Digital Cyber Vision von Technomage (Digimon Cyberpunk AU) ================================================================================ Kapitel 1: within a mile of home -------------------------------- Nur durch die Geräusche des Fahrwindes bemerkbar flog der Vektorschubgleiter durch die gleich bleibende Dunkelheit. Mit nur einer Hand an den Steuerknüppeln lenkte Tai vorbei an zerfallenen Wolkenkratzern durch das Netz der Kanalisation, während ihn völlig andere Dinge zu interessieren schienen. Sora, neben der sich Kari niedergelassen hatte, konnte wie immer, wenn ihr Freund am Steuer saß, einen gewissen Ausdruck von Panik nicht aus ihrem Gesicht verbannen. „Hoi, Chummer“, Tai hatte den Kopf nach hinten zu Matt gewandt, „das hat verdammt lange gedauert. Habt ihr nur auf dem Rückweg noch mal die Sicherheitsräume überprüft wie vorher besprochen oder habt ihr euch noch die Freiheit genommen das lausige Schutzprogramm neu zu schreiben?“ „Musst du dich nicht auf unseren Fluchtweg konzentrieren, Tai?“, reagierte Matt recht kurz und bündig, während er sich in den Sitz zurücklehnte. Keiner in der Gruppe war sich so recht sicher, ob ihm sein Humor wie andere Emotionen mehr und mehr abhanden kam, wenn er sich nicht konzentrierte, oder ob er ihren Teamleiter nur einfach genauso komisch fand wie alle anderen. „Weiterhin Captain Taichi Yagami für dich, solange du mich in meinem Greymon Drifter auf mein Verhalten ansprechen willst.“ „Ja Captain, mein Captain“, murmelte Matt monoton, während er die Beine hochlegte. Tai lachte und zog sich die Fliegerbrille von der Stirn herunter. Seine Augen ruhten nun auf den vor der Windschutzscheibe vorbeiziehenden Schatten. Kari betrachtete wie sich eine gewisse Entspannung in Matts Zügen abzeichnete, kaum zu erkennen im Vergleich zu Soras sichtlicher Erleichterung. Wären seine Augen kein ewig in Chrom vercyberter Wolfsblick, könnte sie ihn sich nun fast mit ruhig geschlossenen Augen vorstellen. So dagegen umgab den Straßensamurai etwas ständig Wachsames. Der zufriedene Gesichtsausdruck nach einem erfolgreichen Run, so erschien es dem jungen Mädchen jedoch, war eine der wenigen Emotionen, die Matt niemals verloren ging. Ruhe und Entspannung glätteten die Härte seiner Wolfsmiene. Auch Tai schien der gute Verlauf ihres Runs deutlich zu beruhigen. Wenn nur noch der Weg zurück zwischen ihnen und dem Abschluss eines Auftrags lag, musste er sich nur noch auf seine Fähigkeiten als Fahrer verlassen. Gelassen spekulierte er mit Izzy über die Daten, welche sie für ihren Auftraggeber aus dem isolierten Server einer kleineren Konzernanlage herausgefischt hatten. Der Hacker betrachtete währenddessen konzentriert den Bildschirm seines Decks und antwortete gelegentlich. Schwärme roter Käfer durchkreuzten das Bild und bildeten aus leuchtenden Stromstößen Nachrichten und Diagramme, während Izzys Finger verschwimmend über die Tastatur flogen. Nicht einmal an den erneuten Zusammenstoß mit der Runnergruppe um Davis und TK, der Gruppe „Tokyo Child“, schien sich jemand zu erinnern und Kari war dankbar das Thema nicht aufgreifen zu müssen. „Alles okay, Kari?“, fragte Sora mit sorgenvoll gekräuselter Stirn. Das junge Mädchen war so in das Verhalten der anderen Teammitglieder beschäftigt gewesen, dass sie nicht darüber nachgedacht hatte, was sich in ihrer eigenen Mimik abzeichnete. Sie bemerkte jetzt erst, dass sie immer noch ihre Monofilamentpeitsche krampfhaft umklammerte. „Wir“, setzte sie an, doch zögerte dann und beugte sich leise flüsternd näher zu Sora, „Ich bin Takeru begegnet.“ Der Greymon Drifter machte eine Vollbremsung. „Du bist was?“ Tai riss den Kopf herum. Kari seufzte. Offenbar nicht leise genug. „Ich bin auf dem Rückweg TK begegnet, Tai“, wiederholte sie mit genervtem Unterton. „Matt? Hast du nicht vergessen was zu erwähnen?“ Tais Blick funkelte den Straßensamurai durch die Fliegerbrille an. „Du hättest später im Kampfprotokoll lesen können, dass wir Feindkontakt hatten“, sagte Matt ungerührt. Tai schlug sich stöhnend die Hand vors Gesicht und schien für eine Sekunde mit seiner Selbstbeherrschung zu kämpfen. „Wie konntest du zulassen, dass sie in Gefahr gerät? Ist was passiert?“ „Sie hat ihm die Hand verkrüppelt. Du wärst stolz auf sie gewesen.“ Plötzlich war Stille im Gleiter und selbst Izzy sah von seinem Deck auf, um Kari mit aufgerissenen Augen anzustarren. In Tais Gesicht schien sich so etwas wie ein Grinsen anzubahnen, während seine kleine Schwester sich auf einmal den Tränen nahe fühlte. Sora legte ihr den Arm um die Schultern. „Willst du uns erzählen, was passiert ist?“, fragte sie in einem fast mütterlichen Ton. Erst fühlte Kari Trotz und wollte entgegnen, sie komme selbst zurecht, doch der Widerstand zerschmolz ehe sie darüber nachdenken konnte. Sie ließ den Kopf gegen Soras Schulter sinken und verlor sich für einen Moment im Gefühl echten Stoffs. Kein Synth-Material. Keine Panzerung. Dann begann sie ruhig die letzten Ereignisse zu rekapitulieren: „Als Matt und ich den Rückweg durch die Sicherheitsschächte nahmen, um noch mal abschließend die Überwachungsdaten zu kontrollieren, hat er an einer Kreuzung in einiger Entfernung TK lokalisiert. Er war offenbar auch auf dem Weg zu seinem Treffpunkt. Nur Matts Cyberaugen erlaubten ihm dort im Dunklen so weit zu sehen, also hatte TK uns sicher noch nicht bemerkt. Ich wollte die Gelegenheit nutzen, also bat ich Matt vorzugehen und nach der Kontrolle auf mich zu warten.“ „Ich weiß nicht mal genau, was ich Takeru … TK eigentlich sagen wollte, aber als er mich dann erkannte, lief alles katastrophal“, setzte sie weiter fort, biss sich jedoch kurz auf die Zähne, als bereite die Erinnerung ihr Schmerzen, „weil er sich verhalten hat als wäre nie etwas passiert. Er schien sich zu freuen mich zu sehen und war ein richtiger Sonnenschein. Ohne weiteres hat er gesagt, er vermisse mich und ich solle wieder zu Tokyo Child zurückkommen. Ich …“ Karis Stimme brach kurz ab und sie schien die richtigen Worte zu suchen. „Ich war darauf gefasst, dass wir uns gegenseitig anschreien und ich einen Grund hätte ihm eine rein zuhauen. Ich wollte ihm zeigen, dass ich allein wieder aufstehen kann und ihn nicht brauche. Aber für ihn scheint es nicht einmal ein Problem gewesen zu sein.“ „Er hat meine Überraschung wohl positiv gedeutet, als Erleichterung vielleicht. Er kam näher und wollte mich umarmen. Ich hab’ ihm gezeigt, dass ich nicht ganz seiner Meinung bin … hab’ ihm gesagt, was ich davon halte, dass alles wieder in Ordnung sein soll … dass er sich benimmt, als ob nie etwas gewesen wäre … hab’ ihm gesagt, dass er …“, wiederholte sie ihre Erlebnisse und zitterte mehr und mehr, bis sie ganz abbrach. Sie drückte sich gegen Soras Schulter. Nach einigen Minuten, in denen das Feuer in Tais Augen auf die Ausmaße eines Stadtbrandes anwuchs, hatte Kari sich wieder gefasst. „Er meinte, ich würde mich künstlich aufregen und langsam völlig durchdrehen.“ Sie zog eine Schmolllippe. „Dann habe ich ihm gezeigt, wie es aussieht, wenn ich völlig durchdrehe.“ Kaum hatte sie geendet, zog Sora sie wieder in eine feste Umarmung. „Es tut mir so leid für dich, kleine Kari.“ „Ich bin nicht mehr klein“, gab diese durch Stoff gedämpft zurück, ließ sich trotzdem bereitwillig trösten. Währenddessen trafen sich Tais Augen, der wieder vorgab gewissenhaft zu fahren, und Matts Wolfsblick im Rückspiegel. „Ich werde ihn umbringen. Das ist sicher kein Problem für dich?“, stand in Tais Blick geschrieben. Matt nickte nur stumm. Lautlos wie er gekommen war verließ der Greymon Drifter die Kanalisation und flog Richtung Heimat: Die Sprawls zweiten Ebene unter Tokyos Himmelstadt. Abschließende Anmerkungen: Wieder einmal vielen Dank fürs Lesen an dieser Stelle. Ich komme langsam besser ins mind-writing rein, aber merke deutlich den Kontrollfreak in mir hinter, der sich ständig fragt, ob das, was ich hier schreibe eigentlich nicht völlig OOC ist oder ich mein Wissen zu den Digimonfiguren mehr auffrischen müsste. Aber noch bin ich guter Dinge. Da vieles an der Geschichte durch die Schreibmethode sehr spontan entsteht, gehen mir momentan viele Ideen durch den Kopf, wie sich der Spannungsbogen weiter entfalten könnte und natürlich allen voran die klassische Frage: Wie kriege ich die Digimon in meine Digimon-FF? Ich muss zu meiner Schande immer wieder feststellen, dass ich zu der schändlichen Angewohnheit neige Digimon ohne Digimon schreiben zu wollen, die in der Fanszene so verbreitet ist. Doch die Ansätze sind vorhanden, das Konzept noch nicht klar, aber die Notwendigkeit die Digimon sicherlich zu einem gewissen Teil der Geschichte machen zu müssen steht für mich fest. Auch wenn die Übertragung in das Cyberpunk-Genre mir Kopfzerbrechen genug bereitet, ist am Ende doch immer die Frage: Was wäre schon eine Digimon Geschichte ohne Digimon? In diesem Sinne, shu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)