The short stories of Eternity Sword von Flordelis (Kurzgeschichtensammlung) ================================================================================ Begegnung --------- Ein bisschen genervt war er von dieser Welt ja schon. Egal wann er hierher kam, immer schien es einen mittelschweren Konflikt zu geben. Zur Zeit war es irgendeine Eternal namens Sospita, die wohl versuchte, das Urböse zu mimen. Doch was sie da ablieferte war gerade einmal lachhaft. Er konnte darüber nur den Kopf schütteln, einzugreifen lag ihm fern. Dass er diese Welt überhaupt besuchte, war eigentlich etwas, was er nicht tun sollte. Immerhin lag sie außerhalb seines Zeitbaums, in dem gerade ein Krieg tobte. Aber gerade deswegen brauchte er endlich etwas Ruhe und die fand er nur hier. Andere Welten außerhalb seines Reviers kannte er nicht und innerhalb seines Zeitbaums gab es nirgends Ruhe. Wenigstens war es bereits Nacht, so dass niemand ihn sehen konnte. Allerdings würde es nicht mehr lange dauern, bis der Mond aufgehen würde. Und in dieser Nacht sollte es Vollmond geben. Vor seinem Zielort blieb er stehen. Seine Nackenhaare stellten sich auf. Jemand außer ihm befand sich auch hier. War es ein Freund oder ein Feind? Vorsichtshalber legte er eine Hand auf die Klinge seines Schwertes, bevor er die Grotte betrat. Dunkelheit empfing ihn, aber das Gefühl, dass er nicht allein war, ließ ihn einfach nicht los. Aufmerksam huschten seine Augen umher, doch nicht einmal sie schafften es, die Finsternis zu durchdringen. Er spürte die Bewegung mehr als dass er sie sah. Ohne weiter zu überlegen, zog er sein Schwert. Keine Sekunde zu früh, wie er feststellte. Etwas traf auf seine Klinge und ließ ihn leicht in die Knie gehen. Sein Schwert begann sacht zu glühen – genau wie das seines Gegenübers. Irritiert blickte er erst auf die große Klinge, die er noch nie zuvor gesehen hatte, bevor er deren Träger musterte. Es war eine Frau, deren grüne Augen ihn intensiv musterten. Ihr braunes Haar fiel knapp über ihre Schultern. „Du hast ein Shinken“, bemerkte sie. „Du auch“, erwiderte er monoton. Er kannte diese Frau nicht und er hoffte, dass sie ihn auch nicht erkennen würde – doch seine Hoffnung ging nicht auf. Sie schmunzelte. „Das ist 'Gyouten', nicht? Du musst Rutsuruji sein.“ Seufzend verzog er sein Gesicht. „Richtig geraten.“ „Sehr begeistert siehst du ja nicht aus. Willst du nicht erkannt werden?“ „Eigentlich wollte ich meine Ruhe.“ Sie legte den Kopf schräg. „Stimmt ja, du bist hier weit weg von deinem Zeitbaum. Das hat mich schon ein wenig gewundert.“ Er steckte sein Shinken wieder ein, so dass nur noch ihres leuchtete. „Darf ich dann wenigstens auch deinen Namen erfahren?“ „Aber sicher doch. Ich bin Vartanian.“ Was für ein seltsamer Name. „Wie kommst du an dein Shinken?“, fragte er neugierig. Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich bin eine Göttin? Genau wie du.“ Es schien ihm als würde sie nicht die Wahrheit sagen, doch er kümmerte sich nicht darum, besonders nicht, als sie fortfuhr: „Nur bin ich keine Kopie von Jiruol. Schade eigentlich...“ Rutsuruji verzog erneut sein Gesicht. „Sag mir nicht, dass du so etwas sein wollen würdest.“ Sie lächelte ihm zu. „Aber sicher. Es muss doch eine riesige Ehre sein, die Kopie einer solch großartigen Person zu sein.“ „Wenn du meinst“, bemerkte er trocken. Er hasste es, über Jiruol zu reden oder immer nur als dessen Kopie angesehen zu werden. Natürlich war er froh, zu existieren und auch über eine annähernd ähnliche Macht wie Jiruol zu verfügen – aber er war inzwischen eine eigenständige Person. Dennoch wurde er immer nur als Kopie des großen Jiruol behandelt. Sogar Et Ca Repha und die verwaltenden Götter hatten ihn immer als solche bezeichnet. Dabei besaß er einen Namen. Vartanian legte ihren Kopf in die andere Richtung. „Mhm, scheint, du magst ihn nicht besonders.“ „Er ist mir egal.“ Rutsuruji zuckte mit den Schultern und ging an ihr vorbei. Ohne sich weiter um sie zu kümmern setzte er sich auf einen Baumstamm, der in der Grotte lag. Vartanian ließ ihr Schwert sinken, als sie sich ihm zuwandte. „Ah, du bist also hier, um dir das anzusehen, hm?“ „Ich habe doch gesagt, ich will nur meine Ruhe. In meinem Zeitbaum herrscht gerade Krieg, egal, wo ich hingehe, überall finden die anderen Götter mich. Hier suchen sie mich aber nicht.“ Eigentlich hatte er gehofft, dass sie endlich gehen würde, doch stattdessen setzte sie sich neben ihn. Als sie ihr Shinken wieder einsteckte, war alles wieder in Dunkelheit getaucht. „Du hast es wohl nicht leicht, hm?“ Er zuckte nur mit den Schultern. Doch ihr Schmunzeln konnte er trotz der Dunkelheit wahrnehmen. „Na ja, bei uns herrscht auch Krieg“, bemerkte sie beiläufig, worauf von ihm nur wieder ein Schulterzucken folgte. „Du bist schon komisch.“ Er seufzte laut. „Bitte! Ist es so schwer, einfach ruhig zu sein?“ Diesmal war sie es, die mit den Schultern zuckte. Schweigend betrachteten beide den Teich, der sich ebenfalls in dieser Grotte befand. Er musste durch einfallendes Regenwasser entstanden sein, immerhin gab es eine Öffnung an der Decke, durch die Wasser einfallen konnte. Vartanian scharrte mit den Füßen auf dem Boden. Der Anflug eines schlechten Gewissens überkam Rutsuruji, immerhin wusste er nicht, weswegen sie eigentlich hier war, was sie hier suchte. Aber dass sie genau wie so viele andere ein Fan von Jiruol zu sein schien, reichte ihm bereits, sie ihm unsympathisch sein zu lassen. Als ob er keine eigenständige Persönlichkeit hätte und das einzig Gute an ihm die Tatsache, dass er ein Klon war, wäre. Es war nervend – und verletzend. Plötzlich seufzte sie. „Tut mir Leid, dass ich das gesagt habe.“ „Vergiss es“, erwiderte er. „Ich bin das gewohnt.“ Für einen Moment schwieg sie, doch schließlich fuhr sie fort: „Das ist bestimmt nicht einfach.“ Wieder einmal zuckte er mit den Schultern. Sie grummelte leise. „Du bist blöd, weißt du das?“ „Du verhältst dich wie ein Kleinkind“, erwiderte er darauf. Demonstrativ wandte sie sich von ihm ab. Sie murmelte noch etwas, was er allerdings nicht verstand. Warum verschwindet sie nicht einfach? Ein Strahl Mondlicht fiel plötzlich in die Grotte und traf direkt auf das Wasser. Die Pflanzen im Teich reagierten darauf, indem sie das Licht zurückwarfen. Der gesamte Teich wirkte nun illuminiert, aber auch der Rest der Grotte reagierte darauf. Das Moos an den Wänden begann ebenfalls sanft zu glühen. Die blauen Kelche der Blumen, die auf dem Boden wuchsen, schienen ebenfalls von innen heraus zu leuchten. Mit leuchtenden Augen tippte Vartanian gegen eine der Pflanzen. Ein leises Klingen erfüllte die Grotte. Erstaunt blickte Rutsuruji auf die Blumen. Egal wie oft er bislang hier gewesen war, noch nie hatte er das ausprobiert – aber warum auch, mit so etwas hätte er nicht gerechnet. Vartanian bemerkte seinen Blick. Lächelnd sah sie ihn an. „Das sind Glockenblumen, ich muss wohl nicht erklären, woher der Name kommt, oder?“ Er schüttelte seinen Kopf. „Nein, natürlich nicht.“ Es erklärte sich doch von selbst. „Schlauer Junge“, bemerkte sie schmunzelnd. Für eine Weile beobachteten und genossen sie beide schweigend das Spektakel. Doch schließlich stand Rutsuruji seufzend wieder auf. „Ich muss wieder los.“ Vartanian nickte ihm zu. „Ich wünsche dir noch viel Erfolg – aber gegen Jiruol hast du eh keine Chance.“ Er zog ihr eine Grimasse und ging erleichtert davon, damit er endlich wieder allein sein könnte. Ihren ernst gemeinten Abschiedsgruß, den sie ihm hinterherrief, beantwortete er nur mit einem knappen Wink. Noch ahnte er nicht im Geringsten, dass er und Vartanian sich erst in ihrem nächsten Leben wiederbegegnen und sich dann auch noch unsterblich ineinander verlieben würden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)