The short stories of Eternity Sword von Flordelis (Kurzgeschichtensammlung) ================================================================================ Valentinstag ------------ „Nozomu-kun...“ Der braunhaarige Junge sah auf und erblickte seinen silberhaarigen besten Freund Zetsu. „Huh?“ Nozomu hatte gar nicht gemerkt, dass die Stunde schon wieder vorbei war, so vertieft war er in seine Tagträumereien gewesen. Nozomi und Satsuki waren nirgends zu sehen – überhaupt waren alle Mädchen aus dem Klassenzimmer verschwunden. „Nozomu-kun, träumst du wieder?“ „Ähm... wahrscheinlich. Was gibt es, Zetsu?“ „Weißt du, welcher Tag morgen ist?“ Nozomu überlegte, da sein Gedächtnis ihn aber im Stich ließ, warf er einen Blick auf Nozomis Unterrichtsnotizen. Seine Kindheitsfreundin war wesentlich ordentlicher als er und hatte daher tatsächlich über den Notizen auch das Datum des heutigen Tages eingetragen. „Oh...“ „Ganz genau“, sagte Zetsu lächelnd. „Valentinstag. Deswegen stehen die ganzen Mädchen draußen auf dem Gang rum und diskutieren, was sie wem schenken und welche Rezepte sie verwenden wollen.“ Nozomu seufzte. „Jedes Jahr derselbe Schwachsinn. „Unzufrieden mit deinen Geschenken?“ „Ich hasse das Tohuwabohu, das Nozomi dafür immer veranstaltet. Ich glaube, sie fängt immer schon eine Weile vorher an, Kekse zu backen und Pralinen zu machen.“ Zetsu lachte. „Und was sagt dir das?“ „Dass Nozomi gerne kocht?“ Noch ein Lachen. „Oh, dummer kleiner Nozomu.“ Fragend sah er Zetsu an, machte aber keine weiteren Anstalten, etwas zu sagen. Shinsuke betrat grinsend das Klassenzimmer. „Yo, Akatsuki! Bring morgen lieber eine Tasche mit. Die Mädchen sind ganz wild darauf, dir jede Menge zu schenken.“ Zetsu schmunzelte. „Ist das so, ja? Mhm, ich freue mich schon auf die Schokolade.“ Shinsuke sah zu Nozomu. „Setoki-kun, du kriegst nur von Nagamine und Ikaruga-senpai etwas.“ „Das reicht mir auch vollauf“, meinte er. „Ich steh nicht so auf Süßkram.“ „Es geht doch nicht um den Süßkram“, erwiderte Shinsuke empört. „Die Süßigkeiten sind nur ein Symbol. Es geht darum, wie viele Mädchen einen mögen.“ „Das ist mir genauso egal“, sagte Nozomu gleichgültig. „Im Prinzip reicht doch eine.“ Zetsu lachte über Shinsukes entsetzten Gesichtsausdruck. „Ja, so ist Nozomu-kun. Bescheiden und genügsam.“ Nozomu lehnte sich zurück. „Könntet ihr aufhören, über mich zu sprechen, während ich dabei bin?“ „Aber warum denn?“, fragte Zetsu spöttisch. „So macht das doch viel mehr Spaß.“ „Ihr nervt.“ Zetsu und Shinsuke lachten. Schließlich verabschiedete sich der Silberhaarige und ging wieder in sein Klassenzimmer zurück. Nozomu seufzte innerlich. Ich hasse den Valentinstag... und den Tag davor. Am nächsten Morgen wurde Nozomu wider seine Erwartungen nicht von Nozomi geweckt und auch nicht von Satsuki. Eigentlich gab es dafür nur eine Erklärung: Sie hatten beide die ganze Nacht hindurch gebacken und was man sonst so tat. Er hatte das noch nie getan, obwohl er wusste, dass einen Monat später White Day war und er sich da eigentlich revanchieren müsste. Aber bislang hatte er jedes Jahr Schokolade für diesen Zweck gekauft, statt sie selbst herzustellen. So sehr er Nozomi und Satsuki auch mochte, das war es ihm nicht wert. Außerdem würden sie an seinem Backwerk ohnehin höchstens sterben. Und dafür wollte er nicht verantwortlich sein. In aller Ruhe trank Nozomu einen Kaffee, verzichtete auf den Rest des Frühstücks und ging schließlich in die Schule. Er hatte keinerlei Erwartungen an den heutigen Tag, hatte er nie gehabt und er war nie enttäuscht worden. Auf das Chaos könnte er allerdings verzichten. Wie jedes Jahr standen die begehrten männlichen Schüler bereits von Schülerinnen umringt auf dem Hof und nahmen dankend die Schokolade und die Plätzchen an. Die schüchternen Schülerinnen dagegen strebten zu den Spinden der Auserwählten, um ihnen dort ihre Geschenke zu hinterlegen. Es war jedes Jahr dasselbe. Und wie jedes Jahr war auch diesmal nichts in Nozomus Schließfach – und er erwartete auch nicht, dass sich das im Laufe des Tages ändern würde. In Richtung seines Klassenzimmers fand Nozomu schließlich auch Zetsu, der vergnügt lächelnd in einer plappernden Mädchenmenge stand und dabei immerzu Schokolade und andere Geschenke in eine extra dafür mitgebrachte Tasche tat. Als er Nozomu entdeckte, hob er die Hand. „Hallo, Nozomu-kun.“ Er erwiderte das Winken nur knapp und ging vorbei. Sein Sinn stand mit Sicherheit nicht danach, sich in eine Horde wilder Mädchen zu stürzen, die alle Zetsus Aufmerksamkeit suchten. „Akatsuki-kuuuuuuun~“, kam es sofort von ihnen, damit er seine Aufmerksamkeit wieder ihnen zuwandte. Der Silberhaarige lachte und wandte sich wieder den Mädchen zu. Nozomu betrat sein Klassenzimmer. Shinsuke saß bereits auf seinem Platz, Plätzchen und Schokolade vor sich aufgereiht. Misato, die hinter Nozomu das Klassenzimmer betrat, schmunzelte. „Mhm, Shinsuke, ich wusste gar nicht, wie beliebt du bei den Mädchen bist.“ „Das kommt nicht von ungefähr. Ich hab mich bei denen beliebt gemacht.“ Nozomu grinste. „Ach? Hast du allen Geschenke gekauft?“ Shinsuke schnitt ihm eine Grimasse, wurde dann wieder ernst. „Habt ihr Akatsuki gesehen? Beneidenswert wie die Mädchen auf ihn abfahren.“ „Stellt euch vor was passieren würden, wenn sich herausstellen würde, dass Akatsuki auf Jungs steht“, spottete Misato. „Tut er das denn?“, fragte Shinsuke. Sie schüttelte den Kopf. „Nein, tut er nicht, das habe ich mir nur ausgedacht. Dabei wären Setoki und Akatsuki das perfekte Paar.“ Während Shinsuke lachte, antwortete Nozomu nicht darauf. Erneut öffnete sich die Tür, Nozomi kam herein. Sie wirkte unausgeschlafen und übermüdet, aber als sie Nozomu sah, lächelte sie. „Guten Morgen, Nozomu-chan.“ „Guten Morgen.“ Plötzlich fiel ihm ein, dass er sie eigentlich hätte von zu Hause abholen können. Warum hatte er nicht früher daran gedacht? Allerdings schien sie das nicht zu stören. „Nozomu-chan, ich...“ „Nozomu-kun!“ Satsuki wirbelte ins Klassenzimmer. Trotz der Schatten unter ihren Augen wirkte sie frisch und fröhlich. „Ich habe etwas, extra für dich!“ Sie hielt ihm eine Tüte mit Keksen hin. Nozomu räusperte sich. „Danke, Senpai.“ Er nahm ihr die Tüte ab. Die meisten Kekse schienen angebrannt oder zerbrochen zu sein, aber einige wirkten völlig in Ordnung. Ja, die waren garantiert selbstgebacken. Satsuki lächelte vergnügt. „Wenn dir schlecht wird, kannst du mich anrufen und ich komme bei dir vorbei, um dich zu heilen.“ „Äh, ja... danke, Senpai.“ Nozomu wandte sich wieder an Nozomi. „Du wolltest etwas sagen.“ „Ähm, ja.“ Sie griff in ihre Tasche und holte ebenfalls etwas heraus. Es war eine Schachtel mit Pralinen. Dafür hatte sie wohl die ganze Nacht gebraucht. „Vielen Dank, Nozomi.“ Sie lächelte, während er ihr die Schachtel abnahm. „Sie sind bestimmt richtig lecker.“ Nozomi nickte. „Ich hoffe es.“ Allerdings strahlte sie vor Selbstbewusstsein. Sie war sich absolut sicher, dass die Pralinen schmecken würden. Sanae betrat das Klassenzimmer. Satsuki erschrak. „Oh je, ich muss los! Bis später!“ Damit wirbelte sie wieder hinaus. Shinsuke sah ihr hinterher. „Oh Mann, Setoki ist zu beneiden.“ Nozomi schnaubte leise und setzte sich auf ihren Platz. Den Heimweg, mehrere Stunden später, machten Nozomu, Nozomi, Satsuki und Zetsu wie so oft zu viert. Der Silberhaarige war bepackt mit Pralinen, anderer Schokolade und Plätzchen. Dabei hatte er nach eigenem Bekunden bereits jede Menge davon gegessen. „Wie kannst du so viel davon essen?“, fragte Nozomu. „Zucker wird zu Energie, die ich wiederum in meinen ganzen Jobs brauchen kann. Um den Valentinstag herum fehle ich nie irgendwo.“ „Am White Day dafür umso mehr“, bemerkte Satsuki. Zetsu lachte. „Ich kann doch nicht für jedes Mädchen, das mir heute etwas geschenkt hat, etwas machen. So viel Zeit habe ich auch nicht.“ „Ich hoffe, dass wenigstens Nozomu-kun, am White Day etwas vorbereitet.“ Er seufzte leise. „Äh, sicher.“ Nach der Hälfte der Strecke trennten sich die Wege der Gruppe. Satsuki und Zetsu gingen jeweils in andere Richtungen davon, lediglich Nozomu und Nozomi liefen gemeinsam weiter. „Nozomu-chan, soll ich Abendessen für dich machen?“ „Mhm, wenn du willst.“ Sie lächelte. „Natürlich.“ Er lächelte ebenfalls. An seinem Haus angekommen, ließ er Nozomi zuerst rein. Ein leises Klingen, wie das einer Glocke, erklang plötzlich. Nozomu warf einen Blick umher, konnte aber nichts entdecken. Schließlich zuckte er mit den Schultern und ging ebenfalls hinein. Niemand sah das kleine blonde Wesen mit dem Glöckchen am Handgelenk, das Nozomus Haustür beobachtete und sich langsam vollständig in Luft auflöste, bis wirklich absolut nichts mehr da war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)