Mein Name ist Siriana Black . . . von Siriana_Ithilris ================================================================================ Kapitel 9: Grausamkeit ---------------------- „Natürlich verstehst du nicht! Es hätte mich auch gewundert, wenn du einfältiges, dummes Gör tatsächlich deinen Verstand gebrauchen würdest! ….Man sollte meinen, der gute Lucius hätte dir etwas beigebracht, aber anscheinend hat er dich nur verwöhnt und verzogen!“ Die Worte hallten seit Stunden in Severus Geist wieder. Er hatte sie angeschrieen, beschimpft, hatte ihre Tränen ignoriert und ihre ganze Welt mit nur einem Satz zum Einsturz gebracht: „In Hogwarts habe ich keine Frau!" Er hatte es genau gesehen…hatte es in ihren Augen sehen können. Seine Grausamkeit hatte ihr Herz gebrochen…oder vielleicht auch nur ihren Stolz. Er seufzte resignierend und legte die Feder zur Seite, mit der er versucht hatte, einen Brief an Lucius zu schreiben. Er wollte ihr zuvorkommen, Lucius selbst über die Vorfälle informieren und diesen in fast schon geschäftsmännischer Weise davon überzeugen, dass sein Handeln der einzig richtige Weg gewesen war. Doch seine Gedanken drehten sich unaufhörlich um die junge Frau und um Dumbledores Worte ihr bezüglich. Und Severus musste ihm Recht geben. Niemand hatte auch nur eine Sekunde an sie oder ihr Leben gedacht. Gut, er hatte sich stets bemüht, freundlich zu sein, redete er sich hartnäckig ein. Er hatte sich mit ihr beschäftigt, wenn er zu Hause gewesen war und er hatte versucht, ihr den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Aber wenn er ehrlich mit sich war, diente jegliche Aufmerksamkeit, die er ihr geschenkt hatte, nur dazu, sie ruhig zu stellen. Es hatte ihn nicht wirklich interessiert, was sie fühlte oder gar was sie wollte. Nicht einmal, ob es ihr gut ging oder nicht. Selbst jetzt interessierte es ihn nicht… jedenfalls nicht mehr, als die Frage, wie er sie davon abhalten konnte, sein Spiel zu durchkreuzen. Es war ein gefährliches Spiel, das er da spielte. Und der Einsatz war sein Leben. Er war wortwörtlich zwischen den Fronten gefangen und wurde von beiden Seiten massiv unter Druck gesetzt. Eine Frau hatte ihm da gerade noch gefehlt…oder besser gesagt, diese Frau. Sie war Lucius’ Mündel und würde er ihr gestatten, mehr als nötig in seiner Nähe zu sein, würde ihre Aufmerksamkeit wie ein Damoklesschwert über ihm schweben. Der kleinste Fehltritt und sein Dasein als Spion oder besser sein Dasein überhaupt, wäre beendet. Doch genau das…genau diese Nähe würde die Gesellschaft von ihm fordern und erwarten, wenn bekannt würde, dass es sie gab. Das musste er um jeden Preis verhindern. Falls es nicht längst zu spät war. Sicherlich waren zu Beginn der Ferien einige Schüler bereits abgereist, doch der Großteil würde noch bis zu den Festtagen, manche sogar darüber hinaus, in Hogwarts bleiben und hatte das ganze Spektakel hautnah miterlebt. Und selbst Dumbledores Beschwichtigungsversuche würden das Gerede nicht vollständig zu bloßen Gerüchten degradieren… Er wollte sich gar nicht ausmalen, wohin das führen würde. Seine Situation würde sich jedenfalls nicht verbessern und genau diese Tatsache hatte ihn so wütend gemacht. Wütend auf ein kleines, naives Mädchen…Und er hatte dem Umstand keine Beachtung geschenkt, dass sie nicht wusste was sie tat. Seine Wut war ungehalten aus ihm heraus gebrochen und hatte sie mit ganzer Wucht getroffen. Immerhin war sie der Grund für all seine Unannehmlichkeiten. Dennoch fragte er sich, wie er am Ende der Woche mit ihr umgehen sollte. Seine freundliche Maske konnte er nun zwar getrost ablegen, doch er musste sie wieder einmal ruhig stellen. Und dieses Mal waren nette Worte oder kleine Gefälligkeiten unangebracht. Die Wahrheit konnte er ihr nicht sagen….möglicherweise aber das, was Lucius und seine Todesser-Freunde für die Wahrheit hielten. Vermutlich würde er sie aber einfach noch mehr kränken müssen…. Er würde sie verletzen und demütigen müssen, solange bis sie sich freiwillig in ihren goldenen Käfig zurückzog. Ob sie es verdient hatte oder nicht, spielte keine Rolle. Was war schon ein wenig Enttäuschung, ein wenig Leid und Schmerz im Vergleich zu seinem Leben? -------------- Es hatte Siriana große Anstrengung gekostet, wieder auf die Beine zu kommen, dennoch war sie weiter gelaufen. Minute um Minute, Stunde um Stunde. Sie hatte keinerlei Ahnung wie lange sie nun schon unterwegs war, oder auch nur, wohin sie ging. Sie wusste ja nicht einmal, warum sie überhaupt Schritt für Schritt voranging, denn sie hatte kein Ziel. Wohin hätte sie auch gehen sollen? Mühsam stapfte sie durch den Schnee, während sie zunehmend langsamer vorankam. Der peitschende Wind und die eisigen Temperaturen setzten ihr gehörig zu. Ihre Hände und Füße waren längst vor Kälte taub und ihr ganzer Körper bebte. Einzig die Tränen, liefen heiß über ihren Wangen und sie konnte sie auch noch immer nicht zurück halten. Sie zog den dünnen Mantel, welchen sie nun einmal nur der Optik wegen ausgewählt hatte, enger um sich. Hätte sie gewusst, wie der heutige Tag für sie enden würde, wäre sie vermutlich gar nicht erst aufgestanden. Mit Sehnsucht dachte sie an die wunderbar heiße Dusche zurück, sie sie noch vor einigen Stunden hatte genießen können, als sie sich für ihren Besuch in Hogwarts bereit gemacht hatte. Wie sehr sie sich doch darauf gefreut hatte, die berühmte Zauberschule zu sehen. Nun jedoch kam sie sich lächerlich vor, wenn sie sich an ihre Aufregung und Begeisterung erinnerte. Niemals hätte sie geahnt, was auf sie zukommen würde. Die hübschen Kleider waren zerschlissen und schmutzig, die kunstvoller Frisur zerstört. Sie war durchnässt bis auf die Knochen und fror erbärmlich. Anstatt in einem herrlichen Schloss zu dinieren, irrte sie nun, der völligen Erschöpfung nahe, durch einen dunklen und ihr unbekannten Wald. Doch das war nichts, gegen die grausamen Worte ihres so genannten Ehemannes und die Tatsache, dass sie heimatlos und vollkommen allein war. Der eisige Klang seiner Stimme ging ihr nicht aus dem Kopf. „Warum?“, flüsterte sie leise gegen die tosenden Windböen und sie versuchte erst gar nicht, das neuerlich aufkommende Schluchzen zu unterdrücken, das ihrer Kehle empor stieg. Ihr Leben in Malfoy-Manor kam ihr, obgleich es erst wenige Monate her war, so fern und unreal vor, wie ein Traum, an den man sich am Morgen nicht mehr so recht erinnern kann. Ihre Familie war nun ferner den je…unerreichbar. Sie war allein…allein in der Dunkelheit. Und der Verzweiflung, die sie über ihre Situation empfand, war längst Angst beigemischt. Ein Knacken, irgendwo im Unterholz, ein Rascheln…all dies versetzte sie in Panik. Sie war allein…es gab niemanden, der sie hier draußen verteidigen würde, wenn sie in Not geriet. Und wer wusste schon, was zwischen den Bäumen lauerte? Lucius hätte sie beschützt. Doch er war nicht hier. Niemand war hier. Sie war auf sich gestellt. Sie versuchte ihre Schritte immer wieder zu beschleunigen, doch sie war kraftlos. Ihr keuchender Atem zeichnete sich im fahlen Licht des Lumos-Zaubers als weißer Hauch gegen den dunklen Himmel ab. Das taube Gefühl in ihren Gliedern wich alsbald einem stechenden Schmerz und zwang sie zu einer Pause. Freiwillig wäre sie nie stehen geblieben, zu groß war ihre Furcht, doch sie konnte nicht mehr. Gerade hatte sie sich gegen einen moosbewachsenen Baum gelehnt, als auch schon ihre Beine nachgaben und sie zu Boden sank. Zitternd kauerte sie sich zwischen die Wurzeln und zog die Knie an ihren Oberkörper. Das Licht des Zauberstabs erhellte den schneebedeckten Boden vor ihren Füßen, als wieder ein unheimliches Geräusch irgendwo in den Tiefen des Waldes erklang und sie in sich zusammen fahren ließ. Sie war versucht, ins Dunkel zu leuchten, doch ihr fehlte der Mut. Stadtessen ließ sie den Zauber mit einem gemurmelten „Nox!“ erlöschen, legte den Stab neben sich in den Schnee und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Was immer dort draußen war…vielleicht würde es sie in Ruhe lassen, wenn sie sich ganz ruhig verhielt. Und wenn nicht…dann würde es sie hoffentlich schnell töten. Es wäre ohnehin nicht schade um sie gewesen, so glaubte sie, denn wenn sie tief in sich hinein hörte und sich fragte, wofür es sich zu leben jetzt noch lohnte, fand sie keine Antwort. Der Anflug eines bitteren Lächelns streifte ihre Lippen. Wenn Lucius sie jetzt so sehen könnte….wie sie versank in Angst, Resignation und melodramatischem Selbstmitleid….es hätte ihn sicher beschämt. Doch er konnte sie nicht sehen…denn er war nicht hier….niemand war hier. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)