Ghost Whisperer von hiatari (SasukexSakura) ================================================================================ Kapitel 4: ♥ Sakura’s Story ♥ ----------------------------- Gespannt und erwartungsvoll sah Sasuke zu Sakura auf, die nun begann, ihre Geschichte zu erzählen. „Ich wurde am 28. März 1910 in Tokyo geboren. Mein Vater war Bankdirektor und meine Mutter die Tochter von einem seiner besten Kunden. Sie lernten sich bei einem Geschäftsessen kennen und lieben. Ende 1908 kaufte mein Vater dieses Haus, damit er sich hier mit meiner Mutter ein Leben aufbauen und eine Familie gründen konnte. Ich wuchs wohl behütet auf, mein Vater ging arbeiten und verdiente das Geld, meine Mutter blieb bei mir zu Hause und kümmerte sich um mich. Als ich alt genug war, arrangierte mein Vater einen Hauslehrer für mich. Ich lernte schnell und auch gerne, war immer wissbegierig etwas Neues über die Welt zu erfahren. Im Winter verbrachte ich Stunden in der Bibliothek meines Vaters oder meine Mutter brachte mir Handarbeit bei. An warmen Tagen war ich viel draußen. Ich ging mit meiner Mutter spazieren oder wir trafen uns mit einer ihrer Freundinnen und deren Tochter zum Tee trinken. Ich glaubte, dass ich das glücklichste Mädchen auf der ganzen Welt war und dass ich es nicht besser haben konnte. Doch dann wurde meine Mutter krank. Mir zerbrach das Herz bei ihrem Anblick, ich konnte es nicht ertragen mit anzusehen, wie sie jeden Tag schwächer und schwächer wurde. Mein Vater war verzweifelt, die Ärzte konnten ihr nicht helfen. Kurz vor Neujahr 1926 erlag sie ihrer Krankheit und starb. Sie hatte Leukämie.“ Sasuke beobachtete, wie sich ihr Gesicht schmerzvoll verzerrte. Sie hatte den Kopf geneigt und die Augen geschlossen, schwelgte in dieser tragischen Erinnerung. Eine silbrige Träne floss ihr über die Wange. Betreten sah er zu Boden. „Das… tut mir leid.“ Er fühlte sich dazu verpflichtet ihr sein Mitgefühl entgegen zu bringen. Kaum merklich schüttelte Sakura den Kopf. „Sie war so ein guter Mensch, den Tod hatte sie nicht verdient.“ „Was passierte dann?“, wollte Sasuke wissen. „Kummer erfüllte mein Herz, mein Leben schien sinnlos. Mein Vater und ich lebten in Trauer, ich fühlte mich, als säße ich in einem tiefen schwarzen Loch, gefangen in der Dunkelheit, die an meinem Herz und meiner Seele reißt… Doch bald holte uns der Alltag wieder ein. Mein Vater ging wieder regelmäßig zur Arbeit und ich war alleine mit dem Personal zu Hause. Trotzdem schien es so leer ohne die Anwesenheit meiner Mutter. Ich wusste nichts mit mir anzufangen, versteckte mich in der Bibliothek in der Welt der Bücher, der Sagen, Geschichten und Gedichte. In dieser Zeit halfen mir die Haikus von Basho Matsuo dabei, über meine Einsamkeit und Trauer hinweg zu kommen. Noch immer bin ich traurig über den Tod meiner Mutter, ich habe sie so sehr geliebt, aber wenigstens konnte ich mich mit dem Wissen trösten, dass sie im Jenseits ohne ihre Schmerzen leben konnte. Mein Vater war der Einzige, der mir geblieben war. Wir verbrachten jede freie Minute miteinander, spendeten uns gegenseitig Trost, versuchten uns abzulenken von der Tatsache, dass wir nun nur noch zu zweit waren. Zumindest dachte ich, dass wir nur noch zwei wären…“ Sakuras Finger verkrampften sich und krallten sich fest in ihren Kimono. Sie schien besonders mit dieser Erinnerung schwer zu kämpfen zu haben, rang mit sich selbst, versuchte angestrengt nicht die Fassung zu verlieren. „Aber nein, ich hatte mich geirrt. Da war noch Leiko…“ „Leiko?“, fragte Sasuke vorsichtig nach. „Wer war sie? „Sie war der Grund dafür, dass mein Leben zur Hölle wurde. Ihre Tochter Sachiko war das Höllenfeuer, Leiko der Teufel in Person.“ Sakura presste ihre blassen Lippen aufeinander und Sasuke gab ihr die Zeit sich zu sammeln. Dann erzählte sie weiter. „Mein Vater hatte sie auf einer Geschäftsreise kennengelernt. Ich selbst traf sie erst im Sommer 1927, als sie und mein Vater schon verheiratet waren. Er wollte mich überraschen, mir eine neue Mutter schenken und gleich dazu eine Schwester. Dabei hatte er mich nicht einmal gefragt, ob ich das überhaupt wollte. Das habe ich nämlich nicht gewollt, nicht im Geringsten. Man konnte meine Mutter einfach nicht ersetzen, und Leiko wäre erst recht kein Ersatz für sie geworden. Aber ich hatte keine andere Wahl als die Entscheidung von meinem Vater zu akzeptieren und gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Ich weiß, dass er es nur gut mit mir meinte und nicht wollte, dass ich weiter alleine war und meine Mutter vermisste, aber er hatte mir wirklich keinen Gefallen mit der Heirat getan. Leiko und Sachiko zogen noch an dem Tag bei uns ein, an dem ich sie kennen lernte. Und das nicht einmal ein Jahr nach dem Tod meiner Mutter. Es verletzte mich wirklich, doch gleichzeitig konnte ich meinem Vater auch keine Vorwürfe machen.“ Sasuke ließ sich ihre Worte durch den Kopf gehen. Ihre Mutter war gestorben, ihr Vater hatte ihr ohne etwas zu sagen erneut geheiratet und seine zweite Ehefrau war anscheinend ein richtiges Biest. War sie also der Grund, dass sich Sakura umgebracht hatte? Weil sie es nicht mehr aushielt? Das könnte man nach ihren Worten annehmen, aber Sakura selbst war da offenbar anderer Meinung. Er unterdrückte einen Seufzer. Wenn er die Wahrheit wissen wollte, dann sollte er sich einfach ihre Geschichte zu Ende anhören. „Warum war sie die Hölle?“, erkundigte er sich deshalb, um sie zum weiter reden zu ermutigen. „Weil sie keine Mutter für mich war, wie mein Vater es geplant hatte“, sagte Sakura. „Sie behandelte mich als wäre ich geistlich eingeschränkt und dumm, schubste mich herum statt das Personal wenn sie etwas brauchte und beschwerte sich bei meinem Vater über Sachen, die ich gar nicht getan hatte. Wenn mein Vater in der Nähe war tat sie immer so, als wäre ich wie eine richtige Tochter für sie, aber wenn er auf Geschäftsreisen war legte sie ihre Maske ab und zeigte ihr wahres Gesicht. Selbst wenn mein Vater uns Geschenke mit nach Hause brachte konnte sie nicht umhin sich zu beklagen, dass ich immer die besseren und teuren Sachen bekam. Damit ließ es sich noch durchaus leben, selbst mit dem Hausunterricht mit Sachiko, die mich mit ihrer Beschränktheit vom Lernen abhielt, aber das Schlimmste war…“ Sakuras Stimme brach ab und wieder zeigte sie Sasuke die verletzte Fassade wie schon zuvor, als sie von ihrer Mutter erzählte. Sie sammelte sich und holte tief Luft. „Das Schlimmste für mich war, dass sie mir meinen Vater weggenommen hat. Das Letzte, das mir noch blieb. Da er oft unterwegs war sah ich ihn sowieso schon selten, und wenn er mal zu Hause war wurde er von Leiko und Sachiko belagert. Selbst wenn mein Vater sich mir zuwandte, fand Leiko doch immer einen Weg wieder von mir abzulenken. Ich war… alleine…“ Wieder beobachtete Sasuke, wie eine schimmernd silberfarbene Träne über ihr bleiches Gesicht lief. „So allein…“, wisperte sie erneut. Urplötzlich sah sie zu ihm auf. „Bitte, sag nichts. Ich weiß was du denkst. Das alles klingt als hätte ich allen Grund mir selbst das Leben genommen zu haben.“ Zögernd nickte Sasuke. Sakura schüttelte den Kopf. „Es ist nicht wahr. Ich hätte meinen Vater und mein Leben nicht so einfach aufgegeben.“ Kurz starrte sie mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen zur Decke, dann sah sie ihn wieder an. „Sie hat mich umgebracht.“ „Was?!“ Sasuke war auf der einen Seite überrascht, aber dennoch geschockt von dem, was sie ihm gerade gesagt hatte. Es war also gar kein Selbstmord gewesen, sondern Mord? „Aber wie…“, stammelte er. „Am 26. April 1928 hat sich mich unter einem Vorwand auf den Dachboden gelockt und mir erklärt, wie sehr ich ihr doch im Weg stehen würde, während sie mich mit ihren knochigen Fingern zu Tode gewürgt hat.“ Dies war der Moment, an dem die Emotionen mit Sakura durchgingen. Immer mehr Tränen liefen über ihr Gesicht und hinterließen dabei glänzende Spuren. „Sie hat mir gesagt, dass ich nicht zu dieser Familie gehören würde und mein Vater mich nicht ewig beschützen könnte. Dass er nun ihnen allein gehören würde…“ Mit dem Ärmel ihres Kimonos wischte sie sich eilig die Tränen fort. „Sie hat immer fester zugedrückt, immer mehr, immer mehr, ich habe keine Luft bekommen, konnte nicht nach Hilfe schreien. Es wurde alles so schwarz um mich herum und ich konnte nur noch ihre schneidende Stimme hören, die mich verfluchte. Ein Fluch, der mich davon abhielt je ins Jenseits zu kommen…“ Ihre Stimme verzagte erneut, ihr Körper zitterte und sie zog die Beine an, um ihr Gesicht in ihrem Schoß zu vergraben. Sasuke saß stocksteif vor ihr auf dem Boden, konnte sich einfach nicht rühren, nichts sagen. Er konnte nicht glauben, dass er tatsächlich gerade erfahren hatte, wie sich jemand fühlte, der starb. Sie war ein Opfer ihrer Stiefmutter. Und selbst wenn er nicht gerne Gefühle zeigte, so war er doch der Meinung, dass sie das nicht verdient hatte. Sie hatte große Qualen erlitten und nun war sie hier auf ewig gefangen. „Ich… glaube dir“, meinte er leise. „Es tut mir leid, dass ich etwas anderes gedacht habe.“ Wieder zeigte er ihr sein Mitgefühl. Sie hob ihr Gesicht aus ihrem Schoß und sah ihn mit verweinten Augen an. „Ich kann dir nicht verübeln, dass du die Lügengeschichten geglaubt hast. Mein Vater hat sie schließlich auch geglaubt“, flüsterte sie so leise, dass er es kaum verstand. „Dein Vater dachte, du hast dich umgebracht?“, fragte er zögernd nach. Sie nickte leicht. „Ja. Leiko ist eiskalt. Sie hat meinen Tod wie einen Selbstmord aussehen lassen. Ich konnte beobachten, wie sie… meinen Körper…“ Sakura wandte verzweifelt den Blick ab. „Du… musst nichts sagen“, sagte Sasuke. „Ich verstehe auch so.“ „Du hättest meinen Vater sehen sollen, als er mich gefunden hat.“ Die gerade versiegten Tränen überschwemmten erneut ihre smaragdgrünen Augen. „Er hat geweint, wollte nicht glauben, dass ich mir wirklich das Leben genommen habe. Ich habe ihm immer wieder zugerufen, dass Leiko schuld daran war, dass ich ihn niemals hätte verlassen wollen. Aber er hat mich einfach nicht gehört…“ Sasuke blickte betreten zur Seite. Aus irgendeinem Grund konnte er nicht mit ansehen, wie Sakura vor ihm weinte und all ihre Erinnerungen an ihren Tod wieder hochkamen. „Leiko hat ihre Trauer nur vorgeheuchelt“, nuschelte sie in den Ärmel ihres Kimonos hinein. „Sie hat meinem Vater wieder etwas vorgespielt. Diese falsche Schlange…“ „Darf ich dich etwas fragen?“, meinte Sasuke vorsichtig. „Sicher…“, erwiderte sie leise. „Wie kommt es, dass niemand herausgefunden hat, dass es kein Selbstmord war? Ich meine… es gab doch sicher Symptome, die das Gegenteil bewiesen“, sagte Sasuke. „Die wollte anscheinend niemand sehen. Außerdem versuchte Leiko schon lange meinem Vater klar zu machen, dass ich komisch bin. Dass einfach etwas mit mir nicht stimmt. Vielleicht glaubte er es deshalb…“, erklärte sie. „Hm“, machte Sasuke. „Verstehe.“ Er schwieg für einen Moment. „Darf ich noch etwas anmerken?“, fragte er sie dann. „Bitte. Tu dir keinen Zwang an.“ Mittlerweile hatte sich Sakura wieder einigermaßen im Griff. „Deine Geschichte klingt ein wenig wie bei Aschenputtel.“ Ein trauriges Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. „Nur, dass ich statt eines Märchenprinzen den Tod bekam.“ „Was ich allerding immer noch nicht ganz verstehe…“ Sasuke runzelte nachdenklich die Stirn. „Warum dieser Fluch? Ich meine… Wie lange sitzt du schon hier? Achtzig Jahre?“ Sakura nickte. „Ein bisschen über achtzig Jahre. Ziemlich deprimierend, nicht wahr? Wenn ich doch zumindest das Haus verlassen könnte, so wäre der Fluch doch um einiges erträglicher, aber ich sitze hier fest.“ „Du kannst das Haus nicht verlassen?“, fragte Sasuke noch einmal nach. „Nein, leider nicht.“ „Und du weißt nicht, wie man diesen Fluch brechen kann?“, fragte er weiter. „Nein, ich habe nichts die geringste Ahnung. Selbst kann ich nichts heraus finden, und die wenigen, die mich bis jetzt sehen konnten, wollten nichts mit mir zu tun haben. Du bist erst der dritte, den ich treffe, der diese Fähigkeit hat“, erzählte sie. „Welch Ehre“, murmelte Sasuke. Aber gleichzeitig ging ihm ein Licht auf. Sie wusste nicht wie sie erlöst werden konnte, brauchte also Hilfe dabei. Und er war der Einzige, der sie sehen konnte… Jetzt begriff er die Aufgabe, die er indirekt erhalten hatte. Finde einen Weg zu ihrer Erlösung. „Ich lasse dich jetzt wohl besser wieder alleine“, meinte Sakura leise und riss ihn damit aus seinen Gedanken. Sie ließ ihre Beine von seinem Bett gleiten und richtete sich auf. „Danke, dass du dir meine Geschichte angehört hast.“ Sasuke nickte nur leicht. „Ach, das…“ „Gute Nacht, Sasuke“, meinte sie mit einem leichten Lächeln und wandte sich zum Gehen. Sasuke gab sich einen Ruck, um ihr noch eine letzte Frage zu stellen, die ihm auf der Zunge lag. „Warte, Sakura.“ Verwundert blickte sie sich zu ihm um. „Was… ist mit deinem Vater passiert? Nach… deinem Tod.“ „Zwei Wochen danach verkaufte er das Haus. Ich weiß nicht, wohin er mit Leiko und Sachiko ging. Ich habe nie wieder etwas von ihnen gehört“, antwortete sie bereitwillig, aber Sasuke konnte hören, welch Traurigkeit in ihrer Stimme mitschwang. „Danke“, sagte er leise. Sie nickte leicht und drehte ihm wieder den Rücken zu. Und dann verschwand sie durch die nächste Wand und Sasuke blieb allein zurück. ~Ͼ~Ͽ~ Am nächsten Morgen wartete Sasuke vor der Einfahrt zum Haus der Namikazes auf Naruto. Er war nachdenklich, hatte die ganze Nacht schlecht deswegen geschlafen. Sakuras Geschichte ging ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf, ob er nun wollte oder nicht. Was wohl in ihr vorging nach all diesen Schicksalsschlägen? Nachdem sie täglich an ihren Tod erinnert wurde, weil ihr Geist an das Haus gebunden war? Sasuke war sich sicher, dass man seine Gefühle nach solchen Ereignissen gar nicht in Worte fassen konnte. Wie hatte sie es nur geschafft, dies alles ganz von alleine eigentlich relativ gut zu verarbeiten? Gestern hatte sie ihm ihre Geschichte erzählt, musste all ihre schmerzhaften Erinnerungen wieder ans Tageslicht befördern. Ihre emotionalen Ausbrüche nahm Sasuke ihr nicht übel. Er konnte es sogar verstehen. „Hey, Sasuke!“ Sasuke sah auf und entdeckte Naruto, der gerade die Einfahrt herunter gerannt kam und sich währenddessen eilig seine Jacke überzog. Sasuke fiel sein in alle Himmelsrichtungen abstehendes Haar auf und seine mehr schlecht als recht sitzende Schuluniform. „Tut mir leid, ich habe ein wenig verschlafen“, keuchte Naruto, als er bei Sasuke angekommen war und grinste ihn entschuldigend an. „Passt schon“, erwiderte Sasuke monoton. „Tja, ich kann mich morgens wirklich nur schwer von meinem Bett trennen“, meinte Naruto gähnend und die beiden schlugen den Weg Richtung Schule ein. „Hm“, machte Sasuke. Er hatte gerade nicht wirklich Lust mit Naruto zu reden, er hing einfach zu sehr seinen Gedanken nach. Plötzlich spürte er, wie Naruto ihn von der Seite her musterte. „Du siehst so nachdenklich aus“, stellte er fest. „Ach, wirklich?“, gab Sasuke zurück. „Hm hm. Ja, irgendwie schon“, meinte Naruto. „Ist etwas passiert?“ „Nein“, antwortete Sasuke eine Spur zu barsch. „Also doch“, schlussfolgerte Naruto daraufhin. Sasuke schwieg und Naruto runzelte die Stirn. „Hör mal“, begann er wieder, „du musst mir nicht sagen, was dich bedrückt. Jeder Mensch hat seine Geheimnisse und das akzeptiere ich. Aber ich möchte trotzdem dass du weißt, dass ich immer ein offenes Ohr für dich habe und dir mit Rat und Tat zur Seite stehe, wenn du mal Probleme haben solltest und dich dazu entschließt jemand anderen mit einzuweihen.“ Sasuke starrte Naruto für einen Moment an, der wieder ein breites Grinsen aufgelegt hatte. „Danke“, sagte er dann. Er wusste nicht wieso, doch obwohl er Naruto noch nicht lange kannte spürte er dennoch, dass er dem Blonden vertrauen konnte. Ohne es zu wollen steckte ihn Narutos Grinsen an und auch seine Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln. Narutos blaue Augen funkelten triumphierend. „Na komm schon, sonst kommen wir wegen dir und deinem Geschwafel noch zu spät.“ Sasuke verdrehte gespielt genervt die Augen. Naruto lachte. „Bei Kakashi kann man nicht zu spät kommen.“ Sasukes Grinsen wurde breiter. „Willst du es riskieren?“ Der Blonde legte nachdenklich einen Finger an sein Kinn. „Nein, ich glaube nicht“, meinte er dann und legte einen Zahn zu. Sasuke wurde wieder nachdenklich. Vielleicht sollte er Naruto wirklich mehr Vertrauen entgegen bringen… ~Ͼ~Ͽ~ Am Nachmittag nach der Schule wimmelte Sasuke Naruto damit ab, dass er ihm erzählte er habe noch etwas in der Stadt zu erledigen, beruhigte ihn aber, indem er ihm versprach, dass sie nun immer zusammen zur Schule gehen würden. Sein Vorhaben entsprach sogar teilweise der Wahrheit. Nur dass er nicht vorhatte in die Stadt zu gehen. Er würde hier bleiben – und den örtlichen Friedhof besuchen. Den ganzen Tag über hatte er es nicht geschafft Sakura aus seinem Kopf zu bekommen und dann ist ihm diese doch etwas groteske Idee gekommen, auf dem Friedhof nach ihrem Grab zu suchen. Vielleicht erfuhr er auf diese Art auch etwas über ihre Familie… Erst als er den Friedhof erreicht hatte fiel Sasuke ein, dass er gar nicht Sakuras Familiennamen kannte. Nun gut, musste er sich eben an ihrem Vornamen und ihrem Geburts- und Sterbedatum orientieren. Er passierte den kleinen Tempel am Anfang des Schreins und ging langsam die Reihen ab, während er die Inschriften auf den Säulen an den Gräbern las. Kurz bevor er seine Suche als erfolglos abstempeln wollte, wurde er fündig. Zögerlich betrat er den kleinen Bereich, der der Familie Haruno gehörte. Das Grab hatte nicht den Anschein, als wäre in letzter Zeit jemand hier gewesen um es zu pflegen und sauber zu halten. Blumenvasen standen vor der weißen Säule, leer bis auf ein wenig schmutzigem Regenwasser. Sasuke trat näher und studierte die Inschriften der Säule genauer. Doch nicht nur Sakuras Namen fand er, sondern auch noch zwei weitere. Haruno Kaori und Tadao teilten sich mit ihr das Grab. Ihre Eltern? Sein Blick glitt zu den Daten der beiden anderen Personen. Die Frau war Ende des Jahres 1926 verstorben, genau wie Sakura erzählt hatte, also war sie ihre Mutter gewesen. Der Mann hingegen war Ende der siebziger Jahre gestorben. Sasuke hatte das Gefühl, dass er mit seiner Vermutung richtig lag, dass Tadao Sakuras Vater war. Auf eine Weise, die er sich nicht erklären konnte, fühlte er sich erleichtert, dass der Mann sich bei seiner richtigen und nicht neu angeheirateten Familie begraben ließ. Sein Blick wanderte nun zurück zu Sakuras Namen und erkannte die Daten wieder, die sie ihm genannt hatte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie nur achtzehn Jahre alt geworden war. „Bedauernswerte Familie“, sagte plötzlich jemand hinter ihm. Sasuke zuckte kaum merklich zusammen und drehte sich überrascht um, um zu sehen, wer da hinter ihm stand. Eine alte Frau mit Gehstock stand ihm gegenüber. „Wie meinen Sie das?“, fragte er nach. Er ärgerte sich, dass er so vertieft gewesen war, dass er sie nicht hatte kommen hören. Die Frau gesellte sich zu ihm und strich mit ihren ledrigen Fingern über die Inschrift der Säule und blieb an Sakuras Namen hängen. „Armes Mädchen“, meinte die Frau, statt auf Sasukes Frage zu antworten. „Verliert erst ihre liebevolle Mutter und wird dann auch noch einer neuen Frau in die Hände gegeben.“ „Sie kannten die Familie?“, wollte Sasuke wissen. Sie nickte. „Ja. Meine Mutter war Dienstmädchen bei ihnen im Hause, ich lebte mit ihr dort zusammen. Sakura war ein gutes Mädchen. Niemals hat sie sich selbst umgebracht.“ „Nun ja… Das sagen aber die Geschichten“, warf Sasuke ein. Er wollte nicht zeigen, dass er die Wahrheit kannte und auch nicht, dass er überrascht war, dass hier jemand vor ihm stand, der Sakura persönlich kannte, als sie noch lebte. Die Frau musste schon sehr alt sein. „Papperlapapp!“, entrüstete sich die Frau. „Ich kannte sie und wusste um ihre Situation Bescheid. Ich war an dem Tag zu Hause, als man ihre Leiche auf dem Dachboden fand. Die Polizei mag ihren Tod vielleicht als Selbstmord abgestempelt haben, aber sie kannten Leiko nicht. Diese Frau war eine Giftschlange. Und ich bin mir sicher, dass sie der lieben Sakura das Leben genommen hat.“ „Also war es Mord?“, fragte Sasuke gespielt geschockt nach. „Bist ein bisschen schwer von Begriff, was?“, meinte die Frau argwöhnisch. Sasuke zog ärgerlich die Augenbrauen zusammen, erwiderte jedoch nichts. „Es ist wirklich schade, dass Tadao das Haus verkaufte, aber es hingen einfach zu viele schmerzvolle Erinnerungen daran. Erst der Tod seiner Frau, dann der seiner Tochter.“ Sie schien kurz ihren Erinnerungen nachzuhängen. „Wenn sie mich fragen glaube ich, dass er immer gewusst hatte, dass man ihm Sakura mit Gewalt genommen hatte. Ich war erleichtert als ich hörte, dass er sich schon einen Monat später von Leiko scheiden ließ, ohne ihr auch nur einen Yen zurückzulassen. Er lebte alleine bis er starb und sich bei seiner Familie begraben ließ.“ Sie wandte sich Sasuke zu. „Warum bist du eigentlich hier?“ „Um ehrlich zu sein war ich einfach nur neugierig, nachdem ich die Geschichte über den angeblichen Selbstmord gehört habe“, gestand Sasuke. Irgendwie entsprach dies ja der Wahrheit. Nachdenklich nickte die Frau. „Ich hoffe die drei haben ihren Frieden im Jenseits gefunden. Das würde ich ihnen so sehr gönnen.“ Sie wandte sich zum Gehen. „Wir wollen ihre Ruhe nun nicht mehr stören.“ „Ich… komme gleich nach“, sagte Sasuke schnell und verbeugte sich höflich vor der älteren Dame, die nun wieder ihres Weges ging. Sasuke sah ihr nach. Es gab also doch noch Menschen, die wussten, dass Sakura sich nicht selbst das Leben genommen hatte, sondern umgebracht wurde. Und diese Frau lag mit ihrer Vermutung gar nicht so falsch, dass Leiko der Ursprung allen Übels war. Er beschloss Sakura davon zu erzählen, dass er jemanden getroffen hatte, der wusste, was mit ihrem Vater passiert war. Vielleicht würde das ihr Herz ein wenig erleichtern. Er ließ sich die letzten Worte der alten Frau noch einmal durch den Kopf gehen. Langsam schloss er die Augen und hörte immer wieder ihre Stimme, die sich wünschte, dass alle drei die verdiente Erlösung von ihren Sorgen und Schmerzen gefunden haben. Entschlossen öffnete er die Augen wieder. Und mit einem letzten Blick auf die weiße Säule gab Sasuke sich selbst und auch Sakura ein Versprechen. ~Ͼ~Ͽ~ Als Sasuke am Abend nach Hause kam versuchte er so gut wie möglich seinen Eltern und auch Itachi aus dem Weg zu gehen. Er hatte keine Lust darauf, dass sie ihn mit Fragen löchern würden. In seinem Zimmer angekommen warf er seine Schultasche neben seinem Schreibtisch auf den Boden und lockerte sich den Krawattenknoten. Dann fiel ihm aus den Augenwinkeln der Schimmer auf, der ihn die letzten Wochen so oft verfolgt hatte. Und nun wusste er, was es war. „Hallo, Sakura“, sagte er leise. Er drehte sich zu ihr um und musterte ihr blasses Gesicht. „Ich wollte sowieso mit dir reden. Sie wirkte überrascht und auch unsicher. „Ach ja?“ Sasuke sammelte sich und blickte ihr fest in die Augen. „Ich will dir helfen.“ „Was?“, fragte sie verblüfft. Entschlossen hielt er ihrem ängstlichen Blick stand und es schien, als würden seine nächsten Worte durch den Raum hallen wie ein Echo. „Ich will dir helfen einen Weg zu deiner Erlösung zu finden.“ ~Ͼ~Ͽ~Ͼ~Ͽ~Ͼ~Ͽ~ Hola! Wow, es hat sooo sehr Spaß gemacht dieses Kapitel zu schreiben! Es ging mir einfach unglaublich leicht von der Hand. Denkt ihr, ich habe es mit Sakuras Vergangenheit etwas zu übertrieben…? Aber genau so habe ich es mir vorgestellt, wie eine schlechte Aschenputtel-Story. *drop* Ich hatte in letzter Zeit auch irgendwie viel mit Tod zu tun, vielleicht noch ein Grund mehr, warum ich mich ein bisschen in Sakuras Lage versetzen kann. Die alte Frau (Gott sei Dank, dass Japaner so alt werden xD), die in diesem Kapitel aufgetaucht ist, war eine spontane Idee meines verrückten Gehirns und ist nicht die Person, von der ich im letzten Kapitel gesprochen habe. Diese Person kommt erst in Kapitel 7 vor. xD Die Geschichte spielt übrigens 2008, weil ich zu diesem Moment angefangen habe sie zu schreiben. ^^ Da schon einige erwähnt haben, dass ihnen die Story irgendwie bekannt vorkommt, möchte ich an dieser Stelle anmerken, dass ich die Serie „Ghost Whisperer“ zwar namentlich kenne, aber noch nie zuvor gesehen habe und auch nicht sehen werde. Normalerweise habe ich ziemlichen Schiss mir so etwas anzuschauen, da ich dann nicht mehr ruhig schlafen kann. Kleine Beispiele… Seit „Der Exorzismus der Emily Rose“ habe ich Angst um 3 Uhr nachts wach zu werden und seit mich Freundinnen vor ein paar Jahren zwangen „Der Fluch von Darkness Falls“ zu gucken habe ich Angst vor der Dunkelheit. Ihr seht also, eigentlich ist dieses Thema nichts für mich, ich schreibe lediglich darüber, weil ich es trotzdem interessant finde. Außerdem weiß ich, wie diese Geschichte hier ausgeht. xD Übereinstimmungen mit solchen Filmen oder Serien sind also reiner Zufall und nicht gewollt! Das nächste Kapitel wird wohl etwas auf sich warten lassen, da ich nun etwas „Urlaub“ machen werde und dann am 3. August meine Ausbildung beginne. Gomen~ Puh, ein langes Nachwort. Ich möchte mich nun nur noch bei meinen lieben Kommentatoren bedanken, die mir immer so nette Sachen schreiben, dass mir das Herz aufgeht. Außerdem möchte ich mich auch noch für 104 (Mein Gott!!!) Favoriten bedanken. Womit habe ich die nur alle verdient?! Ich freue mich wirklich und bin gespannt, was ihr von diesem Kapitel haltet, weil ich total stolz drauf bin. Abayo, dat hia PS: Geht zufällig jemand auf das D’espairsRay Konzert am 21. Juli in Hamburg? Mein Gott, ich bin schon richtig aufgeregt!! x3 Hosted by Animexx e.V. 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