Loveless´faith von Beloved ================================================================================ Prolog: Innocence ----------------- So, das ist der Anfang! Ich hoffe, dass ihr die Geschichte treu verfolgt, denn es werden einige Überraschungen im Laufe passieren! Bitte hinterlasst viele Kommi´s *fleh* ^^° eure Beloved ~~~~ Werden unsere Sünden jemals gerichtet werden? Oder wird es so kommen, wie ich es in meinem Traum gesehen habe? Wird dies das letzte Mal sein, wo ich deine lieblichen Lippen berühren kann, Soubi? Ich lasse dich nicht sterben! Für keinen Preis dieser Welt! Und wenn mein Tod der einzige Weg sein sollte, um dich zu retten, dann werde ich mich fügen und gehen... (Ritsuka Aojagi) ~~~ - Prolog - Vorsichtig strich sich Ritsuka Aojagi über das Gesicht und über den Kopf. Alles schien wie immer zu sein. Nur die Ohren fehlten. Ein letztes Mal sah er sich sein gequält wirkendes Gesicht im Spiegel an und versuchte zu lächeln. Dabei fielen ihm erneut die Blutergüsse an seinem Hals auf... Schnell sah er von ihnen weg. Erinnerungen, die er am liebsten in die Hölle verbannt hätte, kehrten zurück und nagten an seiner Treue zu Soubi. Doch der Gedanke alles für ihn getan zu haben, linderte den Schmerz und die Erniedrigung, die er über sich hatte ergehen lassen. >Soubi musste schon schlimmere Qualen erleiden<, sagte Ritsuka sich. >Da ist das nur ein kleines Opfer gewesen...< Was würde Soubi wohl zu den fehlenden Ohren sagen? Obwohl das unwichtig war, da er ihn ohnehin anlügen würde. In Gedanken spielte Ritsuka das ganze Szenario ab, das wohl oder übel auf ihn zukommen werde. In der Schule, Zuhause...und bei Soubi. »Ich wollte es so.« Hörte er sich selbst den einstudierten Text sagen. Es musste immerhin glaubhaft wirken. »Es war meine eigene Entscheidung ES zu tun.« Doch seine Augen verrieten, dass er log. Also schloss er sie und versuchte möglichst selbstbewusst und stark zu gucken. Für das Bevorstehende brauchte er all seinen Mut. Und dennoch kam er nicht drumherum zu Schluchzen. »Ich gebe dir den Befehl zu gehen, Soubi...« Die Tränen liefen sein Gesicht hinunter, die Stimme wurde immer leiser und undeutlicher. »Ich habe eine neue Waffe, die dich ersetzt...Geh.« Ende des Prologes Innocence Kapitel 1: In the rain ---------------------- 1.Kapitel In the rain Es war ein verregneter Nachmittag, als die Schulglocke das Ende des Tages ankündigte und alle Schüler der Mittelschule ihre Sachen einpackten und seufzend aus dem Fenster schauten. So auch der junge Ritsuka Aojagi. Verträumt ging sein Blick über den nasse Schulhof und über die Bäume, die sich stumm im Wind wiegten. »Was hast du, Ritsuka-kun?«, drängte sich ein mädchenhafte Stimme an sein Ohr. »Nichts, Yuiko...«, murmelte er., während er sich die schwere Tasche über die Schulter warf. »Du wirkst so bedrückt.« Vorsichtig sah er ihr in ihre Augen, darum bemüht nicht seinen Kummer und auch nicht seine Sorge um >ihn< zu offenbaren. »Es geht mir gut. Wirklich.«, versuchte er Yuiko weiszumachen. Ein stilles Lächeln umspielte ihren Mund. »Okay..« Sie lächelte ihn an. Sie hatte eine Ahnung, dass es nicht stimme, was Ritsuka ihr sagte, doch sie beließ es bei dem okay. Durch einen schnellen Themenwechsel hoffte sie, ihn ein wenig aufheitern zu können. Sie sprach ein Thema an, dass ihn sonst immer fröhlich stimmte. »Kommt, Agatsuma-san heute?« Unmerklich zuckte Ritsuka bei dem Namen zusammen. Mit dem Gesicht nun von ihr abgewandt fragte er: »Wieso fragst du?« »Nur so.«, lachte sie. »Ich dachte nur, es ist bald Weihnachten und ich habe euch schon eine Zeit lang nicht mehr zusammen gesehen.« »Ach so.« Seine Augen waren allmählich den Tränen nahe. »Ritsuka-kun?« Schnell wischte er sich mit dem Ärmel über das Gesicht und setzte eine seiner glücklichsten Mienen auf. »Wollen wir raus?« »Raus?! Aber es regnet doch in Strömen!« »Na und?« Neckisch sah er ihr entgegen. »Du hast doch keine Angst, oder?« »N..nein!« Doch sie klang alles andere als überzeugt von ihren Worten. »Dann komm!« Schnell packte er das um zwei Köpfe größere Mädchen am Handgelenk und stürmte mir ihr die Treppen zum Schuleingang hinunter. Verwirrt ließ sie sich einfach mitschleifen. Schon zwei Wochen waren vergangen, in denen sich Soubi nicht ein einziges Mal bei ihm gemeldet hatte. Wieso also sollte er gerade heute, am letzten Schultag, vor den Toren stehen? Ritsuka fiel kein Grund ein. Er wusste nur, dass er es Leid war. Leid, in der Vorstellung zu leben, dass irgendwann sein Handy klingeln würde und Soubis klare, rauchige Stimme die Worte »Es tut mir Leid« und »Ich liebe dich« flüsterten. Ritsuka wünschte sich so sehr, diese Worte zu hören. Auch wenn sie nicht aufrichtig sein sollten. Der Regen hattte zugenommen, was im Grunde unvorstellbar war, so wie es bereits aus Eimern gegossen hatte. Yuiko hielt sich schützend die Schultasche über den Kopf. »Lass uns wieder reingehen, Ritsuka-kun.«, bat sie eindringlich. Einen allerletzten Blick ließ er noch über den Schulhof schweifen, bevor er zustimmend »Ja.« sagte und sich zum Gehen umdrehte. >Er ist nicht da.<, dachte er. >Wo bist du nur? Hattest du mir nicht versprochen, immer für mich da zu sein? Soubi?< Verbissen klammerte er sich an den Riemen seiner Tasche. Eine unbändige Wut, gefolgt von unsagbarer Leere überkam ihn. Wobei Letzteres, die Leere, weitaus schlimmeren Schaden anrichtete als in den bisherigen Wochen. >Warum kommst du nicht? Warum antwortest du nicht, wenn ich dich anrufe? Du hast es versprochen.< Noch bevor die allererste Träne, die Ritsuka Aojagi in den vergangenen zwei Wochen vergossen hätte, zu Boden fiel, nahmen ihn zwei starke, erwachsene Arme unerwartet in eine herzliche Umarmung. Überrascht von dem vertrauten Geruch, sah Ritsuka hoch und erblickte in ein allzu bekanntes Gesicht. Es lächelte ihm charmant entgegen. So, als ob nichts geschehen wäre und er sich nichts hatte zu Schulden kommen lassen. »Du hast nach mir gerufen? Hier bin ich.« Immer noch gebannt von dem plötzlichen Erscheinen seiner >Waffe< , schaffte Ritsuka es nicht ihm eine Antwort zu geben. »Ritsuka?«, hakte Soubi belustigt nach und strich sanft über die nassen Ohren seines Meisters. Schließlich gewann Ritsuka wieder die Fassung und auch seine zuerst entgeisterten Gesichtszüge nahmen wieder normale Formen an. »Wo warst du?« »Weg.« »Warum hast du dich nicht gemeldet?« »Es tut mir Leid.« »Lügner...« Bestürzt schmiegte er sich an ihn. Aus Angst, wenn er beim nächsten Mal die Augen aufschlagen würde, wäre Soubi nicht mehr da. »...du elender Lügner...« »Es tut mir Leid.«, wiederholte dieser nur, wie auswendig gelernt. »Verzeihst du mir?« »Nein.« Doch Ritsuka wusste, dass er ihm tief in Innern schon vergeben hatte. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, in der sie so verharrten. Doch nicht lang genug, um diesen Moment für immer in seiner Erinnerung festhalten zu können. Langsam löste Soubi sich von ihm. »Soll ich dich nach Hause begleiten?« >Was für eine Frage.<, dachte Ritsuka froh. »Ja.« Er sah zum Eingang, um sich von Yuiko zu verabschieden, doch sie war weg. »Ich habe ihr gesagt, dass sie schon mal gehen soll.«, erklärte Soubi als er Ritsukas verwirrte Miene sah. »Ach so....« Wie von selbst nahm er seine Hand, spannte den rot-blauen Regenschirm auf und trat mit Ritsuka an seiner Seite unter den strömenden Regen. Sie gingen eine Weile lang, stillschweigend, nebeneinander her, bis Ritsuka ein Gespräch anzufangen versuchte. »Wo warst du?« »Das kann ich dir nicht sagen.« »Warum nicht?« »Weil es sonst die Überraschung verderben würde.« »Welche Überraschung?« »Das verrate ich nicht.« »Soubi! Sag es mir!« »Nein.« Ein schelmisches Grinsen folg über dessen Lippen. Die selben Lippen, mit denen er Ritsuka schon so unzählige Male geküsst hatte. »Hat es etwas ...«, er zögerte kurz. »...mit meinem Geburtstag zu tun?« Er merkte augenblicklich, dass er rot anlief und sein Gesicht im Kragen seiner Winterjacke zu verstecken versuchte. »Vielleicht.«, sagte Soubi unbekümmert. Sein Lächeln schwand nicht einen einzigen Moment lang. »Sag es Soubi!« »Nein.« Obwohl Soubi die ganze Zeit über lang nur verschmitzt lächelte, bemerkte Ritsuka, dass etwas fehlte. Gleich, wie oft er auch zu Ohren bekam, dass er ihn liebte oder wie oft Soubi ihn auch küsste, es fehlte etwas. »Warum verschweigst du so viel vor mir?«, nuschelte er beinahe. »Bist du böse?« »Ein wenig.« »Dann bestraf mich.« Entsetzt schüttelte Ritsuka den Kopf. »Nein! Niemals!« Ein stummes Grinsen huschte über Soubis Gesicht. »Aber so lerne ich es doch nie.« »Ich will dir nicht wehtun.« Plötzlich hielt er inne. Er und Soubi waren bei seinem Haus angekommen. Der Regen hatte die wenigen erblühten Pflanzen auf den Boden gedrückt und tauchte alles in ein tristes grau. Soubi ließ Ritsukas Hand los. »Soll ich bei dir bleiben?« Erst zögerte Ritsuka, doch als er sein wunderschönes, amethystfarbenes Augenpaar sah, wurde ihm unerträglich warm ums Herz. »Wenn du möchtest...« »Befiehl es mir.« Er zögerte. »Warum soll ich es dir jedes Mal befehlen? Willst du denn nicht freiwillig bei mir sein? Bist du nicht gerne bei mir?« Angstvoll richtete er seine Augen auf Soubi. In der Hoffnung, oder viel mehr in der Erwartung, eine Antwort von ihm zu erhalten. Er bekam sie nicht. Ritsuka musste seufzen. »Nein...du brauchst nicht bei mir zu bleiben.« »Ist das ein Befehl?« »...Ja.« »Jawohl.« Wie ein sanfter Windhauch verschwand Soubi hinter der nächsten Ecke. Es blieb dem jungen Ritsuka nichts weiter übrig, als ihm und der schwindenden Wärme nachzusehen. Und während er in die niederdrückende Ferne sah, fragte er sich: >Liebst du mich? Sind deine Worte wirklich ernst gemeint? Liebst du mich so sehr, wie einen Menschen, einen Jungen? Oder liebst du mich, weil ich dein Master bist?< Der Regen hörte nicht auf. Unermüdlich ergoss sich das kalte Nass über ganz Tokyo. Benetzte sein weiches Gesicht und mischte sich mit den salzigen Tränen der Ungewissheit. >Ich liebe dich, Soubi.< Ende des 1. Kapitels In the rain Kapitel 2: Doubt ---------------- 2. Kapitel Doubt Langsam öffnete Ritsuka die Tür zu seinem Zimmer, legte seine nasse Kleidung ab und sah betrübt aus dem Fenster. Wohin Soubi wohl gegangen sein mag? Sicherlich nach Hause. Wohin auch sonst? Ritsuka fuhr sich langsam über die Ohren. Soubi hatte seine nicht mehr. Er war ein >Erwachsener<, doch wem hatte er dies zu verdanken? Und an wen würde er selbst seine Unschuld verlieren? An Soubi? Vielleicht... Ein tiefes Seufzen überkam Ritsukas Lippen und er warf sich erschöpft auf sein Bett. Die Augen auf die weiße Decke gerichtet und in Gedanken bei Soubi... >Warum hast du noch so viele Geheimnisse vor mir?<, fragte er sich. >Du hast selbst gesagt, dass uns nun ein starkes Band verbindet ,doch warum fühle ich mich dann so schwach? < Ritsuka drehte sich zur Seite und die Fotos an seiner Pinnwand fielen ihm ins Auge. Soubi war gutaussehend. Bei dieser Erkenntnis lief er ungewollt rot an. An "solche" Dinge wollte er nicht denken! Ein erneuter, tiefer Seufzer überkam ihn. Wenn er doch nur Zugang zu ihm finden könnte. Tief in seinem Innern war Soubi bestimmt sehr verletztlich. So wie er selbst. Vielleicht glaubte Ritsuka gerade deshalb ihm helfen zu können, wenn er es nur zuließe. Was war alles in seiner Vergangenheit passiert? Was? Ein plötzliches Klingeln seines Handys weckte ihn aus der Trance. Schnell, in der Hoffung, dass es Soubi war, schaute er auf sein Display. »Yuiko...«, sagte er nur enttäuscht und blockte den Anruf. Yuiko war zwar nett, aber auch nervig. Ritsuka hatte weitaus größere Probleme, als ein schwärmendes Mädchen. Um genauer zu sein, ein 23-jähriges, männliches Problem, dass sich seine >Waffe< nannte. >Wie soll ich dir vertrauen, wenn du mir nicht vertraust, Soubi?< Doch die Antwort war klar....er vertraute ihm schon. Sein Vertrauen reichte so weit, dass er ohne zu Zögern von der Klippe für ihn gesprungen wäre. >Wenn ich ihm das nur ins Gesicht sagen könnte...das wäre einfach das Größte...< Doch jedesmal, wenn er versuchte Soubi seine Liebe spüren zu lassen, versagte seine Stimme und die Sicherheit seines Denkens, verschwand. >Warum nur?!< Dabei war es doch so kinderleicht es ihm zu sagen! Er tat es schließlich dauernd, oder? Drei kleine Worte....nur drei! Er wälzte sich unruhig herum, starrte nervös zur Decke und spielte ein Dutzend mal mit dem Gedanken ihn anzurufen. Doch er zweifelte zu sehr... >Lieber nicht...< Es war zum Haareraufen! Wenn er es ihm nicht bald sagen konnte, würde er noch wahnsinnig werden! Ritsuka wollte es so sehr...er wollte, dass Soubi weiß, wie es um ihn und seine Gefühle um ihn stand. So sehr...! »Doch was, wenn du mich gar nicht liebst?«, flüsterte er in den Raum. »Was, wenn ich für dich nicht mehr, als ein kleiner Junge bin?« Der Gedanke schmerzte zu heftig. »Ich liebe dich....Soubi. Ich liebe dich. Und diese Liebe wird mich eines Tages noch umbringen....« Schweren Herzens, weinend und sich in den Schlaf wiegend, schloss Ritsuka die Augen. Verlor sich in einem Traum, so endlos süß und schön, dass die Morgenstunden verstrichen und er sich in dieser Fanatsie-welt Zuhause fühlte. Er bemerkte das Klingeln seines Handys nicht und las auch nicht die rührenden Worte seiner Waffe, die ein Fenster zu den Gefühlen und der wahren Seele seines Besitzers waren. Wie, wenn nicht auf diese Weise, konnte er seinem Master klar machen, das er "wahre Liebe" für ihn empfand...? >Du bist das Wichtigste in meinem Leben, Ritsuka. Ich liebe dich und werde für immer an deiner Seite kämpfen. Was immer auch unseren Weg kreuzen sollte...Wir sind Loveless.< Ende des 2. Kapitels Doubt Kapitel 3: Perfect dream ------------------------ Nicht lange, sondern mitten in der Nacht, fand sich der junge Ritsuka endlich in einem traumhaften Spiel wieder. Das Blau des Himmels tanzte umher, verlieh dem Horizont eine gewisse Eleganz und das Duftspiel des Sommers, rieß ihn hin und weg. Eine weite, grüne Landschaft tat sich vor ihm auf, so idyllisch und harmonisch, dass es ihm beinahe die Tränen in die Augen trieb. Vorsichtig ging er umher. Er kannte sein Umfeld nicht, doch merkwürdigerweise kam es ihm so vertraut, familiär vor. Wärme durchfuhr ihn, erweckte in seine Glieder unbekannte Kräfte und ließ ihn sein Leben umso intensiver spüren, als jemals zuvor. Das schwarze, kurze Haar wurde vom warmen Wind leicht aufgewirbelt. Kleine Blütenblätter flogen in der Luft, landeten auf seinem anmutigen Haupt. Die tiefen, leidenden Augen blickten in die Ferne, versuchten etwas Bekanntes zu erhaschen, doch nichts als Fremde tat sich ihm auf. >Wo bin ich?<, schoss es ihm durch den Kopf und er suchte Schutz unter einem Baum, so prachtvoll wie eine Rose. Eine große, sanfte Hand legte sich plötzlich auf seine Schulter und der Gedanke an Soubi kam auf. Schnell drehte er sich um, sah in dessen amethystfarbene Augen und ein Schauer der Liebe erreichte sein Herz. Liebevoll blickte er ihn an. Es war ein Blick, den er nie an ihm gesehen hatte. Ja, ein Blick, der Bände sprach. Augenblicklich verliebte Ritsuka sich in diesen Blick. So verträumt und doch entschlossen. Der Atem ging ihm aus, hastig schnappte er nach ihr. »Soubi?«, flüsterte er. Doch jener schüttelte nur den Kopf. »Du brauchst nichts zu sagen...«, beschwichtigte er seinen Herrn. »Aber...wo sind..-?« Behutsam legte er seinen Finger auf Ritsukas Lippen; verschloss sie für den Bruchteil einer Sekunde. Mit nichtverstehenden Augen sah er Soubi an. Was war nur los? Sein Körper war zu einer brennenden Säule erstarrt. Die erröteten Wangen erhitzten sich immer mehr und verliehen dem Jüngling ein süßes Aussehen. »Soubi...«, wisperte er wie verzaubert. Dieser zog ihn langsam zu sich, beugte seinen Kopf zu ihm hinunter und flüsterte liebevoll die Worte »Ich brauche dich.« in sein Ohr. Ritsuka wurde eine Spur röter als er ohnehin schon war, schloss beschämt die Augen. »Warum...sagst du solche Sachen?« »...weil du mir wichtig bist...., Ritsuka. Verstehst...du mich denn nicht?« Er verstand ihn. Er hoffte so inständig, dass Soubi genau das meinte, was er sich dachte. Heiße Tränen rollten sein Gesicht hinab, fielen auf den Blumenübersäten Boden. Er wollte nicht weinen, doch er konnte es nicht unterdrücken. >Nein!< Nun strichen Soubis Finger leicht die Tränen weg. Kaum merkbar berührte er Rituskas Lippen, worauf sich diese öffneten. »Ich liebe dich...«, hauchte er. Seine Lippen vereinigten sich langsam mit denen seines Herrn. Ein langer, schüchterner Kuss in der Stille der Natur. Keine Zeugen, keine Elendeigen Blicke. Nur er und Soubi.... Als seine Hände nun vorsichtig über seine Hals, hinab zu seinen Hüften wanderte, konnte Ritsuka sich die verbotenen Gedanken nicht verwehren. Er ließ sich zu ihm, nah an seinen Körper, ziehen, spürte die Hitze seines Liebsten und zog die Energie förmlich in sich auf. »Du gehörst mir...«, sagte er inmitten des Kusses. »Nur mir, Ritsuka.« Soubis starke, erprobte Hände, stießen ihn zu Boden. In das weiche Gras, unter dem gewaltigen Schatten des Baumes. Langsam bahnten sich Soubis Hände einen Weg durch den leichten Stoff der Kleidung, streichelten die darunterliegende Haut und presste schon fast zwanghaft seine Lippen auf Ritsukas. Jegliche Gegenwehr wich, er hieß jede zärtliche Berührung willkommen und bejahte alles mit einem tiefen Seufzer. Sie waren einfach füreinander gemacht. Das Schicksal musste sie dazu auserkoren haben, zueinander zu finden. Ritsuka liebte Soubi. Über alles! Der Schein der Sonne warf zwei sich windende Schatten auf das Grün, leidenschaftliche Stimmen drangen durch das Gebiet und heiße Tränen der Liebe rollten zu Boden. Soubi schloss ihn in seine Arme, versprach ihm die ewige Treue und dass seine Liebe für immer währen würde. Nickend sah er ihm in die Augen, während jener sich erneut zu ihm hinunter beugte. Es war einfach....perfekt. Kapitel 4: Warning (part I) --------------------------- Als Ritsuka erwachte, allein, schweißgebadet und sich schnell in den Traum zurückwünschend, holte ihn die Wirklichkeit ein. Hieß ihn mit der Kälte der Realität willkommen. In seinem Traum war alles perfekt gewesen. Keine Schmerzen, keine Trauer, keine Verluste...einzig und allein die Liebe. So erfüllend und süß, wie er sie sich immer vorgestellt hatte. Er glaubte nun die Bedeutung dieses kleinen Wortes zu kennen: Liebe. So einfach und doch genial. Mit einem Satz zu beschreiben und doch würde es die Unendlichkeit andauern, sie wahrlich zu erklären. Sein Atem war flach. Schnell fuhr er sich über den Kopf. Natürlich waren seine Ohren noch da, es war schließlich nur ein Traum gewesen und doch...hatte sich alles so verdammt real "angefühlt ". Ein Feuer war in Ritsuka erweckt worden; ein Brennen, von dem er sich nicht lösen mochte. Wenn Liebe so einfach war, so leidenschaftlich, sinnlich und frei...dann wollte er sie erfahren. Sie genießen und nie mehr loslassen. Zusammen mit Soubi wollte er das erleben, was sein Traum ihm prophezeit hatte. War es ihnen bestimmt zueinander zu finden? JA. Noch nie hatte sich eine Entscheidung so leicht angefühlt. Seit dem Verrat Seimeis, war alles in einem düsteren Schleier gehüllt gewesen und erst jetzt merkte Ritsuka, dass mit dem Auftauchen Soubis eine neue Ära angebrochen war. War nicht die Dunkelheit allmählich abgezogen, seit Soubi zum ersten Mal den Satz : >Ich liebe dich< in den Mund genommen hatte? JA. Freude breitete sich in seinen Augen aus, der Wunsch ihn zu sehen, ihm um den Hals zu fallen, nahm unvorstellbare Maße an und das Glück, ewig während, durchflutete jeden Muskel in seinem noch jungen Körper. Er musste es ihm einfach sagen. Er musste. Keinen Augenblick länger konnte Ritsuka die Liebe in sich behalten, die er für Soubi empfand. Wenn nicht jetzt, wann dann? Was hielt ihn noch daran, nicht zu ihm zu gehen und es ihm zu sagen? >Es ist Liebe...< Hastig sprang er aus seinem Bett, warf die Decke haltlos auf den Boden und betrachtete sein Gesicht im Badezimmerspiegel. Noch nie hatte er sich selbst so sehr lächeln sehen, die Wangen waren in einem zarten Rosa getaucht, die Mundwinkel waren nach oben gezogen und das junge, fast mädchenhafte Lächeln platzte vor Sehnsucht. »Ich liebe dich, Soubi!«, hörte er sich immer wieder sagen, diesen leichten Satz einproben. Unbekümmert zog er sich an, sah der Sonne, die schon hoch am Himmel stand entgegen, schaute auf die Uhrzeit und dachte sich: >Heute lass ich die Schule ausfallen, es gibt wichtigeres zu tun!<, verließ sein leeres Haus ( da Mutter ohnehin nicht da war ) und begab sich ohne weitere Umstände zu Soubi. Sein Herz schlug unsagbar schnell, beflügelt von dem Wunsch es ihm endlich zu sagen! Keine Grenzen, keine Hemmungen...er war bereit. Seine Hände zitterten, schafften es jedoch leise an die Tür seiner Waffe anzuklopfen. Wenige Minuten später erfolgte immer noch keine Antwort und Ritsuka fragte sich, ob Soubi überhaupt da sei. Es war still in der Wohnung, oder besser gesagt, glaubte er es. Erst als er neugierig sein Ohr an die Tür lehnte, die Nerven zum Zerreißen gespannt, hörte er zum ersten Mal die " andere " männliche Stimme. »Du wirst ihn nicht verlassen, habe ich Recht?«, fragte der fremde Mann in einem leicht höhnischen Ton. »Nein.«, war Soubis simple Antwort darauf. Er war ruhig, doch man merkte an seiner Stimme, dass er diese Frage sehr ernst nahm. »Nur weil " er " es dir damals befohlen hat? Ist das nicht ein wenig lächerlich, Soubi? « »Ganz und gar nicht. So ist das eben, wenn man beherrscht wird.« Es folgte kurze Zeit Schweigen. »Wenn du ihn nicht aus freien Stücken verlässt, muss ich ihn dir nehmen...« »Das schaffst du nicht...« »Du magst zwar eine starke "Waffe" sein..., doch das einzige, was "er" dir hinterlassen hat, ist ein nutzloses Sacrifice...und das weißt du auch!« »Ritsuka ist nicht nutzlos...nur unerfahren.« »Und wann willst du ihm das nötige Wissen beibringen? Du tust ja gerade so, als ob er wirklich zu dir gehören würde...« »Wir gehören auch zusammen.« »Er ist LOVELESS. Sieh ein, dass euch nichts miteinander verbindet. Ihr tragt nicht den selben NAMEN! « »...« Gebannt lauschte Ritsuka jedem einzelnem Wort, das der Fremde sagte. Die drohenden Zeilen brachen ihm beinah das Herz . Es stimmte, er war LOVELESS....doch wer war Soubi? Wenn nicht BELOVED, wer dann...? Er wusste, dass Seimei und Nisei zueinander gehörten...doch wem gehörte Soubi, wenn nicht ihm, LOVELESS? »Waren es nicht deine eigenen Worte: Ein Name zeigt Besitz an! «, lachte der Mann. »Wohl war, nur das es nicht dein Name ist, Soubi.« »Du redest zu viel...« »So, meinst du? Ich bin nur hier, um dich zu warnen...gib ihn uns und es wird nichts weiter geschehen...« »Ich gebe ihn dir aber nicht. Niemals.« >Gib ihn uns...?<, dachte Ritsuka interessiert. >Wen meint er?< »Soubi. Ich sage es dir ein allerletztes Mal: Wir werden ihn bekommen, so oder so. Wir wollen nur keine unnötigen Kämpfe...,du verstehst?« »Ich verstehe sehr gut sogar, doch...ich bleibe dabei.« Plötzlich hörte man, dass etwas oder jemand zu Boden gestoßen wurde. Erschrocken sprang Ritsuka zur Seite, und just im selben Moment, überkam ihn der Wunsch zu Soubi zu eilen. Verzweifelt rüttelte er an der Tür, die sich einfach nicht öffnen lassen wollte. »Soubi?!« schrie er laut. Er erkannte die Stimme seines Masters, fand jedoch keine Worte. »Du hast wohl nicht gewusst, dass er an deiner Tür steht und lauscht?«, fragte der Fremde triumphierend. »Wenn du nicht einmal die Gegenwart deines Sacrifices spürst, wie willst du dann seine Waffe sein?« Auch darauf schwieg Soubi. »Soubi! Mach die Tür auf.«, rief Ritsuka. »Das ist ein Befehl!« »Bleib lieber draußen, LOVELESS!«, antwortete der Fremde anstelle von Soubi. »Ich glaube nicht, dass er will, dass du ihn "so" siehst...« »Was? Soubi! Lass mich rein!« Panik kroch in ihm hoch. Was meinte der Kerl nur damit? >Ich glaube nicht, dass er will, dass du ihn "so" siehst...< Was sollte das bedeuten? War Soubi etwa verletzt? »Soubi!!!« - Der Griff in dem der Fremde Soubi hielt war brutal, rücksichtslos und schmerzend. Soubi stand am anderen Ende des Zimmers, der Fremde ihm gegenüber und ohne ihn auch nur zu berühren, drückte er Soubi die Luft aus der Lunge. Der Arm des Fremden war weit ausgestreckt, seine Finger machten eine Bewegung, als wolle er jemanden würgen. Langsam ging Soubi in die Knie, seine Kräfte versagten, die Sicht verschwamm allmählich. >Was ist das nur?<, fragte er sich. >Warum kann ich nicht...?< Noch bevor er seine Gedanken zu Ende führen konnte, beendete der Mann bereits seinen Satz: »...das System aktivieren? Fragst du dich das, Soubi?« Die amethyst Augen zeugten von Überraschung, hatte er eben seine Gedanken gelesen? Wohl kaum, oder? »Du wirkst verwirrt, Soubi? Angst?« Ein Ächzen drang aus seiner Kehle. >Was ist das?< »Ich kann verstehen, dass du ein wenig verwirrt bist...ehrlich, mein Freund.« »Soubi! Lass mich rein! Was ist los?«, ertönte die Stimme Ritsukas. Besorgt und panisch zugleich. »Soubi!« »Süß, der kleine Aoyagi...ganz anders als...«, er wagte es nicht " seinen " Namen auszusprechen. »...sein Bruder.« »Ritsuka ist etwas Besonderes...«, stöhnte Soubi unter Schmerzen. »Da gebe ich dir Recht. Nur spielt er für jeden von uns eine andere wichtige Rolle.« Der Fremde drückte seine Finger zusammen und Soubi spürte, dass die "Gewalt", die seinem Hals die Luft abdrückte, stärker wurde. »Argh...!« »Ich gebe dir den Rat dich uns nicht in den Weg zu stellen, Soubi Agatsuma. Zu deiner eigenen Sicherheit bitte ich dich, gib uns den Jungen!« »Nie...niemals!«, sagte Soubi mit allerletzter Kraft und sank schließlich bewusstlos zu Boden. Sein blondes Haar fiel elegant zu Boden, während sein Körper mit einem lauten Aufprall niederging. Ritsuka hörte das Poltern und schrie noch lauter. »Soubi?!« Er hämmerte lauter, unkontrollierter gegen die Tür, in der Hoffnung sie doch noch aufzubekommen. Der Fremde starrte auf Soubi. Es wäre ein leichtes gewesen diesen Mann nun zu töten. Ein leichtes, doch... Kapitel 5: Warning (part II) ---------------------------- ...der Fremde starrte auf Soubi. Es wäre ein leichtes gewesen diesen Mann nun zu töten. Ein leichtes, doch... Das war nicht SEINE Aufgabe. Ihm war aufgetragen worden, ihn und LOVELESS auseinander zu bringen. Koste es, was es wolle! Die Stimme des zuletzt genannten erreichte die Grenze des Lautpegels. Trotz energischer Bemühungen die Tür aufzuschlagen, missling es ihm. »Soubi? Warum antwortest du mir nicht?!«, rief Ritsuka ängstlich. »Sag was!« Ein stummes Schmunzeln umspielte die Lippen des Fremden. Wie naiv er doch war...und DAS sollte der Bruder von..."ihm" sein? Kaum zu glauben. Sie waren doch so unterschiedlich. Sowohl in ihrem Denken als auch in ihrem Handeln. Hätte "er" denn sich solche Sorgen um Soubi gemacht, wie Ritsuka? War er dazu überhaupt in der Lage? Manchmal kam "er" ihm nur kalt und herzlos vor...ein Körper ohne Seele und Gefühle. Ja, so stellte der Fremde "ihn" sich vor...den großen Bruder von LOVELESS. Soubi Agatsuma, die vorherige Waffe von "ihm", war perfekt. Untertänig, stark, stellte seine Bedürfnisse ganz hinten an und war zudem noch Ohrenlos. Ein Erwachsener mit "Erfahrungen". Dass er nun die Waffe von LOVELESS sein sollte, passte nicht. Sie gehörten nicht zusammen, das war von vorne rein klar. Wieso waren sie dann so stark? Warum waren ihre Bande so fest, dass sie selbst dem stärksten Gegner Stand halten konnten? Er verstand es nicht. »Soubi?!« Ritsukas Stimme ging in einem erbärmlichen Schluchzen unter. »Sprich zu mir, verdammt!« Der Fremde spürte den Körper des Jungen an der Tür lehnen. »Soll ich dich jetzt schon mitnehmen?«, fragte er sich selbst, wobei er teuflisch grinsen musste. Dann wanderte sein Blick zu Soubi. »Dass wäre nicht fair. Soubi sollte noch Gelegenheit bekommen sich von ihm zu verabschieden...« Galant streckte der Fremde seine Hand gen Tür, ließ sie einen leichten Schwenker machen, worauf diese unbeschwert aufging. Das Knarren signalisierte Ritsuka, dass der Einlass ihm gewährt wurde. Sein Kopf luckte unmissverständlich in das Zimmer hinein, doch als er Soubi dort am Boden liegen sah, überkam ihn die Angst. »Soubi!«, schrie er, rannte zu seiner Waffe, kniete sich hin und nahm den blonden Kopf in seine Arme. »Soubi! Sag was!« »Besorgt?«, ertönte die fremde Stimme des Mannes, der Ritsuka penibel ansah. »Du scheinst ja sehr an ihm zu hängen...« Der Mann war ihm unbekannt. Seine stechend scharfen, blauen Augen waren mysteriös und erschreckend zugleich. >Wer war er?< Seine hochgewachsene Figur und die aggressive Haltung erinnerte ihn an Nisei, und jenen hasste Ritsuka. Über alles! »Was hast du mit ihm gemacht?!« »Nichts besonderes.« antwortete der Mann grinsend und schritt langsam auf Ritsuka zu. »Wer bist du?!« »Mein Name...?« Sein Lächeln wandelte sich plötzlich. Teuflisch. Boshaft. Es war das Lächeln, mit dem Seimei ihn das letzte Mal angesehen hatte. »Ich bin Seichi Kouga.« »Ich meine deinen wahren NAMEN!!« Er wollte nicht glauben, dass ein normaler Mensch Soubi so einfach niederschlagen konnte. Der Fremde musste eine "Waffe" sein! »...HONOURLESS.« >HONOURLESS?!<, schoss es durch Ritsukas Kopf. »Waffe?!« »Waffe.«, bestätigte er. Er musste eine starke "Waffe" sein, wenn er es schaffte...Soubi zu besiegen. »Was willst du von ihm?« Schützend warf er sich über seinen Liebsten. »Was willst du von Soubi?« »Von ihm?! Gar nichts, ich bin nicht wegen ihm gekommen...« »....« »Ich bin wegen dir hier, LOVELESS.« »Wegen....mir?« Es graute ihm. Allein, schutzlos, ohne eine "Waffe" diesem Mann ausgeliefert zu sein. »Wa....was willst du von mir?« »Die Organisation für die ich arbeite....und ich wollen, dass du ihn verlässt.« »Wen?« »Soubi Agatsuma.« »WAS?!« Bestürzt sah er ihm in die Augen. »Ihr seid nicht füreinander bestimmt, LOVELESS. Ihr tragt nicht denselben Namen.« »Das ist doch vollkommen egal! Ich werde Soubi nicht verlassen.« »Du wirst...glaub mir.« Ein Schatten huschte über das ebenmäßige Gesicht. »Du wirst gar keine andere Wahl haben.« »Was meinst du....damit?« Schnell packte HONOURLESS den Jungen am Hals, drückte ihn zu Boden und hielt ihn von Soubi fern, der immer noch bewusstlos die Lider geschlossen hatte. »Du wirst ihn verlassen.«, sagte er bestimmt. Überrumpelt von dieser Aktion schnappte Ritsuka nach Luft, die Kraft mit der der Mann zudrückte war erschreckend; die Situation gefährlich. »LOVELESS...«, begann er. »Es ist nur zu deinem Besten...« Ritsuka versuchte sich zu befreien, doch er war zu stark. Die Tränen überkamen ihn, sein Blick wanderte zu Soubi. Wie sollte er vorgehen? Was sollte er tun? »Er kann dir nicht helfen...« Ritsukas Blick war nicht unbemerkt geblieben. Hämisch doch...auch traurig zugleich sah Seichi ihn an. »Wäre....er wirklich deine "Waffe"...würde er deine Stimme hören...und deinen Hilferuf.« Sprachlos erwiderte LOVELESS den allessagenden Blick. »Wa...was hast du vor?« »Ich stelle dich vor die Wahl...« >Wahl?!?!?!< »Entweder du...verlässt ihn oder...« Geheimnisvoll rollten die Worte über seine Lippen »Oder...?« »Oder ich töte ihn.« »Nein...«, flüsterte Ritsuka. »Das...schaffst du nicht...« »Wirklich? Er liegt schon am Boden...ich könnte es jederzeit tun...« Drohend bewegte sich seine noch freie Hand auf Soubis Hals zu. »NEIN!«, schrie Rituska mit letzter Kraft; das Atmen wurde Sekunde von Sekunde schwerer. Die Hand machte abrupt Halt. Seichi war erstaunt wie kraftvoll die Stimme des Jungen wirken konnte, noch dazu in so einer präkeren Lage. Dieser Mann musste ihm in der Tat sehr viel bedeuten. »Lass deine Finger von ihm!« Rituska...liebte ihn. Mehr als sein Leben. Niemals würde er zulassen, dass irgendjemand es wagen sollte, Soubi wehzutun. Schon zu viel Leid hatte er erleiden müssen. Aufgrund von Seimei aufgrund von Nisei, aufgrund von...ihm. Nie wieder sollte Soubi leiden müssen. Nie wieder... »Warum bedeutet er dir soviel...« »Das würdest du ohnehin nicht verstehen...du kennst uns doch gar nicht..« »Ich kenne deinen Bruder.« »Seimei?« Bei diesem Namen zuckte Seichi unwillkürlich auf. »Ja...Seimei.« Man sah ihm an, dass er sich fürchtete den Namen auszusprechen. »Woher..?« Interesse machte sich in Ritsuka breit. Sie hatten schon eine Menge Ärger nur wegen Seimei gehabt. Obwohl sein Name BELOVED war, hassten ihn viele Leute. -Weil ein ihnen das Liebste nahm... Weil er ihnen das Herz brach.... Weil er ein Monster war....- »Das tut nichts zur Sache.« »Und ob!« »Nein, tut es nicht.« »Seimei ist mein Bruder! Was hast du mit ihm zu tun?!?!?!« »Relativ wenig. Aber ich kenne Soubi. Wahrscheinlich besser als du.« Nun grinste der Mann wieder. Dieses diabolische Grinsen war einfach unerträglich. »Was meinst du...« »Gleich wie sehr du IHN liebst, Soubi wird deine Liebe niemals erwidern, weil es für ihn nur einen Menschen gab und jemals geben wird und das...ist dein Bruder.« »Soubi liebt mich, das weiß ich. Du kannst mir nichts Falsches einreden.« »Ritsuka, Rituska...wie naiv du doch bist.« Langsam löste sich sein Griff und der junge Ohrenträger genoss die freie Luft. »Woher kennst du Soubi?«, drängte er. »Shichisei-Schule.«, war die knappe Antwort. »Die Schule der Waffen.« Dieser Name sagte ihm was. Er war schon einmal dort gewesen, zusammen mit Soubi. Es war der Ort, an dem sie auch zum ersten Mal gegen...Nisei Akame gekämoft hatten. Seimeis "wahrer Waffe". Die Erinnerungen schmerzten, genauso viel wie die Erkenntnis, dass sein Bruder insgeheim ein Verräter und Mörder war. »Soubi liebt deinen Bruder. Mehr als alles andere. Als jener...ihm befahl...sich deiner anzunehmen und dir täglich zu sagen, dass er dich liebt...da blieb ihm nichts anderes übrig, als zu gehorchen.« »Nein, das ist eine Lüge. Soubi...liebt mich.« Seichi erkannte die Unsicherheit in Rituskas Stimme, er spürte wie sein Vertrauen in den 23-jährigen langsam schwand. »Du hast doch nicht ernsthaft erwartet, dass er sich für einen Jungen wie dich interessiert, oder?« Er schwieg. »Soubi stammt aus einer völlig anderen Welt. Er ist zum Dienen geboren worden. Er mag es nicht, wenn man zögert oder Mitleid zeigt.« Unglücklicherweise gehörte Ritsuka genau zu den Leuten, die häufiger zögerten und Mitleid empfanden. Auf einmal fühlte sich seine Brust so schwer und erdrückt an, obwohl ihn der Fremde schon längst losgelassen hatte und nun sanft über ihm kniete. Die Position war peinlich, ohne Frage. Vielleicht sogar gefährlich und pervers. Aber das machte Ritsuka im Moment nichts aus. Er musste über andere Sachen nachdenken, als darüber, dass ein "Ohrenloser" über seinem Körper schwebte. »Wie gut....kennst du Soubi?« »Wir gingen auf die selbe Schule.« »Mehr nicht?« »Schon damals wussten alle, dass er in...deinen Bruder vernarrt war.« »Schon...damals?« »Ja.« Ritsukas Stimme wurde bleiern, die Augen glasig und der Verstand vernebelt. >Sagt er die Wahrheit?<, dachte er sich benommen. >Kann ich ihm glauben?< »Soubi hat keinen Hehl daraus gemacht, von einem Aoyagi beherrscht zu werden. Wir wussten es.« »Aber...« »Mach dir keine Illusionen, LOVELESS.« Seichi sprach bestimmt auf ihn ein. Es war, als wenn er versuchte ihm etwas zu erklären, dass für den Jungen unbegreiflich war. »Soubi ist nicht deine "Waffe". Er sagt nur, dass er dich liebt...,weil "er" es so gewollt hat. Er liebt dich nicht, LOVELESS. Sieh es ein und trenne dich von ihm. Soubi befolgt nur einen Befehl seines "Master!"...glaub mir.« Ritsuka glaubte ihm. Sein Instinkt sagte ihm, dass es wahr war. Soubi liebte Seimei, das hatte er schon immer geglaubt, nein gefürchtet. >Soubi liebt Seimei und nicht mich...< >LOVELESS, verlass ihn oder willst du weiterhin von ihm an der Nase herumgeführt werden?« »Nein...«, hauchte er. >Soubi liebt mich nicht....er tut es nicht< Das...war das Ende. Kapitel 6: The end of LOVELESS ------------------------------ Ritsukas Augen füllten sich mit Tränen. Er wusste, dass Seichi die Wahrheit sprach. Seine Stimme, süß und gerecht zugleich, verriet ihm die Abgründe Soubis. Wie gut hatte er seine "Waffe" gekannt? Eines Tages war er einfach vor seiner Schule aufgetaucht und hatte die Worte : »Ich liebe dich. « zu ihm gesagt. Nein, er war nicht "seine Waffe"...nicht mehr. Es war es nie gewesen... Soubi war "erwachsen", hatte viel mehr Erfahrungen im Leben gemacht als er; erst seit kurzer Zeit schien Ritsuka diesen Mann näher kennen gelernt zu haben. Wusste er vorher über Ritsu Minami Bescheid? Über die Shichisei-Schule? Darüber, dass Soubi die ganze Zeit wusste, dass Seimei NICHT tot war? Nein. Soubi war ein Lügner. Ein Betrüger. Er hatte von Anfang an verheimlicht, dass er in Wirklichkeit niemals ihm, LOVELESS, gehören konnte. Seine zuckersüßen Worte klangen jetzt nur noch wie schmutziges Gift. Die Worte: >Ich liebe dich.« erschienen höhnend, sogar verspottend. Er hatte es niemals aus Liebe zu ihm gesagt. Er sagte es , weil Seimei es befohlen hatte! »Glaub mir, LOVELESS. Du verdienst so jemanden...wie Soubi Agatsuma nicht...Er verdient ein "Sacrifice" wie dich nicht!« Ritsuka sah dem jungen Blonden in die Augen. Er blickte in verführerisch an, sodass ihm die Sinne beinah schwanden. Noch nie hatte ihn jemand "SO" angesehen..noch nicht einmal Soubi. »Zuerst kommt die Liebe...«, flüsterte er geheimnissvoll; kam seinem Gesicht gefährlich nahe. »...dann kommt das Verlangen...«, hauchte er in Ritsukas Ohr. »...dann folgt die Leidenschaft...« Seichi fuhr mit seiner Hand seinen Hals entlang ohne den Ohrenträger zu berühren. »...dann kommt Misstrauen!« Genüsslich schmiegte er sein Wange an seine. »...Eifersucht, Wut, Betrug...« Ritsuka schloss seine Lippen, um nicht unweigerlich aufzustöhnen. »Für Menschen wie uns kann es kein Vertrauen geben. Und ohne Vertrauen gibt es keine Liebe ! Verstehst du, was ich dir damit sagen will, LOVELESS?« Langsam öffneten sich seine Lippen wieder, sein Blick war erschreckend klar. Er sah zu Soubi, der immer noch bewusstlos am Boden lag. Die Gefühle, die er noch wenige Minuten zuvor für jenen Mann empfunden hatte, schwanden mit jeder Sekunde. »Liebe, Verlangen, Leidenschaft, Misstrauen...Eifersucht, Wut, Betrug....«, sagte Ritsuka monoton. »Ich habe ihn geliebt...hätte mein Leben für ihn gegeben...« »Doch er nicht...nicht aus Liebe.«, flüsterte Seichis boshafte Stimme leicht in sein Ohr, strich mit den Fingern zärtlich über die weiche Haut, die sonst nur Soubi zu berühren wagte. »Er liebt dich nicht...« »Er liebt mich nicht...« »Er liebt deinen Bruder....er lebt einzig für ihn.« »Von Anfang an...liebte er ihn.«, sagte Ritsuka. »Ich war so ein Idiot....wie konnte ich mich nur in ihn verlieben?« »Es ist nicht deine Schuld, LOVELESS.«, beschwichtigte HONOURLESS ihn. »Es ist nicht deine Schuld.« Ritsuka sah sich Soubis entgleistes Gesicht genau an, das Gesicht, an dem er jeden Zug über alles geliebt hatte. Wenn jener lächelte, ging eine Sonne für ihn auf. Doch nun sah er nur noch einen untergehenden Mond. Sein Herz brach. Die Splitter seiner Liebe fielen zu Boden, hinterließen eine sich niemals schließende Wunde. Das Leben wich aus den lebhaften Augen LOVELESS´, was blieb war eine...leere Hülle. Ein Körper, der von der Liebe betrogen wurde. Seichis sah sein Ziel als erreicht an. Heimlich grinste er in sich hinein, verzog die Mundwinkel nach oben. »Ihr ward von Anfang an zum Scheitern verurteilt.« Heiße Tränen rannen Ritsukas Wangen hinab, er konnte Soubi nicht mehr ansehen. Wendete seine Augen ab. »Bist du mir böse, dass ich dir die Wahrheit gesagt habe?« Ritsuka schwieg. Langsam erhob sich der junge Mann, blicket auf dem am Boden liegenden Ohrenträger hinab. »Das Ende von LOVELESS.« >Es ist vorbei...Soubi. Du Lügner...warum musstest du mir vormachen mich zu lieben? Ich habe dir mein Herz geschenkt. Dich mir anvertraut. Ich habe an unsere Liebe geglaubt. Ich habe dir geglaubt! < »Du hast dir nie erlauben können zu lieben, LOVELESS.«, sagte Seichi aus dem Fenster blickend. »Du weißt noch nicht alles....« »Was? Was soll ich denn noch wissen...?« Es war genug. Er wollte nicht noch mehr Grausamkeiten hören. Hatte seine Seele nicht schon genug Schaden erlitten? »Die Wahrheit über deinen Namen, LOVELESS.« »Wahrheit?« »Soubi weiß ganz genau, warum er sich deiner Annehmen sollte. Nicht nur, weil du der Bruder seines "Masters" bist...nein, ganz sicherlich nicht nur deshalb.« »Weshalb dann?« »Willst die Gründe wirklich erfahren?« Ritsuka stand auf, gesellte sich zu dem Fremden, zu dem er immer mehr Vertrauen aufbaute. »Ja.« »Hast du dich nie gefragt, warum dein Bruder....« >Warum scheut er sich davor Seimeis Namen auszusprechen?< »...dich so liebevoll umgarnt hat? Warum er sich immer die größte Mühe gegeben hat, dich Liebe spüren zu lassen...?« »Wir waren Brüder...«, antwortete er, wusste doch, dass dies nicht der einzige Grund sein konnte. »Du bist wertvoll, LOVELESS. « »Wertvoll?« »Ich sage dir jetzt, was alle anderen über deinen NAMEN wissen, was dein Schicksal ist...: LOVELESS, du gehörst zu den 5 stärksten Sacrifices auf der Welt. Es ist deine Bestimmung...deine Macht für das Gute einzusetzen...« »Ich würde meine Kräfte nur für das Gute einsetzen.« »Nicht, wenn du weiterhin mit Soubi zusammen geblieben wärst.« »Willst mir damit sagen, dass Soubi zu den Bösen gehört?« »...schwer zu glauben, nicht? Wenn man ihn sich so ansieht...das blonde Haar, die charismatischen Augen...aber JA: Soubi Agatsuma ist ein Feind.« »Lüge!«, widersprach Ritsuka energisch. Auch wenn Soubi ihn nie geliebt hatte, so war er doch kein Feind! Soubi war.... >Soubi war Seimei´s "Waffe"....< Dieser Gedanke.... »Soubi ist unser Feind, LOVELESS. Ich bin hier, um dich aus seinen Fängen zu befreien. Deshalb hat man mich hierher geschickt.« Ernst sah Seichi ihm in die Augen, zog den jungen, zerbrechlichen Körper an sich. Seine starken Arme schlangen sich um ihn,. Der Duft von Winter stieg dem Jüngling in die Nase. Ein angenehmer, vertrauter Geruch. Zaghaft erwiderte er die Umarmung, sah nicht, wie Seichi teuflisch grinste. »Komm mit mir...ich bringe dich zu den Menschen, die sich die ganze Zeit um dich gesorgt hatten...« »Zu wem?«, flüsterte er in Seichis warmen Körper. »Du brauchst keine Angst zu haben...«, sagte Seichi, nahm ganz vorsichtig Ritsukas Kinn in die Hand und zog ihn zu sich hoch. »Wir werden auf dich Acht geben...« Dann schlossen sich seine Augen und er kam seinen Lippen näher. Eine plötzliche Ohnmacht überkam Ritsuka. Ein unbeschreibliches Gefühl wuchs in ihm. Die Berührungen, zärtlich, völlig ohne Zwang, durchfluteten ihn und ließen seinen Körper erzittern. Es war ein anderes Gefühl, als wenn Soubi ihn berührte, doch es gefiel ihm. Er fühlte Geborgenheit, Sicherheit und....Vertrauen. Seine Hand grub sich in sein schwarzes Haar, zogen ihn sanft zu sich, als Seichis Lippen sich liebevoll auf seine legten. Der Kuss war innig, lieblich, zärtlich... Es war ein neuer....BUND. Dann ließ er von ihm ab. So wunderschön der Kuss auch gewesen war, dauerte ein nur einen winzigen Moment an. »Es gibt jetzt nur noch eine Sache, die DU erledigen musst.« »Welche?«, hauchte Ritsuka, benebelt vom Kuss. »Du musst den Bund, den du mit Soubi geschlossen hast....lösen.« Schmerzvoll erinnerte er sich an den Kuss von Soubi damals, der ihm nun mehr, nichts weiter als eine verblasste Narbe vorkam. »Wie ?« »Brich sein Herz, wie er deines gebrochen hat. Nur so kann der Bund gelöst werden...« »Er wird sich nicht trennen wollen. Mich zu verlassen, war nicht Seimeis Befehl. Er wird bei mir bleiben...« »Tu ihm weh. Verstoße ihn!« »Wie?« »Sag ihm..., dass du eine neue "Waffe" gefunden hast...« »Das wird er mir nie glauben.«, lachte Ritsuka. »Und wenn du deine Ohren verlieren würdest?« »Was?« »Würde er dir dann glauben?« Unsicher sah er Seichi an. >Ohren verlieren?!< ... Der Gedanke war....perfekt. Nur so konnte er Soubi überzeugen und den Bund lösen. Er musste ihm wehtun. Und er wusste auch schon genau wie! »Ja, dann würde er mir glauben.«, lächelte Ritsuka und ging liebvoll auf HONOURLESS zu. Kapitel 7: Secrets ------------------ Soubis Kopf lag auf dem Boden. Seine Gedanken hingen verblassenden Erinnerungen nach. Völlig losgelöst und frei von jeglichen Schmerzen, sah er der Vergangenheit hinterher. Einer Vergangenheit, die ihn niemals glücklich machen konnte und von der er sich doch niemals trennen konnte. Vor allem ein Moment war ihm besonders im Gedächtnis geblieben. Es schien unvorstellbar, dass dieser eine bedeutsame Moment bereits einige Jahre zurücklag...: ~ Der Schein der Kerze tauchte das Zimmer in ein romantisches Licht und die Schatten, die ruhig an den Wänden tanzten, verloren sich in ihrem Spiel. Es war tiefe Nacht, der Mond versteckte sich schüchtern hinter den wenigen Wolken am Himmel und gönnte den beiden "Liebenden" ihre freie Zeit. Langsam senkte Soubi seinen Kopf, strich mit den Fingern das schwarze Haar aus seinem Gesicht und hauchte einen leichten Kuss auf die Stirn Seimeis. Ruhig beobachtete er dessen friedlichen Schlaf. Seine Brust hob sich in einem regelmäßigen Rhythmus und sein Atem roch angenehm nach Erdebeeren. Die Wärme von Seimeis Körper, wie er so dalag, weckte in Soubi unerfüllte Sehnsüchte. Seine Hand glitt, ohne jenen zu berühren, an dessen Hals entlang; hinab zu der Brust und den Bauch. Vorsichtig wagte Soubi es über die Hand seines "Masters" zu streichen. Er spürte wie ein wohliger Schauer ihn durchfuhr. Wie sehr er Seimei doch liebte... Sein ebenmäßiges Gesicht, die schmalen Lippen und die geschlossenen Lider waren so unglaublich verführerisch und luden zu Zärtlichkeiten förmlich ein. Soubi sah es als ein Geschenk des Himmels an, von "ihm" als "Waffe" erwählt worden zu sein. Er beugte sich zu ihm hinab. Berührte ganz sanft Seimeis Porzellanhaut. Soubis Atem beschleunigte sich. Wenige Sekunden bevor sich ihre Lippen berührten, schlug jener abrupt die Augen auf. »Was soll das werden?«, sagte Seimei bestimmt. »Soubi?« Der Zorn in der Stimme seines Masters war erschreckend. »Nichts.«, hauchte er liebevoll. »Wage es nocheinmal und ich lasse dich töten...«, lächelte Seimei eiskalt und richtete sich auf. Elegant fuhr er sich durch die schwarzen, weichen Haare, rieb sich die restliche Müdigkeit aus den Augen und ging auf das Fenster zu. »Wie spät ist es?«, fragte er Soubi. »23 Uhr.«, antwortete er knapp. »Du hast nur ein paar Minuten lang geschlafen.« »Wirklich?« Seimei drehte sich zu seiner "Waffe" um, sah ihm klar in die Augen. »Und diese wenigen Minuten hast du ausgenutzt...« »Nein.« »Du wolltest mich also gar nicht küssen?« »Doch.« »Soubi, Soubi...« Die Kälte in den Augen des Schülers erregten Soubi. Er "liebte" es, wenn sein "Master" ihn so ansah. Langsam stand er auf, ging auf den Jüngeren zu und stand in der Versuchung seinen Gegenüber über das Gesicht zu streichen. Doch kurz davor hielt er inne. »Darf ich dich berühren, Seimei...?«, bat Soubi . »Das hättest du wohl gerne.«, grinste er und schüttelte den Kopf. »Nie im Leben.« Soubi ließ seine Hand sinken, doch sein charmantes Lächeln blieb bestehen. »Merk dir eins, Soubi...: Mich wirst du niemals bekommen. Gleich wie sehr du dich nach mir verzehrst.« »Ich bleibe trotzdem bei dir...« »In dem Glauben jemals mit mir eins zu werden.« »Ich glaube daran...« »Vergebens...« Blitzschnell klatschte Seimeis Hand gegen die weiße Haut Soubis. Benommen trat er einen Schritt zurück. »Tat das weh?« »Nein.« »Das sollte es aber. Beim nächsten Mal muss ich wohl härter zuschlagen.« »Ja.« Erneut ging Soubi einen Schritt auf Seimei zu. Wie ein Kind, das einfach nicht dazu lernen konnte. Er streckte seine Hand nach ihm aus, versuchte nach ihm zu greifen. »Halt!« Soubi gehorchte. »Zieh dein Hemd aus.« Auch dieses Mal tat er, wie ihm befohlen. Soubi zog sein weißes Hemd aus. Die durchtrainierten Bauchmuskeln traten gut hervor, doch das interessierte Seimei nicht. »Wie weit würdest du für mich gehen?«, fragte er verführerisch und ging langsam auf den nackten Oberkörper seiner "Waffe" zu. Seine Finger glitten sanft an seinem eigenen Hemd entlang, öffneten die Knöpfe und warfen das Hemd achtlos in eine dunkle Ecke des Zimmers. »Was würdest du alles für mich tun?« »Alles, Seimei.«, sagte Soubi wahrheitsgemäß. Sein Blick haftete an Seimeis strammer Brust, wanderte immer weiter nach unten. »Sieh mich an.« Soubi tat es. Seimei zog das Gesicht seiner "Waffe" zu sich, stand seinen Lippen nur noch Millimeter weit entfernt. »Liebst du mich?«, flüsterte er. Der Versuchung seinen "Master" einfach die Lippen auf seine zu pressen, musste Soubi wiederstehen. Er durfte es nicht! »Ist das wahr? Oder...liebst du nur...« Seimeis Fingerkuppen fuhren bedächtig über Soubis zarte Lippen. »...nur meinen Körper?« »Ich liebe alles an dir, Seimei.« Der Jüngere ließ seine Hand schnell, beinah unbemerkt , in die Hosentasche wandern und zückte ein Taschenmesser hervor, welches er blitzschnell an Soubis Hals presste. »Würdest du für mich sterben?«, fragten seine kühlen Augen. Er drückte die Klinge fester in das weiche Fleisch. »Wie viel Leid würdest du auf dich nehmen? Wie sehr würdest du für mich leiden?« »Befiel es mir und ich werde alles tun, was du von mir verlangst, Master. Ich gehöre dir, das weißt du doch.« »Du gehörst mir....das stimmt.« Das scharfe Messer bahnte sich seinen Weg: Soubis Hals entlang, hinab zu der Brust und sich den Bauch leicht entlangschneidend. Das Blut floss langsam zu Boden, tauchte das Weiß seiner Haut in dunkles Rot. Keine Reaktion war in Soubis ausdruckslosen Augen zu erkennen. Dann glitten seine Finger ganz langsam an Soubis Hosensteil, zogen ihn nach unten... Seimei grinste. Seine Hand drang in die Hose, er presste seinen Körper an den Soubis und wisperte ihm ins Ohr: »Wenn du dir DAS wünschen solltest....« Soubi versuchte Seimeis Lippen zu erhaschen; nur einen kurzen, winzigen Kuss. Doch er entzog sich ihm, drückte im Gegenzug fest zu und fing an seine Hand auf und ab zu bewegen. Nur für einen kurzen Moment tat er es. Der Augenblick reichte aus, um Soubi die Schamesröte ins Gesicht zu treiben und ihn aufstöhen zu lassen. »Du willst mehr, habe ich Recht?« Soubi versuchte seinen Arm um seinen "Master" zu legen, aber auch diesesmal gelang es ihm nicht. Seimei nahm seine Hand wieder zu sich, betrachtete die Beule in Soubis privater Region. »Du widerst mich an, Soubi.«, sagte er kühl, lächelte dann jedoch. Ein kaltes, bedrohliches Lächeln. Dann trat er einen Schritt zurück, ließ das Messer zu Boden fallen und drehte seiner "Waffe" den Rücken zu. »Wenn ich sterbe, dann kümmerst du dich um meinen Bruder, verstanden Soubi?« »Ja, Master.« »Ich will, dass du ihm jeden Tag sagst, dass du ihn liebst.« »Ja.« »Und ich will, dass du ihn nicht einen Moment aus den Augen lässt. Falls ihm etwas zustoßen sollte, bringe ich dich eigenhändig um.« »Ja, Master.« Dies gesagt, schnappte sich Seimei wieder sein Hemd von Boden und zog es sich an. Soubi sah ihm dabei zu, konnte sich ein verliebtes Lächeln nicht verkneifen. »Sukidayo, Seimei.« Kalt sah jener ihn an. Es interessierte ihn nicht, was seine "Waffe" sagte. Es war ohne Bedeutung. Soubi bedeutete ihm nichts. Soubi war ein...Nichts. Das lästige Vibrieren eines Mobiltelefons riss den Älteren aus seiner Trance. Doch war es nicht sein Handy, dass klingelte. Schnell nahm Seimei das Gespräch an, seine Augen weiteten sich ein wenig, als er die Stimme am anderen Ende der Leitung hörte. »Du hast an mich gedacht, Seimei?«, fragte die fremde Stimme, die Soubi nicht hören konnte. »Nur einen ganz kurzen Moment lang.« antwortete er; nun schmunzelte Seimei, was Soubi aufmerksam machte. Wer war am Telefon? Wer brachte ihn so zum Schmunzeln? Freute sich Seimei etwa über diesen Anruf? »Willst du mich sehen?«, sagte die Stimme. »Nein. Ich habe heute noch viel zu tun. Ein anderes Mal.« »Ruf mich, falls du mich brauchst.« »Das werde ich. Keine Sorge.« »Bis dann, Seimei.« »Bis, dann...« , verabschiedete Seimei ihn. >Bis dann, Nisei...< »Wer war das?«, fragte Soubi sofort, als sein "Master" das Mobiltelefon wieder in die Jackentasche steckte. Seimei war im Begriff zu Gehen, ohne IHN auch nur eines Blickes zu würdigen geschweige denn, IHN zu verabschieden. »Das geht dich nichts an, Soubi.«, sagte Seimei kühl. Doch jener ergriff geistesgegenwärtig seine Hand, zog ihn liebevoll zu sich. »Bitte sag es mir.« »Eifersüchtig?«, provozierte er. Soubis Blick wich einem Elendeigen und leidenden. »Ja. Bitte sag mir, wer das war.« »Du nimmst den Mund ganz schön voll...« Seimeis Hand klatschte ein weiteres Mal gegen Soubis Wange an diesem Abend. »Das geht dich nichts an, Soubi!« Beschämt sah dieser zu Boden, wagte es nicht seinem Liebsten in die Augen zu schauen. »Sorry...« »Entschuldige dich richtig...!« Er hob seinen Kopf, schaute erschreckt in das Blau von Seimeis Augen und küsste ganz sanft seinen Handrücken. »Gomenasei, Master« Diabolisch grinste Seimei in sich hinein. Er liebte Soubis unterwürfige Art und Weise. Ritsu Minami hatte ihn gut "erzogen". Stand Soubi etwa den Tränen nahe? So wie ihn ansah, konnte man glatt glauben, dass er weinen würde. »Ich gehöre nicht dir....sondern DU mir! Vergiss das nie. Du hast nicht das Recht dir so eine Frechheit anzumaßen!« »Gomenasai.« Seimei riss sich los, öffnete die Tür und schlug sie mit einem Ohrenbetäubenden Schlag zu. Soubi blieb allein in dem dunklen Zimmer stehen. Die Tränen langsam sein Gesicht hinablaufend, die Wangen gerötet, das Blut aus seinem Körper fließend. »Sukidayo...Seimei....my master...« ~ Er hatte nur so getan. Die Worte waren ohne Emotionen über seine Lippen gekommen. »Sukidayo, Ritsuka.« Nie hatte er es ernst gemeint. Ritsuka Aoyagi war nur Seimeis Bruder. Als dieser ihn verließ, war sein letzter Befehl auf jenen Acht zu geben. Soubi sagte Ritsuka täglich, dass er ihn liebte. Nicht, weill es stimmte, sondern weil es ein Befehl war. Er wollte dem Jungen nicht wehtun, aber ihm blieb keine Wahl. Seimei hatte es angeordnet... Gleich ob er damit Ritsuka das Herz brach...oder nicht. »Sukidayo, Ritsuka...« Lüge! »Ich liebe dich....« Lüge! »Du bist das Wichtigste in meinem Leben, Ritsuka. Ich liebe dich und werde für immer an deiner Seite kämpfen. Was immer auch unseren Weg kreuzen sollte...Wir sind Loveless.« LÜGE! Kapitel 8: Mindbreaker ---------------------- Ein letztes Mal blickte Ritsuka auf Soubi hinab, bevor er dessen Wohnung zusammen mit einem fremden Mann verließ. Eine Wohung, die er aufgesucht hatte, um ihrem Inhaber zu sagen, dass er ihn liebte, sie jedoch mit einem gebrochenem Herzen verließ. »Du tust das richtige, Loveless.«, versicherte HONOURLESS ihn und nahm ihn an die Hand. Die Wärme, die seine Haut ausstrahlte, war dem jungen Ohrenträger unangenehm, sodass er sich ihm schnell entzog. Seichi sah ihn an, blickte dann zu Boden und musste leicht lächeln. »Sorry...ich wollte dir nicht zu nahe treten.« Ritsuka schwieg, zögerte aus der Schwelle zu treten und Soubi endgültig zu verlassen. Er glaubte Seichi alias HONOURLESS, aber warum? Waren seine Worte so glaubwürdig? Er wusste es nicht genau. Doch es machte alles einen Sinn. Endlich! Das war der Grund, warum Soubi ihm nie die Wahrheit sagen wollte. Das war der Grund, warum er ihm verschwiegen hatte, dass Seimei noch am Leben war... Das war der Grund, warum Soubi ihm die Worte »Sukidayo..« jedes Mal ins Ohr säuselte. Jetzt wusste Ritsuka, warum es dem Blonden immer so leicht gefallen war es zu sagen, ihn zu berühren und lächerliche Wünsche in ihm wachsen zu lassen. >Es ist alles viel einfacher, wenn einem die jeweilige Person nichts bedeutet...< dachte er betrübt. Soubi war von Anfang an ein Rätsel gewesen. Nie hatte er ihn richtig verstehen können. Nie. Dann aufeinmal war der Wunsch in ihm aufgekeimt, seine selbsternannte "Waffe" näher kennen zu lernen. Sowohl psychisch als auch physisch... Er wäre gestorben für ihn...er liebte ihn, bis an das Ende seines Lebens. Doch er war ein Lügner! Er spielte ein falsches Spiel und machte sich wahrscheinlich einen Spaß daraus den "unerfahrenen" zu berühren und ihn rot anlaufen zu sehen. Soubi liebte Seimei. Seit die beiden zu BELOVED wurden und ihren Bund schlossen.... Auch LOVELESS und Soubi hatten einen Bund geschlossen, mit einem Kuss... Und der einzige Weg diesen verfluchten Bund zu lösen, war seine Ohren zu verlieren. Die Treue zu Soubi zu brechen und ihn als "Waffe" zu verstoßen. Soubi war ein Erwachsener. Wie hatte er sich nur einbilden können, dass es wirklich Liebe zwischen ihnen war? Und dann war da noch eine Sache, die er nicht verstand. War Soubi wirklich ein Feind, wie Seichi meinte? »Soubi gehört deinem Bruder...und na ja...dieser ist doch unser Feind, oder nicht?«, sagte Seichi automatisch, als ob er Ritsukas Gedankenn gelesen hätte. »Seimei ist in erster Linie mein Bruder...erst dann mein Feind.« Er sträubte sich immer noch seinen eigenen Bruder als Feind zu betrachten, doch nach seinem Kampf in der Shichisei-Schule gab es keine andere Bezeichnung mehr für jenen. Seimei und Nisei...waren Feinde, die eines Tages besiegt werden mussten. »Kann ich dich etwas fragen, LOVELESS.« »Ja, doch tu mir vorerst einen Gefallen...« »Und der wäre?« »Nenn mich nicht LOVELESS...ich habe einen Namen und du kennst ihn, Seichi Kouga.« »Ich bin beeindruckt, du hast dir meinen Namen ja gemerkt.« »Wieso sollte ich nicht?« »Schon gut, schon gut...ich verstehe....« »Das bezweifle ich...« Ritsuka schloss die Tür zu Soubis Wohnung und entfernte sich schnellen Schrittes von ihr. Seichi hatte Mühe ihm hinterherzukommen, da der Junge beinahe rannte. Ritsuka eilte auf den naheliegenden Park zu, in den Park, wo er und Soubi damals ihren Bund geschlossen hatten. Er betrat das weiche Grün, sah sich mit geröteten Augen um, ohne Halt zu machen. »Warte, Ritsuka!«, rief Seichi ihm noch hinterher, doch er reagierte nicht. >Ziemlich geschockt, der Junge...< »Bleib stehen!«, schrie er nun und streckte die Hand nach ihm aus. Augenblicklich spürte der Junge eine Macht ihn nach hinten ziehen. Jemand bemächtigte sich seines Körpers und zwang ihn in die Knie. Es war dieselbe Macht, die Seichi auch gegen Soubi eingesetzt hatte. »Was?!«, erschrak Ritsuka und versuchte sich umzudrehen, doch es gelang ihm nicht. »Beruhige dich doch...«, hörte er Seichi sagen. Seine Schritte kamen auf ihn zu. »Du brauchst keine Angst zu haben...« »Ich habe keine Angst!« »Lüg nicht. Ich weiß, dass du dich fürchtest.« »Und woher willst du das wissen?« »Begnüg dich einfach mit der Antwort, dass ich es weiß. Zu 100%, Ritsuka.« Er sah ihm erneut ihn die faszinierenden blauen Augen und verlor sich ein weiteres Mal in ihnen. Was lag nur in ihnen, dass er sich jedes Mal hilflos fühlte, wenn er sie ansah. Was für eine Macht wirkten sie auf ihn aus? »Vertrau mir doch...« »Vertrauen? Ich kenne dich erst seit eben. Wie soll ich dir denn vertrauen?« »Soubi hast du doch auch von Anfang an vertraut, oder?« Augenblicklich erstarrte Ritsuka zu Stein. »Ja...« »Nein. Das stimmt nicht.« »Du lügst ja schon wieder, Ritsuka.« »Ich lüge nicht!« Seichi, der einsah, dass es noch zu früh war, dem jungen Ohrenträger die "ganze" Wahrheit über ihn oder über Soubi zu sagen, senkte langsam den Blick und seufzte tief. Er nahm Ritsuka in die Arme. Unerwartet ließ dieser es geschehen.Ließ sich falllen und vergrub den Kopf in Seichis warmer Kleidung, die angenehm nach Kälte duftete. »Was...was soll das?«, flüsterte er in der Hoffnung drohend zu wirken. Doch es war alles andere als drohend. Gleich wie sehr er sich auch anstrengte, in Seichis Gegenwart verspürte er nichts als Ruhe und Geborgenheit... Ein Gefühl, dass er sonst nur bei seinem Bruder und Soubi verspürt hatte. Es war kaum zu glauben, dass es jemand anderen auf der Welt gab, der ihm dasselbe Gefühl geben konnte, außer diesen beiden. Die beiden, die von Anfang an zusammengehört hatten. Die einander besser kannten, als sie sich selbst... Ritsuka hätte sich niemals in diese Beziehung einmischen dürfen. Nie. >Es war falsch...seine Liebe war falsch...ich hatte keinen Anspruch auf ihn...es war alles falsch...seit ich ihm begegnet war...< Ihre gemeinsamen Momente zogen an ihm vorbei. Ihre erste Begegnung, ihre erste persönlichste Erinnerung, ihr erster Kuss...all dies sollte nun der Vergangenheit angehören. Es fiel ihm schwer loszulasssen. Es fiel ihm schwer wieder vertrauen zu fassen. »Lass mich nie wieder los....bitte.« Erstaunt über diese Worte drückte er ihn noch fester an sich. »Das werde ich nicht.« »Versprochen?« »Versprochen.« Das teuflische Grinsen wurde von Sekunde zu Sekunde breiter. Wie einfach es doch war, diesen Jungen zu verführen. Wie einfach es wäre ihn an empfindlichen Stellen zu berühren. Nur zu gerne hätte er Soubi Agatsuma-sans Gesichtsausdruck gesehen, wenn er Hand an seinen Schützling legte. Vorsichtig wanderte Seichis Hand Ritsukas Rücken entlang. Strich behutsam über den Stoff seiner Jacke. Eigentlich wollte er ihm die Ohren erst nehmen, wenn sie an einem passenderen Ort angelangt waren, doch warum auch nicht hier? Im Moment waren sie allein und er würde nicht lange brauchen. Seine Lippen näherten sich Ritsukas Lippen, streiften sie ganz sanft und legten sich dann auf sie. >Er wird sich mir fügen...< In Gedanken war der Junge nicht bei Seichi, nein...dessen Gesicht nahm die Konturen von Soubi an. Er konnte ihn einfach nicht vergessen, auch wenn er es musste. Viel zu lange hatte er sich an sein blondes Haar und seine amethystfarbenen Augen gewöhnt und sie lieben gelernt. Seine tiefe, einzigartige Stimme wollte partú nicht aus seinem Kopf verschwinden. Immer wieder, wie ein Echo hallte sie wider. Als Seichi ihn küsste, konnte er Soubi sagen hören: >Ich liebe dich, Ritsuka...< Als Seichis Hand unter seine Kleidung glitt, sagte Soubi: >Ich würde für dich sterben. Jederzeit. Und weißt du auch warum? Nicht, weil du mein Master bist, sondern weil...< Sanft drückte HONOURLESS den Jungen zu Boden, in das weiche grüne Gras und fing an dessen Hals zu liebkosen. >Du bist mir wichtig, Ritsuka. Bleib bei mir...< Die Tränen liefen langsam sein Gesicht hinunter. Soubis Augen wanderten über seinen Körper, seine Hand glitt über die zarte Haut. Ritsuka wünschte sich ihn anstelle von Seichi. Ritsuka wollte seine Ohren nicht an diesen Fremden verlieren, auch wenn es der einzige Weg war, den Bund mit Soubi zu lösen. >Den Bund lösen...will ich das denn?< »Stimmt etwas nicht, Ritsuka?«, fragte Seichi, als er merkte, dass von jenem keinerlei Reaktion kam. »Soll ich aufhören?« »Ja. Geh runter von mir.«, saget er diesesmal in einem Befehlston, den er sich bei Soubi angeeignet hatte. »Ich will nicht.« »Okay.«, entgegnete dieser nur. Insgeheim verärgert und erzürnt über diese Abwehr, die er sich schwächer vorgestellt hatte. >Dann hat sich der Junge also doch entwickelt. Soubi muss ihm einige Grundregeln beigebracht haben.< Das veränderte Gesicht des Mannes über ihm, verunsicherte Ritsuka ein wenig. »Alles okay mit dir?« Doch sofort nahm Seichi wieder einen "freundlichen" Blick an, doch zu spät. Ritsuka erkannte die Maskerade. Sah,dass dieser Fremde mehrere Gesichter zu haben schien und das er nur wenige davon kannte. »Hast du etwa gedacht mich so leicht verführen zu können?«, fragte Ritsuka überrascht und gleichzeitig wütend. Schnell stand er auf, stieß den Mann von sich und wischte sich über die Lippen. Er erkannte, dass er die Lippen eines Mannes berührt hatte, der ihm nicht das geringste bedeutete. Er sah ein, dass jener ihn in einen Bann gezogen hatte, von dem er sich bis zu diesem Augenblick nicht lösen konnte. Eine Art Zauber, eine ungewisse Macht... »Jetzt sag nicht, dass es dir nicht gefallen hat, LOVELESS.«, grinste Seichi und leckte sich erregt über seine Lippen. »Du schmeckst süß. Ganz ehrlich, darauf stehe ich.« »Halt den Mund.«, befahl er. »Warum hast du das getan? Wolltest du mir jetzt schon meine Ohren nehmen?« »Warum nicht? Ich wäre auch vorsichtig gewesen.« »Darum geht es doch gar nicht!« »Ich hätte auch verhütet.« Seichi lachte und griff in seine Hosentasche. »Kondome habe ich dabei.« Freudig präsentierte er dem Ohrenträger die Packung. »Mit Erdbeergeschmack.« Peinlich berührt wich er einen Schritt zurück. >Und von so einem habe ich mich umarmen lassen?!< »Wie alt bist du?«, fragte er unter hochrotem Kopf. »19, wieso?« Er ließ sich zurück in das Gras fallen und verschränkte die Arme unterm Nacken. »Bin ich nicht deine Altersklasse?« »Nicht, wirklich.« »Stehst du auf Ältere?« »Nein.« Seichi deutete dem Jüngeren an, sich neben ihn zu setzen. »Komm schon. Ich halte mich auch zurück.« Widerwillig tat Ritsuka, was man von ihm verlangte. Auch wenn er sich Seichis Bann für einen Moment entziehen konnte, so fehlte ihm die Kraft ihm auch weiterhin zu widerstehen. Was war es nur, dass jenen so unwiderstehlich machte? Was war das für eine Macht? »Ich habe zwar eingewilligt meine Ohren zu verlieren, doch das heißt noch lange nicht, dass du dich dazu aufgefordert fühlen sollst.«, nuschelte er und zog seine Knie an. »Ich dachte, dass wäre eine Aufforderung gewesen, als du mich geküsst hast.« »Ich, dich?!?!« Bestürzt sah er ihn an, traf somit unfreiwillig auf den verfüherischen Blick Seichis. »Küsse ich besser als Soubi?«, drang es aus seinem Mund. Sprachlos ließ Ritsuka sich von seinem Blick fangen. Er kam ihm erneut wieder näher, legte seine Hand auf seinen Oberschenkel und drohte mit ihr weiter in Richtung Unterleib zu wandern. Ritsuka versuchte ein Machtwort zu sprechen, doch er versteinerte. »Nun sag schon. Wer küsst besser?Ich oder dein geliebter Soubi?« »...Soubi.« Gekränkt zog er seine Hand wieder zu sich und der Ohrenträger seufzte erleichtert auf. »Was sollte diese Frage überhaupt? Warum interessiert dich das?« »Nur so. Mich interessiert vor allem Soubi. Ich habe ihn schließlich schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen.« »Stimmt es eigentlich, dass du seine Schule besucht hast?«, fragte er zaghaft. »Die Shichisei-Schule...ja. Allerdings bin ich ihr schon sehr viel früher beigetreten als Soubi. Ich war bei seiner Einweihungsfeier dabei.« »Wie war er so...damals?« »Naiv, sehr schüchtern und vor allen Dingen: masochistisch veranlagt.« Seichi musste leise in sich hinein lachen, bei den Gedanken an Soubi vor rund 10 Jahren. >Ja...er war schon damals ein Perverser.< »Wie meinst du das?« »Nun ja...der Name Ritsu Minami sagt dir was, oder?« »Ja.« >Soubis Lehrer...< »Unser Direktor hatte einen kleinen Faible...fürs Schlagen seiner Schüler...er misshandelte sie.« »W...wie?« Ritsukas Augen weiteten sich. Ein kalter Schauer lief ihm den Rücken hinab, wenn er an Ritsu-senseis kalte Augen dachte. Er hatte schon befürchtet, dass jener gefährlich war. Doch dass er seine Schüler >Soubi....< schlug... »Hat er dich auch....?« Die Neugier war überwältigend. Wie viel hatten Seichi und Soubi wohl gemeinsam? »Ja, eine Zeit lang hat er auch mich "erzogen", wie er es immer liebevoll zu sagen pflegte...« »"Erzogen" ?« »Soll ich dir wirklich sagen, worin seine "Erziehung" bestand? Ich bezweifle, dass du das wissen willst. Das wäre zu hart für dich.« »Ich bin kein kleiner Junge mehr.« Energisch rückte er Seichi näher. Er wollte einfach alles wissen, was auch nur im Geringsten mit Soubi zu tun hatte. Mit seiner Vergangenheit, mit seinen Träumen, seinen Ängsten...einfach mit allem wollte er vertraut gemacht werden, in der verzweifelten Hoffnung, zu verstehen, warum er, Soubi Agatsuma, ihn nicht lieben konnte. »Ritsu...« Seichi zögerte. Man sah ihm an, dass es schwer für ihn war über seinen ehemaligen Direktor zu sprechen. »Ritsu fügte einem Schmerzen zu, ließ seine Schüler leiden und...brach ihnen das Herz.« »Er brach ihnen das Herz?« »Genug. Ich bin nicht hier um über mich zu sprechen, LOVELESS.« Aufeinmal sprang er auf und zog Ritsuka mit sich hoch. »Ich habe eine Aufgabe und ich werde sie auch erfüllen.« »Aufgabe? Mir die Ohren nehmen?« Panisch verzog er sein Gesicht. Die Angst erfüllte seine traurigen Augen. »Nein. Ich komme im Auftrag von MINDBREAKER, einer Organisation, die es sich zum Ziel gemacht hat, die stärksten >Sacrifices< und ihre >Waffen< für die gute Seite zu gewinnen. Meine Mission lautete: Trenne LOVELESS von Soubi Agatsuma, der ehemaligen >Waffe< von BELOVED. Lass ihn nicht aus den Augen, beschütze ihn mit deinem Leben, wenn nötig und bringe ihn unversehrt in das Hauptquartier.« Seichi zog den Jungen nah an sich heran, berührte sein Gesicht mit allerhöchster Vorsicht und wisperte die Worte: »Ich bin für dich da.« zu ihm. Ritsuka schwieg. Lauschte den wundervollen und zugleich grausamen Worten des Fremden. »Soubi ist der Feind von MINDBREAKER, weil er mit Seimei und Nisei zusammenarbeitet. BELOVED will ihre Kräfte gegend die Menschen einsetzen und ihnen Schaden zufügen. MINDBREAKER versucht das unter allen Umständen zu verhindern. Wir kämpfen für die Menschen, die uns am Herzen liegen. Wir wollen nicht zulassen, dass ihnen etwas zustößt. So leid es mir auch tut, Ritsuka, doch es ist die Wahrheit. Dein Bruder und seine beiden >Waffen< Soubi und Nisei haben nur Böses im Sinn!« »Er ist mein Bruder...er war immer gut zu mir.«, versuchte der Jüngling zu erklären. »Er war immer nett...« »Zu dir vielleicht....er braucht dich schließlich. Du bist LOVELESS, eine der mächtigsten >Sacrifices< überhaupt. Er musste gut zu dir sein, weil er will, dass du für ihn kämpfst. Er hat dich nie erniedrigt, geschlagen oder missbraucht, weil er dein Schicksal für sich ausnutzen will...LOVELESS, Ritsuka....bitte glaub mir doch...« »Kannst du mir das beweisen?« Seine Stimme klang ängstlich und gepresst. »Reicht es dir denn nicht, dass Soubi dich von Anfang an belogen hat? Dass, er dir verheimlicht hat, dass Seimei noch lebt?« »Wenn Seimei mich wirklich für seine Zwecke missbrauchen wollte, wie du sagtest, warum hat er dann seinen Tod vorgetäuscht und mich allein gelassen? Das ergibt doch gar keinen Sinn.« »Seimei ist kein unbeschriebenes Blatt. Er kennt MINDBREAKER und er ist schlau genug zu wissen, dass es genug Menschen gibt, die ihn hassen und an seinem Vorhaben hindern wollen. Deshalb täuschte er seinen Tod vor, hetzte dich gegen Sieben Monde auf und übergab dich in die Obhut von Soubi, der Seimei aufs treuste ergeben war. Ergibt DAS vielleicht einen Sinn für dich?« Seine Knie drohten zu versagen. Sein ganzes bisheriges Leben beruhte also einzig allein auf einer Lüge? Die Zuwendung, die ihm sein Bruder immer zukommen ließ, war nicht aus Liebe? Seine Existenz sollte eigentlich nur auf einem Grund basiern? - Ausgenutzt zu werden? Die Luft wurde dem jungen Ritsuka Aoyagi regelrecht abgeschnürt. Sein Blick wurde glasig. Alle waren Lügner! Alle hatten ihn betrogen! Alle Menschen, die ihm ans Herz gewachsen waren, spielten ein falsches Spiel mit ihm! Niemand war an seiner Seite! Von Anfang an, war er allein gewesen! Keiner stand ihm bei oder reichte ihm eine Hand! Weder Soubi noch Seimei... Seimei, sein geliebter Bruder...BELOVED! Soubi, seine große Liebe...seine >WaffeSacrifices< gehörte. Ritsuka Aoyagi...LOVELESS. Der Name war grauenvoll. Er symbolisierte Kälte und Unnahbarkeit. Dieser Name passte überhaupt nicht zu Ritsuka. Seichi warf die Decke über den zierlichen Körper und verschloss leise die Tür hinter sich, bevor er sein Mobiltelefon zückte und schnell eine Nummer eintippte. Ein Warteton folgte, bis eine tiefe Stimme das Gespräch entgegennahm: »Passwort?«, wurde monoton gefordert. »HONOURLESS.«, antwortete Seichi automatisch. Ein Moment der Stille folgte, bis: »Ist alles gut verlaufen?« als Frage auftauchte. »Ja. Ich habe ihn.« »Und was ist mit Agatsuma?« »Lebt. Ist allerdings kampfunfähig.« »Für wie lange?« »Nicht lange genug fürchte ich. Er ist stärker als anfangs vermutet. Soubi...hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt.« »Was hast du erwartet, Kouga-kun? Seimei beherrscht ihn schließlich.« »Er...ist ein starkes Sacrifice, doch das wussten wir ja schon vorher.« »Wie geht es LOVELESS? Ist er wohlauf?« »Den Umständen entsprechend.« Langsam ging er im Flur seiner großzügigen Wohnung umher. Seichi hasste es still zu stehen. »Was soll ich als nächstes tun?« »Warten.«, war die Antwort darauf. »Kouga-kun...wie sieht LOVELESS aus? Ist er sehr jung?« »Warten Sie, dann schicke ich ihnen ein Foto.« Für einen Moment unterbrach er das Gespräch und schickte von seinem Handy aus eine MNS-Datei, worauf ein Foto vom jungen Ritsuka Aoyagi zu sehen war. Ein Foto, dass kaum zwei Tage alt war und noch dazu ohne sein Wissen aufgenommen worden zu sein schien.. Ritsuka saß allein auf einer Parkbank und schaute betrübt auf sein Mobiltelefon. Seichi kannte die Situation. Schon seit Monaten hatte er den Jungen beschattet und nur auf den richtigen Moment gewartet, um zuzuschlagen. Ritsuka war kein typischer Junge für seine Altersklasse. Er liebte einen 23-jährigen Erwachsenen und hatte schon etliche Erfahrungen mit Battles gemacht. Ritsuka tat ihm Leid... Ein Signalton zeigte Seichi, dass seine Nachricht gesendet worden war, nun wartete er geduldig auf eine Reaktion seines Gesprächspartners. »Er ist in der Tat noch sehr jung.« »In 4 Tagen wird er 16.«, erklärte er freudig. »LOVELESS hat noch seine Ohren?« »Ja, aber er hat sich entschieden sie zu verlieren.« »Das war deine Idee, oder Kouga-kun?«, sagte die Stimme auf einmal zornig. »Es ist die einzige Möglichkeit den Bund, den Soubi mit dem Jungen geschlossen hat, zu lösen.«, versuchte er sich rauszureden. »Sie wissen, dass es nicht falsch war, ihm diesen Vorschlag zu unterbreiten.« »Hast du Hand an ihn angelegt.« »Nein.«, log er rasch und musste schmunzelnd an den süßen Kuss des Jungen denken und wie er sich unter seine Kleidung hindurchgearbeitet hatte. Der Gesichtsausdruck von ihm zeigte alles: Das Begehren, die Leidenschaft und das Verlangen. Seichi konnte es nicht kontrollieren, doch er war augenblicklich erregt, wenn an Ritsukas unschuldigen Körper dachte. »Lügner. Du lässt deine Finger von ihm, verstanden?«, befahl die Stimme herrisch. Es war ein Tonfall, der ihm signalisierte, dass er besser zu gehorchen hatte. Es war kein Spiel mehr! »Du hast kein Recht dazu, vergiss das nicht, Kouga-kun!« »Jawohl.«, sagte er ergiebig. »Wann wird LOVELESS abgeholt? Ich bezweifle, dass er in der Lage sein wird ins Hauptquartier zu kommen. Sein Zustand ist sehr instabil.« »Ich werde persönlich kommen. Ich möchte ihn sehen.« »Wann kann ich mit Ihnen rechnen, Shirakawa-sama?« »Bald.« Dies gesagt, legte er auf. Seichi blickte sich um, öffnete leise die Tür zu dem Zimmer, in dem Ritsuka schlief und schloss sie ebenso lautlos wieder. >Ritsuka, Ritsuka....ich wünschte ich könnte dir jetzt schon die Wahrheit sagen, doch du musst dich noch ein Weilchen gedulden. Und selbst, wenn ich dir alles erzähle...wirst du mir glauben? Dich hat es ja schon geschockt, dass dein Bruder ein Verräter ist, obwohl das bereits jeder wusste. Jeder, nur du nicht. Du hast dich stets an die Illusion geklammert, dass er ein liebevoller und sensibler Mensch ist...Wenn du ihn doch nur so kennen gelernt hättest, wie ich. Dann wäre dir so einiges früher klar geworden. Seimei ist anders. Anders als alle anderen. Ich verstehe ihn nicht und ich bezweifle, dass ihn irgend jemand verstehen kann. Noch nicht einmal Soubi. < Während er so seinen Gedanken nachhing und sich neben den ruhig schlafenden LOVELESS setzte, gelegentlich über sein Gesicht fuhr und es leicht streichelte, verging die Zeit wie um Fluge. Zwei Stunden, nachdem Telefonat hörte man einen Schlüssel sich im Schloss drehen. Sofort stand Seichi auf. Die Tür zu seinem Zimmer öffnete sich und eine große, schlanke Gestalt trat ein. Ihr kurzes, schwarzes Haar fiel dem Mann elegant ums Gesicht und betonte das makellose Aussehen. Silberne Augen sahen HONOURLESS entgegen. »Guten Tag...«, grüßte er höflich. »Guten Tag, Shirakawa-sama.«, sagte Seichi und verbeugte sich anstandsgemäß. »Das ist also LOVELESS alias Ritsuka Aoyagi. Jüngerer Bruder von Seimei Aoyagi.« Der Mann, kaum älter als Soubi, ging langsam auf das Bett zu. Seine Augen hafteten an Ritsukas junges Gesicht, wanderten über den Rest von LOVELESS und sahen letztlich wieder zu Seichi. »Du kannst gehen.« Er tat, was ihm aufgetragen worden war, doch nicht ohne einen allerletzten Blick auf Ritsuka Aoyagi und Shirakawa-sama, dem Gründer von MINDBREAKER, zu werfen. Er schloss die Tür. Shirakawa-sama, 21 Jahre alt, Waffe und auf der Suche nach LOVELESS gewesen, war endlich an einem seiner Ziele angelangt. Der Ohrenlose streifte sich die Jacke ab, legte sie auf das Bett und gesellte sich neben den jungen Aoyagi. Er verhielt sich ruhig, begutachtete den Jungen immer intensiver. Die geschlossenen Lider, das schwarze, weiche Haar, die dünnen Wangenknochen und den zierlichen Körperbau, der sich unter der Decke erahnen ließ. Shirakawa-sama war ein geduldiger Mensch und wie einige sagen würden, ein stilles Wasser. Doch nur weil sich in aller Öffentlichkeit oder vor Fremden nicht so verhielt, wie es sein wahrer Charakter eigentlich verlangte, bedeutete das noch nicht, dass er geheimnissvoll war. Shirakawa wusste lediglich vor wem er sich offenbaren wollte. Nur einer einzigen Person wollte er sich öffnen. Nur einer: LOVELESS. Seine Hand legte sich behutsam auf die Schulter des Jungen, rüttelte ihn langsam wach. Ritsuka verzog die müden Augen und dann auf einmal...rollten heiße Tränen seine Wangen hinunter. Überrascht zog Shirakawa seine Hand zurück, in der Hoffnung, dass er nicht für die Tränen des Jungen verantwortlich war. »Soubi...«, schluchzte Ritsuka verzweifelt. »Soubi...verlass mich nicht, bitte....geh nicht weg....du darfst nicht....bleib bei mir....« Bei diesem Namen verengten sich Shirakawas Augen zu diabolischen Schlitzen. Er mochte es nicht, dass LOVELESS an diesen Mann dachte oder ihm sogar Tränen nachweinte. »Soubi...warum....warum?....Lügner....du hast mich angelogen....warum?« Seine Finger verkrampften sich in die Bettdecke, sein Körper wälzte sich ruhelos umher. »Soubi....« >Es muss ein Ende haben! Soubi darf nicht länger Mittelpunkt meines Jungen sein!<, dachte Shirakawa bestimmt. >Auch wenn wir ihre Körper voneinander getrennt haben, so müssen wir auch ihren Bund zerstören! Es geht nicht anders. Soubi darf keine Kontrolle mehr über ihn haben!< Eigentlich wollte Shirakawa nicht das tun, was er nun tat, doch es erwies sich ihm als einzige Möglichkeit, den jungen Ritsuka zu befreien. Er nahm sein Gesicht in die Hände, wusch die Tränen mit den Fingern fort und legte ganz sanft seine Lippen auf Ritsukas. Er schloss die Augen, senkte sich zu ihm hinab und ließ Ritsuka die ganze Wärme seines Körpers spüren. Dieser öffnete langsam seine Augen...>Soubi...?Bist du das?< Als er jedoch merkte, dass es nicht Soubis Lippen waren, die auf seinen lagen, schreckte er hoch, stieß den Fremden von sich und hechtete nach hinten. Atemlos hielt er sich die Brust, starrte ungläubig in die silbernen Augen von Shirakawa. »Wer sind Sie?«, fragte er sofort. Ritsuka sah sich panisch um. Wo war er? Wessen Zimmer war das? Warum lag er auf einem Bett? Wessen Bett? »Du brauchst keine Angst zu haben, Ritsuka. Ich bin ein Freund.« »Wer sind Sie?«, drängte er, die Fassung zurückerlangend. »Warum haben Sie mich geküsst?« Shirakawa lächelte freundlich. »Mein Name ist Akihiko Shirakawa. Ich bin der Gründer von MINDBREAKER.« >MINDBREAKER?!< Jetzt fiel es ihm wieder ein! Diese Organisation, Seichi Kouga, Soubi....Seimei! Ritsuka sackte auf dem Bett auf die Knie, ließ den Kopf angesichts der wieder aufkeimenden Wahrheit hängen. Wie sehr hatte er sich doch gewünscht, dass alles nur ein böser Traum war! Was hätte er nur dafür gegeben, einfach aufzuwachen und zu erkennen, dass nichts von alledem Realität gewesen war. Noch zu frisch war die Wunde, die Soubi mit all seinen Lügen und Intrigen hinterlassen hatte...zu tief saß der Schmerz betrogen worden zu sein. »Ich weiß es ist ein sehr unpassender Moment, Ritsuka, doch wir müssen uns unterhalten.«, sagte Shirakawa eindringlich. >Unterhalten?< Ihm war nach keinem Gespräch zumute. Er wollte allein sein. Für den heutigen Tag hatte er genug gehört und genug erfahren. Es reichte ihm mit der Wahrheit! »Ich will nicht mehr reden. Mit niemandem.«, flüsterte Ritsuka. »Ich glaube, dass du dieses Gespräch schon gerne führen willst.« »Und wieso, wenn ich fragen darf?«, reagierte er gereizt. »Was wissen Sie denn schon? Und überhaupt: Wo ist Seichi Kouga?« »Ich habe ihn weggeschickt, weil ich mit dir alleine sein wollte.« »Weshalb? Sind sie etwa auch darauf scharf, mir meine Ohren zu nehmen? Ich habe es bereits Seichi gesagt: Ich will nicht.« Seine Worte klangen unbeabsichtigt aggressiv. Einen Augenblick lang herrschte Stille. Shirakawa musste schmunzeln. »Nein, darüber will ich mit dir ganz sicher nicht reden. Es geht um Soubi Agatsuma.« >Um Soubi...< »Kein Bedarf. Ich möchte nie wieder über ihn sprechen. Die Sache mit ihm ist vorbei.« »Das ist sie mit Sicherheit nicht.« Shirakawa näherte sich ihm, setzte sich neben Ritsuka und starrte zur Decke. Ritsuka wusste nicht warum, doch die Nähe des Mannes war ihm nicht unangenehm. Es war das gleiche wie mit Seichi Kouga. Was hatten die beiden nur an sich, dass ihn sofort Vertrauen zu ihnen schöpfen ließ? »Soubi arbeitet wie du ja schon von Kouga-kun erfahren hast für deinen Bruder Seimei.« Ritsuka nickte wortlos. >Soubi....< »Und wie du weißt, ist Seimei nicht tot.« Er nickte erneut. »Weiß du auch was seine Pläne sind?« »Nein...« Ritsuka zog seine Knie an und legte sie Arme um sie. Den Kopf versteckte er zwischen den Beinen. Der Gedanke an Soubi und Seimei schmerzte viel zu sehr. Leise Tränen sogen sich in den Stoff seiner Kleidung ein. »Seimei ist gefährlich. Er hat schon früh erkannt, dass du, LOVELESS, sehr stark bist. Stärker als er selbst. Deshalb wollte er unter jeden Umständen, dass du, wenn du alt genug bist, um deine Fähigkeiten zu kontrollieren, an seiner Seite kämpfst und sei ehrlich....du hättest doch alles getan, was dein Bruder von dir verlangt hätte...« Darüber musste er nicht nachdenken, die Antwort lag klar auf der Hand: Natürlich hätte er alles für Seimei getan! Absolut alles. Ritsuka liebte seinen Bruder! »Allerdings haben wir jetzt ein Problem. Um genauer zu sein, hat Soubi ein Problem.« Langsam hob Ritsuka den Kopf, seine blutunterlaufenen Augen sahen wehleidig zu Shirakawa. »Was für ein Problem?« »Soubi sollte auf dich aufpassen, bis Seimei sich wieder aus seinem Versteck wagen konnte. Dein Bruder hat vielen Menschen weh getan und wie du dir denken kannst, sehnen sich die Beteiligten nach Rache.« »Seimei...« Ritsukas Hände zitterten, seine Atmung wurde immer unregelmäßiger und Shirakawa konnte es kaum erwarten, dem Jungen die Wichtigste Nachricht überhaupt überbringen zu können. Eine Botschaft, die weder mit Seimei noch mit Soubi zu tun hatte. »Soubi hat nun seinen Schützling verloren und wenn Seimei nun davon Wind bekommt....nun ja: Den Rest kannst du dir doch denken, oder?« »Seimei wird Nisei...gegen Soubi in ein Battle schicken.« »Und da Soubi ohne Sacrifice ist....wird der Ausgang dieses Battles eindeutig sein...« »Soubi ist stark. Er kann auch ohne Sacrifice kämpfen.« »Gegen BELOVED? Niemals. BELOVED ist ein mächtiges Team.« Akihiko Shirakawa suchte den Augenkontakt zu Ritsuka, fand ihn jedoch nicht. Dieser wendete seinen Blick geschickt von ihm ab, richtete sein Gesicht auf die weiße Decke und schwieg. »Soubi wird...gegen die beiden verlieren?« »So sieht es aus. Soubi hat den Befehl seines Masters nicht Folge geleistet. Er hat versagt und Seimei hasst Versager. Er wird das nicht so einfach hinnehmen, darauf kannst du dich verlassen. Soubi wird die Konsequenzen seines Scheiterns noch zu spüren bekommen.« Es ängstigte ihn, dass Soubi etwas geschehen könnte. Noch dazu von seinem Bruder. Seimei hatte den Drang Dinge, Menschen und Beziehungen zu zerstören. Voller Grauen erinnerte er sich an den Namen, den Soubi auf seinem Hals trug. Die Gewalt wie Kio Kaido es einst genannt hatte. Es war Seimeis Name, seine Schuld und sein Bann. Die Ketten, die Soubi für immer an ihn binden sollten. Soubi war naiv, ohne Zweifel...genau wie er, Ritsuka Aoyagi. Beide waren Dummköpfe. Sie liebten und wurden doch nicht zurückgeliebt. In dieser Hinsicht waren sie loveless. »Was kann ich...tun? Wie kann ich Soubi helfen?«, fragte Ritsuka zaghaft und strich sich durch das Haar. Akihiko musste unwillkürlich schmunzeln. Das Gesicht des Jungen war sehr mädchenhaft. Er hatte sich LOVELESS immer anders vorgestellt. In seiner Fantasie war LOVELESS immer wie sein Bruder. Dominanter, herrischer und vor allem erwachsen. Doch dieser Junge war noch unerfahren, sein Blick verriet ihn. Seine Haltung und seine Art und Weise zu sprechen verrieten, dass Ritsuka noch recht unsicher war und den Kampf mied. »Ich wusste, dass du ihm helfen willst. Gleich, was er dir auch angetan hat, du stehst trotz allem noch zu ihm.« »Was dagegen?«, flüsterte Ritsuka böse. »Das ist doch wohl meine Angelegenheit!« »Das ist es...doch es stimmt mich traurig, dass du diesem Mann so viel Vertrauen entgegenbringst, obwohl er es gar nicht verdient hat.« »Soubi ist....ich kann ihn nicht so einfach vergessen, wie Sie und Seichi es vielleicht gerne hätten...« Akihiko sah in die leeren Augen Ritsukas, erkannte die Finsternis, die sich in ihnen breit gemacht hatte und die Einsamkeit, die sie ausstrahlten. Wie lange würde sich dieser Junge wohl noch nach der Liebe Soubi Agatsumas sehnen? »Du kannst Soubi nur helfen, indem du das Band, dass euch miteinander verbindet löst und ihn als Waffe verstößt. Du musst zu ihm gehen und dich von ihm trennen.« »Wie soll ihm das denn helfen?« »Wenn du ihn verstößt, ihn nicht als Waffe anerkennst, wird Seimei vielleicht keinen Verdacht schöpfen, dass du von MINDBREAKER gerettet worden bist.« Shirakawa legte vorsichtig seine Hand auf Ritsukas Kopf, streichelte zärtlich das schwarze Haar. >Gleich kann ich es ihm sagen...< »Seichi Kouga ist noch neu in unserer Organisation. Seimei wird ihn nicht kennen. Das einzige, was du tun musst, ist überzeugend schauspielern. Du musst Soubi deutlich machen, dass du ihn als Waffe nicht willst. Er darf nicht merken, dass MINDBREAKER irgendetwas damit zu tun hat. Falls er doch etwas merken sollte, läufst du Gefahr, dass BELOVED dich sucht und zurückbringen will. Ritsuka, du musst Soubi verstoßen, um ihn das Leben zu retten.« Diese Worte waren hart, geradezu zerreißend. Wie sollte er so etwas zu Soubi sagen können? Wie sollte er ihm überhaupt ins Gesicht blicken können, nachdem er die Wahrheit über ihn erfahren hatte? Ritsuka bezweifelte, dass er das auf die Reihe bekam. Er bezweifelte es zutiefst. »Ich kann nicht....ich kann es nicht.« »Du musst, Ritsuka...es geht nicht anders. Euch....verbindet nichts. Soubi Agatsuma ist NICHT DEINE WAFFE!« »Wer dann? Dieses ganze Geschwafel von Sacrifice und Waffen... ich kann nicht mehr!« »Ritsuka...du bist nicht allein. Du hast eine Waffe, die sich danach sehnt mit dir vereint zu sein...glaub mir.« »Sie reden und reden....ich habe das alles schon einmal gehört. Ich kenne die Geschichte. Ich weiß, wie das abläuft...Aber langsam glaube ich, dass es für LOVELESS keinen Partner gibt...!« »Das ist nicht wahr...LOVELESS.« Schnippisch warf er seinen Kopf nach hinten, lächelte verzweifelt in sich hinein. >Ich bin allein....es war nie anders und es wird sich auch niemals ändern....< »Wir alle warten und träumen von denen, die für uns bestimmt sind.« Akihiko warf sich auf den Jungen, nahm seine Hände und fesselte sie über dessen Kopf. Erschrocken schnappte er nach Luft, sah wie der Ältere sich langsam das Hemd aufknöpfte und bekam Panik. Dann senkte Akihiko seinen Oberkörper, kam dem erröteten Gesicht Ritsukas näher. Seine silbernen Augen sahen tief in seine, nahmen ihm einen kleinen Teil seiner Furcht. Auch wenn der Mann, namens Akihiko Shirakawa nichts sagte, so konnte Ritsuka ihn wispern hören: >Ich werde nichts tun, dass dich verletzen könnte....du kannst mir vertrauen, LOVELESS.< An der Stelle, wo Soubis Gewalt stand, erblickten Ritsukas dunkle Augen einen Namen... Als er diesen Namen sah, brach sein Herz entzwei und ein neues wurde geboren. Der Schmerz um Soubi linderte sich von einem Moment auf den anderen und die Leere, die sich in ihm verbreitet hatte, füllte sich schnell mit der Erkenntnis, dass er nicht allein war. Akihiko nickte zustimmend und sein Blick verriet, dass er seit langem auf der Suche nach ihm, Ritsuka, gewesen war. Einer endlos scheinenden Reise, auf der man sich nie sicher sein konnte, wann man sein Ziel erreichen würde. Doch für Ritsuka Aoyagi und Akihiko Shirakawa war ihre Reise nun beendet. Sie hatten zueinander gefunden und konnten nun gemeinsam ihren neuen Weg antreten. Alles, was vorher geschehen war, sollte vergessen sein. All die Dinge, die zuvor geschehen waren, sollten von nun an unbedeutend sein. »Ich habe dich endlich gefunden...«, waren Akihikos zärtliche Worte. Seine Finger fuhren über Ritsukas Hemd, öffneten beinah mühelos die Knöpfe und streichelten die darunter liegende Haut. Ritsuka sah ihm dabei zu, spürte nichts als Verlockung bei jeder seiner Berührungen und staunte, als er auch seinen Namen auf der gleichen Stelle sah, wie bei Akihiko. »LOVELESS ist endlich vereint...ich habe so lange nach dir gesucht. Verzeih mir, dass ich dich erst jetzt gefunden habe....« »Es ist in Ordnung....«, hauchte Ritsuka. Obwohl er diesen Mann erst vor wenigen Augenblicken kennen gelernt hatte, fühlte es sich so an, als kannten sie einander schon seit einer Ewigkeit. Er fühlte sich, wie noch nie in seinem Leben zuvor. Er fühlte sich komplett. Als wenn ein verlorener Teil endlich zu ihm zurückgefunden hatte. Es war ein anderes Gefühl als bei Soubi. Und zum ersten Mal verstand der junge Ohrenträger, was all die Waffen und Sacrifices mit ihren Banden gemeint hatten. Akihiko beugte sich langsam zu Ritsukas Hals hinab, küsste die zarte Haut mit allerhöchster Vorsicht und ließ seine Hand auf seiner Brust liegen. Er gab die Hände seines Sacrifices wieder frei, strich mit den Fingerkuppen leicht über dessen Arme und verweilte schließlich mit den Händen an der Hüfte. »Ich will dich zu nichts drängen, Ritsuka...«, sagte Akihiko. Sein Gesicht war ebenfalls gerötet und sein schwarzes Haar kitzelte seine Wangen. »Wenn du noch nicht bereit sein solltest, höre ich auf.« Doch Ritsuka schüttelte heftig den Kopf. »Mach weiter...bitte.« Sie hatten sich endlich gefunden. Jetzt aufzuhören, würde bedeuten, dass er seiner Waffe nicht vertraute. Aber das tat er. Er fühlte sich ihm verbunden, er wollte mehr über ihn in Erfahrung bringen, wollte ihn spüren und ihn sein Vertrauen spüren lassen. Sie waren LOVELESS, sie gehörten zusammen. Sie konnte einander zuhören, ohne zu sprechen. Sie konnte einander blind vertrauen, ohne den anderen zu sehen. Nun...wollte Ritsuka seine Waffe auch körperlich spüren, so wie er einst Soubi hatte spüren wollen... Akihiko war zärtlich und vorsichtig als er begann, die Hose vom Jungen abzustreifen, um sie auf den Boden zu legen. Sein Puls beschleunigte sich und sein Atem ging immer schneller. Ritsuka ließ alles mit sich geschehen. Er ließ ihn sein Hemd ausziehen, die blauen Shorts, bis er nur noch nackt unter ihm lag. Akihikos warme Hände tasteten den jungfräulichen Körper behutsam ab, berührten zuerst die Schulter, wanderten dann langsam zu seinem Bauch. Seine Lippen berührten die feuchte Haut, küssten sie liebevoll. Ritsuka schloss die Augen, zog die Sinnlichkeiten in sich auf. Als Akihikos Hände sich auf seine Hüften legten und sein Kopf sich zwischen seine Beine schob, stöhnte er unweigerlich auf, presste sich die Hand auf den Mund. »Ist dir das unangenehm?«, fragte er unsicher. Der Schweiß rann ihm über die Stirn. Die Erregung war ihm anzusehen. Die silbernen Augen verzauberten den Jungen gänzlich, zogen ihn in einen leidenschaftlichen Bann. »...es ist gut so....«, stöhnte Ritsuka und musste vor Scham weinen. Die heißen Tränen liefen sein Gesicht hinab, der glasige Blick wagte es nicht Akihiko anzusehen, während sein Kopf erneut zwischen seine Beinen sank. Seine Hände drückten die Oberschenkel leicht auseinander und statt sich zu öffnen, verkrampfte sich Ritsuka umso mehr. Er versuchte verzweifelt den Mund geschlossen zu halten, aus Angst laut aufzustöhnen, als er seine warme Zunge spürte. Ein unnachgiebiges Verlangen durchströmte ihn und er hoffte, dass es Akihiko nicht anders erging. Sein Körper glühte, er stand in Flammen, unwissend wohin mit diesem Feuer, der Schweiß lief die brennende Haut entlang. Shirakawa-sama keuchte, stöhnte und sein Mund schmatzte so laut, dass Ritsuka jedes Mal ein Blitz durchfuhr, wenn er daran dachte, was er gerade tat. Es war alles noch so neu, aber was sollte er schon von einem Älteren ohne Ohren erwarten? War es nicht vorhersehbar, dass er mehr Erfahrungen hatte? Das Feuer wurde immer größer, zerstörerischer, beraubte ihn seiner Sinne. Ungewollt schrie er laut auf, als er es nicht mehr kontrollieren konnte und kam. Erschöpft und beschämt schloss er die Augen. »...es tut mir Leid....«, keuchte er atemlos. »Schon gut...«, sagte Akihiko nachsichtig und strich sich mit dem Handrücken über den Mund. »Es war dein erstes Mal, oder?« Ritsuka nickte. Er konnte die Erleichterung in Akihikos Augen nicht sehen. Die Erleichterung, dass Soubi noch nicht so weit mit seinem Sacrifice gegangen war. Er bäumte sich über dem Jungen, zog den Reißverschluss seiner Hose auf und beugte sich dann wieder zu seinem Gesicht hinunter. »Wenn es wehtut, musst du mir das sagen, ja Ritsuka?« Peinlich berührt schafft er es kaum zu nicken, sondern starrte ihn nur wortlos an. Die Unsicherheit in ihm war zu spüren, jedoch das Begehren und das Verlangen auch. »Ja....« Akihiko küsste langsam seine Schläfe, seine Wange; küsste die salzigen Tränen hinfort, während er mit seinem Arm vorsichtig Ritsukas Bein hochzuheben versuchte. Dieser schaffte es nicht sich zu lockern, so zärtlich seine Berührungen auch waren, so vorsichtig er sich auch bemühte, in ihm drin war eine Sperre. »Wir gehen es ganz langsam an, Ritsuka.«, versprach Akihiko und legte Ritsukas Bein über seine Schulter. »Du brauchst keine Angst zu haben.« Ritsuka atmete unregelmäßig und viel zu schnell. Er dachte zu viel nach und in dem Moment, wo er sich einfach hätte fallen lassen sollen, drang Akihiko in ihn ein. Ein stechender Schmerz wanderte von seinen Lenden hoch, durch sein Herz bis in den Kopf. Seine Muskeln verkrampften sich, versuchten den Eindringling abzustoßen. Ritsuka schrie. Seine Gesichtszüge verzerrten sich und er bekam kaum noch Luft. »Ahhh~! Es tut weh..!« »Ganz ruhig...atme tief ein, Ritsuka...«, stöhnte Akihiko erprobt. Seine Hand legte sich um sein Gesicht, streichelte die warme Haut und fuhren durch das nasse Haar. »Atme tiiief ein.« Ritsuka tat wie ihm befohlen. Allmählich löste sich die Starre, seine Muskeln entspannten sich und ließen den Eindringling hinein. Als Akihiko spürte, dass der Junge bereit für mehr war, stieß er heftiger zu. Ritsukas Schrei hallte in den vier Wänden laut wider, sein Stöhnen stachelten den 20-jährigen nur noch mehr an und ließen ihn jedes Mal wilder, hemmungsloser zustoßen. »Uhhh...« Akihikos Körper bewegte sich immer schneller und Ritsuka passte sich dem Tempo und dem Rhythmus perfekt an. Das Feuer kehrte wieder, diesesmal noch brennender und feuriger. Er musste loslassen, die Kräfte, die auf ihn einwirkten zwangen ihn jede Minute des Aktes lang zu schreien. Vor Lust, vor Erregung! Sein Partner wurde von Minute zu Minute stärker, das Pressen in seinen Lenden intensiver. Akihikos Höhepunkt kam, als er selbst lustvoll aufstöhnte und wenig später danach auch Ritsukas Kommen zu hören war. Außer Atem und erschöpft ließ er sich auf den Jungen fallen, vergrub sein Gesicht in dem schwarzen Haar des 15-jährigen. Seine Hand wanderte über Ritsukas Kopf, spürten die Ohren nicht mehr. Ein kurzes Lächeln überflog seine Lippen. Die Erschöpfung machte sich in beiden breit. Ritsuka umarmte den Mann, drückte seinen Körper an sich und lauschte dem regelmäßigen Pochen seines Herzens. Es war die Melodie zu der LOVELESS letztendlich in den Schlaf fand. Das beinah lautlose Schlagen ihrer Herzen und die Wärme ihre Körper wiegten die beiden in eine verdiente Ruhe. Kapitel 10: Lost Innocence -------------------------- Langsam öffnete Ritsuka seine Augen, ließ den Blick über den Raum schweifen. Die Müdigkeit, die ihn vorhin überkommen hatte, war verschwunden. Er fühlte sich wie neu geboren. Er richtete sich auf, bemerkte, dass sich zwei starke Arme um seinen Körper geschlungen hatten und sah in die geschlossenen Lider Akihikos. Dessen schwarzes Haar hing matt über sein zartes Gesicht, umspielte seine feinen Gesichtszüge. Entfernt erinnerte er ihn an Seimei. Sie hatten beide etwas gemeinsam: Es war ihr außergewöhnliches Aussehen, das zugleich edel aber auch rebellisch wirkte. Erst jetzt fiel Ritsuka auf, dass Akihiko Shirakawa jünger als Soubi sein musste. Die harten Züge eines Erwachsenen fehlten. Akihiko glich eher einem Heranwachsenden, doch vielleicht täuschte er sich ja auch nur. Wenn er ihn so schlafen sah, sah er anders aus, als er ihn das erste Mal gesehen hatte. Ruhiger, sanfter...unbeholfener. Ritsukas Hand streichelte sanft über sein Gesicht, schoben einzelne schwarze Strähnen von der Stirn. Er hauchte einen leichten Kuss auf Akihikos Wange. Er wollte seine Waffe nicht wecken, ihn nicht aus seinem Schlaf reißen. >Akihiko Shirakawa....LOVELESS...< Ein unbeschreibbares Gefühl verband ihn mit diesem Mann. Endlich waren sie vereint. Nun verstand Ritsuka, was in seinem Leben bisher gefehlt hatte. Er verstand, was die anderen mit ihren Banden immer gemeint hatten. Das Gefühl gebraucht, verstanden und vermisst zu werden, war atemberaubend und um nichts in der Welt wollte Ritsuka dieses Gefühl verlieren. Es war just dieses Gefühl, dass er sich immer bei Soubi vorgestellt hatte. In ihrer Beziehung, wenn er es überhaupt so nennen konnte, hatte dieses Gefühl immer gefehlt... Ritsuka lauschte den ruhigen Atemzügen, betrachtete seinen neuen Partner und fühlte nichts als Glück. Wohin war der Schmerz? Wohin die Trauer? War es etwa Akihikos Verdienst, dass er sich so frei fühlte? Lag es an ihm? Vorsichtig, um den Schlafenden nicht zu wecken, stieg er aus dem Bett, wickelte sich das Laken um die Hüften und trat an das verhangene Fenster. Er zog die Vorhänge beiseite und sah die tiefe Dunkelheit der Nacht. Die Luft im Zimmer war stickig, worauf Ritsuka das Fenster einen Spalt weit öffnete und sich auf die Fensterbank setzte. Ein kalter Abendhauch umspielte seine warmen Wangen. Er schloss seine Augen und hieß die Kälte willkommen. Der Wind blies das dunkle Haar umher und als Ritsuka sich durch diese fuhr, spürte er das Fehlen seiner Ohren. Auch der wuschige Schwanz war verschwunden. Doch er sah es nicht als Verlust an. Ein breites Lächeln zauberte sich auf seine Lippen. Er hatte es getan; mit einem Menschen, einem Mann geschlafen, dem er wichtig war. Akihiko Shirakawa, dieser Name kam ihm so vertraut vor, obwohl er ihn das erste Mal hörte. Ritsukas Blick ging durch die Finsternis, die Lichter von fremden Häusern erweckten sein Interesse. Was sie wohl gerade in diesem Moment taten? Es dauerte nicht lange, bis er sich wieder an Soubi erinnerte. Doch anders, als beim letzten Mal empfand er keinen Kummer, sondern nur...Mitleid. Soubi war so leicht zu missbrauchen. Sein Bruder hatte mit ihm sicherlich ein einfaches Spiel. Er war so kinderleicht zu kontrollieren, zu manipulieren. Wie konnte er dies nur jetzt erkennen können? Vorher hatte er ihn immer für sehr stark gehalten. Er gewann mit ihm jedes Spell-Battle, brauchte keine Angst vorm Verlieren zu haben. Doch, nun? Warum hatte es so lange gedauert, bis er Soubis wahres Ich erkennen konnte? Erschreckende Gleichgültigkeit durchfuhr ihn. Es war ihm gleich, was jener Mann im Moment tat, ob er den Verlust seines Schützlings bedauerte oder ob er nun auf der Suche nach ihm war. Es spielte eine Rolle mehr, denn...sie verband nichts. Genauso wie Seichi Kouga und Akihiko es gesagt hatten. Soubi und ihn verband nichts... Allmählich wurde dem jungen Erwachsenen dann doch kalt und er schloss wieder das Fenster. Ein bekanntes Klingeln riss ihn aus der Trance und Akihiko aus dem Schlaf. Müde rieb er sich die Augen, sah dann zu Ritsuka und beide mussten unwillkürlich lächeln. »Guten morgen...«, sagte Akihiko und stützte sein Gesicht mit der Hand ab. Sein Lächeln war bezaubernd und ließ Ritsuka beinahe das nervtötende Klingeln vergessen. »Es ist Nacht....«, flüsterte er als Antwort und gesellte sich zu ihm auf das Bett. »Willst du nicht rangehen?«, sagte er, um die entstandene Stille zu brechen. »Es ist dein Handy, Ritsuka...« »Oh...«, nuschelte er verlegen und kramte es sofort aus seiner Jackentasche hervor; der Eingehende Anruf und der Name, der auf dem Display angezeigt wurde, ließ den Jungen erstarren. »Soubi....« Nur Akihikos Miene blieb unverändert. »Du musst nicht rangehen...lass dir Zeit.« Doch Ritsuka schüttelte vehement den Kopf. »Ich will die Sache hinter mich bringen...« »Und was willst du ihm sagen?« »...das es vorbei ist.« »Sag ihm, dass ihr euch später trefft. Dann hast du Zeit, dir darüber Gedanken zu machen, was du zu ihm sagen willst.« Der Vorschlag gefiel ihm auf Anhieb. Er vertraute Akihiko und er wusste, dass dieser ihm bei dem Bevorstehenden unterstützen würde. Das Klingeln hörte nicht auf. Soubi war hartnäckig in dieser Hinsicht. So war er schon immer gewesen... Ritsuka nahm das Gespräch entgegen. Wenige Stunden zuvor, erwachte der niedergeschlagene Soubi Agatsuma aus seinem Schlaf. Der harte Boden seiner Wohnung, war während der Zeit ungemütlich geworden und hatte ihn aus den tiefen Nichts gerissen. Soubi hielt sich den brummenden Kopf, sein Körper tat weh. Die Schmerzen halfen ihm jedoch wieder klare Gedanken fassen zu können. Er war Schmerzen gewöhnt. Es war okay... Sofort überrollten ihn die Bilder von vor ein paar Stunden, der junge Mann, der plötzlich in seiner Wohnung aufgetaucht war, er war eine Waffe! Er kannte diesen Mann! Doch als er ihn das letzte Mal gesehen hatte, war dieser noch jünger, unerfahrener und vor allem schwächer. Doch diese Macht, die Seichi Kouga, ehemaliger Schüler von Ritsu Minami, an diesem Tag gezeigt hatte, war ganz anders, als jede Macht, die Soubi bisher kannte. Ihm war, als hätte Seichi seine Gedanken gelesen. Doch das war absurd. Es gab keine Waffen oder Sacrifices, die so eine Fähigkeit besaßen. Das wüsste er, dass hätten Ritsu und Seimei ihm gesagt... >Hätten sie...?< Ritsukas Stimme vor der Tür, die ihm wieder einfiel, veranlasste den 23-jährigen sofort zu dieser zu eilen und sie aufzureißen. Doch wie erwartet, stand niemand vor ihr. »Ritsuka...«, flüsterte Soubi mit einer bösen Vorahnung. Sein Master war da gewesen. Er hatte vor seiner Tür gestanden und das Gespräch zwischen Seichi und ihm verfolgen können. Wie viel hatte Ritsuka mitbekommen? Was hatte er alles erfahren? Ihm war noch gut in Erinnerung geblieben, wie Seichi das Gespräch begonnen hatte, nachdem er einfach durch das Fenster eingestiegen war und sich einen Platz auf der Coach gesucht hatte. »Wie geht es BELOVED?«, waren seine Worte gewesen. »Versteckt er sich immer noch vor seinen Feinden? Dein Freund ist ziemlich feige, muss ich sagen, Soubi.« Überrascht hatte er das Gesicht Seichi Kougas wiedererkannt. Er war im Laufe der Jahre gewachsen und hatte seine Ohren abgelegt. Die blauen Augen waren stechend scharf und das blonde Haar, verlieh ihm etwas ausländisches. »Was machst du hier?«, fragte Soubi. »Ich bin hier, um etwas abzuholen, dass dir nicht gehört.«, antwortete Seichi gelassen, fixierte ihn jedoch mit den Augen. »Ritsuka Aoyagi. Du hast nicht das Recht ihn als dein Sacrifice anzuerkennen.« »Das geht dich nichts an, Seichi...Ritsuka gehört zu mir.« »So wie sein Bruder?« Hämisch grinste er in sich hinein. »Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass er bei dir bleiben wird.« »Wieso sollte er nicht?« »Aus zwei Gründen: Erstens: Weil er LOVELESS ist. Zweitens: Wenn er die Wahrheit erfahren wird, wird er sich sofort von dir abwenden.« »Welche Wahrheit?« Soubi sah unschlüssig zu ihm. Doch dieses falsche Gesicht, konnte den 19-jährigen Halbjapaner nicht täuschen. »Die Wahrheit...Soubi, Soubi...du kennst du Wahrheit.« »Ich weiß nicht wovon du sprichst.« »Du bist ein schlechter Lügner. Das warst du schon damals. Ich meine die Wahrheit, dass BELOVED nur seinen jüngeren Bruder für seine Zwecke missbrauchen will.« »Du redest wirres Zeug. Seimei ist tot.« »BELOVED ist tot. Tot ist BELOVED.«, äffte Seichi ihn nach. »Unsinn! BELOVED kann nicht so einfach sterben!« »Du fürchtest dich immer noch Seimeis Namen auszusprechen, Seichi?« Nun war Soubi es, der sich ein gemeines Grinsen nicht verkneifen konnte. »Ja, ich fürchte mich vor ihm.« gestand er ohne Scham ein. »Ich habe Angst vor ihm, doch das ist doch verständlich!« »Ist es das, Seichi?« »BELOVED hat vielen Menschen unsagbares Leid zugefügt...wie kannst du das leugnen?« »Ich leugne es doch gar nicht.« »Gut, wie kannst du dann tatenlos zusehen, wie er den Menschen, die unter anderem auch DIR wichtig sind, weh tut?! Sag es mir, Soubi?« »Ich gehorche nur. Ich bin eine Waffe und folge den Befehlen meines Sacrifices.« »Eine Waffe zu sein bedeutet aber auch, dass man sein Sacrifice manchmal vor sich selbst schützen muss.« »...« »Es hat keinen Sinn mit dir darüber zu reden. Du bist blind für die Wahrheit und das wird dir eines Tages noch zum Verhängnis werden, glaub mir.« Seichis Blick beruhigte sich ein wenig, er streckte seine Hand gen Soubi aus und flüsterte ein Wort, dass jener nicht verstand. »Es ist zu deinem besten...«, sagte Seichi noch, bevor er seine Kraft auf Soubi auswirken ließ. Eine plötzliche Macht schlang sich um dessen Hals, drückte die weiche Haut zusammen und verwehrte ihm jeglichen weiteren Atemzug. Was danach geschah, rief Soubi sich nur ungern ins Gedächtnis. Es reichte zu wissen, dass er verloren hatte. >Verloren...< Seichi Kouga wollte Ritsuka. Das hatte er mehrmals gesagt. Doch warum gerade ihn? Warum Ritsuka? Etwa, weil er...LOVELESS war? Schnell griff er zu seinem Handy, wählte die Nummer des Handy, dass er einst seinem Herrn geschenkt hatte und hoffte auf eine Antwort. Der Signalton erklang... »Hallo, Soubi.«, sagte Ritsuka zur Begrüßung und weil ihm nichts besseres einfiel. »Ritsuka! Wo bist du?«, drängte Soubi energisch. »Bei einem Freund.« »Bei welchem? Ich komme dich abholen.« »Nein.«, befahl Ritsuka in einem kalten Ton. Dieser Ton kam Soubi merkwürdig vertraut vor. Es war der Ton, in dem Seimei immer mit ihm gesprochen hatte. »Was soll das heißen? Ritsuka, wo bist du?« »Sei still und hör nur zu.« Soubi war verwirrt. Was war mit seinem Herrn geschehen? Warum hatte sich seine Stimme so sehr verändert? Hatte Seichi etwa was damit zu tun? »Ritsuka? Ist der Mann bei dir, der vorhin in meiner Wohnung war?« »Ich sagte, du sollst den Mund halten!« Augenblick schwieg Soubi. »Und jetzt hör mir gut zu. Ich werde es dir nur einmal sagen.« Gespannt lauschte er der herrischen Stimme seines Sacrifice. »In einer Stunde. Im Park. Komm allein.« Dann beendete er das Gespräch. >Was sollte das?< fragte Soubi sich verunsichert. >Was ist nur mit ihm los? Was hat er?< Langsam sank seine Hand und ließ das Mobiltelefon zu Boden fallen. In ungutes Gefühl beschlich ihn. Was, wenn Seichi mit Ritsuka geredet hatte? Wenn er ihm die Wahrheit erzählt hatte? Es würde dessen abweisendes Verhalten erklären. Doch er wollte sich nicht mit Vermutungen herumschlagen. Er musste Gewissheit haben! Also schnappte er sich seinen Mantel und verließ so schnell es ihm sein angeschlagener Körper erlaubte, die Wohnung. Die kalte Abendluft überrascht ihn. Sein eisiger Atm wehte umher und er fragte sich beklommen, warum Ritsuka ihn mitten in der Nacht sehen wollte. >Will er mich denn sehen? Seine Stimme hörte sich nicht so an...< Doch das war wieder nur eine Vermutung. Soubi hatte gelernt, dass Vermutungen schlecht waren, denn nur die Wahrheit konnte klare Ergebnisse liefern. Das waren einmal Ritsu Minamis Worte gewesen. Er hatte zwar noch eine Stunde bis zu ihrem Treffen, doch er wollte den Jungen wenn möglich abfangen. Es gab einiges zu klären, falls Seichi wirklich mit Ritsuka gesprochen haben sollte. Zudem wusste er auch nicht, was er ihm alles erzählt hatte. Die ganze Wahrheit? Nein, das konnte nicht sein...oder? Wie sollte er nun handeln? Auf so eine Situation war er nicht vorbereitet gewesen. Was Seimei wohl dazu sagen würde? Seimei würde böse sein. Sehr böse. Er hatte Ritsuka im Stich gelassen und ihn in Gefahr gebracht. Seichi war eine Waffe. Ob er Ritsuka angegriffen hatte? Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Der Park war schnell erreicht. Es war jener Park, in dem er einst den Bund mit Ritsuka geschlossen hatte. Hatte das was zu bedeuten? Was hatte Ritsuka vor? Zum ersten Mal zweifelte Soubi daran, die Gedanken des Jungen zu kennen... Vorsichtig strich sich Ritsuka Aoyagi über das Gesicht und über den Kopf. Alles schien wie immer zu sein. Nur die Ohren fehlten. Ein letztes Mal sah er sich sein gequält wirkendes Gesicht im Spiegel an und versuchte zu lächeln. Dabei fielen ihm erneut die Blutergüsse an seinem Hals auf... Schnell sah er von ihnen weg. Erinnerungen, die er am liebsten in die Hölle verbannt hätte, kehrten zurück und nagten an seiner Treue zu Soubi. Trotz allem fühlte er sich so, als wenn er der Böse von ihnen beiden war... Doch der Gedanke alles für ihn getan zu haben, nur damit dieser weiterleben konnte, linderte den zurückgekehrten Schmerz, der während des Telefonats wieder aufgekeimt war. >Soubi musste schon schlimmere Qualen erleiden<, sagte Ritsuka sich. >Da ist das nur ein kleines Opfer gewesen...< Was würde Soubi wohl zu den fehlenden Ohren sagen? Obwohl das unwichtig war, da er ihn ohnehin anlügen würde. In Gedanken spielte Ritsuka das ganze Szenario ab, das wohl oder übel auf ihn zukommen werde. In der Schule, Zuhause...und bei Soubi. »Ich wollte es so. « Hörte er sich selbst den einstudierten Text sagen. »Es war meine eigene Entscheidung ES zu tun. « Und es war ja auch die Wahrheit. Er wollte es so. Es hatte ihm gefallen, er hatte es genossen... Doch seine Augen verrieten, dass mehr dahinter lag; dass er die Wahrheit kannte. Also schloss er sie und versuchte möglichst selbstbewusst und stark zu gucken. Soubi durfte nicht sehen, dass er die Wahrheit kannte. Auf keinen Fall....! Für das Bevorstehende brauchte er all seinen Mut. Und dennoch kam er nicht Drumherum zu Schluchzen. »Ich gebe dir den Befehl zu gehen, Soubi...« Die Tränen liefen sein Gesicht hinunter, die Stimme wurde immer leiser und undeutlicher. »Ich habe eine neue Waffe, die dich ersetzt...Geh. « Langsam legte Akihiko seinen Arm um ihn, betrachtete sich und ihn im Spiegel. »Ich werde in der Nähe sein und kommen, wenn du mich rufst. Du brauchst keine Angst zu haben, Ritsuka.« Dieser nickte. Er wusste, dass Akihiko ihm die Wahrheit sagte. Er würde ihn nicht im Stich lassen. Er nicht. Ritsuka zog den Reißverschluss seiner Jacke hoch und trat mit seiner Waffe hinaus, in Richtung Park, wo alles angefangen und auch...enden musste. Die Minuten bis zur Stunde des ersehnten Treffens verstrichen wie im Nu. Soubi spürte die Kälte des Abends und hielt penibel Ausschau nach seinem Herrn. Er zitterte ein wenig, doch er wusste nicht, welcher Emotion er das zuzuschreiben hatte. War es die Angst, dass Ritsuka die Wahrheit kannte? War es der Schmerz, den er verspüren würde, wenn er sie wüsste? Langsam überkam ihm das Gefühl, dass er mehr für den Junge empfand, als Anfangs gedacht. »Soubi.«, ertönte auf einmal die Stimme von jenem. Erschrocken drehte Soubi sich um. Er hatte nicht gespürt, dass sein Herr herangetreten war. Er war lautlos wie eine Katze gewesen. Die aufgekeimte Freude, die mit der Stimme Ritsukas gekommen war, erstarb augenblicklich, als er das Gesicht seines Sacrifices sah und den Blick über dessen Haar schweifen ließ. >Die Ohren?!?!<, schoss es ihm durch den Kopf. Sprachlos und absolut perplex stand er nun da. »Du scheinst überrascht, Soubi.«, grinste Ritsuka böse in sich hinein. Es war ein Lächeln wie Seimei es hatte. »Ich habe meine Ohren abgelegt, wie du siehst. Das ist doch kein Grund so drein zu gucken.« »Wer war das?«, flüsterte Soubi mit ansteigender Wut. »War Seichi das? Hat er dir das angetan?« »Wer weiß...vielleicht.«, antwortete Ritsuka, ohne dieses Lächeln von den Lippen zu nehmen. »Sprich, Ritsuka! Wer war das?« »Jemanden, der mir mehr bedeutet als du.« Seine Worte schnitten sich in sein Herz, brannten sich in seine Erinnerungen und zerschmetterten Soubis Körper. »Was...?« »Du hast schon richtig gehört. Ich habe mit jemandem geschlafen, der mir wichtiger ist...als du, Soubi.« >Warum sagt er diese Worte? Warum klingt seine Stimme so kalt?< »Wer ist es?« »Du kennst ihn nicht.« »Wer ist es?«, wiederholte Soubi erschreckend monoton. >Ihn?< »Sein Name wird dir nichts sagen.« »Wer ist es, Ritsuka?« Sie sahen sich an. Und ihre Blicke sprachen Bände. »Es ist eine Waffe, wenn du das wissen willst.« >Eine Waffe...?< »Wer ist es?« »Soubi! Du nervst! Ich habe dir bereits gesagt, dass du ihn nicht kennst. Es reicht, halt den Mund.«, befahl er mit lauter Stimme. »Doch genug mit diesem Gerede. Ich wollte dich schließlich nicht umsonst treffen.« Gespannt sah er seinem Meister entgegen. Ritsuka schloss die Augen, schluckte schwer und hoffte inständig, dass Soubi seine zitternden Hände nicht sah. >Oh Gott, Soubi....es tut so weh...< »Ich löse hiermit unseren Bund.« Soubis glasige Augen verrieten, dass er darauf nicht vorbereitet war. »Du...löst unseren Bund?« »Erinnerst du dich nicht mehr? Hier hast du mich damals geküsst und einen Bund mit mir geschlossen. Diesen Bund will ich nun wieder lösen.« »Du weißt, was du damit tust..?« »Ich verstoße dich als Waffe...- ich weiß.« Kälte, Schmerz...Leere durchströmten Soubis Körper in diesem Moment der Erkenntnis. Sein Herz brach, seine Seele schrie, doch keines von beiden fand eine Möglichkeit ihre Trauer Ausdruck zu verleihen. Soubi weinte nicht. Nicht weil er es gerne getan hätte, sondern weil er es nicht konnte. Ritsu hatte ihn gelehrt niemals, wirklich niemals, zu weinen! Gleich, was geschah. Diesem Kodex folgte Soubi. »Ich verstoße dich, Soubi Agatsuma. Ich habe eine neue Waffe, die dich ersetzen wird.« >Ersetzen?< Soubi trat einen kleinen Schritt nach vorne. »Ist das den Ernst, Ritsuka?« »Mein voller Ernst. Ich bin dich leid geworden. Ich kann dich nicht mehr sehen.« »Hat...Seichi etwas damit zu tun?« »Wer?« »Der Mann, der in meiner Wohnung war. Du hast unser Gespräch belauscht. Du hast meinen Namen geschrien.« Ritsuka zuckte kurz zusammen. Er erinnerte sich, dass seine Stimme unaufhörlich und weinerlich nach Soubi gerufen hatte. »Unsinn. Das musst du dir eingebildet haben.«, log er überzeugend. »Ich weiß nicht, wovon du sprichst.« »...verstehe...« Verunsichert sah Ritsuka ihn an. Was meinte er mit verstehe ? Was verstand er? Etwa, dass er log? »Sukidayo...« Seine Augen weiteten sich, sein Herz beschleunigte und die Tränen drohten aus seinen Augen zu laufen. »Hör auf...«, flüsterte Ritsuka benommen. >Hör auf damit, wenn du es doch gar nicht so meinst...< »Es ist die Wahrheit, Ritsuka. Ich liebe dich.« >Halt den Mund! Warum fällt es dir so leicht mich anzulügen, wenn ich mich so quäle dich fortzuschicken? Hör auf! Hör doch endlich auf!< Als Soubi das Zögern in Ritsukas Augen sah, fühlte er sich bestätigt. Er ging einen weiteren Schritt auf ihn zu, breitete seine Arme aus, um den Jungen in seine Arme zu schließen. Eine Umarmung, die ihn für immer an ihn fesseln sollte. >Akihiko! Komm her!<, dachte er verzweifelt, wich nach hinten. Er wollte nicht von Soubi berührt werden. Nicht nachdem er die Wahrheit über ihn kannte, nicht nachdem er seine Ohren an jemand anderen verloren hatte..., nicht nachdem er wusste, dass alles nur eine Lüge gewesen war. »Sukidayo, Ritsuka.« Akihiko spürte sofort das Signal, das Ritsuka aus sandt. Er spürte auch die Angst, die mit diesem Signal folgte. So war das nun einmal, wenn Sacrifice und Waffe zueinander gefunden hatten. Augenblicklich trat Akihiko aus dem Schatten, die die Bäume gespendet hatten und eilte zu seinem Meister. Dessen zitternde Aura und die wehleidige Stimme, die er hören konnte, veranlasste den 20-jährigen das System zu aktivieren. Ihr Name erschien auf seiner Halsbeuge. Als das Zeichen LOVELESS auf Ritsukas Körper auf einmal erschien, stockte Soubi. Jemand hatte das System aktiviert. Er sah hinter den verängstigten Jungen und erblickte das Gesicht eines Fremden, der sich Ritsuka näherte. >Eine Waffe!< Der Mann gesellte sich zu seinem Sacrifice und legte einen Arm behutsam um ihn. Akihiko fixierte Soubi mit einem feindseligen Blick. »Wer bist du?«, forderte Soubi sofort zu wissen. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. »Ich bin Akihiko Shirakawa, die Waffe von LOVELESS.«, antwortete er und stellte sich Soubi entgegen. »Und du musst wohl Soubi Agatsuma sein, habe ich Recht? Ritsuka hat mir schon einiges über dich erzählt.« »Ritsuka gehört nicht dir.« »Falsch. Er gehört nicht zu dir!« Akihiko sah Soubi mit einem starken Blick an. »Ritsuka und ich tragen denselben Namen. Wie kannst du dir anmaßen dir ein fremdes Sacrifice anzueignen.« »Ritsuka gehört zu mir.« Soubi ging einen Schritt auf den Fremden zu. »Kämpfe und wir werden sehen, für wen er sich entscheidet.« »Ein Kampf ist unnötig. Ritsuka hat sich bereits entschieden. Er wird nicht zu dir zurückkehren. Es ist vorbei, Soubi.« Aber Akihiko machte sich dennoch für einen Kampf bereit, ging in Stellung und sah zu seinem Sacrifice, so als bat er um Erlaubnis. Ritsuka nickte. >Es ist okay...kämpfen wir.< »Ich erkläre, dass dieser Kampf mit Worten ausgetragen wird!«, rief Akihiko und streckte seinen Arm aus. »Ich bin Akihiko Shirakawa, die Waffe von LOVELESS.« »Mein Name ist Soubi Agatsuma, ich bin die Waffe von LOVELESS!«, entgegnete Soubi scharf und machte es seinem Gegner gleich. »Wind! Zerschneide meinen Feind.« »Vakuum! Hier kann kein Wind existieren! Diese Wahrheit ist dein Untergang!« »Licht! Durchdringe den Gegner, blende ihn! Nimm ihm die Augen!« Gleisendes Licht stürzte sich auf den jungen Mann, fuhr durch ihn hindurch und gelangte zu Ritsuka. Eiserne Fesseln legten sich um seine Handgelenke und nahmen ihm die Freiheit. »Akihiko!«, rief er seiner Waffe zu. »Du musst Soubi anders attackieren!« Die Fesseln zwangen ihn in die Knie, schnürten ihm immer enger die Haut zusammen. »Keine physischen Spells!« Akihiko nickte gehorsam. »Seele! Du hast keinen Herrn! Du bist allein! Einsturz!« Finstere Nebelschwaden umschwirrten Soubi, umkreisten seinen Körper, bis sie ihn fesselten und zu Boden warfen. »Ungh!« »Die Zeit wird dich töten! Einsturz! Einsturz! Du kannst hier ohne Meister nicht sein! Verschwinde!« Ein dunkler Vorhang legte sich über den Blonden, ließ ihn vollständig verschwinden. »Gefesselt. Das Battle ist vorbei.«, sagte Akihiko kalt und sah zu jenem. Ritsukas Ketten lösten sich auf, gaben die gequetschte Haut wieder frei. Er sah zu seiner ehemaligen Waffe. Soubi lag am Boden, die Augen geschlossen, warmes Blut sein Gesicht hinunterlaufend. Es war vorbei. Soubi hatte den Kampf...verloren. Kapitel 11: IMAGERY ------------------- In seinem Büro, am anderen Ende des Flures, schreckte Ritsu Minami ohne jeden Grund plötzlich auf. Sein Blick ging hastig durch den Raum. Irgendetwas hatte er gespürt... Als er nichts erblicken konnte, widmete er sich wieder seiner Arbeit zu, doch das merkwürdige Gefühl blieb bestehen. Weil es ihm keine Ruhe ließ, griff Direktor Ritsu Minami nach dem Hörer und verlangte nach einer seiner Schülerinnen. »Schicken sie sofort Sayuri Asakawa zu mir.«, befahl er seiner Sekretärin, worauf sie nur sagen konnte, dass diese gerade beim Special-Training sei. »Das ist mir egal. Schicken sie sie sofort zu mir.« »Es tut mir Leid, Minami-sensei. Aber sie hatte ausdrücklich gesagt, dass sie nicht beim Training gestört werden wolle.« »Das ist mir auch egal! Sagen sie ihr, dass wenn sie sich nicht sofort zu mir begibt, kann sie dieses Gebäude gleich verlassen!« »Verstanden, Minami-sensei.« Wenige Minuten später öffnete sich die Tür zu seinem Büro und ein Mädchen, jung und attraktiv, betrat mit einem Handtuch um den Nacken den Raum. »Sie haben nach mir gerufen, obwohl ich gerade beim Training war? Sie wissen doch, dass ich solche Störungen auf den Tod nicht ausstehen kann.« »Du wirst es verkraften können, Sayuri.«, sprach er sie vertraut an. »Ich will von dir wissen, ob du es auch gespürt hast.« »Was gespürt?« Das junge Mädchen lächelte unschuldig. »Sie meinen...dieses Gefühl.« »Du bist das einzige mir bekannte Sacrifice, das eine besondere Bindung zu den anderen Sacrifices und Waffen hat. Zu allen.« »Damit wäre ich wohl einzigartig, nicht Minami-sensei?« Sie nahm auf dem Stuhl vor dessen Schreibtisch Platz, schlug keck die Beine übereinander. »Ich habe es auch gefühlt.« »Von wem kam das Signal?«, fragte Ritsu und fixierte das Mädchen mit Adleraugen. »Ich muss ihnen nicht antworten, das wissen sie schon, oder?« »Du wirst antworten. Das würde zumindestens deinem Charakter entsprechen.« »Sie haben Recht...also: Das Signal kam von ihrem Liebling.« »Soubi-kun?« »Ja. Es ist wohl endlich passiert. Er hat verloren.« »Soubi kann nicht verlieren.« Darauf beharrte Ritsu seit jeher. So langsam ging es auch Sayuri Asakawa auf den empfindlichen Nerv. »Jaja, das sagen sie immer, Sensei.«, belächelte sie sein kindisches Verhalten nur. »Aber es ist die Wahrheit und wollen sie auch wissen, gegen wen er verloren hat?« »Gegen wen?« »Gegen die Waffe von LOVELESS.« Ritsus Augen nahmen einen erstaunten Blick an. »Gegen die Waffe von...!« »Die beiden haben endlich zueinander gefunden. Nach so langer Zeit...Nagisa-sensei wird sich über diese Nachricht freuen, oder was meinen sie?« »Sie wird in der Tat sehr erfreut sein.«, bestätigte Ritsu mit blassem Gesicht. »Gibt es noch etwas, dass du gespürt hast, Sayuri?« »Ja. Ihre Bande sind gelöst. Soubi hat ein weiteres Mal sein Sacrifice verloren.« »Zuerst Seimei und jetzt auch noch Ritsuka-kun.« »Irgendwie scheinen ihm die Aoyagi-Brüder kein Glück zu bringen.« Nervös wippte der Direktor mit seinem Stuhl hin und her. Seine leicht zitternden Hände putzten aus Gewohnheit die Brillengläser. »Dann ist es wohl soweit. Ist das nicht der Augenblick auf den du die ganze Zeit gewartet hast?« »Doch, dass ist er. Und eigentlich wollte ich mich gebührend darauf vorbereiten, aber sie mussten mich ja aus meinen Vorbereitungen raussreißen!« »Es tut mir Leid.« »Ich werde mich auf den Weg machen, um LOVELESS abzufangen. Es wird nicht leicht Ritsuka von Akihiko zu trennen.« »Es kommt mir immer noch ein wenig suspekt vor, ein Sacrifice und eine Waffe voneinander zu trennen. Bist du dir sicher das Richtige zu tun, Sayuri?« »Das Richtige? Natürlich ist es nicht das Richtige, die beiden voneinander zu trennen. Immerhin sind sie füreinander bestimmt. Aber sie müssen doch verstehen, sensei. Manchmal muss man zwei Menschen voneinander trennen, wenn sie füreinander zu gefährlich werden. Es ist ja keine Trennung für immer.« »Nun gut. Ich kann deine Meinung zwar nicht teilen, aber du befolgst ja auch nur deine Befehle.« »Die Organisation, für die ich arbeite wird sich schon Gedanken bei dem gemacht haben, wofür sie sich einsetzen. Wir sind nicht die Bösen, Sensei.« »Das habe ich auch nie behauptet.« Langsam stand Ritsu auf, ging auf das Fenster zu und sah in die tiefe Nacht hinaus. Er konnte die Kälte draußen förmlich spüren. »Ich kann doch mit ihrer Unterstützung rechnen, oder Ritsu-sensei?« fragte Sayuri kalt und trat an den Mann von hinten heran. »Ich werde dir, wenn nötig helfen. Darauf kannst du dich verlassen.« »Sehr gut.«, lächelte sie falsch. »Falls ich Soubi auf meinem Weg treffen sollte, werde ich ihm sagen, dass er zu ihnen kommen soll.« »Gute Idee.« »Er wird sie mit Sicherheit um Rat fragen wollen, wie er nun vorzugehen hat. Außerdem...hat er sicherlich auch ein paar Fragen bezüglich MINDBREAKER.« »Ich werde ihm da wahrscheinlich keine befriedigende Antwort geben können. Alles, was ich über sie weiß, habe ich von dir.« »Es genügt, wenn sie ihm sagen, dass MINDBREAKER gefährlich ist. Mehr braucht er im Moment nicht zu wissen.« Das Mädchen war im Begriff den Raum zu verlassen. Sie hatte die Klinke schon in der Hand, als Ritsu sie zurückrief. »Eine Frage noch, Sayuri!« »Was denn?« »Was werdet ihr mit Ritsuka-kun machen, wenn ihr ihn habt?« »Wir werden ihn vor den Menschen beschützen, die ihn ausnutzen wollen.«, antwortete sie selbstverständlich. »Unsere Organisation ist nicht bösartig. Wir versuchen nur die Menschen zu beschützen.« »Dann unterscheidet sie sich ja nicht von MINDBREAKER.« »Wir und MINDBREAKER haben zwar dasselbe Ziel, doch unsere Methoden es zu erreichen sind anders. MINDBREAKER geht über Leichen für ihre Mission, wir halten uns eher an eine...friedliche Weise.« »Ihr könnt nicht zusammenarbeiten?« »Ausgeschlossen. Eine Zusammenarbeit ist unmöglich.« »Habt ihr es schon versucht?« »Einmal? Wir haben einfach zu große Differenzen. Es funktioniert nicht.« »Vielleicht...« »Sparen sie sich die Worte, sensei...es ist wie es ist.« Sayuri trat hinaus, doch Ritsu ließ nicht locker und folgte ihr. Sein Blick war eisern, ganz anders als von vor ein paar Minuten. »Warte!« »Was denn noch?« Entnervt wandte sie ihren Kopf zu ihm. Ihre Augen fingen Feuer und ihr Körper nahm eine agressive Haltung an. »Ich muss dich bitten, mir noch eine Frage zu beantworten.« »Sie wollen nicht locker lassen, oder? Sie sind ein Sturkopf, sensei.« »Was...« »Halten sie den Mund!« Die Höflichkeit war verschwunden. Sayuri hatte genug von dem Gerede. »Sie werden schon sehen wie sich die Dinge entwickeln werden. Keine Sorge.« Dies gesagt ging sie nun endgültig. Sayuri Asakawa trat in die dunkle Nacht hinaus, vorher hatte sie sich ihren Rucksack mit all ihrem Hab und Gut geschnappt und wartete nun ungeduldig auf einen bestimmten Anruf. Ein Anruf, der weitere Anweisungen für sie bereit hielt. Endlich ertönte das Klingeln ihres Mobiltelefons und sie ging freudig ran. Ein Lächeln zauberte sich auf ihr Gesicht, als sie die bekannte Stimme hörte. »IMAGERY. Wie geht es dir?« »Gut.«, sagte sie. »Und ihnen?« »Ich kann mich nicht beklagen. Es läuft alles, wie geplant.« »Dann kann ich bald wiederkommen?« »Sobald du deine Aufgabe erledigt hast, ja.« »Hai!« Ihr Grinsen wurde immer breiter und die Vorfreude auf ihr Zuhause machte sie nur noch glücklicher. »Bald wird es soweit sein, habe ich Recht?« »Ja. Wenn du Ritsuka-kun zu mir bringst, kann es losgehen. Das verspreche ich dir. Wenn wir LOVELESS habe, IMAGERY..., dann wird alles bald ein Ende haben. Das Kämpfen, die Morde und das Verderben.« Sayuri war Pazifistin. Sie hasste es zu kämpfen. Sie hasste die Spellbattles. So sehr. Und doch musste sie nun kämpfen. Für ihren Traum. Für eine Ideale Welt. Wenn sie LOVELESS hatten, konnten sie ihren Traum von einer friedlichen Welt endlich erfüllen. Nur mit LOVELESS war möglich. Nur mit ihm... »IMAGERY, bring LOVELESS zu mir...für unser Ziel...Geh jetzt.« Sie nickte gehorsam. Sie gehorchte dem Anrufer bedingungslos. Sie war ihm treu ergeben. So treu, wie eine Waffe nur sein konnte. Sie ließ ihr Mobiltelefon wieder in die Tasche sinken und trat ihren Weg an. Den Weg in die Wohnung von...Akihiko Shirakawa. Kapitel 12: The show must go on... ---------------------------------- Er erwachte wieder. Etwas Warmes floss seine Wangen hinab und erst als er sich durch das blonde Haar fuhr, erkannte er das Blut. Blut, hatte er verloren? Ein Blick auf seine Umgebung verriet ihm, dass es so war. Ritsuka war fort, mit ihm seine Waffe...Akihiko Shirakawa. Soubis Körper schmerzte, es tat weh, wenn er versuchte sich aufzurichten. Doch er musste aufstehen, er durfte nicht noch mehr Zeit verlieren. Er musste....>Ritsuka....< zurückholen....! Es schnürte ihm die Luft ab, als er den Schmerz durch seine Gelenke spürte, diese Waffe war stark. Zu stark für ihn...was würde Ritsuka nun denken. Was waren seine Gefühle? Warum...hatte er ihn verlassen? Waren es wirklich die Gründe gewesen, die er ihm genannt hatte? War es...?! Doch es half nicht. Gleich wie sehr er an ihn dachte, allein das Denken brachte den jungen Erwachsenen nicht zurück. Wieso nur? >Warum Ritsuka?< Er schaffte es aufzustehen, seine Augen füllten sich mit leisen Tränen. Er hatte verloren...gegen eine andere Waffe...Was würde.... »Seimei...verzeih mir. Ich habe versagt.« Waren seine Gedanken im Moment wirklich nur bei ihm? Bei Seimei? Er hatte seine Aufgabe nicht erfüllt...er hatte sie nicht ausführen können. Seimeis letzten Befehl... >Wirst du mir verzeihen? Wirst du mir vergeben können? Seimei...< Es war ein schrecklicher Fehler gewesen, den Jungen zu verlieren. Ritsuka war Seimei wichtig. Wichtiger als er...und er hatte diesen Menschen gehen lassen.... >Reiß dich zusammen...du warst es doch, der es beendet hat. Reiß dich zusammen. Lass dich nicht von jeder Kleinigkeit aus der Ruhe bringen...< Wie würde Seimei reagieren, wenn er davon erfuhr? Was würde er tun? >Es ist vorbei, Soubi...wir führten eine Beziehung, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt war...< Langsam bewegte er sich in Richtung seiner Wohnung, ließ die dunklen Bäume des Waldes hinter sich. Der kühle Nachtwind streichelte fast liebevoll sein Gesicht, doch der Kampf, den Soubi im Inneren auszutragen hatte, war umso schlimmer. Er wusste nicht wohin mit seinen Gefühlen. War er traurig? Wenn ja, war es der Verlust seines Sacrifices, das eigentlich nie sein eigenes war? Lag es daran, dass er Ritsuka nie wieder sehen würde? Oder lag es daran, dass er Seimei enttäuscht hatte? Er wusste es nicht. Seine Emotionen kochten über, verwirrten seine Sinne. Was war nur los? Was geschah mit ihm? Es fühlte sich so merkwürdig an... Dieses Gefühl im Inneren, etwas unwiederbringlich verloren zu haben. Einen Teil seiner selbst... Er hatte Ritsuka verloren...für immer. >Was kann ich mir für Hoffnungen machen? Ich muss dich verlassen....wenn ich es nicht tue...weiß ich, dass ich wieder davon schweben werde...dass du mich in deinen Bann ziehst....und mich das eines Tages umbringen wird. Es tut mir Leid, doch ich weiß mir nicht anders zu helfen...Es schmerzt so sehr... Ich wusste, dass du mich hintergangen hattest und dass ich dir nie etwas bedeutet hatte. Dass du mich nie geliebt hattest...und doch: Ich hatte mir gewünscht, so sehr, dass ich der Mensch sein würde....der dir am meisten am Herzen liegt. Aber...es ist so einfach....: Ich war nie dieser Mensch. Ich war es einfach nicht...< Langsam glitt seine Hand an seine Haustür, drückte vorsichtig die Klinge herunter und er betrat den Raum. Seine Augen weiteten sich, als er sah, dass er nicht allein war... Langsam zog Ritsuka seine Sachen aus, legte sie auf den Stuhllehne. Sein leerer Blick sah in die ferne Nacht. Es war vorbei... Hinter ihm stand Akihiko, der seine Arme behutsam um den Jungen legte. »Alles okay?« Ritsuka nickte schwach. »Ich werde es...überstehen.« Er musste es überstehen. Er musste einfach. »Es war richtig so...glaub mir.« »Ich weiß, doch...« »Es ist schwer...ich kann dich verstehen...Ritsuka. Du musst versuchen diesen Teil deines Lebens hinter dir zu lassen. Ich werde dir dabei helfen, das verspreche ich dir...Ritsuka. Ich liebe dich.« Wie sehr wünschte er sich doch, Soubi vergessen zu können. Doch mit jeder Minute, in der er ihn misste, wurde die Erkenntnis klarer: Er würde ihn niemals vergessen können. Nicht in Tausend Jahren...! »Akihiko. Was...machen wir jetzt? Ich kann doch nicht so einfach zurück nach Hause gehen, oder?« »Natürlich nicht. Deine Mutter würde dich umbringen, wenn sie deine fehlenden Ohren sähe.« Ein leichtes Schmunzeln umspielte seine Lippen. »Du bleibst vorerst besser bei mir, bis wir eine Möglichkeit gefunden haben, deine Mutter schonend über den Stand der Dinge zu informieren.« »Und die Schule?« »Musst du wohl oder Übel abbrechen müssen. Fürs Erste...« Er fuhr mit der Hand durch Ritsukas weiches Haar. »Ich verlange viel von dir...ich weiß, doch...« »Es ist in Ordnung...wirklich...« Nun lächelte auch er. Wenn er Akihiko so ansah, mit seinem erwachsenem und doch kindlichen Grinsen, dann wurde im auf unerklärlicherweise warm ums Herz. »Wir...sind doch schließlich ein Team...nicht wahr, Akihiko?« »Ja...wir sind ein Team.« Zärtlich suchten seine Hände nach denen seines Herrn. Fast schon zaghaft ergriffen sie dessen Finger, umschlossen sie sanft und zogen sie zu sich. »Wir gehören zusammen. Es war nie anders und wird auch nie anders sein.« »Ich kenne dieses Gefühl noch nicht...ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll...« »Das ist ganz natürlich...du wirst dich daran gewöhnen, vertrau mir.« Akihiko nahm den Jungen in die Arme, atmete seinen süßen Duft ein. »Ich lasse dich nie mehr gehen, Ritsuka. Ich habe so lange gebraucht, um dich zu finden...« »Wie lange hast du nach mir gesucht?«, er fühlte sich wie einen Bann gezogen. Seine lieblichen Worte prägten sich in sein Herz ein und ein dünner, rosaroter Schleier legte sich um seine Augen. Konnte die Welt doch schön sein? Würde...er es vielleicht doch schafften, den Schmerz zu überwinden? Zusammen mit Akihiko? Wenn sie füreinander bestimmt waren, war dann nur er in der Lage seine Wunden zu schließen? War er der Richtige? Ritsuka wusste es nicht. Seine Gefühle standen Kopf. Es war so verwirrend. Im einen Moment, da dachte er nur an Soubi...im anderen, konnte er ihn augenblicklich durch das Gesicht von Akihiko ersetzen... Wen liebte er mehr? Soubi oder...seine Waffe ? Für Soubi hatte sein Herz schon so lange geschlagen...doch Akihiko löste in ihm Gefühle aus, die er noch nie zuvor gespürt hatte. Lag es daran, dass sie miteinander geschlafen hatten? »Ich wusste schon als Kind, dass irgendetwas in meinem Leben fehlte. Mit 15 fing ich dann ernsthaft an, dich zu suchen, Ritsuka.« »Was...was ist MINDBREAKER? Akihiko? Was ist das für eine Organisation?« »Hat dir Kouga-kun das denn noch nicht gesagt?« »Doch, aber...ich will es noch einmal von dir hören. Ein tiefer Seufzer drang über seine Lippen. »Nun ja...lass es mich so ausdrücken: Wir sind Wächter oder auch Beschützer: Wir versuchen die Menschen vor anderen Waffen zu bewahren. Waffen die auf Befehl ihrer Sacrifices auf die Menschen losgehen und ihnen Gewalt antun.« »Ich wusste nicht, dass....die Waffen so etwas tun...« »Es sind auch nicht viele, die so von der Bahn abgekommen sind. Wirklich nicht sehr viele.« »Mein Bruder...« Ein Hauch von Angst spiegelte sich in seinen dunklen Augen wieder. Er fürchtete sich vor der Antwort, die Akihiko ihm geben würde. »Mein Bruder gehört auch zu ihnen, habe ich Recht?« »Ja. Er ist einer der Schlimmsten, vor allem, weil....Nisei sehr, sehr stark ist.« Er hatte es gewusst. »Und Soubi arbeitet für Seimei?« »Ja.« »Weil ich...« »Weil du eines der stärksten Sacrifices bist...und weil Seimei dich auf seiner Seite haben will...« »Es tut weh...« Ritsuka drehte sich um, vergrub schnell sein weinendes Gesicht im rauen Stoff von Akihikos Kleidung. »Es tut weh, so verraten zu werden...« Seine Augen schlossen sich und ein trauriges Strömen ergriff von seinem Körper Besitz. >Es tut so weh, verrate zu werden.< »Du hast ihn geliebt, nicht wahr Ritsuka?«, fragte Akihiko und drückte den Jungen fester an sich. Seine Mimik verriet, dass es ihm weh tat, seinen Herrn so leiden zu sehen. Dieser nickte nur. >Selbst jetzt....in Liebe zu ihm...kann ich ihn nicht vergessen...< »Ich werde alles Menschenmögliche versuchen, um ihn zu...ersetzen...Ich werde versuchen, dir eine gute Waffe zu sein und ich werde dich lieben, Ritsuka. Es geht weiter...es ist nicht das Ende. Ritsuka...im Gegenteil! Unsere Reise hat gerade erst begonnen.« Der Entjungfernte wischte sich die Tränen ab, nickte erneut. Es würde weitergehen. Ob mit...oder ohne Soubi. Es ging immer weiter....das war das Leben. >Es geht weiter...es muss weitergehen. Auch, wenn das bedeuten sollte..., dass wir ab diesem Tag...Feinde sind.< Akihiko strich sich das schwarze Haar aus der Stirn und sah in die Nacht hinaus. Das Spiel hatte seinen Anfang genommen. LOVELESS befand sich in seinem Besitz und dieser Fakt würde viele Waffen missmutig stimmen...vor allem BELOVED. Das Spiel und der Kampf hatte begonnen. »Seimei....?«, hauchte Soubi beim Anblick seines wütenden Gesichtsausdrucks. Der schwarzhaarige Ohrenträger stand in der Mitte des Raumes, funkelte ihn mit gebieterischen und boshaften Augen an. Sie sprachen Bände und sagten, dass sie bereits über alles informiert waren. Schnell richtete sich Soubi auf, um den Schmerz, der seine physische Hülle quälte, zu verbergen. »Seimei...« Er ging einen Schritt auf ihn zu, doch dieser signalisierte ihm deutlich keinen Schritt weiter zu gehen. »Bleib stehen!!!«, brüllte er haltlos und Soubi gehorchte. Mit einem Blick durch den Raum sah der angeschlagene Blonde, dass Nisei nicht da war. War Seimei etwa alleine hierher gekommen? Was das nicht zu riskant? »Wo ist Ritsuka?« Schweigen. »Soubi! Antworte mir! Wo ist mein Bruder?« »Ich habe ihn verloren, Master...« Ein leichtes Zucken umspielte Seimeis Augen, eine Reaktion, die nur selten bei ihm zu sehen war. »Du hast ihn verloren? Soll das heißen, dass seine Waffe gekommen ist? Seine wahre Waffe ?« Soubi nickte gehorsam. »Sein Name ist Akihiko Shirakawa...« »Und du hast gegen ihn verloren?« »...Ja.« »Du bist so ein Versager...« Seimei wandte sich von ihm ab, blickte nachdenklich aus dem Fenster. Seine Augen starrten in die unendliche Schwärze, ließen nicht erahnen, was seine Gedanken oder seine Gefühle waren. »Hol ihn zurück...«, flüsterte er schließlich. »Ich will, dass du ihn zurück holst.« »Ritsuka hat unsere Bande gelöst.« »Na und? Ich habe unsere Bande auch einst gelöst und du dienst mir immer noch. Was sollte dich davon abhalten ihn wieder zu dir zu holen?« »Ich habe verstanden, Master...« In der Hoffnung ein wenig der geliebten Nähe seines Herrn zu erhaschen, stellte er sich hinter ihn und streckte zaghaft die Finger nach ihm aus. Er berührte die weichen Haare, erschauderte bei der zarten Berührung und das Seimei sich nicht dagegen wehrte. »Ja, mein Master...« »Bring ihn zurück. Das ist ein Befehl...falls du versagen solltest...Soubi, dann Gnade dir Gott.« Soubi musste schmunzeln. Er wusste, dass Seimei nicht an einen Gott glaubte. Seimei war selbst ein GOTT! »Ritsuka muss zu mir gehören. Es hat schon begonnen...« Augenblicklich weiteten sich Soubis Pupillen. »Schon..?!« »Der Kampf zwischen MINDBREAKER UND KALEIDOSKOP hat seinen Anfang genommen. Diese beiden Organisationen werden sich gegenseitig vernichten, so wie ich es geplant habe. Sie sind solche Narren. Sie denken, sie könnten Ritsuka für sich gewinnen, dabei wissen sie nicht, dass er nur allein auf mich hören wird. Auf mich, seinen Bruder. Blutbande ist stärker als alles andere, Soubi...das weißt du doch...« Ein trauriger Hauch spiegelte sich in seinen bezaubernden Augen wider. >Ja...Blutbande...< Das war auch der Grund gewesen, warum Seimei ihn verstoßen hatte...Blutbande waren stärker als gewöhnliche Bande...viel stärker! Geräuschlos wehte Seimeis Mantel an ihm vorbei und seine Schritte bewegten sich langsam auf die Tür zu. »Das wars. Ich bin nur gekommen, um dir das zu sagen.« »Warte, Seimei..«, bat Soubi hoffnungsvoll. »Warte...« »Was ist?«, fragte er leicht gereizt. »Was willst du noch?« Für einen winzigen Augenblick hatte Soubi tatsächlich mit dem Gedanken gespielt es Seimei zu sagen. Noch im allerletzten Moment verschlossen sich allerdings seine Lippen. >Nein...noch nicht...noch werde ich es ihm nicht sagen...< Als keine Antwort von ihm folgte, ging Seimei weiter. Den Kopf majestätisch gen Himmel gereckt und die dunklen, mysteriösen Augen auf den Weg vor ihm gerichtet. »Und nun geh, Soubi...bring mir meinen Bruder zurück!« Kapitel 13: The return of BELOVED (I) ------------------------------------- »Blutbande....« Nisei ließ sich dieses abscheuliche Wort über die Zunge rollen. Ein Wort, das Seimei oft im Zusammenhang mit Ritsuka gebrauchte, ein Wort, das allmählich Hass in ihm erweckte. Nisei verstand nicht, was an diesen Blutbanden so besonders war. Waren es nicht Bande wie jede anderen auch? Nisei und Seimei waren nicht miteinander verwandt und trotzdem waren sie ein starkes Team, sollte es anders sein, falls sie Brüder wären? Der Schwarzhaarige bezweifelte dies. Er wollte Seimei ohnehin nicht als Bruder. Nein...er wollte seinen Master als Geliebten. Die Fensterscheiben beschlugen sanft. Die Kälte im Innenraum des Mercedes Benz war erschütternd und doch machte Nisei keine Anstalten, die Heizung aufzudrehen. Gelangweilt blickte er hinaus und sah sich nach seinem Master um, der jede Sekunde wieder auftauchen könnte. Er hatte ihm zwar befohlen an einen ihm bekannten Ort zu fahren, doch Seimei hatte ihm nicht verraten zu wem er gehen würde oder was er dort vorhatte. Nisei hasste es im Unklaren gelassen zu werden, aber umso mehr hasste er es, wenn er sich dann seine eigenen Gedanken machte. Er kannte die Gegend, in der er sich befand. Er kannte sie, weil er schon etliche Male hierher gekommen war, um eine Person zu beobachten: Soubi Agatsuma. War Seimei wirklich zu ihm gegangen? Warum und wieso hatte er sein Sacrifice nicht mitgenommen? Nisei hasste Soubi. Nicht aus rationalen Gründen, sondern weil er wusste, dass Soubi ebenfalls Seimei verfallen war und ihn abgöttisch liebte. Sie beide verehrten denselben Menschen, der es ihnen unmöglich machte, sich ihm zu nähern. Warum verhielt sich Seimei nur so abweisend? Nisei fand, dass es das nicht verdient hatte, vor allem da sie ja ein Team waren. Warum konnte er sich ihm nicht öffnen? Was hielt ihn davon ab? Es war ein ewiges Ratesspiel, an dem der erst 17-jährige schon bald die Nerven und die Lust verlor. Er sehnte sich so sehr, Seimei endlich näher zu kommen. Sowohl psychisch als auch körperlich. Er wollte ihn spüren, ihn schmecken, seine zarte Haut liebkosen und seine sanfte Stimme hören, wie sie innig seinen Namen rief. Aber all dies blieben und waren Wünschträume. Fantasien, die niemals in Erfüllung gehen würden. Er konnte sich nur vorstellen wie es sein könnte, wenn Seimei ihn wahrhaft lieben würde. Doch...- am Ende war es nur umso schrecklicher sich das vor Augen zu halten, was man ohnehin nie bekommen konnte. Das plötzliche Öffnen der Beifahrertür riss Nisei aus seinen Gedanken. Böse Augen und ein dunkler Hauch des Ärgers wehte ihm entgegen. »Alles okay bei dir?«, fragte er Seimei, als er sich wütend in die Polster fallen ließ und er gleichzeitig den Motor startete. »Fahr einfach los, Nisei.« befahl jener und zückte sein Mobiltelefon aus der Tasche. Schnell tippte er eine Nummer ein, wartete ungeduldig auf das Zeichen, dass er mit seinem Gesprächspartner verbunden war. »Wir haben ein Problem.«, erklärte er der Person am anderen Ende der Leitung konzentriert. Während dessen bog Nisei mit einem Blick auf Seimei in die nächste Straße ein. Seine Augen huschten ständig zwischen dem vor ihm liegenden Asphalt und seinem Herrn hin und her. Er wusste, mit wem Seimei sprach. Und er konnte es nicht gutheißen, dass er mit dieser Person sprach. >Inwiefern?<, antwortete diese. Seine Stimme klang harmonisch und passte gar nicht zu dem jeweiligen Körper. >Hat es etwas mit LOVELESS zu tun?< »Ja. Er hat meinen Bruder.« >Dann hol ihn zurück.< »Das ist nicht so einfach, wie es sich anhören mag. Seine Waffe ist stark.« >Na und? Du hast doch auch eine starke Waffe. Hetz Nisei auf ihn.< »Nein...ich werde Soubi schicken..« >Agatsuma-san? Ich hoffe du scherzt.< »Nein, das ist mein voller Ernst.« >Agatsuma-san ist nicht so stark wie Nisei. Warum schickst du eine schwache Waffe in den Kampf gegen LOVELESS?< »Lass das meine Sorge sein. Ich werde Soubi und nicht Nisei schicken.« >Es ist deine Entscheidung, Seimei...ich bete, dass du sie nicht bereust.< »Bete so viel du willst...aber das wird nichts an den Tatsachen ändern.« >Du bist kein religiöser Mensch, habe ich Recht?< »Nein. Ich glaube an keinen Gott.« »Wieso?« Für einen Moment folgte Stille. Nisei sah besorgt zu ihm, sah, dass sich tiefe Falten auf Seimeis Stirn gebildet hatten und sein hübsches Gesicht besorgt erscheinen ließ. »Nein...«, flüsterte er für sich. »Ich glaube schon lange an keinen Gott mehr...« >...Wie du meinst.<, antwortete der andere. >Seimei. Ich will ganz ehrlich zu dir sein. Ich bin nicht der Ansicht, dass du geeignet bist, dich um LOVELESS zu kümmern. Du bist momentan in einer schlechten Verfassung..du verstehst hoffe ich, wovon ich spreche.< »Das ist kein Thema, dass ich mit dir an Telefon besprechen werde. Das weißt du aber auch. Ich hatte dir ausdrücklich gesagt, dass dieses Thema Tabu ist!« >Ich erinnere mich gut an deine Worte...doch die Situation zwingt mich mein Versprechen zu brechen. Ich gebe dir einen Rat, und zwar als Freund...< Kurz bevor der Fremde seinen Rat erteilen konnte, befahl Seimei seiner Waffe anzuhalten. Abrupt kamen die Reifen zum Stehen. Mit einer schnellen Bewegung öffnete er die Tür und entfernte sich einige Meter vom Auto, so weit, dass Nisei auf keinen Fall das folgende Gespräch mithören konnte. Dieser war verwirrt, allen voran aber enttäuscht. Seimeis handeln signalisierte ihm, dass sein Herr ihm nicht vertraute und das tat weh. Verdammt weh! Er sah sich nach ihm um, dachte sogar darüber nach, ihm einfach zu folgen, hielt jedoch inne. Nein...das würde nicht richtig sein. Trauer beschlich ihn. Warum schmerzte es nur so sehr? Waren das die Konsequenzen der Liebe zu Seimei? Das Ergebnis seiner unerfüllten Liebe? Wenn ja, lohnte sich so ein atemberaubendes Gfühl überhaupt...? Seimeis Schritte gingen schnell vom Auto weg. Seine Stimme klang erregt und nervös. >Um ein Haar hätte er es erfahren...<, dachte er in Gedanken. >Das war knapp...< Sein Kopf schmerzte, erschöpft fuhr er sich mit den Fingerspitzen über die Stirn. Die Müdigkeit war ihm anzusehen. »Was für einen Rat...«, hakte er nach, nachdem er sich sicher war, weit genug entfernt zu sein. Seimei wagte es nicht sich umzudrehen. >Bist du gerade aus einem Auto ausgestiegen?< fragte jene Person, der das Zuschlagen der Beifahrertür wahrgenommen hatte. Der Angesprochene bejahte nur knapp. >Dann war Nisei also bei dir?< Ein beinah stilles Lachen entfuhr ihm. >Wolltest du nicht, dass er lauscht?< »Und wenn? Das geht dich nichts an.« >Seimei ...hör ich da etwa...Sorgen?< »Halt den Mund und komm zum Punkt.« Entnervt lehnte er sich an eine Wand, der kühle Abendwind umspielte seine heißen Wangen und ein unwohles Gefühl machte sich in seinem Magen breit. Ein Blick zum Himmel verriet ihm, dass es bald Tag werden würde. Die Dunkelheit wich bereits einigen wenigen hellen Strahlen, die die Sonne aussandte, um den Morgen in Japan anzukündigen. Ein neuer Morgen und damit...der Beginn des Krieges. >Seimei...wir kennen uns jetzt zwar erst seit ein paar Monaten, doch du ahnst oder weißt sogar, dass ich dich von allen, wohl am besten verstehe...< »Mag sein. Doch was tut das zur Sache?« >Wir ähneln uns in vielerlei Hinsicht...darum kann ich wahrscheinlich auch als Einziger dein mysteriöses und undurchsichtiges Handeln verstehen und erklären...< >Was willst du mir sagen?!< >...ich will damit sagen, dass du dich auf mich verlassen kannst, solltest du in Schwierigkeiten kommen.< »Wie niedlich..«, lachte Seimei verächtlich. »Aber ich brauche deine Hilfe nicht. Ich habe Nisei und Soubi gehorcht mir immer noch aufs Wort.« >Aber keiner von ihnen kennt dein wahres Wesen...du vertraust ihnen nicht.< »Denkst du denn, dass ich dir vertraue?« >Ja. Das glaube ich.< Wieder herrschte diese unerträgliche Stille, die Seimeis Partner jedoch verriet, dass er Recht hatte. >Du brauchst mich, Seimei.< »Da irrst du dich. Ich brauche niemanden. Weder dich noch sonst irgend jemanden.« >Und was ist mit Nisei?< »Lass ihn da raus.« >Du benimmst dich immer noch so verschlossen, wenn es um deine Waffe geht. Was macht ihn so einzigartig, dass es du jedes Mal meidest, über ihn zu reden?< »Nisei geht dich nichts an, ganz einfach. Du hast nicht das Recht über ihn zu reden oder zu urteilen.« >Urteilen? Das wäre auch nicht meine Absicht gewesen.< »Egal. Dieses Gespräch strengt an. Wenn das alles ist, dann würde ich jetzt gerne auflegen.« Seine Stimme verlor immer mehr an Halt. Kleine Schweißperlen rannen ihn die Wangen hinab, sein Atem ging flach und es fiel Seimei sichtlich schwerer eine klare Sicht zu behalten. Die Reserven seines Körpers neigten sich allmählich dem Ende zu. >Du hast nicht mehr viel Zeit, oder Seimei?<, fragte der Fremde besorgt. »Genug, um meine Ziele zu erreichen. Mach dir darüber keine Gedanken.« >Tu ich aber. Du hast bisher nur mir über dein Leiden erzählt. Was wird wohl deine Waffe dazu sagen, wenn sie erfährt, dass du Geheimnisse vor ihr hast?< »Nisei weiß, dass es viele Dinge gibt, die ich ihm nicht verraten habe. Er ist es gewohnt im Unklaren zu sein.« >Verstehe. Armer Nisei...< »Könntest du einfach den Mund halten?« >Wie du willst...Seimei. Ich vermisse dich. Vielleicht könntest du mich in nächster Zeit vielleicht mal besuchen?< »Was soll das denn heißen?« >Ich würde dich gerne sehen, was dagegen?< »Ich werde keine Zeit auftreiben können...so leid es mir auch tut.« >Du willst mich nicht sehen, habe ich Recht?< »Exakt.« >Plagen dich immer noch diese Schuldgefühle? Du weißt schon...< Für einen Moment schloss Seimei die Augen und erinnerte sich an eine Nacht, in der er den Fremden getroffen hatte, um wie es eigentlich geplant gewesen war, über die Ausführung seiner Pläne zu reden. Aber das, was an diesem Abend dann tatsächlich passiert war, hatte nicht seinen Vorstellungen entsprochen. Selbst jetzt noch, in schlechter Erinnerung an die peinlichen Bilder in seinem Kopf, wünschte Seimei sich an einen anderen Ort. »Es war einmalig, schon vergessen?« >Aber es hat dir doch auch gefallen...oder?< »Du tust ja gerade so, als hätten wir an diesem Abend miteinander geschlafen...« >Hätten wir auch, wenn du nicht einen Rückzieher gemacht hättest...< »Es ist genug. Es reicht. Diese Sache ist vorbei, also mach dir keine falschen Hoffnungen.« >Que séra séra, Seimei-chan...ich habe verstanden...< Doch seine Stimme sagte etwas anderes aus. »Was bereden die beiden denn so lange?«, fragte Nisei sich selbst und spielte gelangweilt mit seinem Schlüsselbund. Er wurde zunehmende nervöser und der Gedanke, dass Seimei mit diesem Typen so lange sprach, vielleicht sogar über private, intime Sachen, ließ in ihn die Eifersucht aufkeimen. Er mochte den Mann, Namens Koji, nicht. Der Mann, mit dem Seimei sprach und dem er anscheinend auch vertraute... »Koji....« Mit einem Mal wurde die Beifahrertür schlagartig geöffnet. Seimei trat atemlos ein, ließ sich regelrecht hineinfallen. »Wir fahren nach Hause.« Nisei tat wie ihm befohlen und wurde das Gefühl nicht los, dass sein Herr und Gebieter seit dem Telefonat gestresster wirkte, als sonst. »Alles in Ordnung, Seimei?« »Nicht wirklich. Koji nervt.« »Was hat er denn zu dir gesagt?« »Nichts von Bedeutung.« >Achso...du willst es mir nicht sagen.< »Na dann...« Der Weg zu ihrer gemeinsamen Wohnung war relativ lang und beschwerlich. Doch so sollte es auch sein. Seimei hatte mit Absicht eine Wohnung ausgesucht, die ablegen und schwer aufzufinden war, falls einige seiner Feinde auf den Gedanken kommen sollten, ihn zu suchen. Das edle Apartment lag außerhalb der Stadt, nah dem Land. Die Fenster waren verdunkelt und strahlten eine unangenehme Kälte aus. Nisei parkte schnell, ging zur Wohnungstür und schloss sie für Seimei auf. Heftig atmend betrat er ihre Räumlichkeiten, zog sich jedoch stumm in sein Zimmer zurück. »Warte..«, sagte Nisei und folgte ihm. »Was ist mit dir los? Seimei?« »Nichts. Halt den Mund, Nisei.«, entgegnete er genervt und versuchte die Tür zu schließen. Aber dieser ließ sich nicht davon abhalten. »Nicht so schnell...Seimei. Was hat Koji zu dir gesagt?« Weniger bedrückend als das, was Koji zu ihm gesagt hatte, war das Stechen in seiner Brust, welches Seimei seit einigen Minuten zu schaffen machte. Sein sonst ruhiger Atem ging flach, unregelmäßig. Das Blut, das durch seine Adern floss schien wie kleine Nadeln seinen Körper zu durchbohren. Winzige, kleine Messer, die euphorischen Spaß daran hatten, ihm zu zeigen, dass er auch nur ein Mensch war. Ein Mensch, mit all seinen Schwächen. »Seimei...?« Schwarzes Haar lag auf dem Boden, kalte Wangen küssten den Teppich... »Seimei?« Entsetzt ließ sich Nisei auf den Boden fallen, hob schnell den Kopf seines Masters in den Schoß. »Seimei! Was hast du?« Aber er antwortete nicht. Schweißperlen rannen sein weißes Gesicht hinab, dunkle Strähnen streichelten seine Lider. Der Körper des jungen Mannes lag bewegungslos in seinen Armen. Hilflos versuchte er ihn auf die Schultern zu nehmen und ihn auf das Bett zu heben; nur mit großer Mühe gelang es ihm. »Seimei...«, flüsterte er und fühlte dessen Stirn. »Oh gott. Du brennst!« Schnell griff er in seine Tasche, zögerte allerdings noch einen Moment...wollte er wirklich diesen Mann zur Hilfe holen? Seine Finger glitten über die Tasten, waren im Begriff seine Nummer zu wählen. Die Nummer von Koji... Doch beim Anblick von Seimeis heißen Wangen, seinen geschlossenen Lidern und seinem Atem, der beunruhigend klang, überwandt er seinen stolzen Schatten. Das Klingeln ertönte und seine melodische Stimme antwortete. »Koji. Seimei geht es nicht gut. Komm zu schnell du kannst!« Kälte. Eine düstere Atmosphäre und ein Hauch von Blut. Das war Niseis erster Eindruck, als Koji den Raum betrat. Blut und dieses charismatische Lächeln auf seinen Lippen, als er sich Seimei näherte. »Danke, dass du so schnell gekommen bist...«, sagte Nisei pflichtgemäß. »Schon in Ordnung. Als du mich angerufen hast, bin ich sofort losgefahren.« Er setzte sich an das Bett, berührte Seimeis Stirn mit seiner und fühlte die Temperatur. Dann fuhren seine Finger leicht an seinem Gesicht entlang, streichelten unheimlich sanft seine Halsbeuge. »Er hat hohes Fieber.« »Das weiß ich. Ich bin nicht ganz blöd.«, entgegnete Nisei erregt. Es gefiel ihm nicht, dass Koji ihn anfasste. Unruhig drehte der Kranke sein Gesicht weg, weg von der unangenehmen Kälte und dem eisigen Schleier. »Hat sich Seimei in der letzten Zeit irgendwie übernommen?« »Wie meinst du das?« »Ich meine, ob er sich körperlich verausgabt hat. Irgendwelche Battles?« »Nein.« »Bist du dir da sicher, Akame-kun?« »Zu 100%. Es gab kein Battle.« »Nun, dann...« Kojis Miene verfinsterte sich. »Ich weiß nicht, ob ich mit dir “darüber” reden sollte.« »Worüber?« Es herrschte ernstes Schweigen. Beide sahen sich an und keiner von ihnen glaubte daran, dass er vom anderen gemocht wurde. Sie hassten sich. Abgrundtief. Zwar taten sie es aus verschiedenen Gründen, doch das Ergebnis war und blieb dasselbe. »Ich will ehrlich zu dir sein, Akame-kun: Seimei vertraut dir nicht. Aus diesem Grund kann ich mit dir auch nicht über seinen gesundheitlichen Zustand sprechen. Du weißt nicht, was Seimei dir verheimlicht hat. Das wird seine Gründe haben und genau deshalb bitte ich dich...rauszugehen.« »Du tust was?!« Entsetzt sah er ihm entgegen. Der Hohn und die Freude in den Augen des Mannes waren förmlich zu spüren. Nisei ängstigte sich insgeheim, wollte es diesen aber nicht spüren lassen und trat mutig einen Schritt vor. »Was nimmst du dir eigentlich heraus?!« »Soviel wie nötig. Akame-kun, auch wenn du Seimeis Sacrifice bist, so scheint er dir nicht genügend Vertrauen entgegen zu bringen, dass er dir sein kleines “Geheimnis” gesagt hat...ich für meinen Teil, kenne seine “Schwäche”...« »Na und? Nur weil er mir nicht alles sagt, was er denkt oder fühlt, muss dass doch nicht bedeuten, dass er mir nicht vertraut!« Nisei hasste es zu wissen, dass er damit sich selbst anlog. »Besitz. Eigentum. Für Seimei bist du nichts weiter, als ein “Spielzeug”. Und...wie soll er einem Spielzeug vertrauen schenken können?« »Jetzt reicht es aber!« »Nisei....« Eine ruhige, tiefe Stimme unterbrach das tosende Geschrei und die Stille im Raum. »Seimei...schon deine Kräfte.« Behutsam ließ Koji seine Hand über seine Wange gleiten. »Es geht schon...lass mich Koji...« Er gehorchte. »Und nun...bitte lass mich und Nisei für einen Moment allein....« »Wie du möchtest....« »Ich..will....« Seimei zögerte. »Ich will ihn “einweihen”...<< Kapitel 14: The return of BELOVED (II) -------------------------------------- »Bist du dir da sicher?« Kojis Miene blieb unverändert. Sein kalter und doch warmer Ausdruck ließ Seimeis Wangen rot aufglühen, verunsicherte Nisei umso mehr und ließ ihn beinah vor Eifersucht verzweifeln. »Es ist meine Entscheidung. Bitte respektiere das...«, flüsterte Seime leise. Die Schwäche war ihm immer noch anzusehen. »Bitte lass und für einen Moment allein.« »Du weißt genau, dass ich das nicht verantworten kann. Was, wenn du...« »Mir passiert nichts. Versprochen...«, wehrte jener vehement ab. Die tiefen Falten auf seine Stirn verrieten, dass ihn das Gespräch anstrengte. »Das glaube ich nicht. Du bist am Limit deiner Kräfte angekommen, Seimei.« »Nein. Es geht mir gut.« Vorsichtig versuchte er aus dem Bett zu steigen, mit dem jämmerlichen Ergebnis, dass Koji ihn auffangen musste. »Es geht dir gut? Ich befürchte sogar, dass du die Pillen, die ich dir verschrieben habe, nicht genommen hast...habe ich Recht?« Verdutzt blickte Nisei auf. Sah zuerst zu Koji, dann zu seinem Herrn. In dessen Augen war etwas...wie Trauer, Reue oder sogar...war es denn möglich...Sorge zu sehen? »Nein, dass kann ich nicht zulassen.« Koji strich Seimei über den Rücken, hievte ihn behutsam zurück in die weichen Laken. »Du hast deine Pillen nicht genommen. Und dass lässt mich befürchten, dass sich dein Zustand verschlechtert hat.« »Ich brauche diese Pillen nicht, Koji.« »Das ist nicht wahr. Auch, wenn du es dir nicht eingestehen willst: Du bist von nun an von ihnen abhängig sein.« »Was für Pillen?« Nisei ging auf beide zu, mied es jedoch seinem Herrn in die blutrotunterlaufenen Augen zu sehen. »Von welchen Pillen redet ihr?« »Seimei hat sie dir anscheinend verschwiegen?«, riet Koji. »Das wundert mich nicht...« »Es ist nichts von Bedeutung, Nisei...« Seimei legte sich die Stirn auf die Hand, atmete tief ein und aus. »Nichts...von Bedeutung...« »Ich bin deine Waffe, Seimei...!« Etwas mutiger ging er auf ihn zu, streckte seine warme Hand nach ihm aus. »Du kannst mir vertrauen....« Doch schnell wehrte Koji ihn ab. »Fass ihn nicht an.« »Was?« »Es wäre besser, du lässt ihn für eine Weile alleine...zu deinem und seinem besten.« »Wovon redest du?« »Hör auf ihn, Nisei...«, erklärte Seimei langsam, nach Luft ringend. »Er hat Recht...lass mich für eine Weile allein, dann....wird es mir besser gehen...« »Wolltest du mich nicht gerade noch “einweihen”, wie du sagest?« »...Später...es würde zu sehr anstrengen.« »Wieso nicht jetzt?« »Nisei. Bitte geh jetzt!« Angeschlagen schwieg er. Tat einen Schritt nach dem anderen zurück bis sein Körper das Zimmer hinter sich gelassen hatte. »Wie du wünschst.« Als das Schließen der Tür Privatssphäre andeutete, konnte Koji sich sein melodisches Lachen nicht länger verkneifen. »Er wird nervös, kann das sein? Dein geliebter Nisei?« »Halt den Mund...« »Ich vergas...er könnte uns ja hören?« Gelassen setzte er sich wieder auf seinen angestammten Platz neben ihn. »Wäre es nicht einfach besser, wenn ihm sagen würdest, was du für ihn empfindest?« »Ihm meine Liebe gestehen?«, flüsterte er kaum hörbar. »Lächerlich.« »Du hast keine Angst davor, dass er deine Gefühle nicht erwidern könnte. Du weißt, dass er dich liebt.« »Das war keine Frage, oder?« »Nein, eine Feststellung.« Koji strich Seimei durch das nasse Haar, lächelte als er unwillkürlich zusammenzuckte und sich sein Körper verkrampfte. »Du verträgst es wohl noch immer nicht, wenn man sich berührt?« »Wenn du es weißt, warum musst du mich dann ärgern?« »Das grenzt ja beinahe an Autismus, Seimei...« Schnell ließ der Braunhaarige seine Hand in der Jackentasche verschwinden. »Nimm sie.«, sagte er und hielt ihm das kleine Objekt unter die Nase. Beim Anblick der winzigen Pille, weiteten sich Seimeis dunkle Augen, sein Herz raste und ein wütender Ausdruck lag ihm inne. »Nein!« Schweiß rann ihm die Stirn hinab. »Du bist schon an der Grenze, Seimei. Du musst sie nehmen.« »Ich hasse diese Pillen...!« »Doch nur, weil es die gleichen sind, die auch deine Mutter nehmen muss.« Augenblicklich verstummte er. Die Wut wich aus seinen Augen, wurde ersetzt durch unsagbare Trauer. Seimei senkte seinen Blick, sah in die Finsternis in seinem Zimmer. Vor der Tür war Nisei, das spürte er. Seine Waffe sollte es nicht erfahren: Sein Geheimnis. »Ich weiß, dass es dir nicht gefällt....aber.« »Hör auf...« »Deine Mutter hat dir ihre Krankheit vererbt...tragisches Schicksal, dass du nur mit...« »Ich sagte doch...« »...Seimei...« Fast liebevoll rollten sein Name über seine Lippen. Und genauso liebevoll war die Umarmung, in die er den Jüngeren schloss. »Du musst sie nehmen, ansonsten...« »Ich weiß, was passieren wird, wenn ich sie nicht nehme...« »Die gleichen Wutanfälle wie sie...das willst du doch nicht, oder?« »Nein...«, würgte er benommen heraus. »Nein...« Kojis Hände wanderten seinen Rücken hinauf, streichelten zärtlich seinen Nacken und zogen ihn zu sich. Ihre Wangen berührten einander, sanft; ohne Zwang ließ er es geschehen. Koji legte die Pille zwischen seine Lippen und legte diese schließlich auf die seines Gegenübers. Seimei schloss die Augen, ließ die wohltuende Kälte des Mannes auf sich übergehen. Nach wenigen Minuten fand die Pille ihren Weg in seinen Mund. Willig schluckte er sie und nahm ihren bitteren Geschmack war. »Gut so...«, flüsterte er gegen seine Lippen. Seimeis Hände drückten gegen den Brustkorb und schoben ihn langsam zurück. »Es reicht...« »Ich habe dich nur geküsst, damit du deine Medikamente nimmst. Mehr nicht.« »Und das soll ich dir glauben?« »Tu es oder lass es sein.« Aber Kojis Lächeln verriet alles. Für einige Minuten verharrten die beiden in völligem Schweigen und in der Finsternis des Raumes. Sein Atem, der sich langsam beruhigte und normale Formen annahm. Der süßliche Duft, den Koji ausstrahlte. Beinah unerträglich... »Sie wirken...« Schlussfolgerte Koji und seufzte erleichtert. »Warum nimmst du sie dann nicht regelmäßig?« »Du kannst gehen, Koji.« »Ich würde dich lieber noch eine Weile überwachen.« »Nisei ist bei mir.« »Aber er ist kein Arzt. Was, wenn du einen Anfall bekommst?« »Werde ich nicht. Geh.« »Und, wenn...« »Geh!« Die Tür öffnete sich schlagartig. Nisei blickte beiden misstrauisch entgegen. Doch in dem Blick, den er Seimei zuwarf, war noch eine andere Emotion inne... »Es ist alles in Ordnung.«, versicherte Koji ihm mit seiner unwiderstehlichen Stimme. »Ich wollte ohnehin gerade gehen.« »Keine schlechte Idee...« »Nun,denn....« Ein letztes Mal strich er die dunklen Strähnen aus Seimeis Stirn. Nicht darum bemüht seine Gefühle für ihn zu verheimlichen. »Ruf mich, wenn du mich brauchst. Ich werde sofort da sein.« »Es wird nicht nötig sein....«, flüsterte er als Antwort. »Wirklich nicht, Koji...« Er stand auf, ging lautlos an Nisei vorbei, blieb noch einmal kurz stehen, um die bedeutungsvollen Worte: »Du kannst mir vertrauen.«, zu sagen. Entsetzt starrte Nisei ihn an, zu erschrocken über dessen Offenheit. »Wie kannst du?« Seine Hand hatte sich bereits zur Faust geballt, die Muskeln spannten sich zum Schlag an, doch... »Hör auf, Nisei. Lass ihn gehen.«, bat Seimei mit außergewöhnlich tiefer Stimme. »Lass ihn gehen.« Er stand auf, immer noch ein wenig unsicher auf den Beinen, aber die Augen zielsicher auf Koji fixiert. Freundschaftlich legte er seine kalte Hand auf seine Schulter. »Ich werde dich bei deinem Wort nehmen.« Anerkennend nickte dieser und verließ die beiden endgültig. »Warum hast du mich aufgehalten?«, fragte Nisei verärgert, als er sich sicher war, dass sie alleine waren. »Warum?« »Du wolltest doch nicht ernsthaft einen Streit mit ihm anfangen, oder?«, entgegnete Seimei und zog sich den Mantel aus. Samt seinem wärmenden Schal legte er die Sachen auf den Stuhl. »Wieso nicht?« »Du hättest den Streit verloren.« Als wäre nichts gewesen ging er an dem Jüngeren vorbei, Richtung Küche, wo er sich, den Kühlschrank öffnend, ein Glas und den Saft, den er mochte, herausholte. »Koji ist dir überlegen. Und das in mehrfacher Hinsicht.«, sagte er und ein kleines Lächeln stahl sich ihm ab. »Er ist allein. Wir hätten das Battle gewonnen.« Nisei folgte ihm und stellte sich unauffällig hinter ihn. »Was meinst du mir “wir”?« Seimei lehnte sich an den Tresen. »Denkst du ich hätte mit dir gekämpft?« »Du bist mein Sacrifice, Seimei....« Er konnte die Traurigkeit in seiner Stimme kaum verbergen. »Wir hätten zusammen gekämpft...« »Ich sage es dir zum letzten Mal...: Du bist meine Waffe. Und ich bin nicht dein Sacrifice.« »Natürlich....« Niseis Blick senkte sich. Allerdings fiel ihm auf, dass Seimeis Zustand sich stark gebessert hatte. Die Stimmung, der Atem, das ständige Brennen seiner Augen, die Zuversicht zeigten, all das war zurückgekehrt. Wirkte die Medizin also? Aber was für eine Medizin war das? Und vor allem: Gegen was? Bis jetzt hatte er noch nicht einmal gewusst, dass Seimei an einer Krankheit litt. War sie so schlimm? Aber...hätte er es ihm nicht erzählt, wenn sie wirklich so gravierend war? »Seimei...was waren das für Pillen, die Koji dir gegeben hat?«, fragte, seine Trauer über Seimeis letzte Bemerkung übergehend. »Und warum hast du mir nicht erzählt, dass du krank bist?« »Es ist nicht so wichtig...deshalb habe ich dir nichts gesagt.« »Nicht wichtig? Du bist bis gerade eben noch....« »Es ist nicht wichtig.«, sagte er mit Nachdruck. Seine Augen sahen ihn böse an. Von der Schwäche der letzten Minuten war nun überhaupt nichts mehr zu spüren. Es schien sogar, dass sich sein Blick verstärkt hätte. Auf wundervolle Weise... »Aber Koji hast du es erzählt.« »Er ist Arzt.« »Und ich bin deine Waffe.« Seufzend stellte Seimei sein Glas an die Seite. Ging auf Nisei zu. Nicht mehr schwächelnd, sondern selbstbewusst. Als er direkt vor ihm stand, ihn mit seinen dunklen Augen fixierte und ihn zu durchbohren schien, waren die Worte, die er sagte, von unglaublicher Härte durchzogen. »Zweifelst du etwa an mir?« »Nein, das meine ich nicht...« »Ich muss dir nichts über meine Absichten sagen, oder?« »Nein, Seimei ich...« »Und ich muss mich auch nicht vor dir rechtfertigen!« »...es tut mir Leid, Seimei.« Sein Blick senkte sich erneut. Doch diesesmal nicht vor Trauer, sondern vor Demut vor dem Mann, der es schaffte ihn nur mit Worten Angst einzuflößen. Seimei nahm das Glas wieder in seine Hand, zückte zur selben Zeit etwas aus seiner Hosentasche. Es war, wie sich herausstellte...eine Pillenbox. Das schwarz-rote Rosenmuster erinnerte Nisei an den Einband eines Buches, das Seimei einmal gelesen hatte. Die dunklen Muster verschmolzen zu einer Einheit. Einheit...was hätte er nur dafür getan...dass Seimei dasselbe auch für ihn empfand. Verachtend sah Seimei ihr entgegen, nahm sich eine einzelne Pille heraus und löste sie dem Getränk auf. »Ich hasse diese Pillen.«, saüselte er missmutig und ließ sich die bitter schmeckende Medizin den Rachen hinunterlaufen. »Doch Koji würde mich umbringen, wenn ich sie nicht nehme.« »Du legst ziemlich viel auf seine Meinung.« »Bist du eifersüchtig?« Nisei glaubte ein kleines, wehmütiges Schmunzeln auf Seimeis Lippen gesehen zu haben, hielt es aber schnell für pure Einbildung. »Ein wenig.«, antwortete er und ließ seinen Mantel auf die Coach neben ihn fallen. »Ja, ich bin eifersüchtig. Du vertraust ihm mehr als mir, obwohl du ihn erst seit ein paar Monaten kennst. Es ist...wie soll ich sagen: Es ist einfach nicht fair, Seimei. Wieso? Wieso tust du mir das an?« »Hör auf so sentimentalen Unsinn zu reden.« »Es ist doch wahr...« Für einen Moment schwieg Seimei. Sein Blick weilte auf seiner Waffe, die seit einiger Zeit sich ihren Gefühlen hingab. Häufiger denn je...leidenschaftlicher, offensichtlicher... »Meine Mutter...die Krankheit, von der Koji vorhin geredet hat. Ich habe sie von meiner Mutter vererbt bekommen.« Schlagartig sah Nisei zu ihm auf. »Ist...sie schlimm?« »Es...ist eine Art...Depression.« Seimei ging auf Nisei zu, setzte sich auf die Coach und seufzte gegen die Zimmerdecke. »Es kann sein, dass ich manchmal...einen Anfall habe. Falls das passiert, möchte ich..., dass du mich einfach alleine lässt.« »So schlimm?« Für einen Augenblick rang der Jüngere mit dem Gedanken sein Sacrifice in die Arme zu schließen, bis ihm klar wurde, dass er wahrscheinlich...verstoßen werden würde. Seimei hatte niemals gewollt, dass er ihn umarmte oder...wie es hieß, Zärtlichkeit zukommen ließ. Er hatte nie nach etwas...”Sinnlichem” verlangt. Nie. Und das hatte Nisei auf den Gedanken gebracht, dass er es einfach nicht wollte. Dass er sich nicht nach Niseis Wärme, Aufmerksamkeit, Liebe, sehnte. Gleich, wie sehr es ihn verletzte... »Das ist doch das, was du wissen wolltest, oder?« Langsam suchte seine Hand nach der Niseis. Ungwöhnlich sanfte umschloss er dessen Finger und zog seine Hand zu sich. Verwundert suchte Nisei nach Seimeis Augen, in der Hoffnung dort eine Antwort auf diesen Akt zu finden. Zuerst war er sauer auf ihn und dann berührte er ihn zärtlich? Es war unlogisch, ungewohnt und doch...schön... »Seimei...?« Aber er hörte nicht. Gedankenverloren sah er auf die Hand, die er fest umschlossen hielt. Und genauso, wie er Nisei an sich band, so behielt er auch seine Gefühle für sich. Was wäre, wenn... Seimei vermochte diesen Gedanken nicht weiterzuführen. Zu schmerzvoll wäre die Erkenntnis gewesen... Nie hatte er seiner Waffe zeigen können, wie viel sie ihm in Wahrheit bedeutete. Nie hatte er sie so lieben können, wie er es sich gewünscht hatte. Nisei musste ihn für ein Monster halten. Aber war das nicht auch? Ein Monster? »Seimei...?« Dieser merkte es nicht, als Nisei sich langsam, schon fast zaghaft, an ihn herantastete, seine andere warme Hand auf seine Wange legte und sein Atem seine Wange streifte. Wie sollte er ihm nur sagen können, das er selbst jedes Mal einen Herzinfarkt erlitt, wenn er Nisei in den Kampf schicken musste? Wie sollte er ihm erklären, dass er sich im Grunde nichts anderes wünschte, als das sie nie mehr zu kämpfen brauchten, weil er immer fürchten musste, ihn zu verlieren? Seimei war sich im Klaren, dass seine Waffe willenlos seine Befehle befolgte. Aber, er wollte keinen Sklaven... »Seimei...du siehst so nachdenklich aus...«, flüsterte Nisei ihm entgegen; nun kaum mehr einen Zentimeter von diesem entfernt. Wie soll ich es dir nur deutlich machen...? Wie dir meine Gefühle zeigen, ohne die Kontrolle über mich zu verlieren...?< Zärtlich legten sich Nisei Lippen auf die seines Herrn. Ohne Gegenwehr ließ er es geschehen. Nicht viel mehr aus eigenem Willen als aus purer Überraschung. Ein kurzer, sinnlicher Kuss. Gespannt wartete Nisei auf seinen Tadel. Den Schlag ins Gesicht, der ihn daran erinnern sollte, dass er sich seinem Meister niemals so nah kommen durfte. Doch der Schlag blieb aus. Stattdessen schloss Seimei ihn in eine ungewohnt liebevolle Umarmung. Ließ ihn für lange Minuten nicht mehr los; sagte währenddessen nichts. Auch Nisei schwieg, genoss aber die Situation, in die in sein Herr geführt hatte. Der sanfte, kalte Duft und die Wärme seines Körpers schien so fremd und doch so vertraut. Die Sinne schwanden ihm, Sekunde für Sekunde. Eine Woge des Glücks erfasste ihn. Träumte er das alles nur? »Seimei. Was hast du? Ich merke doch, dass dich etwas bedrückt.« Fester umfasste er den Körper seiner Waffe. Hilflos drückte er sich an ihn. »Du weißt, dass ab jetzt alles nur noch gefährlicher wird, oder Nisei?« »Du meinst deinen Plan, habe ich Recht?« »Ja. Nicht mehr lange und wir werden ihn erreicht haben, aber bis dahin...« »Wir sind ein starkes Team, Seimei. Glaubst du etwa, dass wir verlieren könnten?« »...vielleicht.« »Es gibt nur sehr wenige, die es mit uns ernsthaft aufnehmen könnten. Sehr wenige. Selbst Soubi hätte dabei Probleme...« »...aber...« Nun stahl sich ein schelmisches Grinsen über seine Lippen. Nisei drückte Seimeis Kopf sanft gegen seine Schulter, vergrub seine Nase in dessen schwarzem Haar. »Mach dir darüber doch keine Gedanken. Ich bin stark. Und mir dir an meiner Seite: Was soll mir da schon groß passieren?« Nässe. Nisei spürte wie sich sein Hemd langsam mit etwas Feuchtem vollsog. Irritiert versuchte er zu sehen, was es war, bis er erkannte, dass der Grund....Seimei war. »Du....?!« Glitzernde Tränen fielen ihm ins Auge. Verunsicherten ihn nur noch mehr. »Seimei, weinst du etwa...?« »Und wenn? Was würde dich das angehen...«, entgegnete er mit leiser Stimme. »Warum?« »Es ist wegen...dir.« »Wie meinst du das?« »...ich....« »Ja?« Plötzlich löste sich Seimei aus der Umarmung. Von den Tränen war nichts zu sehen. Keine Rötung der Augen, kein weinerlicher Ausdruck. Nur die gewohnte Kälte... »Unser Plan wird ausgeführt. Wir werden nicht zulassen, dass KALEIDOSKOP oder MINDBREAKER meinen Bruder zu fassen bekommen. Das darf unter keinen Umständen passieren. Hast du verstanden, Nisei?« »Ja.«, antwortete Nisei wie auswendig gelernt. »Ritsuka muss für alle unerreichbar sein. Es darf niemanden geben, außer mir, der ihm nahe kommen darf. Ritsuka gehört zu mir. Er ist mein Eigentum.« Er drehte sich um, kehrte seiner Waffe den Rücken zu. »Für immer und ewig.« »Soll ich mich persönlich darum kümmern?« »Ich bezweifle, dass Soubi...gegen Akihiko Shirakawa eine Chance hat. Auch, wenn ich dich nur ungern gegen ihn in den Kampf schicke. Mir scheint keine Wahl zu bleiben.« »Ich kämpfe automatisch?« »Ja.« Geknickt sah Nisei seinen Herrn an. >Automatisch...< »Es wäre besser du gingest heute noch zu den Beiden.« »Kann das nicht bis morgen warten?« »Nein. Soubi wird wahrscheinlich auch auf dem Weg zu Shirakawa sein. Vielleicht könnte ihr es arrangieren, dass ihr gemeinsam gegen ihn kämpft.« »Ich zusammen mit Soubi?« »Ob dir das missfällt oder nicht, interessiert mich nicht. Solange das Ergebnis dasselbe ist.« »Und was soll ich Soubi sagen?« »Was wohl? Sag ihm, was du willst. Er wird dir ohnehin nicht glauben. Er kann dich nämlich nicht ausstehen.« »Das beruht auf Gegenseitigkeit...« »Du hast genug geredet, Nisei. Geh jetzt.« Der Wagen beschleunigte stark, fuhr der aufgehenden Morgensonne entgegen. In den Augen des Mannes am Steuer leichte Tränen, die Wangen durchzogen von einem zarten Rosa. Die Gedanken einzig auf einen jungen Mann gerichtet. Nisei suchte sich in Inneren die richtigen Worte zusammen, die er im Battle gegen Shirakawa einsetzen konnte. Es mussten starke Worte sein. Mächtige und unantastbare. Da er automatisch kämpfen musste, durfte er sich keine schwachen Spells erlauben. Es wäre alles einfacher, wenn nur Seimei an seiner Seite wäre.... Traurig hallten dessen Worte in seinem Kopf: Ritsuka muss für alle unerreichbar sein. Es darf niemanden geben, außer mir, der ihm nahe kommen darf. Ritsuka gehört zu mir. Er ist mein Eigentum....< Kapitel 15: Seimei´s plan ------------------------- ~ Vorsichtig strich Seimei die schwarzen Haare aus dem bleichen Gesicht. Leise Tränen flossen auf den toten Körper unter ihm. Es war geschehen: Sein größter Albtraum hatte seine Erfüllung gefunden. Apathisch drückte er den leblosen Kopf an sich, vergrub seine kalten Wangen in dem noch warmen Haar, sog den dahinschwebenden Duft ein. Wollte ihn nicht verlieren, ihn nicht an das Reich der Toten abgeben, aber er hatte den Kampf verloren...ein allerletztes Mal berührten seine Lippen die seines Liebsten. Das allerletztes Mal flüsterte er ihm die Worte entgegen... ~ Das regelmäßige Tippen seiner Finger auf die Tastatur zerriss die sonst so kühle Stille des Raumes. Ein wohliger Geruch von Zimt erfüllte die großen Wände und ein kalter Luftzug drang durch das offene Fenster. Ohne vom Monitor abzusehen nahm Ritsu die Tasse Kaffee und nippte an ihr. Seine Augen waren auf die Berichte vor ihm gebannt. Gierig las und tippte er. Der Inhalt der Nachrichten, die er in den letzten 2 Stunden erhalten hatte, waren umfangreicher als erhofft und vor allem nützlich. Ritsu war seine Rolle in diesem "Krieg" schon bewusst. Er und seine Schule sollten eigentlich "neutrales Gebiet" sein, aber es war idiotisch zu denken, dass man sich diesem "Kampf" auch nur in irgendeiner Weise entziehen konnte. »Allem Anschein nach verfolgt Seimei Aoyagi nicht die Ziele, von denen wir zu Anfang unserer Ermittlungen ausgegangen sind. Seimei ist, und das steht nun vollkommen fest, darauf erpicht, seinen jüngeren Bruder Ritsuka alias LOVELESS zu sich zu nehmen. Wir gehen sogar davon aus, dass er ihn gegen seine bisherige "Waffe" eintauschen will. LOVELESS zählt zu den 5 Stärksten "Sacrifices" und da BELOVED selbst eines der Stärksten ist, liegte unsere Vermutung nahe, dass er sich mit ihm vereinen will. Zwar ist die Kombination "Sacrifice" und "Sacrifice" unnatürlich, doch da beide sehr mächtig sind, dürfte das kein großes Problem für sie darstellen. Falls Ritsuka nun wirklich von seinem Bruder zur Erlangung von noch mehr Macht, ausgenutzt werden sollte, müssen wir davon ausgehen, dass KALEIDOSKOP nicht mehr so passiv agieren wird, wie bisher....«, las Ritsu eifrig. Einige seiner schlimmsten Befürchtungen, Seimei betreffend, hatten sich unglücklicherweise bewahrheitet. »Seimei....« Ritsu nahm einen Stapel Akten zur Hand, schlug gleich die erste Seite auf, auf der ein heimlich aufgenommenes Foto des jungen Mannes abgebildet war. An seiner Seite, in die entgegene Richtung gehend, war Nisei. Auf den ersten Blick erschien es, als würden sich die beiden nicht kennen, doch bei genauerer Betrachtung sah man, dass Nisei etwas heimlich in Seimeis Hand gleiten ließ. Man wusste nicht, was es war, aber Ritsu war sich sicher, dass es nichts Gutes sein konnte. »Zudem müssen wir davon ausgehen, dass der Kampf zwischen KALEIDOSKOP und MINDBREAKER nun unumgänglich ist. Die beiden Organisationen sind nicht bereit zu kooperieren und gemeinsam gegen BELOVED anzugehen. Sie verfolgen ihre eigenen Ziele und hängen immer noch der Vergangenheit hinterher. Es wird schwierig werden, diese beiden Organisationen, die einst zu einer gehörten wieder zu vereinen und so das Gleichgewicht herzustellen. « Ritsu erinnerte sich an die Geschichte beider. Warum so eigentlich dasselbe Ziel verfolgten und dann noch auf so unterschiedliche Weisen. Der Beginn des "Krieges" beruhte auf einem offensichtlichem Missverständnis, das nicht so einfach der Welt geschafft werden konnte. »Mindbreaker ist allen "bösen" Sacricfices auf der Spur. Sie wollen sie...- nun offiziel sagen sie, dass sie sie nur "gefangen" nehmen wollen - aber in Wahrheit streben sie nach deren...Vernichtung.« Ritsu zuckte zusammen. >Vernichtung...< Dieses Wort erschien ihm unvollstellbar grausam und doch kam es ihm vertraut vor. Die Vernichtung von "Sacrifices", was für eine unangenehme Vorstellung. Er erinnerte sich noch daran, als er seine "Waffe" verloren hatte. Es sind unvollstellbare Schmerzen. Nicht physisch, doch umso intensiver im psychischen Sinne. »Falls Seimei seine "Waffe" verlieren würde...er würde sich wahrscheinlich nicht darum sorgen; sich einfach eine andere Suche und weiterleben, als wenn nichts gewesen wäre. Ja, das würde Seimei tun. Eiskalt. Ohne Gefühle und ohne Reue würde er Nisei opfern. Ritsu mochte diese Einstellung nicht. Er selbst war der Meinung, das "Sacrifice" und "Waffe" auf Tod und Verderben zusammen halten mussten. Auch, wenn sie es nicht wollten. Es war ihr Schicksal.... »KALEIDOSKOP hingegen versucht das selbe Ziel, die Gefangennahme und Rehabilitierung "böser" Waffen, mit friedlichen Mitteln zu erreichen. Sie versuchen so wenig Gewalt wie möglich einzusetzen und Battles ausschließlich im allerhöchsten Notfalls zu kämpfen. Diese Methode ist, unserer Meinung nach, nicht effektiv. Stände man BELOVED gegenüber, wären die Folgen einfach zu errechnen.« Ritsu wusste, dass ein Kampf gegen BELOVED alles andere als leicht werden würde. Das schwierige dabei war, dass Seimei sehr gut mit Worten umgehen konnte. Noch besser als Soubi sogar, auch, wenn der Direktor sich das nur ungern eingestehen konnte. Seimei war, was dies anbelang,...perfekt. »Seimei Aoyagi muss vernichtet werden. Sein Tod hat höchste Priorität. Aufgrund unserer Nachforschungen, gehen wir davon aus, dass Seimei hinter allem steckt. Er ist der Grund, warum sich KALEIDOSKOP und MINDBREAKER nicht vertragen können. Wir wissen zwar noch nicht, wie er es geschafft hat, dass sich diese Organisationen gegenseitig beseitigen wollen, aber für die Beseitigung von BELOVED ist dieser Grund auch nicht relevant.« »Seimei töten...« Als wenn dieses Unterfangen so einfach wäre. Wie viele Menschen dies wohl schon versucht hatten und letztlich daran gescheitert waren. Seimei war nicht so einfach zu töten... »Wenn Seimei stirbt, wird der "Krieg" vielleicht nicht so schlimme Auswirkungen auf unsere Welt haben, wie vorausgesehen...Wenn Seimei stirbt, wird der Konflikt zwischen den Organisationen vielleicht aufhören und vielleicht wird es sogar möglich, dass sie wieder zu einer Einheit werden. Doch nur, wenn Seimei endlich stirbt...« ~Er hielt den Körper noch enger an sich. Er spürte, wie die Wärme inzwischen verflog und der eisige Körper zu zerfallen drohte. Schuldgefühle. Reue. Seimei drückte sein Gesicht an das seiner Waffe. Flehte still um Vergebung. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Wie konnte er nur dieses Risiko eingehen? Warum, nur? Nisei antwortete nicht auf seinen Master, seine Lippen, die ihn nur ein einziges Mal berührt hatten, würden für immer schweigen. »Nisei...«, whisperte Seimei leise, ließ seine Fingerkuppen vorsichtig über Niseis Wangen gleiten. »Verzeih mir...ich bitte dich...verzeih mir...«~ Ritsu trank den letzten Schluck des Kaffes, stellte die leere Tasse auf den Tisch und stand auf. Seine müden Gelenke schmerzten. Er hatte zu lange an den Unterlagen bezüglich MINDBREAKER,KALEIDOSKOP und Seimei gesessen. Letzten Endes war das Ergebnis seiner Ermittlungen genau so gewesen, wie er es sich gedacht hatte. »Seimei muss sterben...« Ritsu war sich im Prinzip dessen schon lange bewusst gewesen, nur der Gedanke daran, ein ehemals "gutes" Sacrifice zu töten, hielt ihn davon ab, den sinnvollen Gedanken auszuführen. »Was Nisei dann wohl tun wird...«, fragte er sich und stellte sich ans Fenster. »Würde er sich freuen?« Der Direktor verschränkte die Arme, lehnte sich mit dem Rücken an das Fenster und sah zur Tür, die sich langsam und lautlos öffnete. »Was willst du?«, fuhr er Lehrerin Nagisa scharf an. Sie begegnete ihm mit einem eiskalten und beleidigten Gesichtsausdruck. »Komm mal wieder runter, Ritsu. Ich muss mit dir reden.« »Ich habe keine Zeit. Ich habe noch zu tun.«, log er. »Ach ja? Ich kann es leider nicht aufschieben. Es geht um BELOVED.« »Aha.« Es ermüdete ihn allmählich, dass sich immer alles um dieses eine Team zu spielen hatte. Wie konnten zwei Personen nur so viel Ärger verursachen und so viel Gefahr bedeuten? »Was willst du mir sagen?« »Nun ja...« Nagisa schloss die Tür, lud sich selbst ein und setzte sich auf den Stuhl vor Ritsus Tisch. »Sayuri Asakawa, das Mitglied von KALEIDOSKOP, rief mich vorhin an.« »Und? Habt ihr Small-Talk geführt?« Verärgert sah sie ihn an. »Nein, haben wir nicht. Wir sprachen darüber, dass es an der Zeit sei...nun wie soll ich sagen: Es ist an der Zeit LOVELESS zu testen.« »Testen? Was willst du damit sagen?« »Ritsuka Aoyagi hat nun endlich seine Waffe gefunden. Akihiko Shirakawa ist mächtig. Sogar noch mächtiger als dein Soubi, dass musst du zugeben...« »Na ja...das liegt wohl im Auge des Betrachters...« Ritsu rollte verächtlich mit den Augen. »Wie dem auch sein...Sayuri war der Meinung, dass LOVELESS...vielleicht in der Läge wäre, BELOVED zu töten.« »Was?!« Überrascht über diese Aussage sprang Ritsu vom Fenster. »Das soll sie gesagt haben?« »Ja.« Auch Nagisa-sensei wirkte so, als wenn sie ihren eigenen Worten lieber keinen Glauben schenken wolle. Traurig senkte sie ihre Augen. »Aber Sayuri meinte auch, dass LOVELESS ihn lieber selber aus dem Weg schaffen wollen würde, als mitanzusehen, wie BELOVED von MINDBREAKER...getötet wird.« »Das leuchtet mir schon ein, aber dennoch...! Wie kann sie so etwas sagen? LOVELESS wird nie im Leben seinen eigenen Bruder töten. Wie kommt sie nur darauf, dass er dies auch noch freiwillig tun wird?« »Wenn man darüber nachdenkt, dann erscheint einem diese Idee doch nicht so abwägig. Ritsu, es ist uns schon allen bewusst, dass Ritsuka seinen Bruder Seimei über alles liebt und dass er ihn niemals verraten wird, gleich, was dieser ihm auch antun wird, aber...Ritsuka wird es auch nicht zulassen, dass MINDBREAKER Seimei umbringt.« »Und warum denkt Sayuri dann, dass LOVELESS mit MINDBREAKER kooperieren wird und BELOVED tötet? Es ist doch wahrscheinlicher anzunehmen, dass sich LOVELESS gegen MINDBREAKER stellt, oder?« »Das hatte ich ihr auch gesagt, aber...sie sagte, dass KALEIDOSKOP schon dafür sorgen würde, dass....ihm einfach keine andere Möglichkeit bleiben würde...« »Es gibt immer eine andere Möglichkeit als zu Töten.« »Ritsu, du scheinst vergessen zu haben, dass Ritsukas Waffe ein Mitglied von MINDBREAKER ist, genau der Organisation, die BELOVED vernichten will. Wenn...mal angenommen, wenn Akihiko sein Sacrifice "überredet" dann...« »Unsinn...« Doch je länger er darüber nachdachte, je näher er den Gedanken an sich heran ließ, desto grausamer kam er ihm vor. Würde Akihiko seine Waffe beeinflussen, so sehr, dass Ritsuka sich gegen seinen eigenen Bruder stellt, dann hätte BELOVED mit Sicherheit ein Problem. Zwei der Stärksten Teams, die sich in einem Kampf auf Leben und Tod gegenüberständen... »Furchtbar....«, säuselte Ritsu. »So sollte es nicht sein...« »Ich weiß. Es ist einfach eine grausame Vorstellung, dass sich zwei Brüder bekämpfen...« »Ich kann dich verstehen, aber wenn es der einzige Weg ist, Seimei aufzuhalten, dann...« >Seimei aufhalten?< »Wir gehen alle davon aus, dass Seimei ein "Böser" ist...« »Das ist er doch auch.« »Aber was, wenn alles anders ist, als wir denken?« ~~~ »Du hast nur schlecht geträumt.« Sanft strich Nisei über Seimeis Stirn. »Es ist alles in Ordnung.« Die Haut seines Sacrifice fühlte sich furchtbar heiß an. >Sind das etwa die Nebenwirkungen seiner Medizin?<, fragte er sich ernsthaft. Er zog die Bettdecke bis zum Kinn hoch. »Ich bin nicht krank, Nisei. Ich brauche das nicht.«, wehrte Seimei ab und schob sie wieder von sich. Er bemühte sich aus dem Bett zu steigen, in dem er noch vor wenigen Minuten den schlimmsten Albtraum seit langem gehabt hatte. Er spürte, wie sich Tränen in seinen Augen ansammeln wollten, doch er unterdrückte sie erfolgreich. »Lass mich einen Moment allein, hörst du?«, sagte er mit kräftiger Stimme. Nisei gehorchte und schloss leise die Tür hinter sich. Kaum war dies geschehen, zückte er erneut sein Mobiltelefon, wählte Kojis Nummer und wartete sehnsüchtig auf seine Stimme. »Hallo?« »Ich bins.« »Du schon wieder? Was ist passiert? Hattest du wieder einen Anfall?« »Nein. Die Pillen wirken noch....es ist nur...« »Ja?« »Ich glaube nicht, dass ich es übers Herz bringen werde, Nisei da mit rein zu ziehen...« »Du bist schon so weit gekommen. Heißt das, dass du so einfach aufgeben willst?« »Nicht aufgeben, aber ich nicht verlieren wollen.« »Das hättest du dir wirklich besser überlegen sollen. Es ist zu spät. Selbst Nisei ist zu einem unerlässlichem Part geworden.« »Ich will ihn nicht dabei haben. Ist das so schwer zu verstehen?« »Nein, aber ich habe dir bereits gesagt, dass er nicht mehr aussteigen kann, selbst wenn er wollte.« Seimei hielt sich sein Mobiltelefon an das Ohr, lauschte angestrengt den Worten, die er insgeheim bereits erwartet hatte. Es war in der Tat zu spät. »Und was soll ich jetzt deiner Meinung nach tun?«, fragte er Koji. »Ich könnte es einfach nicht ertragen....wenn...wenn...!« »Ganz einfach. Es gibt eine Möglichkeit, aber in glaube nicht, dass sie dir gefallen wird.« »Was für eine Möglichkeit?« Hoffnungsvoll wartete er auf die Antwort. »Du könntest dasselbe tun, wie...Ritsuka.« »Was meinst du....« Doch dann fiel es ihm ein. Er wusste, was Koji meinte und er wusste auch, dass ihm diese Option wirklich nicht gefiel. »Nein...ich werde ihn nicht verstoßen....!« »Ich sagte doch, dass es dir nicht gefallen würde.« »Wie kommst du nur darauf?!?!?!« »Es ist die einzige Möglichkeit, die dir bleibt, wenn du ihn nicht verlieren willst. Es ist zwar riskant, weil du dann "Waffenlos" wärst, aber...ich könnte dir beistehen.« »Du? Wir haben nicht denselben Namen.« »Den hatte Soubi auch nicht und dennoch hast du ihn als Waffe genommen.« »Soubi war "unbeschrieben". Das ist eine andere Sache. Aber du, Koji...das kann ich nicht machen. Ich kann dich nicht als "Waffe" nehmen.« »Nur vorübergehend. Ich bin auch nicht gerade darauf erpicht, dich als "Sacrifice" zu haben und mich mit deinem verfluchten Namen "brandmarken" zu lassen.« »Ich kann es nicht...« Doch Seimei wusste, dass es in der Tat die einzige Option war. Wollte er Nisei beschützen, ihn leben lassen, dann...dann...: »Er wird dir verzeihen. Er wird nicht böse auf dich sein.«, beschwichtigte Koji ihn mit seiner sanften Stimme. »Er wird dir eines Tages verzeihen. Ganz bestimmt.« Und innerlich wusste Seimei das. Er wusste es aus demselben Grund, warum er auch Nisei alles verziehen hätte. »Wenn du ihn gehen lässt, wird er leben. Er wird die Chance bekommen ein neues Leben anzufangen. EIn freies Leben. Ist es nicht das, was du dir immer für ihn gewünscht hast?« Diese Worte fingen an ihre hypnotische Wirkung zu entfalten. Sie waren die Bestätigung für all die Wünsche und Sehnsüchte, die sich in all den Jahren aufgestaut hatten. »Wenn ich ihn gehen lassen...«, wiederholte Seimei. »Wenn ich ihn gehen lasse, wird er leben...« Lautlos fielen die Tränen auf die Decke. Heiße, unerbittliche Tränen. »Wenn ich gehen lassen, wird er...wird er....« Er wagte es nicht, dieses eine Wort auszusprechen, weil es bedeutet hätte, dass Niseis Liebe nicht vollkommen gewesen wäre. Dass er, auch ohne seinen Herrn, sein Glück gefunden hätte. »Lässt du frei, Seimei?« »Ich weiß nicht, ich...« Doch die Antwort war klar. Seine Entscheidung bereits getroffen. Und Nisei lauschte den schrecklichen Worte. Vernahm sie hinter der Tür, presste seine Finger zusammen und wünschte sich, dass es nur ein übler Scherz seines "Sacrifices" war. Es durfte nur ein Schmerz sein. >Mich gehen lassen?<, fragte er sich verwirrt. >Mich gehen lassen?< Nisei drückte langsam die Tür auf, erspähte Seimei wie er sich die Tränen aus den Augenwinkeln wischte. »Ja. Ich werde es tun...«, hörte er ihn sagen. »Ich werde ihn frei lassen.« Schlagartig stieß er die Tür nun auf. »Was willst du machen?«, rief er aufgebracht. >Das kannst du nicht tun! Das kann nicht dein Ernst sein!< Schnell kappte Seimei das Gespräch mit Koji, warf achtlos das Handy unters Kissen und stand auf. »Wie viel hast du gehört?«, fragte er nervös. »Was hast du alles gehört?« Doch Nisei reagierte nicht auf die Frage. Er fasste seinen Herrn grob an den Schultern. »Was soll das?!« Er schüttelte ihn brutal und sah nicht, dass er ihm damit Schmerzen bereitete. »Warum willst du das machen?« Sprachlos starrte Seimei ihn an. In die dunklen Augen, die er so gut es ging mied, weil er sonst fürchtete in ihnen zu versinken. In die weiße Haut, die ihn jedes Mal an Schnee erinnerte, an die Reinheit einer Seele und die endlose Liebe zu ihm. Er sah, dass ein Feuer in Niseis Augen brannte und ihn zu zerstören drohte. »Warum willst du mich wegschicken?«, fragte er energischer und presste Seimeis Körper eng an sich. »Bedeute ich dir denn so wenig?« »Wie kannst du soetwas sagen...?«, flüsterte er kaum hörbar. »Wie kannst du soetwas nur denken?« Vorsichtig löste er sich wieder von ihm. »Wie kannst du so was sagen, Nisei?« All die Gefühle, die er immer versucht hatte zu unterdrücken keimten nun in voller Blüte auf. »Glaubst du wirklich...du würdest mir nichts bedeuten?« Niseis Augen sprachen ein stummes »Ja« aus. Und beovr seine Lippen ein letztes Mal die Lippen seines Meisters berührten, schwand der Raum; löste sich in nebelige Einzelteile auf: Der Rahmes des Fenster versank in Dunkelheit und der Boden wurde eins mit dem Nichts.... Als Seimei erwachte, war er allein. Die Decke, zu der er hinaufstarrte, erschien ihn zu erdrücken, bis er endlich aufstand und sich den nackten Angstschweiß von der Stirn wischte. »Traum...«, hörte er sich selbst flüstern. »Nur ein Traum...« Nisei war nicht hier gewesen, hatte seiner Liebeserklärung gelauscht und er hatte ihn auch nicht geküsst. Nein: Nisei war auf dem Weg zu Ritsuka. Zu ihm und zu Akihiko Shirakawa, um zu verhindern, dass Kaleidoskop zu viel Macht über LOVELESS gewann. Obwohl der Traum ein schönes Ende genommen hatte, ging es dem jungen Ohrenträger schlecht. Hatte der Traum ihm etwa einen möglichen Ausweg gezeigt? Eine Lösung Nisei Akame vor noch mehr Leid und Schmerzen zu bewahren? Wenn ja, war er bereit diese Lösung zu akzeptieren? »Ihn gehen lassen...« Verführerisch lagen diese Worte auf seiner Zunge. Seimei legte seinen Kopf in die Hände. »Was soll ich nur tun? Nisei...sag mir was ich tun soll....« Er sah zum Fenster hinaus; sah, dass der Morgen da war und eine Entscheidung herbei geführt werden musste. Entweder er nahm seine Waffe mit sich und ging mit ihm unter oder er ließ ihn frei und gab ihm damit eine Möglichkeit ein neues Leben anzufangen. Die Sonnenstrahlen brachen am Glas, reflektierten das Lichtspiel in den Raum. »Gleich welchen Schritt ich in eine Richtung mache, es wird kein Zurück mehr geben. Weder mich für mich...noch für dich, Nisei.« Seimei spürte wie die Tränen seine Wangen hinunterliefen. »Meine Entscheidung wird dein Untergang oder dein Überleben besiegeln.« Seimei stand auf. Die Leere seiner sonst starken Augen war erschreckend und doch hinreißend. Er ging langsam auf die Tür zu, nahm sich seinen Mantel und verließ die Wohnung. Kühle Morgenluft streifte sein Gesicht, seine Haare, seine Ohren. »Ich glaube ich weiß nun, was ich tun muss...ich glaube, ich weiß es nun.<< Kapitel 16: The next step ------------------------- Sayuri ging die Treppe hinauf, im Blick die Wohung ihres Feindes. Nicht mehr lange und sie würden sich gegenüberstehen. Sie und LOVELESS. Ihre Hand griff nach der Türklinke doch hielt im allerletzten Moment inne. »Öffne dich.«, flüsterte sie. Nur wenige Sekunden später gab die Tür unter einem düsteren Knarren nach und ein dunkler Flur hieß sie willkommen. »Geht doch...« Ein kindliches Schmunzeln überflog ihre Lippen und sie trat ein. »Es muss sein. Es gibt keinen anderen Weg. Nur so können wir BELOVED und Mindbreaker besiegen.« Die Kälte strömte in die Wohnung ein, vertrieb die vertraute Wärme und zerstörte die Zweisamkeit. »Was willst du hier?«, entgegnete Akihiko der Fremden, als er aus dem Türrahmen trat. Hinter ihm stand sein Sacrifice bereit zum Battle. »Ich bin hier um Ritsuka zu treffen.«, antwortete sie ihm kühl und fixierte ihn mit ihren durchdringenden Augen. »Und um ihm einen Vorschlag zu unterbreiten.« »Was für einen Vorschlag?«, fragte er drohend und stellte sich schützend vor seinen Herrn. Sayuri grinste und trat einen Schritt nach vorne. »Ich erbitte seine Hilfe.« »Wofür?« Hinter dem jungen Mann lukte ein kleiner, schwarzer Kopf hervor. Ohrenlos und ein wenig schüchtern wirkend. »Du bist Ritsuka Aoyagi, habe ich Recht?«, sprach sie den Jüngeren an. »Und du bist?«, fragte er ebenso kalt und berechenbar. Es überraschte sie, dass Ritsukas Stimme genauso gebietend wie Seimeis klingen konnte. Herrisch und stark. Mächtig genug um sie nur allein mit Worten in die Enge zu treiben und sie damit zu vernichten. Der jungen Frau wurde sofort unbehaglich. In Wahrheit hatte sie sich Seimeis kleinen Bruder immer anders vorgestellt. Schwächer. Einsam und vor allem mit einem süßen, naiven Gesicht. Doch das Antlitz, welches ihr entgegen blickte war alles andere als schwach und morbide. Ritsukas Augen sahen sie scharf an. Verfolgten jede ihrer Bewegungen; bereit jeder Zeit einen Befehl an seine Waffe zu geben und somit ein Battle zu provozieren. »Bist du hier um zu kämpfen?«, fragte Ritsuka und stellte sich neben Akihiko. Seine Körpersprache war deutlich: er fürchtete sich nicht! »Nein. Mit Sicherheit nicht.«, flüsterte sie beinahe. »Ich bin Pazifist.« LOVELESS zogen die Augenbrauen hoch und murmelten synchron das Wort: »Wirklich?« Sayuri nickte höflich. »Ich komme von Kaleidoskop.« Augenblicklich verfinsterte sich wieder die Miene der beiden. »Von Kaleidoskop?«, wiederholte Ritsuka und sah sie böse an. »Und was für einen Vorschlag ist das, von dem du gerade geredest hast?« Der junge Ohrenlose verband keine guten Erinnerungen an diese Organisation, obwohl er im Grunde nichts darüber wusste. Alles, was er über diese Organisation wusste, hatte er von Seichi und von seiner Waffe erfahren. Aber solange Kaleidoskop ein Feind von Mindbreaker war, also ein Feind von Akihiko, dann waren sie automatisch auch seine Gegner. »Du bist wirklich ganz anders als ich in meiner Vorstellung, Ritsuka.«, merkte Sayuri noch schnell an, um ein wenig Sympathie zu gewinnen. »Ich hatte dich mir immer...« »Das ist mir egal.«, unterbrach er sie barsch. »Es ist mir gleich was du von mir gedacht hast. Komm zur Sache.« >Definitiv wie Seimei....<, dachte sie verängstigt. Sie verglich in Gedanken die Augen von Ritsuka mit denen von Seimei. >Kein Unterschied...< »Die Organisation für die ich arbeite, möchte dich gerne als Mitglied erwerben.« »Ritsuka hat kein Interesse. Er ist bereits Mitglied von Mindbreaker.«, antwortete Akihiko für ihn. »Ich bezweifle, dass du ihm gesagt hast, was die Ziele und die Methoden diese zu erreichen sind, oder?« Es war als hätte sich ein unsichtbarer Schleier um die drei gelegt, als Akihikos Stirn sich in Falten lag und er es mied dem Blick seines Sacrifices zu begegnen. »Ich brauche die Ziele nicht zu wissen.«, sagte Ritsuka und klang dabei keines Wegs verunsichert. »Solltest du aber. Mindbreaker ist alles andere als friedlich. Sie verfolgen ihre Ziele mit eiserner Verbissenheit und wenn sie nicht das bekommen, was sie verlangen, dass zerstören sie alles und jeden, der ihnen in den Weg kommt!« »Na und? Manchmal muss man eben harte Geschütze auffahren, um seine Ideale zu erreichen.« »Du würdest das nicht sagen, wenn du wüsstest, dass es auch zu Mindbreakers Zielen gehört deinen Bruder zu töten.« Für einen kleinen Moment dachte Sayuri Entsetzen und Unsicherheit in den Augen des Ohrenlosen gesehen zu haben; aber dem war nicht so. »Das weiß ich bereits.« »Ach ja? Dann weißt du wahrscheinlich auch, dass Mindbreaker hinter Soubi Agatsuma her ist?« »Ich kann es mir denken.« Die Kälte und Gleichgültigkeit mit der Ritsuka der Verfolgung zwei seiner liebsten Menschen entgegen blickte, versetzte Sayuri in eine Art Trance. Wie konnte man nur so gefühllos sein? War das wirklich Ritsuka Aoyagi? Der kleine Junge, den man einst mit Samthandschuhen anfassen musste, um nicht zu fürchten ihn zu verletzen? Derselbe Junge, der den angeblichen Tod seines Bruders nicht verkraften konnte und der sich selbst in den Wahnsinn trieb, weil seine Gefühle für Soubi Agatsuma immer stärker worden? »Was hast du eigentlich erwartet? Das du einen kleinen, ängstlichen Jungen vorfindest, der mit der harten, erwachsenen Welt nicht zurecht kommt?«, lächelte Ritsuka hämisch. »Das ich dir mit einem verheulten Gesicht begegne?« Sie antwortete ihm nicht. »Wenn du das wirklich geglaubt haben solltest, dann muss ich dich enttäuschen. Dieser Ritsuka existiert nicht mehr. Er ist tot...« »Deine Worte sind grausam...« »Wahre Worte sind wie ein Messer. Sie treffen den Menschen am meißten.« Ritsuka erinnerte sich daran, wie Soubi ihm einmal diese Worte gesagt hatte. Damals; als er ihn noch liebte. »Dann hast du kein Problem damit, dass deine Waffe dein Tod deines Bruder ersehnt?« »Nein.« »Willst du denn nicht einmal die Gründe dafür wissen?« »Ich kenne sie bereits. Seimei hat vielen Menschen Leid und Kummer bereitet. Diesem Treiben muss ein Ende gesetzt werden.« »Es gibt auch andere Wege!« »Welche? Du meinst hoffentlich nicht eine friedliche Lösung? Wenn du Seimei kennen würdest, dann wüsstest du, dass es nur einen Weg gibt ihn zu besiegen. Den Kampf!« »Er ist dein Bruder!« »Er ist ein Monster.« Das Gespräch verlief nicht so, wie erwartet. Sayuri hätte damit gerechnet, dass Ritsuka alles getan hätte, um den Tod Seimeis zu verhindern. Dass er sauer auf Akihiko gewesen wäre, weil er versuchte seinen Bruder zu töten. Aber die Realität sah anders aus. »Wie kannst du dich nur gegen deinen eigenen Bruder stellen?« »Wie könnte ich nicht, nach allem was er mir angetan hat?« Die Erinnerungen an die einsamen Nächte, an die Abende in Angst und an das Gefühl nicht gewollt und gebraucht zu werden, kehrten wieder. In all ihrer Stärke und unsagbarer Trauer. »Seimei hat mich, seinen kleinen Bruder, alleine gelassen. Mich durch finstere Gänge wandeln lassen und mich nie wahrhaftig geliebt. Ich kann nicht gerade behaupten, dass ich das genossen habe.« »Er hatte seine Gründe...« »Ja? Das sagt jemand, der im Grunde auch will, dass er stirbt?« »Ich habe nie gesagt, dass ich das will.« »Aber Kaleidoskop ist doch auch hinter "bösen" Sacrifices und Waffen her, oder?« »Ja.« »Dann verfolgen wir doch alle das gleiche Ziel. Ich verstehe nicht, warum es dann zwei Organisationen mit demselben Ziel gibt. Wir alle wollen, dass das Morden und das Leid ein Ende hat. Es ist nun mal eine Tatsache, dass mein Bruder für vieles verantwortlich zu machen ist.« »Doch wir wollen ihn nicht töten! Wie versuchen die Täter zu rehabilitieren!« »Rehabilitieren?« Aus Ritsukas ernster Miene wurde eine amüsierte. »Das ist nicht dein Ernst, oder?« Sein kindliches und fröhliches Lachen erfüllte den Raum. »Der Witz ist wirklich gut.« »Das ist kein Witz.« »Man kann Seimei nicht rehabilitieren. Das ist verschwendete Zeit.« »Er hat Recht. Verschwendete Zeit, meine Lieben.« Schlagartig drehten sich Sayuri und LOVELESS um. Am Türrahmen lehnte lässig eine dunkle Gestalt, ihr Blick war auf Ritsuka geheftet und schien ihn vernichten zu wollen. »Ihr könnt euch so sehr anstrengen wie ihr wollt. Schickt 100, 1000 Waffen gegen Seimei in den Kampf: Ihr werdet ihn nicht besiegen können.« »Was macht dich da so sicher?« »Weil ich ihn kenne. Ich weiß wie groß seine Macht wirklich ist.« »Meinst du nicht, dass du ihn ein wenig überschätzt?« Sayuri kannte den Mann und begrüßte ihn mit einem freundlichen Lächeln. »Nein. Ihr glaubt alle, dass man BELOVED wie ein normales Sacrifice bekämpfen könnte, doch das stimmt nicht. BELOVED ist anders und das in vielerlei Hinsicht.« Der junge Mann kam auf die drei zu, seinen Blick nicht von Ritsuka abwendend. »Es überrascht mich, dass du deine Meinung so schnell geändert hast, LOVELESS.«, sagte Seichi. »Vor ein ppaar Stunden wolltest du noch mit allen Mitteln verhindern, dass wir deinen Bruder töten.« »Mindbreaker hat mir die Augen geöffnet. Er hat den Tod verdient.« »Soso...das sind ziemlich mächtige Worte für jemanden, der gerade erst seine Ohren verloren hat.« Seichi sah kurz zu Akihiko und wendete dann seine Aufmerksamkeit wieder Sayuri zu. »Ich werdet scheitern, Kaleidoskop. Ihr werdet ihn mit euren friedlichen Methoden niemals zur vernunft bekehren. Niemals.« »Und du meinst, dass ihr es mit Gewalt schaffen werdet?« »Es ist die einzige Möglichkeit.« »Es gibt immer eine andere Möglichkeit als zu Töten!« »Nicht wenn dein Gegner BELOVED heißt.« Der blonde Schönling gesellte sich zu der Versammlung und ließ dabei weder Ritsuka noch die Kaleidoskop-lerin aus dem Blickfeld. »Obwohl wir alle nach demselben Ziel streben, können wir uns nicht einigen. Ist das nicht erbärmlich?« »Kommt darauf an...«, antwortete Akihiko und sah dabei zu Ritsuka. »Wir könnten natürlich zusammenarbeiten und so versuchen unsere Ziele zu erreichen.« »Eine Kooperation kommt nicht in Frage. Das weißt du aber, Shirakawa-san. Eine Zusammenarbeit wird niemals in Frage kommen, solange ihr eure grausamen Methoden bei behaltet.« »Du nennst sie grausam, ich notwendig.« »Es kann also keinen Frieden zwischen uns geben?« »Nein.« Sayuri machte ihren Standpunkt klar; ihr selbst und allen Anwesenden. Als Mitglied von Kaleidoskop stand sie hinter diesen Idealen und hinter dem Ziel eine Welt ohne Gewalt für Sacrifices und Waffen zu erschaffen. »Dann ist es wohl sinnlos.« Sayuri senkte den Kopf, ihre Augen waren ohne Zweifel traurig. Langsam ging sie einen Schritt zurück, hob ihren Arm hoch und spreizte ihre Finger. »Ich kann euch leider nicht lebend gehen lassen.«, sagte sie und wendete ihre schönen Augen auf Ritsuka. »So Leid es mir auch tut, aber...ich muss dich töten.« Der Flur fiel in eine einsame Dunkelheit, der Boden verschwand und die Wände verschmolzen mit dem neuen Territorium. »System aktiviert.« Akihiko stellte sich vor sein Sacrifice, hob ebenfalls den Arm. »Ich akzeptiere.« Seine Augen glänzten und ein gefährliches Grinsen spiegelte sich auf seinen Lippen wieder. »Ich werde nicht zulassen, dass du auch nur ein Haar krümmst, IMAGERY!!« »Das werden wir noch sehen.« Die junge Frau sah ihm ins Gesicht, schien mehr als nur überzeugt von ihren Worten zu sein. Ihre melancholische Stimmung wich nicht einen einzigen Augenblick . »Du weißt, dass ich den Kampf über alles hasse und dennoch zwingst du mich dazu, Akihiko.« »Es liegt in unserer Natur zu kämpfen.«, antwortete Akihiko gelassen und musste erneut lächeln. »Apropos kämpfen...wo ist dein Sacrifice?« »Ich bin allein.« »Also automatisch?« »Was dagegen?« Sie streckte ihre Finger gen Ritsuka, fixierte ihn mit ihren Iriden und öffnete leicht den Mund. »Fesselung.« Schwarze Nebelschwaden umkreisten zuerst ihren Arm und rasten dann mit einer unglaublichen Geschwindigkeit auf LOVELESS zu. Akihiko wehrte ab. »Unser Name ist LOVELESS, wir sind die Ungeliebten. Deine Macht hat keine Wirkung. Dein Angriff geht ins Leere.« Wie an einer unsichtbaren Wand prallten die Nebelschwaden ab und verschwanden dann im Nichts. Ritsuka sah schnell zu seiner Waffe und murmelte die Worte: »Schlag zurück.« ... Soubi ging die hell erstrahlte Straße entlang, hielt sich seinen Arm, an dem Blut wie kleine Fäden hinunterlief und lächelte schwach. Seine Augen waren auf das Fenster einer Wohung gerichtet; leise murmelte er den Namen seines letzten Herrn in die kühle Morgenluft. »Ritsuka...« Er wollte ihn wieder zurückholen, er musste ihn wieder für sich gewinnen! Gleich, was es ihn kosten würde, er würde ihn wieder zu seinem Sacrifice machen... Soubi sah zum Fenster hinauf und glaubte ein bestimmtes Gesicht erkannt zu haben, welches sich in dem klaren Fenster wiederspiegelte. Ein schwarzer Kopf und keine Ohren... »Ritsuka?« ... »Gibst du auf?«, fragte er und sah höhnisch zu ihr herab. »Es hat keinen Sinn gegen uns zu kämpfen.« »Niemals.«, entgegnete sie ihm und hielt seinem Blick stand. Sayuri konnte nicht aufgeben. Es war ihre Pflicht sich ihm zu stellen und den Kampf zu gewinnen, auch wenn sie ohne Waffe kämpfen musste. »Ich werde nicht aufgeben.« »Dann ist dein Ende, das ist dir bewusst, oder?« Akihiko schien es keine Mühe zu machen, das junge Mädchen mit seiner Macht an die Wand zu drücken und sie ihrer Freiheit zu berauben. Es waren nur seine Augen, die sie fixierten; er rührte sie mit keinem einzigen Finger an. »Du bist dumm.«, sagte Ritsuka und ging einen Schritt auf Sayuri zu. »Wem willst du etwas beweisen?« »Ich will niemanden etwas beweisen. Ich kämpfe für meinen Traum.«, entgegnete sie und richtete ihren Blick auf ihn. Sie sahen sich an und beide wussten, dass keiner von ihnen jemals aufgeben würde. »Tust du nicht genau das gleiche, LOVELESS? Kämpfst du nicht auch, weil du die, die dir lieb sind beschützen willst?« »ich kämpfe, weil JEMAND kämpfen muss. Für den Triumph des Bösen reicht es schon, wenn die Guten nichts tun.« »Nietzsche?«, riet Sayuri. »Nein. Edmund Burke.« »Aber wie willst du Böse von Gut unterscheiden?« »...Seimei ist böse. Und ich werde ihn aufhalten.« Ein kurzer Blick zu Akihiko genügte und die Waffe ließ von ihr ab. »Geh. Ich will dich nicht töten müssen.« Keuchend hielt sich die junge Frau ihren Hals, verwirrt darüber, dass Loveless ihr ihre Freiheit wiedergab, obwohl er sie leicht hätte besiegen können. »Wenn wir uns das nächste Mal wieder sehen und du immer noch auf Seiten Kaleidoskops bist...dann werde ich keine Gnade mehr kennen.« Ein letztes Mal sah er in ihre Augen. Erschrocken fuhr sie zusammen, als sie erkannte, dass sein Blick dem von seinem Bruder gleich kam. Sie fürchtete sich vor diesem Blick und vor der Macht, die sie ausüben konnten. Sie waren wie Kugeln, die sich erbarmungslos in ihre Seele bohrten und nichts als einen Haufen von Scherben hinterließen. »Du hast dich verändert...«, flüsterte sie; unbeabsichtigt, dass LOVELESS es hörte. »Was meinst du damit?«, fragte er und ging schon in Richtung Tür. »Die Ohren? Meine Ansichten? Oder meinst du Soubi?« »Alles. Du merkst es wahrscheinlich nicht einmal, aber...du wirst deinem Bruder von Mal zu Mal ähnlicher.« Erzürnt drehte Ritsuka sich um. »Sag das nie wieder!!!«, blaffte er sie an. »Ich bin nicht wie mein Bruder! Hörst du?« Schnell legte Akihiko seinen Arm um seinen Herrn un führte ihn hinaus. »Hör nicht auf sie.«, beschwichigte er ihn sanft. »Sie redet wirres Zeug.« Kaum spürte Ritsuka die Wärme seiner Waffe, war die Wut verschwunden und wurde durch ein anderes, wohliges Gefühl ersetzt. <>Du hast Recht...«, stimmte er zu und verließ die Wohnung. Er sah nicht zurück, ließ Sayuri hinter sich, ohne zu sehen, dass sie zitternd ihre Arme um sich schloss. Er spürte nicht was für einen Einfluss seine Aura auf die letztlich gehabt hatte und er wusste nicht, dass es dieselbe Aura war, die auch sein Bruder gegen seine Feinde einsetzte. »Wir gehen in unser Hauptquartier.«, sagte Akihiko und sprintete mit seinem Herrn die Treppe hinunter. »Dort werde ich dir alles genauer erklären: warum wir gegen und nicht mit Kaleidoskop kämpfen, warum dein Brude um jeden Preis sterben muss und was es mit seinem "Verrat" auf sich hat. Ich will keine Geheimnisse vor dir haben, Ritsuka.« Er hielt noch einmal inne und drehte sein Gesicht zu dem Ritsukas. »Ich liebe dich.« Er presste seine Lippen auf seine und wartete auf eine Antwort, die auch sofort folgte. Energisch erwiderte Ritsuka den Kuss und stürzte sich auf ihn. »Wenn du mich jemals verlassen solltest, Akihiko...«, drohte Ritsuka im gefährlichen Ton. »...töte ich dich.« Schmunzelnd vergrub er seinen Kopf in Ritsukas Halsbeuge. »Werde ich nicht.«, war die genuschelte, ehrliche Antwort. Er nahm ihn bei der Hand und raste hinaus, wo das morgendliche Licht der Sonne die beiden bereits erwartete. Sie sahen nicht, dass sie beobachtet wurden, als sie in Akihikos Wagen stiegen und die Straße entlangfuhren. Soubi sah ihnen noch hinterher bevor er erneut zum Fenster hinaufsah und die Anwesenheit einer anderen, einer fremden Waffe spürte. Langsam bewegte er sich auf die zu... Kapitel 17: On the road ( part I ) ---------------------------------- >>Du hast es gewusst, oder?«, fragte Seichi und ging langsam auf die verletzte "Waffe" zu. »Du wusstest, dass du ihn nicht besiegen konntest.« »Warum fragst du mich Dinge, auf die du schon eine Antwort weißt?«, entgegnete sie und musste leise auflachen. »Auch, wenn ich keine Chance hatte...so hat es sich doch gelohnt.« Vorsichtig stand sie auf und musste sich an ihm abstützen. Ihre Blicke trafen sich für einen Augenblick und sie waren voller Liebe und Fürsorge. »Wenn er dich verletzt hätte...ich weiß nicht, ob ich dann noch zurückgehalten hätte.«, gestand ihr Seichi und legte seinen Arm um sie. »Ich bin es Leid, Sayuri...«, flüsterte er und vergrub sein Gesicht in ihren blonden Haaren. »Ich kann es keinen einzigen Tag mehr ertragen dein "Feind" zu sein...« »Ich weiß, was du meinst, Seichi.«, antwortete sie ihm mit derselbem, liebevollen Stimme, die sie ihm in den vergangenen Jahren immer geschenkt hatte. »Wir spielen ein gefährliches Spiel, dass für uns beide nur mit dem Tod enden kann.« Ihre Blicke sprachen mehr als Worte hätten beschreiben können. »Wir müssen weitermachen, gleich was auf uns zukommen mag.«, flüsterte Sayuri und ließ langsam von ihm los. »Das weißt du doch...« »Sie einer an...«, ertönte aufeinmal eine bekannte Stimme. »Ihr seid also ein Paar?« Sayuri und Seichi waren nicht überrascht diese Person zu sehen, noch, dass sie ihr Geheimnis zu kennen schien. »Ich hatte schon zu Anfang ein komisches Gefühl bei euch beiden. Vor allem bei dir, Seichi.« »Sprich mich nicht bei meinem Namen an.«, befahl dieser schroff und stellte sich augenblicklich schützend vor das Mädchen. »Von jemanden wie dir, will ich nicht so genannt werden.« »Was meinst du damit?« Seichi sah sich die Person genau an und bemerkte, dass rote Linien von seinem Arm bis zum Handgelenk führten. Verächtlich sah er ihm in die Augen. »Du bist ein Dummkopf, Soubi.«, sagte er missbilligend. »Wieso hast du das gemacht?« »Interessiert dich das wirklich?«, entgegnete er und lächelte charmant. Angesichts seines seelischen Zustand fand Seichi dieses Lächeln mehr als nur geheuchelt. »Du bist echt erbärmlich, Soubi.« »Na und? Es kümmert mich nicht, was du von mir hälst.«, sagte dieser wahrheitsgemäß und trat einen Schritt auf die beiden zu. »Das einzige, was mich interessiert, ist das falsche Spiel, das ihr zwei anscheinend mit uns allen spielt. Was soll das ganze? Wieso macht ihr allen weiß, ihr würdet für die jeweils verfeindeten Organisationen kämpfen, wenn ihr doch selbst "Waffe" und "Sacrifice" seid?« »Das geht dich nichts an. Ich muss mich vor dir nicht rechtfertigen. Du bist doch selbst nur ein Fake und hälst alle zum Narren.« Seichi war bereit notfalls den Kampf aufzunehmen. Er würde sein "Sacrifice" auf jeden Fall beschützen. Er hatte schließlich schon einmal gegen Soubi gekämpft und gewonnen. Seichi war sich sicher, dass ihm dies auch ein zweites Mal gelingen würde. »Und jetzt verschwinde bevor ich dir wieder wehtun muss!« »Ich werde nicht gehen.«, sagte Soubi entschlossen. »Nicht bevor ihr meine Fragen beantortet habt.« Sayuri war zu angeschlagen, um ihrer "Waffe" Rückendeckung zu geben. Hilflos sah sie zu, wie Soubi immer näher kam und sein überlegenes Grinsen einfach nicht von seinen Lippen weichen wollte. Das war der Mann, den sich Seimei zu Nutzen gemacht hatte. Die "zweite" Waffe... »Warum wolltest du, dass ich dir Ritsuka gebe?« Ein gefährlicher Unterton war in seiner Stimme zu hören. »Nenn mir den Grund.« »Damit LOVELESS endlich vereint ist.«, sagte Seichi und wich einen kleinen Schritt zurück. »Wieso?« »Ist das dein Ernst? Was soll die Frage? Du müsstest die Antwort besser als jeder andere kennen.« »Ich will sie aber von dir hören...« »Du kennst doch bestimmt Akihiko, oder?« »Shirakawa.« »Ja.« Vorsichtig warf Seichi einen Blick hinter Soubi. Wenn die Tür noch offen war, könnte sein Sacrifice fliehen und sich in Sicherheit bringen. Er wollte einfach kein unnötiges Risiko eingehen. »Akihiko ist...war schon lange auf der Suche nach Ritsuka. Ich habe im lediglich dabei geholfen. Akihiko und ich sind soetwas wie...Freunde.« Bei diesem Gedanken musste Seichi unwillkürlich lächlen. >Freunde...< »Und warum arbeitest du für ihn?« »Ich sagte dir bereits, dass dich das nichts angeht, Soubi.« »Ich will Antworten, Seichi. Zwing mich nicht dazu, dir Gewalt anzutun.« »Wie süß.«, belächelte dieser nur schwach. »Mir Gewalt antun? So wie du dir?« Mit verächtlich rollenden Augen sah er auf Soubis blutendes Handgelenk. >Versager.<, dachte er sich. »Wir wollen den Krieg verhindern.«, meldete sich plötzlich Sayuri zu Wort und trat aus dem Hintergrund hervor. »Wir wollen nichts weiter, als das Leben Unschuldiger beschützen.« »Und wie soll das gehen?«, fragte Soubi und bemühte sich nicht seine Ungeduld zu verheimlichen. »Indem wir das mächtigste "Sacrifce" in unserer Welt töten.« Soubis Amethyst-Augen schraken hoch. »Was habt ihr vor?« »Wir wollen Seimei töten.« »Das werdet ihr nicht schaffen.«, sagte er grollend und ballte die Hand zur Faust. »Es ist unmöglich.« »Nicht, wenn wir LOVELESS gegen ihn in den Kampf schicken.« Eine Minute lang herrschte absolutes Schweigen zwischen den dreien und Soubi versuchte angestrengt darüber nachzudenken, was er zu fühlen hatte. Man wollte den Mann, der er seit seinem 19.Lebensjahr über alles liebte, umbringen. Doch die Trauer, die eigentlich einsetzen sollte, blieb aus. Was er fühlte, war schwer zu definieren und letzlich nichts anderes, als Angst. »Jetzt...kennst du unser Ziel.« Sayuris Augen waren voll von Demut und Mitgefühl für den Älteren. Sie wagte es sogar sich neben ihre Waffe zu stellen und einen Schritt auf ihn zuzugehen. »Ich hoffe du verstehst uns, Soubi.«, wisperte sie. »Der Krieg ist bereits im vollem Gange und wir wollen einfach nicht, dass noch mehr Menschen ihr Leben lassen müssen. Es ist unumgänglich, dass Seimei stirbt.« »Ich werde es nicht zulassen.« »Das haben wir gewusst und deshalb...« Doch sie sprach den Satz nicht weiter. Soubi wusste ohnehin, was ihre Worte zu Ende bringen wollte. >...deshalb habt ihr Ritsuka zu Akihiko geführt.< »LOVELESS wird gegen BELOVED kämpfen.« »Bruder gegen Bruder...«, flüsterte Soubi. »Es tut uns Leid.«Seichi nahm langsam die Hand seines Sacrifces und führte sie hinaus zur Tür. »Halte uns nicht auf, Soubi.«, warnte er noch im Gehen. »Es ist sinnlos.« »Und was hast du jetzt vor?«, fragte Koji. Er zog die Vorhänge vor seinem Fenster zu und gos sich eine Tasse Kaffee ein. »Das weißt du ganz genau.«, antwortete er ihm und zog den Mantel aus. »Mir bleibt keine andere Wahl.« »Er wird nach dir suchen.« »Er wird mich nicht finden.« Koji streichelte leicht die Wange seines neuen "Schützlings"- »Du bist so ein Dummkopf...«, flüsterte er und lächelte ihn an. »Ich wusste, dass du das tun würdest.« »Sei ruhig.« »Tut mir Leid.«, sagte er demütig und ließ von ihm ab. »Aber du musst mir Recht geben. Als wir uns kennenlernten, hatte ich dir schon prophezeit, dass so etwas Ähnliches passieren wird.« »Hast du nicht.«, verneinte er. Erschöpft strich er seine schwarzen Haare beiseite und lehte sich gegen die warme Lehne des Stuhles. »Ich bin müde. Lass mich einen Augeblick allein.« »Das hättest du wohl gerne. Ich bin dir aber nicht zu Gehorsam verpflichtet. Tut mir Leid.« »Dann halt nicht.«, antwortete er verärgert. Er musste sich wohl wirklich daran gewöhnen, dass er Koji Kuran nicht so einfach Befehle erteilen konnte. Die Dunkelheit im Zimmer war auf wundersame Weise angenehm und verdrängte seine Depression, die sich langsam in ihm ausbreitete. Wie ein Strom, der ihn langsam mit sich zog. Er vermochte Trauer, Schmerz und Freude nicht mehr zu unterscheiden und selbst der Gedanke an seine "Waffe" war mit Emotionen verbunden, die er nicht mehr einordnen konnte. War er dem Wahnsinn nahe? »Du siehst nicht gut aus, wenn ich das mal so anmerken darf.« »Na und? Außer dir sieht mich hier auch keiner.« »Die Wirkung lässt nach?« Behutsam ging Koji auf ihn zu, zog Seimeis Kinn zu sich und starrte ihn analytisch an. »Das ist gar nicht gut.« »Lass mich.«, fauchte er seinen Arzt an und riss sich von ihm los. »Wenn du mich dich nicht anfassen lässt, kann ich dich auch nicht behandeln.« »Na und?« »...Sturkopf!« Mit nicht zu wenig Kraft zog er Seimei zu sich hoch und zwang ihn erneut ihm in die Augen zu sehen. »Und wenn ich dich dazu zwingen muss, hörst du?« »Lass mich los...«, sagte er drohend, konnte sich jedoch nicht befreien. Erschrocken über Kojis harten Griff und über die Kälte in seinen Augen, hielt er einen Moment inne. Er stieß gegen die Lehne und spürte wie Kojis warmer Atem sein Gesicht streifte. »Was soll das?«, fragte er und machte sich bereit dem Älteren eine zu verpassen, sollte er zu aufdringlich werden. »Lass mich los.«, forderte er noch einmal mit Nachdruck. Zuerst schwieg Koji nur, sah Seimei fasziniert an und legte dann seine Hand an dessen Wange. »Ich hatte zwar schon viele Leute darüber reden hören, dass du "schön" bist, aber...« Ein merkwürdiger Glanz war in Koji Augen zu erkennen. »...aber die Realiät ist doch etwas anderes...« »Was soll das heißen?« »Ich will damit sagen, dass du in Wirklichkeit noch "schöner" bist.« »Ach ja?« Seimei wusste nicht, was er von Kojis plötzlichem Sinneswandel halten sollte. Er hatte sich noch nie zuvor so verhalten und umso irritierender erschien es ihm, diesen nun so aufdringlich zu erleben. »Warst du schon immer so "zutraulich", oder habe ich da etwas nicht mitbekommen?« »Nichts mitbekommen, würde ich sagen. Es ist nur einfach so : Ich habe nun keinen Grund mehr, mich zurückhalten zu müssen. Früher war Nisei ja noch an deiner Seite. Aber da du dich ja dazu entschlossen hast, ihn "gehen" zu lassen, muss ich mich nicht mehr verstellen.« »Kaum zu glauben, dass wir beide auf derselben Seite kämpfen...«, sagte Seimei und versuchte sich noch immer vergebens aus seinem Griff zu befreien. Er spürte, wie sich Koji seinem Gesicht allmählich näherte und dass er keine Kraft haben würde, sich dagegen zu wehren. »Was hast du vor?«, fragte er, als er einsah, dass Koji mit Absicht den Abstand zwischen ihnen verkürzte. > »Nach was sieht es denn aus?«, antwortete Koji keck und hielt mit einem Mal Seimeis Hand in seiner. Leise schloss sich die Tür und Soubi blieb allein zurück. In der Finsternis des Raumes stand er nun, in seinen Gedanken versunken und dem gedanklichen Abgrund nahe. Sayuris Worte hallten unaufhörlich in seinem Kopf wieder und das Bild eines toten "Sacrifce" brannte sich in sein Innerstes. »Seimei..«, flüsterte er und schlug mit der Faust heftig gegen die Wand. Sie wollten ihn töten. Seinen Herrn... »Das werde ich nicht zulassen...« Soubi presste die Lippen zusammen. »Niemals.« Er liebte Seimei und hatte ihm Treue geschworen, gleich was kam. Bei dem Gedanken an die "andere" Waffe, an Nisei Akame, kam in ihm erneut die Trauer auf. Er musste sich Seimei mit jemand anderes teilen. Mit jemanden, der ihn wahrscheinlich genauso sehr liebte. Würde Nisei auch gegen Sayuri und Seichi kämpfen? Würde er Seimei ebenso vehement gegen sie verteidigen wie er? »Sind sie weg?«, ertönte eine junge Stimme. »Wo sind sie hin, Soubi?« Er drehte sich nicht nach ihm um, sondern nickte nur apathisch. Er kannte die Stimme und den unhöflichen Ton ihm gegenüber. Er kannte und hasste sie. »Was willst du hier?«, fragte er, blieb jedoch mit dem Rücken der Person zugewand. »Seimei schickt mich.« »Wozu?« Soubi konnte seine Ablehnung Nisei gegenüber nicht verheimlichen. Er brauchte nur dessen Stimme zu hören und sein Blut geriet ins Rasen. Eine schlechte Angewohnheit, dass wusste er. Ritsu und Seimei wären nicht zufrieden mit ihm. »Warum gleich so agressiv? Seimei wünscht, dass wir beide zusammenarbeiten.« »Zusammenarbeiten? Lächerlich.« »Ich bin auch nicht gerade glücklich darüber, aber wenn mein "Master" es befiehlt.« Soubi wusste, dass Nisei dies absichtlich gesagt hatte und er konnte auch die Betonung auf ein gewisses Wort wahrnehmen. »Ich kämpfe nicht mit dir zusammen. Ich hole Ritsuka alleine zurück.« »Seimei will nichts riskieren. Du hast ihn schon einmal enttäuscht.« »Das wird nicht wieder passieren...«, flüsterte Soubi, wobei er eher zu sich selbst zu sprechen schien. »Nie wieder...« »Seimei glaubt dir nicht. Deshalb bin ich hier.« »Ich brauche dich nicht, hörst du etwa schlecht?« Verärgert kam er auf Nisei zu und packte ihm grob am Kragen. »Verschwinde einfach und lass mich meinen Job machen.« »Nein.«, war dessen simple Antwort. »Das schaffst du nicht allein.« Ein gemeines Grinsen spiegelte sich auf Niseis schmalen Lippen wider. »Du bist zu schwach.« Kaum merklich zuckte Soubis Augenbraue hoch. Seine wunderschönen Augen verengten sich zu Schlitzen. »Halt den Mund.«, befahl er und drückte fester zu. Sanft berührte Niseis Hand die seines Kontrahenten und beinah liebevoll war der Blick, dem er ihm zuwarf. »Soubi, Soubi...«, whisperte er und klang dabei überzeugend sinnlich. »Du verstehst es nicht, oder?« »Was soll ich nicht verstehen?«, blaffte er ihn an, erschauderte jedoch bei dessen Berührung. »Du kannst dich Seimeis Befehl nicht einfach widersetzen. Wenn er sagt, dass wir zusammenarbeiten sollen, dann wirst du das auch tun, verstanden.« Mit einem Mal war Niseis Lieblichkeit verschwunden und die seimeigleiche Kälte trat an deren Stelle. »Du musst gehorchen.« Soubis Griff wurde schwächer. Seine Augen sahen ihn traurig entgegen. Gehorchen, schoss es ihm durch den Kopf. War es nicht ein schreckliches Schicksal seinen Körper und seine Seele an jemanden zu verkaufen, der einen selbst nicht liebte? War es nicht eine Farcé? Soubi war es in dem Moment egal gewesen, als Seimei ihm unter quälvollen Schmerzen seinen Namen eingravierte. War die Liebe denn größer als das Leid gewesen? »Glaubst du ich würde zulassen, dass du mich küsst?«, entgegnete Seimei, als Koji die Lippen spitzte und die Hand an seine Wange lehnte. Er stoppte abrupt und lächelte still in sich hinein. »Willst du es nicht auch?« »Was soll die Frage?« Beide rührten sich keinen Millimeter, sondern sahen sich nur an. Sie wussten, was in dem anderen vorging. Und bei dem Gedanken an Kojis lächerliche Fantasien wurde Seimei unsagbar schwer ums Herz. Waren es nicht dieselben Gedanken, die Nisei auch ihm gegenüber hegte? Wie oft hatte er seinen sehnsuchtsvollen Blick gesehen und ihn dabei beobachtet, wie er den Graben zwischen ihnen aufzuschütten versuchte? Vergeblich... »Armer Nisei...«, grinste Koji und ließ von Seimei ab. »Wie oft muss er sich vorgestellt haben, dir so nahe zu kommen wie ich dir gerade?« »Das geht dich nichts an.« »Bestimmt hunderte Mal...«, grinste Koji als hätte er Seimei gar nicht wahrgenommen. »Es ist doch ein Trauerspiel, findest du nicht? In deinem Alter sollte man seine Ohren schon längst verloren haben.« »Unsinn.« »Das ist mein voller Ernst. Ich bewundere deine Ausdauer dich deiner Waffe so lange verweigert zu haben. Man braucht schon eine Menge an Kraft und Willen um der süßen Verführung standhalten zu können.« »Nur weil du deine Ohren früh verloren hast, bedeutet das noch lange nicht, dass ich dasselbe tun muss.« »Die Erfahrung würde sich aber lohnen.« »Halt einfach den Mund, Koji. Es bringt nichts...« »Aber man kanns ja versuchen...« Endlich lockerte sich sein Griff und ließ den Jüngeren frei. »Ich mag dich, Seimei. Findest du deshalb schlimm, dass ich ihr näher kommen will?« »Um ehrlich zu sein: Es ist mir egal, was du für mich empfindest. Du weißt, dass du keine Chance hast. Du solltest unsere "Beziehung" realistisch sehen.« »Brutale Worte.« »Es sind ehrliche Worte.« »Wir werden zusammenarbeiten.«, erklärte Nisei erneut und riss sich von Soubi los. »Ob es dir passt oder nicht.« Resignierend sah dieser aus dem Fenster und nickte nur schwach. »Wenn er es befiehlt.« Schweigen herrschte zwischen den beiden und ließ die Atmospähre nur noch kühler erscheinen als sonst. »Und wie sieht unser Plan bezüglich Ritsuka aus?« »Wie soll er schon aussehen?«, lächelte Nisei und grinste scharf. »Weißt du denn wo sich die beiden aufhalten?« »Ich habe eine Ahnung. Da Ritsuka dich mit Sicherheit nicht zu sich rufen wird, müssen wir einfach unser Glück versuchen und hoffen, dass er da ist, wo ich vermute.« »Und wo wäre das?« »In der neutralen Zone.« »Neutrale Zone?« »Shichisei-Schule.« »Also nach Goura.« Kapitel 18: On the road (II) - Serena meets Ritsuka --------------------------------------------------- Kleine Anmerkung: Zu der Begegnung zwischen Serena und Ritsuka passt meiner Meinung nach, die Musik : Salva Nos II , At Dawn. Zu dieser Instrumental Musik wurde das Kapitel auch geschrieben. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Langsam stieg Ritsuka aus dem Wagen aus, hielt sich an der Tür fest und blickte erstaunt drein, als der das herrschaftliche Haus vor sich sah. »Das ist...«, fing er begeistert an. »...unser Hauptquartier.« »Es sieht nicht gerade danach aus.«, stimmte Akihiko lächelnd zu und stellte sich neben sein Sacrifice. »Es ist eine gute Tarnung, denn offiziell ist dies ein Waisenhaus.« Ritsuka sah sich die weiße Fassade und die großen einladenden Fenster an. Dunkle Vorhänge zierten das Innenleben des Gebäudes und er konnte sich schon gut vorstellen, dass das Mobiliar ebenfalls sehr elegant ausfiel. »Wie viele Leute arbeiten für unsere Organisation noch mal?« »Nicht viele. Aber du wirst sie gleich alle kennenlernen.« Sanft legte er seinen Arm um ihn und führte ihn langsam zu dem gigantischen Stahltor, dass das Waisenhaus von der Außenwelt abgrenzte. »Sie werden dir vielleicht auf den ersten Blick...seltsam vorkommen, aber sie sind eigentlich ganz nett.« »Eigentlich?« Verdutzt blickte Ritsuka in Akihikos dunkle Augen. »Was meinst du damit?« »Nun ja...« Es stahl sich ein kleines Grinsen von seinen Lippen. »Sie haben alle ihre Macken, musst du wissen. Sie sind....alle sehr verschieden.« »Ah ja.« »Aber du wirst sie mögen.«, versicherte er ihm nocheinmal und drückte ihn fest an sich; fast so, als würde er dadurch seine Unsicherheit verscheuen können. »Sie sind da.«, sagte das kleine Mädchen und sah erwartungsvoll zu ihrem Sacrifice. »Soll ich ihnen entgegen kommen?« »Nein, lass sie ruhig. Akihiko kennt den Weg.«, antwortete das Sacrifice und ließ das Weinglas langsam wieder auf den Tisch sinken. Ein gequältes Lächeln spiegelte sich auf seinen Lippen wider. »Was meinst du, Serena?« »Hm?« Elegant bewegte sie sich vom Fenster weg und ließ den Vorhang wieder an seinen angestammten Platz gleiten. Sie kniete sich sicher vor ihren Herrn hin. »Du meinst LOVELESS, oder?« »Ja. Ich will deine Meinung zu ihm wissen, Serena.« Ihre blauen Augen wichen keinen Augenblick von denen ihres Sacrifices. Ein Moment der Stille folgte, in dem sie anscheinend nachdachte. »Ich denke, dass wir ihm versuchen sollten, zu vertrauen.« »Vertrauen ist gut...« »...Kontrolle ist besser. Ich weiß.«, beendete sie seinen Satz und lächelte ihn an. »Mach dir bitte keine Sorgen, es könnte etwas schief gehen, nur weil wir versuchen BELOVED zu töten. Sieh es doch positiv: Nun haben wir seinen Bruder an unserer Seite.« »Und was, wenn er sich gegen uns wendet? Ich zum Beispiel könnte es nicht: Meinen Bruder töten.« »Das liegt daran, dass du keinen hast.«, grinste das Mädchen und legte ihren Kopf auf seinen Schoß. »Bitte mach dir keine Gedanken mehr, ja?« Zärtlich strich er seiner Waffe die silbernen Haare von der Schulter. »Ich sollte die Dinge einfach auf mich zukommen lassen, oder?« »Ja. Das wäre das Beste.« Akihiko öffnete die große Tür und betrat zusammen mit seinem Sacrifice das Zimmer. Es war dunkel und ein angenehmer, rauchiger Geruch kam ihnen entgegen. Der Ältere konnte im Schatten zwei Gestalten ausmachen und musste leicht grinsen als er sie erkannte. »Wie geht es dir?«, sprach er die sitzende Person an. Seine Augen wanderten zu dem kleinen Mädchen, welches ihm zu Füßen saß. »Haru?« »Wie soll es mir schon gehen? Gut und dir soweit?« Der Langhaarige stand auf, streichelte dabei noch einmal den Kopf des kleinen Mädchens. »Wie ich sehe hast du ihn gefunden.« Akihiko grinste und sah dann zu Ritsuka. »Das ist Haru Yamagi-sama. Ein alter Bekannter von mir.«, stellte er ihn vor. Ritsuka versuchte seine Aufmerksamkeit dem Mann zu widmen, schaffte es jedoch nicht seine Augen von dem Mädchen am Boden abzuwenden. »Und das ist seine Waffe Serena.«, fügte Akihiko vorausschauend hinzu. Die Tatsache, dass beide keine Ohren mehr hatten, ließ den Jungen ernsthaft an bestimmten Tugenden zweifeln, vor allem, da das kleine Mädchen kaum älter als er selbst zu sein schien. »Sie ist 14.« Das Mädchen namens Serena richtete sich auf und behielt dabei den jungen Ritsuka lethargisch im Auge. Ihr silbernes Haar und die klaren, blauen Augen erinnerten ihn an Wasser und an die Eigenschaften, die es besaß. Er wusste nicht wieso, aber aus irgendeinem Grund strahlte das Mädchen eine ungeheure Aura aus. Sie fesselte ihn mit ihren Blicken und mit ihrer bloßen Präsenz. Sie wirkte wie ein Schatten, der sich jeden Moment auflösen könnte und doch.... »Ich lasse dich einen Augenblick mit ihr allein, in Ordnung Ritsuka?«, sagte Akihiko. »Wieso?« »Ich muss ein paar Worte mit Haru reden.«, entschuldigte er sich. Jener hatte sich schon in Richtung Tür begeben und wartete nun auf seinen Kameraden. »Es wird nicht lange dauern. Unterhalte dich ein wenig mit Serena. Sie ist eine gute Zuhörerin.«, versicherte Haru ihm und verschwand dann. Akihiko folgte ihm. »Ritsuka Aoyagi.«, sagte sie und ihre Stimme klang wie Glas. Überrascht drehte er sich um und sah das Mädchen plötzlich vor sich stehen. Von Nahem sah sie sogar noch zerbrechlicher aus als erwartet und Ritsuka fragte sich, wie stark sie als Waffe wohl war. »Mein Name ist Serena.«, stellte sie sich vor. »Und dein wahrer Name?« Doch sie lächelte nur. »Ich zeige dir das Haus.« Sie nahm ihn bei der Hand und er spürte wie kalt sie war. Erschrocken zuckte er zusammen. »Hab keine Angst.«, beschwichtigte sie ihn als sie seinen Gesichtsausdruck sah. »Ich habe keine Angst.«, antwortete er wahrheitsgetreu und ließ sich mitschleppen. »Aki hat dir bestimmt schon gesagt, dass dies ein Waisenhaus ist...« »Ja, hat er.« Ritsuka wunderte sich ein wenig, dass sein Akihiko auch mit Aki angesprochen werden konnte. »Aber das ist doch nur Tarnung, oder?« »Nicht ganz. Wir sehen nicht nur so aus, wir sind auch ein Waisenhaus.« »Soll das heißen...?« »Ja...« Ihr Blick verriet ihm alles. Gemeinsam erreichten sie den nächsten Raum und Ritsuka wusste schon beim Öffnen dieser, was ihn erwartete... »Waisenkinder...«, flüsterte Serena. Der Raum war groß, erinnerte an ein großes Atrium. Von der Decke hing ein imposanter Kronleuchter und an den Seiten des Raumes waren Betten akurat aufgestellt. Nicht alle waren belegt, doch auf den vorderen fünf saßen Kinder. Als sie Serena erblickten sprangen sie schnell auf, liefen auf sie zu und hatten alle ein glückliches Lächeln auf den Lippen... »Er ist noch jung.«, sagte Haru und lehnte sich gegen die Wand. »Noch sehr jung.« »Älter als deine Waffe.«, konterte Akihiko und grinste dabei in sein Gesicht. »Zudem noch ohrenlos. Du lässt aber auch nichts anbrennen.« »Das musst du gerade sagen. Serena hat ihre Ohren ebenfalls nicht mehr. Und sie ist 14.« »Ich denke nicht, dass man das miteinander vergleichen kann...« »Ansichtssache.« Die beiden jungen Männer sahen sich an und teilten ihre Gedanken. Endlich war er bei ihnen! Endlich gehörte LOVELESS zu Mindbreaker. »Es hat lange gedauert.«, seufzte Akihiko und strich sich durch sein schwarzes Haar. »Ich hatte beinahe schon die Hoffnungen aufgegeben.« »Doch die Mühe und Zeit hat sich letztlich gelohnt. Kaleidoskop wird verlieren.« »Ja...verlieren.« Akihikos Miene verriet Haru, dass ihn irgendetwas beschäftigte. »Du du scheinst nicht glücklich zu sein.« »Es ist nichts.«, entgegnete er. »Lügner.« Haru verschränkte die Arme und machte sich auf ein längeres Gespräch gefasst. »Was ist los mit dir? Du hast dein Sacrifice gefunden, unsere Pläne verlaufen soweit gut und BELOVED scheint auch bald aus dem Weg geräumt zu sein. Ich verstehe nicht, warum du so eine Miene ziehen musst.« »Das kannst du einfach nicht verstehen.« »Dann versuche es mir doch zu erklären.« »Nein...« Akihiko dachte an sein Sacrifice und an seinen Gesichtsausdruck als er an Seimei dachte. Daran, wie sie sich Sayuri Asakawa entgegenstellten und wie sie das Battle gewonnen hatten. Ritsukas verzweifelten Worte : > Ich bin nicht wie mein Bruder...< Aber er sah die Veränderung. Akihiko erkannte wie sich der kleine Junge allmählich in einen Erwachsenen verwandelte. In jemanden, der Seimei gar nicht mal so unähnlich war... »Was, wenn Ritsuka genauso wird?« »Kinder brauchen Liebe. Ihr Wesen würde eines Tages sterben, wenn sie nicht in den Genuss eines geliebten Menschen kämen.«, erklärte Serena und streichelte liebevoll den Kopf eines Kleinkindes. »Wie sieht es mit dir aus, Ritsuka?« ~ Wie es mit mir aussieht?~ »Hast du Liebe empfangen?« Ritsuka spürte, dass Serena ihn provozieren wollte und das diese Frage absichtlich gestellt wurde. »Was tut das zur Sache?«, fragte er. »Ich möchte wissen, was für ein Mensch du bist, Ritsuka.«, antwortete sie ihm und deutete dem Kleinkind an, Spielen zu gehen. »Bist du auch ohne Liebe aufgewachsen?« Sein Herz krampfte sich ungewollt zusammen. »Wieso auch?« »So wie Soubi?« »Was hat er damit zu tun?«, fragte er leicht gereizt und sah sie wütend an. »Wieso sprichst du von Soubi?« »Und warum bist du so gereizt?« Serenas Miene blieb unberührt. Ihre zärtlichen Augen sahen ihn nur unverwandt an, so, als würden sie all seine Geheimnisse kennen. »Soubi hat dir doch einmal sehr viel bedeutet. Warum klingt deine Stimme dann so hasserfüllt?« »Soubi hat mich betrogen.«, antwortete Ritsuka kühl und um Beherrschung bemüht. »Ich hasse ihn. Ihn und meinen Bruder.« »Ja, Seimei...«, flüsterte sie und sah zu Boden. »Dein Bruder hat es auch nicht gerade leicht gehabt.« Sie ging langsam auf das Ende des rießigen Raumes zu. »Oder würdest du da widersprechen?« »Ja, würde ich.« Dabei klang er genauso herzlos wie eben genannter. »Was meinen Bruder betrifft, kann ich nur sagen, dass er derjenige war, der anderen Menschen Leid zu gefügt hat und nicht anders herum.« »Hmmm....« Serena wandte ihren Kopf wieder Ritsuka zu. Ihr langes Haar fiel ihr um die Schultern und ließ sie sehr mädchenhaft erscheinen. Erst jetzt bemerkte er, dass sie wirklich erst wie 14 aussah. Beim ersten Hinsehen wirkte sie noch etwas älter. Doch die Art wie sie mit ihm sprach und ihre Wortwahl ließ eher auf ein älteres Mädchen schließen. »Menschen, die früher misshandelt worden sind, werden später selbst zu Menschen, die andere misshandeln. Kennst du diese Theorie?« »Ja, aber was willst du mir damit sagen?« »Vielleicht...hatte dein Bruder eine ähnliche Kindheit hinter sich...?« »Unsinn. Er wurde immer von allen geliebt. Seimei hatte niemals Probleme.« »Meinst du?« Serena klang so, als wüsste sie mehr als sie zugeben wolle. Und das störte Ritsuka. Was bildete sich dieses Mädchen nur ein? Sie kannte Seimei doch gar nicht...oder?? »Wie gut kennst du meinen Bruder?«, fragte er misstrauisch und ging ihr langsam nach. »Gar nicht.« »Aha. Und warum glaubst du, dir eine Meinung zu ihm bilden zu können?« »Ich kenne die Menschen, Ritsuka. Manchmal sogar besser als sie sich selbst kennen.« »Na und?« »Ich wollte nur damit sagen, dass ich nicht glaube, dass Seimei von Anfang an ein schlechter Mensch war.« HA! Innerlich musste Ritsuka sich ein Lachen verkneifen... »Ich denke, dass du noch ein wenig zu jung bist, um so erfahren sprechen zu können.« »Das ist deine Meinung. Doch ich kann dir versichern, dass ich genügend Erfahrungen sammeln konnte, um so sicher zu sein.« »Ach ja? Wie das?« »Lass es mich so sagen...: Auch ich bin jemand, der andere Menschen misshandelt.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)