Der Kühlschrank des Grauens von Celest_Camui ================================================================================ Kapitel 1: Das Grauen nimmt seinen Lauf --------------------------------------- Es war schön, schöner, als sie es sich je erhofft hatte. Sie hatte ihn bekommen, gestern. Endlich war es soweit gewesen. Sie hatte so oft von diesem Tag geträumt, auf diesen Moment gewartet. Ein Traum, den jedes Mädchen hat. Und der Geschmack dieses Moments war so süß, so angenehm warm, und doch kühl. Sie war ein Stück erwachsener geworden. Ein Stück reifer. Und das alles hatte sie nur ihm zu verdanken. Ihm ganz allein. Sie kramte langsam eine Zeitschrift unter ihrem Bett hervor. Sein Bild war so schön anzusehen. Sie wohnte schon eine Weile allein, doch erst, seit sie ihn an ihrer Seite wusste, fühlte sie sich auch erwachsen. Er war ihr Ein und Alles. Sie hielt es nicht mehr aus. Also ging sie in die Küche um ihm einen guten Morgen zu wünschen. Und da stand er in seiner ganzen Pracht… Ihr neuer Kühlschrank! Endlich war ihre Küche komplett. Und sie bekam auch sehr bald die Chance, diese zu testen. Ein alter Schulfreund kam heute zu Besuch, um mit ihr zu kochen und das Glanzstück einzuweihen. Ein Blick auf die Uhr verriet der jungen Frau, dass sie keine Zeit mehr zu verlieren hatte. Mutig stürmte sie in ihr (???stürmisches???) Badezimmer. Sie hatte wieder einmal verschlafen, wie immer… Jedoch konnte ihre gute Laune heute nichts mehr trüben. Nicht mal die Tatsache, dass sie während des „morgendlichen“ Duschens mehrfach attackiert wurde... von ihrer Seife. Erst flutschte sie aus ihrer Hand und ihr ins Gesicht, dann landete das harte Stück auf ihrem Fuß, und letztendlich schien sie es darauf abgesehen zu haben, ihre Fingernägel zu zerstören. Mit einer solchen Macht, die sie an den Tag legte, als sie gegen die Hornteile des Körpers drückte, nur, um erneut entwischen zu wollen. Da klingelte die böse Klingel auch schon wieder. Es schien so, als würde sie jedes Mal erneut einen kläglichen Tod sterben, wenn ihre letzten Töne erklangen. Schnell wickelte sich das durchnässte Mädel ein Handtuch um und lief, so schnell sie auf dem rutschigen Boden konnte, in Richtung Türe. Welche sie auch erreichte, sogar näher, als sie wollte. Denn ein Luftzug verursachte einen Anschlag auf ihre noch hübsche Nase, als er ihr die Badezimmertür entgegenschleuderte, und diese sich mit einem Knall, gegen ihrem Kopf als Widerstand, schloss. „Autsch, verdammt!“ Sie machte einen erneuten Versuch, durch die vermaledeite Tür zu kommen. Also gut, Stage clear. „Hey, Nanase? Alles in Ordnung???“ konnte sie schon seine Stimme durch die Tür vernehmen. Keichi war immer so fürsorglich. Nun ja, nachdem sie sich die Finger in der störrischen Kette vor ihrer Tür eingeklemmt hatte, gewährte ihre Wohnung nun ihrem alten Kumpel aus Kindertagen einlass. Ihre Haare hingen in wirren, nassen Strähnen herunter und tropften den Boden voll. Während sie mit der linken Hand öffnete, hielt sie mit der rechten den leichten Knoten, der das Handtuch spärlich zusammenhielt. Keichi hatte eine große Einkaufstüte mit Zutaten dabei. Bei ihrem Anblick lächelte er nur kurz und wurde etwas rot. „Du änderst dich wohl nie, oder?“ Er trat ein und sah sich um. „Bist wohl gerade erst aufgestanden, hm?“ Er drehte sich wieder zur Gastgeberin. Interessanter Anblick, das musste man ihr lassen. „Wie wäre es, wenn du dich erstmal fertig machst? Ich kann ja schon mal die Taschen ausräumen.“ Verwirrt blickten ihn ihre großen runden Augen an. Natürlich, er wollte, dass sie sich anzog. Sie schloss nun endlich die Tür hinter ihm. Doch dieser Tag schien bei weitem nicht ihrer zu sein. Die auf dem Boden entstandene Wasserlache hatte auf ihre Füße in etwa die gleiche Wirkung, wie Eis auf Schlittschuhe, und schon als Kind war sie mies im Eislaufen gewesen. Mit einem „Autsch“-Geräusch ihrerseits landete sie auf dem Gehweg ihrer Wohnung, nur um dann festzustellen, dass die Türe die weiße Fahne gehisst hatte. Nun ja… man könnte auch sagen, dass sie ihr Handtuch als Geisel genommen hatte, aber das ist Ansichtssache. Stille. Schweigen. Rote Gesichter. Kein Mucks ging durch das Zimmer, bis letztendlich ein Knall aus der Küche zu vernehmen war. Schnellstmöglich versuchte Nanase, das Handtuch aus seiner Gefangenschaft zu befreien, und dabei den Schmerz ihres Allerwertesten zu ignorieren. Keichi, seines Zeichens eingeschüchtert, sah, was denn nun in der Küche vor sich ging. Eiersalat… nun ja, mehr oder weniger. Jedenfalls hatte sich der hochgelobte Kühlschrank von selbst geöffnet und nun seinen Inhalt entleert. Hatte er vielleicht etwas Schlechtes zu sich genommen?... Nun, der junge Mann hatte allerdings ganz andere Sorgen. Er stellte die Tasche ab, während er im Augenwinkel noch vernehmen konnte, dass seine Kochbegleitung ins Schlafzimmer huschte. Wahrscheinlich zog sie sich dem Anlass entsprechend an. Jedenfalls dem Anlass entsprechend, von dem sie ausging… Er fasste sich in die Tasche und holte ein kleines Samtkästchen hervor. Darin verbarg sich ein Klunker, der für 30 dieser Tüten vor ihm gereicht hätten… mindestens. Ein „Plopp“ hinter seinem Rücken versetze ihm einen Schrecken, gefolgt von einem Schubser. Diese Tür schien einfach nicht zu bleiben zu wollen. Er schien seinen Inhalt tatsächlich nicht zu mögen, denn er warf ihm direkt eine Flasche auf den Fuß. Und dank dem freundschaftlichen Klaps bescherte er nun auch noch dem Ring Flugstunden… Und wie könnte es in einem solchen Moment anders sein? Ein fliegender Ring, ein hungriger Abfluss…. Und ein schreiender Student. „Neeeeeeeeein!“ „Verdammt noch mal!“ Die unbewusste große Liebe rutschte ins Zimmer. Anscheinend hatte ihr Kopf heute mehrere Auseinandersetzungen. Diesmal schien er sich mit dem Kleiderschrank angelegt zu haben. „Was ist denn hier los?“ Nun schienen auch ihre Augen dem Glauben nicht zu trauen. Ein Chaos, ein verletzter Fuß und eine Hand im Schlund eines Wasserrohres. „Dein Kühlschrank scheint Magenprobleme zu haben, und sein Inneres nach Außen zu kehren.“ Ungläubig blickte sie ihr bestes Stück an. „Und was genau soll das werden?“ mit einer abweisenden Bewegung deutete sie auf seinen Arm, der im Rachen des Ungeheuers zu stecken schien. Da er sich jedoch noch wie eine Schlange im Abgrund bewegte, schien er jedenfalls nicht darin gefangen zu sein. „Mir….ist da was Wichtiges reingefallen….“ Mittlerweile hatte sie sich auch hinter den Herd begeben, um das komische Ei – Flaschengemisch zu eliminieren. Überschwänglich wischte sie mit dem Lappen über den gelb-weißen Boden. So überschwänglich, dass ein Fingernagel nun doch noch sein, gegen die Seife hart verteidigtes, Leben an die Schrankkante verlor. Eigentlich wollte sie dem gesättigten Reinigungshelfer ja eine Dusche verpassen, jedoch versperrte ihr eigentlicher Verbündeter im Kampf mit den Lebensmitteln momentan jegliche Möglichkeit, ihren Dienst zu tun. „Könntest du mal bitte….“ deine Hand da wegnehmen. Das wollte sie eigentlich sagen, jedoch klirrte es nun erneut… Heute schien hier Einiges sein Leben lassen zu wollen. Dieses Mal hatte die Glühbirne ihren letzten Funken gelassen. Möge sie da, wo sie nun ist, ein helles Leben voller Strom führen. Ein Gutes hatte es jedoch. Ihre Bitte erfüllte sich durch den Schock von ganz allein. Womit sie natürlich nicht rechnen konnte, war, dass er dem blöden Ding schön längst den Hals verdreht hatte. Somit lief die ganze Brühe des Lappens, zusammen mit dem gelassenen Wasser, das der Hahn anscheinend wirklich lassen musste, auf den Boden. Und auf den Stoff, den die beiden ihre Kleidung nannten. Vielleicht eine gemeinsame Dusche…? Nun ja. Etwas anderes schien gerade seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen… „Was war das denn für ein Geräusch?“ Wie erstarrt blieb er stehen. Wo war das Dinge den nun hin? Erst fliegen, dann tauchen und zuletzt auch noch Wasserski… „Das, was ich gesucht habe, fürchte ich…“ Angenervt sah Nanase erst den offenen Kühlschrank, dann den Lappen an, um den Boden zu betrachten und erneut den Lappen anzusehen. „Kann man wohl nichts machen… Soll ich dir erstmal helfen?“ Wenn sie das tat, wäre alles umsonst gewesen. Was soll man schon sagen… vor allem in dieser Situation? „Bloß nicht!“ Ja… genau das… sollte man wohl nicht tun… „Na dann…“ Sie lenkte ihre gesamte Aufmerksamkeit auf den Mob, der schon seit einiger Zeit in einem Wandschrank vor sich hindöste. Mit tollen, gleichmäßigen Schwüngen wischte sie hinter dem kriechenden Keichi langsam den Boden. Wieso war eigentlich noch immer die vermaledeite, geliebte Kühlschranktür offen? Mit einem außerordentlich ausgereiften Hüftschwung schloss sie diese, und beschloss, nun erst einmal hier weiter zu wischwaschen. Dann, ganz plötzlich, sprang Keichi dem Eimer entgegen. Voller Liebe umarmte er diesen, fischte darin herum und wollte gar nicht mehr aufhören, ihn zu liebkosen. „…Soll ich euch allein lassen?“ Nanase sah diese Situation sehr skeptisch mit an. So langsam zweifelte sie an dem Verstand ihres alten Sandkastenkumpanen. Er schien jedoch „nur“ etwas darin gesucht zu haben. Dachte sie sich doch, dass da vorhin etwas geblinkt hatte. Aber mit Bling Bling konnte sie noch nie viel anfangen. „Nein ich möchte nicht, dass du mich je wieder allein lässt.“ Er trocknete etwas an seiner Kleidung, während hinter ihm, fast wie in slow motion, die Einkaufstasche keine Lust mehr hatte, weiterhin ihr Gleichgewicht zu halten. Somit fiel das Essen wohl wortwörtlich ins Wasser. Etwas unsicher und abgelenkt sprach er nun weiter. „Willst du meine Frau werden?“ Nun ja, immerhin kniete er vor ihr. Sie, mit dem Mob in der Hand, war nun wirklich gerührt. Natürlich hatte auch sie schon lange ein Auge auf ihn geworfen. Okay, sie war damals ausgerutscht, doch nun ja. Voller Stolz streckte er ihr sein Wertstück entgegen. Also… den Ring natürlich. Gerade als sie Keichi eigentlich küssen wollte, eröffnete sich der Kühlschrank ein weiteres Mal, und wohl auch letztes Mal, denn nachdem er das Gesicht des frisch Verlobten geplättet hatte, war es seinem Frauchen nun wirklich zu blöd. Kurzerhand zog sie den Stecker und entzog dem Monster der Küche somit jegliche Lebensenergie. „Ja, natürlich will ich!“ Eine Studentenehe. Das war doch was Feines. Nun hieß es eigentlich nur, noch das Telefon benutzen und sich zwei Pizzen zu bestellen. Die beiden zogen es vorerst vor, ihr Glück auf dem Boden vor der Wohnungstür zu teilen. Geschlagene 20 Minuten später starb die Klingel ein weiteres Mal. Nach dem Zahlen, das tatsächlich ohne Probleme von statten ging, hörten sie im Treppenhaus noch einen Lieferanten die Stufen hinunterrollen. Sie warfen sich mit Schmackes auf ihr Bett, das sogleich dem Gewicht nachgab und zusammenklappte. Ein erneuter Tod… Nach diesem Massaker blieb dem Ehemann in Spe nur noch eines zu sagen: „Schatz? Du ziehst zu mir….“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)