C´mon, I´ll put a smile on ya face von Sarah_von_Krolock (So: Why so serious?) ================================================================================ Kapitel 1: I. Like a Harlequin ------------------------------ Das klackende Geräusch von hohen Absätzen hallte an den kahlen Wänden wieder. Die dämmrige Beleuchtung dort unten störte längst nicht mehr, auch wenn es hier unten aussah wie ein großes Kellergewölbe. Dazu noch leises und wirres Stimmengemurmel, das Surren einer Klimaanlage, das Flackern einer Glühbirne. Ebenfalls war das Panzerglas alltäglich geworden was die Mitarbeiter schützen sollte. Resolutes, dickes Panzerglas, soll jeglichen Schlag-, Beschuss- und Sprengeinwirkungen standhalten. Man konnte also ganz beruhigt sein. Zumindest auf der einen Seite von dem Glas. Und hinter dem Panzerglas? Die schlimmsten und kaltblütigsten Serienmörder und Psychopathen der Neuzeit. Solche wie Hanibal „The Canibal“ Lector. Und sie fühlte sich auch ein klein wenig wie Clarice Starling hier unten. Wie in der Szene als Clarice zum ersten Mal Hanibal aufsucht. Jedes Mal fühlte sie sich so wenn sie hier herunter kam. Nur arbeitete sie nicht für das FBI. Diese Psychopathen, anders konnte man sie nicht nennen, waren ihr Job, mit ihnen zu reden, dem Versuch sie zu therapieren und sei es auch sie nur mit Medikamenten vollzupumpen, verdankte sie ihr täglich Brot. Wie konnten sie nur so werden? Was trieb sie dazu? Wer waren sie? Wer sind sie? Sie hatte im Laufe der Zeit gelernt sich die Einzelschicksale nicht zu sehr zu Herzen zu nehmen. Missbraucht in der Kindheit, auf jegliche Arten und Weisen, andere Traumatas… sie war abgestumpft den Geschichten gegenüber. Es waren Psychopathen und würden es auch immer bleiben. Irgendwann, nach einer gewissen Anzahl von Patienten, erhält jeder Psychologe diese bittere Erkenntnis, dass man diesen Menschen ganz einfach nicht mehr helfen kann, dass man sie nicht rehabilitieren kann, man kann sie nimmer mehr auf die Gesellschaft loslassen. Man konnte sie nur noch vor dem Rest der Menschheit wegsperren. Und wieder einer mehr im Arkham Asylum. Auf ewig weggesperrt. Höchste Sicherheitsstufe also wenn er hier unten war. Unter ihnen nur das Rattenloch genannt. Ein Patient mehr in ihrer Laufbahn. Eine neue Akte, ein neuer Patient. Während ihres Studiums war ihr früh klar geworden, sie wollte Spannung! Sie wollte sich nicht um Business-Männer mit Burnout-Syndrom oder überforderten Hausfrauen rumschlagen, nicht mit geistesschwachen, sabbernden kleinen Irren die nirgendwo ohne ihren Teddy-Bären hingingen. Sie wollte etwas Aufregendes! Sie wollte die wirklich schweren Fälle haben! Sie wollte sich mit den Psychopathen und Serienmördern befassen! Aber auch die hatten ihre Spannung mittlerweile verloren… Schon als sie heute Morgen in ihr Büro gekommen war, lag da der braune Papphefter auf ihrem Schreibtisch. Ein neuer Patient. Schon ein andere hatte sich um ihn gekümmert, dass verriet ihr die fremde Handschrift auf dem Ordner mit welcher die Nummer des Patienten draufgekritzelt wurde. Die Akte schien umfangreich zu sein. Sie würde sie später lesen. Aus Später, wurde später und später und später. Sie war bisher wirklich nicht dazu gekommen auch nur einen Blick in diese zu werfen. Zelle #146. Das wusste sie, auch nur weil die Zellennummer auf dem Papphefter gekritzelt war… und halt die Patientennummer. #002698. Erst jetzt, als sie auf den Weg zur Zelle war, kam sie dazu, den Ordner aufzuschlagen, nur noch wenige Schritte und sie war bei Zelle #146. Doch bevor sie auch nur einen wirklichen Blick in auf die Akte werfen konnte, begann das Licht im ganzen Flur zu flackern und gleich darauf wurde es auch Pechschwarz. Sie erinnerte sich daran wie sie zum ersten Mal hier unten gewesen war und das Licht ausfiel. Sie hatte panische Angst. Heute konnte es ihr nur ein Seufzen abringen und ein „Na klasse…“. Ständig fiel hier unten das Licht aus. Lediglich ein kleines rotes Lämpchen einer Überwachungskamera verriet ihr, dass sie vor einer Zelle stand. Sie trat näher heran bis ihre Fußspitze auf das Glas traf, mit den Fingern tastete sie zu dem kleinen Schildchen, schob ihre Brille bis auf die Nasenspitzen. Mit viel Anstrengung und wenn sie nah genug heranging, konnte sie die Zellennummer entziffern. #146. Zumindest vor der richtigen Zelle stand sie. Statt Patienten mit Elektroschocks zu therapieren, sollte man sich mal um dieses verdammte Lichtproblem kümmern. Sie versuchte in der Zelle irgendetwas auszumachen, aber nur das rote Lämpchen der Kamera war zu sehen, mehr nicht. Auch kein Geräusch verriet ihr, dass da jemand drin war. Nichts als Stille umfing sie, von weit her war leises Murmeln zu hören. Kein Wunder, mehr als 90% der Patienten wurden mit Medikamenten ruhig gestellt, so machte man sich die Arbeit hier leicht. Warum auch nicht? Lieber einen Schwerverbrecher der Tag und Nacht vor sich hin vegetiert als einen der nur Radau macht. Plötzlich sprang das Licht wieder an und mit einem Laut des Schreckens stolperte sie von dem Panzerglas zurück aufgrund des Gesichtes was so plötzlich vor ihr schien, die Nasenspitzen nur durch das Glas getrennt. Oh Gott… sie atmete tief ein und aus, sammelte sich. Verdammt noch eins, sie hätte wahrlich früher einen Blick in die Akte werfen sollen! Dann hätten die starren Augen die so sehr aus dem Schwarz hervorstachen sie nicht erschreckt, dann hätte sie gewusst, dass es Der Joker war, der in Zelle #146 saß! Die weiße Schminke verschmiert, ließ ihn älter aussehen als er im nachhinein wahrscheinlich war, das Schwarz um die Augen immer noch dunkel und intensiv, ließen seine grünen Augen hell hervorstechen, das breite und blutrote Grinsen immer noch vorhanden, doch zum Teil verwischt, machte zusammen mit dem Weiß die Haut rosig an manchen Stellen, strähniges Haar mit einem ausgewaschenen bleichen Grün das ihm in die Stirn hing. Schnell blätterte sie durch die Akte. Eine Liste all seiner Verbrechen, ein oberflächliches Gutachten weshalb er hier überhaupt drin saß und nicht auf dem elektrischen Stuhl, eine Reihe von Ärzten… in 4 Monaten 6 Psychologen… Davon wurde einem mit seiner eigenen Sicherheitskarte für die Räumlichkeiten hier die Kehle… oh Gott… Respekt, das gelang bei weitem nur wenigen… Und sie war offensichtlich Nummer 7. Aber nichts persönliches, kein Name, Geburtsdatum, Sozialversicherungsnummer, nichts. Nichts was ihm eine Identität gab, was ihn als einen Bürger dieses Staates auswies. Nichts. Nur Der Joker. Geisteskrank stand in dem Gutachten für das Gericht. Unzurechnungsfähig. Aber die stechenden Intensiven Augen, Augen die jeder ihrer Bewegungen folgten, sagten ihr durchaus, dass er zurechnungsfähig war. Das er wusste was er tat, all sein Handeln gut durchdacht war. Das waren nicht die Augen eines Geisteskranken. Eines Psychopathen, ja vielleicht, aber nicht die eines Geisteskranken. Sie konnte einen Schauer nicht unterdrücken beim Blick in seine Augen. Genau SO musste Clarice Starling sich bei Hanibal Lector gefühlt haben… Wie die wilden Augen sie anstarrten… als würden sie ihr Innerstes erforschen wollen, als würden sie tief in sie hinein schauen… sie lesen als wäre sie ein offenes Buch. Sie räusperte sich, wandte ihren Blick ab und blätterte weiter durch die Akte, nur um sich wieder zu sammeln. Nervös strich sie sich eine Haarsträhne nach hinten sie sich aus ihrem Haarknoten gelöst hatte, schob sich die Brille wieder auf die Nase. „Ähm… Guten Tag Mister… Joker?... Ich bin Dr. Quinzel, Dr. Harleen Quinzel, Sie sind wohl mein neuer Patient wie ich feststellen muss. Oder ich ihre neue Ärztin.“ Je nachdem wie man es sah. Er sah aus als würde er Schmunzeln, es war schwer zu sagen bei den Narben und der Schminke. Aber sie war sich sicher, dass er schmunzelte als er sich abwandte von der Scheibe, sich auf den Stuhl setzte, Arme vor der Brust verschränkt und die Beine ausgestreckt und überkreuzt. „Nun Mister Joker, möchten Sie mir irgendetwas erzählen? Wie geht es Ihnen? Gefällt Ihnen das Ambiente? Möchten Sie irgendetwas los werden? Reden Sie ruhig, ich werde Ihnen zuhören, dazu bin ich ja schließlich da, um Ihnen zuzuhören.“ Und die entsprechende Medikamentendosis zu verschreiben. Eisernes Schweigen entgegnete ihr. Ihre Fragen waren aber auch lächerlich, Standartfragen um ein Gespräch anzufangen. Und was das Ambiente betraf: eine harte Pritsche, ein schäbiger Holztisch samt Stuhl, ein metallenes Waschbecken samt Toilette… was sollte das schon für ein Ambiente sein? Da lebten Tiere zumeist besser. Nicht umsonst nannte man es hier das Rattenloch. Vom Essen ganz zu schweigen, sie sprach aus Erfahrung. Sie aß ja schließlich zu Mittag immer in der Kantine. Das Essen war wirklich miserabel. Nun gut, sie wusste um ehrlich zu sein auch nicht wirklich wie sie mit diesem speziellen Patienten umgehen sollte. Wer hatte nicht von dem Joker und seine Taten gehört? Im Fernsehen was gesehen oder in der Zeitung gelesen? Wochenlang auf den Titelseiten… Sie räusperte sich erneut. „Nun… ich kann demnach davon ausgehen, dass es Ihnen gut ergeht in… diesem bescheidenem Institut? Gut. Und sie wollen mir nichts erzählen?“ Eisernes Schweigen, ein Schmunzeln, starrer Blick. „In Ordnung. Sie wollen Schweigen. Ich akzeptiere das. Ich würde auch nicht gleich jedem Fremden mein Innerstes ausschütten.“ Sie nahm einen Stift aus der Brusttasche ihres Kittels, blätterte kurz in der Akte und kritzelte etwas auf ein Blatt Papier. „Man sieht ja was Sie von Ärzten wie mir halten. Dr. Hanccook, möge er in Frieden ruhen, ist ja Beweis genug dafür.“ „Mir war danach.“ Sie blickte auf beim Klang des samtenen Baritons. „Bitte?“ „Dr. Hanccook… mir war danach.“ Sie blinzelte kurz irritiert. Aha… ihm war danach… Ein Glück schlug sie nicht jedem den Schädel ein nur weil ihr danach war… „So… Ihnen… war also danach? Und… wonach ist Ihnen jetzt in diesem Moment? Wollen Sie mir auch mit meiner ID-Card die Kehle durchschneiden?“ „Ich bin mir noch nicht sicher.“ Ein leises Schmatzen drang aus der Zelle. Es kam auf seine Laune an und diese kam gerade ein wenig ins Schwanken. Frau Doktor in ihren schwarzen Pumps mit der zu engen Bluse und dem knielangen Rock der ein wenig zu eng schien. Der Versuch streng und intelligent auszusehen mit dem Haarknoten im Nacken und der schwarzumrandeten Brille. Frau Doktor Harleen Quinzel. Das Schmunzeln wuchs zu einem Grinsen an. „Und was würden sie stattdessen mit mir tun, wenn nicht mich umbringen?“ „Wer weiß…? Meinen Spaß mit Ihnen haben, Fräulein Harley Quinn?“ „Quinzel, Dr. Harleen Quinzel ist mein Name.“ „Harley Quinn gefällt mir besser.“ Wieder ein leises Schmatzen. „Beinahe so wie der Harlequin…“ „Ich hasse Clowns, nur damit Sie es wissen. Ich konnte sie schon als Kind nicht ausstehen. Dieses alberne rumgescherze…“ „Lassen Sie mich raus und ich zeige Ihnen wie ich zu Scherzen beliebe…“ „So wie Sie es Dr. Hanccook gezeigt haben?“ „Awww… jetzt ruinieren Sie die Stimmung, Harley. Tststs…“ „Harleen. Dr. Harleen Quinzel.“, wiederholte sie energisch. „Ich mag Ihren Namen… Er zaubert ein Lächeln auf mein Gesicht, kleine Harley.“ Sie wiederstand dem Impuls mit dem Fuß aufzustampfen. Stattdessen kritzelte sie nur wieder etwas aufs Papier. „Nun, dann müssen Sie ab jetzt erst wieder mit den Wärtern scherzen. Sie sind nicht mein einziger Patient. Schönen Tag noch, Mister Joker.“ „Bye, bye, kleine Harley.“ Erneut ein Schmatzen. Ein entnervter Seufzer entwich ihr, als sie wieder in ihrem Büro war, sich auf den Bürostuhl setzte und die Akte auf den Schreibtisch schmiss. Kein Wunder, dass jeder diesen Patienten bisher weitergereicht hatte… Sie nahm ihre Brille ab, legte diese auf den Tisch und rieb sich die Nasenwurzel. Sie setzte sich wieder die Brille auf, schlug die Akte auf. Irgendwo musste doch die Liste sein mit den Medikamenten die er verabreicht bekam… Arch, alles durcheinander… Während sie die Blätter ordnete fand sie auch das Gesuchte. Haloperidol, Amisulprid, Tilidin, Naloxon, Lorazepam, Midazolam… Herrgott… Er müsste mehr oder minder wie tot auf der Pritsche liegen bei all den Beruhigungsmitteln! Von den hohen Dosen ganz zu schweigen! Dieser Mann war im wahrsten Sinne des Wortes nicht normal. Sie glaubte ihr würde es in spätestens einem Monat so ergehen wie Dr. Hanccook… oder den anderen Ärzten, tot oder fertig mit den Nerven und am Rande der Verzweiflung. Schnell flitzten ihre Finger über die Tastatur, das Summen des Computers und Klicken der Tastatur füllte den Raum, tippte ihren ersten Eindruck nieder. Seufzend lehnte sie sich zurück als sie fertig war. Kurz nach 18 Uhr verriet ihr die Uhr über der Tür. Schon wieder so spät und sie war todmüde, abgesehen von dem Hunger der ihren Magen knurren ließ. Sie sollten sich fest vornehmen in Zukunft nicht immer Überstunden zu machen und früher nach Hause zu gehen. Der Computer wurde herunter gefahren, sie hängte ihren Kittel an die Garderobe, nahm ihre ID-Card. Mantel und Tasche geschnappt und schon war sie raus aus ihrem Büro, schloss ab und ging die weißen kahlen Flure entlang, hinab zu den Tiefgaragen. Die erste Handlung als sie ihrem Auto saß, ein altes Ding noch aus den Tagen als sie studierte ihr aber zu lieb geworden war als dass sie es entsorgen könnte, bestand darin das Radio laut aufzudrehen. Irgendein Popsong dudelte ihr entgegen. „Don't cha wish your girlfriend was hot like me? Don't cha wish your girlfriend was a freak like me?” Endlich konnte sie abschalten, lehnte sich in den Sitz zurück und ließ erst einmal berieseln von dem Gedudel aus dem Radio. Auch wenn sie diese Art der Musikrichtung nicht ausstehen konnte. Besser als sich weiter mit den Patienten beschäftigen zu müssen und sich deren Hasstiraden auf die Welt und die Menschheit anzuhören. Endlich steckte sie den Schlüssel ins Schloss, drehte diesen herum, der Motor sprang an. Sie schaltete den Gang, trat aufs Gas und drehte das Lenkrad. Ab und zu warf sie einen Blick in den Rückspiegel, wandte sich um. Sie hatte das Gefühl paranoid zu werden, hatte das Gefühl stechende Augen würden sie verfolgen. Sie schüttelte den Gedanken ab, sie war ganz sicher nicht diejenige die wahnsinnig war oder wurde. Ihr Schlüssel fielen klappernd auf die Kommode als sie ihre Wohnung betrat, ihr kleines Appartement was sie sich gönnte für ihre Arbeit im Arkham Asylum. Ihre Schuhe kickte sie achtlos zur Seite, der Mantel blieb auf dem Weg im Wohnzimmer im Flur liegen nebst der Handtasche. Eine herrliche Ordnung strahlte ihr aus dem Wohnzimmer entgegen und es roch nicht mehr länger nicht erledigtem Abwasch. Sie war froh im Nachhinein sich getrennt zu haben. Sie war wieder Herr in ihren vier Wänden, niemanden dem sie nachräumen musste, musste endlich wieder nur für sich alleine Sorgen. Sie musste lächeln, hatte ganz vergessen wie schön es doch sein konnte Single zu sein. Jetzt war sie einfach nur Harleen, Dr. Quinzel hatte sie in Arkham gelassen. Und Harleen hatte jetzt unheimlich Lust dazu sich vor den Fernseher auf ihrer Designercouch zu wälzen mit einer Tüte Chips und sich das Freitagabend-Programm zu Genuss zu ziehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)