For The Ones Who Search For Love von absinthe (Bella und Edward helfen sich gegenseitig in Sachen Beziehungen, doch dann stellt sich heraus, das vieles mehr Schein als Sein ist und dass diese Entdeckung beide in eine unerwartete Richtung wirft.) ================================================================================ Kapitel 12: My Guardian Angel(s) -------------------------------- Okay, das chap ist etwas komisch (irgendwie)...oO...und ich bitte euch eingehend, es bis zum Schluss zu lesen, denn ihr werdet zu hundertprozentiger Sicherheit überrascht sein...*kicher*... Es is auch wieder länger, ich glaub, wenn ich vorher schon irgendwo aufgehört hätte, hättet ihr mich gekillt...>.<.. Ach ja, und das is das Lied, das ich irgendwie passend fand, obwohl es erst etwas später richtig passt... Your Guardian Angel - The Red Jumpsuit Apparatus http://de.youtube.com/watch?v=BJbrc8nnQCo ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Nebel, der sich ganz langsam klärte… Claires Klavierzimmer, das immer deutlicher zum Vorschein kam… Sie selbst vor der Flügel und mit einem Gesicht mir gegenüber, das sowohl Erstaunen, als auch Missgunst zeigte… Ich stand vor ihr, während Edward hinter mir seine Arme um meinen Bauch geschlungen hatte und ich seinen Kopf an meiner Schläfe spüren konnte… Meine Hände lagen auf seinen… “…Ich liebe dich…” flüsterte er in mein Ohr und zog seine Umarmung noch fester. Genießerisch schloss ich meine Augen und ließ seine Worte auf mich wirken. Nur ganz langsam öffnete ich sie wieder, damit ich mich ihm zudrehen und ihn zur Bestätigung anlächeln konnte. Seine leuchtend grünen Augen strahlten mich an, dann senkte er ganz langsam sein Gesicht gen meinem. Unsere Lider schlossen sich zeitgleich, kurz bevor sich der Abstand zwischen uns auf Null reduzierte. Der Raum verschwand, sogar der Boden unter unseren Füßen löste sich in Luft auf, doch wir fielen nicht. Sanft schmiegten sich seine Lippen an meine und entfachten ein Feuer, das sich rasend schnell in meinem ganzen Körper ausbreitete, einen Wirbelsturm an Schmetterlingen in meinem Bauch auslöste und mich fast die Besinnung verlieren ließ… “Warum grinst du denn so?” Ich riss meine Augen auf und sah in das verwirrte Gesicht von Tayk. Tayk… Was… Hastig richtete ich mich auf, nur um festzustellen, dass ich nicht Zuhause war. Das Bett, in dem ich jetzt saß, war groß, doch das Zimmer noch um einiges riesiger. Die Sonnenstrahlen, die durch die hohen Fenster zu meiner Linken schienen, wirkten durch die schneeweißen Gardinen noch heller und gaben dem sonst eher dunklen Raum mehr Licht. Es gab einen ziemlich großen Schreibtisch in der einen Ecke und ein breites Regal, in dem sich jede Menge Trophäen befanden, genau daneben. Davon abgesehen hatte das Zimmer drei Türen, von denen sich eine an der freien Stelle neben dem Regal befand. Die anderen beiden waren an meiner rechten Seite. Eine davon war die Eingangstür. Das wusste ich, weil Tayk - nur in Boxershorts - durch eben diese gekommen sein musste und mich jetzt grinsend ansah. Meine eigenen Sachen waren auf dem Boden verstreut. Dass ich in Tayks Zimmer aufwachte, war eine Sache, doch viel verwirrender und schockierender war das, was ich anhatte. Ein sehr aufreizendes Negligé. Meines war es nicht. Ich besaß so etwas ja noch nicht einmal. Jemand musste es mir angezogen haben. Und das während ich geschlafen hatte… Mit Schrecken betrachtete ich mein Gegenüber, während meine Finger langsam und fest über den glatten Stoff fuhren, nur um dann hastig das Bettlaken an mich zu reißen und es mir um den Leib zu wickeln. “Warum hab ich das an?” hauchte ich mit erstickter Stimme und griff nach dem bisschen Stoff an meinem Körper, obwohl die Erkenntnis selbst langsam durchsickerte. Überrascht hob er die Augenbrauen. “Ich dachte, das steht dir vielleicht… Willst du mir etwa erzählen, du kannst dich nicht erinnern?” Benommen schüttelte ich meinen Kopf. Tayk seufzte. “Das kam über Nacht aber anders rüber. Na ja, ich werd‘s jedenfalls nicht vergessen.” Er log doch. Er musste lügen. Das konnte einfach nicht sein. An so etwas müsste man sich erinnern. Ich hatte nicht viel Alkohol zu mir genommen. Ich war noch nicht mal richtig betrunken. Wieso also hatte ich jetzt einen Black-out? Das konnte doch unmöglich wahr sein. Dass wir… Dass Tayk und ich… miteinander geschlafen hatten… Das erste Mal. Dabei sollte das doch ganz anders ablaufen. Ich wusste nicht, was ich mir vorgestellt hatte, aber mit Sicherheit nicht das. Und schon gar nicht mit ihm. Edward hatte Recht gehabt, was Tayk anging, während ich nicht auf ihn hören wollte, sondern einfach nur meinen Tagträumen hinterher gelaufen war. Wie sollte ich ihm jetzt überhaupt entgegentreten? Es war ja nicht so, dass ich ihn betrogen hatte. Dennoch fühlte ich mich so und es schmerzte ungewöhnlich stark. Ich zog meine Knie an und richtete meinen Blick langsam auf die Bettdecke, während eine meiner Hände das bisschen Satin über meiner Brust zusammenkrallte. Als wollte ich das aufkommende Schluchzen unterdrücken, hielt ich mir den Mund zu, sodass meine Tränen über meine Finger rannen. “Ich weiß wirklich nicht, was es da jetzt zu heulen gibt”, hörte ich Tayks genervte Stimme. Abrupt hob ich meinen Kopf, um ihn anzusehen. Ich war nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Zu viele Erinnerungen auf einmal tauchten plötzlich in meinem Kopf auf. Edwards letzte Worte, das qualvolle Gefühl danach, das Essen mit Tayk… Und jetzt das. Sein Gesicht sah so verständnislos aus, so gelangweilt. Sein Ausdruck machte mich wütend. Sehr wütend sogar. Automatisch ballten sich meine Hände zu Fäusten. Ich biss meine Zähne zusammen, während ich aufstand und auf ihn zuging. Der Knall, als meine Hand auf seine Wange klatschte, musste im ganzen Haus zu hören gewesen sein. Nur ganz langsam drehte er seinen Kopf wieder mir zu. Mein Gesicht musste schmerzverzerrt sein. So fühlte es sich jedenfalls an. “Du hast keine Ahnung von der Liebe…” presste ich leise hervor, um meine Stimme nicht zu verlieren. “Liebe…” wiederholte er spöttisch. “Meinst du damit Edward?… Du liebst ihn, oder? Aber glaubst du wirklich, er tut das auch? Dann bist du wirklich naiv.” Fassungslos starrte ich ihn an. Was sollte das denn bedeuten? Er konnte doch nicht etwa von unserem Plan wissen. Es sei denn, Edward hatte ihm davon erzählt. Aber das war doch ausgeschlossen… Oder? Ich wusste ja, dass Edward nicht so empfand wie ich, doch es jetzt von Tayk zu hören, war wie ein Stich ins Herz. Einer von seinen Mundwinkeln zuckte nach oben. “Du kennst ihn überhaupt nicht. Wenn das nämlich einer tut, dann bin ich das.” Für einen Moment klappte mir der Mund auf, dann schloss ich ihn rasch wieder, sammelte meine Sachen vom Boden auf und stürmte aus dem Zimmer. Als ich in der Eingangshalle stand, hastete ich ins Bad und zog mich rasch an. Gehetzt wischte ich mir die Wangen trocken, als ich mein Gesicht im Spiegel betrachtete. Es sah erschreckend aus. Der Anblick verursachte nur noch mehr Tränen. Ich rannte aus dem Haus, wobei ich noch das überraschte Gesicht der Haushälterin erblickte, ehe ich draußen war und die Auffahrt abwärts lief. Immer wieder war ich kurz davor, das Gleichgewicht zu verlieren und wäre beinahe gestolpert. Noch dazu verschleierte sich meine Sicht, weil ich einfach nicht aufhören konnte, zu weinen. Das Anwesen der Rooneys schien wirklich sehr weit außerhalb der Stadt zu liegen. Nur vereinzelt entdeckte ich ein paar abgelegene Häuser, zwischen denen sich eine Menge Wald breit machte. Ich lief ohne Unterbrechung die Straße entlang; die Autos, die mir entgegen kamen, ignorierend. Ich wusste noch nicht einmal, ob es der richtige Weg nach Hause war. Immer wieder wollte sich mein Körper dem Boden nähern, doch ich schaffte es gerade so, einen weiteren Fuß vor den anderen zu setzen. Doch selbst das gelang mir nach ein paar Meilen nicht mehr richtig. Es konnte der kleinste Stein auf dem schmutzigen Asphalt liegen, Bella Swan erwischte ihn und stolperte darüber. Die Taubheit in meinem Körper war vielleicht noch ausschlaggebend für den unausweichlichen Fall. Aber sie war jetzt auch angenehm, denn ich fühlte den Schmerz in meinen Knien nicht so sehr. Oder die viel zu heißen Wangen und die, in Sturzbächen darüber laufenden Tränen. Ich ließ meinen Kopf hängen und meine Haare ins Gesicht fallen, stützte mich mit einer Hand ab, während die andere auf meinem Bauch lag, um das zerreißende Gefühl aufzuhalten, das sich gerade in mir ausbreitete. Meine Finger krallten sich in den vom Morgen noch feuchten Schmutz und mein Handballen schabte leicht auf den kleinen Kieselsteinen. Ich hatte das Gefühl, meine Lungen würden sich zusammenziehen, umso größere Atemzüge nahm ich. Ich war so in dieser Benommenheit gefangen, dass ich nicht mal richtig mitbekam, wie ein Auto hinter mir hielt und jemand panisch “Bella?” rief. Erst als sich zwei warme, kleine Hände auf meinen Rücken legten, schaute ich auf. “Alice…” formten meine Lippen überrascht. Ich schluckte. Sie war zur falschen Zeit am falschen Ort. Ich wollte eigentlich nicht, dass mich jemand so sah. In meiner selbst zugefügten Pein. Ich war ja Schuld an dem, was passiert war. Wenn ich nicht so gutgläubig gewesen wäre, so naiv, dann hätte es dieses Date nie gegeben. Warum musste Alice hier auftauchen? Und dann auch noch ausgerechnet sie. “Was ist passiert?” “Verschwinde…” flüsterte ich und wand meinen Blick wieder ab. Entweder hatte sie mich nicht gehört, oder aber sie wollte nicht. Stattdessen hockte sie sich vor mich hin und nahm mein Gesicht in ihre Hände. Ich hatte nicht einmal genug Kraft, um ihr Widerstand zu leisten. “Du siehst schrecklich aus…” stellte sie vorsichtig fest. “Bitte…” flehte ich sie leise an. “Lass mich alleine.” “Du hast sie wohl nicht alle. Ich werde dich hier bestimmt nicht so sitzen lassen. Nicht in dem Zustand.” Einen Augenblick sah ich sie einfach nur an, um zu verstehen, warum sie das machte. Warum sie mir half. Ich hatte sie beschimpft, doch sie sah keineswegs verärgert aus. “Na komm.” Sie griff mir unter die Arme und zog mich auf die Beine. Für jemanden, der so klein war wie sie, hatte sie doch erstaunlich viel Kraft. Sie schob mich zu ihrem Auto, setzte mich auf die Beifahrerseite und stieg dann selbst ein. Noch einen besorgten Blick auf mich werfend, dann fuhr sie los. Gedankenverloren starrte ich aus dem Seitenfenster und verschränkte die Arme fest vor der Brust. Ich nahm nur am Rande wahr, wie Alice meine Hand nahm, sie sanft drückte und nicht eher losließ, bis wir Zuhause waren. Obwohl sie es war, gab ihre Geste doch einen gewissen Halt, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Meine Gedanken wurden jäh unterbrochen, als unser Haus in Sichtweite kam und mir auf unangenehme Weise einfiel, dass Charlie keine Ahnung hatte, wo ich über Nacht gewesen war. Ich hatte ja sogar vergessen gehabt, ihm Abendessen zu machen. Und ausgerechnet heute hatte er auch noch seinen freien Tag. Ob ich es wohl schaffte, meinen Gram vor ihm zu verbergen? So wie ich mich fühlte, wohl eher nicht. Aber vielleicht würde er mir die Lüge abkaufen, dass es einzig und allein daran lag, weil Edward und ich Schluss miteinander gemacht hatten. Alice hielt am Straßenrand und kam auf meine Seite, als sie ausgestiegen war. Stützend legte sie einen Arm um meine Schultern, während ich meine wieder vor der Brust verschränkte. “Danke”, sagte ich, als wir die Haustür erreicht hatten und wollte die Tür öffnen, doch sie ging nicht auf. Wieso hatte Charlie abgeschlossen, obwohl er Zuhause war? Alice derweil kramte in meiner Tasche und zog den Schlüssel heraus. “Du kannst jetzt nach Hause fahren. Ab hier komme ich auch selbst zurecht”, sagte ich, als sie die Tür öffnete und mich hinein schob. “Nichts da. Ich lass dich heute nicht alleine”, konterte sie. “Das bin ich nicht. Charlie ist auch noch da.” Ungläubig hob sie die Augenbrauen, ehe sie weiter ins Hausinnere ging. “Er ist aber nicht der Typ für solche Situationen.” Ich war etwas überrascht über ihre Bemerkung, denn sie hatte meinen Dad erst einmal getroffen, sagte aber nichts dazu. Ich folgte ihr in die Küche, während ich meine Arme fester um mich schlang. Irgendwie war mir kalt und das, obwohl die Temperaturen doch sehr sommerlich waren. “Er ist arbeiten”, sagte Alice plötzlich. Fragend sah ich sie an. “Was?” “Dein Dad. Er ist arbeiten. Hier.” Sie hielt mir einen kleinen Zettel hin. Hi Bells. Wenn du nach Hause kommst, bin ich wahrscheinlich schon weg. Hank ist krank geworden. Deshalb springe ich für ihn ein. Ich hoffe, du und Claire habt gestern noch was fürs Schulprojekt geschafft und seid nicht zu sehr ins Plaudern gekommen. Bis heute Abend. Charlie Meine Augen weiteten sich. Irgendjemand musste meinem Vater erzählt haben, ich sei die Nacht über bei Claire gewesen, um etwas für die Schule zu machen. Hatte Tayk das eingefädelt? Warum machte er sich die Mühe und zog sogar Claire mit hinein? Ich wusste im Moment nicht, ob ich darüber glücklich sein sollte oder nicht. Das einzig Gute, das diese Sache hatte, war dass ich mir keine Ausrede mehr für Charlie ausdenken musste. Und dass er nicht Zuhause war, hatte auch seine Vorteile. Ich musste ihm nichts vorspielen. “Ich geh duschen”, teilte ich Alice mit leiser Stimme mit und verschwand aus der Küche, um direkt ins Bad zu gehen. Als ich in den Spiegel schaute, hätte ich ihn am liebsten von der Wand gerissen. Ich sah noch schlimmer aus, als vorhin in Tayks Haus. Meine Augen waren noch geröteter, noch verweinter. Schnell wandte ich meinen Blick wieder ab, stellte die Dusche an und zog mich aus. Zu meinem Verdruss stellte ich fest, dass ich immer noch dieses widerwärtige Dessous anhatte. Ich riss es mir förmlich vom Leib und warf es in eine Ecke, um es nicht weiter sehen zu müssen. Es erinnerte mich auf schmerzvolle Weise an das, was in den letzten Stunden passiert war - obwohl ich es ja eigentlich nicht wirklich wusste. Das Wasser prasselte in schnellem Rhythmus auf den Duschboden und der Dampf, den die heiße Temperatur verursachte, belegte den Spiegel und das Fenster langsam mit einem trüben Film. Als ich mich hinunterstellte, seufzte ich laut auf. Das heiße Wasser war angenehm auf meiner Haut, obwohl ich das Gefühl hatte, dass es ruhig noch ein paar Grad mehr haben könnte. Es war, als würde nicht nur sichtbarer Schmutz von mir heruntergespült werden, sondern vielmehr. Und dennoch kam es mir vor, als bliebe alles an mir haften. Ich hockte mich auf den Boden und schlang meine Arme um meine angewinkelten Knie, während ich meine Stirn darauf bettete. Was genau war in den letzten vierundzwanzig Stunden so verdammt schief gelaufen? Erst das Gerücht in der Schule, wofür ich auch noch Alice verantwortlich gemacht hatte, obwohl ich nicht mal Beweise hatte - und sie schien noch nicht einmal sauer zu sein; dann die Sache mit Edward… Und letztendlich das Date mit Tayk. Dabei war er den ganzen Abend freundlich geblieben. War das nur eine Farce, um mich zu täuschen? Um mich ins Bett zu kriegen? Das war doch völlig absurd. Was sollte er sich denn davon erhoffen? Es gab weitaus hübschere Mädchen an der Schule, die noch nicht einmal mein Talent, alles zu verderben, besaßen. Oder… vielleicht wollte er sich gerade damit rühmen. Dass er unfallfrei bis zum Äußersten gehen konnte. Obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, dass überhaupt jemand sein Image mit so etwas schmücken wollte. Egal welchen Grund er hatte… Die Tatsache, dass ich mich benutzt fühlte, wurde durch nichts gelindert. Angestrengt versuchte ich mich daran zu erinnern, was eigentlich passiert war, doch es wollte einfach kein einziges Bild in meinem Kopf auftauchen. Vielleicht war das ja auch besser so. Obwohl ich doch normalerweise dabei hätte aufwachen müssen, oder nicht? Das einzige, was mir noch einfiel, war dass mir schlecht wurde und ich mich übergeben musste, Tayk mir dann ein paar Magentabletten gegeben hatte und ich etwas später ziemlich müde wurde… Konnte es sein, dass die Medizin sich nicht mit dem Alkohol in meinem Körper vertragen hatte? Wenn man getrunken hatte, sollte man ja keine Medikamente zu sich nehmen. Also hatte ich mich praktisch selbst außer Gefecht gesetzt und Tayk leichtes Spiel gelassen. Ich hatte mich selbst ins Unglück gestürzt. Mal wieder… Doch nicht die kleinste Erinnerung an die Nacht. Nur an den Traum, den ich hatte und der zur Abwechslung mal nicht unangenehm war. Ganz im Gegenteil. Es ging ja um Edward und dass er mir gesagt hatte, dass er mich liebte. Da hatte es sich nicht nur ernst angehört. Ich wusste auch, dass er es ernst gemeint hatte. Ein kleines, niedergeschlagenes Lächeln bildete sich auf meinen Lippen, verschwand aber schnell wieder. Ein Traum blieb ein Traum. Wunschdenken um genau zu sein. Nicht dass ich vorher schon keine Chancen bei ihm gehabt hatte. Nachdem was jetzt passiert war, würde er womöglich noch nicht einmal mehr mit mir reden wollen. Warum musste die Liebe auch so verdammt schmerzvolle Umwege nehmen? Oder in die falsche Richtung führen? Hätte ich früher erkannt, was ich fühlte - oder besser gesagt, für wen ich etwas empfand -, hätte es das Date mit Tayk nie gegeben und ich wäre jetzt nicht in dieser Lage. Wäre Edward jetzt hier… Würde er mich in den Arm nehmen - und wenn es nur freundschaftlich wäre-… Ich würde mich auf der Stelle etwas besser fühlen. Doch soweit würde es mit Sicherheit nicht mehr kommen. Noch nicht einmal mehr reden könnte ich mit ihm. Ich hatte ihn vertrieben. Denjenigen, den ich brauchte, hatte ich fortgejagt. Verdammt! Verdammt. Verdammt… Ein neuer Schwall Tränen suchte sich seinen Weg aus meinen Augen und vermischte sich mit dem heißen Wasser, das ununterbrochen auf mich nieder rauschte, ohne dass ich es wirklich realisierte. Das Schluchzen brachte meinen ganzen Körper zum zittern und ich klammerte mich noch fester um meine Beine. “Bella?” Das war Alice und sie klopfte jetzt gegen die Tür. “Bist du immer noch da drin?” Ich hatte einfach keine Stimme, um ihr zu antworten. Ich wollte es noch nicht mal. Was konnte sie schon tun? Edward ersetzen? Mit Sicherheit nicht. “Bella, wenn du noch länger unter der Dusche stehst, wird deine Haut noch ganz runzlig.” Meinte sie das ernst oder sollte das ein Witz sein? Wenn ja, war er nicht lustig. Als wenn es noch irgendjemanden kümmerte, wie meine Haut aussah. “Wenn du nicht von allein kommst, trete ich die Tür ein!” drohte sie plötzlich und kurz danach hörte ich ein “Oh“, während jemand das Bad betrat. Das Geräusch war aber eigentlich viel zu leise, als dass sie ihr Vorhaben in die Tat hätte umsetzen können. Ich musste wohl vergessen haben, abzuschließen. Leise, langsame Schritte näherten sich mir, dann wurden die rauen Plastikduschwände beiseite geschoben. “Oh mein Gott…” hörte ich Alice flüstern und kurz darauf drehte sie das Wasser ab, holte ein riesiges Badetuch und legte es um meinen Körper, während sie mich aus der Duschwanne hob. “Mir geht’s gut”, erklärte ich leise. Oh, wie schlecht ich doch lügen konnte. Wieso versuchte ich es überhaupt, wenn es mir eh keiner abkaufte? “Bella, du hast sie nicht alle. Das sieht sogar ein Blinder, dass du total fertig bist.” Ohne auf ihren Kommentar einzugehen, drehte ich meinen Kopf kurz zum Fenster. Hatte ich dort gerade etwas gesehen? Wahrscheinlich war es nur meine Einbildung. Im Moment war ich sowieso nicht zurechnungsfähig. Mit einem Arm um meine Schultern brachte sie mich in mein Zimmer und rubbelte mich trocken. Anschließend kramte sie eine Jogginghose und ein T-Shirt aus meinem Schrank, gab es mir zum Anziehen und bugsierte mich aufs Bett, um mich in eine warme Decke einzuwickeln. “So, ich hole schnell den heißen Kakao, den ich gemacht hab und dann reden wir.” Das war kein Vorschlag, das war ein Befehl und ich hatte nicht das Gefühl, mich ihr widersetzen zu können. In Rekordgeschwindigkeit hatte sie zwei große Pötte mit einer dampfenden Flüssigkeit hergebracht und mir einen davon in die Hand gedrückt, während sie sich mir gegenüber aufs Bett setzte. Sogar Schlagsahne war oben auf. Für ein paar Sekunden inhalierte ich den süßlichen Duft mit geschlossenen Augen, ehe ich vorsichtig daran nippte. Die Schokolade war wirklich köstlich und die Wärme breitete sich angenehm in meinem Körper aus. “Schmeckt es dir?” fragte mich Alice. Ich öffnete meine Augen und versuchte ein kaum sichtbares Lächeln. Auch wenn ich nicht mehr zustande brachte, schien ihr das zu genügen. “Ein Rezept von meiner Grandma. Für schlechte Zeiten.” “Sie muss ein Genie gewesen sein”, nuschelte ich. Alice lächelte zustimmend. “Also”, fing sie nach ein paar Minuten des Schweigens an. “Was ist passiert?” Ich sah sie über den Rand meines Bechers hinweg an, die möglichen Antworten meinerseits abwägend. Ich ging immer noch davon aus, dass sie das Gerücht verbreitet hatte, obwohl mein Standpunkt schon langsam anfing zu bröckeln. “Willst du wieder was zu erzählen haben?” warf ich ihr leise vor. Es klang nicht so provokant, wie ich es eigentlich beabsichtigt hatte. Alice verzog das Gesicht. “Ich weiß wirklich nicht, wie du auf so was kommst. Ich hab überhaupt keinen Grund, mich über dich auszulassen.” Ich schnaubte leise. “Es wussten nur drei Leute davon. Edward, Claire und du.” “Und du bist dir felsenfest sicher, dass es nicht deine so genannte Freundin war, ja? Ich finde sie etwas seltsam. Ihre Art verpasst mir eine Gänsehaut…” “Sie würde so etwas nicht tun, okay?” konterte ich leicht bissig, aber ich spürte, dass meine Überzeugung langsam wankte. Ich kannte Claire schon mein halbes Leben lang. Ich konnte ihr doch nicht einfach so misstrauen. Und jetzt? Nicht nur Alice schien sie nicht zu mögen, Edward hatte etwas ähnliches angedeutet. Edward… Bei dem Gedanken an ihn fing mein ganzer Körper wieder an zu schmerzen. “Bella, alles in Ordnung?” Alice hatte eine Hand auf meine gelegt, die sich um die Tasse klammerte, und sah mich mit großen Augen an. Ich musste gezittert haben. “Hör zu. Ich würde nie etwas tun, dass dich verletzen könnte. Als ich gesagt hab, dass wir beste Freunde werden, war das ernst gemeint. Ich bin noch immer überzeugt davon.” Einen Augenblick sah ich sie einfach nur an und ließ mir ihre Worte durch den Kopf gehen. Dabei war das wirklich schwierig, da mein Gehirn im Moment einfach nicht richtig arbeiten wollte. “Wenn du wirklich der Meinung bist, sie hätte nichts erzählt, dann hat vielleicht jemand euer Gespräch belauscht”, fuhr sie fort. Ich runzelte die Stirn und langsam bekam ich einen kleinen Anflug von Reue. An diese Möglichkeit hatte ich noch gar nicht gedacht. Ich versuchte mich daran zu erinnern, ob vielleicht jemand Verdächtiges in unserer Nähe gewesen war. Lauren zum Beispiel. Oder Tayk…? Vor ein paar Tagen hätte ich ihm so etwas noch nicht zugetraut, aber jetzt… Dabei war er doch Edwards Freund. Wie standen die beiden überhaupt zueinander? Und würde ein Freund der Freundin des Kumpels so etwas antun? Bei der Erinnerung verkrampfte ich mich ungewollt und biss meine Zähne zusammen, um nicht in das alte Schluchzen zurückzufallen, obwohl ein paar stumme Tränen trotzdem kurz davor waren, auszubrechen. Eine Bewegung auf dem Bett signalisierte mir, dass Alice ihren Becher auf den Nachttisch gestellt und sich neben mich gesetzt hatte, um mich in den Arm zu nehmen. “Bella, alles wird wieder gut, okay?” versuchte sie mich zu beruhigen, doch ich konnte sie einfach nicht ernst nehmen. Dafür war es jetzt zu spät. Niemand konnte das, was passiert war, wieder rückgängig machen. Dabei hätte ich ihr so gerne geglaubt. “Weißt du… Edward und ich waren gar nicht richtig… zusammen”, murmelte ich plötzlich fast lautlos vor mich hin. “Wie meinst du das?” fragte sie vorsichtig nach, ohne das sanfte Reiben meines Arms zu unterbrechen. “Das… war nur eine… Scheinbeziehung”, erklärte ich leise mit zittriger Stimme. “Um ihn mit Claire zu verkuppeln.” “Das ist die blödeste Idee, die ich je gehört hab.” Ich lachte gequält auf und konnte das Schluchzen langsam nicht mehr unterdrücken. “Ja, völlig idiotisch, oder?” “Ihr saht überhaupt nicht so aus, als wäre das alles gespielt gewesen”, stellte sie fest. “Edward ist ein guter Akteur.” “Mag ja sein, aber… Ich weiß nicht. Es hatte eine Menge Echtheit.” Ich wollte ihr etwas entgegnen, doch mir fiel einfach nichts ein. “Wie sollte das überhaupt funktionieren? Ich meine, wenn meine Freundin mit jemandem zusammen ist, dann ist ihr Freund doch von vornherein tabu für mich.” “Das ist kompliziert.” Ich war gerade wirklich drauf und dran, ihr alles zu erzählen. Wieso tat ich das denn jetzt auf einmal? “Versuch’s einfach”, ermutigte sie mich einfühlend und drückte leicht meine Schulter. Ich holte tief Luft und versuchte, in möglichst wenigen Sätzen alles zu erklären. “Es… hat sich herausgestellt, dass all die bisherigen Jungs, die sich mit mir getroffen haben, im Endeffekt nur etwas von Claire wollten. Und Letztere hat sich am Ende dann auch darauf eingelassen, nachdem meine Dates sozusagen Schluss gemacht hatten. Da Edward was von ihr wollte, sind wir zu dem Schluss gekommen, dass das die beste Möglichkeit ist, um die beiden sich annähern zu lassen.” “Ich kann sie nicht leiden”, platzte es plötzlich aus Alice heraus. “Wie bitte?” Verwirrt hob ich meinen Kopf und sah sie an. “Claire. Sie ist so… Besitz ergreifend.” “Du kennst sie doch überhaupt nicht.” “Das muss ich auch nicht. Ein Blick genügt, um zu sehen, dass sie mit Anderen nur spielt. Ich würde mich nie an den Kerl heranmachen, der meine Freundin fallen gelassen hat. Und schon gar nicht, wenn er sie benutzt hat, um an mich heranzukommen.” Seltsam. Ich sollte mich aufregen, weil sie Claire schlecht machte, doch ihre Worte hatten etwas sehr tröstendes. Irgendwie hatte sie ja recht. Es tat immer weh, den Jungen, mit dem ich mir mehr erhofft hatte, plötzlich mit Claire zu sehen. Ich hatte ihr nie gezeigt, wie schmerzlich es war. Sie sollte schließlich glücklich sein. “Ich geb zu, dass es da Ausnahmen gibt”, redete Alice weiter. “Wenn sich herausstellt, dass es die große Liebe ist, die, sagen wir, versehentlich mit der falschen Person zusammen war, dann könnte ich das irgendwo noch nachvollziehen. Aber Claire sieht nicht so aus, als ob sie so was schon mal gefühlt hat oder je haben wird.” “Sie ist sehr anspruchsvoll”, warf ich verteidigend ein. “Sie ist ein reiches, verzogenes Mädchen.” “Alice…”, warnte ich sie. “Tut mir leid, aber ich mag sie einfach nicht. Sie ist mir nicht geheuer.” “Ich glaube, das beruht auf Gegenseitigkeit.” Sie gab mir ein wissendes Lächeln. “Ich glaube übrigens nicht, dass das mit euch noch lange hält.” Fragend sah ich sie an. “Wovon redest du?” “Das mit dir und Claire.” “Wie kommst du denn jetzt darauf?” Misstrauisch schoben sich meine Augenbrauen zusammen. “Sie will etwas von Edward, oder?” “Na ja…” fing ich an und lehnte mich wieder an ihre Schulter. “Ich glaube, sie hat mittlerweile ein… gewisses Interesse an ihm gefunden. Das würde sie aber niemals zugeben, solange sie denkt, er und ich seien noch zusammen.” Ich musste tief einatmen, um meine Fassung nicht wieder zu verlieren, als ich an ihn dachte - und alles, was damit verbunden war. “Wenn du mich fragst, hat sie das schon lange. Gab es überhaupt mal jemanden, mit dem sie zusammen war, der sich ausnahmsweise nicht vorher mit dir getroffen hat?” Für einen kurzen Moment stockte mir der Atem, denn unglücklicherweise musste ich ihre Frage verneinen. “Siehst du? Und genau da liegt das Problem. Ich denke, sie spielt dir nur was vor.” “Hör auf damit, Alice. Ich bin mit ihr befreundet. Warum sollte sie so etwas machen?” “Da bin ich leider überfragt. Tut mir leid”, seufzte sie. Ich hatte allen Grund, ihr wegen dem, was sie von Claire behauptete, eins zu verpassen, doch ihre Worte brachten das Bild, das ich von meiner besten Freundin hatte, langsam ins Wanken. Plötzlich war ich mir nicht mehr so sicher, ob sie so makellos war, wie ich immer gedacht hatte. Gleichzeitig hätte ich mich selbst ohrfeigen können, dass ich überhaupt daran zweifelte. “Aber ich denke, dieses Mal hat sie schlechte Karten”, kicherte Alice auf einmal. “Edward will nämlich nichts von ihr.” Abermals hob ich meinen Kopf und musterte sie verwirrt. “Ich… versteh nicht ganz. Hast du denn mit ihm geredet?” Sie nickte. “Gestern nach der Mittagspause. Er hat sich bei mir für deine Vorwürfe entschuldigt. Allerdings sah er ganz schön fertig aus.” Betrübt senkte ich meinen Blick und schniefte. “Weil ich ihn verärgert hab. Dabei war es nur ein Versehen. Ich war einfach so verletzt und-” Alice legte ihre Finger auf meine Lippen und verhinderte somit jedes weitere Wort. Sie lächelte mich sanft an. “Was auch immer du zu ihm gesagt hast. Er ist dir nicht wirklich böse. Ich glaube, er kann das gar nicht richtig. Man könnte sagen, dass er ein wenig angeknackst war, aber das ist auch schon alles.” “Und was hat das jetzt mit Claire zutun?” Sie grinste auf einmal, als würde es ihr Spaß machen, negative Dinge über sie zu erzählen. “Edward hat sie kaum beachtet, als sie plötzlich bei uns aufgetaucht ist. Wenn er wirklich etwas von ihr wollte, dann hätte ihm eure kleine Auseinandersetzung nicht so mitgenommen und er hätte Claire auch freudiger empfangen. Stattdessen hat er sie links liegen lassen, was ihr sichtlich missfallen hat.” Ich riss meine Augen auf. Edwards Verhalten war in letzter Zeit so seltsam gewesen. Und ich konnte mir einfach nicht erklären warum. Dabei dachte ich felsenfest, das Zusammensein mit Claire wäre sein wichtigstes Ziel. Alice betrachtete mich grinsend und schüttelte den Kopf. “Du hast es noch gar nicht gemerkt, oder?” “Was?” “Du bist ihm wichtiger als alles andere, Bella. Er-” “Warte!” Ich holte tief Luft und starrte sie einfach nur mit offenem Mund an. “Du willst mir doch nicht sagen, dass… dass er…” Sie nickte. “Er mag dich. Wenn man überhaupt noch von mögen reden kann. Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass es sogar mehr ist.” “Hat er dir das erzählt?” “Das braucht er nicht. Das sehe ich auch so. Er wollte heute Abend auf der Party eh noch mal mit dir reden.” “Nein…!” hauchte ich. Diese Aussage brachte alles in mir durcheinander. Einerseits bekam ich ein unbeschreibliches Glücksgefühl, dass sich rasend schnell in mir ausbreitete und mir Schmetterlinge in den Bauch setzte, meinen Puls rasen ließ und meine Wangen unnatürlich rot färbte, doch gleichzeitig wurde ich so unglücklich, dass es fast mein Herz auseinander riss. Gerade jetzt, wo das mit Tayk passiert war. Der Zeitpunkt der Erkenntnis war nicht nur unpassend, sondern womöglich auch schon zu spät. Jetzt konnte ich ihm erst recht nicht mehr unter die Augen treten. Es würde ihn noch mehr verletzen, als es mich bereits hatte. Diesen Schmerz wollte ich ihm nicht zufügen. Unter keinen Umständen. Also musste ich mich von ihm entfernen. Soweit wie möglich. Ich fing bei dem Gedanken wieder an zu zittern und das mehr als zuvor. Krampfhaft versuchte ich, die Tränen zu unterdrücken, die wieder aufkommen wollten, doch so richtig funktionierte das nicht. “Bella?… Bella!” Alice riss mir die Tasse aus den Händen, stellte sie ab und legte ihre Hände an meinen Kopf, um ihn an ihre Halsbeuge zu betten. “Schh…” machte sie und wippte langsam hin und her. “Irgendetwas ist gestern passiert, oder?” stellte sie fest. “So, wie ich dich heute morgen gefunden habe, muss es ja ziemlich… schlimm gewesen sein.” Sie wartete auf eine Antwort, doch ich schwieg. “Verrätst du es mir?… Bitte…” Obwohl ich eigentlich vorhatte, niemandem davon zu erzählen, bekam ich das dringende Bedürfnis, mich jemandem anzuvertrauen. Und obwohl ich Alice gegenüber voreingenommen gewesen war, schien sie mir jetzt genau die Richtige. “Ich… Gestern hatte ich eine Verabredung mit… Tayk.” Plötzlich fiel es mir sehr schwer, seinen Namen auszusprechen. “Und jetzt hast du das Gefühl, Edward hintergangen zu haben?” schlussfolgerte sie, doch ich schüttelte ganz leicht meinen Kopf. “Das ist es nicht. Jedenfalls nicht so. Edward wusste ja, dass ich mich mit seinem Freund treffe”, flüsterte ich. “Warte mal… Die Gegend, in der ich dich heute gefunden habe. Da bist du nicht erst heute morgen hingekommen, oder?” Still schüttelte ich abermals meinen Kopf. “Wohnt Tayk irgendwo dort?” Ich nickte. “Also hast du bei ihm übernachtet?” hakte sie vorsichtig nach. Ich nickte erneut. “Aber ihr habt doch nicht…” Sie hielt mitten im Satz inne und holte tief Luft, selbst schon ahnend, was kommen würde. Ich fing nur noch mehr an zu zittern. “Ich weiß es nicht”, murmelte ich schluchzend. Alice drückte mich ein Stück von sich, um mich anzusehen, doch ich konnte ihren Blick nicht erwidern. “Was soll das heißen, du weißt es nicht?” “Dass ich keine Ahnung habe, was genau los war. Ich wurde auf einmal sehr müde und das nächste, an das ich mich erinnern konnte, war dass ich in… seinem Bett aufgewacht bin. Außerdem hat er es zugegeben und da ich nicht weiß, was war, kann ich es auch nicht abstreiten…” Sie schwieg kurz und den Stirnfalten nach zu urteilen, dachte sie angestrengt nach, ehe sie wieder etwas sagte. “Ich gehe davon aus, dass wenn du wach gewesen wärst, du dich nicht darauf eingelassen hättest, richtig?” “Ganz sicher…” “Also hat er dir was gegeben, damit du ruhig bist.” Erschrocken riss ich die Augen auf. Meinte sie das ernst? Würde er soweit gehen? Nicht dass ich schon selbst zu dem Schluss gekommen war, dass er die Situation ausgenutzt hatte, doch jetzt hörte es sich an, als wenn er es von vornherein geplant hätte. Vielleicht sogar schon, als er sich mit mir verabredet hatte. Demnach war sein Interesse an mir nur… vorgegaukelt. Oder besser gesagt anderer Natur. Nicht meiner Person Willen, sondern zum Spaß… “Das… Das glaub ich nicht… Wahrscheinlich hat sich der Alkohol nicht mit den Magentabletten vertragen und mich lahm gelegt…” versuchte ich meine Schläfrigkeit zu rechtfertigen, obwohl ich selbst nicht mehr so sicher war. “Alkohol… und Magentabletten…?” wiederholte Alice schockiert. “Ich hab nicht viel getrunken. Und nach dem Essen ist mir schlecht geworden und Tayk hat mir ein paar… Magentabletten… gegeben.” Während ich die letzten Worte immer langsamer aussprach, wurde Alice und mir gleichzeitig klar, dass es womöglich nicht die Medikamente waren, für die ich sie gehalten hatte. Wir starrten uns beide an, immer noch die Erkenntnis vor unseren Augen. Plötzlich kramte sie in ihrer Tasche und holte ein Handy heraus. “Was hast du vor?” fragte ich sie misstrauisch. “Dieser Kerl gehört angezeigt!” presste sie wütend hervor und tippte bereits auf der Tastatur. Sofort riss ich ihr das Telefon aus der Hand. “Bitte nicht, Alice”, flehte ich leise. “Ich will das einfach nur vergessen, okay?” Ungläubig musterte sie mich. “Er muss dafür zur Rechenschaft gezogen werden, Bella. Du kannst ihn doch nicht einfach so damit durchkommen lassen.” “Du verstehst nicht… Ich will einfach keine einzige weitere Sekunde an dieses Thema verschwenden. Außerdem will ich Charlie keinen Kummer bereiten. Er ist jeden Tag auf Arbeit und sieht schon genug Verbrechen. Ich will nicht, dass er auch noch ein Drama in der eigenen Familie durchleben muss…” Bei meinen Worten sah sie mich gequält an und überlegte lange. Dann streckte se ihre Hand aus, um mir zu signalisieren, dass sie ihr Handy wiederhaben wollte. “Einverstanden… Und was ist mit Edward?” Ich schluckte. “Er soll es auch nicht wissen. Ich will ihm das nicht antun. Außerdem ist es ja meine Schuld gewesen. Schließlich hatte er mich gewarnt, aber ich hab nicht auf ihn gehört.” Ich versuchte ein Lächeln, doch so richtig klappte es nicht. “Bella!” seufzte sie schockiert und nahm mich in die Arme. “Du bist an gar nichts Schuld, hörst du? Dieser Mistkerl hat deine Gutgläubigkeit aufs Schlimmste ausgenutzt. Du bist die Letzte, die sich dafür verantwortlich fühlen sollte. So was will ich nie wieder hören, okay?” Ich wusste nicht warum, aber auf einmal rannen mir wieder Tränen über die Wangen. Nicht weil ich traurig war, eher weil mich ihre Worte auf eine seltsame Weise trösteten. Zum Dank erwiderte ich ihre Umarmung. “Du solltest trotzdem mit Edward reden”, fing sie aus heiterem Himmel wieder an. “Was?” “Du musst ihm ja nichts erzählen, was du nicht willst. Aber du solltest dich entscheiden, wie es weitergeht und ihm deinen Entschluss dann mitteilen, damit er nicht im Ungewissen bleibt.” “Ich… Ich kann mich nicht mit ihm treffen. Das geht einfach nicht. Er würde sofort merken, dass etwas nicht stimmt und… dann müsste ich es ihm erklären und dann…” Ich schüttelte panisch meinen Kopf, doch Alice hielt ihn plötzlich mit ihren Händen fest. “Doch. Heute Abend am Strand. Und wenn du es nicht machst, dann ruf ich ihn jetzt an und bitte ihn, herzukommen”, drohte sie. “Das tust du nicht.” Es fiel mir schwer, meinen eigenen Worten zu glauben. Statt zu antworten, zog sie wieder ihr Handy heraus und hielt es extra weit weg, damit ich nicht herankam. Ich beugte mich nach vorn und streckte meinen Arm aus, doch dieses Mal lehnte sie sich zurück und ließ mir keine Chance. “Bitte, Alice…” flehte ich sie an, doch sie wartete bereits das Klingeln ab. Ich war hin- und hergerissen, zwischen der Wahl, Edward schon in ein paar Minuten entgegentreten zu müssen - und dafür fühlte ich mich überhaupt nicht in der Lage -, oder erst heute Abend, wobei ich mich bei letzterem noch darauf vorbereiten konnte. “Na schön”, gab ich nach. “Am Strand…” Alice schenkte mir ein kleines, mitfühlendes Lächeln, ehe sie die Verbindung unterbrach. Sie legte eine Hand auf meinen Arm und fuhr sachte darüber. “Glaub mir, es ist besser so. Und vielleicht lenkt dich die Party etwas ab.” Innerlich verkrampfte ich mich schon, alleine bei dem Gedanken an später. Als wir uns auf den Weg zum Strand machten, senkte sich die Sonne bereits, doch es war noch angenehm warm. Am Horizont hatte sich ein rot-oranger, breiter Streifen gebildet, der sich auf der Wasseroberfläche spiegelte. Es herrschte nur leichter Wellengang. Bevor wir losgefahren waren, hatte ich dieses Mal daran gedacht, Charlie eine Notiz zu hinterlassen. Ich fühlte mich nicht in der Lage, ihm Abendessen zu bereiten und bat ihn, sich beim Pizzaservice etwas zu bestellen. Ich ging nicht davon aus, dass er mir das übel nehmen würde. Alice hatte sich noch den ganzen Tag bei mir aufgehalten. Sie wollte mich einfach nicht alleine lassen. Außerdem hatte sie sich wirklich bemüht, mich auf jede erdenkliche Weise abzulenken, und trotzdem konnte mich an diesem Tag nichts wirklich erheitern und meine Gedanken wanderten immer wieder zurück zu dem grauenvollen Morgen. Sie hatte sogar meine Sachen gepackt, inklusive Badezeug, für den Fall, dass wir noch Nachts ins Wasser gehen würden. Und das, obwohl ich ihr gesagt hatte, dass mich dazu eh niemand überreden konnte. Sie kicherte nur und meinte, wir würden ja sehen. Wir putzten uns nicht groß heraus und ich beließ es einfach bei Jeans und einem kurzärmligen Oberteil, im Gegensatz zu Alice, die aus allem etwas Besonderes zaubern konnte. Und das, obwohl sie eigentlich nur ein türkisfarbenes, knielanges Kleid trug. Die ganze Fahrt über hatte ich darüber gegrübelt, was ich zu Edward sagen sollte. Und was nicht. Doch das Nachdenken fiel mir mittlerweile mehr als schwer und es war nicht einfach, einen einzigen, klaren Gedanken zu fassen. “Warum warst du eigentlich in dieser Gegend heute morgen?” fragte ich Alice, als wir das Auto am Straßenrand geparkt hatten und uns jetzt auf den Weg zum Strand machten. “Nenn es eine Vorahnung”, lächelte sie. Verwirrt sah ich sie an. “Na ja. Ich war heute morgen schon einkaufen… Für heute Abend, weißt du, und irgendwie hatte ich das Gefühl, ausnahmsweise mal den Weg nehmen zu müssen. Wie sich ja herausgestellt hat, war das die richtige Wahl.” Sie lächelte und ich wollte es erwidern, doch mit jedem Schritt, den wir näher kamen, hämmerte mein Herz schneller und meine Beine wurden wackelig. Der Strand war bereits gut gefüllt. Überall tummelten sich kleine Gruppen. Eine riesige, leicht erhobene Tanzfläche aus hellen Holz war aufgebaut und an den armdünnen Säulen an jeder Ecke waren Lichterketten aufgehängt. Sie leuchteten in verschiedenen Farben. Wenn es richtig dunkel sein würde, kämen sie mit Sicherheit besser zur Geltung. An einem Ende der Fläche war eine Tribüne und eine Band spielte bereits. Ich kannte sie nicht, doch Alice flüsterte mir ins Ohr, dass sie sich The Red Jumpsuit Apparatus nannten. An drei Seiten der hölzernen Fläche, etwas niedriger angelegt und durch Stufen mit dem Tanzbereich verbunden, ging es mit einer weiteren Ebnung weiter, auf der sich jede Menge kleine, runde Tische mit Stühlen befanden. Etwas weiter weg gab es sogar eine kleine Bar und ein paar Kellner. Einige Meter entfernt war schon ein meterhoher Kegel an Geäst aufgebaut worden und für das spätere Lagerfeuer bereitgestellt. Ich hatte wirklich nicht mit diesem Ausmaß gerechnet. Es musste eine Menge Geld dafür ausgegeben worden sein. Ich hatte nicht gewusst, dass unser Schülerkomitee soviel in der Kasse hatte. Obwohl… Da Claire die Vorsitzende war, konnte ich mir gut vorstellen, dass sie etwas beigesteuert hatte. Allerdings wusste ich bis gestern noch überhaupt nichts davon. Mir kam es so vor, als wäre ich die einzige Unwissende gewesen, und das, obwohl Claire doch Bescheid gewusst haben musste. Noch ein Punkt für Alice’ Meinung. Nervös suchte ich die Köpfe der Leute ab, um zu sehen, ob ich jemanden Bestimmten unter ihnen finden konnte. Gleichzeitig hoffte ich auf seine Abwesenheit. “Ich kann ihn nirgends sehen”, stellte ich schließlich seufzend fest, innerlich leicht aufatmend. “Wahrscheinlich ist er noch nicht da. Aber er kommt bestimmt”, entgegnete Alice und machte meine Hoffnung zunichte. Wir waren jetzt genau neben der Tanzfläche, als ich plötzlich Claires Cousine entdeckte, zusammen mit ihrer Tochter Roxy. Dass sie überhaupt solange aufbleiben durfte. Ihre Mutter saß nicht weit entfernt von uns allein an einem Tisch und beobachtete ihre Tochter, wie sie freudig auf der Tanzfläche herumhüpfte. Rosalie selbst sah eher betrübt aus. Die Stimmung schien nicht auf sie einzuwirken. Genauso wie bei mir. Claire selbst sah ich allerdings nicht. “Alice!” rief plötzlich jemand und ich hielt automatisch Ausschau nach der Person. Dann sah ich auch schon Jasper auf uns zukommen, ein breites Grinsen auf den Lippen, als er sie anstrahlte. Meine Brust schmerzte augenblicklich, als ich die Innigkeit seines Blickes erkannte. Alice neben mir schien seltsam nervös, doch anders als erwartet, lächelte sie ihm entgegen. Dabei hätte ich gedacht, das sie ihn wieder anschreien würde. Als er bei uns angekommen war und mich bemerkte, sagte er nur kurz “Hallo” zu mir und wandte sich dann wieder ihr zu. Sein Tonfall verpasste mir eine Gänsehaut. Er war bestimmt noch sauer wegen der Sache in der Cafeteria. Wenn es die beiden irgendwie näher gebracht hatte, konnte man dem Vorfall sogar was Gutes abgewinnen. Obwohl ich mich wirklich für sie freuen wollte, hatte ich momentan keine Kraft dafür. Meine Gedanken kreisten immer noch um Edward. Außerdem fiel mir jetzt auch ein, dass Tayk genauso hier sein konnte. Die Vorstellung, ihn wieder zu sehen, schüttelte mich und wie aus Reflex schlang ich meine Arme um meinen Körper und verzog schmerzhaft das Gesicht. “Bella, alles in Ordnung?” Alice stand plötzlich vor mir und hatte eine Hand auf meine verschränkten Arme gelegt. “Geht’s ihr gut?” fragte Jasper und klang dieses Mal nicht ganz so abweisend. “Alles okay“, beruhigte ich die beiden und versuchte zu lächeln. “Weißt du was, Jasper? Ich komm später zu dir. Ich würde erstmal noch ein bisschen allein mit Bella bleiben, wenn du nichts dagegen hast.” “Ihr müsst nicht wegen mir-”, mischte ich mich ein, doch Alice unterbrach mich. “Das geht schon klar.” Jasper nickte nur und verschwand dann wieder, während ich zu einem der Tische bugsiert wurde. Bei der Kellnerin bestellten wir uns zwei Wasser und schauten eine Weile schweigend den Leuten auf der Tanzfläche zu. Die Sonne war mittlerweile untergegangen und die Lichter, die die Tanzfläche einrahmten und das Lagerfeuer, das jetzt entzündet wurde, waren die einzigen helligkeitspendenden Quellen am Strand. Einige der Anwesenden waren bereits mehr oder weniger angetrunken und nicht alle konnten mehr gerade laufen. Alice versuchte mich immer wieder zum Tanzen zu überreden, doch ich war ganz und gar nicht in der Stimmung dafür. Außerdem wollte ich im Moment so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf mich lenken. “Wollen wir ein Stück am Ufer spazieren gehen?” schlug ich vor und Alice nickte zustimmend. Direkt am Wasser war es nicht ganz so hell und wir hielten uns jetzt etwas abseits der Leute. “Du scheinst jetzt gut mit Jasper auszukommen”, bemerkte ich und konnte fast sehen, wie ihre Wangen Feuer fingen. “Ja, na ja… weißt du, er ist doch nicht so schlimm wie ich zuerst gedacht hab. Und-” “Du musst dich nicht rechfertigen.” “Bella…” stöhnte sie, woraufhin ich leicht schmunzeln musste. “Ihr seid niedlich zusammen.” Überrascht hob sie eine Augenbraue. “Als er mich so verteidigt hat gestern, da konnte ich ihm sein Gestarre nicht mehr so übel nehmen… und ich hab ihn auch deswegen angesprochen. Also wegen dem permanenten Gucken… Und er meinte, er konnte einfach nicht wegschauen.” Jetzt war ich mir fast sicher, dass ihr Gesicht dunkelrot war. Außerdem sah sie stur geradeaus und mied den Blickkontakt. “Irgendwie passt ihr gut zusammen”, seufzte ich und starrte in den Himmel. Gleichzeitig beneidete ich sie für ihr scheinbar gefundenes Glück und dachte automatisch wieder zurück an meine eigene, derzeitige Lage. Doch noch ehe ich in meine trübe Stimmung zurückfallen konnte, lenkte Alice’ Stimme mich ab. “Ich glaube, das kleine Mädchen hat einen ziemlich ungewöhnlichen Tanzpartner gefunden”, kicherte sie. Ich folgte ihrem Blick zur Tanzfläche und sah einen ziemlich großen Mann, der Roxy auf den Schultern trug und sich seltsam komisch zur Musik bewegte. Erst beim zweiten Hinsehen erkannte ich ihn. “Emmett”, stellte ich überrascht fest. “Kennst du ihn?” “Das ist Edwards Bruder, aber eigentlich sollte er doch in Chicago sein”, erklärte ich ihr. “Wenn der da ist, dann heißt das bestimmt, dass Edward auch irgendwo sein muss.” Alice hielt sofort Ausschau nach ihm. “Bitte, können wir das nicht lassen?” versuchte ich sie vergebens zu überreden, doch da hatte sie ihn schon entdeckt und lief auf ihn zu, kurz nachdem sie mir ein “Warte hier” zugerufen hatte. Wir waren schon ein ganzes Stück entfernt von den Anderen, also dauerte es womöglich etwas länger, bis die beiden hier waren. Die Anspannung, die schon den ganzen Abend nicht von mir abfallen wollte, vergrößerte sich jetzt um ein Maximum und ich hatte alle Hände voll zutun, meinen Puls einigermaßen unter Kontrolle zu kriegen. Plötzlich legte sich ein Arm um meine Schultern und erschreckte mich im ersten Moment. “Bella”, sagte jemand überrascht und mit alkoholgetränktem Atem, während ich die Stimme sofort erkannte. Angewidert schleuderte ich den Arm herunter und drehte mich um meine eigene Achse, nur um in Tayks grinsendes Gesicht zu blicken. Alles, was ich heute morgen gefühlt hatte, kam wieder hoch. Wut, Frust, Erniedrigung… Und obwohl ich ihm die Genugtuung nicht geben wollte, über mich Macht gehabt zu haben, konnte ich nicht verhindern, dass meine Augen feucht wurden. “Was willst du?” presste ich mit erstickter Stimme und entfernte mich mit zittrigen Beinen ein paar Schritte von ihm. “Na ja, ich bin nicht davon ausgegangen, dich hier zu sehen. Also muss es dir ja Spaß gemacht haben. Wolltest du mich vielleicht nach einer weiteren Runde fragen? Hier im Sand? Jetzt gleich?” “Halt den Mund!” befahl ich ihm gedämpft, doch es klang nicht ansatzweise so drohend, wie es eigentlich sollte. Tränen rannen bereits meine Wangen hinunter und ich wickelte meine Arme wieder um meinen Körper, zum Schutz vor dem nächsten schmerzhaften Treffer. Er kam einen Schritt näher und sofort wich ich einen Schritt von ihm zurück. “Bleib weg”, zischte ich. Noch ein bisschen länger und meine Stimme würde ganz aufgeben. “Jetzt komm schon. Gestern hast du dich auch nicht so geziert.” Ein weiterer Schritt seinerseits und als ich abermals zurückweichen wollte, wurde meine Fluchtmöglichkeit durch jemanden hinter mir gestoppt, als ich zwei Hände auf meinem Rücken spürte. “Hallo, Edward”, begrüßte Tayk den Neuankömmling heiter. Edward… Augenblicklich erstarrte ich in meiner Position und wagte es nicht, mich umzudrehen. Seine Hände ruhten auf meinen Schultern und es gab mir irgendwie ein sicheres Gefühl, doch gleichzeitig hatte ich Angst, das alles in der nächsten Sekunde zerspringen würde. Wenn Tayk auch nur ein Wort erwähnte… Wenn er auch nur die kleinste Andeutung wagte… Ich mochte mir Edwards Reaktion gar nicht ausmalen. Er würde enttäuscht sein - und wenn Alice recht behielt mit dem, was sie gesagt hatte - dass ich ihm wichtig sei -, dann würde ihn das Wissen ganz sicher noch mehr verletzen als mich. Ich musste mir die Hand auf den Mund legen, um das aufkommende Schluchzen zu unterdrücken. Leider konnte ich das Zittern nicht verhindern. “Bella?” hörte ich Edward besorgt hinter mir. Natürlich hatte er bemerkt, dass ich kurz vor einem Zusammenbruch stand. Vorsichtig versuchte er mich zu sich zu drehen, doch ich hielt geradeso dagegen. “Nicht”, flüsterte ich kaum hörbar und zu meiner Erleichterung kam er meiner Bitte nach. “Was hast du mit ihr gemacht?” wandte er sich jetzt an Tayk und klang gar nicht mehr so friedlich. Ich hatte ihn noch nie so erlebt, noch nicht einmal im Baseballstadion. Meine Augen waren so mit Tränen gefüllt, dass ich nur schwer Tayks besserwisserisches Grinsen erkennen konnte. “Ich hab sie nur gefragt, ob sie noch so einen Ritt wie letzte Nacht haben will.” Das erste, was ich mitbekam, war dass sich der Druck von Edwards Fingern an meinen Armen leicht erhöhte. Gleichzeitig hatten meine Lungen das Ausatmen eingestellt und während Edward noch leise “Das hast du nicht getan” knurrte - und damit ganz bestimmt nicht Tayks erwähnte Frage an mich meinte -, gaben meine Beine nach und ich sackte auf den Sand, Edward hinter mir mit auf die Knie ziehend bei dem Versuch, mich noch aufzufangen. “Bella!” sagte er besorgt und hielt mein Gesicht in seinen warmen, großen Händen. Dummerweise wurde ausgerechnet meins von den Lichtern der Tanzfläche erhellt, während seines im Schatten lag. Ich konnte seinen Ausdruck nicht richtig deuten, als er mich betrachtete, doch ich hörte, wie er scharf die Luft einsog und mich dann plötzlich losließ. Er ging an mir vorbei, doch ich konnte mich nicht zu ihm umdrehen, sondern saß wie erstarrt auf dem Boden, ohne wirklich etwas wahr zu nehmen. Auch wenn er nichts sagte, wusste ich doch, dass das Maß Enttäuschung und Schmerz, das ich bei ihm erwartet hatte, weit unter dem lag, was er jetzt scheinbar tatsächlich fühlte. Stumm suchten sich meine Tränen ihren Weg gen Boden. “Edward, was-” hörte ich Tayk kichernd und doch verwirrt ängstlich hinter mir. Im nächsten Moment gab es einen Knall und einen Aufschrei, während jemand hart in den Strandsand fiel. Erschrocken drehte ich mich um und sah, dass Edward auf Tayk eingeschlagen hatte. Letzterer hatte sich auf seine Ellenbogen gestützt und blickte panisch in das Gesicht seines Gegenübers. Ich war mir nicht hundertprozentig sicher, doch ich meinte, ein wenig Blut an seinem Kinn erkannt zu haben. “Das kannst du doch nicht ernst meinen, oder?” redete Tayk leicht hysterisch. “Nicht wegen… ihr…” Seine Augen huschten kurz zu mir und erst in der letzten Sekunde bemerkte er, wie Edward ihn an seinen Sachen hochzog und ihm ein zweites Mal die Faust ins Gesicht schlug. Tayk landete wieder im Sand und hatte jetzt damit zutun, seine Benommenheit abzuschütteln, während er ein bisschen Blut spuckte. Sollte er angetrunken gewesen sein, dann war er jetzt mit Sicherheit nüchtern. “Wie kannst du es eigentlich wagen”, presste Edward wütend hervor und ging wieder auf ihn zu, um ihn ein weiteres Mal zu packen. “Du hast dich ganz schön verändert”, würgte Tayk, kurz bevor Edward abermals auf ihn einschlug und ihn ein paar Zentimeter weiter schleuderte. Tayk keuchte und eine weitere Ladung Blut fand seinen Weg ins Freie. “Ganz im Gegenteil. Du bist derjenige, der sich unnormal verhält und den ich nicht mehr wieder erkenne”, konterte Edward aufgebracht und wollte bereits wieder auf ihn zugehen, doch dieses Mal warf ich mich dazwischen und riss Edward mit auf den Boden. Nicht, weil ich Tayk vielleicht beschützen wollte. Ganz im Gegenteil. Ich hatte keinerlei Mitleid mit ihm. Doch ich hatte Angst um Edward. Wenn er so weiter machte, würde eventuell etwas passieren, mit dem keiner glücklich werden konnte und er selbst möglicherweise noch bestraft werden würde. “Hör auf”, flehte ich leise mit viel zu hoher Stimme und schlang meine Arme fest um seinen Nacken. “Bitte…” Ich konnte spüren, wie es in ihm brodelte und wie hin- und hergerissen er war zwischen der Möglichkeit, mich beiseite zu schieben und weiterzumachen oder auf mich zu hören. “Er hat es verdient”, schnaufte er schwer und ich nickte zustimmend. “Ja, aber er ist es nicht wert, dass du für ihn ins Gefängnis gehst”, flüsterte ich mit tränenerstickter Stimme. Edward saß ganz still, während ich ihn immer noch festhielt und auf seine Antwort wartete. Dann endlich ließ seine Anspannung nach, wobei er seine Arme um meine Taille legte und seinen Kopf auf meine Schulter bettete. “Tut mir leid”, nuschelte er in meine Haare und drückte mich so fest, dass es schon fast wehtat, doch ich beschwerte mich nicht. “Tut mir leid”, wiederholte er immer wieder und klang vollkommen reumütig, was ich nicht verstand. “Ich dachte, ich kenne Tayk. Ich hätte nie damit gerechnet, dass er… Wenn ich das geahnt hätte, dann hätte ich von Anfang an verhindert, dass du mit ihm in Kontakt kommst.” “Edward, lass das. Das war allein mein Fehler, nicht deiner.” “Bella, ich-” “Es ist nichts passiert”, unterbrach Tayk ihn auf einmal. Verwirrt sahen wir zu ihm. Er lag auf dem Rücken und hatte eine Hand auf der Brust, die sich unter seinem schweren Atmen stark nach oben und unten senkte, während seine Augen auf den klaren Nachthimmel fixiert waren. “Ich hab ihr nichts getan. Das war alles nur Show”, erklärte er leise. “Selbst wenn ich wollte, könnte ich nicht.” “Red deutlicher”, forderte Edward ungeduldig. Tayk holte tief Luft und strich langsam mit einer Hand über sein Gesicht, während er seine Augen schloss. “Ich bin schwul”, sagte er so leise, dass wir das letzte Wort nicht mitbekamen. “Ich hab nichts verstanden”, stellte Edward leicht wütend fest. “Mein Gott, ich bin schwul, okay?”, schrie er jetzt schon fast genervt. Für einen kurzen Augenblick waren wir sprachlos und unfähig, uns zu bewegen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Ich denke, alle theorien, tayk und claire könnten zusammen kommen, haben sich erledigt...O.o... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)