Sternenkind von Justy (Eine kleine Weihnachtsgeschichte) ================================================================================ Wo ist der Stern? ----------------- Entstehungsjahr: 2007 Autor: -------- Mit großer Freude bestaunte Betti ihren Adventskalenders und suchte das zwanzigste Türchen. Es war kein Kalender mit dieser meist echt muffig schmeckenden Schokolade, deren Nachgeschmack man bis zum Nachmittag hin noch im Mund verspürte, sondern einer aus dicker Pappe, zum Aufstellen und mit gedruckten Zeichnungen in seinem Inneren. Doch diesen hatte Betti viel lieber, als alle anderen die sie je zur Vorweihnachtszeit bekommen hatte. Hinter jedem der insgesamt 24 Türen, verbarg sich ein anderes Bildchen, jedes schöner als das andere. Diesesmal zeigte das eckige Fenster, welches das brünette Mädchen gerade mit ganzer Sorgfalt öffnete, einen hellgelben großen Stern, umgeben von tiefster Nacht. Wenn man nicht anders wusste, so könnte man glatt meinen er wäre Realität und nicht nur ein aufgemaltes Motiv. Sein Funkeln und Glitzern, das sich aber auch über den gesamten Kalender erstreckte, faszinierte Betti regelrecht und sie wagte es gar nicht ihren Blick wieder davon abzuwenden, weil sie befürchtete, die Zeichnung würde sich dann in Luft auflösen und verschwunden sein. Das ist zwar ein abwegiger Gedanke, aber das Mädchen hielt daran fest und starrte lange Zeit ununterbrochen auf die zwanzigste Tür und ließ sich erst von ihrer Mutter ablenken, die sie zum Frühstück rief. Sie stellte den für sie kostbaren Pappadventskalender zurück auf seinen extra freigeräumten Platz, auf das kleine Nachttischen, von wo aus sie ihn immer im Blick behalten konnte, wenn sie zu Bett ging und machte sich langsam Richtung Küche auf. Im Esszimmer, aus dem ihr der Geruch von Kakao und frischen Brötchen entgegenkam, waren sie wie sonst auch immer in heller Diskussion vertieft. Das ging schon die ganzen letzten Tage so und Betti wurde die unruhige Stimmung im Hause langsam leid. Wieso mussten sie so eine Aufregung um die ganzen Weihnachtsvorbereitungen machen? Sollte man dem Fest nicht gelassen und in aller Ruhe entgegen treten und sich auf das Zusammensein der Familie freuen? Vielleicht kam der Stress auch daher, weil Bettis Eltern gleichermaßen viel mit ihren Job zu tun hatten und so die Wohnung noch nicht wirklich Weihnachtsfeeling zu vermitteln vermochte. Ihr Vater kritzelte gerade angeregt wirkend, wirre Buchstaben auf einen Zettel, der mit Planablauf, als Überschrift betitelt wurde und warf ab und zu mal ein paar zustimmende Wörter der redenden Mutter entgegen. Betti verzichtete auf einen Gute Morgen Gruß, da ihr sowieso niemand etwas darauf erwidern würde, so vertieft wie ihre Eltern in ihren Tun waren und begann sich lieber heißen Kakao einzufüllen und ein Brötchen mit klebrigen Honig zu beschmieren. Der einzige der noch Laut gab, war ihr kleiner Bruder, der sich noch im Babyalter befand und mal lauter, mal leiser vor sich hinbrabbelte und nicht selten freudig mit den kleinen Fäustchen auf den Kinderstuhl trommelte. Wenigstens einer der nicht von dem Weihnachtsstress betroffen ist und unbeschwert vor sich hinlebt, dachte Betti und schenkte ihrem Bruder ein Lächeln, mit abgezeichneten Kakaobärtchen über ihrer Lippe. Noch war die Schulzeit in gange, doch die Tage liefen unaufhaltsam den erholsamen Ferienwochen entgegen. Vor Weihnachten machte Bettis Klasse aber nie wirklich mehr ernsthaften Unterricht, vielmehr verbrachten sie die meiste Zeit damit, bei verdunkelten Klassenzimmer und Kerzenschein, in gemütlicher Runde und einhaltender Stille, Geschichten zu lauschen, die die Lehrerin vortrug. Oder sie versetzten sich mit Liedern in weihnachtlicher Stimmung. Gestern hatte die Klassenlehrerin die Idee Kekse zu backen und der Vorschlag wurde lautstark von der gesamten Klasse bejubelt. Auch Betti hatte dies sehr gefreut und sie verzierte ihre eigenen Plätzchen liebevoll mit Liebesperlen und Schokosplittern. Sie hatte geplant ihr vollendetes Werk, als besondere Überraschung, ihren Eltern zu schenken. Selbstgemachtes kam immer gut an und deswegen legte Betti besonders viel Mühe in die Verzierung und hoffte ihr Gebackenes würde auch letztendlich gut schmecken. Heute dann konnten die Schüler endlich ihre selbstgemachten Kekse mitnehmen, die sie vorher noch schön in Servietten und Geschenkpapier eingepackt und mit Bändern in verschiedenen Farben umhüllt hatten. Betti erzählte in der Schule über ihre Adventskalenderentdeckung in allen Einzelheiten, ihre Freundinnen schenkten ihr gerne dabei Gehör und redeten im Anschluss über ihre Kalenderbildchen oder Schokoladenformen. Heiteres Lachen, das nur ab und zu mal von den Jungs der Klasse verständnislos beäugt wurde, folgte jeder noch so kleinen Unterhaltung, bis die Klassenlehrerin durch ihr Eintreffen, die Schüler zum Schweigen brachte. Sie begann sofort mit dem Thema der heutigen Stunde, weil sie noch ein paar zeiteinnehmende Geschichten vorlesen wollte. Natürlich wurde wieder alles weihnachtlich untermalen und nicht viel später fing sie an alle Anwesenden über das Christkind zu unterrichten, welches ja in wenigen Tagen zu Besuch kommen und Geschenke für die artigen Kinder dalassen würde. Betti mochte alle Sagen und Geschichten die sich um das Christkind drehten und hörte, jedes einzelne Wort der Lehrkraft im Kopf abspeichernd, gebannt zu, ohne sie dabei zu unterbrechen oder Fragen zu stellen. Ihre abschließenden Worte schwirrten ihr noch lange Zeit nach der Schulstunde im Kopf herum und wollten nicht wieder verschwinden. „Kinder beachtet zur Weihnachtszeit den nächtlichen Himmel. An diesen Tagen leuchten die vielen Sterne besonders hell und begrüßen das Christkind mit ihrem frohen Schein.“ Das war ihr Gesagtes und Betti wollte genau dieses befolgen und in der heutigen Nacht ihren Blick gegen klaren Nachthimmel richten, um sich selbst ein Bild davon zu machen. So kam es das Betti wartete und den Abend so sehr entgegensehnte, dass sie ununterbrochen vor dem Wohnzimmerfenster hing und dem lustig tanzenden Schneeflocken zusah, wie sie sich gegen das Glas legten und weiße Muster bildeten. Es schien eine ganze Ewigkeit gewesen, bis die Zeit endlich verging und das braunhaarige Mädchen, mit großen klaren Augen auf den nächtlichen Straßen stand und gen Himmel starrte. Siehe da! Sie leuchteten tatsächlich ungewöhnlich hell, jedenfalls heller als sonst. Ihr strahlendes Gelb und Orange, wurde von keiner Wolke getrübt und die Schneeflocken hatte schon seit ein paar Stunden ihren Tanz aufgegeben und ruhten jetzt zusammen mit abertausenden anderen ihrer Art, zu einer dicken Schneelage geworden, auf Dächern, Straßen und Autos. Betti verließ ihre Straße und schritt durch das ruhig da liegende Dorf, welches gänzlich vom Winter in Besitz genommen wurde. Sie kam an Häusern vorbei, mit in allen Farben blinkenden Lichterketten vor den eingeschneiten Fenstern und mit dicken Lagen Schnee auf den Dächern liegend, aus deren Schornsteinen qualmend, dichter Rauch aufstieg. Und allmählich fielen vereinzelnd wieder kleine, weiße Flocken die Nachtluft entlang. Ihr fröstelte es leicht und sowohl Nase als auch Wangen, verfärbten sich von der Kälter her, erst in einen zarten Rosaton und dann hinüber ins Rötliche. Langsam wurde es spät, doch Betti beachtete das gar nicht, überhaupt schien sie die Zeit völlig zu verdrängen und schaute nur pausenlos, dem immer dunkler werdenden Himmel entgegen. Da! Eine Sternschnuppe leuchtete kurzzeitig am Firmament und ihre Augen weiteten sich leicht. „Wie schön“, brachte sie freudig hervor. Ihre fröhliche Mine änderte sich plötzlich in einen Ausdruck der von Überraschung geprägt war, denn sie entdeckte erst jetzt die einzelne Himmelskörper, die nur leichtes Licht von sich gaben, viel weniger als die restlichen Sterne. Was wohl mit ihnen nicht stimmen mochte, kam Betti in den Sinn. Warum ließen sie ihr Licht nicht über die Welt erstrahlen? Waren sie vielleicht traurig oder wollten sie einfach nur nicht das Christkind begrüßen? Betti fragte sich vieles in der Richtung und suchte inzwischen fieberhaft nach einer Lösung, um die Sterne wieder fröhlich zustimmen, denn sie hatte Angst, dass das Christkind deswegen nicht erscheinen würde. Dann aber kam ihr ein Gedanke, der ihrer Meinung nach einfach der logischste sein konnte. Sie waren ganz einfach krank! Sicher hatten sie sich eine Erkältung, wenn nicht sogar eine richtige Wintergrippe eingefangen und müssen jetzt wieder Gesund gepflegt werden, ehe sie in neuen Glanz erstrahlen können. Nur wer kümmert sich um so was? Ein leises Klingeln drang an Bettis Ohr und ließ sie aus ihren tiefgründigen Gedanken aufschrecken. Ihr wurde bewusst dass sie auf einer abgelegenen von Laternen schwach beleuchteten Straße stand, von deren rund herum stehenden Gebäuden schon größtenteils die Lichter erloschen waren und nur noch die Weihnachtsdekoration leicht vor sich hinflimmerte. Das Klingeln erneut! Diesesmal kam es ihr dichter und deutlicher vor. Was war das? Betti sah sich ratlos um, in alle Richtungen schaute sie und doch war niemand zu sehen, der das Geräusch hätte verursachen können. Dann kam ein Rufen dazu. Die Stimme eines Kindes und von einen Moment auf den anderen stand urplötzlich etwas vor ihr, das sie aus großen bläulichen Augen ausdruckslos anstarrte. Der erkannten Gestalt nach zu urteilen war dieses Etwas ein Mädchen, dem Anschein nach etwas jünger als Betti. Ihr rosiges Gesicht wurde von goldenen Haaren umrahmt, die sehr gut zu ihrem schneeweißen Kleid passten. In den unbehandschuhten Händen trug sie einen nussbraunen Teddybären, an dessen Tatzen ein geheimnisvolles Glöckchen baumelte, das in stetigen Abschnitten ein leichtes Klingelgeräusch von sich gab. „Hallo“, meinte das fremde Mädchen freundlich wirkend, ihren Stoffbären fest in einer Umarmung eingeschlossen. Betti war regelrecht geplättet von ihrem Auftauchen und wusste nicht was sie sagen sollte, so stand sie einfach schweigend da. Im ersten Augenblick dachte sie wirklich vor ihr stünde leibhaftig ein Gehilfe des Christkindes, doch tat sie diesen Gedanken schnell wieder mit einem Kopfschütteln ab und schärfte sich ein, dass es nur ein einfaches Kind sein konnte, genauso wie sie auch eins war. Moment mal! Hatte ein einfaches Kind kleine, weiße Flügel auf den Rücken? Betti starrte weiter, die Augen überweit geöffnet und den Mund nicht mehr zukriegend und versuchte sich nochmals von dem angeblich Gesehenen zu überzeugen. Nein, sie hatte sich tatsächlich nicht geirrt. Es lugten echte, mit weißen Federn bestückte Schwingen aus der Kleidung des blonden Mädchens hervor, die sich streckten und sanft hin und her wippten. Dann kamen sie wieder zum Stillstand und Betti durchfuhr ein warmes, aber auch gleichzeitig glückliches Gefühl, bei dem wunderschönen, nicht glaubhaften Anblick. Nur um sicher zu gehen, musste sich Betti davon überzeugen, dass ihr selbst nicht auch solche zauberhaften Flügel gewachsen waren und dies alles nicht einem ihrer unsinnigen Träumen entsprang. ...Nein, keine Federn oder dergleichen zu sehen. Sie schüttelte mehrmals mit dem Kopf und traute sich nicht noch mal zu dem Mädchen herüberzublicken. „Hallo“, wiederholte die Stimme der Fremden, in einem hohen und gleichzeitig unendlich sanften Tonfall. Sie lächelte aus vollen Herzen und hielt Betti die klingelnde Tatze ihres Plüschtieres hin. Diese sah wieder auf und streifte unwillkürlich die jetzt glänzend blauen Augen des Engelsmädchens und wie angesteckt stahl sich auch auf ihren Lippen ein Lächeln. Bettis Hand berührte den Stoffteddy und plötzlich wurde ihr erneut warm ums Herz. Dieses schöne Gefühl erfasste regelrecht ihren Körper und drang bis in die Fingerspitzen und Zehen vor. Eine brummende Stimme, die direkt aus ihrem Kopf zu kommen schien, fragte sie ob sie einen glitzernden Stern gesehen hätte. „Einen Stern?“, fragte Betti automatisch darauf. Sie legte ihre Stirn in Falten und zog blitzschnell ihre Hand zurück. „Ja“, drang es jetzt aber aus dem zugenähten Mund des Teddys hervor und Betti hörte weiter interessiert zu. „Er ist leider gestern vom Himmel gefallen.“ „Wir suchen schon den ganzen lieben langen Tag danach“, beendete das blonde Mädchen, für ihr Stofftier dem Satz. Erneute Verwunderung umgab Betti und auch das bis vor kurzem noch verspürte, schöne Gefühl schwand allmählich wieder dahin. „Bist du ein Engel?“, brachte sie dann schließlich über die Lippen und ging somit der gestellten Frage aus dem Weg. Das fremde Mädchen lachte laut auf. „Nein, ich bin nur ein Sternenkind“, antwortete sie. „Ich Sorge dafür, dass die vielen Sterne ihren wunderbaren Glanz erhalten und zu dieser Zeit besonders schön leuchten. Doch wenn ich den verlorenen Stern nicht wieder finde, dann kann ich meine Arbeit nicht beenden und dann wird es auch kein schönes Weihnachtsfest geben. Du muss wissen, das Christkind besteht auf herausgeputzte und hellstrahlende Sterne und wehe einer von ihnen fehlt, dann kann es schon mal recht zornig reagieren.“ Sie schwieg eine ganze Weile und ließ Betti das Gesagte erst einmal verarbeiten ehe sie hinzufügte: „Ahja, das hier ist mein kleiner Freund Jabo, der mir dieses Jahr als Helfer zugeteilt wurde.“ Betti mochte nicht so recht glauben und verstehen, was an ihre, durch eine dicke Mütze geschützten Ohren drang. Sie hatte noch nicht mal in entferntesten von einem bestehenden Sternenkind gehört und von solchen sprechenden Bären natürlich erst Recht nicht. „Wenn du keine Engel bist, warum besitzt du dann Flügel?“, harkte sie schließlich weiter nach „Weil ich sonst nicht von einem Stern zum Nächsten gelange. Weißt du? Ich freue mich jedes Jahr aufs neue, wenn ich mir ein paar Schwingen aussuchen darf und den Nachthimmel entlangschwebe. Es ist ein unglaubliches Gefühl zu fliegen.“ Betti nickte wie automatisch und strahlte übers ganze Gesicht. Das Mädchen vor ihren Augen kam ihr immer noch wie ein Traum vor, sie stand in einen hellen Schein getaucht, die Flügel weit ausgestreckt. „Hast du nun einen Stern gesehen?“, wiederholte der Bär seine vorhin gestellte Frage, in den Armen des Sternenkindes und blickte, mit runden Knopfaugen zu Betti auf. Diese schüttelte sogleich den Kopf. „Nein, nur die Sterne am Nachthimmel. Ihr auf Erden keinen einzigen.“ Das Mädchen mit den Engelsflügeln blickte niedergeschlagen zu Boden. „Aber ich möchte euch gerne bei eurer Suche behilflich sein“, fügte Betti nachträglich hinzu. Die Bitte wurde von Seiten des Sternekindes natürlich sogleich dankbar angenommen, denn umso mehr Leute sie waren, umso leichter würden sie ihr Ziel erreichen. Doch vergebens. Sie suchten mehrere Stunden hindurch und Betti wurde immer mehr von langsam eintretender Müdigkeit befallen. Ihre Augen fielen schon fast von alleine zu und ein gähnen konnte sie auch nicht mehr unterdrücken. Wie spät es wohl sein mochte? Sie wollte sich garnicht vorstellen, was ihre sorgsame Mutter zu diesen nächtlichen Spaziergang sagen würde. „Lass gut sein“, meinte der Bär, der mit läutenden Glöckchen Bettis Stimmungsumbruch bemerkte. „Wir suchen Morgen weiter. Trotzdem danke für deine Hilfe, Betti.“ „Woher kennst du meinen Namen?“, fragte Betti ungläubig. „Wir wissen alle Namen, der besonders wohlerzogenen und gutherzigen Kinder“, antwortete diesesmal wieder die Blondhaarige und zwinkerte leicht mit dem linken Auge, ehe sie ihre Flügel ausbreitete und sich mit einem lauten Auf Wiedersehen verabschiedete. „Sehen wir uns noch mal wieder?“ „Bestimmt, denk an mich, wenn du die Sterne beobachtest und ich werde wieder da sein, wenn du Lust hast, dann hilf uns doch morgen wieder.“ Es war mittlerweile tiefe Nacht und der Mond stand groß und breit am weiten Firmament. Wie eine riesige grelle Scheibe wirkte er aus Bettis Sicht. Die vielen Sterne leuchteten um die Wette, jeder schien den Konkurrenten überbieten zu wollen, bis auf einige wenige, die nur einen schwachen und fahlen Lichtschein abgaben. Einer unter ihnen war sogar fast völlig erloschen und nur noch schemenhaft zu erkennen. Ob Betti ihrer Mutter von der Begegnung der besonderen Art erzählen sollte? Nein, besser nicht. Das würde dieser ganz sicher nur wie eine billige Ausrede ihrer fantasiereichen Tochter vorkommen und Ärger erwartete Betti sowieso. Da stand sie nun und trat von einen Fuß auf den anderen. Sie überlegte wie sie sich am besten unbemerkt ihn ihr Haus schleichen konnte, in dem immer noch Licht brannte. Schließlich gab sie das Nachdenken auf und drückte leise die Türklinke herunter, schlich sich herein und schloss den Eingang auf der gleichen leisen Weise wieder. Doch in selben Augenblick stand auch schon ihre Mutter hinter ihr. In ihren Gesichtszügen spiegelte sich tiefe Sorge, aber auch gleichzeitig Wut wider. „Wo warst du so lange mein Mäuschen? Du kannst doch nicht die ganze Zeit draußen in der Kälte bleiben.“ Ihr Unterton erklang eindeutig ein wenig sauer, aber die Tochterliebe überwiegte um längen und so schloss sie ihr Kind sogleich in den Arm. „Tut mir leid Mama. Ich habe beim Sterne beobachten die Zeit vergessen“, kam schuldbewusst von Bettis Seite hervor, sie verschwieg aber bewusst was wirklich vorgefallen war. „Ach Mäuschen“, ihre Mutter schüttelte bedächlich den Kopf und drückte ihre Tochter fest an sich „Denk aber das nächste Mal daran und jetzt aber schnell ab ins Bett, hopp, hopp.“ Das ließ sich Betti nicht zweimal sagen, so Müde wie sie war. Und schon nach kurzer Zeit, war sie Bettgehfertig gemacht. Sie drückte ihrer Mutter noch schnell einen Kuss auf die Wange und zog dann ab Richtung eigenes Zimmer. Ihr sonst vielbeschäftigter Vater schlief bereits und auch ihr Bruder befand sich schon seit Stunden im Land der Träume, so umging sie es ihnen Gute Nacht zu sagen, denn wecken wollte sie keinen von beiden wieder. Als Betti sich schließlich zudeckte und das Licht, der sich auf den Nachtisch befindlichen Lampe ausknipste, fiel ihr ein schwaches Leuten auf. Was war das? Noch einmal hellte ihr Raum auf und Bettis Blick versuchte zu entziffern, woher das bis eben noch bestehende Licht kam. Doch nicht etwa von meinen heißgeliebten Adventskalender, dachte sie, die Finger fest auf den Lichtschalter der Nachtischlampe gedrückthaltend. Sie ergriff den Kalender mit beiden Händen und zog ihn zu sich heran, dann ließ sie ihr Zimmer in erneute Dunkelheit versinken und bekam dadurch ihre Vermutung bestätigt. Ihr Adventskalender leuchtete tatsächlich. Blieb immer noch die Frage im Raum warum er das Tat und wieso ihr das vorher noch nicht aufgefallen war? Schnell wurde ihr bewusst, dass das Licht nicht seinen Ursprung auf den ganzen Pappkalender hatte, sondern nur die Tür Nummer 20 sich merkwürdig verhielt. Und unter Bettis überraschten Augen, bewegte sich dort drinnen sogar etwas und gab leise Töne von sich. „Bis...Bist du der Stern?“, fragte Betti verwundert klingend und beobachtete ihr Türchen genauer. So als würde die Zeichnung auf ihre Worte reagieren, erklang ein angenehmes Klingeln, gefolgt von mehreren flüchtigen Bewegungen. „Warum bist du da drinne und nicht bei den andern Sternen am Nachthimmel?“ Nur ein weiteres Läuten als Antwort, dann trat Stille ein. Betti wusste jetzt genau was sie zu tun hatte und keine zehn Elefanten vermochten sie mehr in ihrem Nachtlager zu halten. Wie der Blitz rannte sie los, den Kalender fest umklammert. Nur mit dünnen Nachthemd und Hose bekleidet, ging es durch das offene Zimmerfenster, weiter hinaus in die Nacht und ein kalter Wind blies ihr zur Begrüßung mit seinen eisigen Hauch ins Gesicht. Aber das kümmerte sie nicht, genauso wenig wie sie der Schnee unter den nackten Füßen störte. Wilde Flocken wirbelten ihr ins braune Haar und der Trab des Mädchens fiel langsam zurück in ein gemütliches Gehen, bis sie schließlich gänzlich zum Stillstand kam. Ihre volle Aufmerksamkeit gehörte jetzt dem Sternenkind und sie tat ihr bestes um dieses zu Rufen, indem sie in den endlosen Sternenhimmel starrte und ihre Gedanken nur auf eine Sache konzentrieren ließ. Zur Sicherheit rief sich noch ihren Fund in die Nacht hinaus, in der Hoffung, es könnte von dem Mädchen erhört werden. Und keinen Moment später, stand sie auch schon da. War einfach aus dem Nichts erschienen, jedenfalls war Betti ihr Erscheinen nicht aufgefallen. Als Betti ihre Fundsache zeigte, erhellte sich die Miene des Sternenkindes „Der Stern“, brachte sie entzückt hervor „Danke Betty! Darf ich ihn entgegen nehmen?“ Und schon wechselte Bettis Kalender den Besitzer, auch wenn dieser ihr Lieb und Teuer war, hierfür musste sie ihn einfach hergeben. „Wie kann ich dir nur je dafür danken...“, überlegte die Blondhaarige. „Hast du einen bestimmten Wunsch?“ Betti brauchte nicht lange nachzudenken, schon platzte es aus ihr heraus. „Darf ich nächstes Jahr mit dir zusammen die Aufgabe des Sternenkindes erledigen? Und kann ich auch so schöne, weiße Flügel haben?“ „Sicher“, gab das Sternenkind sofort als Antwort „Wenn du nur das willst. Ich weiß, dass das Christkind es erlauben wird. Dann freue ich mich schon auf nächstes Jahr.“ Das Engelsmädchen nestelte in ihrer mitgebrachten kleinen Tasche nach etwas Bestimmten und brachte dann einen goldenen Schlüssel zum Vorschein, den sie sogleich der erstaunen Betti überreichte. „Pass gut darauf auf, dass ist der Schlüssel zu deinen Flügeln. Ich werde dich nächstes Jahr rechtzeitig abholen kommen, also sei dann bereit. Auf Wiedersehen!!“ Ein weiteres Mal und diesesmal um einiges schneller, verschwand die kleine Gestalt des Sternenkindes gen Himmel, immer weiter hinauf, bis sie schließlich nicht mehr zu erkennen war. Irgendwoher ertönte noch einmal ihre liebliche Stimme für kurze Zeit. „Ahja mein Name ist Sari.“ Dann war es still um sie herum. Und sie stand einsam und verlassen wirkend da, leicht frierend in dem Schneetreiben, den glänzenden Schlüssel fest in den Händen haltend. War das alles wirklich kein Traum gewesen? In den Hausaufgaben schilderte Betti ihre Erlebnisse noch einmal genau und ihre Lehrerin lobte sie ausführlich für ihre blühende Fantasie und den Ideenreichtum, den sie an den Tag legte. Keiner wollte ihr glauben, dass die Geschichte nur der reinen Wahrheit entsprach. Vielleicht war das auch besser so, kam Betti in den Sinn. Als das brünette Mädchen die nächsten Tage gen Nachthimmel schaute, bemerkte sie, wie immer mehr der Sterne ihr Leuchten wieder fanden. Und einer von ihnen strahlte zu ihrer Freude besonders hell und sein Schein glitzerte in einem leichten Goldfarbton. Ihr war so, als würde dieser Stern – Ihr Stern – ihr direkt zuzwinkern und die Freude darüber konnte sie nicht verbergen. Dem Christkind notierte sie nur einen einzigen Wunsch. Das nächste Jahr auch die Rolle eines Sternenkindes übernehmen zu dürfen und zu ihrem Glück bekam sie eine positive Antwort in Zettelform zu Weihnachten. Liebe Betti, ich danke dir herzlich für deine Hilfe, die du meinen beiden Schülern geleistet hast. Natürlich erfülle ich dir gerne deinen Wunsch und hoffe du wirst die Aufgabe eines Sternekindes mit Freuden erledigen. Dein Christkind Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)