Loveless´faith von Beloved ================================================================================ Kapitel 15: Seimei´s plan ------------------------- ~ Vorsichtig strich Seimei die schwarzen Haare aus dem bleichen Gesicht. Leise Tränen flossen auf den toten Körper unter ihm. Es war geschehen: Sein größter Albtraum hatte seine Erfüllung gefunden. Apathisch drückte er den leblosen Kopf an sich, vergrub seine kalten Wangen in dem noch warmen Haar, sog den dahinschwebenden Duft ein. Wollte ihn nicht verlieren, ihn nicht an das Reich der Toten abgeben, aber er hatte den Kampf verloren...ein allerletztes Mal berührten seine Lippen die seines Liebsten. Das allerletztes Mal flüsterte er ihm die Worte entgegen... ~ Das regelmäßige Tippen seiner Finger auf die Tastatur zerriss die sonst so kühle Stille des Raumes. Ein wohliger Geruch von Zimt erfüllte die großen Wände und ein kalter Luftzug drang durch das offene Fenster. Ohne vom Monitor abzusehen nahm Ritsu die Tasse Kaffee und nippte an ihr. Seine Augen waren auf die Berichte vor ihm gebannt. Gierig las und tippte er. Der Inhalt der Nachrichten, die er in den letzten 2 Stunden erhalten hatte, waren umfangreicher als erhofft und vor allem nützlich. Ritsu war seine Rolle in diesem "Krieg" schon bewusst. Er und seine Schule sollten eigentlich "neutrales Gebiet" sein, aber es war idiotisch zu denken, dass man sich diesem "Kampf" auch nur in irgendeiner Weise entziehen konnte. »Allem Anschein nach verfolgt Seimei Aoyagi nicht die Ziele, von denen wir zu Anfang unserer Ermittlungen ausgegangen sind. Seimei ist, und das steht nun vollkommen fest, darauf erpicht, seinen jüngeren Bruder Ritsuka alias LOVELESS zu sich zu nehmen. Wir gehen sogar davon aus, dass er ihn gegen seine bisherige "Waffe" eintauschen will. LOVELESS zählt zu den 5 Stärksten "Sacrifices" und da BELOVED selbst eines der Stärksten ist, liegte unsere Vermutung nahe, dass er sich mit ihm vereinen will. Zwar ist die Kombination "Sacrifice" und "Sacrifice" unnatürlich, doch da beide sehr mächtig sind, dürfte das kein großes Problem für sie darstellen. Falls Ritsuka nun wirklich von seinem Bruder zur Erlangung von noch mehr Macht, ausgenutzt werden sollte, müssen wir davon ausgehen, dass KALEIDOSKOP nicht mehr so passiv agieren wird, wie bisher....«, las Ritsu eifrig. Einige seiner schlimmsten Befürchtungen, Seimei betreffend, hatten sich unglücklicherweise bewahrheitet. »Seimei....« Ritsu nahm einen Stapel Akten zur Hand, schlug gleich die erste Seite auf, auf der ein heimlich aufgenommenes Foto des jungen Mannes abgebildet war. An seiner Seite, in die entgegene Richtung gehend, war Nisei. Auf den ersten Blick erschien es, als würden sich die beiden nicht kennen, doch bei genauerer Betrachtung sah man, dass Nisei etwas heimlich in Seimeis Hand gleiten ließ. Man wusste nicht, was es war, aber Ritsu war sich sicher, dass es nichts Gutes sein konnte. »Zudem müssen wir davon ausgehen, dass der Kampf zwischen KALEIDOSKOP und MINDBREAKER nun unumgänglich ist. Die beiden Organisationen sind nicht bereit zu kooperieren und gemeinsam gegen BELOVED anzugehen. Sie verfolgen ihre eigenen Ziele und hängen immer noch der Vergangenheit hinterher. Es wird schwierig werden, diese beiden Organisationen, die einst zu einer gehörten wieder zu vereinen und so das Gleichgewicht herzustellen. « Ritsu erinnerte sich an die Geschichte beider. Warum so eigentlich dasselbe Ziel verfolgten und dann noch auf so unterschiedliche Weisen. Der Beginn des "Krieges" beruhte auf einem offensichtlichem Missverständnis, das nicht so einfach der Welt geschafft werden konnte. »Mindbreaker ist allen "bösen" Sacricfices auf der Spur. Sie wollen sie...- nun offiziel sagen sie, dass sie sie nur "gefangen" nehmen wollen - aber in Wahrheit streben sie nach deren...Vernichtung.« Ritsu zuckte zusammen. >Vernichtung...< Dieses Wort erschien ihm unvollstellbar grausam und doch kam es ihm vertraut vor. Die Vernichtung von "Sacrifices", was für eine unangenehme Vorstellung. Er erinnerte sich noch daran, als er seine "Waffe" verloren hatte. Es sind unvollstellbare Schmerzen. Nicht physisch, doch umso intensiver im psychischen Sinne. »Falls Seimei seine "Waffe" verlieren würde...er würde sich wahrscheinlich nicht darum sorgen; sich einfach eine andere Suche und weiterleben, als wenn nichts gewesen wäre. Ja, das würde Seimei tun. Eiskalt. Ohne Gefühle und ohne Reue würde er Nisei opfern. Ritsu mochte diese Einstellung nicht. Er selbst war der Meinung, das "Sacrifice" und "Waffe" auf Tod und Verderben zusammen halten mussten. Auch, wenn sie es nicht wollten. Es war ihr Schicksal.... »KALEIDOSKOP hingegen versucht das selbe Ziel, die Gefangennahme und Rehabilitierung "böser" Waffen, mit friedlichen Mitteln zu erreichen. Sie versuchen so wenig Gewalt wie möglich einzusetzen und Battles ausschließlich im allerhöchsten Notfalls zu kämpfen. Diese Methode ist, unserer Meinung nach, nicht effektiv. Stände man BELOVED gegenüber, wären die Folgen einfach zu errechnen.« Ritsu wusste, dass ein Kampf gegen BELOVED alles andere als leicht werden würde. Das schwierige dabei war, dass Seimei sehr gut mit Worten umgehen konnte. Noch besser als Soubi sogar, auch, wenn der Direktor sich das nur ungern eingestehen konnte. Seimei war, was dies anbelang,...perfekt. »Seimei Aoyagi muss vernichtet werden. Sein Tod hat höchste Priorität. Aufgrund unserer Nachforschungen, gehen wir davon aus, dass Seimei hinter allem steckt. Er ist der Grund, warum sich KALEIDOSKOP und MINDBREAKER nicht vertragen können. Wir wissen zwar noch nicht, wie er es geschafft hat, dass sich diese Organisationen gegenseitig beseitigen wollen, aber für die Beseitigung von BELOVED ist dieser Grund auch nicht relevant.« »Seimei töten...« Als wenn dieses Unterfangen so einfach wäre. Wie viele Menschen dies wohl schon versucht hatten und letztlich daran gescheitert waren. Seimei war nicht so einfach zu töten... »Wenn Seimei stirbt, wird der "Krieg" vielleicht nicht so schlimme Auswirkungen auf unsere Welt haben, wie vorausgesehen...Wenn Seimei stirbt, wird der Konflikt zwischen den Organisationen vielleicht aufhören und vielleicht wird es sogar möglich, dass sie wieder zu einer Einheit werden. Doch nur, wenn Seimei endlich stirbt...« ~Er hielt den Körper noch enger an sich. Er spürte, wie die Wärme inzwischen verflog und der eisige Körper zu zerfallen drohte. Schuldgefühle. Reue. Seimei drückte sein Gesicht an das seiner Waffe. Flehte still um Vergebung. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Wie konnte er nur dieses Risiko eingehen? Warum, nur? Nisei antwortete nicht auf seinen Master, seine Lippen, die ihn nur ein einziges Mal berührt hatten, würden für immer schweigen. »Nisei...«, whisperte Seimei leise, ließ seine Fingerkuppen vorsichtig über Niseis Wangen gleiten. »Verzeih mir...ich bitte dich...verzeih mir...«~ Ritsu trank den letzten Schluck des Kaffes, stellte die leere Tasse auf den Tisch und stand auf. Seine müden Gelenke schmerzten. Er hatte zu lange an den Unterlagen bezüglich MINDBREAKER,KALEIDOSKOP und Seimei gesessen. Letzten Endes war das Ergebnis seiner Ermittlungen genau so gewesen, wie er es sich gedacht hatte. »Seimei muss sterben...« Ritsu war sich im Prinzip dessen schon lange bewusst gewesen, nur der Gedanke daran, ein ehemals "gutes" Sacrifice zu töten, hielt ihn davon ab, den sinnvollen Gedanken auszuführen. »Was Nisei dann wohl tun wird...«, fragte er sich und stellte sich ans Fenster. »Würde er sich freuen?« Der Direktor verschränkte die Arme, lehnte sich mit dem Rücken an das Fenster und sah zur Tür, die sich langsam und lautlos öffnete. »Was willst du?«, fuhr er Lehrerin Nagisa scharf an. Sie begegnete ihm mit einem eiskalten und beleidigten Gesichtsausdruck. »Komm mal wieder runter, Ritsu. Ich muss mit dir reden.« »Ich habe keine Zeit. Ich habe noch zu tun.«, log er. »Ach ja? Ich kann es leider nicht aufschieben. Es geht um BELOVED.« »Aha.« Es ermüdete ihn allmählich, dass sich immer alles um dieses eine Team zu spielen hatte. Wie konnten zwei Personen nur so viel Ärger verursachen und so viel Gefahr bedeuten? »Was willst du mir sagen?« »Nun ja...« Nagisa schloss die Tür, lud sich selbst ein und setzte sich auf den Stuhl vor Ritsus Tisch. »Sayuri Asakawa, das Mitglied von KALEIDOSKOP, rief mich vorhin an.« »Und? Habt ihr Small-Talk geführt?« Verärgert sah sie ihn an. »Nein, haben wir nicht. Wir sprachen darüber, dass es an der Zeit sei...nun wie soll ich sagen: Es ist an der Zeit LOVELESS zu testen.« »Testen? Was willst du damit sagen?« »Ritsuka Aoyagi hat nun endlich seine Waffe gefunden. Akihiko Shirakawa ist mächtig. Sogar noch mächtiger als dein Soubi, dass musst du zugeben...« »Na ja...das liegt wohl im Auge des Betrachters...« Ritsu rollte verächtlich mit den Augen. »Wie dem auch sein...Sayuri war der Meinung, dass LOVELESS...vielleicht in der Läge wäre, BELOVED zu töten.« »Was?!« Überrascht über diese Aussage sprang Ritsu vom Fenster. »Das soll sie gesagt haben?« »Ja.« Auch Nagisa-sensei wirkte so, als wenn sie ihren eigenen Worten lieber keinen Glauben schenken wolle. Traurig senkte sie ihre Augen. »Aber Sayuri meinte auch, dass LOVELESS ihn lieber selber aus dem Weg schaffen wollen würde, als mitanzusehen, wie BELOVED von MINDBREAKER...getötet wird.« »Das leuchtet mir schon ein, aber dennoch...! Wie kann sie so etwas sagen? LOVELESS wird nie im Leben seinen eigenen Bruder töten. Wie kommt sie nur darauf, dass er dies auch noch freiwillig tun wird?« »Wenn man darüber nachdenkt, dann erscheint einem diese Idee doch nicht so abwägig. Ritsu, es ist uns schon allen bewusst, dass Ritsuka seinen Bruder Seimei über alles liebt und dass er ihn niemals verraten wird, gleich, was dieser ihm auch antun wird, aber...Ritsuka wird es auch nicht zulassen, dass MINDBREAKER Seimei umbringt.« »Und warum denkt Sayuri dann, dass LOVELESS mit MINDBREAKER kooperieren wird und BELOVED tötet? Es ist doch wahrscheinlicher anzunehmen, dass sich LOVELESS gegen MINDBREAKER stellt, oder?« »Das hatte ich ihr auch gesagt, aber...sie sagte, dass KALEIDOSKOP schon dafür sorgen würde, dass....ihm einfach keine andere Möglichkeit bleiben würde...« »Es gibt immer eine andere Möglichkeit als zu Töten.« »Ritsu, du scheinst vergessen zu haben, dass Ritsukas Waffe ein Mitglied von MINDBREAKER ist, genau der Organisation, die BELOVED vernichten will. Wenn...mal angenommen, wenn Akihiko sein Sacrifice "überredet" dann...« »Unsinn...« Doch je länger er darüber nachdachte, je näher er den Gedanken an sich heran ließ, desto grausamer kam er ihm vor. Würde Akihiko seine Waffe beeinflussen, so sehr, dass Ritsuka sich gegen seinen eigenen Bruder stellt, dann hätte BELOVED mit Sicherheit ein Problem. Zwei der Stärksten Teams, die sich in einem Kampf auf Leben und Tod gegenüberständen... »Furchtbar....«, säuselte Ritsu. »So sollte es nicht sein...« »Ich weiß. Es ist einfach eine grausame Vorstellung, dass sich zwei Brüder bekämpfen...« »Ich kann dich verstehen, aber wenn es der einzige Weg ist, Seimei aufzuhalten, dann...« >Seimei aufhalten?< »Wir gehen alle davon aus, dass Seimei ein "Böser" ist...« »Das ist er doch auch.« »Aber was, wenn alles anders ist, als wir denken?« ~~~ »Du hast nur schlecht geträumt.« Sanft strich Nisei über Seimeis Stirn. »Es ist alles in Ordnung.« Die Haut seines Sacrifice fühlte sich furchtbar heiß an. >Sind das etwa die Nebenwirkungen seiner Medizin?<, fragte er sich ernsthaft. Er zog die Bettdecke bis zum Kinn hoch. »Ich bin nicht krank, Nisei. Ich brauche das nicht.«, wehrte Seimei ab und schob sie wieder von sich. Er bemühte sich aus dem Bett zu steigen, in dem er noch vor wenigen Minuten den schlimmsten Albtraum seit langem gehabt hatte. Er spürte, wie sich Tränen in seinen Augen ansammeln wollten, doch er unterdrückte sie erfolgreich. »Lass mich einen Moment allein, hörst du?«, sagte er mit kräftiger Stimme. Nisei gehorchte und schloss leise die Tür hinter sich. Kaum war dies geschehen, zückte er erneut sein Mobiltelefon, wählte Kojis Nummer und wartete sehnsüchtig auf seine Stimme. »Hallo?« »Ich bins.« »Du schon wieder? Was ist passiert? Hattest du wieder einen Anfall?« »Nein. Die Pillen wirken noch....es ist nur...« »Ja?« »Ich glaube nicht, dass ich es übers Herz bringen werde, Nisei da mit rein zu ziehen...« »Du bist schon so weit gekommen. Heißt das, dass du so einfach aufgeben willst?« »Nicht aufgeben, aber ich nicht verlieren wollen.« »Das hättest du dir wirklich besser überlegen sollen. Es ist zu spät. Selbst Nisei ist zu einem unerlässlichem Part geworden.« »Ich will ihn nicht dabei haben. Ist das so schwer zu verstehen?« »Nein, aber ich habe dir bereits gesagt, dass er nicht mehr aussteigen kann, selbst wenn er wollte.« Seimei hielt sich sein Mobiltelefon an das Ohr, lauschte angestrengt den Worten, die er insgeheim bereits erwartet hatte. Es war in der Tat zu spät. »Und was soll ich jetzt deiner Meinung nach tun?«, fragte er Koji. »Ich könnte es einfach nicht ertragen....wenn...wenn...!« »Ganz einfach. Es gibt eine Möglichkeit, aber in glaube nicht, dass sie dir gefallen wird.« »Was für eine Möglichkeit?« Hoffnungsvoll wartete er auf die Antwort. »Du könntest dasselbe tun, wie...Ritsuka.« »Was meinst du....« Doch dann fiel es ihm ein. Er wusste, was Koji meinte und er wusste auch, dass ihm diese Option wirklich nicht gefiel. »Nein...ich werde ihn nicht verstoßen....!« »Ich sagte doch, dass es dir nicht gefallen würde.« »Wie kommst du nur darauf?!?!?!« »Es ist die einzige Möglichkeit, die dir bleibt, wenn du ihn nicht verlieren willst. Es ist zwar riskant, weil du dann "Waffenlos" wärst, aber...ich könnte dir beistehen.« »Du? Wir haben nicht denselben Namen.« »Den hatte Soubi auch nicht und dennoch hast du ihn als Waffe genommen.« »Soubi war "unbeschrieben". Das ist eine andere Sache. Aber du, Koji...das kann ich nicht machen. Ich kann dich nicht als "Waffe" nehmen.« »Nur vorübergehend. Ich bin auch nicht gerade darauf erpicht, dich als "Sacrifice" zu haben und mich mit deinem verfluchten Namen "brandmarken" zu lassen.« »Ich kann es nicht...« Doch Seimei wusste, dass es in der Tat die einzige Option war. Wollte er Nisei beschützen, ihn leben lassen, dann...dann...: »Er wird dir verzeihen. Er wird nicht böse auf dich sein.«, beschwichtigte Koji ihn mit seiner sanften Stimme. »Er wird dir eines Tages verzeihen. Ganz bestimmt.« Und innerlich wusste Seimei das. Er wusste es aus demselben Grund, warum er auch Nisei alles verziehen hätte. »Wenn du ihn gehen lässt, wird er leben. Er wird die Chance bekommen ein neues Leben anzufangen. EIn freies Leben. Ist es nicht das, was du dir immer für ihn gewünscht hast?« Diese Worte fingen an ihre hypnotische Wirkung zu entfalten. Sie waren die Bestätigung für all die Wünsche und Sehnsüchte, die sich in all den Jahren aufgestaut hatten. »Wenn ich ihn gehen lassen...«, wiederholte Seimei. »Wenn ich ihn gehen lasse, wird er leben...« Lautlos fielen die Tränen auf die Decke. Heiße, unerbittliche Tränen. »Wenn ich gehen lassen, wird er...wird er....« Er wagte es nicht, dieses eine Wort auszusprechen, weil es bedeutet hätte, dass Niseis Liebe nicht vollkommen gewesen wäre. Dass er, auch ohne seinen Herrn, sein Glück gefunden hätte. »Lässt du frei, Seimei?« »Ich weiß nicht, ich...« Doch die Antwort war klar. Seine Entscheidung bereits getroffen. Und Nisei lauschte den schrecklichen Worte. Vernahm sie hinter der Tür, presste seine Finger zusammen und wünschte sich, dass es nur ein übler Scherz seines "Sacrifices" war. Es durfte nur ein Schmerz sein. >Mich gehen lassen?<, fragte er sich verwirrt. >Mich gehen lassen?< Nisei drückte langsam die Tür auf, erspähte Seimei wie er sich die Tränen aus den Augenwinkeln wischte. »Ja. Ich werde es tun...«, hörte er ihn sagen. »Ich werde ihn frei lassen.« Schlagartig stieß er die Tür nun auf. »Was willst du machen?«, rief er aufgebracht. >Das kannst du nicht tun! Das kann nicht dein Ernst sein!< Schnell kappte Seimei das Gespräch mit Koji, warf achtlos das Handy unters Kissen und stand auf. »Wie viel hast du gehört?«, fragte er nervös. »Was hast du alles gehört?« Doch Nisei reagierte nicht auf die Frage. Er fasste seinen Herrn grob an den Schultern. »Was soll das?!« Er schüttelte ihn brutal und sah nicht, dass er ihm damit Schmerzen bereitete. »Warum willst du das machen?« Sprachlos starrte Seimei ihn an. In die dunklen Augen, die er so gut es ging mied, weil er sonst fürchtete in ihnen zu versinken. In die weiße Haut, die ihn jedes Mal an Schnee erinnerte, an die Reinheit einer Seele und die endlose Liebe zu ihm. Er sah, dass ein Feuer in Niseis Augen brannte und ihn zu zerstören drohte. »Warum willst du mich wegschicken?«, fragte er energischer und presste Seimeis Körper eng an sich. »Bedeute ich dir denn so wenig?« »Wie kannst du soetwas sagen...?«, flüsterte er kaum hörbar. »Wie kannst du soetwas nur denken?« Vorsichtig löste er sich wieder von ihm. »Wie kannst du so was sagen, Nisei?« All die Gefühle, die er immer versucht hatte zu unterdrücken keimten nun in voller Blüte auf. »Glaubst du wirklich...du würdest mir nichts bedeuten?« Niseis Augen sprachen ein stummes »Ja« aus. Und beovr seine Lippen ein letztes Mal die Lippen seines Meisters berührten, schwand der Raum; löste sich in nebelige Einzelteile auf: Der Rahmes des Fenster versank in Dunkelheit und der Boden wurde eins mit dem Nichts.... Als Seimei erwachte, war er allein. Die Decke, zu der er hinaufstarrte, erschien ihn zu erdrücken, bis er endlich aufstand und sich den nackten Angstschweiß von der Stirn wischte. »Traum...«, hörte er sich selbst flüstern. »Nur ein Traum...« Nisei war nicht hier gewesen, hatte seiner Liebeserklärung gelauscht und er hatte ihn auch nicht geküsst. Nein: Nisei war auf dem Weg zu Ritsuka. Zu ihm und zu Akihiko Shirakawa, um zu verhindern, dass Kaleidoskop zu viel Macht über LOVELESS gewann. Obwohl der Traum ein schönes Ende genommen hatte, ging es dem jungen Ohrenträger schlecht. Hatte der Traum ihm etwa einen möglichen Ausweg gezeigt? Eine Lösung Nisei Akame vor noch mehr Leid und Schmerzen zu bewahren? Wenn ja, war er bereit diese Lösung zu akzeptieren? »Ihn gehen lassen...« Verführerisch lagen diese Worte auf seiner Zunge. Seimei legte seinen Kopf in die Hände. »Was soll ich nur tun? Nisei...sag mir was ich tun soll....« Er sah zum Fenster hinaus; sah, dass der Morgen da war und eine Entscheidung herbei geführt werden musste. Entweder er nahm seine Waffe mit sich und ging mit ihm unter oder er ließ ihn frei und gab ihm damit eine Möglichkeit ein neues Leben anzufangen. Die Sonnenstrahlen brachen am Glas, reflektierten das Lichtspiel in den Raum. »Gleich welchen Schritt ich in eine Richtung mache, es wird kein Zurück mehr geben. Weder mich für mich...noch für dich, Nisei.« Seimei spürte wie die Tränen seine Wangen hinunterliefen. »Meine Entscheidung wird dein Untergang oder dein Überleben besiegeln.« Seimei stand auf. Die Leere seiner sonst starken Augen war erschreckend und doch hinreißend. Er ging langsam auf die Tür zu, nahm sich seinen Mantel und verließ die Wohnung. Kühle Morgenluft streifte sein Gesicht, seine Haare, seine Ohren. »Ich glaube ich weiß nun, was ich tun muss...ich glaube, ich weiß es nun.<< Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)