Zorn von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Zorn --------------- Vorsichtig legte sie ihre Hände auf die Augen. Um die Welt nicht mehr sehen zu müssen. Um sich selbst nicht mehr sehen zu müssen. Um nicht mehr sehen zu müssen. Nur das Nichts, die Schwärze, die sie umgab. Eine einzelne Träne floss durch ihre Handfläche hindurch. Sie spürte die leichte Wärme der Flüssigkeit, wie sie auf ihrer rauen Haut nur langsam vorankam. All ihre Gedanken fokussierte sie in der Träne, um nicht mehr denken zu müssen, nicht mehr an die Welt denken zu müssen. Mit all ihrer Ungerechtigkeit. Mit all ihrem Hass. Damit sie nicht mehr schreien musste. Damit sie nicht mehr den Zorn in sich fühlen musste. Als ihr ein Ekel erregender Geruch in die Nase stieß, nahm sie die Hände vom Gesicht, schaute wieder in die Welt vor sich. Nur wenige Sekunden konnte sie auf das blicken, was vor ihr lag, dann drehte sie schnell ihren Körper und lehnte sie an die graue Wand vor ihr, hielt sich an ihr fest. Zwanghaft versuchte sie den Drang zu unterdrücken sich übergeben zu müssen. Vergeblich. An der Steinwand blieben einige der Rest ihres Frühstückes kleben, der Rest floss langsam auf den Boden, immer auf ihre Füße zu, die sie gerade noch rechtzeitig wegziehen konnte. Das Bild des toten Menschen hinter sich brannte sich jedoch in ihr Gesicht. Ihr war noch immer schlecht, der Würgereiz noch nicht beendet. Und immer mehr Tränen flossen über ihr Blutverschmiertes Gesicht. Langsam schaute sie auf ihre Hände, sah das dunkle rot. Von ihnen kam der furchtbare Geruch. Aus dem ganzen Raum. Die Zeit verstrich und irgendwann fühlte sie sich verpflichtet die Leiche anzublicken, zu erkennen, wer da lag. Doch der Geruch und der Ekel hielten sie davor ab, scheuchten sie aus dem Zimmer, hinaus auf die Straßen, hinaus in die Welt. Sie zitterte, alles an ihr zitterte, selbst ihre Lippen, die sie gewaltsam zusammendrückte, um nicht schreien zu müssen. Sie rannte fort, irgendwo hin, wo sie ihren Zorn, ihren Schmerz, ihre Trauer hinaus lassen konnte. Wo sie alleine war. Doch es gab einen solchen Ort in Eden nicht. Die Straßen sahen schlimmer aus, als der Raum, an dem sie zuvor noch war. Überall lag Dreck, Schmutz und Menschen, manche halbtot, manche schon ganz, lagen kraftlos am Wegesrand rum. Niemand wollte sie anfassen, an einen anderen Ort bringen. Und dann, mitten in der Öffentlichkeit, schrie sie ihre Wut in die Welt. Machte sie für ihre eigene Tat verantwortlich, machte ihr Vorwürfe für das Leid überall. Dann brach sie zusammen, blieb am Wegesrand liegen, ohne die Kraft zu haben aufzustehen. Niemand half ihr. Sie weinte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)