Requiem der Träume von Alaiya (DaiKen ~ Takari ~ Mimako) ================================================================================ Kapitel 1: Veränderungen ------------------------ Kapitel 01: Veränderungen Es war nicht einmal acht Uhr am Morgen, als Hikari erwachte oder vielmehr aus dem Schlaf hochschreckte. Sie brauchte etwas Zeit, ehe sie ihre Umgebung eingeordnet hatte und ihr klar wurde, dass sie nur geträumt hatte. Dabei wusste sie nicht einmal wirklich was. Es war vielmehr das plötzliche Gefühl der Panik gewesen, das von ihr Besitz ergriffen hatte. Aber wieso? Sie seufzte und richtete sich nun ganz auf, wobei Takerus Arm von ihrer Schulter rutschte, ehe er ihn – tief schlafend wie immer – an den Körper zog und irgendwas vor sich hin murmelte. Dann beruhigte sich sein Atem wieder und er schlief friedlich weiter. Noch während Hikari den Jungen sanft lächelnd beobachtete, begann auch ihr Digimon sich zu regen und hob ein Ohr an, bevor es verschlafen zu ihr hinauf blinzelte. „Was hast du, Hikari?“, fragte es leise. „Nichts.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann... nicht mehr schlafen“, log sie dann, um Tailmon zu beruhigen. „Schlaf weiter.“ „Hmm...“ Das Digimon musterte sie noch einige Sekunden, ehe es den Kopf wieder auf die Pfoten legte und weiterschlief. Vorsichtig schob das Mädchen ihre Füße aus dem Bett und stand auf. Sie hatte die letzte Nacht bei Takeru verbracht, wie öfters in letzter Zeit, weil sie die Ruhe zu Hause nicht mehr aushielt. Wenn sie bei ihrem Freund war, war sie zumindest nicht mehr allein. Erneut musterte sie den Jungen, der halb auf dem Bauch unter der Decke lag, während Patamon und Tailmon es sich am Fußende des für zwei Personen eigentlich zu kleinen Bettes bequem gemacht hatten. So hatten sie, vor allem an den Wochenenden der letzten Zeit, öfter die Nächte verbracht. Seit Taichi im Sommer nach Osaka gezogen war und mittlerweile nur noch an Feiertagen nach Hause kam, war es zuhause wirklich ruhig geworden, zumal ihre Mutter nun auch wieder angefangen hatte, zu arbeiten. Grade abends, wenn ihr Vater mit seinen Freunden oder Arbeitskollegen ausging, war es sehr ruhig, da ihre Mutter als Köchin zu dieser Stunde ebenfalls nicht daheim war. Ja, es hatte sich viel geändert in letzter Zeit. Noch einmal wanderte ihr Blick zu den Schlafmützen im Bett, ehe sie zur Tür ging und so leise wie möglich das Zimmer verließ. Im Flur der Wohnung bereute sie, dass sie sich nichts übergezogen hatte, da es hier, wo die Heizung nicht soweit aufgedreht war wie im Zimmer, kühl war, zumal sie nur ein Nachthemd trug. Fröstelnd beschloss sie, sich frisch zu machen, um etwas Zeit zu schinden, bis irgendjemand aufwachte. Natürlich hätte sie sich etwas zu Essen machen oder sich ins Wohnzimmer setzen können, doch auch wenn Frau Takaishi nichts dagegen hatte, mochte Hikari es nicht, einfach an die Sachen in fremden Wohnungen zu gehen. Das Badezimmer, das man auch als normaler Gast benutzte, war eine Ausnahme. So stand sie kurz darauf vor dem Waschbecken und wusch sich das Gesicht sich leise darüber freuend, dass die Fußbodenheizung die Kälte zumindest aus ihren Füßen verscheuchte. Eigentlich war ihr schon immer klar gewesen, dass die Zeit Dinge veränderte, so war nun einmal der Lauf der Welt. Doch die letzten Monate hatten ihre Sicherheit, dass sie auch mit den Änderungen leben konnte, zunichte gemacht. Vor allem die Tatsache das Taichi, ihr geliebter Bruder, nicht mehr bei ihr war... Takeru hatte Recht: Sie hatte einen Bruderkomplex, wenn man so wollte. Seit sie klein war, war Taichi immer für sie da gewesen und hatte sich um sie gekümmert. Vielleicht nur wegen ihrer Eltern oder weil er ein schlechtes Gewissen wegen der Sache in ihrer Kindheit hatte – wer wusste das schon? Aber zumindest wusste sie, dass sie sich auf ihn verlassen konnte, dass er da war, wenn sie ihn brauchte, beziehungsweise da gewesen war. Nun waren es Takeru und Tailmon, die diesen Platz einnahmen, doch es war eine andere Art von Fürsorge und Gemeinschaft, als die, die sie von ihrem Bruder kannte. Dabei sollte sie eigentlich dankbar sein. „Du bist ein Dummkopf, Hikari“, murmelte sie an ihr Spiegelbild gewandt. Immerhin war sie schon fast erwachsen, wie ihr der Blick in den Spiegel klar machte. Auch sie hatte sich verändert. Sie war nicht mehr das Kind, das sie damals bei ihrer ersten Reise in die Digiwelt gewesen war. Mittlerweile konnte sie sich auch selbst ganz gut beschützen. Auch seit dem Jahr, in dem sie mit Daisuke und dem Rest der zweiten Generation durch die Digiwelt gereist war, hatte sie sich verändert und doch – irgendwie auch nicht. Noch immer betrachtete sie ihr Spiegelbild. Ihre Haare waren mittlerweile schulterlang, ihr Gesicht erwachsener, während sich unter dem Nachthemd die Umrisse ihrer Brüste abzeichneten. Doch trotzdem: Sie fühlte sich wie ein Kind, vollkommen unselbstständig gegenüber den anderen. Seitdem sie auf die Highschool gekommen war, war Takeru der einzige der Digiritter, der mit ihr zusammen auf der Schule war. Daisuke war auf ein Trainingscollege gegangen und redete mittlerweile nur noch davon, einmal nach Amerika zu wollen, während sowohl Ken als auch Miyako auf bessere Schulen gingen, als sie. Iori ging noch zur Junior High, Mimi lebte noch immer in Amerika und Koushiro hatte eine Highschool mit Informatikschwerpunkt gewählt. Der Rest hatte ohnehin schon den Schulabschluss und studierte entweder oder befand sich in Ausbildung. Die Zeiten, in denen es nach der Schule hieß „Digital Gate open!“ waren schon lange vorbei. Auf der Junior High waren sie noch ein Team gewesen, doch jetzt ging jeder seiner eigenen Wege, so schien es ihr. Und sie vermisste die alte Zeit – irgendwie... Allgemein waren nicht viele Klassenkameraden gleich geblieben. Schule war bei weitem nicht mehr so lustig, wie es einmal war – oder bildete sie sich das nur ein? Nein, eine Sache war auch in ihrer Klasse anders. Es hatte sich bei ihren Mitschülern rumgesprochen, dass sie mit Takeru zusammen war, und irgendwie auch, dass sie öfter bei ihm übernachtete. Und selbst, wenn ihr klar war, dass einige ihrer Klassenkameradinnen keine Heiligen waren, änderte es nichts daran, dass hinter ihrem Rücken über sie getuschelt wurde, da man auch ihren Freund kannte. Ja, im Moment fühlte sie sich wirklich allein, egal wie sehr sich Takeru um sie bemühte. War sie deswegen ungerecht? Ein Klopfen an der Tür ließ sie zusammenzucken, als sie die Stimme des Jungen vernahm: „Alles in Ordnung, Hikari?“ Noch einmal sah sie in den Spiegel, wandte sich dann aber der Tür zu und öffnete. „Natürlich“, erwiderte sie nur leise, etwas überrascht, dass er nun doch wach war. „Dann ist gut“, lächelte er und küsste sie kurz auf den Mund. „Ich habe mir schon Sorgen gemacht.“ „Das musst du nicht.“ Sie seufzte und sah ihn, vielleicht zu schuldbewusst, an. „Geht es dir wirklich gut?“, hakte er noch einmal nach, wobei er ihr über die Wange strich. „Ja, wirklich.“ Damit schenkte sie ihm ein sanftes Lächeln, als sich Patamon, das eben aus dem Zimmer des Jungen geflattert kam, müde auf dessen Schulter fallen ließ und kräftig gähnte. „Schlafmütze“, kommentierte Tailmon am Boden nur und kicherte, ehe auch es sich besorgt zu Hikari wandte. „Alles okay?“ „Natürlich“, versicherte sie noch einmal. Daraufhin trat kurz Schweigen ein, bis Takeru sich streckte. „Nun, wo wir alle wach sind, können wir uns auch Frühstück machen.“ „Gute Idee“, murmelte Patamon schläfrig, woraufhin auch sein Partner es als „Faulpelz“ betitelte. „Soll ich wirklich nicht helfen?“, rief Hikari vom Sofa aus in die, ähnlich wie bei ihr zu Hause, offene Küche, wo Takeru – noch immer im Schlafanzug – am Herd stand und Omelett briet. „Ach, Quatsch“, erwiderte er schon das dritte Mal. „Ich bin ohnehin schon fast fertig.“ Zwar mochte sie es nicht, etwas in der fremden Küche anzufassen, wenn niemand anderes da war und es ihr erlaubte, doch konnte sie es auch nicht leiden, wenn ihr Freund, so wie jetzt, alles für sie tat. Sie wollte helfen, sollte aber nicht, weshalb sie sich noch tiefer in die Couch sinken ließ und durch die Fernsehprogramme schaltete. Obwohl Montagmorgen war und viele schon auf der Arbeit waren, liefen bereits eine Menge weihnachtlich orientierter Sendungen. Ja, selbst beim Frühstücksfernsehen trug der Moderator eine Nikolausmütze mit blinkendem Bommel. Dabei zweifelte sie, dass diese Sendungen überhaupt von jemandem angesehen wurden, so dass sie schließlich bei den Morgennachrichten hängen blieb. „Was schaust du?“, fragte Takeru, als er die ersten beiden Teller auf den Tisch stellte und damit auch Tailmons Aufmerksamkeit weckte, da das Digimon bis dahin seinen Kopf auf Hikaris Schoß gebettet hatte. „Nichts wirklich“, murmelte sie, als erneut die Nachrichtensprecherin ins Bild kam und ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. „Um vier Uhr in der Früh wurde ein etwa zwölfjähriger Junge in Tamachi im Minato Viertel auf offener Straße aufgefunden. Über den Jungen, der bisher noch im Koma liegt...“ Während sie sprach wurden einige Bilder schlechter Qualität eingeblendet. „... wurde ins Aiiku Krankehaus gebracht...“ Erneut wurde die Sprecherin eingeblendet, mit einer Nahaufnahme des Jungen im Hintergrund, während sie des weiteren noch erklärte, dass jeder, der etwas über den Jungen wusste, sich bitte an das Krankenhaus selbst oder die ermittelnde Polizeibehörde, die eine Entführung nicht ausschloss, wenden sollte. Takeru schüttelte Hikari unsanft. „Was hast du?“, fragte er, als sich ihr Gesichtsausdruck veränderte. „Kennst du den Jungen?“ Sie runzelte die Stirn. „Ja, der Junge... Ich habe ihn schon einmal vor langer Zeit gesehen“, murmelte sie. „In der Digiwelt...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)