Step Into My World von RallyVincento ================================================================================ Kapitel 22: Step Twenty-two... Family ------------------------------------- Step Twenty-two… Family Familie ist und bleibt der Ort, wo Menschen in ganz besondere Weise mit ihren Eigenheiten, Stärken und Schwächen angenommen werden. Hannelore Rönsch May Godai Aufgeregt sah ich meine Plattensammlung noch einmal durch und hoffte, alle Mixes dabei zu haben die ich brauchte. Dieser Job war wirklich wichtig, in diesem Club tauchten immer wieder einmal Musikverleger auf, die die Mixes von DJs verlegten. Wenn ich es schaffte einen auf mich aufmerksam zu machen, dann musste ich mir eventuell keine Sorgen mehr wegen dem Studium machen oder als arme mittelose Künstlerin zu enden. Das Womb war einfach nur toll, die Lichtinstallation und die Tanzfläche – einfach Wahnsinn. Hier einen Job zu bekommen war fast unmöglich, aber man hatte mich angerufen, weil der DJ der auflegen sollte abgesagt hatte. Glück musste man haben. Es klopfte an die Tür, wo ich mich umzog und der Kopf eines Türstehers spähte rein. „Hy Little Snake.“ Ein bulliger Typ lächelte mich an und trat ein. „Tomiee.“ Ich grinste und ließ mich auf einen Stuhl fallen. „Na alles klar?“ Ich lächelte nur. Tomiee war ein alter Bekannter von mir und den Jungs. Wir kannten uns schon ewig und wer Tomiee kannte, der kam in fast jeden Club in der Stadt, weil man so jeden Türsteher kannte. „Kommen die Jungs auch noch?“ „Ja. Duhu? Bist doch so lieb…“ „…und schleuse sie vor den anderen rein, damit sie nicht ewig in der Schlange stehen? Klar!“ Sein markantes Gesicht und sein Undercut verwirkten bei anderen ihr Ergebnis nie, er wirkte wie einer mit dem man sich nicht anlegen wollte. Aber er war total lieb, immer wenn er gerade vor einem Club stand wo ich einen Job hatte, passte er auf mich auf. Wie oft hatte er schon Typen rausgeworfen, weil sie mich begrabscht hatten oder weil ich sie kastriert hatte. Es war toll, wenn man die wichtigen und richtigen Leute kannte. „Little Snake – ich pass schon auf dich auf. Wenn dich jemand anmacht, sag mir Bescheid. Auch wenn ich mir mehr Sorgen um den Typen mache, besonders wenn die Jungs auch noch da sind.“ Er zwinkerte mir zu, hob mich vom Stuhl und drückte mich fest. Little Snake. So hatte mich Tomiee immer genannt als wir noch Teenager waren und dann war er zu meinem DJ Namen geworden. Nervös sah ich auf die Uhr und ging noch einmal meinen Plan durch, mein Konzept war perfekt – in meinen Augen. Ob das die Leute auch so sagen würde man sehen. Mein Blick blieb am Spiegel heften und ich begann damit mich zu stylen. Massanorie Lenjier Die letzten zwei Wochen waren anstrengend gewesen, für uns alle. Zuerst sah es so aus als würde mein Vater nie wieder zu Kräften kommen. Als er aufgewacht war, hatte meine Mutter nur geweint, vor Glück und vor Sorge um ihn. Meine Schwester wollte ihn gar nicht mehr los lassen und ich – ich hatte nur da gestanden und war dankbar das dieser alte Mann so zäh war. In dieser Zeit hatte ich mich quasi bei Mamoru eingenistet, der Gedanke alleine zu sein hatte mich so sehr erschrocken, dass ich es nicht schaffte nicht bei ihm zu sein. Morgens ging ich in die Firma, regelte alles was es gab und nachmittags war ich in der Klinik und half meiner Familie so gut wie ich konnte. Meine Großeltern waren angereist und meine Mutter schien bis auf wenige Minuten Ausnahme fast schon dankbar über ihre Anwesenheit, was einem Wunder glich, wenn ich daran dachte, dass meine Mutter und meine Großeltern sich nicht besonders leiden konnten. Meine Großmutter blieb mit meiner Mutter im Krankenhaus und sie lösten sich am Bett meines Vaters ab, während mein Großvater in die Firma ging und mir half, dass nicht alles zusammenbrach – eher gesagt versuchte ich die Firma vor ihm zu bewahren. Er wusste zwar einiges besser, war aber mit der neuen Technik, die wir vor einigen Jahren in die Firma integriert hatten, leicht überfordert. Ich möchte kurz anmerken wir reden hier von Computern und Laserdruckern statt Schreibmaschinen, nicht von Teilchenbeschleunigern, wobei für meinen Großvater war das wohl das gleiche. Also spielte ich zumeist Babysitter für ihn. Ich übernahm die Position meines Vaters und nach einigen Tagen der Unruhe und der Verunsicherung hatte der Lauf in der Firma wieder seinen normalen Gang genommen. Mein Vater war heute entlassen worden und der Arzt hatte deutlich gemacht, dass er sich einschränken und kürzer treten musste, was für mich hieß mehr als je zuvor seinen Platz einzunehmen. Für meinen Vater hieß es ein Hobby zu finden! Julia unterstütze meine Mutter und mich mit allem was sie geben konnte. Sie kam in die Firma und fuhr Papiere herum, kochte für Mutter und meine Großeltern und zum ersten Mal seit Jahrzehnten waren wir uns so nahe wie nie. Mamoru hatte dies nur mit dem Satz „Familiendramen schweißen doch immer zusammen!“ kommentiert. So wie er war, hatte er es nicht ganz ausgesprochen und sich schon entschuldigt. Aber nach diesen zwei Wochen merkte ich, dass Mamoru ebenso viel getan hatte, auch wenn ich es nicht gesehen hatte. Er hatte fast jeden Tag auf dem Fischmarkt gearbeitet, war danach in seine Wohnung gefahren, hatte sich um Sparky gekümmert, war zu meiner Mutter gefahren, hatte sich die Spitzen meiner Großeltern gefallen lassen und hatte zeitweise auch Katrin am Bein hängen gehabt. Abends wenn ich dann nach Hause kam, saß er auf der Couch, hatte Essen gekocht und hörte sich meinen Tag an und während dieser Zeit fragte ich nur selten nach seinem. Mein Egoismus hatte in dieser Zeit einen neuen Höhepunkt erreicht – doch er sagte nichts. Nach diesem Überraschungsbesuch von Bunny hatte Mamoru mit ihr oder den anderen Mädchen nichts mehr zu tun. Sie hatten wohl noch einige Male angerufen, aber Mamoru hatte mir sonst nichts erzählt – ich hatte aber auch nicht gefragt. Leider war der Sex vor zwei Wochen auch der erste und letzte bis zu diesem Moment. Ich hatte einfach keine Lust wenn ich abends kam und Mamoru blieb abends nur wach um sich um mich zu kümmern, oft genug fielen ihm die Augen zu – da war wohl nicht an Sex zu denken – auch wenn ich das ganze schon sehr gerne wiederholt hätte. Es war Samstagabend und ich beobachtete meine Mutter wie sie meinen Vater gegen seinen Willen in eine Decke wickelte, ihm einen Hocker unter die Füße schob und meine Großmutter daneben stand und dies nur mit einem Nicken gut hieß. Er hatte sich geweigert ins Bett zu gehen und hatte dies damit begründet, dass er schließlich jetzt fast drei Wochen nur im Bett gelegen hätte. Nach einer halben Stunde, in der mein Vater allein auf seinem Posten kämpfte, hatte er alle soweit, dass sie ihm einen Platz in seinem Sessel zustanden. Aber die Decke, den Hocker, das Gezuppe und den Diätplan konnte er nicht weg reden, ebenso wie das Alkoholverbot und die Tatsache, dass er nun Nichtraucher war – gegen seinen Willen verstand sich. Etwas Mitleid hatte ich schon mit ihm, aber gegen meine Schwester, meine Mutter und meine Großmutter wollte ich mich nicht stellen. Mit einem Schmunzeln verschwand ich in die Küche und setzte mir einen Kaffee auf. Ein Blick auf mein Handy zeigte mir, dass Mamoru wohl kein Interesse hatte den heutigen Abend mit mir zu verbringen. Dabei hatte ich schon auf etwas Unterstützung gehofft, gerade weil mein Vater heute entlassen worden war. „Was ist los?“ Meine Mutter stand hinter mir und lächelte. Ihr ging es besser, das erleichterte mich. Zeitweise hatte ich mir wirklich Sorgen um sie gemacht. Zu wenig Schlaf und Essen hatten sie blass werden lassen. Auch wenn ich wusste, dass Mamoru ihr immer etwas gebracht hatte, so richtig Hunger hatte sie nie gehabt. „Ach nichts. Die letzten Wochen zerren nur an meinen Nerven, so wie bei uns allen.“ Ein nicken zeigte mir, dass es ihr genauso ging. „Und ich dachte schon du hättest mal wieder Streit mit Mamoru.“ Kam es schmunzelnd und wissend. „Wir haben keinen Streit.“ Es hatte keinen Sinn sie anzulügen, zudem hatte ich dann immer ein schlechtes Gewissen. „Ich finde es nur albern, dass er diesen Abend lieber mit seinen Freunden verbringt und in einen Club geht, anstatt hier zu sein und mich zu unterstützen.“ Nun klang ich doch etwas anklagend. „Das ist aber ganz schön egoistisch von dir Bruderherz!“ Meine kleine Schwester stand in der Tür, sie hatte Katrin ins Bett gebracht und schien nun unbedingt ihre Meinung kundtun zu müssen. „Bitte. Teile mir dein unerschöpfliches Wissen mit.“ Konterte ich nur ironisch. Daraufhin knuffte meine Mutter mich. „Deine Schwester hat recht. Mamoru hat in den letzten zwei Wochen wirklich sehr viel für dich getan. Er hat auf Sparky aufgepasst und dich mit durchgefüttert und er hat mir im Krankenhaus Gesellschaft geleistet und sich das Gerede deiner Großeltern angehört. Und das war nicht immer nett.“ „Wieso biste denn nicht mitgegangen?“ Katrin nahm mir meine Kaffeetasse aus der Hand und nahm einen Schluck. „Erst einmal ist das mein Kaffee. Und zudem mag ich seine Freunde nicht. Das sind Kinder. Sowas brauch ich nicht.“ Ich nahm Julia die Tasse wieder ab und setzte mich an den Küchentisch. „Wow. Und die mögen dich?“ „Ich bezweifle das. Aber darauf lege ich keinen Wert.“ Kam es nur bissig von mir. Meine Mutter schwieg, hörte uns zu und setzte sich neben mich an den Tisch. „Ich finde das ja etwas egoistisch – auch wenn ich mich wiederhole. Zudem hat ja niemand gesagt, dass du hier bleiben musst.“ Sie zuckte mit den Schultern und lehnte sich an die Küchenzeile. „Julia sei doch so nett und setz deinem Vater einen Tee auf.“ Meine Mutter nippte an ihrer Tasse und sah mich an. „Mir kam es so vor, als wenn seine Freunde sowas wie seine Familie sind. So hörte es sich an, wenn er von ihnen redete.“ „Wieso habt ihr über die geredet?“ Irritiert sah ich sie an. „Mamoru war ja oft genug im Krankenhaus und wenn dein Vater schlief oder bei einer Untersuchung war haben wir uns unterhalten.“ „Hmm. Aber das ändert nichts. Familie hin oder her.“ „Also muss er für dich und deine Familie da sein, aber nicht für seine eigene.“ „Das ist etwas anderes. Sie sind seine Freunde. Nicht seine Familie – auch wenn er das anders sieht.“ „Aber Familie ist doch nicht an Blutsverwandtschaft geknüpft.“ Julia mischte sich wieder ein und ich räusperte mich nur. „Misch dich nicht ein Julchen.“ „Aber sie hat recht. Massanorie, du kannst doch nicht mit zweierlei Maß messen. Für Mamoru sind seine Freunde seine Familie. Er würde für sie die gleichen Opfer bringen wie du für uns. Findest du es nicht fair, wenn du dich dann ebenso um sie bemühst wie er sich um uns bemüht. Mir ist sehr wohl bewusst, dass unsere Familie etwas anstrengend ist, und ich bin sicherlich etwas aufdringlich, aber Mamoru hat sich immer bemüht nett zu sein und zuvorkommend. Obwohl er deinen Vater gar nicht richtig kennt, hat er ihm den Gefallen getan und ihm Börsenzeitschriften gebracht. Die beiden dachten wohl ich bekomm das nicht mit, aber wenn es ihnen Spaß macht von mir aus.“ Ein Lächeln umspielt ihre Lippen und sie strich sich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Ich finde ja du bist es ihm schuldig, dich ebenso um seine Familie zu bemühen, auch wenn es in deinen Augen nur Freunde sind. Du nimmst nur – aber du solltest doch wissen – es klappt nur mit geben und nehmen.“ Mit diesen Worten stand meine Mutter auf, gab mir einen Kuss auf den Kopf und machte sich an das Tablett mit dem Tee und einigen Medikamente für meinen Vater. Plötzlich legten sich zwei Arme um mich und Julias Kopf positionierte sich auf meiner linken Schulter. „Weißt du was Bruderherz. Ich mag Mamoru, er ist super nett – und ich glaube er tut dir gut. Also bekomm deinen Arsch hoch und mach dir einen netten Abend.“ Noch bevor ich etwas sagen konnte verschwand sie aus der Küche, zusammen mit meiner Mutter. Yosuke Murakami Ganz cool. Bloß nicht anmerken lassen, dass sie einfach nur scharf aussieht. Ganz ruhig. Ich sah Minako an, welche auf mich zukam. Sie hatte ihre Jacke bei der Garderobe abgegeben und kam nun lächelnd auf mich zu. Sie trug ein umwerfendes rotes Minikleid, einen blauen Bolero und hohe schwarze Stiefel. Sie hatte ein dezentes Make-up aufgelegt und trug ihre Haare offen mit einem schwarzen Hut. Am liebsten hätte ich ihr ein Schild mit der Aufschrift MEINSumgehängt. „Und?“ sie drehte sich einmal um die eigene Achse und sah mich fragend an. „Oder meinst du es passt nicht zu diesem Club.“ Ich sah an mir herunter und stellte fest, dass ich mit meiner schwarzen Destroyed Denim Jeans, sowie den Boots und einem blauen Shirt nicht gerade zu meiner Traumfrau passte. „Du siehst toll aus, ich zweifle nur gerade etwas an mir.“ Sie lachte und küsste mich stürmisch. „Du siehst immer gut aus. Ich muss mich viel mehr anstrengen um neben dir nicht wie ein Kind zu wirken.“ Das wundervolle an ihr war, dass sie das wirklich glaubte. Dabei war sie vieles - aber kein Kind. Sexy, klug, liebevoll und einfühlsam – aber kein Kind. „Du bist einfach nur der Hammer. Und ich schwöre dir, wenn dich auch nur ein Typ heute Abend angrabscht, dann reiß ich ihm das Herz raus.“ Für alle Männer die sich hier schon tummelten und meine Freundin anglotzten, legte ich meinen Arm demonstrativ um sie und grinste. „Meins!“ wisperte ich nur ohne zu bedenken, dass Minako es hören konnte. „Deins.“ Flüsterte sie nur und gab mir einen sanften Kuss, indem sie sich zu mir hoch streckte. Selbst mit Stiefeln, war sie immer noch kleiner als ich. So musste es sein. Ich war ein Glückspilz. „Vergiss nicht was du versprochen hast.“ Sie sah mir in die Augen, als sie sich von mir löste und zwickte mich in die Seite. Ich nickte und seufzte. Minako und May hatten zwei Wochen lang auf mich eingeredet wegen der Sache mit Mamoru. Ich war in letzter Zeit etwas abweisend zu ihm gewesen und ihn mit Floskeln wie: es ist nicht deine Schuld; ich muss viel arbeiten; aber ich ruf dich an - versprochen abgespeist. Seitdem ich wusste, dass Mamoru mit diesem Massanorie zusammen war, war ich etwas verunsichert wie ich mit ihm umgehen sollte. Die Mädchen meinten, dass sich ja nichts ändern würde. Das selbst Minako so gut damit umging und mir ins Gewissen redete wunderte mich, aber sie hatte mir auf Nachfragen erklärt, dass ich doch immer wieder sagen würde, dass May und Mamoru meine Familie waren und Familie steht nun mal immer zusammen egal was ist – sagte sie. Außerdem müsste Familie der Ort sein wo man sein konnte wie man wirklich ist, ohne Angst zu haben. Minako schaffte es immer wieder mich zu überraschen. Sie machte sich Sorgen neben mir wie ein Kind zu wirken, dabei war sie oft genug die Reifere von uns beiden. Als May uns eingeladen hatte, musste ich beiden verspreche mich mit Mamoru auszusprechen, falls dieser kommen würde. Aber ich zweifelte nicht daran und ich sollte recht behalten. May und Mamoru waren beide schon da und unterhielten sich angeregt als wir in die oberer Etage zu den Loungeplätzen kamen, die May uns extra reserviert hatte. Der Club war noch nicht voll, aber es war auch erst kurz vor neun. Viel zu früh, aber May war sicherlich aufgeregt und konnte etwas Zuspruch gebrauchen. Sie sah wirklich gut aus. Dieses Mal keinen Rock, sondern eine ¾ Hose, schwarze flache Stiefel, ein sexy Top, witziger weiße in der gleichen Farbe wie das Kleid meiner Freundin. Etwas Schmuck, ein auffälliges Makeup und die Haare hatte sie zu zwei Zöpfen gebunden, wie Pippi-Langstrumpf. Wobei die Zöpfe lockig waren und alles was vorne herumhing glatt. Aber war wohl so ein Mädels Ding. Mamoru sah mich an und lächelte – anscheinend war er nicht sauer auf mich. Und plötzlich kam ich mir super albern vor. Ohne ein Wort zu sagen sahen wir uns an. Minako war die erste die das Schweigen brach. „Also ich finde die Männer holen den Frauen etwas zu trinken. Natürlich Alkoholfrei." Sie zwinkerte uns zu und schob uns in Richtung Bar. Als wir an der Bar standen, sah ich Mamoru von der Seite an. „Hör mal… tut mir leid. Ich bin echt ein Idiot.“ „Schon gut. Vergiss es. Wenn es dich tröstet, es gibt Augenblicke, da weiß ich selber nicht was ich von mir halten soll.“ Er lächelte und gab dem Barmann ein Zeichen, dass wir etwas bestellen wollten. „Hörzu, was willste haben. Die erste Runde geht auf mich, damit ichs wieder gut machen kann.“ „Na da will ich nicht nein sagen.“ Er grinste. „Zwei Bier, einen Ginger Bunny und…“ Er sah mich an. „…einen Tailormade Green Melon Iced Tea.“ Mamoru sah mich an. „Minako hat sich ja richtig heraus geputzt.“ „Ja. Ich komm mir auch etwas zu lässig vor. Aber ich bin froh, dass du auch nicht besser aussiehst.“ Ich grinste. Mamoru trug eine enge schwarze Jeanshose, anthrazit-farbene Boots mit 9-Loch Schnürung und ein weißes enges T-Shirt mit Knopfleiste. „Sind die Schuhe neu?“ Er sah an sich hinunter. „Ja hab sie zusammen mit einer Winterjacke in einem Seconhand Shop gekauft – vor ein paar Tagen. Wieso?“ „Weil sie gut aussehen.“ So langsam musste man doch etwas lauter reden, es wurde voller und die Musik, welche wohl noch von einer Playlist kam, passte sich der Geräuschkulisse an. Mit jeweils zwei Getränken stießen wir wenig später zu den Mädels, die offensichtlich gut gelaunt waren. „Hi. Da kommen ja unsere Männer.“ May rückte etwas und ließ Mamoru neben sich Platz nehmen. „Also Jungs, ist nun wieder alles gut, oder muss ich wieder sauer werden.“ Sie sah uns gespielt böse an oder besser nur mich. „Alles gut.“ Mamoru legte den Arm um sie und gab ihr einen Kuss auf die Schläfe. „Na gut. Aber wehe ihr streitet wieder wegen so einem Unsinn.“ „Keine Sorge, das wagen die nicht mit zwei so tollen Frauen an ihrer Seite.“ Minako lehnte sich an mich und saugte kurz an dem Strohhalm in ihrem Glas. „Na wer kann da schon wiedersprechen.“ Ich lachte und wir stießen an. Mamoru Chiba Halb zehn. May verabschiedet sich und verschwand. So nervös hatte ich sie schon lange nicht mehr erlebt. Aber für sie war das hier wirklich eine Chance. Yosuke und ich sahen uns nur an und seufzten, hoffentlich wurde es gut. Der Clubbesitzer kündigte sie an und anscheinend hatte sie sich umsonst Sorgen gemacht, denn sie schien schon Fans zu haben, die nur wegen ihr hier waren. „Also ohne große Reden zu schwingen hier euer DJ für die Nacht - Little Snack.“ Die Menge jubelte und May erschien hinter ihrem Mischpult und war sofort in ihrem Element, sie heizte den Leuten mit einigen Sprüchen ein und sah kurz zu uns hoch, bevor sie ihre Arbeit begann. Minako wippte mit dem aufkommenden Beat mit und nach dem Austausch eines Blickes wussten Yosuke und ich, sie hatte sich umsonst Sorgen gemacht. „Das ist richtig gut. Wollen wir tanzen?“ Minako stand auf und zog Yosuke mit hoch, dieser warf mir einen kurzen Blick zu. „Ist es ok, wenn wir…“ „Verschwinde schon, sonst ist deine Freundin gleich Freiwild.“ Ich deutete Minako hinterher die schon einige Meter weiter war. Die Tanzfläche unter mir füllte sich schnell und die Lichtshow war wirklich Wahnsinn, besonders durch die Reflexion der Discokugel in der Mitte des Saals. Unweigerlich fragte ich mich wie wohl Epileptiker darauf reagieren würden. Über mich selbst den Kopf schüttelnd nahm ich einen Schluck Bier und streckte mich. Das Massanorie sauer auf mich war verdrängte ich erfolgreich. Ich musste zugeben, ich war so gut drauf wie lange nicht mehr. So langsam ging es wieder Bergauf. In meiner Hosentasche vibrierte es. Ich konnte mir denken wer es war. Mit einem Blick auf das Display lachte ich auf. *Nehmen wir an es würde mich interessieren, wie ist es so in dem Club?* *Nichts für dich, aber ich finde es gut (^_-)* *Ich hasse diese Emoticons. In der Zeit wo du die eintippst kannst du schon sechs Nachrichten verschicken* Ich schmunzelte, nahm einen großen Schluck und ließ mich etwas aus. *凸( ̄ヘ ̄)* Es dauerte einige Minuten bis wieder etwas zurück kam. *Mit dir mach ich das gerne. * Ein grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus. *Wie geht’s deinem Vater?* *Gut. Und wie ist die Musik?* *May leistet ganze Arbeit. Ich glaube es würde dir gefallen. (  ̄▽ ̄)[] [](≧▽≦ )* Es kam nichts zurück. Aber es wunderte mich jetzt nicht wirklich. Es war kurz vor elf und ich war wieder an der Reihe Getränke zu besorgen. So langsam merkte ich den Alkohol. Ich vertrug Bier besser als andere Sachen, aber auch bei Bier kannte ich wenigstens meine Grenze. Yosuke schien das aber nicht zu interessieren, er hielt mich am Handgelenk fest und zog mich runter, als ich gerade zur Bar wollte. „Bring mir bitte noch ein Bier mit und zwei Shōchū (Japanischer Schnaps, zumeist aus Reis, Gerste, Kartoffeln oder Zuckerrohr gewonnen. Meist knapp über 30 %.) für uns.“ Er grinste. „Ich helfe dir tragen.“ Minako zupfte an meinem Shirt und deutete nach unten, die Musik ließ nur bedingt eine Unterhaltung zu. Morgen war ich heiser, das wusste ich - egal. Massanorie hatte sich nicht mehr gemeldet, aber er war erwachsen und ich hatte ihn gefragt ob er mitkommen wollte, mehr konnte ich auch nicht tun. Minako lief neben mir her und ich spürte wie sie nach meiner Hand griff und sie fest drückte. So viele Leute waren ihr wohl doch etwas suspekt, auch wenn sie sich gut hielt. Ich drückte ihre Hand zurück und zog sie durch die Menge zur Bar. Es war fast Glückssache ein Getränk zu bekommen. Mit etwas Geschick schlüpfte ich in eine Lücke an der Bar und versuchte Augenkontakt mit einem der Barmänner herzustellen – leichter gesagt als getan. „Kannst du mal deinen weiblichen Charme spielen lassen?“ rief ich ihr laut zu und deutete auf den Barmann. Minako lachte, und versuchte nun mit winken auf uns aufmerksam zu machen. Funktionierte nur nicht. Wie genial. Sowas passierte auch nicht oft, da stand eine hübsche Frau und keiner beachtete sie. Plötzlich zuckte ich zusammen. „Shit!“ ich kramte in meiner Hosentasche und holte mein Handy hervor, welches wie wild vibrierte. Massanories Nummer leuchtete auf. „Willst du kurz raus und dran gehen?“ Minakos Stimme kam nur leise an obwohl sie schon lauter redete. Nickend sah ich sie an und es vibrierte weiter. Es musste echt dringend sein, wenn er nicht auflegte. „Aber du kommst mit. Sonst bekomm ich Ärger!“ Sie lachte und folgte mir. Wir waren nun in der Nähe vom Ausgang. Hier war es zwar nicht leise aber so laut, dass man normal reden konnte und ein kurzes Telefonat war auch drin. Massanorie hatte in der Zeit schon zweimal aufgelegt und wieder angerufen. So langsam machte ich mir Sorgen, hoffentlich war mit seinem Vater alles in Ordnung! Besorgt ging ich beim dritten Anruf dran. „Hi. Ist alles ok? Ist was passiert?“ „Du musst nicht schreien.“ Ich war kurz irritiert. „Sorry, man merkt nach einer Zeit nicht mehr, dass man zu laut spricht. Wegen der Musik.“ Fügte ich erklärend hinzu, was eigentlich dumm war. „Bist du noch nüchtern genug um mir einen Gefallen zu tun?“ „Ich bin super nüchtern.“ Gab ich nur als Antwort, auch wenn es etwas übertrieben war. „Na dann. Komm doch bitte nach draußen und sag diesem Türsteher, dass ich mich nicht hinten anstelle. Denn wenn ich das tun muss, dann geh ich wieder.“ Ich verstand ihn nicht und sah Minako fragend an. „Was ist los?“ fragte sie mich. „Bin mir nicht sicher!“ gab ich zurück und in meinem Kopf hallten Massanories Worte noch einmal nach. „Bist du draußen – vor dem Club?“ „Super nüchtern? Na ja. Wo sonst Mamoru – wohl kaum in meiner Wohnung.“ „Ok – warte, ich komm eben raus.“ Dann legte ich einfach auf und konnte mir ein grinsen nicht verkneifen. „Und?“ „Mein Freund steht draußen und beschwert sich das er nicht wie sonst auch immer einen roten Teppich ausgerollt bekommt – warte hier und nicht anquatschen lassen.“ Mit diesen Worten lief ich zur Tür und trat ins Freie. Der erste Moment war ernüchternd, nicht weil es Schweine kalt war und es schneite, sondern weil die frische Luft mir einen kleinen Hammer vor den Kopf schlug und mir zeigte, dass ich morgen bestimmt einen Kater haben würde. Dann erst kam die Kälte. „Fuck!“ entfuhr es mir nur, während ich von einem Bein aufs andere hüpfte und mich schnell nach ihm umsah. Massanorie stand einige Meter weiter und rauchte eine. „Solltest du nicht rein gehen.“ Ich sah zur Seite und Tomiee an, welcher mich musterte.“ „Gute Idee. Aber kannst du mir vorher noch einen Gefallen tun?“ „Klar.“ „Kann er dahinten mit mir rein – ohne Schlange stehen.“ Ich deutete mit einem Kopfnicken Richtung Massanorie. „Der? Du kennst den? Das ich den nicht gleich verprügelt habe ist alles.“ „Ja ich weiß, er hat so eine Wirkung auf fast alle. Aber er ist eigentlich nett – also?“ Tomiee musterte erst Massanorie und dann mich. „Na gut, aber kommt der mir noch einmal dumm, dann schmeiß ich ihn wieder raus. Also hol ihn.“ „Danke!“ flötete ich nur und sprintete zu ihm hinüber. „Hey.“ „Hey.“ Massanorie sah mich an und schüttelte den Kopf. „Du hättest dir ruhig noch was anziehen können.“ Zunge rausstreckend sah ich ihn an. „Ach doch nicht für die paar Sekunden. Das lohnt den Aufwand nicht an der Garderobe. Komm schon bevor es sich Tomiee noch anders überlegt.“ „Tomiee?“ „Der Türsteher.“ Ich griff nach seiner Hand und zog ihn hinter mir her. „Im Club gibt es eine Raucherecke, da kannst du zu Ende qualmen.“ Massanorie Lenjier „Sind wir etwas aufgekratzt?“ Ich musterte den Türsteher noch einmal und ließ mich dann von Mamoru in den Club schleifen. Anscheinend freute er sich wirklich mich zu sehen und ich musste zugeben, dass mir das gefiel. „Ich muss nur Minako wiederfinden.“ Er sah sich im Eingangsbereich um. „Hey!“ Eine Frauenstimme ließ Mamoru zusammen zucken, er drehte sich zur Seite und winkte einer jungen Dame die zu uns kam. Ihr Outfit erinnerte stark an ein Party Girl. Das war also Minako. Ich hatte mir ja eine passionierte Sailor Kriegerin anders vorgestellt, aber gut. Die Musik war zu laut und ich kam mir hier wirklich alt vor, aber das lag wohl mehr an mir und nicht an dem Klientel, was hier vertreten war. Ich schenkte Minako ein Nicken, mehr als wie andere bekamen – aber ich wollte wenigstens versuchen nett zu sein. Auch wenn mir andere Menschen immer noch am Arsch vorbei gingen. „Willst du was trinken? Ich bin dran mit holen.“ Mamoru sah mich an und ich bemerkte, dass er, seitdem ich ihn kannte, noch nie so gute Laune hatte. Vielleicht musste ich mich doch etwas mehr um ihn kümmern. Er wartete meine Antwort nicht ab, sondern zog mich hinter sich her. Die Musik klang ab und es wurde etwas leiser, so dass man sich nicht mehr anschreien musste. An der Bar war es voll – rappelvoll. Ich sah mir an, wie Mamoru versuchte etwas zu bestellen, aber er sowie Minako scheiterten. Seufzend stupste ich ihn an. „Was willst du haben?“ „Ich kann das alleine.“ Gab er etwas schmollend zur Antwort, da er merkte dass ich ihm gerade etwas Unfähigkeit vorwarf. Aber nur etwas. „Sag es doch einfach.“ Er zögerte und kramte in seiner Hosentasche herum, um mir schließlich einen 1.000 (ca. 7 €) und einen 2.000 (ca. 14 €) Yen Schein hinzuhalten. Ich nahm das Geld aus seiner Hand, faltete die Scheine ordentlich und stecke sie zurück in seine Hosentasche. „Du solltest dein Geld fürs Studium sparen und nicht für Alkohol ausgeben. Auch wenn mir bewusst ist, dass du das nicht hören willst.“ „Ich will aber nicht, dass du bezahlst, sonst heißt es irgendwann ich würde dich ausnehmen. Oder würde nur dein Geld wollen!“ Er biss sich auf die Lippe und ich stutzte. „Wenn du denkst, dass ich das denke, dann sollten wir uns noch einmal eindringlich unterhalten. Und nun sag schon was du willst.“ Er schwieg und strich sich durch die Haare. Minako stand nur neben uns und beobachtet diese Szenerie zwischen Mamoru und mir. „Zwei Bier, zwei Shōchū und eine Cola mit Eis.“ Sie lächelte und sah Mamoru an. „Er meint es nur nett.“ „Darum geht es nicht.“ Konterte er nur und seufzte. „Sturer Kerl.“ Gab ich nur als Antwort und wandte mich dem Barmann zu. „Als wenn du es schaffst zu bestellen.“ Mamoru konnte sich einen bissigen Kommentar nicht verkneifen. „Du musst auch immer das letzte Wort haben.“ Kopfschüttelnd sah ich ihn aus den Augenwinkeln an. Der Barkeeper wollte gerade an mir vorbei huschen, als ich ihn auch schon am Arm gegriffen hatte. „Hey. Zwei Bier, zwei Shōchū, eine Cola mit Eis und einen Whiskey pur und wehe du mischst den mit Wasser.“ Zwei Minuten später hatte ich die Getränke. „Sehr beeindruckend.“ Minako nahm ein Bier und ihre Cola entgegen. „Das hätte ich auch geschafft.“ Er war wirklich bockig, also versuchte ich versöhnlich zu klingen. „Ich weiß, aber ich wollte vor deinen Freunden einen guten ersten Eindruck machen.“ Das war eine Lüge und er wusste es auch, schmunzelte aber. „Lügner.“ Ich lächelte und hielt die beiden kleinen Gläser mit Shōchū hin. Der Abend war eigentlich ganz ok. Gut der Club war nicht so meins, aber ich war abgesehen vom Phönix auch nicht so oft in Clubs. Die Arbeit ließ das kaum zu und zudem mochte ich Clubs nicht in denen es nur so von Heterosexualität strotze. Die Männer sahen zum größten Teil aus wie Zuhälter und die Frauen wie Schlampen. Perfekt für mein zynisches Gemüt. Aber Mamoru machte es wieder weg, abgesehen von gelegentlichen Kommentaren, weil ich seine Runden zahlte, war er sehr gut gelaunt. Seine Freunde nahm ich wahr und zwischenzeitlich versuchte ich Mamoru zu liebe ein Gespräch zu führen. Yosuke und ich hatten schnell mit einigen Blicken geklärt, dass wir vom anderen nichts hielten, aber wegen Mamoru so taten als würde uns die Gegenwart des anderen nicht stören. Minako war ok, sie versuchte ab und an ein Gespräch mit mir anzufangen, welches ich nicht gleich im Keim erstickte. Sie war nicht so dumm wie ich vermutet hatte. „Langweilst du dich?“ Ich zuckte zusammen und sah Mamoru an, welcher neben mir saß und sich etwas an mich lehnte. „Hmm.“ Machte ich nur und nippte an meinem Glas. „So schlimm?“ „Nein. Ist nur nicht so mein Club.“ Musternd sah ich ihn an und fixierte die Stelle an seinem Bauch wo sein Shirt hochgerutscht war und etwas Haut entblößte, da er halb liegend neben mir saß und sich streckte. „Wieso?“ Er hatte meinen Blick noch nicht bemerkt. Minako und ihr bekloppter Freund waren tanzen und ich musste mich zusammen reißen. „Weil ich, sonst nur in Clubs gehe in denen ich auch über meine Begleitung herfallen kann.“ Ich griff nach seinem Shirt und zog es über die freie Stelle. Mamoru zuckte zusammen und beobachtete meine Hand. „Stimmt. Über mich herfallen darfst du nicht. Aber…“ er sah sich um, es war zwar voll, aber hier oben ging es etwas ruhiger zu. Mit einem Mal zog er mich an meinem Hemdskragen zu sich und ich war zu irritiert, um auf den Kuss zu reagieren. Seine Zunge glitt in meinen Mund und strich keck über meine, bevor er sich wieder von mir löste. Der Geschmack von Bier breitete sich in meinem Mund aus, als ich ihn fast schon schockiert ansah. „Ok!?“ Er lächelte, wandte seinen Blick wieder zur Tanzfläche und griff nach seinem Bier. Er überraschte mich immer wieder! „Ihr seid ein tolles Publikum. In 15 Minuten geht es weiter und ich hab noch einiges für euch.“ Ich wandte meinen Blick zum Podest wo May stand. „Sie ist nicht schlecht.“ Und das meinte ich ernst. Sie legte gut auf, ein Teil der Sachen war nicht schlecht. „Ja das finde ich auch. Sie ist sogar richtig gut.“ Mamoru lehnte sich wieder etwas an mich und schmunzelte. May und die beiden anderen tauchten wieder bei uns auf und irgendwie war es ein netter Abend gewesen. Es war kurz vor halb drei als wir gingen, der Club machte sich bereit um zu schließen. Die meisten Clubs schafften nicht einmal die ein Uhr Marke, da war halb drei schon lang. Mamoru Chiba Ich zog meinen Schal enger und sah Massanorie aus den Augenwinkeln an. „Danke dass du doch noch gekommen bist.“ Er nickte nur und zog an seiner Zigarette. Dass er bis zum Ende geblieben war und er sogar zugestimmt hatte auf May zu warten, damit sie nicht allein nach Hause musste, war wirklich nett von ihm gewesen. Ich wusste, selbst mit dem Alkohol im Kopf, dass es ihn einiges abverlangt hatte so nett zu meinen Freunden zu sein. Deswegen war ich wirklich dankbar und es zeigte mir, dass ihm wohl wirklich etwas an mir lag. „Warum warten wir eigentlich auf sie und dein bekloppter Kumpel nicht?“ Er klang etwas genervt, aber ich überhörte das. „Weil ich dachte es wäre doch blöd, wenn die beiden auch warten würden. Schließlich sei ihnen etwas Zweisamkeit auch gegönnt.“ „Und uns nicht?“ Seine Stimme klang enttäuscht. „Doch. Ich denke schon, aber…“ „Schon gut. Vergiss es, war eine dumme Frage. Du bist halt so.“ Irgendwie klang das nicht so, als wäre es ein Kompliment. „Mamoru!“ Ich schaute auf und sah zu May, welche auf uns zukam. „Wo sind deine Sachen?“ Ich nahm an, dass sie ihr Equipment dabei haben würde, aber sie trug nur eine kleine Handtasche mit sich und knöpfte sich gerade den Mantel zu. „Die hole ich morgen mit dem Auto meiner Mutter ab. Tomiee hat gesagt das geht klar. Also was wollen wir noch unternehmen?“ Anscheinend war sie noch kein bisschen müde und ich bereute es etwas, Yosuke zugesagt zu haben, dass ich sie nach Hause bringen würde. Denn das Massanorie ebenso daran interessiert war mit mir allein zu sein hatte ich nicht bedacht. „Also… wir…“ May verstand sofort warum ich so herumdruckste. „Oh. Sorry. Ich wollte nicht das dritte Rad sein. Aber es ist ja auch schon spät…“ „Warst du schon einmal im Phoenix?“ Massanorie unterbrach sie und schnippte seine Zigarette weg. „Ähm nein?“ verwundert sah ich zu Massanorie, welcher sie ansah. „Na dann.“ Er setzte ein Lächeln auf, welches sehr gekünstelt aussah und ging los. „Ist es ok? Ich meine, dass wir jetzt was zu dritt machen?“ „Klar. Wenn er das vorschlägt.“ Also trotteten wir Massanorie hinterher. Ich hätte nicht gedacht, dass er das machen würde, aber anscheinend war er wirklich bereit sich um meine Freunde zu bemühen. Ja!! Sie war wieder da. Was würde ich nur ohne meinen Pessimismus tun? Glücklich leben. Erfüllt und ohne Selbstzweifel? Ach scheiße, wer wollte denn sowas. Ich grinste in mich hinein. Was sollte es. „Na komm schon.“ Wir holten Massanorie ein und ich stupste ihn in die Seite – soweit das durch seinen Mantel denn möglich war. „Da ich ja den ganzen Abend nur rumsaß und zusehen musste, wie andere tanzen, komm ich dann im Phoenix auch mal auf meine Kosten?“ Er grinste und schon war alles wieder gut. May lachte nur leise. Im Phoenix angekommen, sah sich May interessiert um. „Das heißt: Ich werde hier nicht angetatscht oder angegraben oder sonst was?“ Sie sah Massanorie fragend an. „Ich bezweifle es.“ „WIE.GEIL!“ sie hüpfte und freute sich anscheinend wirklich. „Wisst ihr wie anstrengend es ist, immer nur von solchen Vollidioten angequatscht zu werden, die etwa zu dumm sind um ihren Namen zu schreiben oder total besoffen. Da ist es super mal einfach nur tanzen zu können. Ihr seid oben?“ Ich nickte. „Gut ich geh tanzen.“ „Süßes Outfit.“ Ein Pärchen lief Händchen haltend an uns vorbei und zwinkerte May nur lächelnd zu. „Danke!“ sie winkte. „Ich liebe es hier.“ Und schon war sie weg. „Sie ist schon etwas …“ Massanorie suchte nach netten Worten dafür. „…verrückt? Ja! Sie hat einen leichten Fetisch was Schwule Männer angeht.“ „Merkt man kaum.“ Ob dies nun ironisch gemeint war wusste ich nicht, aber ich zuckte nur mit den Schultern. Wir hatten Glück und saßen am gleichen Tisch wie damals, als wir das erste Mal hier waren. Ich dachte darüber nach, was seitdem alles passiert war und stellte fest, dass ich, wenn mir das damals jemand gesagt hätte wie es laufen würde ich denjenigen für verrückt erklärt hätte. „Du denkst schon wieder!“ Grinsend sah ich ihn an. „Ja, aber ich dachte nur was seit dem ersten Mal als wir hier waren alles passiert ist.“ „Ja schon interessant wie es läuft. Ich dachte du machst dir Gedanken über das was May vorhin im Club gesagt hat.“ Ich überlegte. „Ach du meinst, dass es komisch ist das wir nicht diese typische verliebte Pärchen Symptome zeigen wie flirten und rosa Herzen und so?“ Er nickte. „Ich finde das nicht schlimm. Ich glaube ja, dass das nicht unbedingt so sein muss. Wir sind halt eher…“ ich suchte nach den passenden Worten. „…emotionale Krüppel?“ Irrte ich mich oder schwang da etwas Trauriges in seiner Stimme mit. „Ja das auch. Aber wir sind glaub ich sehr reserviert in der Öffentlichkeit. Ich noch mehr als du. Aber wenn wir alleine sind, können wir das ja auch… manchmal…“ Verrecke! Ich stellte mir vor wie ich die kleine Stimme, die in meiner Fantasie das Bild eines kleinen grünen Männchen mit einem gelben Regenmantel, Stiefeln, violetten Haaren und einer roten Fliegerbrille auf dem Kopf angenommen hatte, mit einer Schippe erschlug und es genoss. „Hmm.“ Ich verdrängte das Bild und wandte mich wieder Massanorie zu. „Stört dich das?“ „Hmm.“ Ok. Noch ein Hmm und ich würde wirklich sauer werden. „Mit Hmm kann ich keine Unterhaltung führen.“ Die Kellnerin kam und sah uns lächelnd an trotz der späten Uhrzeit und so. Aber das war ihr Job, ich kannte das und trotzdem tat sie mir leid – gerade weil ich wusste wie es war. „Er bestellt.“ Dann sah ich Massanorie an. „Muntert es dich auf, wenn ich dir sage, dass ich es mag, dass du meistens einfach für mich mitentscheidest.“ Er lachte leise, ließ seine Hand durch mein Haar gleiten und festigte seinen Griff an meinem Hinterkopf. Es zog etwas, war aber eher reizvoll als schmerzhaft. „Einen Widomaker, Balsamic-Touch und..“ Er musterte mich „…einen 21st Century.“ Die Dame verschwand und Massanorie widmete sich ganz mir. „Also. Du magst es dominiert zu werden.“ Es war keine Frage. „Nein, das hab ich nicht gesagt.“ Auch wenn ich leicht angetrunken war, ich verstand sehr gut was er meinte und spürte wie mir die Röte ins Gesicht stieg. „Ach nein?“ Ein anzügliches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, bevor er mich etwas grob zu sich zog, seine Hand noch immer in den Haaren meines Hinterkopfes vergraben und mich küsste. Er machte sich erst gar nicht die Mühe zärtlich zu sein, seine Zunge drang in meinen Mund und eroberte ihn hart. Ich keuchte in den Kuss hinein und versuchte mit meiner Zunge in seinen Mund zu kommen, aber er ließ es nicht zu und drängte mich immer wieder zurück. Ohne große Gegenwehr ließ ich mich schließlich darauf ein und als er mich los ließ sah ich ihn nur keuchend an. „Du hast doch noch zwei Tage frei oder?“ Ich nickte. „Wollen wir die im Bett verbringen? Wir müssen schließlich etwas üben, an deiner Ausdauer und meiner Feinfühligkeit.“ „Mal sehen. Wenn du zu May weiterhin so nett bist.“ Ich zog mich von ihm zurück und brachte etwas Abstand zwischen uns. Heute lief es gut zwischen uns. Wir testeten unsere Grenzen beim anderen aus und loteten aus wie weit wir wann und wo gehen konnten. Massanories Freizügigkeit faszinierte mich undsteckte etwas an. „Einen Balsamic-Touch kenn ich. Aber Widomaker und 21st Century?“ “Woher kennst du denn den Balsamic Touch?“ “Tja, du weißt eben nicht alles über mich.” Ich lachte leise und streckte mich. „Ich hab schon mal in einer Bar gearbeitet, da lernt man auch Cocktails mischen, aber ich hab dafür nicht so viel Talent. Aber etwas ist hängen geblieben.“ „Wir reden zu wenig, scheint mir.“ „Oder wir machen andere Dinge, die mehr Spaß machen.“ Die zermatschte grüne Masse in meinem Kopf, die mal meine ätzende innere Stimme wahr hob ihre kleine Hand und meldete sich zu Wort. röchelte sie, bevor ich sie wieder mit der Schippe malträtierte. Stirb! Stirb! Stirb! Leider nistete sich dieses Gefühl in mir ein. „Der Widomaker besteht aus Rum, Scotch und Zitronensaft. Der 21st Century aus Cola, Amaretto, Orangensaft und Rum.“ „Ok. Wieder was gelernt!“ Wir lächelten uns an. Als May zu uns kam, schien sie immer noch bester Laune zu sein. "So ich habe beschlossen: Dies. Ist. Mein. Lieblings. Club!" Sie sah den Drink der vor ihr stand und musterte Massanorie. "Hab ich den dir zu verdanken?“ Massanorie nickte nur kurz und nahm einen Schluck aus seinem Glas. „Oh wie süß – danke!“ ihre Stimme hatte einen kindlichen Unterton angenommen, aber sie meinte es wirklich so. Sie nippte vorsichtig. „Lecker. Also Jungs – was gibt es neues? Wie geht es deinem Vater Massanorie? Was macht die Uni? Fandet ihr mich gut?“ „Nichts und Gut! Als Antwort auf eins, zwei und vier!“ Tja so konnte man auch eine Unterhaltung im Keim ersticken. May zog wieder an ihrem Strohhalm und sah mich an. „Gut." Kam es nur von mir. Anscheinend war meine Konversationsfähigkeit mit der inneren Stimme gestorben. May seufzte nur und schüttelte den Kopf. „Ihr seid wirklich das perfekte Paar. Alles muss man euch aus der Nase ziehen. Ich hoffe doch du bist nett zu meinem besten Freund.“ Ihr Blick lag nun auf Massanorie der sie abschätzend ansah. „Er ist noch hier, also denke ich schon.“ „Schlechtes Argument. Mamoru ist sehr anhänglich und merkt nicht sehr schnell wenn man ihn schlecht behandelt.“ Irrte ich mich oder sprachen sie gerade über mich, während ich daneben saß? „Hallo? Ich bin anwesend.“ Beide sahen mich kurz an und widmeten sich dann wieder ihrem Gespräch. „Also wenn du ihn nicht gut behandelst und nett zu ihm bist, dann setzt es was. Ich lasse es nämlich nicht zu, dass du ihn einfach nur ausnutzt.“ „Warum sollte ich ihn denn ausnutzen?“ „Na für irgendwelche Sexspiele…“ „Hey!“ Unterbrach ich sie und schüttelte nur mit dem Kopf. „Was soll das denn werden?“ „Ich mein ja nur. Kann ja sein, dass er nur an Sex interessiert ist und nicht an dir als Menschen. Man muss einfach aufpassen. Glaub mir Mamoru, was Männer angeht habe ich mehr Erfahrung als du.“ Sie hob mahnend den Zeigefinger und rückte sich eine imaginäre Brille zurecht. „Wie kommst du darauf, dass ich so was vorhabe?“ Massanorie schien sich gar nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. May schmunzelte. „Ich weiß nicht. Ich wollte nur klarstellen, dass Mamoru niemand ist, den man benutzt.“ Ihre Stimme hatte einen ernsten Ton angenommen und ich kam mir etwas dumm vor. „Es ist ja sicherlich ehrenvoll, dass du dich so um ihn sorgst, aber ich denke wir bekommen das gut allein hin. Und Mamoru weiß, dass ich ihn nicht nur wegen dem Sex mag.“ Er sah mich an und ich sollte nicken, aber leider schaffte ich das nicht. „Ich komm gleich wieder!“ Ich stand auf und verschwand in Richtung der Toiletten. Wieso? Wieso dachte ich mir immer Dinge kaputt. Ich hatte sicherlich ein etwas selbstzerstörerisches Bild von mir, aber wieso musste das immer dann zum Vorschein kommen, wenn Massanorie etwas zu mir sagte, worüber andere sich freuen würden. Meine Unsicherheit und mein kaputtes Selbstwertgefühl waren mir keine Hilfe um eine Beziehung aufzubauen. Witziger Weise hatten sie sich bei Bunny nicht einmal halb so oft gemeldet. Anscheinend waren Toiletten sowas wie der Treffpunkt von Leuten die ungestört reden wollten, denn es war voll. Ich stellte mich an die äußerste Wand an ein Waschbecken und wusch mir das Gesicht um wieder runter zu kommen. „Alles gut?“ Im Spiegel sah ich Massanorie der hinter mir stand und mich ernst und besorgt ansah. „Tut mir leid.“ Flüsterte ich nur. Was sollte ich sonst auch sagen? „Schon gut.“ „Nein.“ Sagte ich nur energisch und strich mir das restliche Wasser aus dem Gesicht. „So ein Scheiß. Wieso sagt sie sowas auch. Das ist alles Mays schuld. Wenn sie nur nicht immer so blöde Sachen sagen würde.“ „Du denkst immer noch, dass ich nur Sex will?“ Es war eine Frage und er wirkte verletzt. Zu Recht! Dachte ich. „Ich will nicht… aber…“ ich drehte mich um und lehnte mich gegen das Waschbecken. „Kannst du mir fünf Sachen an mir nennen, aus denen du gerne eine Beziehung mit führst.“ „Darauf kannst‘e nur falsch antworten.“ Ich sah zur Seite. Ein junger Mann, braune Haare mein Alter wusch sich die Hände. „Sorry. Geht mich nichts an.“ „Gut erkannt.“ Zischte Massanorie nur. „Hey nicht unhöflich werden. Schließlich ist das hier ein Klo. Da könnt ihr keine Privatsphäre erwarten.“ Er nickte mir zu und griff an mir vorbei um ein Papierhandtuch aus dem Spender zu ziehen. „Er meint es nicht so. Er ist auf mich sauer und – naja er lässt es an dir aus.“ Er lächelte. „Na wenn ich helfen kann einen Streit zwischen Liebenden zu verhindern, dann ok.“ „Lass uns gehen.“ „Nein. Ich will eine Antwort.“ Meine Hände verschwanden in meinen Hosentaschen und ich sah ihn fordern an. „Wieso hier und jetzt?“ „Falls du es noch nicht bemerkt hast, bin ich nicht gerade sozial verträglich. Mein kaputtes Selbstbewusstsein redet mir ständig ein, dass jemand wie du doch nicht ernsthaft an mir interessiert sein kann. Ich meine, sieh mich an und dann sieh dich um. Allein in diesem Klo sehen 75% besser aus als ich und mindestens 100% haben mehr Selbstbewusstsein oder ein höheres Selbstwertgefühl.“ „Na das würde ich bestreiten. Das Make-up und die Klamotten täuschen über das Mangelnde Selbstwertgefühl von mindestens 50% hinweg, dann sind 17,8% von denen nicht im Einklang mit ihrer eigenen Sexualität, ca. 12,2% fühlen sich fett und Beziehungsunfähig und der Rest von 20% kommt wohl mit seinem leben gut zu recht. Und wenn jemandem meine Meinung interessiert, ich denke du siehst besser aus als...“ Irritiert sah ich wieder zu dem jungen Mann, der ein Waschbecken neben mir stand und sich im Spiegel anscheinend seinen Lidstrich nachzog um mich dann kurz musternd anzusehen. „… hmm 65% der Anwesenden und zwar bezogen auf den ganzen Club. Und das wiederum liegt an deiner Natürlichkeit, die ein hohes Maß an Selbstbewusstsein ausstrahlt.“ Massanories Blick verriet, dass er über diese Einmischung nicht begeistert war. „Hey. Wie ich schon sagte, das ist ein öffentliches Klo.“ Massanorie warf ihm einen eisigen Blick zu, worauf der junge Mann nur abwehrend die Hände hob. „Mamoru...“ er wandte sich wieder mir zu. „... ich weiß, dass das zwischen uns etwas… holprig kam. Und ich hab bis jetzt viel Mist gebaut. Aber denkst du nicht, dass wenn ich nur auf Sex aus wäre, ich dich in den letzten zwei Wochen schon abserviert hätte?“ Das klang einleuchtend. Seufzend sah er mich an und sah sich kurz um. Unsere Unterhaltung war, wie der junge Mann schon sagte nicht privat und so konnte man sehr gut mitbekommen, dass sich die Stimmenlautstärke der anderen „Klogäste“ senkte. „Du musst mich auch demütigen oder?“ Er rieb sich über das Kinn und sah mich an. „Fünf Dinge?“ Ich nickte. Es war mir egal, das wir auf dem Klo waren, ich wollte es hören, ich wollte mein Selbstwertgefühl und die scheiß Stimme in meinem Kopf Lügen strafen. „Ich mag das hier an dir. Dass du stur bist und wenn du dir etwas in den Kopf gesetzt hast, dass auch durchziehst – selbst wenn es bedeutet ein sehr privates Gespräch auf einem Herrenklo in einem Schwulen Club zu führen.“ Er tippte mir an die Stirn und rang mir so ein kleines Lächeln ab. „Ich mag auch wie du lächelst. Weil du nur selten lächelst und noch mehr mag ich es, wenn du wegen mir lächelst. Außerdem mag ich es, dass du dich für andere einsetzt – weil ich glaube, dass ich in diesem Punkt etwas Nachhilfe von dir brauche. Wie viel waren das?“ „Drei.“ Wisperte ich und zupfte an seinem Hemd. „Ich mag auch deine Hände…“ er griff nach meinem Arm und zog meine rechte Hand aus meiner Hosentasche und küsste meine Handinnenfläche. „…und ich mag es, dass du Ideale hast, die für dich immer Vorrang vor allem haben. Und das man dich nicht kaufen kann.“ „Das waren sechs.“ „Ich weiß.“ Er zog mich an sich und drückte mich. Mein Kinn lag auf seiner Schulter und ich kam mir albern vor ihm so eine Szene gemacht zu haben, aber gleichzeitg ging es mir besser. „Wie süß.“ „Echt? Ich fand es kitschig“ „Ach komm…“ War ja klar dass jeder seinen Kommentar dazu abgeben musste – selber schuld. „Ach haltet die Klappe. Ihr seid nur neidisch, weil ihr keinen habt der fünf Dinge aufzählen könnte die er an euch mag!“ Und schon war es ruhig, der junge Mann neben uns lächelte nur und beobachtete uns. Ich lachte und löste mich von Massanorie. „Tut mir leid.“ „Schon gut.“ Er strich mir durch die Haare und küsste mich sanft. „Ich gewöhn mich langsam daran, dass du zwischendurch mal durchdrehst und einen Schub Selbstwert brauchst.“ „Ihr seid ja wirklich süß.“ Ich wandte mich um. „Hey. Wie kommt man eigentlich auf diese Prozentzahlen?“ Massanorie schüttelte den Kopf. „Mein Freund ist Paartherapeut. Er analysiert oft die Leute die hier sind und da schnappt man schon mal was auf.“ Ich wollte gerade etwas sagen, als sich die Tür öffnete und May herein kam. Ihr Blick verriet, dass sie sich Sorgen machte. Ohne auch nur die geringste Scham zu zeigen kam sie herein und zupfte mir am Arm herum. „Ich wollte das nicht. Tut mir leid.“ „So, sollen wir.“ Massanorie schubste mich langsam aus dem Klo und May gleich mit. Es war halb fünf und es schneite leicht draußen. Massanorie hatte May ein Taxi gerufen und es ihr sogar bezahlt. Sie bedankte sich, und meinte sie würde es ihm zurück geben, aber er lehnte ab. Schweigend gingen wir in Richtung seiner Wohnung. Es wäre dumm zu mir zu gehen, da dies nur ein Umweg wäre und da Sparky bei seiner Mutter war, wartete ja niemand bei mir auf uns. „Bist du böse?“ Ich war mir nicht sicher ob ich diesmal nicht wieder zu weit gegangen war. „Hmm? Nein. Nur müde.“ Er lächelte. „Ok.“ Das knirschen des Schnees unter meinen Schuhen machte das Schweigen zwischen uns erträglicher. „Wegen vorhin…“ „Schon gut.“ Er kramte in seiner Manteltasche und zog ein Päckchen Zigaretten heraus. „Darf ich dich etwas Fragen?“ Irgendwie hatte die Tonart mit der er mich das fragte schon nichts Gutes an sich. „Klar, was denn?“ „Wie viele Pflegefamilien hattest du?“ Ruckartig blieb ich stehen und in meinem Magen bildete sich ein Kloß. „12!“ gab ich nur als Antwort und ging an ihm vorbei, oder besser ich wollte. Aber er hielt mich am Handgelenk fest. „Ich will es nur verstehen.“ Die Ernsthaftigkeit in seiner Stimme ließ mich Aufsehen. „Was?“ „Wieso du manchmal denkst, dass keiner dich … dich mag oder mögen könnte.“ Ein Lachen unterdrückend seufzte ich. “Naja es ist schwierig sich selbst zu mögen, wenn andere es nicht tun. Und als Kind ist es noch schwieriger. Man nimmt ein Kind mit und dann bringt man es zurück, so als ob man ein Kleidungsstück umtauscht weil es nicht passt oder es einem zu Hause nicht mehr gefällt. Dann hört man irgendwann, wie Erwachsene sagen, dass sie so ein Kind nicht haben wollen – sondern ein lebenslustiges – eines das nicht weint und jammert oder viel Zuwendung braucht. Irgendwann denkt man eben, dass es stimmt – dass man nicht liebenswert ist.“ Die letzten Worte hatte ich mehr flüsternd gesagt und versuchte ein Lächeln aufzusetzen. „Ich mag dich.“ Ich nickte. „Ich meine das ernst. Wenn es nicht so wäre, hätte ich mir sicher nicht auf dem Klo diese Blöße gegeben. Ich kenne niemanden der liebenswürdiger ist als du.“ „Deine Mutter!“ Er verdrehte die Augen. „Das ist etwas anderes, sie ist meine Mutter.“ Er legte den Arm um mich und wir gingen weiter. „Wieso denkst du eigentlich immer alles kaputt?“ Ich dachte über die Frage, dessen Antwort ich kannte aber nicht laut sagen wollte nach. „Du würdest nur lachen.“ “Bring mich zum lachen!“ Seufzend sah ich ihn aus den Augenwinkeln an. „Weil die kleine Stimme in meinem Kopf immer sagt, dass du nur Sex willst und das ich dumm bin und so…“ Ich wurde rot und stellte fest wie dämlich das klang. „Ernsthaft. Du hörst Stimmen?“ Naserümpfend boxte ich ihn in die Seite. „Ja. Und eigentlich mag ich sie, aber manchmal ist sie doof – genau wie du!“ Eingeschnappt drehte ich den Kopf weg. Er begann zu lachen und zog mich wieder näher an sich. „Ich wusste doch von Anfang an, mit dir wird es nicht langweilig.“ Ich verdrehte die Augen über diesen total sinnlosen Kommentar, aber eben dieser schaffte es meine Laune wieder komplett zu heben. „Du bist so schnulzig. Ich dachte ich hätte dir schon gesagt was ich davon halte.“ „Ach plötzlich wieder so. Aber vorhin konnte der Herr nicht genug davon bekommen oder bist du einfach nur voyeuristisch veranlagt?“ So neckten wir uns noch auf dem ganzen Weg und mir wurde bewusst, wie albern ich mich mal wieder angestellt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)