achten, überzeugte ihn nur noch mehr. Und heute Abend... nun, heute Abend war die Ratte aus dem Turm entwischt, mit Absichten, die nicht gut sein konnten, während seine Person ihn in den Mädchenschlafsaal gesperrt hatte, und nun, wo sie schlief, musste Krummbein ihn finden. Vorsichtig streckte er den Kopf aus der verborgenen Passage und sah den Gang entlang. Zwar gab es keine Ausgangssperre für die Tiere der Schüler, aber manche Lehrer, besonders Professor Snape, sahen streunende Katzen nicht gerne, und gerade heute musste er vorsichtig sein, wo so viel von seinem Erfolg abhing. Zum Glück war alles still, nur die spärlichen Fackeln, die noch für die Nacht brannten, erhellten den Flur, und Krummbein schlüpfte aus dem hinter einem langen Tischtuch verborgenen Durchgang und schnupperte. Bis hierhin hatte er Wurmschwanz' Spur verfolgen können, doch hier, zwischen all den Gerüchen der Schüler, die jeden Tag zum Unterricht gingen, versagte seine Nase, und die feinen Pfoten der Ratte hatten keine Eindrücke auf dem schweren, grauen Stein des Bodens hinterlassen. Für einen Moment hielt er inne, von Unsicherheit geplagt, dann begann Krummbein, zu überlegen. Was konnte die Ratte wollen? Er hatte doch alles im Turm, was er brauchte – Wärme, Futter, Wasser – und so hinterhältig die Ratte den anderen Tieren gegenüber auch war, im Grunde war er ein Feigling. Er würde keine unnötigen Risiken eingehen, und Krummbein alleine im Schloss zu begegnen, ohne Ron Weasley, der ihn beschützen konnte, so missgeleitet seine Zuneigung zu seiner Ratte auch war, war ein Risiko – ein großes sogar, denn Krummbein war ein Jäger, und er hatte seine Augen schon lange auf Wurmschwanz geworfen, seit dem Moment, als er ihn zum ersten Mal auf der Theke des Zooladens gesehen und seinen Geruch eingesogen hatte. Warum wagte er sich also nach draußen? Was war es, das er so dringend benötigte, dass er dafür sogar die Sicherheit des Turms verließ? Nur Krummbeins Schwanzspitze zuckte, während er die Flure entlangstarrte und überlegte, bis ihm schließlich ein Gedanke kam. Der Gang führte zum Lehrerzimmer – und seit dem Angriff auf den Gryffindor-Turm, nach dem die Fette Dame ersetzt worden war, war Wurmschwanz immer nervöser und ängstlicher geworden... er schien den Mann zu fürchten, der das Schloss attackiert hatte, und Information war etwas, das ihm zwischen den Schülern, die nur Gerüchte und Halbwahrheiten erzählen konnten, schmerzlich fehlte. Vielleicht hatte er sich auf den Weg gemacht, die Professoren zu belauschen, um etwas über die Bedrohung herauszufinden... Krummbein zögerte für einen Moment, dann traf er eine Entscheidung und huschte als oranger Schemen den Flur hinunter – außer seiner Theorie hatte er keine Anhaltspunkte, und das Lehrerzimmer war ein genausoguter Platz wie alle anderen, um seine Suche zu beginnen. Seine lautlosen Pfoten trugen ihn durch die Korridore, doch bevor er sein Ziel erreichen konnte, ließ ein Fauchen von einem der Tische ihn zusammenzucken. Krummbein fuhr herum, Fell aufgestellt und Krallen ausgefahren, und antwortete mit einem ebenso wilden Zischen, als Mrs Norris, die Katze des Hausmeisters, von ihrem Aussichtspunkt hüpfe und sich ihm in den Weg stellte. Von allen Tieren des Schlosses war sie wahrscheinlich das meistgehasste, nicht nur unter den Schülern, sondern auch unter ihresgleichen, und Krummbein hatte schon einige unfreundliche Begegnungen mit ihr hinter sich, eine davon gleich in den ersten Tagen nachdem er hierher gekommen war. Beide hatten sie gefaucht und gezischt und waren schließlich in einem Knäuel aus Pelz und Krallen und Zähnen den Flur hinuntergerollt, und nur die Tatsache, dass Filch nicht wusste, wer seiner teuren Katze den Kratzer auf dem Kopf zugefügt hatte, hatte Hermine vor einer Strafe bewahrt. Eigentlich wäre Krummbein nicht abgeneigt gewesen, Mrs Norris nun den zweiten Teil dieser schmerzhaften Lektion zu erteilen, aber jede Verzögerung würde seine ohnehin schon geringe Chance, Wurmschwanz noch zu finden, vollkommen zunichte machen. Lass mich vorbei, zischte er, doch die Katze musterte ihn nur aus unergründlichen Lampenaugen und fauchte erneut. Für einen Moment erwog Krummbein, sich einfach auf sie zu stürzen, aber jegliche Kampf wäre zu lang, um ihm noch zu gestatten, die Verfolgung aufzunehmen, und so sehr es ihm auch gegen den Strich ging, er musste Mrs Norris überzeugen, ihn vorbeizulassen, und das schnell. Lass mich vorbei, wiederholte er, doch die Katze warf ihm nur einen zutiefst misstrauischen Blick zu. Wieso sollte ich?, entgegnete sie, und das Bewusstsein ihrer herausgehobenen Stellung unter den Tieren des Schlosses klang in ihrer Stimme mit. Nicht einmal ihre Versteinerung im letzten Jahr, von der er durch die Erzählungen der anderen Tiere gehört hatte, hatte ihre Arroganz erschüttern können, und auch der Kampf, den sie gegen Krummbein verloren hatte, hatte nur eine Delle in ihr Selbstbewusstsein geschlagen. Weil ich vorbeimuss, entgegnete er, und zwang sich dazu, seine gebleckten Fangzähne wieder zu bedecken und die sprungbereite Anspannung aus seinem Körper zu treiben. Sie zu bedrohen würde ihm hier und heute keinen Vorteil verschaffen, nicht, wenn er mit ihr reden musste. Und warum sollte es mich kümmern, was du willst?, fragte sie, arrogante Geringschätzung in ihrer Stimme, und Krummbein unterdrückte den Drang, sie wütend anzufauchen. Im Gryffindor-Turm hatte er schnell den Respekt der anderen Tiere erworben, genauso wie damals im Kaufhaus... aber Mrs Norris erwies sich als überraschend resistent seiner Überlegenheit gegenüber, und intelligenter als seine anderen Widersacher. Tatsächlich vermutetete er, dass sie, genauso wie er, keine ganze Katze war... dass es etwas anderes in ihrem Blut gab, etwas, das sie stärker und schneller und klüger machte als die anderen Tiere, denen er normalerweise begegnete. Weil es auch dein Schloss ist, antwortete er auf ihre nur schwach verborgene Herausforderung, und seine Worte klangen schal auf seiner Zunge. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte das Schloss nur ihm gehört, und Mrs Norris hätte nicht einmal in ihren Träumen denken können, dass es auch ihr gehörte. Und weil es dich kümmert, wenn ein Feigling und Verräter unter uns ist. Sie kniff die Augen zusammen. Feigling? Verräter? Wovon sprichst du? Die Ratte, erklärte er leise, durch zusammengebissene Zähne. Die alte Ratte im Gryffindor-Turm. Seine Worte hatten ihr Interesse geweckt, er sah es an der Art, wie sich nun auch ihr Körper ein wenig entspannte, wie sie ihre bedrohliche Pose aufgab, während sie nachdachte, und Krummbein verbuchte einen Teilsieg für sich. Warum kenne ich sie nicht?, fragte Mrs Norris schließlich, und er konnte hören, wie ungehalten sie war, dass eines der Tiere des Schlosses ihrem aufmerksamen Blick entgangen war. Weil sie den Turm nicht verlässt... außer heute. Das Licht, das in Mrs Norris' Augen aufleuchtete, als er die Worte aussprach, kannte er nur zu gut, denn es war die Jagdlust, die auch ihn umtrieb, nur ohne den Hass, den er spürte, wenn er an Wurmschwanz dachte. Genau... eine einmalige Gelegenheit, und gemeinsam kann er uns nicht entkommen. Sein Enthusiasmus hatte ihn in die Falle laufen lassen, denn Mrs Norris spannte sich erneut an und starrte ihn an, Misstrauen in ihren Augen offensichtlich. Und was hast du davon? Ihr Gryffindors haltet doch zusammen... wieso willst du einen der euren jagen? Wir dulden keine Verräter, antwortete er, und mit wir meinte er eigentlich ich, denn er war der Älteste der Tiere des Gryffindor-Turms. Und wenn du dich mit ihm befasst hast, gehört er mir. Mrs Norris überlegte für einen Moment, und er konnte sehen, wie sie seine Bedingung kostete, bevor sie schließlich die Krallen, die sich in den flauschigen Teppich geschlagen hatte, zurückzog und ihren Posten in der Mitte des Korridors, direkt in seinem Weg, aufgab. Dann führe mich, Halbblut. Das Lehrerzimmer war leer bis auf die beiden Goldfische, die Professor Lockhart im letzten Jahr dort in ihrem Glas platziert und dann vergessen hatte, und Krummbein ließ seinen Blick über die leeren Tische und Stühle wandern. Was er zuerst für das Ende seines nächtlichen Ausflugs gehalten hatte, hatte sich als Glücksfall herausgestellt – ohne Mrs Norris hätte er niemals Zugang zu diesem Heiligtum der Professoren gefunden, das sie eifersüchtig gegen alle Mitbewohner im Schloss verteidigten. Trotzdem widerstand er der Versuchung, von seinem erhöhten Aussichtspunkt auf einem der Fensterbretter zu hüpfen und sich umzusehen – heute Abend hatte er eine andere Mission, und Mrs Norris hätte es sicherlich nicht gestattet. Er warf der anderen Katze noch einen Blick zu, der von kaum verhohlenem Misstrauen zeugte, und kroch wieder zurück in den Gang. Er ist nicht hier. Wo dann?, fragte sie, mit einem Blick, der zeigte, dass sie seine Abneigung mit Zinsen erwiderte, und Krummbein zwang sich, nachzudenken. Wenn ihm jetzt nichts einfiel, dann konnte der hässliche Kampf, dem er aus dem Weg gehen wollte, noch immer stattfinden, und um Zeit zu schinden, schob er sich auf das Loch unter dem Fensterbrett zu, das sie wieder in die Korridore des Schlosses zurückführen würde. Eine Bewegung auf dem Dach, das direkt unter dem Fenster lag, weckte seine Aufmerksamkeit, und er hüpfte nach oben, um einen genaueren Blick darauf werfen zu können, während seine Jagdinstinkte in ihm kribbelten. Vielleicht war es ein nachtaktiver Vogel, oder eine der zahlreichen Fledermäuse, die auf den Dachböden des Schlosses die Nacht... er erstarrte, und ihm entwich ein unwillkürliches Fauchen. Dort draußen, vor der Fensterscheibe, im scharfen Kontrast zum Schnee, der in den letzten Tagen gefallen war, und auf dem Weg zu einer der zahlreichen Regenrinnen,die ihn auf die Ländereien bringen würde, war – Wurmschwanz! Da!, zischte er und Mrs Norris wandte den Kopf, als sie die Aufregung in seiner Stimme hörte. Was?, fragte sie, hüpfte aber neben ihm hinauf und drückte ihren Kopf gegen die Glasscheibe, als sie das Ende des Rattenschwanzes in der Regenrinne verschwinden sah. Ich sehe ihn. Komm. So viele Tage und Wochen Krummbein auch damit verbracht hatte, das Schloss zu erkunden, seit er mit seiner Person hier eingezogen war, die nächsten Minuten zeigten ihm, wie unzureichend seine Bemühungen gewesen waren. Mrs Norris führte ihn durch Geheimgänge und Korridore, um Ecken und durch Nischen, die er noch nie gesehen hatte, mit der untrüglichen Sicherheit, die nur aus jahrelanger Erfahrung erwuchs, und er wunderte sich nicht mehr, wieso viele Schüler behaupteten, sie konnte aus dem Nichts auftauchen. Für die Uneingeweihten musste es tatsächlich so wirken, und er bemühte sich, sich die Abkürzungen und Routen zu merken, doch selbst ihm gelang es nicht, ihnen zu folgen. So schnell erreichten sie das andere Ende der Regenrinne, durch die Wurmschwanz verschwunden war, dass Krummbein fast der Kopf schwamm und die kleinen, feinen Spuren, die die Rattenpfoten im Schnee hinterlassen hatten, noch warm schienen. Auch der Geruch der Ratte haftete ihnen noch an, trotz des eisigen Windes, der nun, kurz vor Weihnachten, um das Schloss wehte, und nun übernahm Krummbein wieder die Führung. Durch Büsche und über das graue Gras, das nun unter dem Schnee verborgen war, führte er Mrs Norris, die ihm folgte, ihre Schritte seinen Spuren angepasst, weiter und weiter hinunter, die steile Böschung hinab, bis sie das Ufer des zugefrorenen Sees erreicht hatten. Tannen standen hier hoch und dicht, fast bis ans Wasser hinab, so dass ihre Wurzeln vom Eis umschlossen wurden, und die beiden Katzen duckten sich in den Schutz ihrer Äste, während sie sich gegen den Wind an die Ratte anschlossen, die auf einer kleinen Lichtung zwischen den Bäumen saß. Das spärliche Licht des Schlosses drang nicht durch die Nadeln, und Krummbein konnte nicht einmal die Umrisse der höchsten Türme sehen, bevor er sich wieder seiner Beute zuwandte. Wer zuerst?, fragte Mrs Norris, der Hunger in ihrer Stimme deutlich, und Krummbein bleckte die Fänge. Du, erlaubte er ihr großzügig, auch wenn er es nicht mochte, wenn jemand anderer mit seinem Fressen spielte, bevor er es verschlang, war das der Deal gewesen, den er mit der Katze hatte, und er wollte ihn nicht gefährden, nicht jetzt, wo er den Erfolg schon spüren konnte, den Geruch seiner Beute in der Nase hatte. Mrs Norris pirschte durch die trockenen Tannennadeln, die nur von einer dünnen Schneeschicht bedeckt waren, schlich sich an an die Ratte, die fast selbstvergessen unter den Zweigen saß und auf den See hinausstarrte, und das Schlagen der Wellen verschluckte jedes Geräusch, das sie vielleicht gemacht hätte. Näher und näher kam sie ihr, und Krummbein konnte ihre Aufregung spüren, während auch seine eigene Schwanzspitze zuckte in Erwartung, und schließlich spannte sich ihr sehniger Körper an und sie sprang – doch die Ratte war schneller. Sie quiekte und wich ihr aus, entging den Pfoten nur um Haaresbreite, und flitzte aufgeschreckt ins Unterholz, doch Krummbein nahm schon die Verfolgung auf, jagte ihr hinterher, nutzte den Vorteil seiner längeren Beine ruchlos aus, bis er in Sprungweite war und... Der letzte Satz trug ihn nach vorne, um sein Opfer zu packen, doch noch während er durch die Luft sauste, passierte etwas, was er nicht erwartet hatte – Wurmschwanz verwandelte sich, und mit einem Mal wusste Krummbein, woher der penetrante Geruch nach Mensch stammte, den er immer an der Ratte wahrgenommen hatte. Nicht von seiner Person, die ihn gegen ihn beschützte, sondern aus ihm selbst... denn die Ratte war in Wirklichkeit keine, sondern ein Animagus, ein Mensch, der sich unter ihnen verbarg, und mit einem Mal hatten sich die Kräfteverhältnisse in dieser Jagd gedreht. Nicht mehr Krummbein und Mrs Norris hatten die Überhand, sondern Wurmschwanz – Peter Pettigrew – denn so klein und schwach er auch war, zwei Katzen war er selbst ohne Zauberstab haushoch überlegen. Ein Schlag wehrte Krummbein ab, noch bevor er die Gelegenheit hatte, sich darüber klarzuwerden, dass er sich getäuscht hatte, dass nicht nur die Gier nach Information Pettigrew aus dem Turm getrieben hatte, sondern auch der Wunsch, in seine ursprüngliche Gestalt zurückzukehren. Ein Tritt für Mrs Norris folgte, und mit einem Fauchen zog sie sich in das dichte Unterholz des kleinen Waldes zurück, wohin Krummbein ihr folgte. So sehr er Wurmschwanz auch hasste, in dieser Form war er kein Gegner für ihn... aber seine Zeit würde kommen, später, im Gryffindorturm. Das würde sie. Auch in Mrs Norris' Lampenaugen sah er dieselbe Gier, denselben Hunger, während sie sich zum Schloss zurückzogen und Peter Pettigrews wütende Fluche hinter ihnen leiser wurden, und Krummbein beschloss für sich, dass diese Katze seinen Moment des Triumphs teilen würde – denn er wusste, wie Hass schmeckte, und nun hatten sie einen gemeinsamen Feind. Die Zeit wird kommen, zischte er, nachdem sie in die Eingangshalle zurückgekehrt waren, und Mrs Norris' Schwanz zuckte. Ja. Unsere Zeit. Kapitel 37: Was hätte sein können --------------------------------- A/N: Eigentlich hat Lanee sich ja eine Fortsetzung zu „Ein Kinderspiel“, einer anderen weihnachtlich angehauchten Fanfiction gewünscht, aber da das meine „Nur Canon“-Regel doch sehr stark verletzen würde, habe ich mich nun für diese Möglichkeit entschieden, die hoffentlich auch Anklang findet, auch wenn sie für echte HG/SS-Shipper natürlich etwas unbefriedigend ist. Pairing: Hermine Granger/Severus Snape, gewünscht von Lanee 37. Was hätte sein können Hermine Granger schloss die Tür des Turmbüros, das sie schon seit so vielen Jahren kannte und das nun ihres war, hinter sich, und seufzte tief. Wenn ihr irgendjemand – beispielsweise ihre Vorgängerin auf ihrem Posten, Minerva McGonagall – verraten hätte, wie viel bürokratisches Hickhack und Aktenschieben in ihrer Jobbeschreibung enthalten war, hätte sie niemals zugestimmt, die nächste Schulleiterin von Hogwarts zu werden... was wahrscheinlich auch der Grund war, warum Minerva es ihr nicht gesagt hatte. Aber so schmeichelhaft es auch war, dass ihre ehemalige Professorin sie um jeden Preis als ihre Nachfolgerin engagieren wollte, es machte die endlosen Abende auf Galadinners und Cocktailempfängen, auf denen sie Smalltalk mit ältlichen Mitgliedern des Wizengamots betreiben musste, kein Stück angenehmer. Hermine zog die Nadeln, mit denen sie ihre Locken in einem Dutt gebändigt hatte, heraus, und schüttelte den Kopf, erleichtert, das unterschwellige Gefühl der Anspannung loszuwerden, doch als sie ein Räuspern hörte, fuhr sie herum. „Was?“ Severus Snape starrte aus dunklen, unlesbaren Augen aus seinem Portrait auf sie hinunter, der einzige der Schulleiter, der nicht so tat, als ob er tief und fest schlafen würde, und schnaubte. „Vielleicht sollten Sie besser im Gedächtnis behalten, dass Sie nicht allein sind.“ Hermine rollte mit den Augen. „Wenn Sie ein besserer Schauspieler wären, müsste ich das nicht.“ Ihre Worte enthielten kaum Spitze, vor allem, wenn man bedachte, dass es ihm jahrelang gelungen war, den besten Legilimens des 20. Jahrhunderts zu täuschen, und er wusste es wohl. „Es mangelt mir nicht an Fähigkeit, Miss Granger – nur am Wunsch.“ Seine Stimme hatte den beißenden Unterton verloren, den sie noch vor wenigen Jahren, als sie ihren Posten angetreten hatte, hatte hören können, und er klang mehr amüsiert als wirklich gereizt, auch, als Hermine die unbequemen Schuhe, die zu ihrem Festumhang gehörten, abschüttelte und mit den Zehen wackelte. Sie lächelte. „Und was müsste ich tun, damit Sie das Bedürfnis entwickeln, senil auszusehen und falsch zu schnarchen?“ Auf der anderen Seite des Raumes fiel Armando Dippet aus dem Takt und zuckte zusammen, bevor er wieder in seinen ursprünglichen Rhythmus zurückkehrte, und Hermine unterdrückte ein Giggeln, während sie sich wieder Snape zuwandte. „Nun, wenn Sie die Hölle zufrieren lassen würden, wäre das vielleicht ein Anfang.“ Hermine schüttelte den Kopf, antwortete aber nicht, während sie den dicken Teppich überquerte und auf das Katzenkörbchen zutrat, das in der Nähe des Kamins stand, nahe genug, um von der Wärme zu profitieren, aber nicht nahe genug, um die Hitze unangenehm werden zu lassen. Ein Lächeln huschte über ihre Züge, als sie die kleinen Fellbündel darin betrachtete, und schläfrige grüne Augen öffneten sich, als die stolze Mutter Hermines Anwesenheit spürte und erwachte. Hermine streckte die Hand aus und streichelte über den Kopf der Katze, die Krummbeins rostrotes Fell und seinen buschigen Schweif geerbt hatte, während sie ein Seufzen unterdrückte. War es wirklich schon so lange her, dass sie ihn verloren hatte? Vierzehn Jahre... aber wenigstens waren ihr seine Kinder geblieben, und nun... seine Enkelkinder. Ginger maunzte leise und schmiegte sich in ihre Berührung, während Hermine die zweite Hand ausstreckte und vorsichtig über das flaumige Fell der Kätzchen streichelte, ohne sie zu wecken, bevor ein erneutes Räuspern sie sich umwenden ließ. „Ich nehme an, der Weihnachtsempfang des Zaubereiministers war so langweilig wie jedes Jahr?“ Hermine grinste, während sie sich von ihren Katzen abwandte und sich auf den Weg zu ihrem Schreibtisch machte, nicht, weil die Erinnerung an Percys halbstündige Ansprache so unterhaltsam gewesen wäre, sondern weil Snapes Reaktion sie amüsierte. Mit der möglichen Ausnahme von Albus und Phineas Nigellus hielt der ehemalige Zaubertränkeprofessor seine aus dem Amt geschiedenen Kollegen allesamt für unwürdig, seine Gesprächspartner zu sein, was ihn mit einem entschiedenen Mangel an Ablenkung zurückließ. Selbst jemand mit seiner Energie konnte nur so vielen Unruhestiftern damit drohen, seine Beobachtungen an ihre Hauslehrer weiterzuleiten, da er nun ja nicht mehr selbst Punkte abziehen konnte, und im Allgemeinen bevorzugte er es, die „idiotischen Kinder sich selbst zu überlassen“, wie er es formulierte. Das bedeutete, dass er den größten Teil seiner Zeit in ihrem Büro verbrachte, doch seine Gegenwart war nicht so anstrengend, wie sie das vielleicht vermutet hatte. Natürlich, er war immer noch sein bitteres, zynisches Selbst und jederzeit bereit, einen abschätzigen Kommentar über diejenigen zu machen, die er für intellektuell unterlegen hielt, aber er war in den letzten Jahren überraschend bereit gewesen, sein Wissen mit ihr zu teilen... und manchmal hatte sie sogar das Gefühl, dass er ihre Gegenwart schätzte. „Langweiliger“, entgegnete sie also in einem trockenen Tonfall, der ihre amüsierte Nachsicht nicht verbergen konnte, und blickte zu Snapes Portrait hinauf. „Percys Rede war drei Minuten länger als im letzten Jahr.“ „Wie irgendjemand diesen kleinen Haarspalter zum Minister wählen konnte, ist mir noch immer ein Rätsel.“ Hermine zuckte mit den Schultern. So sehr sie sich auch bemühte und so sehr sie sich auch wünschte, jedes Mitglied der Weasley-Familie zu mögen, an Percy scheiterte sie regelmäßig. Ja, er war ein talentierter Verwalter und Bürokrat, aber nach den fast dreißig Jahren, die Hermine in der Abteilung für magische Strafverfolgung gearbeitet hatte, waren das keine Eigenschaften, die sie übermäßig zu schätzen musste. Immerhin waren Bürokraten und Verwalter zwei der wichtigsten Gründe gewesen, wieso sie die Gelegenheit genutzt hatte, aus dem Ministerium zu entkommen und Minerva McGonagall nachzufolgen. „Mir auch“, seufzte sie und ließ sich in den fast sündhaft bequemen Stuhl fallen, den sie anstelle von Minervas spartanischem Büromöbel, dessen einziger Komfort ein schottengemustertes Kissen gewesen war, hatte hereinschaffen lassen. „Aber wenigstens macht er seinen Job gut, wenn man von seinen rhetorischen Fähigkeiten absieht.“ „Gut bedeutet in dem Fall, dass er Kingsleys ausgezeichnete Arbeit verwaltet und hofft, dass er nicht auf größere Probleme stößt. Merlin bewahre, wenn einer von Voldemorts Schergen meint, den Mantel wieder aufheben zu müssen und Percy noch immer Zaubereiminister ist.“ Fast war sie ein wenig stolz, dass er schließlich, nach Jahren, aufgehört hatte, seinen ehemaligen Meister den Dunklen Lord zu nennen, und sich auf ein einfaches Voldemort verständigt hatte, jetzt, wo die alte Furcht langsam begann, abzuebben. „Dafür gibt es doch noch immer die Kavallerie, nicht?“ Snape schüttelte den Kopf. „Wenn Sie damit auf Potter und Weasley anspielen, erhöhen Sie damit nicht unbedingt mein Vertrauen.“ Wo seine Worte sie früher verletzt hätten, warf sie ihm nun nur einen milde tadelnden Blick zu, den er wie üblich ignorierte, und begann abgelenkt, die zahlreichen Pergamentrollen auf ihrem Schreibtisch zu sortieren. Eigentlich gab es keinen Grund dafür, das genau jetzt zu tun... allerdings war sie, trotz ihrer Müdigkeit, zu aufgekratzt, um ins Bett zu gehen, was vielleicht auch an den beiden Gläsern Sekt, die sie getrunken hatte, liegen konnte. Und wenn sie wenigstens vorgab, sich zu beschäftigen, konnte sie das Gespräch mit Snape noch beenden – eines dieser Gespräche, die ihr, wie so viele vor ihr, vor Augen führten, was sie an jenem Tag in der Heulenden Hütte verloren hatte. Sie und die ganze Zaubererwelt. Wie so viele ihrer Mitschüler hatte sie Snape in ihren Jahren auf Hogwarts gehasst. Nicht, dass sie es gerne getan hätte oder nicht versucht hatte, ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, aber all ihre Verteidigungen seiner Person Ron und Harry gegenüber waren nicht ihrer Wertschätzung ihm gegenüber entsprungen. Nein, sie hatte versucht, ihr eigenes, schlechtes Gewissen zu beruhigen, indem sie versuchte, wenigstens ihre Freunde zur Vernunft zu bringen... denn ihr Stolz hatte es nicht gestattet, Snape zu verzeihen, dass er der einzige ihrer Lehrer gewesen war, der ihre Genialität nicht anerkannt hatte. Natürlich, Hermine hatte selbst damals, als Kind noch, gewusst, dass die Welt nicht um sie kreiste und dazu da war, um ihr Ego zu tätscheln, aber die Macht der Gewohnheit war doch stärker gewesen, als sie hatte zugeben wollen. In all den Jahren, bevor sie nach Hogwarts gekommen war, hatte sie nie wirkliche Freunde gehabt, und den Zuspruch durch Gleichaltrige durch das Lob ihrer Lehrer und ihrer Eltern ersetzen müssen... und Snape hatte ihr genau dieses Lob verweigert, hatte sie sogar in seiner Pauschalverurteilung aller seiner Schüler abgewertet und ihr dann nicht die Möglichkeit gegeben, sich ihm zu beweisen. Dafür hatte sie ihn gehasst – und sich dann durch seinen Mord an Dumbledore bestätigt gesehen... und selbst als Harry seinen Namen reingewaschen hatte, hatte Hermine das nicht von ihrer Abneigung ihm gegenüber abbringen können. Erst als sie ihren Posten als Schulleiterin von Hogwarts angenommen hatte, hatte seine konstante, manchmal nervtötende und besserwisserische Präsenz in ihrem Büro sie dazu gezwungen, ihr Bild von ihm zu überdenken... und nun bereute sie den Tag, an dem sie nicht mehr getan hatte, um sein Leben zu retten. Zutiefst. Sie schüttelte den Gedanken ab und zwang sich zurück in die Realität, wo ihre Hände ziellos über das Pergament huschten und die Rollen leise raschelten, bevor sie wieder zu Snape aufsah. Mittlerweile kannte sie sein Gesicht gut genug, um zu wissen, dass er ihre Abgelenktheit bemerkt hatte, und sie lächelte zu ihm hoch. „Minerva ist ja auch noch da...“ „Irgendwo, ja. Wenn wir Glück haben, erinnert sie sich sogar noch daran, wie England aussieht.“ Im Gegensatz zu ihren drei direkten Vorgängern hatte Minerva nicht die Absicht gehabt, im Amt zu sterben, und nachdem sie die abschreckende Aufgabe, Hogwarts nach dem Ende des Krieges wieder aufzubauen und zu einem Ort zu machen, an dem die Kinder sich zu Hause fühlen konnten, hatte sie den Stab an Hermine weitergegeben und sich in die Karibik zurückgezogen, da das wärmere Klima ihrer angeschlagenen Gesundheit guttat. Leider hatte sie dadurch auch kein Portrait im Büro der Schulleiterin zurückgelassen, eines, das Hermine vielleicht hätte helfen können, ihre Emotionen zu sortieren. Wenn sie an Snapes Tod dachte, daran, dass der Mann, den sie damals getroffen, aber niemals wirklich kennengelernt hatte, vielleicht noch am Leben sein könnte, spürte sie nicht nur Trauer... sondern auch bittersüßes Bedauern um das, was hätte sein können. Sie wusste, dass sie von seinen Erfahrungen hätte profitieren können, aber nicht nur das... vielleicht hätten sie auch Freunde werden können, sie und dieser abweisende, einsame Mann. Vielleicht. Vielleicht hätte er sie auch mit brüsken Worten abgewiesen, ihr gesagt, dass sie noch immer ein dummes Mädchen war, das keine Ahnung vom wahren Leben hatte – aber das war der Reiz ihrer Tagträume... sie würde es niemals erfahren, was hätte sein können, und würde auch nicht gezwungen werden, Entscheidungen zu treffen, die sie nicht treffen wollte, weil sie den komplizierten Knoten in ihrem Inneren noch nicht entwirrt hatte. Alles, was sie wusste, war, dass der Gedanke, eine Ewigkeit mit Severus Snape zu verbringen, sobald ihr eigenes Portrait in diesen heiligen Hallen angebracht wurde, nicht mehr so qualvoll war wie zu Beginn ihrer Amtszeit. Sie lächelte. „Selbst wenn Minerva nicht zurückkommt... neben Harry und Ron sind ja auch noch wir hier.“ Für einen Moment stutzte Snape, schien das wir in ihren Worten vorsichtig, fast misstrauisch von allen Seiten zu begutachten, bis er sich sicher war, dass es tatsächlich meinte, was er dachte, und dann nickte er langsam. A/N: Die Weihnachtszeit ist nun, nach dem Dreikönigstag endgültig vorbei, und das bedeutet auch, dass Harry Christmas Everyone für ein Jahr zu Ende geht. Bedanken möchte ich mich für eure Unterstützung, die vielen positiven Reviews und die Klicks, die Harry Christmas Everyone zu einer meiner beliebtesten Stories gemacht haben, und ich hoffe, dass ich möglichst viele von euch im nächsten Jahr wiedersehe (immerhin müssen einige von euch leider noch auf ihre Wünsche warten). Falls ihr allerdings noch nicht genug von mir und meinem Schreibstil habt, in der nächsten Woche geht Nebel über Hogwarts, meine Marauder-Fanfiction, endlich weiter, und vielleicht findet ja der eine oder andere den Weg. Jetzt bleibt mir nur noch, euch Glück und Erfolg für das Jahr 2014 zu wünschen, und zu sagen: „Bis November dann!“ Kapitel 38: Ein unwahrscheinlicher Verbündeter ---------------------------------------------- Weihnachten ist schon vorbei, aber auch nach einem stressigen Jahr 2014 (und vor allem einem stressigen Advent und Weihnachten 2014) wollte ich euch nicht ganz ohne weihnachtliche Kurzgeschichte ins neue Jahr starten lassen. Hier sind also Ginny und Blaise, und ich wünsche euch nachträglich frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr 2015! Pairing: Ginny Weasley/Blaise Zabini, gewünscht von Nicole 38. Ein unwahrscheinlicher Verbündeter Ginevra Molly Weasley hätte gerne mit einer Kraft und Ausdauer geflucht, die ihre Mutter erschreckt hätte, wäre sie nicht zu sehr damit beschäftigt gewesen, zu rennen und den Schildzauber aufrechtzuerhalten, der ihren Rücken deckte. Nicht, dass Ginny es nicht gewohnt gewesen wäre, vor den Carrows und ihren Slytherin-Schergen zu flüchten – mit wechselndem Erfolg – aber am Abend von Slughorns Weihnachtsfeier hatte sie gedacht, dass alle damit zu beschäftigt gewesen wären, dem alten Narren Honig um den Bart zu schmieren. Ihre Karikatur an den Kerkerwänden, die Amycus und Alecto bei Dingen zeigte, die Rons Ohren hätten rot werden lassen, war deswegen besonders detailliert ausgefallen, und der Klebezauber, der das Bild mit dem Stein verschmelzen ließ, hätte Mrs Black stolz gemacht. Aber dann, gerade als sie sich schon auf den Weg zurück in den Gryffindorturm hatte machen wollen, waren Alecto und ein paar ihrer Idioten aufgetaucht... und deswegen rannte Ginny nun wie wild durch die Kerkerkorridore und blockte Flüche ab, unter denen sie deutlich einige Unverzeihliche erkennen konnte. Scheiße Scheiße Scheiße! Ginny schlitterte auf dem glatten Korridorboden um die nächste Ecke und versuchte, in vollem Lauf ein wenig zu Atem zu kommen, während sie entschlossen nicht daran dachte, was mit ihr passieren würde, wenn sie zu langsam wäre. In den letzten Monaten, seit die Todesser die Schule übernommen hatten, hatte sie zu oft Bekanntschaft mit dem Cruciatus-Fluch gemacht, um zu glauben, dass die Erfahrung nicht... Scheiße! Ginny war um die nächste Ecke gebogen – und wäre fast gegen eine Wand geprallt, so beschäftigt war sie damit gewesen, ihren Rückzug nach hinten abzusichern. Eine Wand, die in der letzten Woche, als sie die Kerker für diesen kleinen Sabotageakt ausgekundschaftet hatte, definitiv noch nicht da gewesen war. Ginny verschwendete einen wertvollen Moment ihrer Zeit damit, die Ungerechtigkeit des Lebens und des Universums zu verfluchen und ihre unangebrachte Panik niederzuringen. Sie werden dich schon nicht töten, Mädchen! Aber ihre Gewissheit schwand mit jedem Moment, mit dem die Stimmen ihrer Verfolger näher und näher kamen, und noch bevor sie ihren Zauberstab gehoben und in Verteidigungsposition gebracht hatte, prallte einer der ungezielten Schockzauber von den Kerkerwänden ab, schoss um die Ecke, und durchbrach ihren Schild. Scheiße! Ihr eigener Fluch verriet Ginny, dass sie nicht bewusstlos war, was sie gelinde gesagt überraschte – wahrscheinlich hatte ihr geschwächter Protego den Fluch abgemildert. Aber das änderte nichts daran, dass sie auf dem kalten Kerkerboden lag und nichts bewegen konnte außer ihre Augen... die perfekte Beute für feige Slytherins, die selbst aus ihrer jetzigen Position der Überlegenheit heraus nur im Rudel jagten. Die Schritte auf dem Steinboden kamen näher, genauso wie die Stimmen, verstärkt und verzerrt durch das Echo der langen, leeren Korridore, und dann trat Blaise Zabini um die Ecke. Ausgerechnet Zabini, das arrogante Arschloch, mit diesem Gesichtsausdruck, den sie ihm schon seit ihrer gemeinsamen Zeit im Slug-Club wegfluchen wollte. Dauerhaft. Aber warum... warum war er alleine? Warum folgten ihm nicht die Scharen an dummen Speichelleckern, die die Carrows so gerne um sich scharten? Und warum... Ihr Atem hielt an, als er auf sie zutrat und sein Zauberstab ihren Scheitel berührte, doch bevor sie Zeit für mehr als einen trotzigen Blick hatte, spürte sie, wie das merkwürdige Prickeln des Desillusionierungszaubers über sie hinwegtropfte. Aber wieso... „Hier ist niemand!“, brüllte Zabini, bevor er seinen Zauberstab einsteckte und zu seinen Kompagnons zurückkehrte, die nun ebenfalls um die Ecke gebogen waren und mit großen Augen in den Korridor starrten. „Aber ich habe genau gesehen...“, begann eine Fünftklässlerin – aus Ravenclaw, nicht aus Slytherin, wie Ginny angewidert feststellte – und Zabini warf ihr einen Blick zu, der die Farbe von den Wänden hätte beizen können. „Dann solltest du deine Augen untersuchen lassen. Dringend.“ Das Mädchen schien weder den Willen noch die Entschlossenheit zu haben, Zabini zu widersprechen, und zuckte nur mit den Schultern, bevor sie sich abwandte. Und dann verschwanden die Stimmen der kleinen Gruppe genauso wie ihre Schritte, während die Slytherins sich durch die langen, kalten Korridore der Kerker von ihr entfernten und Ginny bewegungslos auf dem Boden zurückblieb. Bewegungslos – und fürchterlich verwirrt. Zabini war doch ein Slytherin wie alle anderen, Freund von Draco Malfoy, Reinblüter und Muggelgeborenen-Verachter... einer von denen, die über die neue Herrschaft an der Schule doch jubeln mussten! Über die ausgedünnten Schülerzahlen, über das Fehlen derjenigen, die es nicht wert waren, die magischen Künste zu erlernen... und über die Art, wie alle bestraft wurden, die sich nicht dem strengen Regiment Snapes und der Carrows unterwarfen. Wieso hatte er ihr dann geholfen? Sie vor den anderen Schülern und ihren Lehrern gerettet? War er scharf auf eine private Foltersession? Der Gedanke drehte Ginny den Magen um, aber die letzten vier Monate auf Hogwarts hatten sie gelehrt, dass es im Moment keine Grausamkeit gab, die der Schulleiter und die Carrows nicht erlauben würden... und im Grunde waren doch alle Slytherins gleich. Also musste sie hier weg... und zwar schnell. Aber auch wenn der Schocker, der sie getroffen hatte, nicht stark genug gewesen war, um sie in die Bewusstlosigkeit zu schicken, er reichte immer noch aus, um sie bewegungsunfähig zu machen, und keiner ihrer angestrengten Versuche, die Kontrolle über ihren Körper wiederzuerlangen, brachte ein Ergebnis. Ihr Zauberstabarm blieb ebenso unbeweglich wie ihre anderen Muskeln, und so blieb ihr nichts, als in den frostigen Kerkern zu liegen und zu frieren, während sich die Kälte aus dem Stein unter ihr in ihre Knochen fraß. Vielleicht hat Zabini ja genau das beabsichtigt? Dass ich hier erfriere und mein Tod als ein tragischer Unfall abgetan wird... Ginny war in den letzten Monaten – nein, in den letzten Jahren, seit Voldemorts Rückkehr schon – zu einer härteren, wütenderen jungen Frau geworden, aber dieser Gedanke, der Gedanke an ihre Eltern und Brüder, trieb selbst ihr die Tränen in die Augen... Tränen, die sie nicht weinte, weil sie nicht konnte, und... Schritte in der Ferne ließen sie angespannt aufhorchen, und sie versuchte, ihren Kopf zu drehen, um einen bessern Blick auf die Biegung des Korridors zu erhaschen – vergeblich. Ihre Muskeln waren noch immer genauso steif und unbeweglich wie vor einer Stunde – oder waren es zwei gewesen? – als Zabini sie erwischt hatte. Ein schwarzer Schatten, wahrscheinlich ein Hogwartsumhang, trat in ihr Gesichtsfeld, und sie verdrehte die Augen, um zu sehen, wer es war... und biss die Zähne zusammen. Zabini. Also doch eine private Foltersession. Sein Zauberstab berührte ihre Haare, und sie spürte, wie der Desillusionierungszauber mit einem unangenehmen Prickeln aufgehoben wurde, aber zu ihrer Überraschung starrte Zabini nicht mit dem arroganten Gesichtsausdruck auf sie hinunter, an den sie sich niemals würde gewöhnen können, sondern mit etwas, das sie fast an... Besorgnis erinnerte? „Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, aber die Carrows waren heute Abend besonders schlecht gelaunt.“ Eine kurze Bewegung seines Zauberstabs, und Ginny spürte überrascht, wie die Kontrolle in ihre Glieder zurückkehrte, auch wenn ihre Muskeln so weh taten, dass sie fast gehofft hatte, er hätte den Zauber nicht aufgehoben. „Dein Bild hat ihnen gar nicht gefallen.“ „Geschieht ihnen recht“, murmelte Ginny undeutlich, während ihre Zähne plötzlich aufeinanderklapperten und sie verzweifelt versuchte, sich in eine sitzende Position aufzurichten. Ganz große Scheiße! Blaise packte ihre Schultern und zog sie nach oben, und seine Berührung war deutlich sanfter, als sie es erwartet hatte. „Du bist ja eiskalt!“ Sein schneller Wärmezauber half ein wenig, die Kälte zu vertreiben, aber die Hitze bahnte sich nur langsam ihren Weg unter ihre ausgekühlte Haut und sie schlang ihre Arme um sich. „Tut mir leid... ich hätte daran denken sollen, was passiert, wenn du hier auf den Steinen...“ Ginnys wegwerfende Geste fiel fahriger aus, als ihr Recht war, und sie klammerte ihre Finger um ihren Zauberstab in der Hoffnung, ihn nicht zu verlieren. „Lieber Kälte als Cruciatus.“ Blaise nickte langsam, auch ihm schien erst jetzt zu Bewusstsein zu kommen, wie merkwürdig die Situation war – immerhin hielt er sie fast im Arm, um zu verhindern, dass Ginny wieder umkippte – und sein plötzlich unbehaglicher Gesichtsausdruck brachte Ginny zum Grinsen. Wenn die Gerüchte stimmten, dann war sie nicht die erste junge Frau, die Blaise in den Armen hielt! Sein Gedankengang schien ihrem zu folgen, denn er zog sie vorsichtig in eine stehende Position hoch, und nun war es an ihr, sich an ihn zu klammern, weil ihre Beine ihr nicht gehorchen wollten. „Trotzdem müssen wir hier weg.“ Ginny nickte langsam, auch wenn der Abend bereits in die Nacht übergegangen war, bedeutete das nicht, dass auf Hogwarts keine Patrouillen unterwegs waren, und was passieren würde, wenn sie hier gefunden wurden... sie wollte es sich nicht einmal ausmalen. Aber wohin sollten sie gehen? Der Gryffindor-Gemeinschaftsraum wurde mittlerweile fast jede Nacht bewacht, da die Carrows automatisch Ginny und ihre Hausgenossen im Verdacht hatten, wenn im Schloss etwas passierte, das ihnen nicht passte, und andere Verstecke... sie konnte Blaise ja schlecht in den Raum der Wünsche führen! Zwar wussten die Slytherins bereits seit dem vorläufigen Ende der DA in Ginnys viertem Schuljahr davon, aber im Moment war der Raum dauerhaft durch ein Versteck blockiert. Und wenn sie Blaise dort hineinließ, dann konnte er auch in anderen, inopportunen Momenten wieder auftauchen. „Irgendwelche genialen Ideen?“ Blaise rollte mit den Augen. „Genial würde ich nicht sagen, aber zumindest wärmer als hier. Kannst du laufen?“ Ginny war sich nicht wirklich sicher, nickte aber trotzdem tapfer, und machte einen ersten, stolpernden Schritt nach vorne und dann noch einen, während sie versuchte, sich einzureden, dass sie nicht halb so schwach war, wie sie sich fühlte. Die Art, wie sie sich auf Blaise' Schultern abstützen musste, um ihre schmerzenden Beine überhaupt zur Kooperation überreden zu können, belehrte sie allerdings eines besseren, und sie unterdrückte einen Fluch. Wo auch immer Blaise sie hinführte, sie hoffte, dass der Weg kurz wäre, denn ihr tat alles weh... wirklich alles... „Hier entlang.“ Seine leisen Worte und sein Arm dirigierten sie durch einen schmalen Durchgang zwischen den kalten Steinen der Kerkerwände, von dem Ginny geschworen hätte, dass er drei Sekunden zuvor noch nicht da gewesen war, und sie seufzte innerlich. Gott, war das kalt... und war sie dankbar für seine Arme. Er half ihr nicht nur, zu stehen, und zu gehen, die Wärme, die von ihm ausging, war auch von ganz anderer Qualität als die des Zaubers, den er auf sie gelegt hatte. Menschliche Wärme... auch wenn sie vor ein paar Stunden noch gezögert hätte, den Begriff auf einen Slytherin anzuwenden. Ein weiterer Durchgang, noch schmaler und versteckter als der vorherige, und Ginny blieb vor Überraschung stehen. Sie war in eine Wand aus Teppichen gelaufen! Teppiche, in Rollen auf den Boden gelegt, oder aufrecht an die Wände gelehnt, Teppiche, die kleine Hügel und Täler bildeten... Teppiche, Teppiche, Teppiche! Mit fragendem Blick wandte sie sich Blaise zu, der sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte, ein Grinsen, das sie überraschend an einen kleinen Jungen erinnerte. „Was ist das?“ „Argus Filchs Teppichlager“, erklärte er, so als ob er gerade das größte Geheimnis des Universums entschlüsselt hätte, und Ginny runzelte die Stirn – was Blaise erwiderte, als er bemerkte, dass sie seine Begeisterung offensichtlich nicht teilte. „Ich hab es gefunden, als ich in meinem vierten Jahr war... ich wusste nicht, dass es so etwas überhaupt gibt, und... ach, egal, immerhin ist es besser als der kalte Flur, und wärmer noch dazu.“ Seine Stimme hatte einen fast defensiven Klang angenommen, als er sprach, so als ob ihre Meinung ihm tatsächlich etwas bedeuten würde, und Ginny spürte, wie sich ihre eingefrorenen Gesichtsmuskeln tatsächlich zu einem Lächeln verzogen. „Danke. Das ist besser als alles, das ich von selbst hätte finden können.“ Er nickte fast erleichtert und führte sie durch das Labyrinth aus Teppichen – vor allem in den Farben der vier Häusern – hindurch, bis sie eine kleine Höhle erreichten, gebaut aus Exemplaren, die noch nicht so verstaubt und mottenzerfressen waren wie die anderen, und Blaise half ihr, sich auf einem Teppichstapel hinzulegen. Eigentlich hatte sie vorgehabt, in den Raum der Wünsche zu verschwinden, sobald er sie alleine ließ, aber ihr tat alles weh und sie war sich nicht sicher, ob sie den Weg über die vielen Treppen nach oben schaffen würde... und hier war es tatsächlich überraschend warm. Blaise ließ sich neben ihr auf den Teppich fallen und zückte seinen Zauberstab, was Ginny zusammenzucken ließ – eine Reaktion weniger aus Misstrauen ihm gegenüber, sondern ein Reflex, den sie in den Monaten des Kampfes entwickelt hatte und wahrscheinlich nie wieder ablegen würde. Und trotzdem huschte ein Schatten von Verletzung über sein Gesicht, als er es bemerkte. „Ich will dir nicht wehtun...“ „Ich weiß“, antwortete sie schnell, und sie wusste es tatsächlich, aber das bedeutete nicht, dass sie es sich leisten konnte, in ihrer Wachsamkeit nachzulassen. Doch Blaise warf ihr nur einen zweifelnden Blick zu, während er einen Hemdknopf aus seiner Umhangtasche zog und ihn in eine Bettdecke verwandelte, die Professor McGonagall stolz gemacht hätte. „Hier.“ Er breitete sie über Ginny, und sie rechnete damit, dass er jetzt verschwinden würde, aber zu ihrer Überraschung machte er keine Anstalten dazu, sondern versuchte, es sich auf den Teppichen neben ihr bequem zu machen, und sie hob eine Braue. „Was machst du?“ Irritiert wandte er sich ihr wieder zu. „Ich versuche zu schlafen. Oder hast du vor, die ganze Nacht wach zu bleiben und an die Decke zu starren?“ Ihr eingefrorener Kopf brauchte viel zu lange, um seine Worte zu verarbeiten. „Willst du etwa hier bleiben?“ Seine Antwort war ein indigniertes Schnauben. „Natürlich will ich hier bleiben! Ich kann dich doch nicht alleine lassen! Du wurdest von einem Schocker getroffen – einem abgeschwächten Schocker, aber immerhin einem Schocker – und dann auf dem Kerkerboden liegengelassen. Untertemperatur und die Nachwirkungen des Stupor sind keine gute Kombination. Du könntest immer noch ohnmächtig werden, oder Fieber bekommen...“ Seine wütende Tirade brach erst ab, als er bemerkte, dass er aus der üblichen Rolle des kühlen, distanzierten Slytherins gefallen war, und Ginny blinzelte wie eine Eule bei Tageslicht, als sie begriff, dass er ernst meinte, was er sagte. Aber dass bedeutete nicht, dass sie wusste, was sie darauf sagen sollte, und so starrte sie ihn nur an, während sein erwartungsvoller Gesichtsausdruck langsam in Neutralität verschwamm und er sich schließlich von ihr abwandte. „Dann verwandel dir wenigstens noch eine Decke“, sagte sie schließlich leise, und er zuckte mit den Schultern. „Die Knöpfe sind aus.“ Der fast verletzte Ton seiner Stimme ließ sie irritiert zurück, und sie hob die Kante ihrer Bettdecke – ihrer mollig warmen Bettdecke, dafür hatte der Wärmezauber gesorgt – eine stumme Einladung, die er zögerlich befolgte und zumindest seine Beine darunter steckte. Trotz der Kälte, die in den Kerkern herrschte, spürte sie die Wärme, die von ihm ausging, und sie unterdrückte den Impuls, sich an ihn zu kuscheln, während sie sich die Teppichrolle zurechtschob, die ihr als Kopfkissen dienen sollte. Aber an Schlaf war nicht zu denken... zwar war die Kälte zurückgewichen, aber ihre Gedanken rasten, kehrten immer wieder zu dem jungen Mann neben ihr zurück, der, genauso wie sie, jedes Mal die Augen schloss, wenn sich ihr Blick auf ihn richtete in einem kläglichen Versuch, Müdigkeit vorzutäuschen. „Wieso tust du das?“, fragte sie schließlich, und sie beide schienen erleichtert, dass sie das Schweigen gebrochen hatte und sie ihre Scharade nicht weiterspielen mussten. „Wieso tue ich was?“ Sie schluckte. „Mir helfen. Du bist ein Slytherin.“ Er verzog bitter das Gesicht. „Und das bedeutet, wir sind alle folternde Sadisten?“ Ihr Blick musste ihre Zweifel ausgedrückt haben, denn er kniff die Lippen zusammen, so als ob er einen ekligen Geschmack im Mund hätte. „Egal, was ich über Reinblüter und Muggelgeborene und Blutsverräter denke... niemand hat es verdient, so behandelt zu werden. Niemand, Ginny. Niemand.“ Die finstere Entschlossenheit in seinen Augen hätte ihr fast Angst gemacht, wenn sie nicht gewusst hätte, dass sie nicht gegen sie gerichtet war, doch schließlich schloss er die Augen und schien einen mentalen Schritt zurückzutreten von seinen Dämonen. „Und außerdem...“ Seine Finger bewegten sich fast hilflos auf der Bettdecke, während er sie anstarrte, schienen nicht sicher zu sein, was sie tun sollten, und Ginny sah in sein gequältes Gesicht. „Und außerdem?“, fragte sie sanft, und er schluckte, bevor er schließlich fast verzweifelt den Kopf schüttelte. „Nichts außerdem.“ Er wandte sich ab und sie starrte auf seinen breiten Rücken, bevor sie sich umwandte und versuchte, so zu tun, als ob sie schlief, genauso wie er. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)