An Angels Passion von collie (News) ================================================================================ Kapitel 10: Hinter der Maske ---------------------------- YUMA NEWSPAPER – V-ANGEL DEHNT JAGDGEBIET AUS Mit dieser Schlagzeile in der Hand marschierte April wutentbrannt im Restaurant auf. Jetzt am frühen Sonntagnachmittag war es wie leer gefegt. Nur die Schwestern saßen dort an einem der Tische zusammen. Love schmiegte sich an Faith. Ihnen gegenüber saßen Search und Passion. Die Schwestern schraken auf, als der weibliche Starsheriff, mit den Kollegen im Schlepptau, auf sie zukam und ihnen die Zeitung auf den Tisch schleuderte. Verwundert blickten sie erst auf die Gesetzeshüter, dann auf das Blatt. Stirnrunzelnd schlug Passion die Seite auf und las den dazugehörigen Artikel. In einer kleineren Stadt nahe Yuma war eines von Various Werken entwendet worden. Der Raub trug V-Angels Handschrift, inklusive der Visitenkarte, die man am Tatort gefunden hatte. „Hinter der Maske“, eines der hochgelobtesten Gemälde, war weg. „Wir haben den Artikel geprüft“, erklärte April scharf. „Er beruht hundertprozentig auf den Fakten.“ Sie baute sich drohend vor Passion auf, stützte die Hände auf die Tischplatte und giftete sie an. „Du darfst Yuma im Umkreis von 10 Meilen nicht verlassen. Die Stadt“ Sie tippte auf den Artikel. „liegt außerhalb dieses Bereiches. Ich muss dich wegen Verstoßes gegen die richterliche Verfügung verhaften.“ Ruhig antwortete Passion. „Das war ich nicht.“ – „Wie bitte?“ brauste Ramrods Navigatorin auf. „Das ist ja wohl deine Vorgehensweise, oder nicht.“ Passion schaute offen auf die Ramrodcrew. „Fast“, gab sie zu. „Wer auch immer das getan hat, hat mich gut kopiert. Bis auf eines. Ich hinterlasse meine Visitenkarte nicht am Tatort, sondern schicke sie an die zuständige Polizeistation, “ erklärte sie sachlich. „Vielleicht war dir das diesmal zu riskant, “ bohrte April unbeeindruckt. „ ‚Hinter der Maske‘ ist eines von Various Werken und passt genau in dein Beuteschema.“ – „Ich war das nicht. Ich hab mich an die Auflage gehalten. Ich wusste nicht mal, dass das Werk dort ist, “ verteidigte sich die Rothaarige heftig. „Lüg uns nicht so kackfrech ins Gesicht.“ Colt konnte sich nicht länger zurückhalten. Nach allem was vorgefallen war, lagen seine Nerven blank. Search, die aus dem Fenster gesehen hatte, wand sich jetzt zu Passion um. „Es ist wohl Zeit, die Maske fallen zu lassen“, sagte sie zu ihr. Die Starsheriffs spitzten die Ohren, zogen sich von den umstehenden Tischen Stühle heran und setzten sich. „Also, wir hören“, meinte April und verschränkte die Arme vor der Brust. Schnippisch warf Faith ein: „Was genau wollt ihr alles hören? Als ich sieben war, hab ich einen Kaugummi geklaut.“ – „Haha, soweit brauchst du nicht auszuholen, sonst wirst du die nächsten 200 einsitzen! Wieso klaut ihr die Dinger?“ Colts Tonlage verriet deutlich, wie wenig witzig er das alles fand. „Wieso man Kaugummis klaut?“ Der grüne Struwwelpeter wollte ihn weiter provozieren, doch Searchs mahnender Blick brachte sie zum Schweigen. „Zieh es nicht ins Lächerliche, Sister. Das ist zu ernst, “ erinnerte sie die Punkerin und sah dann Passion an. „Sag es ihnen.“ Passion räusperte sich kurz und informierte dann: „Ihr habt Recht. wir sind die Adoptivtöchter von Thomas Valerius.“ Doch einigermaßen überrascht schauten die vier aus der Wäsche. Der Verdacht wurde unumwunden bestätigt. Das hätten sie nicht erwartet. Offenbar wollten die Schwestern tatsächlich die Maske fallen lassen. Der Scharfschütze fand als erster die Sprache wieder. „Und warum klaut ihr die Dinger jetzt? Tochter hin oder her, aber ich hätte nie die Sättel meines Dads zurückgeklaut.“ – „Wir tragen nicht Vaters Namen. Deshalb, “ entgegnete Passion. Search half ihr das zu verdeutlichen. „Im Falle seines Ablebens haben wir keinen rechtlichen Anspruch darauf. Aber sie gehören uns. Es sind die Werke unseres Vaters.“ Fireball schnaubte verächtlich. „So kann man den Rechtsstaat natürlich auch bescheißen. Mensch, ihr werdet doch irgendwo als seine Adoptivkinder erscheinen und somit seid ihr leiblichen Kindern gleichgestellt. Das ist überall so im Neuen Grenzland, Yuma macht da keine Ausnahme, “ erklärte er gereizt. „Nein, tun wir nicht, “ stellte die Rothaarige richtig. Eine widerspenstige rosa Strähne fiel ihr ins Gesicht. „Wenn man es ganz genau auseinander nimmt, ist er unser Vormund und somit sind wir eben NICHT leiblichen Kindern gleichgestellt. Egal, auf welchem Schriftstück unsere Namen stehen. Vater hat uns aus solchen Unterlagen herausgehalten. Er wollte sicher gehen, dass sie nicht in die falschen Hände geraten und jemand seine Familie ins Licht der Öffentlichkeit zieht. Wir sollten so normal wie möglich aufwachsen.“ Der Rennfahrer lehnte sich wieder zurück. „Okay, eins zu null für euch. Aber das ist noch lange kein Grund so was zu machen. Es gibt doch sicherlich irgendwo ein Testament, wo die Erbfolge festgelegt wurde. Für so klug halt ich Valerius dann doch, “ wand er ein. „Wir haben kein Testament, “ meinte Search. Passion ergänzte: „Es geht auch nicht um die Erbfolge und den ganzen Mist. Es geht dabei ausschließlich um Vaters letzten Wunsch.“ Love nickte bestätigend. Faith konnte sich eine weitere Provokation nicht verkneifen. „Oder haltet ihr uns für so Geldgierig?“ – „Na, wegen dem sentimentalen Wert werdet ihr das kaum machen“, konterte der Cowboy trocken. Augenblicklich brauste Faith auf. Hätten Love und Search sie nicht zurückgehalten, wäre sie Colt wohl an die Kehle gesprungen. Love legte Faith die Hand auf die Schulter. „Beruhige dich, Liebling“, raunte sie ihr sanft zu. Offensichtlich war sie die einzige, die den Zauskopf besänftigen konnte. Wenn auch widerwillig, so gehorchte die Hitzige doch. „Tatsächlich geht es nur um Sentimentalitäten“, entgegnete Passion. April nickte. „Dann ist es einfach nur Dummheit gewesen, sie zu stehlen.“ Es fiel ihr schwer dafür Verständnis aufzubringen. Die vier Schwestern machten es sich an dem Punkt scheinbar recht leicht. „Nein, nicht Dummheit“, begehrte Passion auf. „Wir erfüllen Vaters letzten Wunsch. Geht das nicht in eure Köpfe?“ Fireball lehnte sich zurück und schwieg. Irgendwie verstand er das schon. Er sah sich um und stellte fest, dass Saber bisher noch nicht ein Wort gesagt hatte. Sein Vorgesetzter musste sich wirklich schlecht fühlen, was wohl an Passion lag. Als Colt nun zu Passion sagte: „In mein Köpfchen passt mehr, als du glaubst!“ richtete sich Fireballs Aufmerksamkeit wieder auf das Gespräch. „Ich kapier einfach nicht, wie man die linke Tour fahren kann, bevor man es überhaupt irgendwie anders und auf rechtlich astreinem Terrain versucht?“ meinte der Scharfschütze und schüttelte verständnislos den Kopf. „Wir haben alles im rechtlichen Bereich versucht. Wir haben kein Recht, keinen Anspruch auf das, was uns gehört, “ klärte Search ihn auf. Passion strich sich eine rosa Strähne aus dem Gesicht und berichtigte ihre Schwester leise. „Na ja nicht ganz. Du weißt, was Paps dazu gesagt hat.“ Jetzt schaltete sich der Recke ein. „Was hat er denn dazu gesagt? Dass ihr euch wie die schlimmsten Verbrecher nehmen sollt, was er hinterlassen hat?“ Sein Tonfall war mehr als bissig. Die Schwestern schnappten alle vier empört nach Luft. Hätte Search sich nicht eingeschaltet, wäre diesmal Passion aufgebraust. „Nein, er hat gesagt, dass es nicht seine Werke sind. Seine Arbeit wurde durch seine fünf Engel inspiriert, deshalb gehören sie ihnen, “ erwiderte sie dann beherrscht. „Ich sehe nur vier und das sind keine Engel, “ versetzte Saber spitz. „Der fünfte Engel ist Mummy.“ Search blickte zum Fenster hinaus. So deutlich, als wäre es gestern geschehen, erinnerte sie sich an den Moment, als die Hand ihrer Mummy ihre Kraft verlor und sie müde die Augen schloss. Saber schnaubte, schwieg jedoch. Colt und Fire bemühten sich, nicht den Anschluss zu verlieren. April half ihnen dabei. Sie senkte betroffen die Augen. „Ich verstehe“, flüsterte sie. „Sie ist nicht mehr bei euch, weil sie wirklich ein Engel ist.“ Urplötzlich schrie Faith „Ja, du Genie. So ist es. Und jetzt halt die Klappe und hör auf noch mehr Salz in die Wunden zu streuen.“ Love nahm ihre Hand und zog sie langsam aber bestimmt aus der Bank. „Ich glaube, Liebling, wir zwei gehen mal lieber raus und lassen deinen Hitzkopf ausrauchen.“ Sie verließen das Lokal, hörten aber noch, Aprils Verteidigung „Das wollte ich nicht. Ich weiß, wie das ist, ich…“ Dann fiel die Tür ins Schloss. Fire legte seiner Freundin den Zeigefinger auf den Mund, damit sie still war und nicht selbst auch noch traurig würde, wenn sie an den Verlust ihrer eignen Mutter dachte. Unwirsch meldete der Cowboy sich zu Wort. „Familie zu verlieren ist scheiße. Aber immer noch kein Grund zum Stehlen! Sonst wär ich der schlimmste Kriminelle im Neuen Grenzland.“ Er machte nicht den Eindruck, als ließe er sich von dieser Einstellung abbringen. „Ich ... wie soll ich euch nur klar machen, dass wir keine andere Wahl hatten?“ versuchte Passion erneut, die Dinge begreiflich zu machen. „Erklär es uns. Mit simplen, einfach Worten, die nach Möglichkeit der Wahrheit entsprechen, “ gab Saber kühl zur Antwort. Betroffen senkte die Angesprochene die Augen. Diese Lieblosigkeit war ihr unangenehm, um es vorsichtig zu sagen. „Ich hab dich nicht belogen“, verteidigte sie sich schwach. „Das kann man sehen, wie man will.“ Der Blondschopf wurde jedoch gleich wieder sachlich. „Also, warum hattet ihr keine andere Wahl?“ – „Ich glaube kaum, dass ihr das versteht.“ Passion klang, als wollte sie aufgeben. Nein, wie sollten sie das begreifen. Sie wussten ja nichts. Bis jetzt machten sie auch nicht den Eindruck, als würden es dann einsehen können, wenn alle Karten auf dem Tisch lagen. „Hör auf, Sister.“ Search legte den Arm um Passions Schulter. „Um das zu verstehen, muss man eine Vorstellung haben, wie man sich als adoptiertes Kind fühlt“, wand sie sich dann an die Ramrodcrew. „Mummy und Paps haben uns aufgenommen, uns geliebt und ein Zuhause gegeben. Uns vier, die niemand sonst wollte. Sie haben so viel für uns getan. Sie haben uns eine gute Ausbildung ermöglicht, zu Faith und Love gehalten, als klar wurde, dass ... na, das habt ihr ja gesehen. Und für Passion waren sie nach der ganzen, furchtbaren Sache im Internat auch da.“ Ihre Worte klangen zärtlich und dankbar. „Sie haben sich wie Eltern verhalten“, fasste der Rennfahrer es sachlich zusammen. Search nickte. „Was war im Internat?“ hakte April nach. Das hatte sie doch stutzig gemacht. Passion schenkte der Weißhaarigen einen flehenden Blick. „Bitte nicht“, flüsterte sie. „Doch“, entschied diese und richtete ihre Worte an die Vier. „Ihr wisst, dass Passion Jugendmeisterin der rhythmischen Sportgymnastik war. Als sie mit dem Titel zurückkam, kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen ihr und ihrer schärfsten Rivalin. Die schlug mit einer Hantelstange nach Passion und verletzte ihren linken Oberschenkel sehr schwer. Passion brauchte lange um sich davon zu erholen. Sie kann ihr Bein auch wieder normal belasten. Nur der Traum von der Sportlerkarriere war ausgeträumt.“ Betroffenes Schweigen trat ein und die große Erkenntnis folgte. „Deswegen das zweite Standbein mit dem Studium“, stellte April fest. „Zickenterror mal anders“, kommentierte Fireball. Colt warf die Hände in die Höhe: „Weiber!“ Und auch Saber klappte der Kiefer auf. „Also deshalb.“ Kein Wunder war sie so widerborstig. Die Rivalin war sicher adlig gewesen. Wahrscheinlich war sie wenigstens vom Internat geflogen, aber das änderte nichts daran, dass sie Passions Leben verpfuscht hatte. „Wir haben unseren Eltern sehr viel zu verdanken“, fuhr Search nun fort. „Wir hatten eine sehr liebevolle Familie. Als Mummy starb, traf uns das alle sehr schwer. Vor allem Vater. Er sagte, die Frau, die seine Werke mehr noch als wir Töchter inspiriert hat, für die er gezeichnet hat, solle die Werke eines Tages wiederbekommen. Er hat sie nur für sie erschaffen. Versteht ihr. Wir sind es Vater schuldig, ihm diesen letzten Wunsch zu erfüllen.“ Passion ergänzte flüsternd: „Es ist unsere einzige Chance zu beweisen, dass wir ihnen gute Töchter sind. Nur kommen wir legal nicht an die Werke. Was hätten wir denn tun sollen?“ Der letzte Satz klang sehr hilflos. Doch Saber hatte im Augenblick kein Ohr für diesen Ton. „Rat einholen und euch Hilfe suchen“, antwortete er nüchtern. „Es gibt, soweit ich weiß, viele Organisationen, die dabei helfen. Legale Organisationen.“ Die weißhaarige Frau schüttelte traurig den Kopf. „Vater war zu gut darin, die Verbindung zwischen uns zu verdecken, dass es jetzt unser Fluch ist.“ Ramrods Pilot wiegte den Kopf hin und her. „Wie gut kann er schon gewesen sein?“ fragte er nachdenklich. „Irgendwo hat er sich bestimmt verraten, zu hundert Prozent! Man muss nur gründlich genug suchen. Stimmt es, Boss?“ Auf Passions Stirn bildete sich ihre unwillige Falte. Es schien ihr, als wollten sie das nicht verstehen. „Du musst es ja wissen. Ich hab vergessen, dass du unseren Vater persönlich gekannt hast, “ gab sie düster zurück. Der Schwertschwinger unterstützte die Ansicht seines Freundes jedoch. „Er hat aber Recht“, meldete er. Die Rothaarige fuhr sich hastig durch ihre Mähne. „Natürlich hat er das. Natürlich wisst ihr es besser. Ihr seid ja so wunderbare Starsheriffs.“ Aber hinter dieser Ironie verbarg sich nicht nur ihre Verletztheit darüber, dass sie es scheinbar nicht begriffen, sondern auch das Bewusstsein, dass der Weg nicht die beste Lösung war. „Hey, Baby, fahr die Krallen wieder ein.“ Colt war inzwischen schon wieder friedlicher gestimmt. Er wusste, aus eigener Erfahrung, wie sich die Mädchen fühlen mussten. Langsam begann er sie zu verstehen. Er selbst hatte schon oft genug aus Liebe heraus Fehler gemacht. „Ja, wir sind die Star Sheriffs und ja, wir sind die besten. Egal, worum es geht, “ fügte er dann hinzu und grinste schief. Es musste doch eine Alternative geben, die die Schwestern übersehen hatten? Er war so weit, dass er besonders Passion verzeihen und helfen wollte. Doch die fühlte sich überfordert von der Situation. Sie erhob sich. „Lass mich durch. Ich will raus.“ Damit rutschte sie aus der Bank, schob sich an Colt, dessen Stuhl direkt daneben stand, vorbei und wollte zur Tür. Search rief ihr nach: „Bleib da.“ Passion schüttelte heftig den Kopf. „Nein, ich kann nicht. Ich halt das nicht aus.“ Dann blickte sie kurz auf Saber. Es war klar, dass sie seine Anwesenheit und vor allem seine Ablehnung am allerwenigstens ertrug. „Ich würd es auch nicht aushalten, wenn ich jemanden ins Gesicht gelogen hätte und der im Raum säße“, knurrte der. An der Tür drehte sich Passion um. „Ich hab dich nicht belogen. Ich hab dir nur nicht die ganze Wahrheit gesagt, “ rechtfertigte sie sich schwach. „Passion, bleib da! Wir finden einen Weg“ Doch Aprils Ruf wurde ignoriert. Die Tür fiel zu. Ramrods Navigatorin sah ihre Jungs fragend an. Auch sie wollte gerne helfen, jetzt, da sie wusste worum es sich bei all dem drehte. „Ist halt jetzt die Frage, wobei sie nicht die ganze Wahrheit gesagt hat“, meinte Colt beinahe schon heiter. Search nahm das Nesthäkchen in Schutz. „Sie ist eben loyal, sehr loyal.“ Unbeeindruckt und mit schiefem Lächeln deutete der Scharfschütze auf Saber. „Sind andere auch. Aber die hätten es lieber wahrheitsgemäß loyal, “ gab er zurück. Search lehne sich in der Bank zurück. „Offensichtlich konnte sie sich nur falsch entscheiden. Entweder verletzt sie ihn“ Dabei wies sie ebenfalls auf Saber. „oder uns. Das konnte nicht gut gehen.“ – „Ich bin noch da, “ meldete der düster. Die Weißhaarige wand sich ihm direkt zu. „Ich weiß und ich hoffe, du hörst mir gut zu. Denn Passion hat dich wirklich nicht belogen. Aber sie hat bei Mummys Grab - wie wir alle - geschworen, dass sie mit niemandem außer uns darüber redet. Und ein Schwur bedeutet bei uns sehr viel, “ versuchte sie erneut ihre Schwester zu erklären. Der Angesprochene blinzelte finster. „Ein Schwur bedeutet auch uns viel“, antwortete er und deutete auf seine Freunde. Innerlich gewann er seine Ruhe wieder. Es war leichter, über alles zu reden, wenn Passions Gegenwart ihm nicht länger Herzklopfen verursachte. „Schön, dass es für euch das selbe bedeutet“, stellte Search nüchtern fest. Sie erhob sich ebenfalls aus der Bank und trat auf den Recken zu. „Dann lass sie nicht dafür bezahlen, dass sie liebt.“ Diese Aussage war vielschichtiger, als man im ersten Moment glaubte. Aber dem Säbelschwinger ging jede einzelne auf. Search erkannte es an seinen Augen und wand sich zufrieden zum Gehen. „Heute sind wohl alle vor uns auf der Flucht“, kommentierte Colt und rief dann. „Hey, Search, setz dich wieder und lass uns reden. Wir wollen euch doch nur helfen.“ – „Und wie?“ Kritisch hob diese die Augenbraue. Mit einem leichten Lächeln entgegnete Fireball. „Das überlass uns. Wir sind schließlich hier die Guten.“ Search unterdrückte ein Schmunzeln und nahm wieder Platz. „Nein, ich will wissen wie. Es geht hier schließlich um sehr viel für uns Schwestern, falls ihr das noch nicht verstanden habt.“ Verlegenes Schweigen entstand. An dem Punkt waren ihnen die Ideen ausgegangen. Aber dann begann die ersten, wenn auch noch nicht so realistischen, Vorschläge durch den Raum zu fliegen. „Wir zaubern einfach ein bisschen“, schlug der Rennfahrer vor. „Das haben wir zwar seither noch nicht, aber das gelingt uns auch noch.“ Lachend stieg Colt darauf ein: „Klar. Ich bin schließlich Großmeister im Verzaubern schöner Mädchen. Nur bei Passion wird wohl Saber den Zauberstab schwingen müssen.“ Der fasste das als Stichwort auf und verabschiedete sich. Es war recht viel auf ihn eingestürmt und er wollte das alles zunächst einmal sortieren und auswerten. Am liebsten war es ihm für einen Moment, wenn er irgendwo Beweise finden würde, die die Schwestern überführten. Dann würde man sie verhaften und er musste Passion nie wieder sehen. Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gebracht, meldete sich sein Herz zu Wort und sagte, dass er es weder ertrug ihr Handschellen anzulegen, noch auf diese Weise von ihr getrennt zu werden. Sein Weg führte ihn an der Werkstatt vorbei. Wahrscheinlich wäre er ganz daran vorüber gelaufen, wäre ihm die geöffnete Hintertür nicht aufgefallen. Wenn Faith für die technische Ausstattung verantwortlich war, würde er hier vielleicht etwas finden. Mit dieser Überlegung trat er ein. Die Werkstatt war recht groß und anders als er erwartet hatte, herrschte hier Ordnung. Links von ihm standen Schränke. An der Wand, die zum Haupttor führte stand eine riesige Werkbank. Davor befand sich der Stellplatz für die Autos mit der Hebebühne und gegenüber an der Wand stürmten sich verschieden Reifen. Eine gut geführte kleine Garage. Zwischen den Reifen gewahrte er einen rotrosanen Schopf. Passion. Eine Windbö wehte herein und schlug die Tür gegen die Wand. Das Mädchen hob den Kopf und blickte ihn an. „Oh, sorry, “ brachte er zerstreut hervor. „Schon gut, “ erwiderte sie trüb. „Schock mich ruhig zu Tode. Dann hab ich den Mist wenigstens hinter mir.“ Er trat ein paar Schritte auf sie zu. „Ich hatte nicht vor, dich zu schockieren“, versicherte er dabei. „In letzter Zeit ist es mit meinem Feingefühl wohl nicht sehr weit her.“ Sie richtete ihren Blick wieder auf den Boden und schniefte leicht. „Mach dir nichts draus. Von Typen wie dir bin ich nichts anderes gewöhnt.“ Innerlich versuchte sie sich ein Schutzschild zu errichten. So schnell durfte er ihr nicht wieder zu nahe kommen. Das hatte weh getan. „Die anderen Typen haben doch keine Ahnung“, gab er zurück. „Die wissen nicht, was Leid ist, Passion.“ Aber er wusste es ziemlich gut. Besonders jetzt, da sie so kleinlaut und hilflos vor ihm in einer Lücke zwischen den Reifentürmen hockte. Die Knie angezogen, die Arme darum geschlungen, doch jetzt den Kopf trotzig zu ihm hochwerfend. „Ach, aber du ja, “ fauchte sie und schüttelte den Kopf. „Vergiss es. Ich war so eine Idiotin, dass ich das zugelassen hab.“ Sie legte den Kopf wieder auf die Knie. Das zwei rosa Strähnen ihr über die Augen hingen, war ihr gerade egal. „Dass du was zugelassen hast?“ bohrte er nach. „Gefühle für einen anderen Menschen? Ich bedaure nur, dass du nicht die bist, für die ich dich gehalten habe, “ erklärte er verstimmt. „Und du bist nicht der, für den ich dich gehalten hab, “ warf sie das Gesagte wieder zurück. Sie sah noch mal zu ihm auf. „Weißt du, irgendwann, neulich im Park, hab ich doch echt geglaubt, du würdest es vielleicht verstehen. Ich hab dir ...“ Sie brach ab und fuhr fort auf den Boden zu starren. Leichte Röte im Gesicht. „…Vertraut?“ beendete er ihren Satz. „Ja, Passion, das nennt man Vertrauen und das kann man auch Menschen, die nicht mit einem verwand sind. Ich hatte auch Vertrauen, in dich.“ – „Die Vergangenheitsform. Ich versteh schon. Aber nicht nur dein Vertrauen in mich ist Vergangenheit.“ Jetzt war Saber beinahe davon überzeugt, dass es nur darum ging und dass sich beide in dem anderen sehr geirrt hatten. Einzig sein Herz flüsterte ihm an der Stelle ein „Vergiss es, Kumpel. Es geht um mehr als das“ zu. „Du hast mir ja auch allen Grund dazu gegeben, das Vertrauen in dich zu verlieren“, rechtfertigte er sich und führte aus. „Ich weiß nicht, wie du es gemacht hast, Passion. Aber du hattest mich soweit, dass ich nicht einmal mehr auf meine Freunde gehört hab. Ich hab ihnen nicht geglaubt.“ Das hatte ihn selbst am meisten überrascht, weil es noch nie vorgekommen war. „Oh, ja. Vergiss an der Stelle nicht, dass das alles nur Berechnung von mir war. Nur Teil meines Planes, “ knurrte sie zurück und dachte an das, was er sie während des Verhör gefragt hatte. „Es hatte natürlich nichts mit meinen Gefühlen für dich zu tun. Ich bin einfach nur bereit alles zu opfern um an mein Ziel zu kommen.“ Jedes Wort davon strotze nur so vor Ironie und Bitterkeit, weil es gar nicht wahr war. „Vielleicht bist du so. Woher soll ich das wissen, Passion? Ich kenne dich nicht, auch wenn ich es gerne glauben würde, dass ich weiß, wer du wirklich bist. Fakt ist, ich kenne dein wahres Ich nicht. Du hast es mir nicht gezeigt.“ Während er das aussprach, fragte er sich warum er diese Konversation überhaupt führte? Denn was immer er von ihr hörte, würde ihm nur noch mehr weh tun und ihn immer weiter in Gewissenskonflikte bringen. Ganz leise flüsterte Passion. „Doch, hab ich.“ Tränen stiegen ihr in die Augen. „Hast du das wirklich nicht gemerkt?“ Verbittert meinte er: „Das war wohl eher der Alkohol, der im Park aus dir gesprochen hat. Niemals könntest du einen Adligen, einen wie mich, lieben.“ Hatte er doch gewusst, dass dieser Dialog nur Schmerz enthielt. Über Passions Wange kullerte eine Träne. „Du hast es wirklich nicht gemerkt.“ Fassungslos schlug sie sich die Hände vors Gesicht. „Wie konnte ich nur so naiv sein?“ Er setzte sich neben ihr auf zwei gestapelte Reifen. „Ich weiß nicht, was du mir vorgespielt hast und was wahr war“, erwiderte er aufrichtig. „Ich kann es nach den ganzen Ereignissen nicht mehr voneinander trennen.“ Passion schluckte tapfer die Tränen runter, wischte die geweinten von den Wangen. Während sie sich langsam erhob, gewann sie ein wenig Fassung zurück. Dann sah sie ihm fest ins Gesicht. Zittrig und traurig klang ihre Stimme, als sie sagte. „Du warst der Erste.“ Dann wollte sie gehen, doch Saber hielt sie am Handgelenk fest. „Warte.“ Seine Augen weiteten sich, je mehr er die Tragweite dieser Worte begriff. „Du warst...“ Er suchte nach einer angemessenen Umschreibung. „vorher noch nie mit einem Mann zusammen?“ Sie stand mit dem Rücken zu ihm und wand sich auch nicht zu ihm um, um diese Frage zu beantworten. Tonlos erinnerte sie ihn. „Ich sagte doch, keiner war es Wert.“ Also war das doch keine Einbildung gewesen. Er hatte es gemerkt und es hatte ihn kurz irritiert. Aber ihre Küsse hatten ihn davon abgehalten sich weiter darüber Gedanken zu machen. „Ich hoffe, du freust dich über diesen Erfolg.“ Passion wollte nur noch raus und fort von ihm. Der Recke hielt sie jedoch nur noch fester. „Denkst du, du bist eine Trophäe?“ wollte er fassungslos wissen. Wollte sie ihm das wirklich unterstellen? Er trat auf sie zu, so nah, dass er den Duft ihres Haares einatmen konnte. „Ich, und das betone ich für dich extra noch einmal: Ich bin nicht so jemand, der Frauen nicht achtet oder das als Sport ansieht, “ raunte er ihr eindringlich ins Ohr. „Nein, das vielleicht nicht. Aber wenn sie aus dem Gefühl heraus handeln und die falsche Entscheidung treffen, sind sie für dich auch nicht sehr viel wert, “ murmelte sie unglücklich. „Das stimmt nicht, “ protestierte er sofort. „Hast du daran gedacht, dass ich mich von dir deswegen hintergangen fühle? Meine Gefühle für dich haben mich in eine missliche Lage gebracht.“ Jetzt horchte sie auf. Auf den Gedanken war sie wirklich nicht gekommen. „Inwiefern?“ fragte sie vorsichtig. „Ich konnte meine Pflicht nicht mehr erfüllen. Denkst du, ich hätte dich verhaften können? Hast du gesehen, dass ich es getan habe? Ich habe es nicht fertig gebracht, obwohl ich es hätte tun müssen.“ Es gelang ihm nicht zu verbergen, wie sehr es ihn aufwühlte und in Zwiespalt brachte. Was dachte sie denn nur von ihm? Hielt sie ihn für so unmenschlich? Passion erinnerte sich an seine versteinerte Miene, als April die Handschellen hatte klicken lassen. Ja, genau. April hatte sie abgeführt. Sie wand sich zu ihm um. „Deine Pflicht“, wiederholte sie und musterte ihn genau. „Deine Pflicht steht über allem. Dein Ehrgefühlt auch. Ich fange an, zu verstehen…“Sie schluckte kurz. Passion begriff wirklich, was es für ihn bedeuten musste. Betreten senkte sie den Blick. „Es tut mir leid, dass ich es über den Haufen geworfen habe. Behalte es lieber.“ Argwöhnisch hob er die Brauen. „Sind Pflichtgefühl und Ehre bedeutungslos für dich?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein“, widersprach sie. „Kostbar und sehr selten. Bewahre dir diese Eigenschaften bloß.“ Damit riss sie sich los und ging. Er folgte ihr. „Warte, Passion. Lauf nicht immer weg.“ Tatsächlich blieb sie stehen. „Warum? Ich tu dir nicht gut. Ich bin eine Diebin. Du bist ein Starsheriff. Sag mir, wie soll das gut gehen?“ Auch wenn sie das ruhig und nüchtern aussprach, in ihrem inneren tobten die Gefühle. Die einen, die sie an den Wunsch ihres Vaters banden und die, die sie zu dem Recken hinter sich zogen. Beide Empfindungen brannten. „Hör auf zu stehlen“, bat er sie. Nun fuhr sie doch herum. Sie hatte ihn nicht ansehen wollen, aus Angst zusammen zu brechen. „Verstehst du nicht, was dass für mich bedeutet?“ kam es verzweifelt über ihre Lippen. „Ich kann Vaters Wunsch nicht unberücksichtigt lassen. Könntest du das?“ – „Nein“, antwortete er ehrlich. „Aber, Passion, nicht so. Nicht auf diese Weise, “ mahnte er eindringlich. „Wie dann?“ Hilflose Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie begann zu zittern. Saber trat nah an sie heran und nahm ihre Hände. „Ich weiß es nicht“, gab er zu. „Noch nicht. Aber du warst bereit, mir zu geben, was sonst keiner haben konnte.“ Er schluckte verlegen. „Bitte. Alles, was ich von dir will, ist dein Versprechen, nichts zu tun, bis wir eine andere Möglichkeit gefunden haben. Tu es für mich.“ Er hauchte ihr einen kurzen, zarten Kuss auf die Hand. Der Blondschopf wusste genau, was er von ihr verlangte. Aber hatte sie nicht jemanden gewollt, der sie forderte und manchmal in Frage stellte? Er tat genau das. Jetzt lag es an ihr. War sie stark genug um einen solchen Schritt zu wagen? Passion sank in seine Arme. Wie beschützt sie sich da fühlte. Es tat so gut ihm nachzugeben. Seine Wärme. Seine Liebe. „Alles, was du willst“, flüsterte sie. „Alles, was du willst.“ Erleichtert zog er sie in seine Arme und presste sie innig an sich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)