Tears from heaven von angelwater (Tränen vom Himmel (Seth x Jono)) ================================================================================ Prolog: -------- ... Nun steckt aber in jedem Fall, auch im alltäglichsten von Liebe, der Grenzfall, den wir, bei näherem Zusehen, erblicken können und vielleicht uns bemühen sollten, zu erblicken. Denn bei allem, was wir tun, denken und fühlen, möchten wir manchmal bis zum Äußersten gehen. Der Wunsch wird in uns wach, die Grenzen zu überschreiten, die uns gesetzt sind. Nicht um mich zu widerrufen, sondern um es deutlicher zu ergänzen, möchte ich sagen: Es ist auch mir gewiß, daß wir in der Ordnung bleiben müssen, daß es den Austritt aus der Gesellschaft nicht gibt und wir uns aneinander prüfen müssen. Innerhalb der Grenzen aber haben wir den Blick gerichtet auf das Vollkommene, das Unmögliche, Unerreichbare, sei es der Liebe, der Freiheit oder jeder reinen Größe. Im Widerspiel des Unmöglichen mit dem Möglichen erweitern wir unsere Möglichkeiten. Daß wir es erzeugen, dieses Spannungsverhältnis, an dem wir wachsen, darauf, meine ich, kommt es an; daß wir uns orientieren an einem Ziel, das freilich, wenn wir uns nähern, sich noch einmal entfernt. ... Ingeborg Bachmann "Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar" Solange ich mich erinnern kann, bin ich ein Sklave. Ein Sklave in Ägypten. Nun stehe ich wieder hier mit anderen Sklaven, weil wir verkauft werden sollen. Das ist bei mir schon das dritte Mal, obwohl ich gerade einmal 16 bin. Man hat mich immer wieder an die Sklavenhändler zurückgegeben. Ich war meinen Besitzern zu ungehorsam. Was soll ich machen? Ich hasse mein Leben als Sklave nun einmal mehr als alles andere. Ich bin neidisch auf die Menschen, die frei sein können. Die meisten Menschen auf dem Markt sehen mich lüstern an. Davor habe ich am Meisten Angst. Verkauft zu werden an jemanden, der mich nehmen will und ich kann nichts dagegen machen. In meinen Gedanken versunken merke ich nicht, wie ich an der Reihe bin. Meine gelb goldenen Haare, die für dieses Land total untypisch sind, hängen wir verschwitzt ins Gesicht. „Wer möchte diesen Sklaven haben? Er ist noch jung und kann viele Arbeit verrichten.“ Viele Arme gehen nach oben. Manche die den Arm oben haben, schauen mich immer noch lüstern an. Mir läuft es eiskalt den Rücken runter, wenn ich daran denke, was sie mit mir anstellen könnten. Eine grauenvolle Vorstellung. „Wie viel wollt ihr für diesen Jungen?“, fragt eine Stimme aus der ersten Reihe. Ich schaue kurz auf und begegne blauen Augen. „Ich denke nicht, dass dieser Junge etwas für euch ist, Priester Seth. Er ist stur und hört nie auf seinen Herren.“, sagt der Verkäufer. Priester? Etwa einer der Priester des Pharaos am Palast? Aber was will ein Priester von mir? „Lasst es nur meine Sorgen sein. Ich werde diesen Jungen mitnehmen. Also, wie viel wollt ihr für ihn?“, sagt der Priester mit einer eiskalten Stimme. Der Verkäufer sagt einen Preis und ich werde von den Ketten losgemacht, die mich am Fliehen hindern, und dem Priester übergeben. Der Priester sagt: „Komm.“, und ich folge ihm still. Und wieder beginnt ein neuer Abschnitt meines Sklavenlebens. Ja, ich weiß, es ist eine ziemlich kurze Einleitung, aber ich hoffe, ich schaffe das nächste Kapitel bis Sonntag. Ich hoffe aber trotzdem, dass es euch gefallen hat. Bis zum nächsten Kapitel. LG. Das Zitat von Ingeborg Bachmann hat mich zu dieser Fanfiction angeregt, deshalb habe ich es oben eingefügt. Kapitel 1: Im Palast -------------------- Ich gehe hinter meinen neuen Herren her. Irgendwie kommt er mir bekannt vor, aber wie soll das gehen? Habe ich ihn vielleicht schon einmal gesehen? In meinen Gedanken versunken merke ich nicht, wie der Priester zu mir schaut. Erst seine Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. „Wie ist dein Name?“, fragt Priester Seth mich. „Jono. Mein Name ist Jono, Herr.“, sage ich leise. „Also Jono, du wirst erst einmal mit in den Palast kommen. Dort wirst du erst einmal etwas anderes zum Anziehen bekommen. Etwas, was angemessener zum Palast passt. Was hast du gelernt?“, fragt er mich. „Nicht viel Herr. Ich kann etwas kochen und ich weiß wie man sauber macht, doch mehr hat man mir nie beigebracht.“ „Du wirst mein persönlicher Diener sein. Du wirst noch Sachen lernen müssen, aber ich denke, ich kann es dir beibringen.“ „Ja, Herr.“ Den weiteren Weg sagt der Priester kein Wort mehr. Der Palast ist viel größer als ich gedacht habe. Er ist schon von außen sehr beeindruckend, doch als wir ihn betreten, komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Alles sieht hier wunderschön aus. Ich merke nicht, wie ich aus lauter Staunen stehen geblieben bin. Erst als der Priester mich anspricht, schrecke ich aus meinen Gedanken auf. „Du bist sehr oft in Gedanken, pass auf, dass das nicht öfters passiert.“ Ich senke meinen Kopf. „Ich werde es mir merken, Herr.“ „Dann ist ja gut. Ich will dir jemanden vorstellen.“ Ich hebe meinen Kopf wieder. „Das hier ist Nael.“ Der Priester zeigt auf einen Jungen in etwa meinem Alter. Er hat braune Haare und Augen. „Er ist ein Diener und zeigt den Neuen ihre Unterkünfte. Er wird dir nun deine Unterkunft zeigen und dann das Bad. Des Weiteren wird er dir auch andere Sachen zum Anziehen geben. Komm dann wieder zu mir.“ „Ja, Herr.“ Mit diesen Worten folge ich Nael. „Priester Seth hat mir leider deinen Namen nicht genannt. Wie lautet er?“, fragt mich Nael unterwegs. „Jono.“ „Also gut, Jono. Wenn du Fragen hast, kannst du sie mir ruhig stellen.“ „Wie ist es im Palast arbeiten zu müssen? Ist es sehr hart?“ „Manchmal schon, aber es gibt kaum körperliche Strafen. Man wird ehr damit bestraft, dass man den ganzen Palast sauber machen muss oder man bekommt einen Tag lang nichts zu essen.“ „Den ganzen Palast saubermachen? Aber der ist doch riesig.“ „Ich weiß. Wir sind da. Hier wirst du ab sofort leben.“ Nael öffnet eine Türe. Langsam trete ich ein. Das Zimmer ist in hellen Farben gehalten. In dem Zimmer befindet sich eine kleine Liege, ein Tisch, mit einem Stuhl davor und einem kleinen Schrank. „In dem Schrank findest du Kleidung. Das Bad ist am Ende des Flures und wird von allen Dienern benutzt. Ich komme in einer Stunde wieder und führe dich zu deinem Herrn.“ Ich nicke. Daraufhin verlässt Nael das Zimmer. Kurz setze ich mich auf die Liege, bis ich mich nach ein paar Minuten ins Bad aufmache, nachdem ich mir Kleidung aus dem Schrank genommen habe. Im Bad schaue ich mich staunend um. In einer Ecke des Bades steht ein Becken, was mit klarem Wasser gefüllt ist. Dann gibt es noch drei kleinere Becken, die zum Waschen der Hände da sind. Langsam ziehe ich mich aus. Ein paar der Wunden, die von einer Peitsche stammen, brennen noch. Ich wollte mal wieder nicht hören, als mir eine Aufgabe aufgetragen wurde und das war meine Strafe. Jetzt merke ich auch, wie schwach ich mich fühle. Wann habe ich das letzte Mal etwas gegessen? Es ist bestimmt schon ein paar Tage her. Ich lasse mich vorsichtig in das mit Wasser gefüllte Becken gleiten und zucke zusammen. Das Wasser brennt auf meiner Haut und es riecht nach Kräutern. Ich habe noch nie in Wasser gebadet, in dem noch ein Zusatz von Kräutern war. Vielleicht es ist doch nicht so schlimm hier am Palast. Nach einer Weile lasse ich meinen Gedanken wieder freien Lauf. Die Augen des Priesters kommen mir so bekannt vor. Dieses Blau. Aber wo sollte ich dieses Blau schon einmal gesehen haben? Die Augen des Priesters sind blau wie der Himmel über Ägypten. Ich schließe meine Augen und sehe dabei sein Gesicht. Als es an der Türe klopft, öffne ich erschrocken meine Augen. Bin ich etwa eingeschlafen? Hoffentlich nicht. „Jono, bist du dann fertig? Ich warte schon seit zehn Minuten auf dich.“, höre ich Naels Stimme. „Ich bin gleich soweit. Ich muss mich nur noch anziehen.“, antworte ich und steige aus dem Wasser. Etwas zu schnell, denn ich wäre vor Schmerz bald ins Wasser zurück gefallen. Dann trockne ich mich ab und ziehe mich an. Der Stoff fühlt sich gut auf meiner Haut an. Schnell nehme ich noch meine alten Sachen und gehe aus dem Bad. „Was soll ich mit den alten Sachen von mir machen?“, frage ich Nael. „Gib sie mir und ich werde sie dann später entsorgen.“ Ich nicke. „Aber jetzt komm. Priester Seth wartet bestimmt schon auf dich.“ Nach einer Weile kommen wir an einer weißen Türe an. „Hier sind die Gemächer von Priester Seth.“, sagt Nael und klopft an. „Ja?“, höre ich die Stimme des Priesters. „Hier sind Nael und Jono.“ Schon wird die Türe geöffnet. „Du kannst gehen, Nael und du kommst her, Jono.“ Zögerlich gehe ich durch die Türe und finde mich in einem Arbeitszimmer wieder. Der Priester setzt sich auf einen Stuhl. „Komm her.“, sagt er. Langsam gehe ich zu ihm und bleibe dann neben ihm stehen. „Kannst du lesen und schreiben?“ „Nein, Herr. Es hat mir niemand beigebracht.“ „Wie sieht es mit rechnen aus?“ „Nur etwas, aber viel kann ich nicht, Herr.“ Es entsteht eine Pause. „Dann werde ich es dir beibringen. Ich brauche einen Diener, der mir bei meinen Aufgaben als Priester des Pharaos helfen kann. Wir werden morgen mit dem Unterricht beginnen. Lernst du schnell?“ „Ich weiß es nicht, Herr. Manche Aufgaben habe ich schnell gelernt zu erfüllen, andere aber nicht.“ „Wir werden es ja dann morgen sehen.“ Der Priester steht auf. „Komm. Ich muss noch zum Pharao und d sollst mich begleiten.“ Wie erstarrt bleibe ich stehen. Habe ich vielleicht schon etwas falsch gemacht und den Priester so erzürnt, dass er mich zum Pharao bringt? „Was ist? Kommst du?“ „Ja, Herr.“ Schnell gehe ich zu der Türe. Was wird meine Strafe sein? Als wir im Thronsaal ankommen, zittern meine Knie etwas. Auch wenn Nael vorhin gesagt hat, dass es hier keine körperlichen Strafen gibt, habe ich dennoch Angst, was mit mir passiert. Die ganze Zeit überlege ich schon was ich falsch gemacht habe. Seth stellt sich neben den Thron des Pharaos und ich knie mich daneben, schaue den Pharao aber nicht an. „Ist das dein neuer Diener, Seth?“, höre ich eine unbekannte Stimme. Es ist bestimmt die Stimme des Pharaos. „Ja, mein Pharao. Das ist mein neuer Diener.“ „Er sieht noch sehr jung aus. Wie alt bist du?“, wendet sich die Stimme an mich. „Ich bin 16, mein Pharao.“, sage ich zitternd. Dann höre ich ein Lachen. „Du brauchst keine Angst vor mir zu haben.“ Was meint der Pharao? Keine Angst? Aber hat nicht jeder Angst vor dem Pharao? Ich merke, wie meine Wunden wieder schmerzen. Hat es vorhin auch schon so wehgetan? „Was ist mit dir?“, fragt mich mein Herr. „Es ist nichts, Herr.“, sage ich, bevor mir meine Sinne schwinden. Das Letzte, was ich spüre, ist eine Hand auf meiner Stirn, dann ist alles Schwarz. Vielen Dank an Yisa-, Lokalistenhasser, SeulLune (danke das du mich auf den Fehler aufmerksam gemacht hast ^^) und Ryuichi-Sakuma-. Bis zum nächsten Kapitel ^^ Kapitel 2: Erinnerung --------------------- Irgendwann wache ich benommen wieder auf, lasse aber meine Augen erst einmal geschlossen. Ich merke, dass ich auf einer Art Bett liege. Dann legt sich wieder eine Hand auf meine Stirn. Ich mache meine Augen auf und sehe verschwommen zwei Personen. Ich versuche mich aufzurichten, werde aber von Händen wieder runter gedrückt. „Du solltest lieber liegen bleiben, denn mit deinen Wunden ist nicht zu spaßen.“, sagt eine unbekannte Stimme. „Wird er bald wieder auf die Beine kommen?“, fragt die Stimme meines Herrn. „Wenn er die nächsten Tage liegen bleibt und das Fieber sinkt, dann wird er wieder. Er sollte sich nur die nächsten Wochen nicht zu sehr anstrengen, Priester Seth.“ „Danke, Marik.“ „Ich komme später noch einmal vorbei und werde nach den Wunden schauen.“ Damit verlässt die eine Person den Raum. „Es… es tut mir Leid, Herr.“, flüstere ich. „Warte.“, sagt er und verschwindet aus meinem Blickfeld. Nach ein paar Augenblicken kommt er wieder und hält mir etwas an die Lippen. „Trink und keine Angst, es ist nur Wasser.“ Ich nehme ein paar Schlucke und merke, dass mein Hals nicht mehr so weh tut. „So und jetzt sag mir noch einmal, was du vorhin gesagt hast.“ „Es tut mir Leid, Herr.“ „Was tut dir Leid?“ „Das ich einfach so vor dem Pharao zusammengebrochen bin. Ich wollte es nicht, Herr.“ „Du konntest auch gar nichts dafür. Marik hat dich untersucht und hat dabei einiges herausgefunden. Warum hast du nicht gesagt, dass du verletzt bist?“ „Aber es ist mir doch verboten, über so etwas zu reden. Ich bin doch selbst Schuld, wenn ich nicht gehorchen kann und das waren meine Strafen.“ Der Priester sieht plötzlich wütend aus, aber ich was nicht warum? Ist er wieder einmal wütend auf mich? Ich versuche wieder aufzustehen, doch werde ich wieder zurück gedrückt. „Du sollst dich doch noch nicht so viel bewegen.“ „Warum seit Ihr wütend, Herr?“, frage ich ängstlich. „Ich bin nicht wütend auf dich. Nur auf die, die ihre Sklaven so wie dich behandeln. Sie haben kein Recht dazu.“ „Aber ich war ungehorsam.“ „Der Pharao hat es aber verboten. Sklaven dürfen nicht mehr geschlagen werden.“ Es herrschen ein paar Minuten Schweigen. „Darf ich Euch eine Frage stellen, Herr?“, durchbreche ich leise die Stille. Der Priester nickt. „Was ist eigentlich vorhin passiert, als wir beim Pharao waren?“ „Das war so … ~~~ Flash Back aus Seth´s Sicht ~~~ Ich ging gerade mit Jono zum Pharao. Irgendwie sah er total angespannt aus, aber mir viel kein Grund dafür ein. Ich beobachte ihn immer weit, auch während wir beim Pharao sind. Er sah immer blasser aus. „Was ist mit dir?“, fragte ich ihn. „Es ist nichts Herr.“, antwortete er noch, bevor er in sich zusammen sackte. Ich fing ihn geschickt auf und legte eine Hand auf seine Stirn. Sie war heiß. „Was ist mit ihm, Seth?“, fragte mich mein Cousin. „Ich weiß es nicht. Er ist ganz heiß.“, antwortete ich. „Du solltest lieber einen Heiler rufen. Er soll ihn sich anschauen.“ Ich nickte und erhob mich mit Jono auf den Armen. Er war ziemlich leicht. Viel zu leicht, auch für einen Diener. Unterwegs beauftragte ich Nael, einen Heiler zu rufen, den er dann in das Zimmer von Jono schicken sollte. Jono´s Gesicht war ganz blass. Ich machte mir wirklich Sorgen um ihn. Als ich sein Zimmer betrat, legte ich ihn vorsichtig auf sein Bett ab. Nach ein paar Minuten kam endlich der Heiler. „Priester Seth, Ihr habt nach mir rufen lassen?“, fragte dieser. „Ja, schau dir bitte diesen Jungen an, Marik. Er ist vorhin einfach zusammen gebrochen.“, antwortete ich. Marik nickte und machte sich an die Arbeit. Langsam zog er Jono sein Hemd aus, aber was wir da zu sehen bekamen, war grauenvoll. Jono´s Körper war voller Wunden. Einige waren entzündet. „Hat mein Cousin, der Pharao, nicht jedem gesagt, man solle die Sklaven nicht mehr schlagen? So wie es aussieht, haben sich einige nicht daran gehalten.“, sagte ich zornig. Hier im Palast wurden die Sklaven nicht körperlich bestraft. Es gab zwar auch Strafen, aber diese hatten nie das Ausmaß. „Wie konnte er mit diesen Wunden überhaupt noch laufen? Eigentlich hätte er sich gar nicht mehr bewegen können.“, fragte Marik. „Man hätte ihn sonst in der Wüste liegen gelassen. So wäre er auch gestorben.“ Ja, es stimmte. Ich wollte gar nicht wissen, wie viele Sklaven schon dort gestorben waren. „Jetzt können wir nur noch warten, bis er aufwacht.“ Ich nickte und setzte mich neben das Bett von Jono auf einen Stuhl. ~~~ Flash back Ende ~~~ „… Jetzt weißt du, was passiert ist.“ Ich schaue meinen Herrn müde an. „Du solltest noch etwas schlafen. Es wird dir gut tun.“ Ich nicke nur und schon fallen mir meine Augen wieder zu. ~~~ Traum ~~~ Langsam geht ein 10 jähriger Junge durch die Straßen Ägyptens. Er war ziemlich klein für sein Alter und trug Klamotten, die schon sehr abgenutzt waren. Aber was sollte er machen? Er war ein Straßenkind und er war allein. Seine Eltern hatte er nie kennen gelernt. Sein ganzer Körper schmerzte. Wieder hat man ihn erwischt, wie er sich einen Apfel klauen wollte, als wie wenn die reichen Verkäufer dadurch arm werden würden. Der Junge beachtete seine Umgebung nicht. Plötzlich stieß er mit jemandem zusammen und landet auf dem Boden. „Hey, pass doch auf wo du hinläufst!“, hört er eine verärgerte Stimme. Er schaut auf und trifft blaue Augen. Solch eine Farbe hatte er bis jetzt noch nie gesehen – sie waren wie der Himmel über Ägypten. „Ich rede mit dir. Kannst du nicht sprechen oder was?“ Erst jetzt merkt der Junge, dass er angesprochen wurde. Dann schaut er sich die Person an. Sie ist um einiges größer als er selbst und trägt teure Kleidung. Auch müsste er etwas älter sein. „Woher kommst du?“, fragt man ihn wieder. „Von der Straße.“ „Und wie alt bist du?“ „9.“ Der Junge wird von seinem Gegenüber am Arm gepackt und hochgezogen. „Du solltest lieber von hier verschwinden. Die Straße hier, ist für Straßenkinder und Obdachlose tabu. Jeder, der nicht im Palast lebt, wird gnadenlos als Sklave verkauft und den Wachen ist es egal, wie alt du bist.“, sagt der etwas Größere leise. Der Junge nickt und läuft weg. Der Straßenjunge läuft schnell in eine Seitengasse. Erst jetzt bemerkt er, dass er sich verlaufen hat. Verängstigt schaut er sich um. Wo war er hier? Die Umgebung kommt ihm total unbekannt vor. Plötzlich hört es Stimmen. „Wir haben heute wieder einige Sklaven verkauft.“ „Ja, aber immer mehr wollen Kinder haben. Mit ihnen kann man mehr machen.“ „Ich weiß, was du meinst. Sie wehren sich nicht so.“ Ein Lachen erschallt. Dann sieht der Junge Männer auf Pferden, die immer näher kommen. Erstarrt bleibt er stehen. Er kann sich nicht bewegen. Angst lähmt seinen Körper. Plötzlich bleiben die Männer stehen. „Na wenn haben wir denn da? Schau dir mal den Jungen an. Wie viel meinst du, ist er wert?“, sagt einer der Männer. „Es kommt darauf an, was er alles kann und wozu er zu gebrauchen ist.“, antwortet ein Anderer. Einer der Männer steigt von seinem Pferd ab und geht auf den Jungen zu. „Hey, komm doch mal her. Wir wollen dir nichts tun.“, sagt der Mann, aber der Junge schüttelt nur den Kopf. „Na dann eben anders.“, knurrt der Mann jetzt. Der Junge versucht zu fliehen, aber weit kommt er nicht, denn er wird von hinten gepackt und bewusstlos geschlagen. ~~~ Traum Ende ~~~ Erschrocken wache ich auf. An diesen Tag habe ich schon lange nicht mehr gedacht. An diesem Tag hat eigentlich erst mein Sklavenleben angefangen. Ich wurde damals erst nach ein paar Stunden wieder wach. Die Männer hatten mich gefesselt und irgendwo eingesperrt. Erst nach drei Tagen ist endlich jemand gekommen und hat geschaut, ob ich noch lebe. Ich schaue mich im Zimmer um. Draußen ist es schon dunkel, also muss ich ziemlich lange geschlafen haben. Auch mein Herr ist nicht mehr hier. Aber was habe ich auch erwartet? Er hat noch andere Pflichten und kann nicht ständig bei mir sein. Ich setze mich vorsichtig auf und ziehe meine Beine an meinen Körper, auch wenn es wehtut. Dann lege ich meinen Kopf auf die Beine ab. Plötzlich fällt mir etwas ein. Da waren auch blaue Augen an diesem Tag gewesen. Sollte mir etwa deshalb mein Herr so bekannt vorkommen? War er es damals, der mich gewarnt hat? Aber wie oft gibt es schon solche Augen in Ägypten? Sie sind genauso selten, wie die Farbe meiner Haare. Die Farbe der Sonne. Viele haben mir schon gesagt, dass ich den Sonnengott Ra mit meiner Haarfarbe entehre. Aber ich kann nichts für ihre Farbe. Aber warum bin ich dann im Palast des Pharaos? Was haben sie mit mir vor? Nael sagte zwar, dass es hier keine körperlichen Strafen gibt, aber trotzdem habe ich irgendwie Angst. So in meinen Gedanken versunken, bemerke ich nicht, wie die Sonne langsam aufgeht und den neuen Tag verkündet, der wieder von neuem beginnt, bis die Sonne untergeht und die Nacht wiederkommt. Kapitel 3: Wie die Sonne am Morgen ... -------------------------------------- Gedankenverloren gehe ich durch den Palast. Wie lange war es nun schon her, als ich solche blonden Haare das erste Mal gesehen habe? Damals war ich noch ein Kind. Als ich eines Tages wieder einmal spazieren gegangen bin, begegnete mir dieser Junge. Seine Haare erinnerten mich sofort an die Sonne. Doch hier wäre er in Gefahr. Nur Menschen, die im Palast lebten, durften diesen Weg benutzen. Also schickte ich ihn warnend weg. Irgendwie war ich neidisch auf diesen Jungen. Er war frei und konnte alles machen, was er wollte. Erst viele Jahre später habe ich gelernt, wie die Menschen auf der Straße lebten. Oft genug wollten Bettler von mir Geld. Ich habe diesen Jungen irgendwann vergessen, bis gestern. Eigentlich wollte ich mir nur einen geeigneten Sklaven suchen, der mich bei meiner Arbeit unterstützen konnte. Keiner der Sklaven sagte mir zu, bis er kam und mit ihm die Erinnerung. Ich wollte nur noch diesen Sklaven, dessen Haare mich an die Sonne erinnerten. Solche Menschen gibt es sehr selten und einer Gesichte nach, sollten solche Kinder von Ra gesegnet worden sein. Aber ist es derselbe Junge wie damals? Dieser Junge, auf dem ich neidisch war, weil ich es damals noch nicht besser wusste? Seufzend stelle ich mich an ein Fenster und schaue nach draußen. Vielleicht sollte ich nachher einmal in den Tempel des Ras gehen und beten. Beten für diesen Jungen, falls er da draußen noch irgendwo sein sollte, denn ich glaube nicht, dass es der Sklave ist, der jetzt mir gehört, obwohl es solch eine Haarfarbe nicht oft gibt. „An was denkst du gerade?“ Erschrocken zucke ich zusammen, als ich die Stimme neben mir vernehme und drehe mich um. Dort steht mein Cousin, der Pharao. „Ich habe an damals gedacht, als ich noch ein Kind war. Ich habe dir doch einmal von der Begegnung mit dem Straßenkind erzählt, oder?“ „Ja, ich glaube ich erinnere mich. Hatte diese Kind nicht auch so eine goldene Haarfarbe, wie dein Sklave jetzt?“ Mein Cousin stellt sich neben mich. „Das stimmt, doch glaube ich nicht, dass es die Beiden ein und dieselbe Person sind.“ „Aber diese Haarfarbe ist sehr selten. Warum spricht du nicht einmal mit ihm darüber?“ „Und wenn ich es tun würde, er weiß es bestimmt nicht mehr. Es sind schon so viele Jahre seitdem vergangen.“ Wieder sehe ich nach draußen. Der Mond bescheint den Gang, auf dem wir uns gerade befinden. Die Nacht ist ruhig und sternenklar. „Hast du es denn noch gewusst? Ihr wart damals Kinder.“ „Nein, ich habe es auch nicht mehr gewusst. Mir kam die Erinnerung erst wieder in den Sinn, als ich seine Haare gesehen habe.“ „Siehst du. Vielleicht hat er sich auch wieder an damals erinnert, falls er es sein sollte und ich zweifle nicht daran.“ „Glaubst du wirklich, dass er es ist? Es sind schon so viele Jahre vergangen. Jahre, in denen er sehr viel Leid ertragen musste. Vielleicht hätte ich ihn damals wegbringen sollen.“ „Was damals passiert ist, kann niemand mehr ändern. Du solltest dir nicht so viele Gedanken darüber machen Seth. Er kommt bestimmt wieder auf die Beine und dann beginnt für ihn ein besseres Leben. Du weißt ja, dass hier keine Sklaven geschlagen werden oder so ähnlich.“ „Eigentlich hast du es doch verboten, dass man Sklaven schlägt. Warum halten sich nicht alle daran? Ich meine, mein Sklave ist ausgepeitscht worden und das nicht nur einmal.“ „Ich kann zwar Gesetze erlassen, aber ich kann nicht überall sein und nachschauen, ob sich daran gehalten wird. Das solltest du auch wissen. Es hält sich nun mal nicht jeder gleich an meine Regeln, obwohl das eigentlich so sein sollte.“ „Das weiß ich und doch fällt es mir schwer diesen Sklavenhändler nicht sofort umzubringen.“ „Er wird seine Strafe noch erhalten, das kannst du mir glauben.“ Eine Weile stehen wir Beide noch still beieinander. „Wir sollten uns langsam ins Bett begeben und die Nacht ist nur noch kurz. Bald wird Ra wieder seine Strahlen über uns aussenden.“, sagt Atemu. „Dann wünsche ich dir eine gute und geruhsame Nacht.“ „Das wünsche ich dir auch.“ Damit gehen wir beide in unsere Zimmer. Lange kann ich nicht einschlafen. Immer noch sind meine Gedanken bei Jono. Ich möchte ihm so gerne helfen, aber ich weiß nicht wie. Der Anfang ist ja schon einmal gemacht. Er ist jetzt hier bei mir und ich werde ihn nie wieder gehen lassen. Wenn er wirklich von Ra gesegnet ist, muss ich besonders auf ihn aufpassen, nicht das der Gott der Sonne noch erzürnt wird. Am nächsten Morgen wache ich mit den ersten Sonnenstrahlen auf. Ich muss irgendwann doch eingeschlafen sein. Ich rufe Nael, der auch nach ein paar Minuten in meinem Gemach steht. „Ihr habt mich rufen lassen, Meister Seth?“ „Ja, ich möchte, dass du mir ein Bad einlässt.“ Nael nickt. „Wenn ich mir eine Fragen erlauben darf, Meister Seth.“ Ich nicke. „Ist das nicht eigentlich Jonos Aufgabe? Ich habe ihn schon seit gestern nicht mehr gesehen. Ist irgendetwas passiert?“ „Jono geht es nicht gut. Er muss sich erst von seinen Wunden, die er erhalten hat, bevor er mein Sklave wurde, erholen. Und jetzt lass mir bitte ein Bad ein.“ Damit verschwindet Nael und bereitet alles vor. Nachdem ich gebadet und mich angezogen habe, mache ich mich erst einmal auf dem Weg zu dem Gemach von Jono, welches nicht weit entfernt von meinem ist. Leise öffne ich die Türe, da er noch schlafen könnte. Ich entdecke ihn sitzend auf seinem Bett. Er hat seinen Kopf auf seine Knie gelegt und scheint in Gedanken verloren zu sein. Langsam gehe ich auf das Bett zu und berühre ihn an der Schulter. Erschrocken zuckt er zusammen und schaut auf. Als er mich erkennt, will er sofort aufstehen, doch ich halte ihn zurück. „Du sollst dich doch nicht bewegen, sonst gehen deine Wunden wieder auf. Erschrecken wollte ich dich auch nicht.“ Jono schaut mich mit seinen braunen Augen an. Irgendetwas scheint ihn immer noch zu beschäftigen. „Willst du mir nicht erzählen, was dich beschäftigt?“ Er schüttelt mit dem Kopf. Ich seufze und setze mich zu ihm auf das Bett. „Ich möchte dich gerne verstehen können.“, versuche ich es noch einmal. „Ihr habt doch schon genug zu tun, Meitser Seth. Da möchte ich Ihnen nicht noch meine Sorgen antun.“ „Fühlst du dich hier nicht wohl?“ „Nein, das ist es nicht.“ „Dann sag mir was es sonst ist.“ Einige Minuten bleibt es still. Ich möchte schon aufgeben, als Jono langsam zu sprechen anfängt. „Es geht um meine Haare. Was werdet ihr nun mit mir tun? Mit meiner Haarfarbe entehre ich doch den Sonnengott.“ „Wer hat dir das erzählt?“ „Die Menschen auf der Straße, Meister Seth.“ „Dann haben sie gelogen. Hier im Palast gibt es eine Geschichte über den Sonnengott Ra. Ich kann sie dir erzählen, wenn du es möchtest.“ Jono nickt und ich fange an zu erzählen: „Zu Anbeginn der Zeit, als die Welt erschaffen wurde, war Ra, König aller Existenz, kein fernes Wesen, sondern lebte auf Erden. Seine Herrschaft war paradiesisch; seine einzige Aufgabe bestand darin, ab und an mal nach dem Rechten zu schauen. Doch Ra wurde alt und dachte daran seine Herrschaft auf Erden zu beenden, jedoch verachteten viele Menschen ihn dafür. Der Sonnengott erboste und sandte sein Auge in Gestalt der Göttin Hathor (1), um diese Menschen zu vernichten. Danach beschloss er der Erde den Rücken zu kehren und lebte fortan im Himmel. Doch musste er mit ansehen, dass die Menschen unter ihm sich bekämpften und jeder dem anderen die Schuld für den Verlust der Sonne gab. (2) Doch Ra soll Kinder auswählen, die eine besondere Gabe haben, und sie segnen. Diese Kinder soll man daran erkennen, dass sie goldene Haare haben, die wie das Licht der Sonne sind. Sie sollen dem Land Glück bringen, in dem sie leben. Leider ist vielen diese Geschichte nicht bekannt und deshalb denken sie wahrscheinlich, dass du den Sonnengott Ra entehrst, aber eigentlich bist du etwas Besonderes.“ „Wenn Ra mich wirklich gesegnet hat, warum musste ich dann so leiden? Warum hat er mich dann nicht beschützt?“ Ich merke, dass er anfängt zu weinen. Es muss wirklich schwer für ihn sein. „Aber Ra hat dich beschützt. Er hat über dich gewacht, damit du das alles überstehst. Und jetzt bist du hier im Palast. Hier wird dir nichts mehr passieren, dafür werde ich sorgen.“ Ich weiß nicht, was Jono gerade denkt, aber ich hoffe, er glaubt mir. Seine Haare werden von den Strahlen der Sonne beschienen und sie glänzen wie die Sonne selbst. Es gibt keinen Zweifel. Jono ist eines dieser Kinder, die von Ra gesegnet wurden und ich werde auf ihn aufpassen. Wenn du mich hörst Ra, bitte wache über dein gesegnetes Kind. Er soll nie wieder so leiden müssen, wie früher. Bitte Ra. Es ist die einzige Bitte, die ich an dich habe. Bitte erhöre sie. (1) Die Göttin Hanor – siehe Charakterbeschreibung. (2) Bis dahin stammt die Geschichte von folgender Seite: http://de.wikipedia.org/wiki/Re_(%C3%84gyptische_Mythologie) Ich habe heute bemerkt, dass ich diese FF stark vernachlässigt habe und ich hoffe, ihr verzeiht mir das, doch das letze Jahr war nicht einfach für mich, aber jetzt ist es schon wieder viel besser. Danke für die netten Kommis, die ihr mir geschrieben habt. Ich hoffe, ihr bleibt mir treu. Bis zum nächsten Kapitel dann. Ich hoffe, dass es nicht wieder solange dauert. Kapitel 4: Gespräche und Gedanken --------------------------------- Lange denke ich über die Worte meines Herren nach, nachdem er wieder seinen Aufgaben nachgehen musste. Ich soll ein gesegnetes Kind von Ra sein? Ich, der sein ganzes Leben nur Leid erfahren hat? Ich schaue zu der Sonne, die hoch am Himmel steht. Wie oft hat sie mich schon gequält, als wir weite Strecken durch den Wüstensand laufen mussten, ohne dass uns eine Pause vergönnt war, während die Sklavenhändler auf ihren Pferden oder Kamelen vor uns her geritten sind? Soll das das Leben eines Gesegneten sein? Ich kann dieser Geschichte einfach nicht glauben, aber vielleicht … Nein, ich bin keines der gesegneten Kinder, auch wenn ich der Geschichte gerne glauben möchte. Ich werde durch ein leises Klopfen aus meinen Gedanken gerissen, bevor langsam die Tür geöffnet wird. Nael kommt mit einem kleinen Tablett rein, auf dem sich etwas Brot, frisches Obst und Wasser befindet. „Das soll ich dir von Priester Seth aus vorbeibringen, damit du wieder zu Kräften kommst. Wie geht es dir?“ Er stellt das Tablett neben mir auf einen kleinen Tisch und setzt sich auf den Stuhl. Verwundert schaue ich Nael an. „Aber ich habe mir noch kein Essen verdient. Ich habe bis jetzt noch gar nichts für Priester Seth getan, außer ihm zur Last zu fallen.“, antworte ich zögerlich. Nael schaut mich verwundert an. „Jeder Sklave bekommt hier etwas zu essen, egal ob er viel oder wenig getan hat. Und woher soll dein Körper bitte die Kraft nehmen, sich wieder so erholen, wenn du nichts isst?“ Fragend schaut er mich an. „Früher musste es auch so gehen.“, flüstere ich nur und schaue wieder nach draußen. Nael seufzt nur und steht auf. „Du bist nicht mehr bei den Sklavenhändlern, sondern im Palast. Priester Seth macht sich wirklich Sorgen um dich. Ich muss jetzt leider wieder an meine Arbeit gehen, vielleicht komme ich später noch einmal vorbei.“ Damit geht er wieder und lässt mich mit meinen Gedanken zurück. Priester Seth sollte sich Sorgen um mich machen? Er kennt mich doch kaum ein paar Tage. Ich weiß nicht, warum er ausgerechnet mich auf dem Sklavenmarkt auswählte. Sollte er wirklich der Junge von damals sein? Ich kann es mir nicht vorstellen. Ich lege mich wieder hin, ohne weiter auf das Essen und das Wasser zu achten. Erschrocken mache ich meine Augen auf, als ich eine leichte Berührung an meiner Stirn bemerke. Ich muss eingeschlafen sein. Ruckartig setze ich mich auf und bereue es gleich. Ein starker Schmerz durchströmt meinen Körper. Ich lege meine Hände auf meinen Bauch. „Ich wollte dich nicht erschrecken.“, höre ich die Stimme meines Herren. „Du solltest dich langsam wieder hinlegen.“, sagt eine fremde Stimme zu mir. Unter Schmerzen versuche ich mich wieder hinzulegen, was mir nach einiger Zeit auch gelingt. Als ich auf meine Hände schaue, sehe ich an ihnen Blut. Wie oft habe ich sie schon so blutig gesehen und es hat nie jemanden gekümmert. „Die Wunde am Bauch hat sich durch das ruckartige Aufsetzen wieder geöffnet.“, höre ich die fremde Stimme, bevor ich eine Berührung an meinem Bauch spüre. Berührungen sind mir unangenehm, weil es immer zur Folge hatte, dass ich wieder geschlagen werde. Ich schlage meine Hände vor mein Gesicht in Erwartung meiner Strafe. „Es passiert dir hier nichts mehr. Du wirst nicht mehr geschlagen.“, dringt langsam die Stimme meines Herren zu mir durch. Zögerlich nehme ich meine Hände von meinem Gesicht. Ängstlich schaue ich zu meinem Herren. Dann spüre ich wieder eine Berührung an meinem Bauch und zucke zusammen. Ich fühle mich unwohl. „Die Wunde ist zum Glück nicht so tief. Ich werde sie auswaschen und dann noch einmal ordentlich verbinden.“ Wieder diese unbekannte Stimme oder habe ich sie schon einmal gehört? Sie kommt mir doch etwas vertraut vor. Mein Herr nickt stumm und lässt mich nicht aus den Augen. „Das kann jetzt etwas wehtun, weil in dem Wasser ein paar Kräuter sind, die die Heilung unterstützen.“, wird mir erklärt. Dann wird mit einem feuchten Tuch über meine frischblutende Wunde gestrichen. Vor Schmerzen beiße ich mir auf die Unterlippe und wende mein Gesicht von meinem Herren ab. Er soll diese Schwäche nicht auch noch sehen müssen. Wenn ein Sklave Schwäche zeigt, dann ist das nie ein gutes Zeichen gewesen. Irgendwann waren diese Sklaven auf dem Sklavenmarkt nur noch leere Hüllen und starben nach kurzer Zeit. Ich musste schon so viele Tote sehen, darunter waren auch Kinder, die ihr ganzes Leben noch vor sich hatten. Ich merke nicht, dass ich anfange zu weinen, bis ich wieder die Stimme meines Herren vernehme: „Marik ist gleich mit der Behandlung fertig. Hast du starke Schmerzen? Sollen wir eine Pause machen?“ Ich kann nur meinen Kopf schütteln. Diese Schmerzen kann man nicht behandeln, dafür müsste man schon mein Leben ändern können. „Wir sind mit dem Waschen der Wunde soweit fertig. Denkst du, du schaffst es dich langsam aufzusetzen?“ Ich schaue Marik an und richte mich langsam auf, was gar nicht so leicht ist. Immer wieder muss ich kurz anhalten, bis mich ein paar Hände stützen. Etwas ängstlich schaue ich zu meinem Herren, aber seine Hände liegen ruhig auf meinem Körper und unterstützen mich beim Aufsetzen. „Ihr müsst mir nicht helfen. Eure Hände werden nur ganz blutig oder schmutzig.“, sage ich leise zu meinem Herren. „Lass das mal meine Sorge sein.“, bekomme ich nur als Antwort. Als ich sitze, wird ein neuer Verband angelegt und Marik verabschiedet sich von uns. Im Augenwinkel sehe ich, wie mein Herr aufsteht und sich augenscheinlich die Hände wäscht. Dann kommt er mit einer Schüssel zu mir und hält sie mir hin. Verwirrt schaue ich ihn an. „Du solltest deine Hände auch waschen, sie sind immer noch voll Blut.“ Ich nicke und wasche langsam meine Hände immer darauf bedacht, das ich nicht auch noch meinen Herren wieder schmutzig mache. Als ich fertig bin, stellt er die Schüssel wieder zur Seite und sieht den kleinen Tisch, auf dem immer noch mein Essen steht. „Warum hast du noch nichts gegessen?“, fragt er mich. Ängstlich antworte ich ihm leise: „Ich habe noch gar nichts getan, deswegen habe ich noch kein Essen verdient. Erst muss ich meine Aufgaben erledigen und dann darf ich etwas essen.“ Wie oft wurde mir dieser Satz schon eingeprügelt, als ich mir heimlich etwas zu Essen nehmen wollte. Erst arbeiten und wenn dein Herr zufrieden ist, dann gibt es etwas zu Essen. Seufzend reicht er mir ein Stück Brot. „Du bist gerade nicht in der Lage zu arbeiten, aber dein Körper braucht die Energie, um wieder gesund zu werden. Wenn du wieder gesund bist, warten noch genug Aufgaben auf dich. Du bist sowie so schon dünn genug, also iss.“ Zögerlich nehme ich das Brot in die Hand und beiße hinein. Genüsslich genieße ich das Brot. So etwas Leckeres habe ich noch nie gegessen. Sonst gab es immer steinhartes Brot, was man fast nicht herunterbekommen hat und vergammeltes Obst oder irgendwelche Knochen, wo kaum noch Fleisch dran war. „Iss bitte dann auch noch etwas von dem Obst. Ich muss jetzt leider wieder meinen Aufgaben nachgehen und werde heute Abend noch einmal nach dir schauen.“ Bevor er aus dem Zimmer verschwindet, flüstere ich noch ein „Danke Herr“ hinterher. „Du wirst dich schon noch daran gewöhnen, dass das Leben im Palast anders ist als bei den Sklavenhändlern. Essen steht jedem im Palast zu, du musst dich deshalb nicht bei mir bedanken.“ Ich nicke nur und Priester Seth verlässt mein Zimmer. Gedankenverloren schaue ich wieder aus dem Fenster, nachdem ich auch noch ein paar herrlich frische Feigen gegessen habe. Es liegt zwar immer noch einiges von dem leckeren Essen auf meinem Teller, aber ich schaffe einfach nicht mehr zu essen. Der warme Wüstenwind spielt mit meinen Haaren. Priester Seth sprach von genug Aufgaben, die ich nach meiner Genesung haben werde. Was das wohl für Aufgaben sein werden? Hoffentlich halte ich den Erwartungen von Priester Seth Stand. Ich möchte nicht schon wieder zu den Sklavenhändlern zurück. Ich muss einfach mein Bestes geben, dann kann er mich nicht wieder zurückschicken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)