Lovers Love. von Gmork (Auf dieser Bühne gibt es nur uns.) ================================================================================ Kapitel 2: Umzugshilfe~ ----------------------- Meine Laune war im Keller. Ich fragte mich, warum ich eigentlich so früh aufstehen musste, da der Umzugswagen um zehn Uhr noch immer nicht eingetroffen war. Als er schließlich dreizehn Uhr eintrudelte, war der letzte Rest meiner Lust komplett verflogen. Also nicht, dass ich jemals Lust darauf gehabt hätte. Trotzdem gab ich mich freundlich. Die neuen Nachbarn stiegen aus und meine Eltern verließen zusammen mit mir die Wohnung. Ich stellte mich mit einem aufgesetzten Lächeln vor und schüttelte jeden die Hand. Aber irgendjemand schien zu fehlen. Genau- Mum hatte doch erzählt, dass sie einen Sohn hatten. Doch der war nirgens zu sehen. Als ich danach fragte, lächelte die neue Nachbarin traurig. "Shin ist ziemlich unglücklich darüber, dass wir wegziehen. Er wird nachher zu uns stoßen und uns helfen. Er muss sich erst einmal an die neue Umgebung gewöhnen." Ich glaubte, ich konnte eine Spur Schadenfreude in ihren Lächeln sehen, was mir schon etwas zu denken gab. Sie schien sich über das Leiden ihres Sohnes zu freuen. Innerlich zuckte ich mit den Schultern. Was solls, mich gings ja eh nichts an, dachte ich mir. Die Erwachsenen redeten noch ein paar Minuten, während ich gelangweilt daneben stand und ungeduldig mit dem Fuß wippte. Hallo? Wollten wir nicht ausräumen? Die ganze Scheiße kotzte mich echt an. Schließlich, nach Stunden wie mir schien, fingen wir an. Ich bekam natürlich gleich die größten und schwersten Kisten in die Hände gedrückt, die ich in den ersten Stock schaffen sollte, die Tür war angeblich offen. Die neuen würden direkt gegenüber von uns einziehen. Die Tür war tatsächlich nur angelehnt. Ich stieß sie mit dem Fuß auf und betrat einen unrenovierten Raum. Die Wände waren ungestrichen und verkalkt, es roch seltsam, ungefähr wie in einem Keller. Außerdem war es brechend kalt. Ich zitterte leicht, als ich unter schnaufen und stöhnen die Kisten abstellte. Kaum war dies getan, musste ich meinen Vater Platz machen, der mit den anderen Nachbar dabei war, die schwere Couch ins Zimmer zu hiefen. Ich fragte mich, warum sie schon das Kleinkramzeugs und die Möbel hereinholten, wenn die Wände noch nicht einmal gestrichen waren, geschweige denn Laminat oder Teppich verlegt war. Naja, mir konnte es egal sein. Weiter ging es. Wieder Kisten schleppen. Wieder verdammt schwere und wieder in den ersten Stock. Ich hatte keine Ahnung, wie lange das noch so ging. Andere Möbel wurden reingebracht, Schränke aufgebaut und in manchen Räumen begannen irgendwelche Maler die Wände zu streichen. Ziemlich durcheinander, fand ich. Warum haben die denn nicht zuerst die verdammten Wände gestrichen? Irgendwie regte mich das total auf. Was solls. Einfach weiter tun, was die Anderen sagen, umso schneller werde ich erlöst, dachte ich mir. Als wir endlich fertig waren, war es neunzehn Uhr abends. Ich hatte nichts gegessen und somit einen Bärenhunger, den anderen ging es genauso. Nur einer war noch immer nicht aufgetaucht- dieser komische Shin. Ich fragte mich, warum ich mir da so einen Kopf machte. Der würde schon auftauchen, wenn er wollte. Zum Abendbrot gab es Kartoffelsalat. Mochte ich nicht. Mum hatte echt keine Ahnung. Aber immerhin was zu essen. Die Erwachsenen blieben noch eine Weile sitzen, doch ich wollte einfach nur raus aus dieser stickigen Miefbude. Ich setzte meine Kopfhörer auf, drehte die Musik laut und verließ mit gesenkten Blick die Wohnung. Ich konzentrierte mich so stark auf den Beat und den Text, dass ich im Flur prompt mit jemanden zusammenstieß. Ich stolperte zurück, -dabei flogen erneut die Kopfhörer raus- und hörte ein Scheppern. Klang so, als würde was aus Plastik zu Bruch gehen. Keine zwei Sekunden später erftönte ein angenervtes Stöhnen, gefolgt von einer leicht wütenden, aber dennoch sanften Stimme. "Ouh man, kennst du das Wort 'Vorsicht'?" Jemand bückte sich, um, wie ich jetzt sah, eine eingepackte CD aufzuheben. Ich hatte Glück- das Plastik der Hülle war nur ganz leicht eingerissen. Aber peinlich war es trotzdem. Ich traute mich endlich, meinen Gegenüber anzuschauen. Huiii- der war aber nun wirklich scharf. Ich verfluchte mich, dass ich so dachte, immerhin war ich ein Junge und er auch, aber.. ich konnte nicht anders. Oh Gott, ich glaubte, meine Mum würde austicken, wenn sie den sieht. Eigentlich genauso angezogen we ich. Nur viel extremer. Zerfetzte Klamotten, die schwarze Röhrenjeans hatte Löcher an beiden Knien, er trug einen Hoody mit schwarzweißen Schachbrettmuster- so einen, wie ich ihn mir schon immer gewünscht hatte! Die Haare waren gestylt, so wie meine- doch viel übertriebener und krasser. Hinten hochtoupiert, vorne etwas länger, pechschwarz und gestuft. Seine Augen waren stark mit schwarzen Kajal und Lidschatten betont und an der rechten Seite seiner Unterlippe baumelte lässig ein Piercing. Für einen Moment war ich so überrumpelt, dass mir fast die Spucke wegblieb. "Hm, was starrst du so? Hab ich was im Gesicht?" Er kratzte sich am Hinterkopf und strich mir den Fingern über das Cover der CD. Ich warf einen flüchtigen Blick darauf. Alesana. Guten Musikgeschmack hatte er auch noch! "Ähm, nein hast du nicht, außer Metall." Er lachte über meinen Scherz nicht, sondern hob nur eine Braue, erwartungsvoll ob noch etwas von mir kam oder nicht. "Ja, noch was. Sorry deswegen." Ich deutete auf die CD. "War zu sehr mit meiner eigenen Musik beschäftigt." Der Andere steckte die CD in die Innentasche seiner Jacke. "Hm, hab ich bemerkt. Und du bist?" "Kai. Du musst Shin sein, richtig?" Ich reichte ihn die Hand er nahm sie lustlos und schüttelte sie. Mir gefiel seine lässige Art. "Shin, richtig." Er sah sich im Flur um. "Ganz schön beschissene Gegend, hier. Hab überhaupt keinen Bock auf Umziehen, aber nun ist es schließlich doch passiert. Was solls. Ich wollte sowieso bald von meinen Eltern weg." Er ging zu seiner Wohnungstür und legte seine Hand auf die Klinke, drehte sich aber noch einmal um. "Vielleicht sieht man sich mal, Partner." Dann betrat er die Wohnung. Ich blieb noch ein paar Minuten draußen stehen und berührte meine Wangen. Sie waren heiß. Ich war rot im Gesicht. Erstmal raus aus dem Haus. Ein bisschen frische Luft würde mir jetzt bestimmt gut tun. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)