Western Spirits von collie ================================================================================ Kapitel 9: Oh cry out --------------------- Oh cry out Da waren sie. Die Outrider. Kaum waren sie in diese Dimension gesprungen, wurden die Phantomschwadronen von Ramrod mit einem gebührenden Feuerwerk begrüßt. Die Neckereien an Board waren schlagartig beendet und der Kampf begann. Die Gegner zogen ihre Gruppierung auseinander, nach der alten Regel: fünf Jumper sind ein gefundenes Fressen, einer Munition Verschwendung. Dennoch mussten sie herbe Verluste einstecken. Die, denen es gelang an Ramrod vorbeizuziehen, griffen sofort aus dem Hinterhalt an. Colt wartete gar nicht erst auf den Befehl des Recken, der ohnehin kommen würde, sondern schwang sich aus dem Sitz und startete den Bronco Buster. Kaum hatte Fireball die Rampe geöffnet, schoss der Gleiter heraus und knöpfte sich die Tückischen vor. Dabei flog er so halsbrecherisch wie noch nie zuvor, spielte Katz und Maus mit ihnen und ließ sie an Weltraumgestein zerschellen. Er hätte nicht sagen können wieso, aber in seinem Inneren loderte es auf. Der Schmerz über den Verlust seiner Eltern, die Wut über diesen feigen Mord, die Trauer um Dooley und der Beschützerinstinkt. Diese Banditen wagten es schließlich schon wieder seine Freunde zu bedrohen, den Recken und seine Jolene, sein Traumpaar Fireball und April und vor allem seine Robin. „Colt, als du weg warst, hab ich mir immer solche Sorgen um dich gemacht.“ „Ein Cowboy beim Rodeo braucht einen passenden Hut, Bullet. Obwohl er mir ja besser steht, als dir.“ „Ich sag dir, Maggy, der wird der beste Scharfschütze, den die Welt je gesehen hat. – Aber Scharfschützen kämpfen an vorderster Front. – Das ist ein Willcox. Die sind wie Unkraut.“ „Pallaton, lerne deinen Übermut zu zügeln. Er steht einem guten Krieger nur im Weg.“ „Lässt du dir das von einem Mädchen gefallen?“ –„Taima, du bist ein Dummkopf. Die Mutter seiner zukünftigen Kinder behandelt man mit Respekt. Nicht wahr, Pallaton? Haha.“ „Na, einer muss ja dafür sorgen, dass du nicht größenwahnsinnig wirst. Also, halt die Ohren steif, Kleiner.“ „COLT!!! ACHTUNG!!!“ Zwei Raketen rissen dem Bronco Buster die Tragflächen weg. Ehe der Kuhhirte begriff, wie ihm geschah, stürzte er mit Höchstgeschwindigkeit auf einen Asteroiden zu. Er versuchte zu bremsen. „Fireball, streif ihn. Er hat zu viel Tempo darauf.“ Ramrod düste in die Sturzbahn des Broncos. Der schrammte über die Außenhülle, verlor zwar Geschwindigkeit, krachte aber dennoch heftig auf den Kometen auf. Die Phantomwesen zogen sich zurück, sahen den Recken mit seinem Robopferd auf den Gebruchlandeten zu fliegen und hörten den Buster explodieren. „Saber! Sag, dass er okay ist.“ Fireballs Stimme überschlug sich, verriet nur zu deutlich, die Gefühle des Piloten. Saber ging es nicht anders. Er sah das brennende Wrack des Bronco Busters vor sich und hoffte inständig der Cowboy hätte sich noch retten können. „Saber!“ Panisch gellte der Ruf durch die Funkverbindung. „Ich sehe ihn nicht“, antwortete der Recke düster. Das durfte nicht sein. Er umrundete auf Steed die Überreste und stieg ab. Seine Hand zitterte, als er die Zügel losließ. Das durfte nicht sein! Das war nicht. Durch die Explosion vom Gleiter weggeschleudert, lag Colt vor einer kleinen Felswand. Sie musste den Flug gebremst haben. „Da ist er. Fireball, hörst du mich. Er war nicht mehr drin, “ rief der Schotte. „Wie geht es ihm?“ Der Pilot klang jämmerlich, doch auch in seiner Tonlage schwang ein Funken Hoffnung mit. Wenige Schritte nur, dann war Saber bei dem Scharfschützen. Der rührte sich nicht. „Hol uns an Board.“ Er legte den Körper auf den Rücken des Robopferdes und kehrte zurück. Der Rennfahrer schaltet die höchstmögliche Geschwindigkeit des Autopiloten ein und gab als Zielort T-C-Hospital an. Dann eilte er zum Recken. Der hatte Colt auf die Barre im Sanitätszimmer gelegt und tastete nach dem Aderschlag. „Sag nicht, dass er …“ Fireball stand in der Tür. Seine Augen glänzten feucht. „Schwacher Puls“, antwortete Saber. „Und unregelmäßig. Wir müssen uns beeilen.“ Sie wichen während des Fluges nicht von Colts Seite. Während Fireball nur um das Leben des Freundes bangte, graute dem Recken noch vor weit mehr. Er musste das Chily und Robin beibringen. Außerdem hatte er dem werdenden Vater noch nicht ein Wort von dem Gesundheitszustand seiner Freundin gesagt. Gut, so genau konnte er das auch nicht. Er wusste es nicht. Aber dass sie im Krankenhaus lag, hatte er eben auch nicht gesagt. Saber wusste nicht, was von allem ihm mehr Bauchschmerzen verursachte. Hoffentlich hatte April das Kind nicht verloren. Fireball würde durchdrehen. Verständlicherweise. Sicher sogar noch mehr, wenn der Blonde mit der Nachricht noch länger wartete. Er musste jetzt mit der Sprache rausrücken und wenn der Hitzkopf dafür sorgte, dass der Schwertschwinger neben Colt im Krankenzimmer landete. Verlegen räusperte er sich. „Fireball, ich muss dir was beichten, “ begann er, den Blick auf den Boden gerichtet. „Was?“ Der Angesprochene sah ihn verwundert an. „Es geht um April.“ Saber stand das schlechte Gewissen im Gesicht geschrieben. Der Pilot ahnte nichts Gutes. Seine Miene wurde finster. Was hatte der kühle Blonde jetzt wieder verschwiegen? Gespannte Stille trat ein. Unerträgliche Stille. „Sie liegt mit einer Unterkühlung im Krankenhaus.“ Der glaubte sich verhört zu haben. „Was?“ kam es noch einmal von ihm. Sollte er wütend oder verwirrt sein? „Sie liegt im Krankenhaus“, wiederholte der Blonde und ergänzte. „Chily und Robin sind bei ihr.“ Vielleicht war diese Auskunft tröstlich für den werdenden Vater, immerhin hatte er selbst gesagt, bei der Jugendfreundin des Verletzten wäre sie in guten Händen. Der Japaner mahnte sich zur Ruhe. „Wann wolltest du mit der Sprache rausrücken?“ hakte er nach. Das war eine üble Frage. Der Recke wandte sich ein wenig. „Tja, nach dem Kampf halt.“ Er machte eine unsichere Handbewegung. „Ich wollte nicht, dass du dich vorher aufregst …“ – „Und jetzt ist besser, oder was?“ Fireballs Stimme wurde lauter. „Hätte ich es dir erst im Krankenhaus sagen sollen? Wann bitte ist der beste Zeitpunkt für so eine Nachricht?“ fuhr jetzt auch Saber auf. „Das fragst du mich?“ schnappte der Pilot zurück. „Colt liegt hier im...“ Statt das Wort auszusprechen wies er nur anklagend auf den Kameraden. „und jetzt sagst du mir auch noch, dass April und dem Kind, meinem Kind, was zugestoßen ist!“ Ganz gleich wie sehr der Rennfahrer sich bemühte, ruhig zu bleiben, seine Sorge um April und das Ungeboren wühlten ihn unheimlich auf. Er trat gegen einen der Medizinschränke. Saber schwieg. Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte, aber er verstand den Hitzkopf sehr gut. Der begann zu fluchen. „Scheiße, Saber. Das kannst du nicht bringen! Das kannst du einfach nicht machen!“ Er fuhr sich mit den Händen durchs Haar. War er wütend oder hatte er doch mehr Angst? „Warum hast du mir das nicht gleich gesagt? Verdammt!“ Wieder stieß er den Fuß in die metallene Tür des Schränkchens, diesmal konnte man die Delle darin erkennen. „Genau deshalb.“ Der Blonde deutete auf seinen Piloten und das beschädigte Möbelstück. „Wir mussten erst die Outrider abwehren, bevor sie noch mehr Unheil über alle bringen, die mit dem Fall zu tun haben“, rechtfertigte er sich dann. „Weißt du, wie viel Unheil ein Tsunami bringt?“ grollte der Hitzkopf. Dann krachte der kleine Hocker, der unter der Barre stand, neben Sabers Kopf an die Wand. Der zuckte nicht. „Ich platz gleich!“ donnerte Fireball, tigerte einmal um die Barre herum und verließ das Zimmer, bevor der Hocker nicht das einzige blieb, das Flugstunden bekam. Saber folgte ihm, ehe die Tür zu schlug. „Fireball, versuch dich zu beruhigen“, beschwor er ihn. „Ich soll mich beruhigen?“ fuhr der herum und stieß den Recken heftig gegen die Schultern. „Ich? Ich bin ruhig. So ruhig, wie man in dieser beschissenen Situation nur sein kann!“ – „Denkst du mir geht es besser?“ Der Blonde verbarrikadierte sich zwar wieder hinter einer sachlichen Fassade, war aber tatsächlich genauso aufgewühlt, wie sein Freund. „Merkt man aber nix davon, dass du dir Sorgen machst! Solche Sachen verschweigt man ganz einfach nicht.“ Damit stapfte der Pilot in Richtung Brücke. „Ich hab dir gar nichts verschwiegen“, rief Saber ihm nach. Düster funkelte der Japaner über die Schulter zurück. „Nur nicht gleich gesagt, ist ja ein Mordsunterschied!“ Noch einmal versuchte der Schotte den Aufgebrachten zu beruhigen. „Willst du nicht wissen, was Chily sagt?“ hakte er deshalb nach. „Ich kann mir denken, wie es aussieht, wenn du den Mund nicht aufkriegst!“ knurrte der Gefragte und war froh, dass im Augenblick sein Zorn überwog, der war leichter zu ertragen. Aprils Situation musste bedenklich sein, wenn Saber es vorzog lieber gar nichts zusagen. Jetzt murmelte der undeutlich und mehr zu sich selbst „Sie sagt aber, dass die Chancen gut stehen, dass April das Kind nicht verloren hat“ um auch sich selbst wieder zu beruhigen, ehe er zu Colt an die Barre trat. Dass dem werdenden Vater das Herz in die Hose rutschte und er geschockt die Augen aufriss, sah der Blonde nicht mehr. An Fireballs Gehörgang war nur etwas von Chancen und Kind verlieren angekommen. Blass ließ er sich gegen die Wand fallen und zu Boden sinken. Verzweifelt vergrub er sein Gesicht in den Händen. „Verdammt...“ Da war sie wieder, die Sorge um seine Freundin, sein Kind und seinen Kumpel. Er musste zu April, sehen, wie es ihr ging. Schnell. Aber der Autopilot war dafür nicht schnell genug. Er schloss die Augen und atmete einmal tief durch. Dann verschwand er auf der Brücke und holte das Maximum an Tempo raus, das Ramrod zu bieten hatte. Wie das Weltall an ihm vorbeiglitt, nahm Fireball auch sonst kaum was wahr. Es schien wie ein Film abzulaufen, dass Saber mit Colt in die Notaufnahme des T-C-Hospitals brachte, wo die beiden schon erwartet wurden. Sofort war ein Pulk von Krankenhauspersonal versammelt, wurden Geräte durch die Gegend geschoben, fielen Türen zu. Der Rennfahrer jedoch hatte nur eines im Kopf: Zu April. Er erkundigte sich nach ihrem Zimmer und stürmte durch die großen, nach Desinfektionsmittel riechenden Gänge. Als er auf der Etage ankam, sah er Chily und Robin im Flur sitzen. Die kleine Hebamme strich beruhigend über die Hand der Lehrerin, der die Aufregung der Ereignisse noch im Gesicht abzulesen war und die sie noch nicht verdaut hatte. Chily schien es mit Fassung zu tragen. Als sie den Rennfahrer sah, stand sie auf. „Hi, Little Daddy.“ Doch der hatte kein Ohr für die liebevoll gemeinte Begrüßung. „Wie geht es ihr? Was ist mit dem Kind?“ sprudelte er hervor und jeder Trottel hätte ihm die Angst in seinen Augen ablesen können. Beruhigend legte Chily ihm die Hände auf die Schultern. „Alles in Ordnung. Sie schläft grad. Es geht beiden gut, “ antwortete sie. Unwirsch wischte Fireball die Hände von seinen Schultern und sah sie skeptisch an. Nachdem der Blonde kaum einen Ton zu dem Thema hervorgebracht hatte, sollte der werdende Vater jetzt allen Ernstes glauben, dass gar nichts war? „Lüg mich ja nicht an!“ las Chily in seiner Miene. „Was?“ entfuhr es ihr überrascht. Er glaubte ihr nicht? „Sag mir die Wahrheit, Chily“, brauste er sie an. Dass er sie nun seinerseits bei an den Oberarmen gegriffen hatte und leicht schüttelte, machte nur allzu offensichtlich, dass er mit den Nerven völlig am Ende war. Als die Schüttelattacke aufhörte, blickte sie ihn nur verständnislos an. Hatte er noch nicht kapiert, dass sie nicht mal lügen konnte, selbst wenn sie es wollte? „Spinnst du? Glaubst du, ich bin eine Märchentante, “ schnappte sie und wiederholte jedes Wort betonend. „Es geht beiden gut. April schläft.“ Dann schüttelte sie den Kopf und fügte milder hinzu. „Sie hat das Kind nicht verloren. Ist alles noch da, wo es war bevor du weg bist. Kind in Bauch von Mama.“ Ein tiefer, erleichterter Seufzer kam ihm über die Lippen. Kurz legte er den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. So ein Glück. „Kann ich …?“ begann er etwas verlegen, wegen seines Ausbruchs. Chily unterdrückte ein Grinsen. „Der Arzt sagt: Nein. Ich sag: Leise.“ Damit öffnete sie die Tür und zwinkerte verschwörerisch. Mit einem dankbaren Nicken schlüpfte er hinein. Die Tür wurde geschlossen. „Der arme Kerl“, murmelte die Hebamme bedauernd. „Er war ziemlich durch den Wind“, stellte Robin fest. „Hat sogar vergessen, dass du nicht lügen kannst.“ Colts Jugendfreundin hob leicht die Schultern. „Krank vor Sorge. Irgendwie süß.“ Einen Augenblick später hallten erneut Schritte über den Gang. Saber kam auf sie zu. Blass, als hätte er einen Geist gesehen, setzte er sich neben Robin. „Was sagt der Arzt?“ – „Alles gut gegangen. Mutter und Kind geht es gut, “ erwiderte Chily und schaute neugierig den Korridor entlang. „Wo hast du Bullet gelassen?“ fragte sie, mit einem flauen Gefühl im Bauch. Weder die Miene des Recken, noch sein Zusammensinken auf die Frage bedeuteten etwas Gutes. „In der Notaufnahme“, murmelte er niedergedrückt. „In der Notaufnahme?“ wiederholte dessen Schulfreundin ungläubig. Robin fuhr alarmiert in die Höhe. „Was ist mit ihm?“ wollte sie wissen. „Colts hat es ziemlich erwischt“, gestand der Gefragte zerknirscht. Er hätte lieber eine anders lautende Mitteilung überbracht. „Die Ärzte kümmern sich um ihn, Robin. Alles wird gut, versprochen, “ versuchte er sie dennoch aufzuheitern. Doch die Lehrerin riss entsetzt die Augen auf. „Was ist passiert?“ Der Blonde presste die Fingerspitzen zusammen und starrte auf den Boden. „Colt ist mit dem Bronco rausgegangen. Er muss einen Moment unaufmerksam gewesen sein. Ein paar Schüsse haben ihn getroffen, er ist abgestürzt, “ berichtet er rau. Kurz hob er den Blick und sah betreten zu Chily. Die Erklärung war nicht gut, wenn auch sachlich. Chily hatte keine Zeit sie auf sich wirken zu lassen. Mit einem „Oh Gott“ war Robin aufgesprungen und wollte zu ihrem Verlobten rennen. Die Hebamme hielt sie fest. „Nicht, Süße, noch nicht, “ mahnte sie sie und strich ihr sanft über den Rücken. „Sie untersuchen ihn doch grad noch.“ Dann sah sie den Recken an. „Wie schlimm ist es?“ fragten ihre Augen. Auch Saber erhob sich und nahm Robins Hand. Steif stand sie da, schluchzte trocken. „Die Ärzte holen uns, wenn wir zu ihm dürfen“, raunte er ihr zu. Seine Augen auf die Jugendfreundin des Scharfschützen bedeuteten „Schlimm“. Beide sprachen es nicht laut aus um die besorgte Braut nicht noch mehr aufzuregen. Aber das schlug fehl. „Ich will jetzt zu ihm.“ Aufgeregt versuchte sie sich aus Chilys Umklammerung zu befreien. Vergeblich. Hartnäckig hielt die Hebamme sie und sie musste ein Einsehen haben. Als sie endlich aufhörte, gegen Colts Jugendfreundin anzukämpfen, ließ diese sie los. In Robin schwang die maßlose Sorge um ihren Liebsten in Zorn um. Sie warf einen düsteren Blick auf Saber und stieß ihm den Finger vor die Brust. „Du hast versprochen, dass du ihn heil zurückbringst“, fauchte die Lehrerin böse. Dem zog sich das Herz zusammen, als hätte Robin ein Messer hineingestoßen. „Verzeih mir“, presste er bedrückt hervor. „Verzeihen?“ schrie die Blondine unbeherrscht. Im nächsten Augenblick klatschte es. Für Chily zu unvermittelt um es verhindern zu können, hatte der Recke den sauberen Abdruck Robins kleiner Hand im Gesicht. Eigentlich hatte der Blonde diese Reaktion vom Rennfahrer erwartet, aber gut. Verdient hatte er es wohl. Er nickte leicht und trat ein wenig zurück. „Komm, Robin.“ Mild legte die kleine Hebamme ihr einen Arm um die Schultern. „Wir schauen nach einem Arzt.“ Damit führte sie sie fort. Bat Saber mit Blicken noch, auf sie zu warten, dann verließen sie den Gang. Etwas Valium würde wohl gut tun. Robins Nerven lagen blank und Chily konnte sie mit ihrer Angst sehr gut verstehen. Die Ohrfeige hielt sie aber nicht für gerechtfertigt. Der Recke hatte den beiden Frauen nachgeschaut, bis die Stationstür hinter ihnen zufiel und er sie nicht mehr sah. Dann lehnte er sich gegen die Wand und ließ sich zu Boden rutschen. „Warum nur?“ So fand Chily ihn vor, als sie etwa eine Viertelstunde später auf leisen Sohlen zurückkam. Behutsam legte sie ihm die Hand auf die Schulter. „Manapi?“ Er zuckte zusammen. „Ich hab dich nicht so früh zurück erwartet.“ Er hatte überhaupt keine Ahnung, wie lange sie weg war. Außerdem Gefühl, dass alles außer Kontrolle geriet, hatte er keins mehr und nur stumpfsinnig vor sich hin gestarrt. „Eine Schwester hat Robin erst mal was zur Beruhigung geben. Sie meint, ich kann sie kurz allein lassen. Sie will bei Colt bleiben, “ erklärte die Hebamme. Er nickte nur niedergeschmettert. Sie hockte sich vor ihn und schlang ihm die Arme um den Hals. „Sie ist nur besorgt. Nimm es dir nicht so zu Herzen. Du hast sicher getan, was du konntest, “ versuchte sie ihn zu trösten. Er zog sie seinerseits zu sich. Dass sie hier war, tat ihm gut. „Wenn es nur das wäre, “ entgegnete er unbestimmt „Was ist es noch?“ bohrte sie nach. „Sorge um April? Ärger mit Fireball?“ Er ergänzte: „Angst um dich.“ Sie sah ihn verwundert an. „Um mich? Warum?“ – „Auch dir hätte was zustoßen können“, murmelte er. Das wollte er sich lieber nicht vorstellen. „Der Tag war hart an der Grenze.“ Sie hob leicht sein Kinn. „Was soll mir passieren, wenn mein Manapi auf mich aufpasst?“ Aber ihr aufmunterndes Lächeln hatte nicht die erhoffte Wirkung. „Das gleiche wie Colt?“ gab er zurück und spürte einen dicken Kloß im Hals. Sie schmiegte sich ganz behaglich nah an ihn und kraulte ihm liebevoll den Nacken. „Jetzt hör mir bitte gut zu. Dass April beinahe ihr Kind verloren hätte, ist Schuld, oder Verantwortung, des Entführers. Fireball wäre so oder so durchgedreht. Egal, wer es ihm wann wie gesagt hätte. Colt ist am Leben. Er mag im Koma liegen, aber er lebt. Wenn er da draußen durch die Gegend kurvt, Outrider jagt und mit seinen Gedanken woanders ist – und nur so kann es gewesen sein – dann ist das auch nicht deine Schuld. Robin konnte ihre Sorge nur an dir auslassen, weil du grad da warst. Bullet wird sich ins Koma wünschen, wenn er erst wach ist. Du“ Sie zupfte neckisch an seinem Hemd. „kannst nicht immer überall sein und dich schützend vor jeden stellen. Du bist kein Zauberer. Nur ein Mensch und ein ganz wirklich wunderbarer, weil du dir Sorgen um deine Freunde machst und für das lebst, was du tust. Menschen wie dich sollte es viel mehr geben. Also fang bitte gar nicht erst an, dir Vorwürfe zu machen oder die Schuld bei dir zu suchen. Das ist Unsinn. Wenn irgendwer Schuld hat, an dem was passiert ist, dann der, der uns allen wegen so komischem Zeug wie Alkalit, einem Haufen blöder Steine, das Leben zur Hölle macht. Nur der und niemand sonst, vor allem nicht du.“ Er lehnte den Kopf gegen die Wand. „Und davon bist du überzeugt?“ ließ er sich leicht seufzend vernehmen. „Natürlich.“ Chily löste sich leicht von ihm und sah ihm ins Gesicht. „Ich meine, jetzt mal ernsthaft, wir beide kennen Bullet. Bei seinem Temperament und seiner Risikofreude ist es schon einigermaßen verwunderlich, dass bis jetzt überhaupt überlebt hat.“ Dann schlug sie die Augen nieder und fügte leise hinzu. „Der Idiot.“ Widerwillen musste der Recke nun doch lächeln. Irgendwie wirkte sie dabei recht niedlich. „Was für eine Erkenntnis“, bemerkte er. Sie musterte ihn. Er lächelte, das war gut. „Hätte ich gewusst, dass ich Colt nur als Idiot bezeichnen brauch, hätte ich mir die Predigt grad gespart“, grinste sie zurück. „Du hast mir bis eben nichts gesagt, was ich nicht ohnehin gewusst hab“, entgegnete er. „Es klingt nur besser, wenn es von jemand anderem kommt, als wenn man es sich selbst einredet.“ Schön, wenigstens hatte sie sich nicht um sonst den Mund fusselig geredet. Sacht stupste sie mit ihrer Nasenspitze gegen seine. „Vor allem, wenn ich es bin. Du Angeber.“ –„Angeber?“ Er stupste zurück. Die Ablenkung tat ihm genauso gut, wie ihr Zuspruch zuvor. „Was sonst?“ gab sie zurück. „Menschen, wie dich sollte es noch mehr geben“, erklärte sie überspitzten bewundernd. „Weiß ich doch, ich bin halt toll“, fügte sie genauso übertrieben überzeugt hinzu. Er zwinkerte scherzend. „Du bist die Beste.“ Sie tat bescheiden, senkte den Blick und hauchte gespielt scheu. „Danke.“ Dabei hatte sie Mühe, sich das grinsen zu verkneifen. Saber zog sie näher an sich. „Immer wieder gerne.“ Er hatte gemeint, was er gesagt hatte und hatte sie gleichzeitig necken können. „Ich hoffe, du hast gut aufgepasst. Wenn ich das nächste Mal eine Lobeshymne auf dich trällere, hast du gefälligst so zu reagieren, “ kicherte sie. „Kannst du für die Lobeshymne das nächste Mal auch Robin und Fireball begeistern?“ lächelte er leicht. Langsam fühlte er sich wieder besser. „Mit viel Glück kann ich sie vielleicht zu einer Cheeleadernummer überreden“, meinte sie munter, froh darüber, dass sie es geschaffte hatte, ihn aufzuheitern. „Das will ich dann sehen.“ Das wollte er wirklich. Die Vorstellung, was Fireball für eine Figur weiß-rosa Cheerleaderdress mit Pompoms abgab, fand er total amüsant. Sein Grinsen wurde breit. „Ich versprech dir nix“, erwiderte sie und hob mahnend den Finger. „Und wehe dir, du hast dann nicht nur Augen für mich.“ Oha, leichter Anflug von Eifersucht. „Aber du versuchst es, oder? “ gluckste er. „Vielleicht. Erst mal versuch ich das.“ Damit beugte sie sich noch näher zu ihm und gab ihm einen liebevollen Kuss. Er erwiderte ihn zärtlich „Das ist schon ganz gut“, murmelte er. Ihre Hände glitten von seinem Nacken über seine Schultern und seinen Oberkörper. „Ganz gut? Nur?“ hakte sie nach und wiederholte die Zärtlichkeit gleich noch mal. Das konnte sie schließlich zärtlicher. „Es wird von mal zu mal besser“, lobte er und strich ihr mit seinen Händen über den Rücken. „Nobody is perfect“, flüsterte sie und verschloss ihm den Mund mit einem sehr langen, sanften Kuss. „I am Nobody“, fügte sie dann hinzu. „Und nobody kann das hier übersehen.“ Schlagartig fuhren die Schmusenden auseinander und sahen sich um. Mit einem schiefen Grinsen schloss Fireball die Tür hinter sich. „Was für ein Timing. Echt. Jedesmal stört wer, “ beschwerte sich die Hebamme, konnte aber nicht verhindern, dass sie knallrot anlief. Tatsächlich waren sie und Saber immer gestört worden. Andererseits, der Krankenhauskorridor war nicht wirklich ein geeigneter Ort zum turteln und es war dann doch noch angenehmer von dem Rennfahrer, der mal nach Colt sehen wollte, überrascht zu werden, als von einer Krankenschwester oder einem Arzt. Der Störenfried nahm auf einem der Besucherstühle Platz. „Dann solltet ihr euch um ein verschließbares Zimmer kümmern“, schlug er scherzend vor, wurde aber gleich darauf ernst. „Wie steht es um Colt, Superschwert?“ wollte er dann besorgt wissen. Der Recke erhob sich ebenfalls und räusperte sich verlegen. „Ich weiß es noch nicht. Robin ist bei ihm, “ entgegnete er. Das Räuspern konnte der werdende Vater deuten und stand wieder auf. „Dann guck ich mal nach den beiden.“ Er wandte sich zum gehen. „Tu das. Sag uns dann Bescheid.“ Saber trat einen Schritt auf Chily zu. Der Japaner nickte und warf dem Blonden einen aufrichtenden Blick zu. „Unser Unkraut wird schon nicht vergehen, Säbelschwinger. Wir hätten nicht anders handeln können. Wir stehen das durch, als Freunde, “ sagte er dann. Er hatte das Gefühl, es war wichtig, dass Saber dies nicht nur von Chily hörte. Der war sehr erstaunt. „Als Freunde?“ wiederholte er. Das hatte er schon ewig nicht mehr von Fireball gehört. Der grinste verlegen. „Ja, oder so was in der Art halt.“ – „Aha.“ Also als Kollegen. Das war schließlich nicht dasselbe. Chily hatte verstanden, dass der Japaner nur seine Verlegenheit herunterspielte. Sie stupfte ihn an. „Jetzt sag ihm schon, dass du nicht so gemeint hast, was immer du auch gesagt hast“, forderte sie ihn auf. Der hob prompt die Schultern und zog beschämt den Kopf ein. „Du kennst mich ja, Säbelschwinger. Vielleicht hätte der Hocker nicht sein müssen. Ich hab es nicht so gemeint. Da ist wohl der Hitzkopf wieder mal durchgekommen, “ entschuldigte er sich. Die Hebamme riss die Augen auf. „Hocker?“ Auf so etwas wäre sie im Leben nicht gekommen. Sie boxte Fireball auf den Arm, was ihr mal wieder mehr weh tat, als ihm. „Böser Papa“, tadelte sie. „Er hat ihn ja eh nicht an den Kopf gekriegt“, versuchte der Japaner zu verharmlosen. Es war ihm mehr als unangenehm. „Er hat Recht, Chily“, bestätigte Saber trocken. „Es war noch ein ganzer Zentimeter Platz.“ Prompt boxte die kleine Hebamme ihm noch etwas fester auf den Arm. „Ganz böser Papa.“ Was machte der denn mit ihrem Manapi, wenn sie nicht da war? Da sie dummerweise mit dem was sie sagte, recht hatte, zog der Pilot den taktischen Rückzug vor. „Ich geh dann mal, bevor ich mich neben Colt legen kann.“ Chily wartete noch, bis er nicht mehr zusehen war, dann schmiegte sie sich wieder an Saber. „Und von dem willst du eine Cheerleadereinlage sehen? Der haut dir doch die Pompoms um die Ohren.“ Sie schlang ihm die Arme um die Taille. Der Recke lächelte. „Nein, der hetzt mir Robin auf den Hals“, bemerkte er. „Und davor hast du Angst? Oder?“ wollte sie wissen. „Sollte Colt etwas davon behalten, dann ja“, gestand er. „Und sonst beruhigt sie sich hoffentlich wieder.“ Die Art, wie er das sagte, verriet, dass er die Lehrerin vollkommen verstehen konnte. Etwas davon behalten – oh man. Die Jugendfreundin des Scharfschützen schlug die Augen nieder. „Tja, wer weiß“, murmelte sie. Genau daran hatte sie lieber nicht denken wollen. Saber legte ihr sanft die Finger unters Kinn und hob es leicht. „Es wird alles gut, das weiß ich“, versicherte er ihr. „Hm. Auf einmal? Woher nimmst du nur diese Überzeugung?“ versuchte sie zu spötteln, aber es schimmerte dennoch durch, dass sie am liebsten einfach nur zusammen gesunken wäre. „Du färbst ab.“ Der Schotte glitt mit seinen Armen an ihrer Taille vorbei und ließ sie dann auf den Rücken wandern. Sollte sie zusammenbrechen, würde sie nicht fallen, sondern hätte er sie gleich sicher. „Und ich kenne Colt. Der lässt sich doch nicht einfach vom Himmel schießen, “ fügte er hinzu. „Hoffentlich.“ Sie drückte den Kopf gegen seine Schulter, fühlte sich beschützt. „Hoffentlich.“ – „Ganz sicher.“ Streichelnd fuhr er ihr über den Rücken und hielt sie noch so, als Fireball zurück kehrte. Gemeinsam kehrten sie zu Chilys Ranch zurück. Gern wäre der Rennfahrer bei April geblieben, aber er hörte auf die Hebamme, die ihn mahnte, es sich nicht mit den Ärzten zu verscherzen. Wenn es nach denen gegangen wäre, hätte er überhaupt nicht zu ihr gedurft. Auf ein Abendessen hatte niemand Appetit. So saßen sie im Wohnzimmer, Fireball auf einem Sessel, Saber und Chily auf dem Sofa, wobei sie ihre Beine auf den Sitz gelegt hatte. Der Japaner schilderte ihnen den Stand der Dinge bei Colt. Der Scharfschütze hatte mehr Glück als Verstand gehabt. Der Schutzanzug hatte das schlimmste verhütet, dennoch hatte es für ein Schädelhirntrauma gereicht. Das rechte Handgelenk, der Unterarm und das Schlüsselbein waren gebrochen, als er versucht hatte, den Aufprall am Felsen abzufangen. Das gleiche galt für seinen Knöchel, das Schienbein und das Knie. Darüber hinaus hatte er unzählige Prellungen. April war nur kurz wach gewesen, hatte sonst geschlafen, während der Japaner bei ihr war. Die ganzen Ereignisse hatten sie erschöpft und ihr Körper hatte nach Ruhe verlangt. Ähnlich ging es Chily. Sie schlief während des Gespräches ein. Robin war über Nacht bei Colt geblieben. Nichts hätte sie von ihm weg bekommen. Sie wachte über ihn, tupfte ihm immer wieder den Schweiß von der Stirn, da er stark fieberte und war dachte nicht eine Minute lang an Schlaf. Sie verließ das Zimmer erst am nächsten Morgen, als der Arzt mit zwei Pflegern eintrat. Auf dem Gang ausharrend sah sie Fireball, Saber und Chily auf sich zu kommen. Die Begrüßung bestand aus einem teils frostigen, teils bedrückten Kopfnicken. Keiner wusste so recht, was er sagen sollte. Der Arzt verließ das Zimmer. Weil die Lehrerin nicht eintrat, warteten auch die anderen drei. Einige Minuten später traten auch die Pfleger heraus. „Oh man, so was hab ich auch noch nicht gesehen“, murmelte der erste dabei widerstrebend. Der zweite sah das etwas weniger gravierend. „Ja, der hat so viel Metall im Körper, dass sie ihn auf dem Schrottplatz entsorgen müssen“, entgegnete er. Fassungslos über so viel Taktlosigkeit tippte Chily ihm auf die Schulter. Er drehte sich zu ihr um und hatte ihm nächsten Moment ihre Faust auf der Nase. Das Riechorgan begann zu bluten. „Arschloch,“ kommentierte Robin. „Hör mal, Kumpel. Noch so ein Spruch und du darfst dir den Krieg aus der Nähe ansehen. An vorderster Front sozusagen, “ versprach Fireball. „Nur, wenn ich ihm nicht vorher die Augen auskratze, “ grollte die Hebamme. Colts Braut nickte düster. „Oder ich.“ Saber machte sich bemerkbar. „Ladies, bitte. Ich bin mir sicher, die beiden Herren hier haben noch nicht sehr viel Erfahrung mit dem Krieg und seinen Folgen gemacht, “ versuchte er zu vermitteln. „Ein bisschen mehr Taktgefühl könnte Ihnen nicht schaden, “ bemerkte er dann mit einem tadelnden Blick auf die Krankenpfleger. Der eine hielt sich die Nase, räusperte sich verlegen und stammelte: „Ähm, sollte nur ein Witz sein. Manche von uns haben einen kühleren Sinn für Humor.“ Sein Kollege schleifte ihn fort. „Wir müssen weiter“, meinte er und floh aus der peinlichen Situation „Ich hab einen guten Sinn für Humor, aber das ist absolut nicht witzig“, rief Fireball ihnen nach und wandte sich dann an den Recken. „Boss, ich weiß nicht genau, aber vielleicht sollten wir uns sparen, die zwei zu retten, wenn die Outrider bis hier her vordringen sollten. Scheint mir ohnehin Zeitverschwendung zu sein.“ Mit einem bösen Seitenblick auf den Blonden grollte Robin: „Er hat das Problem doch eher, wenn es darum geht, jemanden zu retten.“ Verwirrt schaute der Rennfahrer erst zu ihr, dann zu dem Recken, der die Lippen aufeinander presste. Sie war also immer noch wütend auf ihn. „Das ist nicht wahr, Robin“, nahm Fireball ihn in Schutz. „Und das weißt du.“ Sofort schnappte sie. „Klar. Genau deshalb liegt Colt jetzt ja hier.“ Anklagend deutete sie dabei auf die Zimmertür. Saber schluckte. „Das ist nicht Sabers Schuld. Genau genommen hat niemand hier Schuld, dass Colt ein Schläfchen halten muss. Wenn du schon sauer und wütend bist, dann sei es auf die Outrider, aber nicht auf einen von uns, “ versuchte der Rennfahrer erneut und etwas unbeholfen zu vermitteln. „Oh bitte, als ob es nur das wäre. Nicht nur, dass fast Colts komplette rechte Körperhälfte gebrochen ist, “ versetzte die Lehrerin, „der, da“ Sie wies auf den Recken. „ist sich auch noch zu fein, sich mal nach Colt zu erkundigen. Oder wo war er gestern, als du hier warst?“ Chily nahm dessen Hand und drückte sie leicht. Zwar war ihr klar, dass der Zorn der Lehrerin nur überdeckte Sorge war, aber sie wusste auch, dass Saber sich getroffen fühlte, weil er glaubte, nicht richtig auf den Scharfschützen Acht gegeben zu haben. Fireball erwies sich als guter Freund. Wieder schlug er sich auf die Seite des Blonden. „Robin, ich weiß, dass du wütend bist. Aber wie schon gesagt, du bist auf den falschen wütend.“ Innerlich war er froh, dass sie nichts von dem fliegenden Hocker wusste, sonst hätte er sich mit dieser Aussage recht lächerlich gemacht. „Weshalb fragst du mich nicht, wo ich gestern war, als Colt in der Notaufnahme gelandet ist? Das wär dasselbe. Herrgott, Robin!“ fuhr er leidenschaftlich fort. „Weder der Säbelschwinger noch ich können rund um die Uhr da sein. Also bitte reiß dich zusammen, es ist auch ohne deine Schuldzuweisungen für uns alle hart genug.“ – „Du musst mir was von zusammenreißen erzählen. Wer hat denn gestern Chily durchgeschüttelt. Ich hab genau das gleiche Recht mir Sorgen zu machen wie du, “ konterte die Angesprochene unbeeindruckt. „Hört bitte auf, ihr zwei.“ Saber konnte den Schlagabtausch nicht länger ertragen. Fester drückte er die Hand der Hebamme und atmete tief durch. „Genau“, bekräftigte diese. „Es reicht. Das hilft hier grad niemanden.“ Dann wandte sie sich an den Schotten. „Schauen wir mal nach ihm?“ Der nickte und folgte ihr ins Zimmer. Wie Fireball den beiden so nachsah, ging ihm endgültig auf, wovon Colt, wenn auch im Scherz gesprochen hatte. Natürlich gehörten sie zusammen. Wieso hatte er das nicht eher begriffen? „Dein Zukünftiger packt das schon, auch ohne deine Schuldzuweisungen, Robin.“ Damit ging er den beiden nach. „Zukünftiger?“ murmelte sie leise. Was für eine Zukunft? „Das da ist eure Schuld“, rief sie ihnen nach. „Warum habt ihr nicht besser auf ihn aufgepasst?“ Das traf beide Männer empfindlich. „Wir haben getan, was wir konnten“, gab Fireball zurück. „Das sieht man. Tolle Freunde. Wirklich.“ Dieses Statement der Braut war für Chily, bei allem Verständnis, zu viel. Sie fegte aus dem Zimmer und fuhr die Lehrerin an. „Jetzt hör endlich auf. Wir haben alle Angst um ihn.“ Der Japaner schloss die Tür. Vielleicht schaffte Colts kleine Schulfreundin es ja, die Lehrerin zu beruhigen. „Wenn Colt das sehen könnte, er würde seine Robin vom Fleck weg heiraten. Sie kämpft wie eine Löwin um ihn. Blöd nur, dass sie gegen die falschen kämpft, “ stellte er fest und klopfte Saber, der auf einem Stuhl neben dem Bett Platz genommen hatte, tröstend auf die Schulter. Der nickte. „Ja. So hart es für uns ist. Er würde sie umso mehr lieben.“ Dann warf er einen Blick zur Tür. „Hältst du es für gesund die beiden allein zu lassen?“ Der Gefragte hob die Schultern. „Ich halt es für gesünder, dich räumlich von Robin zu trennen.“ Er schaute auf den Scharfschützen und musterte ihn. Der sah gar nicht gut aus. „Der zähe Brocken da wird wieder, da bin ich mir ganz sicher“, redete Fireball sich selbst und Saber ein. „Ja, er kämpft. Hat er immer, “ bestätigte der und hoffte, dass er sich nicht irrte. Draußen funkelte Chily die Lehrerin an. So angefahren zu werden, hatte diese ernüchtert und Platz für die eigentliche Angst gemacht. „Ich hatte von Colt kaum etwas und jetzt nimmt man ihn mir schon wieder weg“, flüstert e sie nun. Tränen glitzerten in ihren Augen. „Ich weiß“, antwortete die Hebamme jetzt ruhiger. „Aber du kennst ihn doch. So lange er noch nicht wirklich“ Sie schluckte das Wort hinunter. „so lange kämpft er. Ich möchte fast wetten, dass er als letztes an dich gedacht hat, bevor er das Bewusst sein verloren hat, “ erklärte sie tröstend. Matt plumpste Robin auf einen Stuhl neben der Tür. „Ich möchte doch nicht viel von meinem Leben. Ich wollte nur mit Colt zusammen alt werden und glücklich, “ sagte sie hilflos. „Aber das Glück hält nicht lange.“ Jetzt bahnten sich die Tränen ihren Weg. „Ich hab solche Angst um Colt. Er darf nicht sterben. Das darf er mir nicht antun.“ Sofort hockte Chily vor ihr, nahm sie in die Arme und strich ihr sanft über den Rücken. „Das wird er nicht. Dazu liebt er dich viel zu sehr. Ihr werdet noch hundert Jahre alt und das Neue Grenzland mit lauter kleinen Bullets bevölkern. Und ganz vielen Number 1s, “ versprach sie und wiegte die Unglückliche leicht. Die drückte sich an die Freundin. „Ich will ihn nicht verlieren!“ – „Sch.“ Chily umschloss sie fester. „Keiner will das. Und deshalb wird es auch nicht passieren.“ Mehr als ein tränenersticktes „Oh Chily“ brachte Robin nicht mehr heraus. Sie heulte sich ihren Kummer von der Seele und die Jugendfreundin des Scharfschützen war da um sie zu halten. Wie lange sie so zusammenhockten, hätten sie nicht sagen können. Mit einem scheuen „Hey“ machten sich die Jungs bemerkbar, als sie das Krankenzimmer wieder verließen. Die Hebamme nickte ihnen leicht zu. „Hey“, schniefte Robin kleinlaut. „Meint ihr, ich kann euch drei hier allein lassen und auch mal zu Colt gehen?“ fragte Chily vorsichtig. „Klar“, meinte der Recke und kratzte sich am Ohr. „Wird schon nichts passieren.“ So verschwand sie zu ihrem „Bullet“. Fireball und Saber setzten sich zu dessen trauriger Zukünftigen. Die schniefte erneut auf. Saber nahm sie in den Arm und sie hielt sich an ihm fest. Der Japaner reichte ihr ein Taschentuch und strich ihr leicht übers Haar. Hilflose Gesten aufrichtigen Mitgefühls. Niemand musste etwas sagen. Dass die Jungs nun für sie da waren, sagte Robin mehr, als tausend Worte. Sie war nicht allein. Die Tür von Colts Zimmer blieb nicht lange geschlossen. Chily trat aus dem Raum und eilte an ihnen vorbei. Verwundert blicken sich die drei an. Der Recke schob Robin leicht zum Rennfahrer und folgte ihr. Chily floh aus dem Krankenhaus, in den angrenzenden Park und dessen entlegenste Ecke. Der Schotte hatte Mühe ihr zu folgen. Sie rannte, als wäre der Teufel hinter ihr her. Chily verließ den Weg, lief über den Rasen, stolperte, sackte in die Knie und ließ sich rittlings ins Gras fallen. Kaum lag sie, stieß sie einen mörderischen Schrei aus. Alle Sorgen, alle Ängste, alle Trauer und alle Verzweiflung lagen darin. Wie ein Fass hatte sie alles aufgenommen. Jetzt konnte sie nicht mehr und brüllte es sich vom Herzen. Colt so zu sehen, mit den ganzen Nadeln und Schläuchen, so blass und regungslos, ein Schatten seiner selbst – es war zu viel gewesen. Der Tropfen, der das Fass zum überlaufen gebracht hatte. Das alles sollte nur enden. Aufhören. Wenn es doch nur vorbei wäre. Jemand riss sie hoch und zog sie heftig in seine Arme. Chily öffnete die Augen. Saber kniete neben ihr. Sie spürte, dass er zitterte. Krampfhaft hielt er sie fest. „Du tust mir weh“, presste sie hervor. Er lockerte die Umarmung. „Was…?“ setzte er behutsam an. „Sag es bitte den anderen nicht“, unterbrach sie ihn und legte ihm die Hand auf die Lippen. „Es ist alles wieder in Ordnung. Ganz bestimmt, “ versicherte sie auf seine besorgte Miene. „Schon okay.“ Er nahm ihre Hand von seinem Mund und hielt sie fest. „Es ist in Ordnung, Jolene. Du darfst Angst haben.“ Sie lächelte verlegen. Dass er das gesehen hatte, war ihr etwas unangenehm. „Manchmal kann ich das nicht anders. Da muss es so raus, “ erklärte sie leise. „Besser so, als gar nicht. Das wäre das Schlechteste.“ Er nahm sie wieder in den Arm. „Du bist nicht alleine, Jolene.“ Sie hielt sich an ihm fest. „Ich weiß. Und das tut so gut.“ – „Mir tut es auch gut“, flüstere er zurück. Erneut löste sie sich von ihm und musterte ihn kurz. „Ich wusste doch, du vermisst uns Frauen.“ Jetzt war es an ihm scheu zu lächeln. Wieder hatte sie ihn durchschaut. „Das war nicht das Thema.“ Sie grinste entschuldigend: „Ich weiß. Aber das musste jetzt auch raus.“ Saber schmunzelte breit. „Dann muss der jetzt aber auch raus. Ich hab eigentlich nur eine Frau vermisst.“ Prompt riss sie die Augen auf. „Oha? Heißt die etwa Sincia?“ fragte sie und verriet, dass ihr die Sache immer noch nicht behagte. „Ähm, “ räusperte er sich „eigentlich heißt sie Jolene Adams.“ Sie tat böse. „Wo wohnt das Miststück?“ Dann grinste sie fröhlich. Auf seinem Gesicht zeichnete sich ein fieses Grinsen ab. „Wenn ich sie überreden kann, bald in Yuma.“ Damit hatte Chily überhaupt nicht gerechnet. Meinte er das ernst? Der Kiefer klappte ihr ungläubig auf. „Wie meinen?“ – „Ich hätte dich gerne bei mir, mehr nicht“, entgegnete er schlicht. Ihre Miene wurde unsicher, was ihn aus dem Konzept brachte. „Nicht gut?“ Das schöne Gefühl in ihm verabschiedete sich postwendend. „Ähm“, räusperte sie sich. „Ich ... also. Wie jetzt?“ Wo waren die passenden Worte, wenn man sie brauchte? „Jolene, ich mag dich wirklich“, versuchte er sich zu erklären. „Ich... ich möchte dich bei mir wissen.“ Der Ansatz war leider nicht ganz so gut. „Du magst mich?“ hakte die Hebamme nach. „Ja, sehr sogar“, gab er zu. Jetzt von Liebe zu sprechen wagte er nicht. Er fürchte, ihre begrenzte Begeisterung würde eine Abfuhr bedeuten. „Hör mal, Saber. Ich weiß nicht, wie ich dir das erklären soll. Ich hatte immer meine eigene Wohnung, war immer frei. Ich hab noch nie bei meinem Partner gewohnt.“ Bei dieser Erläuterung ließ sie ihn nicht aus den Augen und er ließ sie augenblicklich los. „Ich wollte dich nicht einsperren, bestimmt nicht. Ich dachte nur, es wäre richtig.“ Sie streckte die Hand nach seiner Wange aus. „Das wollte ich dir auch gar nicht unterstellen. Es ist nur so, dass es sich seltsam anfühlt, “ rechtfertigte sie sich. „Was heißt das jetzt für mich?“ wollte er wissen, sah sie aber nicht ab. „Dass du sehr viel Verständnis für mich brauchst. Ich war noch nie so weit. Ich war noch nie bereit dafür.“ Ihre Hand sank wieder zurück. Es schien nicht so, als wäre es ihm recht, wenn sie ihn berührte. „Ich hab Verständnis, für alles und jeden. Aber wenn du nicht willst, dann vergisst meine Frage bitte wieder. Ich hab sie einfach nicht gestellt, okay?“ Er lehnte sich zurück, stützte die Hände ins Gras und schaute auf die Halme zwischen seinen Fingern. Er war enttäuscht. „Du verstehst mich falsch. Ich möchte die Frage nicht vergessen. Ich glaube nämlich, dass ich diesen Schritt gehen möchte, “ sagte sie und rückte zu ihm. „Du traust dich?“ fragte er jetzt doch überrascht. „Ich denke schon. Es ist sicher richtig, “ meinte sie. „Und du wirst Jolly in deiner Nähe haben, “ versuchte er sie zu locken, aber das schien eher ein gutes Gegenargument zu sein. „Oh man, ich hoffe bloß, der steht dann nicht täglich auf der Matte. Bloß gut weiß er nichts von den Brautkleid-Phantasien.“ Nein, der Gedanke gefiel ihr gar nicht, ihren selbst ernannten Beschützer immer in ihrer Nähe zu haben. „Was für Phantasien?“ fragte er verwirrt. Die Gefragte wurde feuerrot. „Keine,“ wollte sie ausweichen. „Klar und mein Name ist Schote. Chilyschote, “ lächelte er sacht. „Willst du das jetzt echt genau wissen?“ Sie zupfte an ein paar Halmen. „Immer doch.“ Er grinste noch immer. Tatsächlich wurde ihre Gesichtsfarbe noch etwas dunkler. „Versprich mir, nicht zu lachen.“ - „Ich bin nicht Colt, vergiss das bitte nicht.“ Er hob die Hand zum Schwur. Ihr Kopf klappte auf die Brust. „Als Robin sich die Brautmodenkataloge angeguckt hat, da konnte ich mir glatt vorstellen, dass ich so was auch mal trag. Also, ohne das ich dabei Panik bekommen hab, “ gestand sie murmelnd. „Das ist doch schön. Weshalb sollte ich da lachen?“ fragte er. „Was weiß ich. Vielleicht, weil sich niemand in Tucson-City vorstellen kann, dass ich mal vor den Altar trete. Und bis vor kurzem war ich davon genauso überzeugt, wie die, “ kam es etwas unwirsch zurück. „Da find ich es wesentlich amüsanter, dass Colt sich endlich traut, bei dem war die Vorstellung noch um vieles abwegiger als bei dir.“ Ein Blick in Sabers Gesicht genügte um zu sehen, dass er das auch ehrlich meinte. Sie hob die Schultern. „Hat das ganze jetzt deine Frage von vorhin beantwortet?“ wollte sie dann wissen. Er nickte: „Ja, jetzt kenn ich mich aus.“ Grinsend schielte sie zu ihm hinüber. „Und? Krieg ich gar nichts dafür, dass ich so mutig bin?“ Er hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen und erklärte verschmitzt: „Einen Haufen Arbeit.“ Verständnislos runzelte Chily die Stirn. „Wieso?“ Milde lächelte er. „Ich bin nicht so perfekt, wie du glaubst. Vielleicht bin ich ein netter Kerl und wirke ordentlich. Aber glaub mir, Chily, auch bei mir zuhause ist es nicht so nett und adrett. Ich bin schließlich auch nur ein Mann, “ erläuterte er dann. „Oha.“ Sie rückte ein wenig ab und erhob sich. „Ich hab immer gedacht, ein Single wäre entweder im Stande seine Wohnung allein in Ordnung zuhalten, oder wenigstens ein Hausmädchen zu bezahlen. Ich glaub, dann lassen wir das ganze lieber doch.“ Allerdings zuckten ihre Mundwinkel nach oben und verrieten ihre Belustigung. Er stand ebenfalls auf. Sie schlugen den Rückweg zum Krankenhaus ein. „Ich lass doch keine x-beliebige Frau in meine Wohnung. Kommt gar nicht in die Tüte, “ schmunzelte er. „Außerdem, so schlimm ist es auch wieder nicht, zumindest hab ich keine Mitbewohner, “ versicherte er ihr dann. „Sehr beruhigend. Ich steck mir trotzdem noch was von dem Desinfektionsmittel hier ein, “ kommentierte sie neckend. „Du bist ein kleiner Putzteufel, das hab ich im Gefühl, “ stellte er heiter fest. „Oh, du hast ja keine Ahnung worauf du dich einlässt. Das wird dich was kosten. So oder so, “ drohte sie schelmisch. „Du kannst mich nicht mehr Nerven kosten, als zwei Jahre Ramrod. Das geht nicht.“ Als sie ihn knuffen wollte, fing er ihre Faust ab und hauchte ihr einen Kuss darauf. „Irgendwas hab ich verpasst“, staunte Robin, als Chily und Saber auf sie und Fireball zukamen. Bisher war auch ihr entgangen, dass sich zwischen den beiden etwas angebahnt hatte, dass tiefer als Freundschaft ging. Verlegen räusperte sich die Hebamme jetzt. „Ich brauchte nur etwas frische Luft“, erklärte sie so unschuldig sie konnte. „Natürlich mit Begleitschutz“, zwinkerte der Rennfahrer schelmisch. „Klar. Ich hätte ja entführt werden können. Ist ja neuerdings grad in.“ Die Begründung war so gar einigermaßen richtig. „Man kann ja nie wissen“, meinte auch der Recke, aber so recht nahmen der Pilot und die Lehrerin ihnen das nicht ab. „Irgendwas sagt mir, dass ihr uns alles erzählt, nur nicht die Wahrheit“, stellte diese fest. Fireball stand auf. „Weil wir grad von der Wahrheit reden“, begann er. „Ich sollte April mal beichten, weshalb sie vom Viehtreiber noch nicht besucht worden ist.“ In der Hebamme schrillten die Alarmglocken. „Das ist keine gute Idee“, sagte sie. „Sie wird sich erst recht aufregen, wenn wir es ihr nicht sagen“, begründete der werdende Vater seine Entscheidung. „Wow, dir ist also auch schon in den Sinn gekommen, dass es Aufregung für sie bedeutet. Lass es lieber. Das ist echt grad sehr viel auf einmal.“ Als Geburtshelferin konnte sie es unter diesen Umständen nicht gutheißen. „Du musst deinen Kopf nachher ja nicht hinhalten, Chily. Und ich hab kein Herz aus Stein, manche Dinge kommen mir durchaus in den Sinn.“ Missbilligend runzelte er die Stirn. Wieso war sie gegen alles, was er tat? „Sehr beruhigend. Hat sie überhaupt schon nach Colt gefragt?“ wollte Chily nun wissen. „Ja, sie hat sich beschwert, weil er noch nicht bei ihr war und war besorgt, deswegen. Also, ich kann sie nicht noch ein Mal anlügen, Chily, sorry, “ erwiderte Fireball knapp um eine Diskussion gleich von vornherein abzuwürgen. Aber damit war er bei ihr an der falschen Adresse. Sie hatte das Wohl ihrer Patientin im Auge und um dieses war es gerade nicht besonders gut bestellt. „Ach, und über Sabers Abwesenheit hat sie sich noch nicht beklagt? Ich fürchte, du solltest dir noch eine gute Ausrede einfallen lassen, “ versetzte die Jugendfreundin des Scharfschützen. „Wenn sie mich nach Saber fragt, brauch ich nicht lügen, der hängt ja wirklich an deinem Rockzipfel, “ kommentierte der Japaner bissig und ein bisschen fieser, als es verdient war, wie Chily fand. „Jetzt piept es aber langsam bei dir. Kannst du nicht einmal auf einen gutgemeinten Rat hören? Den Beiden zu liebe? Musst du immer mit dem Kopf durch die Wand?“ Nein, dafür fehlte es ihr wirklich an Verständnis. „Hab ich was davon gesagt, dass ich April erzähle, wie übel sie Colt zugerichtet haben?“ Jetzt wurde er grummelig. „Sie sollte zumindest wissen, dass Colt einfach nicht vorbeischauen kann. Nicht mehr und nicht weniger, “ beharrte er. „Ich erinnere dich nur sehr ungern daran, Fireball. Aber wenn es nach den Ärzten ginge, dürftest du noch gar nicht bei ihr gewesen sein. Warum hab ich bloß nachgegeben? Das hab ich jetzt davon, “ schnappte Chily. Sie war ihm damit schließlich ein Stück entgegen gekommen. Das schien er jetzt auszureizen. „Was soll ich denn bitte sonst machen?“ fragte er zurück und seufzte verstimmt. „Jedenfalls nicht auch noch die kleine Hebamme ungnädig stimmen“, antwortete die Gefragte und überlegte, unter welchen Bedingungen sie ihm den Gefallen vielleicht doch tun konnte. Dummerweise zog der Pilot nun aber Saber in die Debatte hinein. „Jetzt sag du halt auch mal was, Boss. April sollte wissen, wo unser Cowboy abgeblieben ist.“ Der hob die Schultern. „Eigentlich schon, aber wenn die Fachfrau anderer Meinung ist, würde ich auf deren Rat hören“, entgegnete er wahrheitsgemäß. „Verdammt, ich hätte wissen müssen, dass Chily dich bereits um den Finger gewickelt hat“, murmelte Fireball beleidigt und wandte sich ab. „Ich sehe jetzt trotzdem mal nach meinen zweien, damit wenigstens einer mir den Rücken stärkt.“ Die Hebamme schüttete den Kopf und hielt ihn an der Schulter zurück. Das war schlichtweg Unsinn, was er da gerade vom Stapel gelassen hatte, und unfair dazu. „Du bleibst schön da.“ An ihrer Miene war gut zu erkennen, dass er damit den Sympathie-Bonus des Vortages verspielt hatte. „Was soll der Blödsinn mit um den Finger wickeln. Wenn man für bestimmte Bereiche keine Fachkräfte brauchen würde, könnte ich ja auch einfach mal Ramrod fliegen. Aber die Hebamme hier bin wohl immer noch ich. Ist das in dem sturen Oberstübchen angekommen?“ schnauzte sie verärgert. „Okay“, kam es gedehnt von ihm. Er warf ihr einen verstimmten Blick, dann dem Recken einen provozierenden zu. „Chily weiß nicht, dass Ramrod nicht von einem richtigen Piloten geflogen wird, oder?“ fragte er den Blonden, wartete aber keine Antwort ab, sondern erklärte der Chily. „Ich weiß, dass du ihre Hebamme bist und dass du manchmal in fremder Leute Oberstübchen liest, aber eins kannst du mir glauben. April wird sich noch mehr aufregen, wenn sie es später von irgendwem erfährt. Die feinfühligen Pfleger hast du doch nicht schon wieder vergessen.“ – „Jetzt hör mal zu Fireball, ich sag es zum letzten Mal. Du bleibst, wo du bist. Oder ich lass den Arzt wissen, dass du dich an mir vorbeigeschlichen hast. Ich hoffe, dir ist klar, was das bedeutet, “ gab sie entschieden zurück. „Folterknecht, “ schnaubte er. Wieso musste sie so ein harter Brocken sein und dann auch noch Recht haben? „Ich hab noch nicht mal angefangen zu foltern. Sei einmal in deinem Leben vernünftig. Es geht schließlich um April und DEIN Kind. Es war dir wohl noch nicht knapp genug, es zu verlieren, “ setzte sie auch noch eins drauf. Aber das wollte der Rennfahrer gerade gar nicht hören. Er drehte sich endgültig um und verließ den Flur. Mächtig frustriert darüber, dass sie jedesmal mit dem werdenden Vater eine Auseinandersetzung hatte, so bald es um April ging, und über den Umstand, dass der Morgen scheinbar nur für Zank da war, fragte sie ihr „Manapi“: „Würdest du noch einen Versuch starten, ihm Vernunft einzutröten, oder reicht es dir grad auch erst mal?“ Der hob die Brauen und verschränkte die Arme vor der Brust. Eine ausreichende Antwort. „Ja, hast Recht. Sonst können wir das mit der gemeinsamen Wohnung vergessen, “ meinte sie nur. „Er ist ein furchtbarer Starrkopf Chily, “ sagte der Schotte. „Aber wenigstens für April ein lieber Kerl.“ Die Angesprochene verstand, dass es hieß, egal was sie Fireball grad gesagt hatte, es würde keine Früchte tragen. So folgte sie dem Piloten, der höchstwahrscheinlich geradewegs zur werdenden Mutter gestiefelt war. „Er sollte für das Kind etwas einsichtiger werden“, brummte sie dabei. Robin und Saber schlossen sich ihr an. „Ihm fehlt Ruhe und Geduld Es wird schon werden, Chily. Ganz sicher, “ meinte der beruhigend. „Ihm fehlt ein Tritt in den Hintern, damit er merkt wo es lang geht, “ schnappte die Jugendfreundin des Cowboys verstimmt. Beinahe hätten Robin und der Recke laut zu lachen angefangen. „Hinterlässt keinen Eindruck, kannst du mir glauben. Das hilft gar nix, “ garantierte er ihr. Sie stiegen die Treppe hinauf. „Na gut, dann zieh ich eben andere Register. Ist ja nicht so, dass ich einfallslos wäre.“ Damit bog sie gerade in den Flur ab, auf dem die gynäkologische Abteilung lag. Die Stationstür schloss sich eben schwingend hinter dem uneinsichtigen Rennfahrer. „Ich bin gespannt“, bemerkte Saber. Dann beeilten er und Robin sich, denn Chily war losgerannt. Sie kamen gerade rechtzeitig auf der Station an um zu sehen, dass die Hebamme auf den Rücken des werdenden Vaters gesprungen war, ihre Arme um seine Schultern und ihre Beine um eines von seinen geschlungen hatte, so dass er schwerlich weiter kam. „Hey!“ fluchte der und griff nach einem Arm seiner Angreiferin. „Ja, genau. Hab ich mit einem Pfosten geredet oder was. Ich sagte, du bleibst diesem Zimmer fern, “ kam es hinter seiner Schulter hervor. So leicht machte sie es ihm nicht, sie wieder da runter zu bekommen und verstärkte den Griff. „Du kannst mir den Buckel runter rutschen, Chily. Hör auf damit!“ Jetzt war er endgültig gereizt. Den Klammeraffen auf seinem Rücken konnte er gerade gar nicht ertragen. „Da bekommt die Redewendung jemanden im Nacken sitzen eine völlig neue Bedeutung, “ grinste Saber. Das ganze sah schon amüsant aus. Auch Robin musste schmunzeln. „Ja, ich hätte nicht gedacht, dass sie so an ihm hängt.“ „Ich rutsche nirgendwo runter. Du wirst mir jetzt zu hören, oder ich hab noch ganz andere Sachen drauf, “ informierte das Äffchen und schloss die Beine fester um das des Rennfahrers, damit er sie nicht so einfach runter werfen konnte. Der schaffte es schließlich ihre Arme von seinen Schultern zu lösen und hatte nicht wenig Lust dieser Klette eine Flugstunde zu geben. „Willst du mich ohnmächtig knutschen?“ fauchte er zurück. „Du hast keine Ahnung. Ich werd dich davon abhalten, da rein zu gehen und wenn ich "Vergewaltigung" schreien muss. Und denk ja nicht, dass ich das nicht mach. Mir ist da grad gar nix zu blöd, “ knurrte sie und er war sicher, dass sie es wirklich tun würde. Da seine Hände ständig versuchten, nach ihr zugreifen, konnte sie sich nicht mehr so recht an ihm festklammern. Ihn abzuwehren war doppelt schwierig, weil sie zum einen direkt an ihm dran war und zum anderen, er stärker war. Beinahe hätte sie das Gleichgewicht verloren und wäre runtergefallen. Schnell hielt sie sich an seiner Schulter Das nutzte er. Mit einem Arm fuhr er ihr zwischen die Beine und schnappte nach ihrem Hosenbund, mit der anderen griff er nach ihrer Schulter. „Das glaub ich gern. Aber im Augenblick sieht es eher andersrum aus.“ Damit hob er sie über die Schulter und stellte sie ernsthaft verärgert vor sich auf die Füße. „Und jetzt ist endlich Ruhe, bevor ich die Geduld verliere!“ drohte er. „Geduld? Welche Geduld? Und den größeren Dickkopf hab immer noch ich. Du bleibst genau hier.“ Er mochte sie ausgehebelt haben, aber deswegen gab sie noch lange nicht klein bei. Fireball wollte sie zur Seite schieben. „Den Teufel werd ich! Willst du wirklich, dass sich April noch mehr aufregen wird, als sie es ohnehin tun wird, wenn wir es ihr verschweigen?“ Glaubte sie wirklich, dass er die Nachricht nicht feinfühlig überbringen konnte? Was der Rennfahrer dabei nicht bedachte war, dass nicht die Art der Überbringung das Problem für die Hebamme war, sondern die Nachricht an sich. Prompt baute sich die Kleine wieder vor ihm auf. „Hallo? Kein Wunder hörst du nicht zu, du bist taub.“ – „Taub werd ich maximal von deinem Organ.“ Auch wenn der Grund dieser Auseinandersetzung sehr ernst war, kamen Saber und Robin nicht umhin es komisch zu finden. Sah es doch aus, als kämpfe David gegen Goliath. „Ich wette mit dir, dass unser Rennfahrer sich nicht durchsetzen kann“, raunte der Blonde der Lehrerin zu. Die nickte. „Ganz deiner Meinung. Aber es wird knapp.“ „Das kann ich gleich zurück geben. Aber was soll ich tun, wenn du einfach nicht zu hörst. Dir kann man ja ohne Vorschlaghammer nichts vorschlagen, “ schnappte die Hebamme und hopste vor lauter Aufregung sogar leicht in die Höhe. „Dann schlag mal vor.“ Abweisend die Arme vor der Brust verschränkend fügte der Rennfahrer hinzu. „Für Vorschläge bin ich jederzeit offen.“ Allerdings war er auch bereit ihr für jedes falsche Wort den Hintern zu versohlen. Schmunzelnd bemerkte der Schotte: „Fireball wird langsam alt. Früher hätt er nicht so schnell nachgegeben.“ – „Oder ist es doch ein leichter Anflug von Vernunft?“ überlegte Robin. Chily holte Luft um sich wieder zu beruhigen. „Variante A: Ich komme mit und kann nebenher ihre Vitalwerte kontrollieren. Variante B: Du bleibst hier, “ sagte sie dann einigermaßen nüchtern. Der werdende Vater grübelte kurz. „Niemals.“ Saber schüttelte den Kopf. „Das Wort Vernunft kommt in der Beschreibung von Fireballs Charaktereigenschaften nicht vor.“ „Aber du hältst bei Variante A deine Klappe!“ Der Japaner drohte der Hebamme mit dem Zeigefinger. Die wischte die dazugehörige Hand ungehalten weg. „Ich kann auch „Vergewaltigung“ schreien. Stell hier keine Bedingungen, man. Das sehr viel Aufregung sehr kurz nach einander und damit ein zu hohes Risiko für das Kind. Ich bin ihre Hebamme und hab als erstes an das Wohl meiner Patientin zu denken. Der hitzköpfige Freund verkommt da ganz leicht zur Nebensache, “ schnappte sie. „Man wird ja noch hoffen dürfen“, meinte Robin leise zum Recken. „Denkst du, das weiß ich nicht?“ brauste der Pilot auf. „Ganz langsam aber sicher komm ich mir hier ziemlich entmündigt vor.“ Sofort schoss sie zurück. „Tut mir leid, dass ich das so sagen muss, aber so wie du dich gerade aufgeführt hast, hab ich doch Zweifel was du so weißt und was nicht.“ Er stemmte seine Hände in die Hüften und konterte fies. „Ich zweifle auch so manches Mal an deiner Zurechnungsfähigkeit.“ – „Bitte?“ Chily verschlug es die Sprache. Sie hatte so sehr darum gekämpft, dass April das Kind nicht verlor, war dabei tausende Tode gestorben und hatte, entgegen der ärztlichen Anordnung der auch sie sich fügen musste, den besorgten Freund zu der werdenden Mutter gelassen. Jetzt bekam sie so was zu hören. Sie schaute kurz zu Saber und Robin, dann wieder zu Fireball und hob hilflos die Schulten. Fassungslos über diese Frechheit fiel ihr nur eine Reaktion ein und die Ohrfeige klatschte laut. „Unverschämter Kerl“, fauchte sie. Der Japaner schluckte ruhig und erwiderte frostig. „Wenigstens trittst du die Beweise immer sofort an. Der war sehr eindrucksvoll, Chily, “ streute er noch Salz auf ihre Wunde. Schon öffnete sie ihren Mund, biss sich aber im letzten Moment doch noch auf die Lippe. Ihm jetzt an den Kopf zu knallen, dass er lieber doch nicht Vater werden sollte, wenn er mit dem Kind genauso umginge wie mit ihr eben, würde nur für böses Blut sorgen und sie hätte es bereut, da sie es nicht so meinte. Trotz ihrer Wut war sie immer noch davon überzeugt, dass der Hitzkopf einer der liebevollsten Väter werden würde. Deshalb wies sie auf die Zimmertür von April „Beweg dich.“ Er öffnete die Tür. „Nach dir.“ Widerwillen waren die Beobachter Saber und Robin beeindruckt von der Vorstellung, die ihnen gerade geboten worden war. „Die beiden können streiten“, staunte die Lehrerin. „Da bin ich direkt froh, dass die beiden kein Paar sind“, nickte der Schotte. „Hauptsache sie versöhnen sich auch wieder so schnell, wie sie sich gezofft haben.“ Aber das konnte sich Colts Braut nicht so recht vorstellen. „Hoffentlich“, seufzte der Recke und wies in Richtung Intensivstation. „Zu Colt? Oder willst du lieber hier bleiben?“ fragte er dann, verkniff sich aber dazu zufügen, dass die beiden den Streit da drinnen fortsetzen könnten. „Hm. Es wäre wohl besser, wenn wir in der Nähe bleiben. Die beiden waren schon recht heftig, “ antwortete die Gefragte. „Chily ist nicht die einzige, die Gedanken lesen kann, “ schmunzelte der Schwertschwinger. „Komm, setz dich.“ Aber entgegen der Befürchtungen lief es anders im Krankenzimmer. „Hey, Schatz, wie geht es?“ grüßte Chily in völlig normalem Tonfall. Der Rennfahrer gab seiner Freundin einen Kuss auf die Wange „Hey, Süße“ und setzte sich auf den Stuhl neben ihrem Bett. „Was ist los? Du bist ja ganz warm, “ wollte die Blondine wissen. Die Hitze des Streites hatte sie gespürt. „Wir sind her gerannt. Nicht wahr, “ gab Chily arglos zurück und warf eine kurzen Blick auf den Japaner. „Ich muss mal prüfen, wie es euch zweien geht, “ wandte sie sich dann an die Blondine. „Lasst euch nicht ablenken.“ Damit nahm sie ihren bereitliegenden Blutdruckmanchette und machte sich an Werk. „Chily dachte, etwas Sport könnte mir nicht schaden“, bestätigte Fireball die Aussage der Hebamme. Aus irgendeinem Grund glaubte es April zwar nicht so ganz, aber andererseits log Chily ja nicht. „Schön, dass du da bist“, meinte sie deshalb und streckte die Hand nach ihm aus. „Hast du mich vermisst?“ fragte er lächelnd „Natürlich“, erwiderte sie warm. „Es ist langweilig hier. Hast du was von Colt gehört?“ Den Was-hab-dir-gesagt-Blick, den Fireball nun der Hebamme zu warf, ignorierte diese geflissentlich, maß den Puls ihrer Patientin und trug etwas in die Krankenakte ein. „Tja, Süße, weißt du“, begann der Pilot mit Bedacht. „Unser Kuhtreiber hat mal wieder den Vogel abgeschossen.“ Er musste ja nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. „Oh, was ist passiert?“ hakte die Blondine besorgt nach. „Es ist gestern ganz schön brenzlig geworden, das weißt du. Und Colt ein bisschen übermütig, “ ergänzte er und umschloss ihre Hand fester. Die werdenden Mutter sah in abwartend an. Sie wollte mehr hören. Unterdessen tastete ihre Geburtshelferin den Bauch vorsichtig ab. „Mach dir bitte keine Sorgen um Colt, Süße. Sie haben ihn uns gestern vom Himmel geholt und er kann dich deswegen nicht besuchen, weil er ein paar Gänge weiter liegt, “ fügte Fireball daraufhin sanft hinzu. Dann schwieg er kurz und prüfte ihre Reaktion. April tat gefasst, als sie fragte, wie schlimm es um den Cowboy stand, aber Chily presste die Hände auf den Bauch der Schwangeren und runzelte die Stirn. Das gefiel ihr nicht so recht, was sie da spürte. Krämpfe. Vorsichtig begann sie den Bauch zu massieren. Dem werdenden Vater war das nicht entgangen. „Ein paar Schrammen und Brüche“, spielte er den Zustand des Freundes herunter. Die volle Wahrheit zu sagen schien ihm nicht so ratsam. „Aber sie lassen ihn halt nicht aus dem Bett, deswegen hat er dich bisher noch nicht besucht.“ Dann scherzte er noch leicht. „Saber hätte ja vorgeschlagen, dass ihr euch ein Zimmer teilt, aber Kerle haben auf der Gyn. nix verloren.“ Sein schiefes Grinsen weckte in April das Gefühl, dass dies eben nur die Hälfte der Tatsachen war. „Wie lange wird er dort bleiben?“ bohrte sie. „Ich hab keine Ahnung, Süße“, erwiderte er diesmal ehrlich. Die Navigatorin kannte Colt gut genug um jetzt sicher zu wissen, dass es schlimm um ihn stand und das löste genau die Aufregung in ihr aus, welche die Hebamme hatte vermeiden wollen. Sie erfühlte Krämpfe und das alarmierte sie. „Fireball, raus und hol Doc Madison. Sag ihm, dass ich dich geschickt hab und warte um Himmels willen vor der Tür, “ ordnete sie an. Der sprang auf und tat wie ihm geheißen. Der Arzt eilte ins Zimmer. Die Tür schloss sich und einmal mehr bangte der Rennfahrer um das Ungeborene. Ebenso Saber und Robin. Schließlich wusste keiner von ihnen, was genau los war. Sie waren nur dazu verdonnert im Gang zu warten. Eine halbe Stunde etwa, die besonders dem werdenden Vater wie eine Ewigkeit erschien. Dann öffnete sich endlich die Tür wieder. Die Drei hoben die Köpfe. Niemand hatte zu sprechen gewagt, und jetzt klang die Stimme des Arztes seltsam. Er sprach leise mit der Hebamme und verabschiedete sich. „Wie geht es ihnen?“ fragte Fireball und schien am liebsten sofort ins Zimmer stürmen zu wollen. Aber dann hätte er Chily umrennen müssen. „Es ist alles in Ordnung. War ein Fehlalarm. Ich wollte nichts riskieren. Mach dir keine Sorgen, “ erwiderte sie matt. Der Schreck saß auch ihr noch in allen Knochen. „Kann ich zu ihr?“ Die Frage hätte er gar nicht stellen brauchen, er versuchte auch ohne Antwort sich an ihr vorbei zu drängen. Chily schloss die Tür hinter ihrem Rücken und vor seiner Nase. „Nein“, entschied sie. „Sie würde dich ja doch nur nach Colt fragen und im Moment sollte sie wirklich dringend Ruhe haben. Ich werde hier bleiben.“ Schon setzte der Ungeduldige zu Protest an, aber die Hebamme legte ihm die Hand auf den Mund. „Jetzt fang nicht schon wieder an. Herrgott nochmal, es reicht wirklich. Geh nach Hause. Geh auf die Ranch. Von mir aus ruf sie heute Abend an, aber lass ihr jetzt erst einmal Ruhe, “ fuhr sie ihn streng an. Gut, er hatte Recht gehabt, dass konnte sie getrost zu geben. April hatte wissen wollen wie es Colt ging und es war gut, dass sie es wusste. Aber noch mehr Aufregung durfte nun wirklich nicht mehr sein. Das war nicht länger zu verantworten und Chily war entschieden, durchzusetzen, was das Beste für ihre Patientin war, auch wenn sie keine Lust und kaum noch Kraft für eine ähnliche Auseinandersetzung hatte. Aber dazu kam es nicht. Fireball antwortete schlicht „Okay“ und trottete mit hängenden Schultern davon. Das er einsah, dass es die richtige Entscheidung war, munterte ihn kaum auf. Saber schloss sich ihm an. Robin kehrte an Colts Krankenbett zurück und die Hebamme blieb auf ihrem Posten. Dabei tat es ihr leid, dass sie so streng sein musste. Aber sie hatte keine andere Wahl. Die folgende Woche lösten Saber und Fireball Robin gelegentlich am Krankenbett ab. Allzu lange hielt sie es jedoch nicht auf der Ranch aus und fand sich recht schnell wieder im Krankenhaus ein. Einen Tag vor Aprils Entlassung ließ Chily den Rennfahrer endlich wieder zu ihr. Sie hatte es so eingerichtet, dass er sogar über Nacht bleiben konnte und sie am nächsten Tag mit zur Ranch brachte. Bevor die Hebamme das Krankenhaus verließ, schaute sie noch kurz bei Robin und Colt vorbei. Wenn sich dessen Zustand auch nicht verändert hatte, so war er wenigstens nicht schlimmer geworden. Robin wachte tapfer, sich an diesen Umstand klammernd, an seinem Bett. Als Chily nach Hause kam, fand sie den Recken in einen Bericht vertieft vor. Fireball und April, natürlich auch Colt, waren von dem Fall abgezogen worden. Man erwartete, dass Saber in Bereitschaft blieb. Auch wenn der Wiederaufbau des Irokesen-Stammes begonnen hatte und die meisten Truppen abgezogen waren, blieb eine Einheit als Wachschutz vor Ort. Solange man nicht wisse, wann und wo die Phantomwesen wieder zuschlagen würden, solle er erreichbar bleiben. Es musste mal wieder mit allem gerechnet werden, denn diese Ruhe konnte nicht von allzu langer Dauer sein. Er seufzte leicht. Dass Chily neben ihm auf dem Sofa Platz genommen hatte, hatte er noch nicht bemerkt. Erst als sanfte Finger liebkosend über seinen Nacken fuhren, sah er auf. „Hey, du bist ja da“, lächelte er verlegen. Sie nickte nur. „Wie lange schon?“ fragte er. „Ein paar Minuten. Was liest du da?“ Er legte die Blätter auf den Couchtisch. „War nur ein Bericht“, erwiderte er, lehnte sich im Polster zurück und musterte die Hebamme. „Du siehst reichlich müde aus“, stellte er fest. „Sieht nur so aus.“ Damit zog sie ihre Beine aufs Sofa und schmiegte ihren Kopf an seine Brust. „Also, erzählst du mir, was in dem Bericht stand?“ Saber unterdrückte ein Grinsen. Er war überzeugt davon, dass sie höchstens noch zwei Sätze von dem mitbekam, was er sagte, aber er tat ihr dennoch den Gefallen. Einen flüchtigen Moment lang fiel ihm ein, dass Sincia nie nach solchen Dingen gefragt hatte. Dann hörte er ein leises Schnarchen. Hatte er es doch gewusst. Vorsichtig setzte er sich auf das Bett und weckte er sie mit einer Tasse Kaffee am nächsten Morgen. Jeder Zeit konnten April und Fireball eintreffen, da war es besser, wenn sie wach war. Sie spürte die Bewegung, sog den Kaffeeduft ein, linste träge zu ihm und murmelte: „Leg mir eine Infusion.“ Ein Kuss auf die Stirn hatte die gleiche Wirkung. Sie krabbelte aus dem Bett, schlüpfte in ihren Morgenmantel und fand sich genau zur rechten Zeit im Wohnzimmer ein um zu hören wie Fireball ganz Gentleman die Tür öffnete. „Willkommen zuhause, Süße“, hörte sie ihn sagen, dann erschien April im Türrahmen. „Du nimmst mir die Worte aus dem Mund. Wie geht es dir, Little Mama?“ Die lächelte leicht „Gut, danke“ und ließ sich von ihrem Freund hinein begleiten. „Schön. Freut mich zu hören. Schon gefrühstückt?“ Chily knotete den Gürtel ihres Morgenmantels fester zu. „Frühstück klingt gut, “ nahm die werdende Mutter das Angebot an. „Was krieg ich?“ – „Alles, was du dir wünschst. Also?“ Chily ging in Richtung Küche. „Pfannkuchen wären gut“, rief April ihr nach, dann schob Fireball sie auf die Couch und versprach: „Sollst du alles haben, meine Süße.“ Kaum war die Hebamme in der Küche verschwunden, trat Saber mit einer Tasse Kaffee in der Hand aus der selbigen. „Guten Morgen ihr beiden, “ grüßte er und setzte sich gleich zu ihnen auf das Sofa. Dafür stand der Rennfahrer auf. „Sorgst du kurz für Gesellschaft, edler Recke?“ Der hob die Brauen. „Du dringst in das Revier einer Frau ein, das ist dir klar.“ – „Ich helf ihr schon nicht beim Kochen, keine Sorge“, lächelte der Japaner zurück. „Ich mach mir eher Sorgen darum, wie du mit dem Phänomen der fliegenden Untertassen klarkommst, “ gab der Recke zurück und tauschte mit April einen bedeutungsvollen Blick. „Wird locker umschifft. Ich hab schon ganz andere Flugobjekte überlebt, “ grinste er und verschwand in der Küche. In der Küche hatte Chily Eier und Milch auf den Kühlschrank gestellt. Auf der Anrichte befanden sich Mehl, Zucker und ein Quirl. Eben holte sie die Pfanne aus dem Schrank und stellte sie auf den Herd. Dem Eintretenden schenkte sie keinen Blick. „Kaffee ist alle. Saber hat die letzte Tasse genommen. Ich mach gleich neuen, “ sagte sie und schaltete die Kochplatte an. „Du kannst Gedanken lesen, “ erwiderte Fireball und ging auf die Kaffeemaschine zu. „Kaffee kann ich auch aufsetzen, Chily. Kann ich dir helfen?“ Irgendwie musste er das Gespräch ja beginnen, dem sie seit ihrem Streit im Krankenhaus recht geschickt immer wieder auswich, dass ihm aber umso mehr auf dem Herzen lag. „Ja. Steh mir nicht im Weg.“ Sie schob sich an ihm vorbei zum Kühlschrank und nahm die Zutaten runter. Mit einem „Entschuldige“ zog er den Bauch ein, damit sie, mit Milch und Eiern in den Händen, besser an ihm vorbeikam. Er musste wohl einen neuen Versuch starten. Sie angelte sich eine Schüssel aus dem Schrank und begann die Zutaten zu mischen. „Meinen beiden geht es wieder gut. Danke, Chily, “ sagte er schließlich. „Hab ich gern für sie gemacht.“ Sie nahm eine Kelle und füllte den dickflüssigen Teig in die Pfanne, stellte einen Teller für die fertigen Pfannkuchen bereit. „Muss ich erst auf die Knie fallen, bevor du mir zuhörst?“ Sie konnte einem aber auch hartnäckig die kalte Schulter zeigen. Um Verzeihung zu bitten war nun wirklich nicht seine Stärke und nun hörte sie ihm nicht mal richtig zu. Fireball fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Ich will dir ehrlich gesagt nicht mehr zu hören. Ich habe meinen Job gemacht. Der tut sich natürlich am leichtesten, wenn jeder Mann davon ausgeht mein fachlicher Rat ist nichts als Schikane für ihn ist und nur dazu da um ihn zu kommandieren. Ich meine, es ist ja nicht gerade so, als wüsste ich wovon ich rede.“ Bei diesen Worten sah sie ihn nicht mal an. Er hockte sich auf die Arbeitsfläche. „Es tut mir doch leid“, meinte er geknickt. „Ich hab nie behauptet, dass es alles Quatsch ist, was du sagst. Dein Job ist wichtig und ich bin froh, dass eine gute Freundin April beisteht. Meine Nerven sind ein bisschen runter momentan. Hey, darf ich etwa keine Angst haben?“ Verlegen ließ er die Beine baumeln. „Lass ich meine an dir aus?“ Gekonnt wendete Chily den Pfannkuchen mit einer Bewegung der Pfanne. „Bist du wie ich?“ fragte der Rennfahrer und hob eine Augenbraue. Er sollte sich ihr wohl erklären. „Ich will doch bloß nicht, dass April und dem Kind was zustößt, oder dass sie mir jemand wegnimmt. Es macht mich krank, wenn ich nicht bei ihr sein kann.“ Eine Pause entstand. Der Plins briet fertig. Sie ließ ihn auf den Teller rutschen und füllte den Teig für einen neuen in Pfanne. „Ich will auch nicht, dass den beiden was passiert, und ich nehm dir gar nichts weg. Bist du jetzt beruhigt?“ seufzte sie. „Jein. Hör mal, ich wollte dich wirklich nicht beleidigen, oder anschreien, oder sonst was, “ erläuterte er ihr. Wieder rotierte die Pfanne. „Jein? Toll. Was beunruhigt dich denn noch?“ Sie hatte immer noch keinen Blick für ihn. „Es beunruhigt mich, wie ich aus der Haut gefahren bin. Ich wusste doch, dass du ihr und dem Kind nichts Böses willst, “ setzte er noch einmal zu einer Rechtfertigung an. „Aber... Ich kann es nicht kontrollieren, verstehst du. Da fällt wohl immer wieder ein Schalter um, wenn es um meine Süße geht.“ Chily schnaubte leicht. Verstand sie ihn denn nicht? „Dann lass dir noch ein paar Sicherungen einbauen“, schlug sie vor und drehte sich zu ihm um. „Ich kann mich nämlich nicht um deine beiden kümmern, wenn du mir dabei immer wieder Schwierigkeiten machst. Man, denkst du ich fand das lustig, dass ich dir bis gestern nicht erlauben konnte sie zu besuchen? Das tut mir doch auch in der Seele weh. Aber ich hatte keine andere Möglichkeit. Ich hab doch schon alles versucht und die Grenzen so weit ausgereizt, wie ich konnte. Aber auch ich unterstehe dem Arzt.“ Wieder kümmerte sie sich um das, von April gewünschte, Essen. Beschämt sah der Rennfahrer auf den Boden. So ganz bewusst war ihm das noch nicht gewesen. „Sorry“, murmelte er. „Meinem Schatz soll es gut gehen. Ich mach mir rund um die Uhr Sorgen um sie. Chily, ich kann es nur noch mal sagen, ich bin froh, dass eine gute Freundin ihre Hebamme ist. Naja, egal, “ fügte er seufzend hinzu. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie bedrück er war. „Das schlimmste ist jetzt erst mal überstanden für euch drei. Mach dir keine Sorgen, “ informierte sie milder und fügte etwas leiser hinzu. „Ich wünschte, alle Männer wären, wie du.“ Erstaunt riss er die Augen auf. Hatte er sich verhört? Gerade beschwerte sie sich über ihn und dann so eine Aussage. Dem konnte er nicht folgen. „Dann wäre jede werdende Mutter in den liebevollen Händen, die sie in dieser Zeit so sehr braucht. Und alle Kinder hätten gute Väter, “ erklärte sie und wies leicht auf die Kaffeemaschine. „Kaffee ist fertig.“ Er nahm eine Tasse aus dem Schrank und schenkte sich ein. „Ich hoffe, dass ich dem Kind ein guter Vater sein kann“, bekundete er seine Bedenken dabei. „Ganz bestimmt. Kein Zweifel. Wenn du nur nicht mit jedem Erzieher oder Lehrer eine Grundsatzdiskussion darüber führst, dass ihr eh das gleiche für es wollt, “ antwortete sie. Der Rennfahrer musste lachen. „Das kann ich dir nicht versprechen. Das hab ich als Schüler selber schon gemacht und wenn die Lehrer nix dazugelernt haben, wird es in sechs Jahren auch nicht besser.“ Er nahm einen großen Schluck Kaffee. „Du bist eine klasse Freundin“, zwinkerte er dann heiter. „Saber hat ein gutes Auge.“ – „Danke, wenn es ehrlich gemeint war.“ – „Ja, so wahr ich der jüngste Champion aller Zeiten war. Du passt schon sehr gut zu unserem Säbelschwinger, “ versicherte er ihr. Nach allem, was er ihr im Streit an den Kopf geworfen hatte, war es nicht so einfach für sie, das zu glauben. Immerhin hatte er sie als nicht ganz zurechnungsfähig betitelt und das war eben doch ein Unterschied im Vergleich zu nur verrückt sein. „Ich meinte, dass mit der klasse Freundin, “ sagte sie. „Du bist eine sehr gute Freundin, das mein ich ernst. Ich... meine Wortwahl ist wohl nicht immer die richtige, “ versuchte er seine erste Aussage zu bestärken. „Deine Wortwahl ist manchmal beschissen, “ versetzte sie mit Gedanken an den letzten Zwist. „Aber ich mag deine Freundin trotzdem. Und Saber.“ Er zog einen Schmollmund. „April versteht mich. Und du wirst dich an meine Ausdrucksweise schon noch gewöhnen, “ bemerkte er dann. „Das ist das Wichtigste, dass sie dich versteht. Und ich gewöhne mich nur an die Ausdrucksweise von Freunden, “ erhielt er zur Antwort. Allerdings war es nicht das, was er erwartet hatte. Sein enttäuschtes „Oh“ sagte ihr aber, dass er mit allem, was er ihr eben versichert hatte auch für sich gesprochen hatte und das beruhigte sie. „Ich sollte mal nach April sehen.“ Er leerte die Tasse, stellte sie in die Spüle und rutschte von der Arbeitsplatte. Als er an der Tür war, rief sie ihn zurück. „Fireball?“ – „Ja?“ – „Was verdient eigentlich eine Freundin und Hebamme, die alles für die Herzdame tut und trotz einiger Ausbrüche immer noch mit einem redet?“ Mit einem reumütigen Blick sah er sie an. „Ewige Dankbarkeit, und alles Glück auf Erden.“ Er trat einen Schritt auf sie zu. „Es tut mir leid, Chily.“ Jetzt musste sie wirklich lächeln. „Ich finde eine kleine Umarmung kannst du schon auch noch mit drauf packen.“ Erleichtert erwiderte er ihr Lächeln. „Da müssen wir zuerst die Tür schließen, nicht, dass Saber oder April auf dumme Gedanken kommen.“ Mit diesen Worten lehnte er die Tür wieder an. „Spielverderber“, grinste sie. „Na, komm her.“ Er legte die Arme um sie. „Sag mal, findest du nicht, dass es jetzt erst recht so aussieht, als hätten wir was zu verbergen?“ fragte sie, wobei sie die Umarmung erwiderte. „Haben wir doch, oder etwa nicht.“ Dafür, dass sie ihn so hatte zappeln lassen, musste er ihr eine kleine Lektion erteilen. „Hat dir April nicht erzählt, was ich für ein Casanova bin?“ Mit einem frechen Grinsen strich er ihr über den Rücken. Ihre linke Augenbraue zuckte nach oben. „Echt? Bist du? Seit wann?“ – „Immer schon.“ Dabei zog er sie noch ein Stück näher zu sich. Dann tat ihm Saber auch noch den Gefallen just in diesem Moment die Küche zu betreten. „Hey.“ Beinahe wäre er rückwärts wieder raus gestolpert. „Ich klopf noch mal, ja?“ kommentierte der Recke. Chily schoss die Röte ins Gesicht, worüber der Japaner sich hätte totlachen können. „Wart noch zwanzig Minuten damit, Säbelschwinger“, bemerkte er heiter. „Bitte?“ Chily sah ihn skeptisch an. „Dann bin ich fertig mit dir“, grinste er frech zurück. „Oder soll er doch lieber eine Stunde warten?“ Er nickte Saber leicht zu. Der verstand, was gespielt wurde. Chily verstand es auch. „Nein, besser zwei Stunden, “ entgegnete sie keck. „Oha, hoffentlich ist da schon die Kuschelzeit eingeplant.“ Er wandte sich wieder an den Blonden. „Sie kuschelt doch gerne, oder?“ hakte er nach. Der nickte. „Nö, keine Kuschelzeit. Ich hab schließlich seit einem Jahr Mangel, “ konterte die Hebamme schelmisch. Der Rennfahrer löste die Umarmung, schob sie zum Schotten und trat noch einen Schritt zur Sicherheit zurück. „Dann verzichte ich. So gut im Training bin ich nicht, “ vermeldete er darauf. Chily konnte sich das Lachen kaum verkneifen. „Schade“, gluckste sie. Saber fand es genauso komisch und stichelte: „Für ein Kind hat es gereicht.“ – „Ja“, bestätigte Fireball heiter. „Der Gentleman genießt und schweigt.“ Dieses Statement lud den Blonden regelrecht zu einem weiteren Kommentar ein. „Schön, dass du noch was dazugelernt hast“, schmunzelte er. „Lernen ist das halbe Leben“, war die Antwort. An dem Zwinkern konnte man den früheren Lümmel von der letzten Bank erkennen. „Ich schau zu meiner Süßen, bevor hier noch andere Gerüchte kursieren“, verabschiedete er sich darauf. „ Viel Spaß und nimm“ Chily langte nach dem Teller mit den Pfannkuchen und reichte sie ihm. „die mit.“ Mit Besteck aus der Schublade trat der werdende Vater endgültig ab. „Mach ich. Das heißt, die nächste halbe Stunde habt ihr nichts von uns zu erwarten.“ Über diesen Vorschlag konnte Chily nur kichern. „Ich brauch auch noch einen Kaffee“, stellte sie fest. „Ach. Die Zeit hast du, ganz sicher, “ gab der Rennfahrer über die Schulter zurück und blinzelte dem Schotten zu. „Er hier ist auch aus dem Training.“ Dann schlug die Tür hinter ihm zu. Die drohende Faust und das entrüstete „Fireball“ verhallten daran. Der Recke lachte. „Auch noch Kaffee?“ fragte Chily und grübelte, wie groß die Gefahr war, dass Saber den Vorschlag des Piloten ernsthaft in Erwägung zog. „Gern.“ Über den Piloten den Kopf schüttelnd befand er: „Der Kerl hat sie manchmal wirklich nicht alle.“ – „Das ist mal Fakt.“ Sie war also in Sicherheit. Er nahm die Tasse, die sie ihm reichte und schaute über ihre Schulter auf die aufgebrauchten Zutaten. „Sag mal, was hat an den Pfannkuchen jetzt so lange gedauert?“ Zucker folgte in ihre Tasse. „Das machen?“ Schelmisch linste sie zu ihm. „Das ist ein Argument“, gestand er. „April geht es gut, oder? Sie wirkt etwas müde.“ Langsam nickte sie. „Das ist normal. Ich hätte alle Hebel in Bewegung gesetzt, sie noch im Krankenhaus zu lassen, wenn ich es bedenklich finden würde.“ Beide tranken erst mal einen Schluck. „Wollen wir beide uns zu den Turteltauben nach draußen setzen?“ fragte Saber. Die Hebamme wiegte den Kopf. „Ich glaube nicht. Die beiden sind Turteltauben und eine ganze Woche getrennt gewesen.“ Nachdenklich lächelte der Schotte. „Vor ein paar Monaten hätt ich noch gesagt, dass sind sie gewöhnt, aber seit April schwanger ist, ist einer anhänglich geworden.“ – „Oh ja, sehr“ Chily schob sich an ihm vorbei und trat auf die Terrasse. „Manapi?“ Er folgte ihr. „Ja, Jolene?“ – „Was stand noch mal in dem Bericht gestern? Und was bedeutet es für uns?“ wollte sie wissen. Ihr Blick glitt über die Koppel und ihre beiden Pferde. „Fireball und Colt wurden von dem Fall abgezogen“, fasste er das Wesentliche zusammen. „Ich soll in Bereitschaft bleiben.“ Vielleicht hätte Sincia einmal danach gefragt, aber ganz sicher kein zweites Mal. „Also hier in Tucson-City?” hakte die Hebamme nach. Er nickte. „Ich bezweifle allerdings, dass die Ruhe lange anhalten wird.“ Sie schaute zur Scheune hinüber. Die Erinnerung daran, wie sie Patamon dort gefunden hatten, kehrte zurück. Chily setzte sich. „Und wo wirst du bleiben?“ bohrte sie weiter. „Ich bleibe solange bei euch, ist doch selbstverständlich“, erwiderte er. „Wo genau? Wo wirst du übernachten?“ Dabei schaute sie ihn aufmerksam an und gab ihm ein Zeichen sich zu ihr zusetzen. Saber folgte der Aufforderung. „Ich schwanke noch. Einerseits will ich euch nicht unnötig einer Gefahr aussetzen, aber andererseits will ich euch auch nicht alleine hier lassen, “ ließ er sie an seinen Überlegungen teilhaben. „Was sagen denn deine Vorgesetzten oder die Dienstvorschrift?“ fragte sie weiter. „Die Dienstaufsicht sagt dasselbe, wie Commander Eagle: Tu, was du für richtig hältst, “ antwortete er und musterte sie von der Seite. „Naja, vielleicht sollte ich hier auf der Ranch bleiben, für alle Fälle.“ Wieder hakte sie nach. „Vielleicht?“ Jetzt runzelte er die Stirn. Konnte es sein, dass sie ihn nicht im Haus haben wollte? Auf seinen Vorschlag zusammenzuziehen hatte sie auch nicht gerade mit Begeisterungsstürmen reagiert. War es ihre Art ihm zu sagen, dass er ausquartiert werden sollte? „Soll ich nicht?“ wollte er deshalb verwundert wissen. Chilys Gedanken gingen gerade in eine andere Richtung. „Zumindest Fire und April sollten weggehen. Zur Kur. Wo sie es ruhiger hat und Fire wäre ja in Rufbereitschaft, “ meinte sie. „Ein bisschen Urlaub sozusagen. Haben die zwei sich einen Honeymoon überhaupt schon verdient?“ schmunzelte er, wurde aber gleich wieder ernst. „Was ist mit dir? Du solltest auch raus aus Tucson City.“ Die Hebamme dreht sich zu ihm. „Zwei Worte: Eh eh, “ erklärte sie entschieden. „Kleiner Starrkopf!“ tadelte der Starsheriff. „Colt und Robin sind auch noch hier. Ich bleibe in meinem Haus, “ begründete sie ihre Entscheidung. „Dann bleibe ich bei euch dreien, “ bestimmte er. „Im Haus?“ Der erfreute Unterton in ihrer Stimme verleitete ihn zum Necken. „Ja, sogar in deinem Bett“, entgegnete er verschmitzt. Schwungvoll stellte sie die Tasse ab und fiel ihm um den Hals. „Gott sei danke.“ Verblüfft verschüttete er den Inhalt seiner Tasse. „Mach ich doch gerne“, murmelte er warm. Sie drückte sich an ihn. „Ich hatte schon Angst, du erzählst mir was von wegen Dienstvorschrift und geht nicht“, kam es von ihr. „Du solltest dir die Dienstvorschrift eines Star Sheriffs wirklich mal genauer durchlesen. Arbeiten nach eigenem Ermessen, “ meinte er beruhigend. „Ich hab noch nicht mal den Titel gelesen, ich hatte sie nämlich noch nicht in den Händen.“ Damit rückte sie wieder von ihm ab. „Die verlassen das Oberkommando auch nicht. Dachtest du, ich würde dich ohne Begleitschutz hier lassen?“ fragte er und rutschte wieder näher zu ihr. „Was soll ich mit Begleitschutz? Ich will deinen Schutz, “ erklärte sie. Er legte den Arm um ihre Schulter und versicherte: „Ich werde dich beschützen. Aber du musst dich von mir auch beschützen lassen.“ Die Mahnung konnte er sich nicht verkneifen. „Ich glaube nicht, dass ich dir so einfach davon laufen kann, wie dem Wachposten im Hotel“, grinste Chily. „Nein, ich lass mich nicht so einfach ausspielen. Ich kann nämlich das.“ Damit drückt er ihr einen stürmischen Kuss auf die Lippen. Ihre Tasse kippte um. „Öhm“, begann sie. „Ich glaub, ich leg es trotzdem mal drauf an.“ Dabei hielt sie den Kopf gesenkt um dem Schalk in ihrem Gesicht zu verbergen. „Tu es nicht. Lauf mir nicht davon, “ bat er. „Doch.“ Sie grinste spitzbübisch und schlüpfte rasch an ihm vorbei die Stufen hinab. „Fang mich, wenn du kannst“, lachte sie. Also gut. Das Spiel spielte er mit. Er sprang ebenfalls auf. „Muss ich zu drastischeren Maßnahmen greifen? Willst du das, Jolene Adams?“ drohte er scherzhaft und folgte ihr. „Haha, dazu musst du mich erst mal erwischen.“ Chily lief an der Scheune vorbei und verschwand dahinter. Sie hörte seine Schritte und schlüpfte durch die Hintertür hinein. „Na, warte. Dich erwisch ich schon noch.“ Dann stand er auch im Schober. „Von wegen, “ hörte er sie necken. Die Hebamme hielt sich hinter eine Gerätekiste verborgen. Sie konnte ihn sehen, aber er sie nicht. „Komm raus, Jolene. Du hast ja doch keine Chance.“ Suchend sah er sich um, entdeckte sie aber nirgends und änderte seine Taktik. Er tat so, als würde es ihn nicht interessieren. „Ich hol mir noch einen Kaffee“, erklärte er. Vorsichtig schielte sie hinter ihrem Versteck hervor. Er hatte sich noch nicht mal zum gehen gewandt und stand mit dem Rücken zur Hintertür und ihrem Versteck. Die Tür war noch offen. Leicht stieß sie sie mit dem Fuß an und ließ sie zufallen. Achtete dabei sehr genau darauf, dass sie unbemerkt blieb. Als die Tür zuschlug, fuhr Saber herum. „Du kleines Biest willst mich einsperren?“ Er schritt auf den Hintereingang zu. „Die Masche zieht bei mir nicht.“ Darauf hatte sie nur gewartet. Leise schlicht sie in Richtung der Leiter, die hinauf zum Heulager führte, und stieg vorsichtig hinauf. Die dritte Sprosse knackte. Wieder fuhr der Blonde herum und hechtete zu ihr, bevor sie ihm entkommen konnte. Er erwischte sie am Fuß. „Hab ich dich“, triumphierte er. „Wie unhöflich. Du guckst mir ja unter den Rock, “ protestierte sie und versuchte seine Hand abzuschütteln. „Ehrlich?“ Keck lüftete er ihren Morgenmantel und gestattete sich einen anerkennenden Blick auf ihre Beine, die unter dem leichten Etwas von Nachthemd hervorschauten. „Stimmt“, bestätigte er und zog sie von der Leiter in seine Arme. „Also wirklich! Vielleicht ein Offizier, aber eindeutig kein Gentleman, “ empörte sie sich grinsend. „Wer sagt, dass man beides sein sollte?“ wollte er wissen und trat einige Schritte von der Leiter weg. „Keiner. Ich dachte, du wärst es, “ schmollte sie erheitert. „Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, “ versicherte er. „Schlimm. Du hast mich doch erwischt. Und jetzt? Folgen nun die drastischeren Maßnahmen?“ stichelte sie und brachte ihn auf einen gar nicht so schlechten Gedanken. „Oh, ja, “ lächelte er und begann an ihrem Ohrläppchen zu knabbern. Sie tat gelangweilt. „Hm“, gähnte sie. „Wirst du das so lange machen, bis ich einschlafe? Weil nur dann wäre es eine Strafe.“ Die Kritik beherzigend ließ er seine Küsse ihren Hals hinab wandern. „So schlimmer?“ hakte er nach. „Ja.“ Sie strampelte sich von seinen Armen hinunter, weil es unbequem wurde und versuchte prompt noch einmal zu fliehen. Diesmal hatte sie wirklich keine Chance. „Halt, hier geblieben!“ Er schnappte sie am Handgelenk und zog sie wieder an sich. Mit der anderen Hand strich er den Morgenmantel über ihre Schultern und presste ihr einen Kuss auf die Lippen, der verriet, dass er allmählich Lust auf mehr bekam. „Und wenn ich nicht will?“ wollte sie wissen, wobei sie mit der freien Hand über seine Schulter und den Rücken fuhr. „Dann hab ich noch das hier als Argument“, versetzte er und streifte ihr das Kleidungsstück ganz ab. „Aha“, kommentiere sie trocken. „Ärgerst du mich noch länger?“ hakte er nach. „Das war der Plan“, raunte sie ihm ins Ohr und fing an am Ohrläppchen zu knabbern. Sabers Hand glitt ihren Oberschenkel entlang und schob das Nachthemd gleich mit hinauf. „Und wie länge hältst du das durch?“ murmelte er zwischen zwei Küssen. „So lange, wie ich ungeschoren davon komme“, flüsterte sie zurück. Dummerweise hatte er sich schon für den Tag angezogen, weshalb sie jetzt sein Hemd wieder aufknöpfen musste. Seine Hände schoben ihr Becken noch näher zu sich. „Ich hab heute keine Geduld“, bemerkte er. „Und das bedeutet?“fragte sie arglos und zog sein Hemd aus der Hose. „Du kommst nicht lange ungeschoren damit davon“, versprach er leise. Sie strich ihm das Kleidungsstück über die Schultern. „Was du nicht sagst“, wisperte sie neckisch. „Glaubst du mir nicht?“ Seine Küsse verteilten sich über ihre Schulter. „Kein Wort.“ Ihr Mund fuhr von seinem Hals über seinen Oberkörper. „Dabei war ich so ungezogen.“ Mit einem unterdrückten Seufzer hob er sie hoch und trug sie zu dem Heuhaufen neben dem Hintereingang. Vorsichtig bettete er sie darauf und beugte sich über sie. „Du warst sehr ungezogen, Jolene“, bestätigte er. „Ich glaube, ich muss dich bestrafen.“ Wieder schob er ihr Nachthemd nach oben. „Du traust dich ja nicht“, stichelte sie sanft. Sein Hemd flog zur Seite. „Glaubst du mir wieder nicht?“ Der Stoff des Nachthemdes rutschte über ihren Bauch. „Nein, du redest ja nur“, fuhr sie fort ihn zu reizen, während ihre Hände zu seinem Hosenbund wanderten. „Beweise“, forderte sie keck. Dafür musste sie sich von ihrem Kleidungsstück trennen. „Da hast du deine Beweise.“ Sie folgten in Form von vielen Küssen um ihren Bauchnabel und ersetzten allmählich ihren Verstand durch ein angenehmes Prickeln. „Manapi.“ Mehr als ein Hauchen brachte sie nicht fertig. Kurz schaute er zu ihr auf. „Genug Beweise?“ – „Du bist böse.“ Diese Feststellung zog eine weitere Strafe auf sich. Saber drückte ihre Handgelenke neben ihr ins Heu und fuhr mit der Zunge sachte Kreise um ihren Nabel. Sie schnappte nach Luft und wand sich unter ihm. Hatte sie noch zuvor versucht die Sträubende zu mimen, war jetzt offenkundig, dass sie es nicht war. Das Kribbeln wurde intensiver und wolliges Seufzen war von ihr zu hören. Zufrieden lächelte Saber vor sich hin und fuhr mit den Liebkosungen fort. Sie drehte ihre Hände aus seinem Griff und drückte ihn an den Schultern von sich. Oh man, was machte er mit ihr? „Böses Manapi“, hauchte sie. Er tat unschuldig. „Wieso denn? Ich hab gar nichts gemacht.“ – „Nein. Überhaupt nicht, “ grinste sie vielsagend und drückte ihn nun ihrerseits schwungvoll ins Stroh. Er stützte sich auf den Ellenbogen ab. „Hey, was wird das, wenn es fertig ist?“ Chily beugte sich über ihn. „Strafe“, erklärte sie bedeutungsvoll und öffnete seinen Gürtel. Saber lachte leicht. „Auf keinen Fall.“ Sie hockte sich auf ihn. „Oh doch. Jeder kriegt was er verdient, “ raunte sie und machte sich an dem Verschluss seiner Hose zu schaffen. Er lehnte den Kopf in den Nacken und schloss genüsslich die Augen. „Ich komm in den Himmel, ich weiß es genau.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)